Mit uns läuft die Geschichte www.-mobiletradition.com | Mobile Tradition | 01. Jahrgang | Ausgabe 03 | Oktober 2003

Mobile Tradition live Fakten und Hintergründe

Mobile Tradition on tour Filmarbeiten auf der Silvretta Classic und dem Bikermeeting für den Image- film der BMW Mobile Tradition. Eine Reportage Seite 06-13

30 Jahre BMW Museum Der revolutionäre Anspruch von damals – auch im Neuen Museum Seite 16-19

Serie: Große Männer bei BMW war einer der Gründer- vätervon BMW. Als Generaldirektor bestimmte er die Geschicke über zwei- einhalb Jahrzehnte Seite 20-23

BMW 600 im Härtetest 1957 jagte ein erprobtes Fahrerduo den soeben vorgestellten Kleinwagen von Agadir nach München Seite 24-27

Die BMW Rennlimousinen Ab 1936 fertigte BMW eine vollverkleide- te BMW 328 Rennversion – und entdeck- BMW 328 Mille Miglia Touring Coupé, ein Highlight der Silvretta Classic. Seite 10 te die Vorzüge der Stromlinie Seite 28-31

BMW „im öffentlichen Dienst“

Highlights dieser Ausgabe Keine Marke der Welt Aus den zunächst ist erfolgreicher im bescheidenen Anfän- Der „neue 6er“: die Fortsetzung einer großen BMW Tradition Seite 05 Dienst von Staatsober- gen ist mittlerweile eine häuptern und Behör- umfangreiche Palette Mille Miglia-Seriensieger Giuliano Cané im den unzähliger Länder von Sonderfahrzeugen Interview auf der Silvretta Classic Seite 12 als die Motorräder mit für jeden nur vorstellba- der bayerischen Raute. ren Einsatzzweck ge- Privatrennfahrer Hans Bartl über die besondere Qualität von BMW Rennmotorrädern Seite 13 Und dies hat Tradi- worden. tion: Schon seit 80 Jah- Solche BMW Mo- Alles über das berühmteste Motorrad der ren unterstützt der Bau torräder „im öffentli- BMW Renngeschichte Seite 14 solcher „Sonderanferti- chen Dienst“ gibt es gungen“ das Image heute in mehr als 140 Wie man mit einem Kleinwagen gegen Kamele und den Absatz von Staaten der Erde – vom und Nebelschwaden antritt Seite 24 BMW Motorrädern. In klassischen Eskorten- der „deutschen Motor- fahrzeug der Präsiden- radkrise“ der 50er ten über Polizei und Jahre sicherten sie der Feuerwehren bis zum Motorradmarke BMW „Gelben Engel“ und Vollverkleidete BMW R 69 für die sogar das Überleben. den Stauberatern. Wiener Polizei.

BMW Group Mobile Tradition Editorial

Liebe Freunde der BMW Group,

dieser Sommer war ein Rekordsommer, an den man sich sicher erinnern wird. Auch für uns, im Team der BMW Group Mobile Tradition. Immer zahlreicher werden die Veranstaltungen und Events, an denen unsere Fahrzeuge teilnehmen und bei denen wir mit Ihnen, liebe Leser und Freunde der Marke BMW, zusammentreffen und gemeinsam über die Zukunft der Tradition spre- chen und nachdenken. Um Ihnen einen Eindruck davon zu geben, was „hinter den Kulissen“ der BMW Group Mobile Tradition abläuft, möchten wir Sie zu einer Reportage über die Entstehung unseres neuen Imagefilms einladen. Lesen Sie ab Seite 6, was alles ablaufen muss, bis wir Ihnen den fertigen „Streifen“ präsentieren können. Rekord war auch die Besucherzahl beim 3. BMW Motorrad Bikermeeting, bei dem die klassischen Motorräder zum 80-jährigen Motorradjubiläum eine besondere Rolle spielten. Besonders erinnernswert ist für uns natürlich auch der Sieg bei der Silvretta Classic durch Giuliano Cané. Ein Thema, das wir Ihnen bisher noch nicht vorgestellt haben, möchten wir mit die- ser Ausgabe ebenfalls starten: In loser Folge werden wir Ihnen Portraits der Männer präsentieren, die über die Zeit das Unternehmen BMW zu dem Weltkonzern gemacht haben, der er heute ist (ab Seite 20). Dies und viele weitere spannende Themen der BMW Historie finden Sie in dieser Ausgabe.

Viel Freude beim Lesen,

Holger Lapp, Leiter BMW Group Mobile Tradition On tour: das Kamerateam der BMW Mobile Tradition bei Aufnahmen für den Imagefilm. Inhalt Ausgabe 03.2003 BMW Mobile Tradition auf Tour: Reportage von den Aufnahmen zu Silvretta Classic und Bikermeeting Seite 06

30 Jahre BMW Museum: Meilenstein der Museumsgeschichte, architektonisch und didaktisch Seite 16

Große Männer bei BMW: Franz Josef Popp, der „Gründer“ Seite 20

BMW 600, die „große “: Nonstopfahrt Agadir-München als Härtetest Seite 24

Die Entdeckung der Stromlinie: Die BMW 328 Rennlimousinen Seite 28 Impressum V.i.S.d.P.: HolgerLapp (Anschrift s. unten) BMW Group Mobile Tradition BMW Motorräder im öffentlichen Dienst: Schleißheimer Straße 416 / BMW Allee Acht Jahrzehnte im Einsatz für Verbände und Behörden Seite 32 80935 München www.bmw-mobiletradition.com

Seite 02 BMW Group Mobile Tradition: Fakten

Facts Fakten Faits Fatti

Review Goodwood Festival of Speed 2003

Goodwood. Traumwetter im sonst so häufig feuchten England. 158.000 begeisterte Zuschauer und eine unüber- troffene Ansammlung von hochkarätigen Fahrzeugen aus allen Dekaden des Renn- sports, gepaart mit unzähli- gen Fahrern, die Motorsport- geschichte geschrieben ha- ben: Das war das Goodwood Festival of Speed zum 10- jährigen Jubiläum im Juli 2003. Die Ford Motor Company nahm das diesjährige Festival of Speed zum Anlass, das 100-jährige Firmenjubiläum zu feiern, und zelebrierte ei- Wie flott man auch für heutige Verhältnisse mit historischen Rennmotorrädern unterwegs sein kann, zeigte nen großen Auftritt. Karl-Heinz Kalbfell, Leiter BMW Group Marketing, auf einer BMW RS 500. Doch auch BMW hatte Anlass zu feiern. Höhepunkt aus BMW hams Chefkonstrukteur – und einigen Aber auch die BMW Motorräder kamen Sicht war der Einsatz des Formel-1-Welt- weiteren ehemaligen BMW Renninge- nicht zu kurz. Auf der Rennstrecke meisterschaftsautos von 1983. Von der nieuren und -mechanikern. demonstrierte unter anderem Helmut BMW Motorsport aufwändig vorbereitet, Dass BMW auch im neuen Jahr- Dähne, was heute noch in den histori- wurde der Brabham BT 52 mit dem tausend erfolgreich in der Formel 1 schen Motorrädern steckt. Im BMW berühmten, von Paul Rosche konzipier- unterwegs ist, demonstrierte anschlie- Pavillon bot die Ausstellung zum Thema ten BMW Vierzylinder-Turbomotor wie- ßend Juan Pablo Montoya im letztjähri- „80 Jahre BMW Motorrad“ eine Menge der zum Leben erweckt. gen BMW WilliamsF1. Seine Demonstra- originaler Rennmaschinen zur Ansicht. In Und um die Weltmeisterpaarung tionsfahrt, in die er einige spektakuläre diesem Ambiente erfolgte auch die komplett zu machen, wurde eigens Nel- Burn-outs einbaute, riss die Zuschauer medienwirksame offizielle Übergabe der son Piquet aus Brasilien eingeflogen. förmlich von den Sitzen und sorgte für erst kürzlich von John Surtees erworbe- Nicht nur er bekam feuchte Augen beim begeisterten Applaus. Marc Surer, in den nen BMW Vorkriegs-Kompressor- Wiedersehen mit seinem so erfolgrei- 80ern ebenfalls mit BMW Power im maschine, die der legendäre Motorrad- chen Auto und all den Mitgliedern des Arrows F1 unterwegs, erinnerte mit dem und Formel-1-Weltmeister persönlich an Teams aus den 80er Jahren, Paul Einsatz eines M1 Procar an das Jubiläum Holger Lapp, den Leiter der BMW Group Rosche, Gordon Murray – damals Brab- „25 Jahre BMW M1“. Mobile Tradition, übergab.

Spektakuläre Rennszenen begeisterten das BMW 328 Mille Miglia Touring Coupé, am Steuer Rasant: Tom Purves, President BMW North Publikum auf dem Gelände des Earl of March. Dr. Mario Theissen, Leiter BMW Motorsport. America, im BMW 3.0 CSL „Batmobil“.

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 03 Facts Fakten Faits Fatti

Trauer um Friedhelm Günter Ta ke Five – die fünf Generationen des BMW 5ers

Nach langer und Die Markteinführung des neuen BMW möglich. Hier schlug die Stunde der BMW schwerer Krank- 5er Modells bei den BMW Nieder- Clubs – denn neben der BMW Mobile heit verstarb mit lassungen und Handelsbetrieben war ein Tradition sind es besonders die Typen- Friedhelm Günter voller Erfolg. Das neue Topmodell der clubs, die sich um die Pflege und Erhal- am 6. Juni 2003 oberen Mittelklasse setzt mit einer Reihe tung dieser Fahrzeuge kümmern. eine der tragenden von Innovationen in vielerlei Hinsicht Durch das Engagement besonders Säulen der inter- Maßstäbe. der E12 und E23 Interessengemein- nationalen BMW Dies gilt jedoch nicht nur für das neue schaft konnten in enger Abstimmung mit Cluborganisation. Modell des 5er. Begonnen hatte alles mit einigen BMW Niederlassungen, etwa Als Mitglied der Neuordnung der BMW Automobil- Essen und Frankfurt am Main, wo eigens Friedhelm Günter des ältesten BMW Baureihen Anfang der 70er Jahre. Den das Messegelände für die Veranstaltung Clubs Deutsch- Anfang machte 1972 die erste 5er Reihe als Location ausgewählt wurde, sowie bei lands in Düsseldorf und des Vorstands mit dem E12, für deren Produktion in einigen Händlern, wie bei BMW Hakvoort der BMW Typenclubs International Dingolfing eigens ein komplett neues in Münster, Autohaus Mulfinger in engagierte sich Friedhelm Günter seit Werk errichtet wurde. Im Abstand von Schwäbisch Hall oder BMW Reichold in Beginn der 80er Jahre besonders für die jeweils acht bis neun Jahren wurden die Bad Vilbel, sehenswerte Ausstellungen Entwicklung des BMW Club Europa e. V., Nachfolgergenerationen E28, E34, E39 gezeigt werden. dessen Präsident er von 1983 bis zum und schließlich dieses Jahr der neue E 85 Der heutige Erfolg der BMW 5er Jahre 1996 war. auf den Markt gebracht. Reihe basiert auf den Qualitäten ihrer Von 1993 bis 1996 bekleidete er Was lag also näher, als den interes- Vorgänger. Die ausgestellten Fahrzeuge zudem das Amt des Chairman des Inter- sierten Kunden neben dem neuen Pro- belegen die hervorragende Langzeitqua- national Council of BMW Clubs. Seinen dukt auch die über dreißigjährige Historie lität und Wertbeständigkeit insbesondere großen Verdiensten für die BMW Clubs des BMW 5er ins Gedächtnis zu rufen und dieser Baureihe, die für die Marke BMW entsprechend, erhielt Friedhelm Günter die Vorgängermodelle zu präsentieren? nach wie vor von hoher Bedeutung ist. 1997 die besondere Auszeichnung Doch dies war leichter gesagt als getan. Ein besonderer Dank für die ausgezeich- „Freund der Marke“. Aus dem Sammlungsbestand der BMW nete Unterstützung gebührt den hierbei Mit Friedhelm Günter verliert auch Mobile Tradition allein war dies auf Grund engagierten Clubs. Sie geben ein gutes die BMW Mobile Tradition einen nur der vielen gleichzeitig stattfindenden Beispiel für eine funktionierende Ko- schwer zu ersetzenden, kompetenten Einführungstermine bei den Nieder- operation zwischen BMW, den Händlern und stets fairen Partner und Berater. lassungen und Handelsbetrieben nicht und der BMW Clubszene.

2.000 Kilometer durch Deutschland – im Jubiläumsjahr

Mönchengladbach. Erstmals 1933 aus- Fachleute und Publikum interessante an den BMW Club Luxemburg, der die getragen, feierte die „2.000 km durch Highlights des Starterfeldes. Auch Organisation der Strecke in seinem Deutschland“-Fahrt in diesem Jahr ihren durch die Besatzungen hob BMW sich Einzugsbereich übernommen hatte, 70. Geburtstag. Die häufig als „deutsche hervor. angebracht – Ulm, Nürnberg, Leipzig, Mille Miglia“ bezeichnete Tour über de So fuhren in der „Isar 12“ wechselnde Berlin und Bad Wildungen zurück nach facto 2.525 km durch Deutschland hat seit Journalisten regionaler Zeitungen mit, die Mönchengladbach auf der „falschen“ ihrer Wiederauflage für klassische Auto- beiden Motorräder wurden von Redak- Straßenseite und erstmals in einem mobile und Motorräder durch Günter Krön teuren der Zeitschrift Oldtimer Markt Oldtimer war für die Gäste aus Japan Start und Ziel in Mönchengladbach. Rund bewegt und wie in den Jahren zuvor sorg- natürlich eine ganz besondere Herausfor- 200 Fahrzeuge nahezu aller in- und auslän- te der bekannte TV-Journalist und Mode- derung, die sie aber problemlos und dischen Marken versammelten sich am 19. rator Jean Pütz, der gemeinsam mit Jörg- überglücklich meisterten. Juli 2003 am Start auf der Hannenwiese. Dieter Hübner von der BMW Mobile Unterstützt von den mitfahrenden Traditionsgemäß war die Marke Tradition im BMW 507 fuhr, für Be- Serviceteams der BMW Mobile Tradition BMW durch die Mobile Tradition wieder geisterung bei den zigtausend Zuschau- und bei nahezu durchgehend schönem stark vertreten. Sieben Automobile, zwei ern entlang der Strecke. Wetter wurde die Fahrt, zu der auch einige BMW 507, zwei BMW 328, ein 502 Besondere Bewunderung erzielten Runden auf dem Hockenheimring und Cabrio, ein 335 und der 501 „Isar 12“ jedoch auch vier Teams aus Japan. BMW dem Schleizer Dreieck sowie eine Nacht- Polizeiwagen, sowie bei den Motorrä- Japan dankte mit der Teilnahme seinen etappe von Berlin rund um das Branden- dern eine BMW R 62 und eine R 60/5 besonders erfolgreichen BMW Händlern. burger Tor nach Schloss Sanssouci in mit Beiwagen waren, neben zahlreichen Die Bewältigung der Strecke über Potsdam gehörten, zu einem unvergessli- weiteren BMW von Privatteams, für Luxemburg – hier ist ein besonderer Dank chen Erlebnis.

Seite 04 Logische Fortsetzung einer großen Tradition: Der neue BMW 6er knüpft an klassische Modelle der BMW Geschichte an. Die BMW 6er Reihe

Die Präsentation der neuen BMW 6er Reihe auf der IAA 2003 ist ein Highlight der BMW Geschichte: schreiben doch die neuen Modelle mit der „6“ am Heck die Tradition der BMW Gran Turismo Fahrzeuge fort. Eine Geschichte, die bereits vor sechs Jahrzehnten begann.

Die BMW 6er Reihe der Jahre 1976 bis Intelligent eingesetzte Technik in jedem schaft seiner Konstrukteure spürbar wer- 1989 verkörperte Dynamik, Eleganz und Detail macht den neuen 6er zu einem den lässt und in puncto Fahrdynamik neue Komfort in der Tradition klassischer Gran hochklassigen Automobil, das die Leiden- Maßstäbe setzt. Turismo Coupés, die von BMW seit 1938 mit Modellen wie 327, 503 und 3.0 CSi gepflegt wird. Keine Modellreihe von BMW wurde über einen längeren Zeitraum gebaut. Ein klarer Beweis für die Zeitlosigkeit des Designs und eine kontinuierliche Modell- pflege, die stets aktualisierte Modelle liefer- te und den unverwechselbaren Charakter dieser Automobile zu erhalten wusste. Heute, 14 Jahre nach Produktionsende, werden manche Exemplare dieser ersten BMW 6er Reihe bereits von Kennern und Enthusiasten als Klassiker betrachtet und liebevoll restauriert und erhalten. Im Herbst 2003 knüpft BMW mit dem neuen 645 Ci an diese Tradition der großen Coupés an: Lang gestreckte Motorhaube und die elegant geschwungene Dachpartie schreiben die klare Linienführung der BMW Zwei Gesichter aus der gleichen Familie: der neue BMW 645 Ci (links) und sein Vorgänger aus Gran Turismos aus sechs Jahrzehnten fort. den 80er Jahren.

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 05 BMW Mobile Tradition auf Tour Silvretta Classic und Bikermeeting 2003

Der Sommer ist der alljährliche Höhepunkt der Oldtimersaison. Das galt in diesem Jahr besonders für die BMW Mobile Tradition: Neben dem Einsatz zahlreicher Fahrzeuge der historischen Sammlung wird bei den verschiedenen Veranstaltungen dieses Sommers auch ein neuer Imagefilm entstehen. Ein Blick hinter die Kulissen der Kommunikations- arbeit der BMW Mobile Tradition.

Von Sinja Lohse

St. Gallenkirch. Donnerstag Morgen in gramm, gefilmt aus einem 3er Cabrio, Vorarlberg, Vorbereitung zum Start der wobei der Kameramann rückwärts auf der Silvretta Classic 2003: Nasse Wolken Rückbank knien und mit aufgestützten Ell- verhüllen das Hochtal, die Berge sind in bogen zum Einsatz kommen soll. Gefilmt Regenschleier getaucht, feuchter Nebel werden sollen vor allem auch die sechs macht die grandiose Kulisse auf 50 BMW Schmuckstücke, die die BMW Mo- Meter Entfernung unsichtbar. bile Tradition zur Teilnahme an der Old- So war es nicht geplant, als sich das timer-Rallye in die Silvretta geschickt hatte. Team der BMW Mobile Tradition am Vortag Schon schwer genug bei gutem Wetter, auf die Reise machte. Zeigte sich doch der aber bei Regen könnten diese Aufnahmen Anreisetag von seiner besten Seite und wohl komplett ins Wasser fallen. machte, trotz anders lautenden Wetter- Mit dieser wenig beflügelnden Aus- berichts, Hoffnung auf strahlende drei Tage sicht macht sich das Team auf nach Parte- in der eindrucksvollen Bergwelt des nen, Start- und Zielort aller Silvretta-Etap- Montafon. Damit war ideales Wetter für die pen der kommenden Tage. Auf dem Weg Mission der kleinen Crew angesagt: die dorthin wiederholt sich, was schon am Vor- tag die Vorfreude wachsen ließ. Je nä- her man dem Ziel kommt, desto zahlrei- cher werden die ankommenden Schön- heiten auf der Straße. Statt handelsübli- cher Durchschnittsautomobile beglei- ten uns nun Ferrari 275 GTS, Mercedes 300 SL Roadster und natürlich auch Oldtimer mit dem BMW Logo. Auch was am Vortag noch auf dem Hänger transportiert wurde, rollt heute selbst und macht schon die Fahrt zum Start zu einem Klassik-Erlebnis. Und im Gegen- Silvretta Classic 2003: Trotz Regenwetter war die satz zu uns, die wir unser Verdeck heute Kulisse äußerst beeindruckend. tunlichst nicht geöffnet haben, scheint es den Teilnehmern gleich, zu welchen Silvretta Classic, eine Rallye durch die meteorologischen Gegebenheiten sie ihr Berge Österreichs, aufzuzeichnen und fas- Fahrzeug bewegen. zinierendes Bildmaterial für die Fans der Für einige besonders alte Veteranen Marke BMW weltweit zu liefern. stellt sich die Frage allerdings gar nicht: Nun blicken sich Kameramann und Werkein Verdeck hat, kann es auch nicht Assistent beim Beladen des 3er BMW Tou- zumachen. Gefahren werden muss trotz- ring zweifelnd an. Bei dem Wetter wird es schwierig, die Aufnahmen zu machen, wie sie zuvor mit Regie, Redakteur und BMW Bikermeeting und Silvretta Classic: Das Kamerateam gab sein Bestes, um trotz der Mobile Tradition abgesprochen wurden: teils recht schwierigen Bedingungen die Fahraufnahmen standen auf dem Pro- Stimmung der Veranstaltungen einzufangen.

Seite 06 Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 07 Silvretta Classic und Bikermeeting

dem – und Widrigkeiten erhöhen zweifels- ten markenweise, sodass wir die Abfahrt frei den Erlebnisfaktor. Pünktlich zur Be- aller BMW hintereinander filmen können. grüßung in Partenen steigert sich der Re- Die BMW Crew ist mit namhaften Fahrern gen zum Regenguss. Nach den hochsom- am Start. Neben dem siebenfachen Mille- merlichen 30 Grad der Vortage ist die Tem- Miglia-Sieger Giuliano Cané sind Paul peratur nun auf weit unter 20 Grad gefallen Rosche, Konstrukteur bekannter BMW und macht Fahrten im offenen Wagen zu Rennmotoren, Dr. Burkhard Göschel, BMW einem reichlich frischen Vergnügen. Entwicklungsvorstand, und Jörg Reichle Schleunigst eilen die Ankommenden in von der Süddeutschen Zeitung dabei den Vallüla-Saal, wo sie die Einführung er- (siehe auch Kasten Seite 09). Wir haben keine Zeit, uns Gedanken über den möglichen Sieger zu machen. So schnell es geht, packen wir das Equipment in den völlig überfüllten 3er und versuchen, über Abkürzungen das Feld zu überholen, um in „Schussposition“ für die ersten Fahraufnahmen zu kommen. Da es weiter trocken bleibt, lassen wir das Verdeck herunter und bringen den Kameramann in Position. Mit dem Tempo der Fahrer haben wir allerdings nicht gerechnet: Die BMW sind schon an uns vorbei, sodass uns hier nur die Schätze BMW Klassiker in Reihe: Zwischenstopp zur anderer Hersteller vor die Linse kommen. Bei Zuschauern und Fahrern gleichermaßen Mittagspause in Lech. beliebt: BMW 328 Mille Miglia Touring Coupé. Das Team nimmt es gelassen, schließlich sind sie erfahren genug, um zu wissen, wartet und das Starterpaket verteilt wird. dass sich ihnen noch weitere Chancen bie- der ein und wir schließen schnell das Ver- Neben dem Roadbook, den Startnum- ten werden. Und so packen wir alles wieder deck. Die Fahrer sind in ihrem Element: mern, einer Stoppuhr und dem obligaten in den Kofferraum, als man, schon von weit Bereitwillig geben uns Paul Rosche und Käppi enthält das diesjährige Paket einen unten, einen besonders satten Motor die Giuliano Cané Interviews zum Thema Silv- riesigen Regenschirm. In dessen Schutz Passstraße zur Bielerhöhe heraufdonnern retta und klassische Automobile. Andere versuchen die Teilnehmer anschließend, hört. Und kaum ist die Kamera auf dem trocknen sich derweil am Handfön und ver- die Startnummern auf die nassen Autos Stativ, kommt der dazugehörige Ford Es- sorgen sich mit heißen Getränken. Eine aufzukleben. Eine knifflige Aufgabe zum cort auch schon um die Kurven gedriftet, Stunde später machen wir uns wieder auf Einstieg – die den BMW Fahrern erspart spektakulär und in einem gar nicht Old- den Weg, um auf der Strecke weitere bleibt: Sie erhalten ihre Fahrzeuge von der timer-artigen Tempo, sodass wir uns freu- Fahraufnahmen und vor allem die Ankunft BMW Mobile Tradition fix und fertig prä- en, diesen rasanten Teilnehmer noch mit- im Fahrerlager in Partenen zu filmen. Und pariert. Während des Rallye-Lehrgangs am genommen zu haben. während die Rallye-Teilnehmer über den Morgen wird der Umgang mit dem Road- Nächster Stopp: der Parkplatz vor dem Verlauf der Etappe fachsimpeln, Kurven, book erläutert. Alte Hasen wärmen sich Gasthof „Gipfelrast“ auf der Bielerhöhe, Wertungen und so manches kleine Mal- derweil mit Kaffee und Bockwürstchen auf. 2.032 Meter über dem Meer. Die Tempera- heur besprechen, sind wir schon auf dem tur liegt bei elf Grad, der Regen setzt wie- Weg ins Hotel, um das Material zu sichten, Beste Laune trotz Kälte die Aufnahmen zu si- Die Startaufstellung ist für 12 Uhr ange- chern, Akkus zu laden setzt. Der Parkplatz an der Dorfstraße und den Drehplan für den gleicht einem Freiluft-Automuseum. Die morgigen Tag noch ein- Laune der Teilnehmer: bestens. Und auch mal durchzugehen. für uns hellt sie sich merklich auf, als kurz Denn der folgende darauf die Sonne durch die Wolken dringt Tag – mit der längsten und uns ideale Aufnahmebedingungen Fahrstrecke, der „Vor- beschert. Los geht’s: Nach den ersten arlbergschleife“ – be- Aufnahmen im strömenden Regen können ginnt früh. Für die Fahrer, wir jetzt ohne große Schwierigkeiten mit vorallem aber für uns. der Befragung der Fahrer beginnen und die Um sechs Uhr beladen Startvorbereitungen festhalten. wir unsere Fahrzeuge Pünktlich um 13 Uhr 01 fährt der erste und starten. Zum Glück Wagen über die Startrampe und eröffnet Der Gesamtsieger der Silvretta Classic 2003: Giuliano Cané, scheint sich das Wetter die Silvretta Classic 2003. Die Autos star- notorischer Sieger auch bei der Mille Miglia. ein wenig beruhigt zu

Seite 08 BMW Group Mobile Tradition: Veranstaltungen

Tschagguns, wo es um die optimale Beherrschung des Fahrzeugs geht. All diese Wertungen gehen schließlich in die Gleichmäßigkeitswertung ein, nach der sich am Ende der Sieger ermittelt. Nur nach der Geschwindigkeit den Sieger zu ermitteln, bei einer Rallye mit Automobilen derart unterschiedlichen Alters und Leistungsstands, wäre dann doch nicht fair. Schönheiten im Nebel Durchfahrtskontrolle vor Lech. Fahrer und Nach diesen Wertungen geht es weiter Beifahrer vertreten sich die Beine. in die historische Altstadt von Bludenz, wo wir uns auf dem schönen Marktplatz den Mittagsstopp in Reih und Glied auf aufstellen und die Durchfahrt der BMW dem Marktplatz des berühmten Winter- Beautys bei herrlichem Sonnenschein sportortes. Man sieht den Fahrern an, wie filmen: ein Ambiente wie geschaffen für viel Begeisterung sie trotz der kühlen und eine solche Oldtimer-Fahrt. Auch an unfreundlichen Witterung empfinden. Dr. der nächsten Position sollte es uns Burkhard Göschel und Jörg Reichle fügen noch einmal gelingen, unsere Fahr- in allerbester Laune weitere Interviews zu zeuge an einem Stück einzufangen. Mit den bisherigen hinzu. Allerdings nur aus gerade noch legitimem Tempo waren dem geöffneten Autofenster heraus, denn wir über die Autobahn in den Bregenzer außerhalb des schützenden Wagendaches haben. Für die Teilnehmer beginnt die Wald gefahren. Dort kamen die BMW ist es zu diesem Zeitpunkt unmöglich. Und Rallye eine Minute nach acht. Zu diesem Teilnehmer in kurzer Folge und in der origi- während sich die Fahrer in Lech stärken, Zeitpunkt sind wir schon auf der Strecke nalen Startaufstellung an uns vorbei. Ein rollt das Kamerateam schon wieder weiter. und fahren sie sozusagen Probe. Wir be- wunderbarer Auftritt – und: gerade noch Über den Flexenpass geht es ins Klostertal, grüßen die Streckenposten an den Kon- rechtzeitig, bevor das Wetter wieder um- eine landschaftlich beeindruckende trollpunkten – alle sind bester Laune. schlägt und mit neuerlichen Regen- Strecke voller Wälder und schöner Kurven, Erster Drehort ist die Wertungsprüfung in schauern unsere Hoffnungen auf packen- eingerahmt von der Voralberger Berg- de Aufnahmen wegzuspülen kulisse. Der ergiebige Regen hat mittler- scheint. weile sein Übriges getan, um die Be- Nach einer weiteren Hetz- dingungen für uns weiter zu verschärfen. jagd über allerlei Nebenstraßen Das Aufstellen der Kamera an den steilen, erreichen wir das Städtchen rutschigen Böschungen neben der Pass- Lech kurz vor Mittag. Der straße wird zur Geschicklichkeitsübung. Regen ist so stark, dass wir die Langsam senkt sich der Nebel über die Kamera trotz Schirm in einen Passhöhe herab und macht die folgenden Plastikschutz packen und ge- Aufnahmen zu einem ganz besonderen zwungen sind, bei den folgen- Erlebnis. Wie aus dem Nichts kommen den Interviews zu improvisie- Wagen aller Marken vom Pass herabge- ren, da Aufzeichnungen, Fra- rauscht und werden erst lange nach dem genkataloge und Ablaufpläne ersten Dröhnen ihrer Motoren sichtbar, ein völlig durchweicht und un- Effekt, den wir uns so nicht hätten ausma- Ortsdurchfahrt in Bludenz: Die Kulisse der historischen brauchbar werden. Die Wagen len können. Mit diesem Highlight im Altstadt gab den Oldtimern ein besonderes Flair. rollen ein und postieren sich für Zwielicht geht der Drehtag unter freiem

Für die BMW Mobile Tradition gestartet: Typ Fahrer/Beifahrer Baujahr M3 CSL Adolf Prommersberger/Pauli Zeitlhofer 2003 BMW 328 Thomas Gubitz/Cornelie Gubitz 1938 BMW 328 MM Touring Jörg Reichle/Rossella Labate 1941 BMW 328 MM Coupé Dr. Burkhard Göschel/Dr. Margarita Göschel 1939 BMW 328 MM Roadster Giuliano Cané/Lucia Galliani 1940 Auch im Regen schnell: BMW 3.0 CSL, eines der Fahrzeuge der BMW Group Mobile Tradition. 3.0 CSL Paul Rosche/Gerhard Richter 1973

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 09 Silvretta Classic und Bikermeeting

Himmel zu Ende. Wieder verstauen wir die Sachen im Touring, eine Übung, die alle schon wie im Schlaf beherrschen. Zurück nach St. Gallenkirch, wo wir das feuchte Equipment für den weiteren Einsatz her- richten, nasse Jacken ablegen, die lehmi- gen Schuhe ausziehen und erst mal wieder richtig trocknen können. Über eine schöne kleine Nebenstraße geht es bald darauf in neuem Outfit und mit frischen Akkus nach Gargellen zur großen Abendveranstaltung der diesjährigen Silv- retta. Das düster-regnerische Ambiente rund um das Festzelt steht in krassem Ge- gensatz zur Laune der Fahrer und Beifahrer in seinem Inneren. Die Anstrengungen des Tages lösen sich nun an der Bar und beim Essen werden Anekdoten über unter- schätzte Kurven, technische Heraus- forderungen, Höchstgeschwindigkeiten, Schrauber-Stories und ausgiebige Fach- Aufstellung zum Start des Klassik-Korso durch Garmisch-Partenkirchen: Bei solchen simpeleien zu Motoren, Fahrgestellen, Ein- Schmuckstücken darf ausnahmsweise auch mal ohne Helm gefahren werden. stellungen und Ergebnissen ausgetauscht. Das Filmteam der BMW Mobile Tradition zur Klassiker-Szene gehören wie die Autos chen, fühlen wir uns wie aus der Eiszeit in fängt auch diese Szenen ein, die ebenso und die Fahrten selbst. den Sommer versetzt. Und wie sagte Dr. Am kommenden Morgen um 6.00 Uhr Diess, Leiter BMW Motorrad, in einem der ist es Zeit für den Abschied und wir verlas- folgenden Interviews: „Ich mag so ein sen die Silvretta in Richtung Garmisch- Wetter, das trennt die Spreu vom Weizen.“ Partenkirchen. So verpassen wir zwar die Die Biker scheuen keine weite Anreise, um Siegerehrung und die Abreise der Old- an diesem Treffen teilnehmen zu können: timer, doch auf uns wartet der zweite Teil Fans aus der Schweiz, aus Italien, aus der Reise: das dritte BMW Motorrad Biker- Frankreich, Belgien, Holland, England, meeting. Und wer gewonnen hat, wird uns Polen, Kroatien und aus Russland sind natürlich live über das Handy mitgeteilt: gekommen. Selbst aus Japan sind BMW Gesamtsieger der diesjährigen Silvretta Fahrer dabei. Für eine solche internationa- Classic sind Giuliano Cané und seine le Präsenz brauchen andere Motorrad- Beifahrerin Lucia Galliani. Das freut uns, da meetings Jahrzehnte. Das liegt in Gar- wir schon am folgenden Montag die misch nicht nur an der perfekten Organisa- Trophäe der Silvretta Classic 2003 in der tion des Events und den vielen, sehr viel- Vitrine der BMW Mobile Tradition bewun- seitigen Programmpunkten, sondern auch dern können. an der wunderschönen Location. Einge- rahmt von spektakulären Bergen wie der Garmisch: 28.000 Biker Klassisch vom Scheitel bis zur Sohle: Die Alpspitze und dem Zugspitzmassiv bietet Polizei begleitet den Korso stilecht. Doch jetzt auf nach Garmisch-Partenkir- sich den Bikern neben der Möglichkeit zu chen, wo schon weit vor der Stadtgrenze vielen guten Touren auch nach dem die ersten Motorradgruppen ins Bild kom- Absteigen eine inspirierende Kulisse. men. Je näher wir Garmisch kommen, des- In Garmisch selbst sind schon etliche to mehr hat man das Gefühl, es gäbe als Straßenzüge vor dem eigentlichen Gelän- Fortbewegungsmittel neuerdings nur noch de des Bikermeetings für den regulären Motorräder. Kein Wunder bei der imponie- Verkehr gesperrt: Plötzlich befindet man renden Zahl von 28.000 Bikern, die in den sich in einer Welt auf zwei Rädern, in der drei Tagen des Bikermeetings mit ihrer für einige Tage ganz andere Verkehrser- BMW nach Garmisch kommen werden. fahrungen relevant werden. In Gruppen Nach Wochen des ungetrübten Wet- geben die Biker dem Begriff des fließen- ters hatte es auch dort am Tag vor dem den Verkehrs einen ganz neuen Klang. Die Bikermeeting heftig zu regnen begonnen. 28.000 Freunde der Marke BMW de- Viel Anlass zu Bikergesprächen boten die Auch der Freitag blieb regnerisch, doch als monstrieren aber auch eindrucksvoll, wa- unzähligen privaten Klassiker. wir am Samstag Mittag das Gelände errei- rum BMW für sich zu Recht in Anspruch

Seite 10 BMW Group Mobile Tradition: Veranstaltungen

Interviews fangen wir die quirlige Atmos- phäre des Bikermeetings ein, sprechen mit Fans, die „ihre Gummikuh im Leben nicht mehr hergeben“ würden oder zur Scho- nung den Originalmotor lieber ausgebaut zu Hause liegen haben und mit einem Ersatzmotor angereist sind. Stilecht zum Oldtimer tragen diese Fahrer Lederruck- säcke auf dem Rücken, Knickerbocker- Hosen und 50er-Jahre-Helme. Die ganze Begeisterung für das Thema klassische Motorräder zeigt sich am folgenden Mittag beim Klassik-Korso. Unzählige historische Maschinen drehen eine Ehrenrunde durch die Innenstadt von Garmisch und demonstrieren den zahllo- sen Zuschauern, was lebendige Ge- schichte heißt. In gewohnter Manier ist auch unser Kameramann mit von der Partie: Rittlings sitzt er auf dem Sozius Das 3. BMW Motorrad Bikermeeting brachte die Rekordbeteiligung von 28.000 Motorradfahrern einer BMW R 68, die Kamera auf der aus unzähligen Ländern. Die offizielle Rundfahrt war entsprechend imposant. Schulter, mit einer Hand am Gepäckträger, und filmt einhändig die Paradefahrt. Als der nimmt, eine besonders geschichtsträchti- Sehr lebendig hört sich allerdings auch die Korso von seiner Rundfahrt zurückkehrt, ge Marke zu sein. Neben den aktuellen 500 ccm Kompressor BMW an, auf der die letzten Interviews geführt sind und der High-Tech-Boliden finden sich unzählige Georg „Schorsch“ Meier ab 1939 zahllose Tag in einen lauen Sommerabend über- Besucher mit Maschinen jeder Alters- Titel für BMW errang. Als Sebastian geht, ist die Mission des Filmteams der klasse ein. Praktisch Gutsch, selbst im histori- BMW Mobile Tradition erfüllt. Alle Auf- die gesamte Modell- schen Rennsport aktiv nahmen sind zur Zufriedenheit vollendet, palette seit der Vor- und Teilnehmer am wir danken unserem Interviewer Fred stellung des ersten Goodwood Festival of Jakobs und verabschieden uns vom restli- BMW Motorrads R 32 Speed, am Nachmittag chen Team der BMW Mobile Tradition. Dort im Jahre 1923 ist live die ohrenbetäubende werden derweil die Motorradklassiker rei- und in Aktion vertre- Rennmaschine von 1939 sefertig gemacht für den nächsten Einsatz: ten: eine R 80 GS aus anschiebt, strömen im das Festival of Speed in Goodwood. den 80er Jahren ne- Nu hunderte von Zu- ben der Henne-Re- schauern zusammen, die kordmaschine von der donnernde Sound 1937, einer R 17 von magnetisch anzieht. Das 1935 und einem Schauspiel wird sich auf Kneeler-Gespann aus der Party wiederholen, zu den 60er Jahren. Bis- Begeisterung für die Tradition auch der nicht nur Dr. Diess auf schon beim jungen Publikum. weilen sind die Ma- der ersten BMW Ma- schinen älter als ihre Fahrer, manchmal schine R 32 auf die Bühne fährt, sondern auch treue Begleiter seit Jahrzehnten. auch die brüllende Kompressor BMW, die Im Trubel dieses riesigen Events mit schon damals über 60 PS leistete und Einlagen von Stunt-Fahrern, Band-Auf- „gute 200 Stundenkilometer schnell war“, tritten und Bikermodenschauen filmen wir wie Gutsch sagt. die lebendige Historie von 80 Jahre BMW Höhepunkt Klassik-Korso Motorrad, die hier durch eine Ausstellung im BMW Pavillon, aber auch durch „leben- Für das Filmteam stellen sich hier ganz de“ Beispiele präsent ist: Hans Bartl etwa, andere Schwierigkeiten als in der Silvretta. legendärer BMW Rennfahrer der 50er Zwar liefert die Sonne beste Aufnahmebe- Jahre mit 26 Siegen auf einer RS 54, Bau- dingungen, dafür besteht ständig Gefahr, jahr 1954, mit dem wir ein Interview führen, einer der zahllosen Schaulustigen könne oder Eddy Hau, ebenfalls erfolgreicher ins Bild laufen oder eine vorbeirauschende Fahrer, der in den 80er Jahren für BMW Maschine die Antwort des Interviewten Voller Einsatz für die BMW Group Mobile beim Paris-Dakar-Rennen am Start war. unhörbar machen. Neben einer Reihe von Tradition: Kameramann beim Klassik-Korso.

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 11 Silvretta Classic und Bikermeeting

Stimmen von Teilnehmern der Silvretta Classic 2003 und des 3. BMW Bikermeetings in Garmisch-Partenkirchen

Im Zuge der Dreharbeiten zum Imagefilm „BMW Group Mobile Tradition 2003“ entstanden eine Reihe von Interviews mit bekannten Persönlichkeiten der BMW Historie. Einige Stimmen von den Veranstaltungen Silvretta Classic 2003 und 3. BMW Motorrad Bikermeeting wollen wir Ihnen auf diesen Seiten präsentieren.

Dreh- und Interviewarbeiten auf Veran- Partenkirchen, gab es Einschränkungen staltungen haben ihre eigenen Gesetze. genügend: schlechte Licht- und Wetter- Paul Rosche Denn anders als im Studio können die verhältnisse, tumultartige Zuschauer- Der gebürtige Münchner konstruier- Aufnahmen in der Regel dabei nicht wie- situationen, enge Zeitpläne der Inter- te geniale Rennmotoren für BMW derholt werden. Naturgemäß stehen auf viewgäste und dröhnende Hintergrund- und sorgte für den Gewinn der allen Events die Teilnehmer, die Vor- musik. Formel-1-Weltmeisterschaft 1983. führenden und der Ablauf der Veranstal- Dass die Aufnahmen für den Image- Mobile Tradition live sprach mit ihm tung im Vordergrund, nicht die Frage film der BMW Mobile Tradition dennoch über freiwilliges Langsamer-Fahren. nach dem optimalen Wetter für das Ka- zu einem Erfolg wurden, lag zum großen merateam, der idealen Ausleuchtung der Teil an den Interviewten selbst: Denn die Befragten oder den besten akustischen schwierigen äußeren Bedingungen über- Bedingungen. trugen sich in keiner Weise auf die Und auf den Veranstaltungen, der Befragten. Im Gegenteil. Silvretta Classic 2003 und dem 3. BMW Mochte es in Strömen regnen, die Motorrad Bikermeeting in Garmisch- Teilnehmer der Silvretta Classic hielten

Giuliano Cané Der Italiener ist notorischer Sieger der Mille-Miglia-Rundfahrt und konnte sich dem Drang zum Sieg auch bei der Silvretta nicht entziehen. Fragen zu Paul Rosche den Unterschieden der beiden Fahrten. Mobile Tradition live: Sie haben für BMW schon Wie unterscheiden sich Mille Miglia, eine Veran- Mobile Tradition live: Herr Rosche, Sie kennen oft an der Mille Miglia teilgenommen. Was sagen staltung für die Oberklasse, und Silvretta BMW Motoren wie kein anderer. Was ist das Be- Sie zur Silvretta Classic? Classic? sondere an diesem 3.0 CSL und wie viel Spaß Giuliano Cané: Die Silvretta ist anders, aber das Cané: Die Mille Miglia ist eine sehr viel größere macht es, damit hier auf der Silvretta zu fahren? Wetter ist das gleiche. Ich habe zehnmal an der Veranstaltung, verteilt über viele Städtchen, für Paul Rosche: Das ist ein 3,2-Liter-Motor. Das Mille Miglia teilgenommen und es hat jedes Mal viele Leute. Millionen Mensch stehen am Auto ist von 1973. Es ist das Leichtbaucoupé geregnet, beim elften Mal schien dann die Straßenrand. Hier ist es anders, man fährt mit und wurde damals extra gemacht, um am Sonne. So wie dieses Jahr: Ich habe nicht teilge- dem Auto bergauf und bergab – sie ist anders zu Motorsport teilzunehmen. Außerdem ist es ein nommen und die Sonne schien. Ich bin mir also fahren, aber der Geist ist derselbe. Zwei-Ventil-Motor. Die Serienvariante hatte nicht ganz sicher, ob es die Mille Miglia ist oder Aber im Augenblick müssen wir erst einmal an damals circa 210 PS. ob ich es bin, der für den Regen sorgt (schmun- dieses Rennen denken, denn es ist durchaus ver- zelt). gleichbar mit der „Mille Miglia“ und hat sicherlich Ist der nicht zu schnell für eine Gleichmäßig- Aber die Silvretta unterscheidet sich in derTat noch eine große Zukunft vor sich. keitsprüfung? von der Mille Miglia, allein die Landschaft ist Rosche: Es ist ja ein Serienmotor, den kann man ganz anders: Die Alpenkulisse ist einfach fan- ganz normal fahren. tastisch. Ich bin zum ersten Mal hier dabei, und das mit einem BMW – ich genieße es wirklich In der Entwicklung der Motorengeschichte hat sehr. sich sehr viel getan. Vergleicht man so ein Auto mit einem modernen, hat man dann noch das Glauben Sie, Sie können die Silvretta Classic Gefühl, gut motorisiert zu sein? 2003 gewinnen? Rosche: Auf jeden Fall! Mit einem Gewicht um Cané: Das wird schwierig, die Reifen sind die 1.200 Kilogramm ist dieses Auto relativ anders. Aber ich habe ein gutes Gefühl. Es ist leicht. Mit 220 PS ist es dann schon ganz gut durchaus machbar, ein gutes Rennen zu fahren. Giuliano Cané motorisiert (grinst).

Seite 12 BMW Group Mobile Tradition: Veranstaltungen

bereitwillig an, um die Fragen des Sebastian Gutsch Teams zu beantworten. Mochte es Mobile Tradition live sprach mit dem noch so hektisch zugehen zwischen begeisterten Mitarbeiter im Team des zigtausend Bikern, die Befragten auf Archivs der BMW Group Mobile dem Bikermeeting waren die Ruhe Tradition über Leistung und Technik selbst. eines betagten Kraftpakets. Auf diese Weise übertrug sich der jeweilige Geist der Veranstaltung auch über die Interviews. Gerade solche Live-Szenen mit Größen der BMW Ge- Mobile Tradition live: Herr Gutsch, auf was für schichte oder Teilnehmern der Veran- einem Motorrad sitzen Sie gerade? staltungen machen den Imagefilm Sebastian Gutsch: Das ist eine Kompressor selbst zu einem echten Zeugnis der BMW von 1938/39. Das wahrscheinlich berühm- BMW Historie. teste Motorrad von BMW überhaupt. Befragte wie Paul Rosche, Giuliano Cané, Hans Bartl, der Paris-Dakar- Wer ist alles mit dem Motorrad gefahren? Fahrer Eddy Hau, BMW Entwick- Gutsch: Hauptsächlich natürlich der unvergesse- lungsvorstand Dr. Burkhard Göschel ne Schorsch Meier, aber auch Karl Gall und Jock oder der Leiter von BMW Motorrad, Dr. West. Herbert Diess und weitere, stehen für BMW der früheren Jahre bis heute und Was ist das Besondere an der Maschine? demonstrieren auf diese Weise den Gutsch: Der Kompressor, der mit Vehemenz das lebendigen Zusammenhang zwischen Benzin-Luft-Gemisch in die Zylinder drückt. Die Geschichte und Gegenwart für heuti- Leistung konnte man variieren: von 60 PS in der ge, aber auch zukünftige Liebhaber der Straßenausführung bis hin zu 100 PS wie bei der Marke BMW und ihrer Produkte. Weltrekordmaschine von Henne. Die brauchte dann aber einen speziellen Kraftstoff. Außerdem werden mit einer Königswelle zwei oben liegen- de Nockenwellen angetrieben, die dann die Hans Bartl Ventile betätigen. Das ist selbst heute noch Als einer der erfolgreichsten Privatrennfahrer der 50er Jahre zeigte der Hightech. Die über Seilzüge kombinierte Bremse BMW Fahrer mit seiner RS 54 dem Restfeld zumeist, „wo der Bartl den wurde extra für Schorsch Meier konstruiert, als Most holt“. Ein Gespräch über eine legendäre Maschine. dieser nach einem schweren Unfall nicht mehr so viel Kraft in der Hand hatte. Mobile Tradition live: Herr Bartl, was ist das für auf gute 50 PS gebracht. Ich hab auch noch eine ein Motorrad? Verkleidung hingebaut und die hat mich zwei Sie fahren selbst Rennen. Auf was? Hans Bartl: Meine RS 54. 1953 ging sie mit 25 Jahre lang treu begleitet. Gutsch: Ich habe eine R5 von 1937. Ich fahre Stück in Serie und ich war einer der Glücklichen, hauptsächlich im Ausland Rennen – in die eine be- Die RS 54 stand für den hohen Stellenwert des Tschechien, Ungarn und Slowenien, dieses Jahr k ommen Rennsports bei BMW. Was zeichnete dieses auch in Goodwood auf dem Festival of Speed. In haben. Ur- Motorrad aus? Deutschland gibt es für Oldtimer-Motorräder sprünglich Bartl: Das Motorrad zeichnete sich besonders keine echten Rennen. sollte ich als durch fortschrittliche Technik aus, etwa die vor- Werksfahrer dere Schwinge, der Königswellen-Motor, aber anfangen, auch die hintere Schwinge waren etwas wirklich aber dann Besonderes. wurde die Wenn auch nicht im Rennsport, so freute man Rennsport- Hans Bartl, Rennfahrer sich auf jeden Fall auf der Straße über den abteilung Kardan. aufgelöst. Ich wurde mit diesem Motorrad dann wiederum bester deutscher Privatrennfahrer und Sie sind im Laufe Ihrer Rennfahrerkarriere viele Dritter der Deutschen Meisterschaft. Bei BMW unterschiedliche Marken gefahren. Und viele hat man sehr genau ausgewählt, wer eine von den Rennfahrer behaupten, eine BMW kann man fah- heiß begehrten 25 Maschinen bekommt. In der ren oder man kann es nicht. längsten Übersetzung ist sie 205 km/h schnell Hans Bartl: Das ist richtig. Eine BMW ist durch gelaufen. Ausgeliefert wurde sie mit 45 PS, meine den Querläufer etwas anders zu fahren. Aber hatte es damals, nach ein bisschen Schrauben, wenn man es einmal raus hat, ist es einfach super. Sebastian Gutsch

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 13 Vorkriegs-Kompressor heimgekehrt

Neben dem legendären BMW Renncoupé, mit dem Huschke von Hanstein und Walter Bäumer 1940 Gesamtsieger der Mille Miglia wurden, ist im letzten Jahr ein weiteres Highlight der BMW Rennsportgeschichte in die Sammlung der BMW Group Mobile Tradition zurückgekehrt: die Kompressor BMW, mit der die bayerische Marke Ende der 30er Jahre den Straßenrennsport in Europa dominierte.

Von Fred Jakobs

Jetzt fährt sie wieder für BMW: Sebastian Gutsch mit der Werksrennmaschine von 1939 beim Goodwood Festival of Speed 2003. Oben: Georg Meier auf seiner Siegesfahrt 1939.

Sie gelten als die BMW Rennmotorräder schlechthin: die Kom- Kompressor-Werksmotorrädern, mit dem modernen geschweiß- pressor BMW, mit denen Fahrer wie Otto Ley, Jock West, Karl Gall, ten Rohrrahmen, wie er ein Jahr später bei den Modellen R 5 und Wiggerl Kraus und nicht zuletzt Georg Meier in den 30er und 40er R 6 auch in der Serie verbaut wurde. Der Motor, nun mit jeweils Jahren des vergangenen Jahrhunderts erfolgreich auf die Jagd zwei durch Königswellen angetriebenen obenliegenden Nocken- nach Pokalen und Meistertiteln gingen. wellen, und das fußgeschaltete Vierganggetriebe Die Kompressor-Technik wurde von BMW be- waren ebenfalls komplette Neuentwicklungen. Karl reits Ende der 20er Jahre im Motorradrennsport er- Gall und Ludwig „Wiggerl“ Kraus waren die Fahrer der probt. Mit Hennes Weltrekordfahrten von 1929 hat- ersten Stunde, in der folgenden Saison verstärkte ten die aufgeladenen Motoren ihre große Bewäh- Otto Ley die BMW Werksmannschaft. rungsprobe eindrucksvoll bestanden. Obwohl die In der Saison 1937 erhielten die Motorräder die neue Technik noch nichtausgereift war und man bei bei den Sechstagefahrten erprobte Hinterradfede- einigen Rennen noch auf Sauger-Motoren zurück- rung, womit auch die letzten Nachteile gegenüber der griff, wurden 1929 auch auf der Straße erste Erfolge internationalen Konkurrenz ausgeglichen waren. Gall eingefahren: Hans Soenius in der 500er- und Josef und Ley avancierten zu den erfolgreichsten Fahrern Stelzer in der 750er-Klasse fuhren 1929 die ersten der 500-ccm-Klasse. Mit Jock West startete erstmals Meisterschaften mit aufgeladenen Motoren ein. Georg Meier nach einem auch ein englischer Fahrer für das BMW Werksteam 1935 erschien dann die zweite Generation von seiner unzähligen Siege. und überraschte mit seinem Sieg beim Ulster Grand-

Seite 14 BMW Group Mobile Tradition: Motorräder

Betrieb umgebaut. Die Weiterentwicklungen und Umbauten der Nachkriegszeit führten dazu, dass von den wenigen noch existierenden Werksrenn- maschinen nahezu keine mehr den Vorkriegs- zustand zeigt. So weist auch die seit Jahren im BMW Museum ausgestellte Maschine die Modi- fikationen der letzten Einsätze auf. Lediglich eine Rennmaschine im Vorkriegs-Trimm war bekannt, doch deren berühmter Vorbesitzer bewegte das Motorrad selbst mit großer Freude regelmäßig auf Rennveranstaltungen und dachte lange Jahre nicht daran, sich von ihm zu trennen: John Surtees, der einzige Rennfahrer, der sowohl Formel-1- als auch John Surtees übergibt den seltenen „Werksrenner“ Senior TT 1939: Jock West gra- Motorrad-Weltmeister wurde. an Holger Lapp, Leiter der BMW Mobile Tradition. tuliert Georg Meier zum Sieg. Ob Goodwood, Donington oder Monthléry – John Surtees bewies auf der Kompressor, dass er Prix in Nordirland. Die Europameisterschaft, die in diesem Jahr bis heute nichts von seiner eleganten Fahrweise verlernt hat. Er letztmalig in einem Rennen ausgetragen wurde, verpasste BMW hatte die BMW Anfang der 80er Jahre in zerlegtem Zustand ge- hingegen knapp, als Karl Gall beim Großen Preis von Europa im kauft und mit großem Sinn für Originalität behutsam restauriert. schweizerischen Bern in Führung liegend ausschied. Auf dem diesjährigen Festival of Speed erfolgte die offizielle Ihre erfolgreichste Saison auf Rundstrecken hatte die Kom- Übergabe des Motorrades an die BMW Group Mobile Tradition. pressor BMW 1938, als der Geländefahrer Georg Meier seine erste John Surtees trennte sich mit einem lachenden und einem wei- Saison im Straßenrennsport bestritt: Er gewann die Großen Preise nenden Auge von einem Schmuckstück seiner Sammlung – zu der von Deutschland, Belgien und Italien sowie die holländische Tou- im Übrigen ein BMW 507, je ein BMW 503 Coupé und Cabriolet rist-Trophy und siegte in sowie ein BMW 3200 CS Hockenheim, in Nürn- Bertone gehören: „Ich habe berg und beim Eilenrie- mich an das Motorrad ge- de-Rennen. Damit si- wöhnt, es ist mir ans Herz cherte er sich die Euro- gewachsen und ich hatte pa- und die Deutsche viele tolle Erlebnisse damit. Meisterschaft. Ein Jahr Auf der anderen Seite erfüllt später schrieb sich Ge- es mich mit Genugtuung, org Meier mit dem ersten dass dieses Fahrzeug wie- Sieg eines Nichtbriten der zu BMW nach Hause bei der Senior TT auf der kommt. Ich weiß, dass es Isle of Man endgültig in dort gut aufgehoben ist.“ die Annalen des Renn- Dass die BMW Group sports ein. Jock West als Mobile Tradition dieses Zweiter komplettierte berühmte Motorrad nicht den BMW Triumph bei nur für statische Ausstel- diesem prestigeträch- So erschien sie 1937 auf der Rennstrecke: die Kompressor-BMW erstmals mit lungszwecke erworben tigsten Motorradrennen Hinterradfederung. hat, bewies im Anschluss jener Jahre. Spätestens an die Übergabe Sebas- jetzt galt die BMW Kompressor als unschlagbar. tian Gutsch, als er die Kompressor zur Begeisterung des Als nach dem Zweiten Weltkrieg die deutschen Fahrer Publikums den Hügel in Goodwood Park hinauffuhr. zunächst vom internationalen Rennsport ausgeschlossen waren, gingen sie bei nationalen Wettkämpfen weiterhin mit ihren Kom- pressor-Motorrädern an den Start. Meistens sahen die Ergebnis- Technische Daten BMW RS 500 (Typ 255) listen BMW vorne, und Georg Meier konnte sich mit seiner Kom- Baujahr 1939 pressor – die er, in einem Heustadel versteckt, über den Krieg Motor Zweizylinder-Boxer, gerettet hatte – die Deutschen Meisterschaften der Jahre 1947 bis je zwei oben liegende Nockenwellen, 1950 sichern. In diesen vier Jahren flossen einige Änderungen in Königswellenantrieb, die Werksrennmaschinen ein, bevor dann im September 1950 am Kompressor-Aufladung Grenzlandring das letzte nationale Rennen mit Kompressor-Mo- Hubraum 492 ccm torrädern stattfand. Die deutschen Hersteller und Fahrer durften Leistung 60 PS bei 7.000 U/min nun wieder am internationalen Sportgeschehen teilnehmen, aber Gewicht 138 kg hier galt bereits seit 1945 ein Verbot für aufgeladene Motoren. Deshalb wurden einige der Kompressor-Motorräder auf Sauger- Höchstgeschwindigkeit über 220 km/h

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 15 Vergangenheit und Zukunft: 30 Jahre BMW Museum

Als das BMW Museum 1973 eröffnet wurde, war sein Konzept einzigartig. Großartige Architektur verband sich mit einem völlig neuartigen Konzept der Wissensvermittlung und machte das BMW Museum über die Jahre zu einem Publikumsmagneten im Münchner Norden – und zum Vorbild für unzählige Museumskonzepte weltweit.

Von Oliver La Bonté und Dr. Andreas Braun

Am Anfang stand eine Vision: die Fort- heute wie damals einen harmonisch ab- setzung von Straßen und Plätzen im gestimmten Gleichklang, eine Gruppe umbauten Raum. Das BMW Museum, unterschiedlicher Baukörper, die sich nicht gedacht als Musentempel, ebenso durch Klarheit und Kühnheit auszeichnen wenig als Depot und Garagenhalle, statt- und im Münchner Norden einen städte- dessen eine faszinierend eigenwillige baulichen Akzent gesetzt haben. Architektur, die modern und zugleich Zeitgleich mit dem BMW Museum lie- zeitlos erscheint. Sie grenzt die Außen- fen die Vorbereitungen der Olympischen welt, den an ihr vorbeirauschenden Ver- Sommerspiele 1972 in München. Das kehr nicht aus, sondern führt ihn im Inne- Olympiastadion mit seiner leicht und luftig ren symbolisch weiter. In spiralförmig ge- wirkenden Zeltdachkonstruktion lud zu schwungenen Bögen führt der Besu- heiteren Spielen ein. Es war die junge cherweg wie in einem Schneckenhaus Bundesrepublik Deutschland, die sich hier vom Erdgeschoss bis in das weite obere auf sympathische Weise der Welt präsen- Rund der „Schüssel“ – vorbei an Fahr- tierte. Auch das BMW Museum war zeugen, Aufstellern und Plakaten, Ge- Bestandteil dieser neuen, zukunftsweisen- schichten und Geschichte. den und weltoffenen Geisteshaltung. Zwar gab sich seine äußere, silbern schimmern- Eine zeitlos moderne Baukunst de Form kompakt und geschlossen, sein Das BMW Museum entstand zeitgleich Inneres aber war für die breite Öffentlich- mit dem benachbarten BMW Hochhaus, keit bestimmt. Im Gegensatz zum Ver- dem so genannten Vierzylinder, und des- waltungsgebäude, der Schaltzentrale des sen angrenzenden Flachbauten. Im Mai BMW Konzerns, waren und sind hier die 1973 – also vor 30 Jahren – war das BMW Pforten an 363 Tagen im Jahr geöffnet. Ensemble feierlich eröffnet worden. Die Der Schöpfer des BMW Museums, drei Baukörper am Petuelring bilden der Wiener Architekturprofessor Karl

Schwanzer, entwarf im Inneren ein Gerüst aus Rundpfeilern, raumgreifenden Rampen und schwebenden Plattformen. Alle Bauglieder scheinen in Bewegung geraten. Selbst die aus- Bau des BMW Museums: Schon die gestellten Automobile und Motorräder unfertige „Schüssel“ wirkt aufregend. erwecken den Eindruck, als würden sie sich fortbewegen. Kunstvoll greifen die verschiede- BMW Zentrale: Gleichzeitig zum Museums- nen Ebenen ineinander, immer wieder reizvoll bau entstand nebenan der „Vierzylinder“. sind die Durchblicke, die sich im Museumsrund

Seite 16 öffentlichen Einrichtung, in der jedem Be- sucher historisches Wissen und augen- blickliches Erlebnis geboten werden. Zunächst präsentierte sich das BMW Museum als eine angenehm schlichte Raumfolge in Blau und Silber. Die weni- gen ausgestellten Fahrzeuge sprachen für sich. Den Terminus „besucherfreund- liche Sonderflächen“ – etwa Museums- shop oder Museumscafé – kannte man noch nicht. Der Platz von gerade einmal 700 Quadratmetern schien ausreichend. In den vergangenen 30 Jahren erleb- te das BMW Museum sechs Daueraus- stellungen. Die spektakulärste unter ihnen war zweifellos „Zeitsignale“, ein an Szenarien kaum zu überbietendes Aus- stellungsereignis, das von 1980 bis 1984 hunderttausende von Besuchern anlock- te. Erstmals wurde hier in einem Spazier- gang durch das 20. Jahrhundert die kul- turelle und politische Entwicklung Deutschlands aufgezeigt – verwoben mit der Geschichte der Verkehrsmittel, dar- gestellt mithilfe von BMW Fahrzeugen. Automobil und Motorrad als Spiegelbild der Gesellschaft – das war völlig neu! Schweinwerfer wurden auf Figuren, Fahr- zeuge und andere Exponate gerichtet und brachten wichtige Ereignisse aus dem Dunkel der Geschichte ans Licht der Gegenwart. Der Countdown beginnt Spätestens mit den „Zeitsignalen“ ist das BMW Museum fester Bestandteil des reichhaltigen kulturellen Angebots der Stadt München. Unter anderem stellt das BMW Museum heute sein großes Kino für das alle zwei Jahre stattfindende Münchner Filmfestival zur Verfügung. Doch 30 erfolgreiche Jahre haben unübersehbar ihre Spuren hinterlassen: Trotz vieler Verbesserungen ist es jetzt an der Zeit, das BMW Museum grundlegend zu erneuern und zu erweitern. Denn nicht nur die Geschichte von BMW und damit die Vielzahl der Fahrzeuge ist gewach- sen. Auch die Museumswelt ist nicht ste- bieten. Was der Besucher kaum wahrnimmt, ist Rundpfeilern, die unterschiedlich weit in hen geblieben. Längst sind pädagogi- die Welt der Statik und der Haustechnik. Dabei den Raum der Schüssel hinaufragen. sche Besucherprogramme und anspre- sei vor allem auf die eigentliche Konstruktion Das BMW Museum steht am Anfang chende Informationsquellen im Bereich des BMW Museums hingewiesen: Die äußere einer kulturellen Entwicklung, die sich ab Neue Medien eine Selbstverständlich- Hülle, eine relativ dünne Betonschale, wurde etwa Mitte der 70er Jahre durch publi- keit. Der heutige Besucher erwartet zu- nach dem Prinzip einer selbsttragenden kumswirksame Ausstellungen und Muse- dem ein Mehr an Service und anderen Karosserie errichtet. Auf ihr lastet das Dach mit umsbauten abzeichnete und noch heute Annehmlichkeiten. mehr als 40 Metern Durchmesser. Die Struktur ungebrochen Anklang findet: Das Museum Das Museum der weiß-blauen Marke im Inneren ruht dagegen auf sechs massiven wird zum Bildungsort, zur zeitgemäßen wird gemeinsam mit dem gleichaltrigen

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 17 Eine Gesamtanmutung im Jahre 2006.

Hochhaus im Laufe der kommenden man vom Flugzeug sowie vom nicht nur die BMW Fahrzeuge bieten, Jahre grundlegend saniert. „Gedächtnis“ Olympiaturm aus betrachten kann, ist sondern auch Designentwürfe und kreati- und „Herz“ von BMW werden voraussicht- Versprechen und Programm zugleich: ve Raumgestaltung. lich im Frühjahr 2004 geschlossen. Besu- Was den Namen BMW trägt, muss die Breite und aktuelle Themen cher aus dem In- und Ausland werden Qualität von BMW besitzen. Wer sich für aber nicht enttäuscht vor verschlossenen die beiden anderen berühmten Marken Jahr für Jahr kommen rund 200.000 Türen stehen, denn bis zur Wiedereröff- der BMW Group, Rolls-Royce und , Besucher aus aller Herren Länder, um die nung im Sommer 2007 wird man voraus- interessiert, sei auf deren Markenmuseen stattliche Sammlung historischer BMW sichtlich in einer Ausstellungshalle im verwiesen, die in naher Zukunft in Fahrzeuge zu sehen. Auch das zukünfti- Olympiagelände die schönsten BMW England entstehen könnten. ge BMW Museum wird seine Informatio- Fahrzeuge bewundern können. Das BMW Museum ist fest eingebun- nen und Führungen in mehreren Spra- den in das Unternehmen. Es hat die chen anbieten. Mit besonderem Engage- Mit klarem Auftrag Aufgabe, die Geschichte von BMW aus- ment sollen vor allem auch diejenigen Anders als das Deutsche Museum, Euro- zustellen, vom Erfolg seiner Flugmotoren, angesprochen werden, die nicht so tech- pas größtes Technikmuseum, ist das Cabrios, Luxuslimousinen, Rennwagen nik-affin sind. BMW Museum in seinem Selbstver- und Motorräder zu erzählen und den Wert Die Ergebnisse zahlreicher in Auftrag ständnis ein Firmen- und Markenmu- der Marke BMW, die im höchsten gegebener Besucherstudien ergaben, seum. Eine zeitlos moderne Baukunst ist Premiumbereich der internationalen Au- dass bestimmte Zielgruppen nur mit klar und lässt keinen Zweifel offen: Hier tomobilbranche angesiedelt ist, so au- besonderen Ausstellungsthemen, etwa geht es weder um die Erfindung der thentisch wie möglich wiederzugeben. Im Design oder Sicherheit, angesprochen Dampfmaschine, um Fahrradgeschichte Mittelpunkt aller Anstrengungen steht werden. Die Struktur des Besucherpubli- oder Mobilität im Weltraum, sondern um zukünftig der Dialog mit dem Besucher. kums ist in den letzten Jahren so hetero- Fahrzeuge, Leistungen und Rekorde der Das Museumsflair wird noch individueller, gen geworden, dass Ausstellungsma- Marke BMW. Das in aller Welt bekannte die Betreuung noch persönlicher, die cher nurmehr mit universal und aktuell BMW Zeichen, das sich über das ge- Atmosphäre noch ansprechender sein als angelegten Themen Erfolg haben – vor- samte Museumsdach ausbreitet und das bisher. Ästhetischen Genuss werden ausgesetzt, diese sind didaktisch aufbe-

Höhepunkt des Jahres 2002: Sonderausstellung „The Year 02“ im BMW Museum.

Seite 18 BMW Group Mobile Tradition: Museum

BMW ist heute der einzige europäische lieferungszentrums von BMW, entworfen Automobilhersteller, der zugleich Motor- vom renommierten Architekturbüro COOP räder produziert. Himmelblau, setzt die innovative Baukunst Tradition und Moderne, Vergangenes von BMW, die 1973 begann, suggestiv fort. und Zukünftiges schließen sich nicht aus: Hier werden neue Kunden, aber auch „ohne Herkunft keine Zukunft“. Auch das interessierte Besucher die aktuelle Neue BMW Museum wird modernste Modellpalette erleben und sich über Technologien einsetzen, um Inhalte zukünftige Technologien informieren anschaulich zu vermitteln. Das Spektrum können. Das benachbarte Produktions- der Neuen Medien ist faszinierend und werk bietet geführte Rundgänge, die es erscheint schier unendlich. ermöglichen, den Herstellungsprozess Dennoch dürfen Touch Screens und eines 3er BMW live mitzuverfolgen. Das andere Applikationen nicht den Blick auf BMW Museum wird dieses Angebot das Wirkliche verstellen. Im Vordergrund komplettieren und die große Tradition der steht weiterhin die Präsenz alter, wertvol- Marke schildern. Damit wird es am ler Fahrzeuge. Ihretwegen geht der Petuelring in ein paar Jahren ein großes Besucher ins Museum. Um den Reiz der Ausstellungs- und Veranstaltungszen- virtuellen Künste zu erleben, kann er sich trum geben, mit Highlights für jeden daheim bequem im Internet umschauen. Geschmack. reitet und glaubwürdig. Strategien und Alles Digitalisierte wird physisch Ähnlich große, in Architektur gegosse- Sprachen des Marketing, wie sie in der erfassbare Wirklichkeit nie ersetzen kön- ne Markenpräsentationen gibt es bereits in klassischen Werbung angewandt wer- nen, sondern diese nur integrativ ergän- Wolfsburg und Ingolstadt, eine weitere soll den, haben im Museum keinen Platz. zen und illustrierend veranschaulichen. in Stuttgart entstehen. Doch sieht BMW Bei aller Vielfalt an Themen, die ab Es sind die tatsächlich vorhandenen, diesem Wettbewerb gelassen entgegen, 2007 im BMW Museum rund um Zwei- behutsam restaurierten Automobile und vor allem deshalb, weil die urbane Situation und Vierräder geboten werden: Der Motorräder, die im Museum zu Akteuren von Museum, Werk und Auslieferung keine Hauptauftrag ist und bleibt die Darstel- werden. Sie allesamt sind sprechende künstliche, sondern eine gewachsene ist. lung der reichen, fast 90-jährigen BMW Zeitzeugen und rufen Erinnerungen an Das historische Zentrum von BMW liegt Historie. Erstmals soll sie lückenlos frühere Zeiten wach. nicht bei München, sondern mittlerweile geschildert werden, wobei vor allem der im Zentrum dieser leuchtenden Kultur- Den Blick in die Zukunft gerichtet Motorsport, ein Garant für den Erfolg und und Medienmetropole. die Zuverlässigkeit von BMW Motoren, Die Zeiten, als Museumsmacher interes- Dies stimmt unter anderem die Planer breiten Raum erhält. Auch sollen die sante und rare Objekte sammelten und bei BMW sehr optimistisch. Die Museums- Menschen zu Wort kommen, die sich mit diese in Vitrinen stellten, um sie langsam besucher von morgen dürfen schon jetzt, besonderer Leidenschaft um die Marke verstauben zu lassen, sind längst passé. dreieinhalb Jahre vor Öffnung der neuen BMW verdient gemacht haben: namhafte Der Besucher will persönlich angespro- Ausstellungsarchitektur, auf eine innovati- Designer, Ingenieure und Rennfahrer, chen werden und den Museumsbesuch ve und atemberaubende Gestaltung ge- ebenso Entwickler in Fachabteilungen interaktiv mitgestalten. spannt sein. Am Eingang werden sie das oder Monteure am Band. Er will keine ellenlangen Texte lesen Markenzeichen von BMW entdecken. Und Die Geschichte von BMW zeichnet oder die ausschweifenden Betrachtungen das Versprechen gilt auch für die kommen- sich durch Höhen und Tiefen aus. Immer eines Museumsführers ertragen, sondern den 30 Jahre: Was den Namen BMW trägt, wieder waren es Visionen, die formschö- experimentell oder im Dialog Informa- muss die Qualität von BMW besitzen. ne und PS-starke Fahrzeuge entstehen tionen und Erfahrungen sam- ließen. Die BMW Markenwerte „heraus- meln. Was immer ein Museum fordernd“ und „sportlich“ sind von Be- zu vermitteln vermag: Der Be- ginn an prägend für alles, was am Petuel- sucher will es ganzheitlich ring, später auch in Niederbayern, Berlin, erfassen. Denn was bleibt Spartanburg und Rosslyn produziert nachdrücklicher in Erinnerung wurde. als das, was man selbst ange- Mit dem Bau von Flugmotoren fing fasst, gesehen, gerochen, ge- 1916 alles an. 1923 entschloss sich die schmeckt oder gehört hat? BMW Führung zum Bau von Motor- Seit einigen Monaten ist es rädern, 1928 folgten die ersten BMW offiziell: Gegenüber dem Mu- Automobile. Es waren vor allem die Zu- seum, auf der anderen Seite der verlässigkeit der Motoren und die be- Lerchenauer Straße, wird ein achtlichen Rennerfolge, die BMW zu großartiges Bauwerk entste- einer weltweit bekannten und angesehe- hen: Die von und Wind ge- nen Marke machten. Nebenbei bemerkt: formte Architektur des Aus- Architektonischer Querschnitt des BMW Museums.

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 19 Der Gründer: Franz Josef Popp

Die Entwicklung jedes Unternehmens wird durch Menschen geprägt. So auch BMW. Wer aber bestimmte die Entwicklung des Unternehmens? Welche Personen haben mit ihrem Wirken, Einsatz und ihren Entscheidungen dafür gesorgt, dass das Unternehmen schwierige Zeiten überstand und zur heutigen Größe wachsen konnte? In lockerer Folge stellt Mobile Tradition Live die Profile einiger Protagonisten der Konzern- geschichte vor. Wir beginnen mit Franz Josef Popp, langjährigem Vorstandsvorsitzenden von 1917 bis 1942.

Von Dr. Florian Triebel und Patrick Oelze

Mehrere Persönlichkeiten wurden und K.u.K. Seeflieger-Korps im Adria-Stütz- werden als „Gründer“ der BMW AG punkt Pola (im heutigen Kroatien) ein, wo bezeichnet. Ohne , er schon während des Studiums seinen oder wäre das Unter- Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger nehmen möglicherweise nie aus der abgeleistet hatte. Bereits drei Wochen Taufe gehoben worden; den wohl größten später wurde er jedoch wieder nach Wien Anteil an der Entstehung des heutigen zurückbeordert, um zunächst bei der AEG, Mobilitätskonzerns hat jedoch Franz dann bei den Austro-Daimler-Werken in Josef Popp, der als „Generaldirektor“ das Wiener Neustadt die Bauaufsicht für die Unternehmen von seiner Gründung bis zu Flugmotorenproduktion zu übernehmen. seinem erzwungenen Rücktritt 1942 In dieser Funktion reiste Popp mehrere maßgeblich prägte. Male nach Deutschland, um bei den da- Popp wurde 1886 mals größten Flug- in Wien geboren, seine motoren-Produzenten Familie übersiedelte des Reiches, Daimler, bereits 1901 nach NAG und Benz, Mög- Brünn, wo er seine lichkeiten für Lizenz- Matura am örtlichen fertigungen deutscher Realgymnasium ab- Baumuster in den legte. Anschließend Austro-Daimler-Wer- immatrikulierte er sich ken zu eruieren. Diese an der dort ansässigen Sondierungen schlu- Technischen Hoch- gen allerdings fehl. Die schule für die Fach- Austro-Daimler-Werke richtungen Maschi- entwickelten nun auf nenbau und Elektro- eigene Faust einen technik. Das Studium neuen 12-Zylinder- brachte er 1909 als Flugmotor für die ös- Diplom-Ingenieur zum terreichische Marine, Franz Josef Popp, Ende der 20er Jahre. Abschluss. Nach für dessen Produktion Wien zurückgekehrt, sie jedoch nicht genü- trat Franz Josef Popp als Elektro- gend Kapazitäten hatten. Es galt, ein Werk Bauingenieur bei der dort ansässigen zu finden, das die von den Militärstellen AEG-Union ein. Dort leitete er bald die geforderten Stückzahlen fertigen konnte. Abteilung „Elektrische Bahnen und Popp hatte während seiner Dienst- Lokomotiven“ und war unter anderem zeit in Pola Motoren der Rapp-Motoren- verantwortlich für die Entwicklung von werke in München kennen gelernt, die Elektrolokomotiven bei der Mitten- sich im Flugbetrieb wenig bewährt hat- waldbahn. ten. Die Münchner Firma hatte somit kein Zu Beginn des Ersten Weltkrieges konkurrenzfähiges Produkt, verfügte aber rückte Popp als Marine-Ingenieur beim über die für den Flugmotorenbau not-

Seite 20 BMW Group Mobile Tradition: Portraits

wendigen qualifizierten Arbeitskräfte und maschinellen Einrichtungen. Popp erschienen die Rapp-Motorenwerke vor diesem Hintergrund als Fertigungsbe- trieb für den neuen 12-Zylinder-Austro- Daimler-Motor ideal. Er setzte sich bei den maßgeblichen Stellen erfolgreich für diese Lösung ein und wurde schließlich im November 1916 als Beauftragter der K.u.K. Marine nach München entsandt, um die Lizenzfertigung bei den Rapp- Motorenwerken zu überwachen. Unbefriedigende Entscheidungen und Vorgaben der technischen und kaufmänni- schen Geschäftsführung gaben Popp jedoch zu denken – er fürchtete um die Ein- haltung der vertraglich fixierten Stück- zahlen. Um die Produktionsziele einhalten zu können, schlüpfte Popp faktisch immer mehr in die Rolle des eigentlichen Be- triebsleiters. Der „Generaldirektor“ Im September 1917 wurde dieser Funk- tionswechsel offiziell bestätigt. Franz Josef Popp wurde zum Geschäftsführer des Unternehmens bestellt, das zugleich von „Rapp-Motorenwerke“ in „Baye- rische Motoren Werke G.m.b.H.“ umfir- mierte, um auch nach außen einen Neuanfang zu signalisieren. Nach der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft leitete er die Bayerischen Motoren Werke als Vorsitzender des Vorstandes mit dem Titel „Generaldirektor“. Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges leitete Popp die Umstellung der jungen Firma von der Flugmotorenproduktion zur Friedenspro- duktion ein. Hierzu setzte er sich für eine

Das Ehepaar Popp mit dem Weltrekordfahrer Ernst Jakob Henne und dessen Frau bei Ein Arbeitszimmer Popps im neuen Verwaltungs- einem Ausflug an den Eibsee, Ende der 30er Jahre. gebäude des Werks an der Lerchenauer Straße.

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 21 mit dem sich Popp intensiv ausei- nehmens auf Kriegsrüstung jedoch skep- nander setzte. Unter Popps Vor- tisch gegenüber. standsvorsitz erweiterte die BMW Politische Einmischung AG 1928 ihr Produktangebot und Know-how zusätzlich durch Kauf Diese Vorbehalte waren nicht politisch Verhandlungsdelegationen von BMW und Pratt & der Fahrzeugfabrik motiviert. Auch wenn Popp nach eigener Whitney bei Unterzeichnung des Lizenzvertrages, 1928. (FFE). Damit fuhren erstmals Darstellung am 1. Mai 1933 auf Druck des Automobile der Marke BMW auf bayerischen Gauleiters Wagner der NSDAP Anbindung des Unternehmens an die den Straßen. beigetreten war, blieb sein Verhältnis zur Knorr Bremse AG ein, für die das Werk ab Noch 1928 schloss Popp einen Partei distanziert. Er selbst behauptete im 1919 Bremsen für die Bayerischen Lizenzvertrag mit der US-amerikanischen Rückblick, sein Beitritt kurz nach der natio- Eisenbahnen fertigte. Firma Pratt & Whitney, der BMW die nalsozialistischen Machtergreifung habe 1922 leitete Popp mit der Unter- Fertigung zweier luftgekühlter Stern- lediglich seine Entlassung als Generaldi- stützung des österreichischen Finan- motorentypen ermöglichte. Dadurch si- rektor der BMW verhindern sollen. Im Feb- ziers Camillo Castiglioni die Übertra- cherte er BMW wichtiges Know-how auf ruar 1936 betrieb der zuständige Ortsgrup- gung der wichtigsten Patente, Maschi- einem zukunftsträchtigen Gebiet des Flug- penleiter der NSDAP ein Parteiausschluss- nen und Mitarbeiter für den Motorenbau motorenbaus. Das durch die Lizenzfer- verfahren gegen Popp, da er trotz „Ermah- sowie des Firmennamens „Bayerische tigung erworbene Wissen ermöglichte es nungen“ seine Familie weiterhin von einem Motoren Werke AG“ auf den Firmen- BMW in den 30er Jahren, selbst erfolgreich jüdischen Hausarzt behandeln ließ. Nach mantel der Bayerischen Flugzeugwerke luftgekühlte Sternmotoren zu entwickeln. einer offiziellen „Verwarnung“ des Münch- AG ein, um wieder losgelöst von der Mit dem Bau der BMW Flugmotoren- ner Parteigerichts ließ Popp die Angele- Knorr Bremse AG den Motorenbau auf- fabrik in Allach (1935), der Erweiterung der genheit ruhen – auch um zu verhindern, nehmen zu können. Eisenacher Werksanlagen (1937) und dem dass die Sache weitere Kreise zog und da- Erwerb der Brandenburgischen Motoren- mit seine Position als Vorstandsvor- Neue Geschäftsfelder werke (Bramo) in Berlin-Spandau erweiter- sitzender der BMW AG beschädigt wurde. Unter Popps Führung begann ab 1922 te BMW unter Popps Leitung die Kapazi- Popps Skepsis gegen die Ver- der Aufstieg von BMW zu einem der täten für den Flugmotorenbau. Nach dem lagerung des Produktionsschwerpunkts großen Industrieunternehmen Bayerns Erwerb der Bramo 1939 besaß BMW ein bei BMW hin zur Flugmotorenproduktion und Deutschlands. Die Produktpalette Monopol zur Produktion luftgekühlter Flug- gründete in Bedenken, damit würde eine der BMW AG wurde ausgeweitet. Sie motoren in Deutschland und gewann einseitige Ausrichtung des Konzerns auf umfasste bald nicht mehr nur Motoren für dadurch für die deutsche Luftrüstung im die Kriegsrüstung begründet, die zwar die Flugzeugindustrie, sondern auch Mo- Dritten Reich an strategischer Bedeutung. finanziell lukrativ war, den Konzern aber torräder für die beginnende Motorisie- Franz Josef Popp selbst stand der schnel- stark von den Entscheidungen des natio- rung breiterer Volksschichten, ein Thema, len Expansion und Ausrichtung des Unter- nalsozialistischen Regimes abhängig

Seite 22 Luftbild des BMW Werks an der Lerchenauer Staße (heute Werk 1), aufgenommen aus südwestlicher Richtung, circa 1930. machte. Im Juni 1940 schrieb er dem chen Stellen Rückendeckung gegenüber Sabotage. Nachdem Popps Führungsstil Aufsichtsratsvorsitzenden Emil Georg den Forderungen Milchs zu verschaffen schon im Vorfeld der Querelen mit dem von Stauss, die Situation brächte bei und realistische Produktionsvorgaben zu Ministerium zu großen Spannungen im einem „eventuellen Rückschlag der BMW Vorstand geführt hatte, versuchte Flugmotorenproduktion unter Um- der Aufsichtsrat, die Konflikte durch die ständen die Gesamtexistenz der Beurlaubung Popps im Januar 1942 zu BMW AG“ in Gefahr. Zudem führte lösen. Um keine öffentlichen Spekula- die strategisch wichtige Stellung von tionen um den Wechsel entstehen zu BMW für die deutsche Luftrüstung lassen, wurde Popp ins Aufsichts- zu immer mehr Vorgaben und stärke- gremium beordert, konnte aber von dort ren Einmischungen politischer und keinen Einfluss mehr auf die Geschicke militärischer Stellen, die zunehmend des Konzerns ausüben. die unternehmerischen Handlungs- Missglücktes Comeback freiheiten einschränkten. Dies schwächte die Position der Konzern- Unmittelbar nach Kriegsende wurde der leitung und Franz Josef Popps deut- 59-jährige Popp im Mai 1945 noch ein- lich, der die BMW bis dahin weitge- mal aus dem Aufsichtsrat in den Vor- hend autonom und autokratisch stand delegiert. Einen Monat später ver- geführt hatte. hafteten ihn die Alliierten wegen seines Titels „Wehrwirtschaftsführer“, den er Gespanntes Klima während des Krieges erhalten hatte. Im Wegen des zunehmenden Arbeits- Zuge seines Entnazifizierungsverfahrens kräfte- und Rohstoffmangels wäh- 1947 wurde er zunächst als „Mitläufer“ rend des Krieges und der undurch- und in einem Berufungsverfahren ab- sichtigen Beschaffungspolitik des schließend als „unbelastet“ eingestuft. Ernennungsurkunde Franz Josef Popps zum Reichsluftfahrtministeriums blieb Franz Josef Popp versuchte in der Geschäftsführer der neu gegründeten BMW BMW weit hinter den geforderten GmbH, 1. Oktober 1917. Folge noch mehrmals, wieder ein Vor- Produktionsleistungen zurück. Dies standsmandat bei den Bayerischen erhöhte den Druck in der ohnehin Motoren Werken zu übernehmen. gespannten Atmosphäre zwischen Popp erreichen, schlugen ins Gegenteil um. Der Seine Bemühungen scheiterten jedoch und dem zuständigen Generalluft- Generalluftzeugmeister fühlte sich durch allesamt; sein Umzug nach Stuttgart mar- zeugmeister Milch im Ministerium. Popps Popps Vorgehen brüskiert und bezichtigte kiert das Ende dieser Ambitionen. Popp Versuche, sich bei einflussreichen amtli- diesen der „Leistungsverweigerung“ und starb dort am 29. Juli 1954.

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 23 Nonstopfahrt Agadir – München 1957 im BMW 600

Noch vor der Präsentation des BMW 600 auf der IAA 1957 war die Idee zu einer außergewöhnlichen Ausdauerprüfung für das neue Raumwunder im Kleinwagensegment geboren. Ein erprobtes Fahrerduo sollte die „große Isetta“, wie sie später im Volksmund genannt wurde, nonstop über 5.000 Kilometer auf Herz und Nieren testen. Da der Herbst nahte, wurde der Start ins nördliche Afrika verlegt: nach Agadir. Von dort sollte es ohne Pause nach München gehen, mit mindestens 60 Kilometern pro Stunde. Kein Problem für den BMW 600, wie sich zeigte.

Von Walter Zeichner

Wo immer der BMW 600 in Marokko auftauchte, herrschte reges Interesse.

Kurz vor dem ersten öffentlichen Auftritt nach Feldafing ins Hotel „Kaiserin Elisa- vortrag über die Vorzüge dieses unge- des BMW 600 auf der IAA 1957 lud die beth“, wo BMW Generaldirektor Richter- wöhnlichen Fahrzeugkonzepts. Auf den BMW Pressestelle am 27. August ausge- Brohm persönlich die schreibende Zunft ersten Blick hatte BMW die Isetta einfach wählte Journalisten an den Starnberger begrüßte, bevor man das neue Fahrzeug um eine zweite Sitzbank verlängert. Doch See, um den Herren der Fachpresse genü- enthüllte. Direktor Hof und Chefkonstruk- gab es deutliche Unterschiede. Der BMW gend Informationen zur ausführlichen Be- teur waren ebenfalls vor Ort 600 entpuppte sich als „Großraum- richterstattung zu überreichen. Gut organi- und es wurde ausgiebig gefachsimpelt. fahrzeug en miniature“, bestand doch der siert, ging es mit dem Bus von München Dann hielt Fiedler einen langen Lichtbilder- gravierendste Nachteil der Isetta darin,

Seite 24 BMW Group Mobile Tradition: Automobile

dass bereits Familien mit zwei kleinen ser Vorschlag war, sei dahingestellt, doch schen mit Lotsen durch die großen Städte Kindern darin keinen Platz mehr fanden Schweder ließ die Idee, mit diesem interes- geführt wurden und Tankstellen länger und als potenzielle Käufer ausschieden. santen neuen Kleinwagen, der noch nicht geöffnet blieben, damit der BMW 600 auch Mit einer Länge von 290 cm war der neue einmal so richtig vom Montageband lief, mitten in der Nacht schnell aufgetankt wer- BMW Kleinwagen nun zwar exakt genau- auf große Fahrt zu gehen, nicht mehr los. den konnte und man keine Zeit durch so lang wie das Glas Goggomobil, der Zusammen mit seiner bewährten Reise- Suchen verlor. Selbst die „ostzonalen“ schärfste BMW Konkurrent im damaligen begleiterin Annemarie Botschen wurden in Sportbehörden zeigten sich aufgeschlos- Kampf der Kleinwagen, doch im Gegen- den nächsten Tagen Landkarten studiert sen und verzichteten auf bürokratische satz zu diesem ein wahres Raumwunder. und man nahm Kontakt auf zu den zustän- Hürden. Die Platz sparende Heck-Anordnung des digen Fachstellen bei BMW und zum Der Star der Fahrt betritt die Szene Zweizylinder-Boxermotors machte an- ADAC, der einen wichtigen Part bei den nähernd den gesamten Karosserieinnen- Vorbereitungen spielen sollte. Nun fehlte nur noch das Wichtigste, ein raum den Passagieren verfügbar. Selbst Schweder wollte eine Strecke von BMW 600! Natürlich erkannte die damalige vier stattliche Erwachsene konnten be- der Länge der berühmten Zuverlässig- BMW Werbeabteilung das Potenzial der quem untergebracht werden. Abgesehen keitsfahrt Lüttich – Rom – Lüttich in An- Langstrecken-Zuverlässigkeitsfahrt zur von der ungewöhnli- griff nehmen, allerdings Einführung des neuen Kleinwagens. chen Form und der von beschloss man, ange- Andererseits war die Serie noch nicht der Isetta beibehalte- sichts der späten Jah- angelaufen, und es bestanden gewisse nen Fronttür sorgte reszeit eine Strecke in Bedenken, das Paar Schweder/Botschen eine einzelne Seitentür südlichen Gegenden quasi mit einem Vorserienmodell auf die hinten rechts für fra- auszusuchen. Schließ- Reise zu schicken. gende Blicke, doch lich wählte man das süd- Doch schließlich wählte man einen war diese Anordnung liche Marokko als Aus- gelben Versuchswagen aus und packte ihn durchdacht: So traten gangspunkt, denn der mit reichlich Ersatzteilen voll – für den Fall Passagiere beim Aus- erfahrene Schweder der Fälle. Mit Fahrer, Beifahrerin und Reise- steigen zwangsläufig kannte die Gegend und utensilien brachte der BMW 600 nun auf das Trottoir und die Verhältnisse im Land annähernd 800 kg auf die Waage – etwa nicht auf die gefährli- von seinen Erfahrungen die Vollbesetzung des Kleinwagens mit che Fahrbahn. bei der Rallye Maroc und vier Personen. Nach den Probe- früheren Reisen. Annähernd 5.000 km betrug die Dis- fahrten fuhren alle nach Nach dem Start in tanz zwischen Agadir und München auf der Schloss Berg zur Kaf- Paul Schweder, Rennfahrer und Agadir sollte es nach von Schweder ausgewählten Route und feetafel und zwanglos Journalist. Casablanca gehen und jetzt mussten Fahrzeug und Besatzung wurde weiter geplau- dann mit der Fähre über erst einmal an den Startpunkt Agadir dert. Zu den geladenen Journalisten die Straße von Gibraltar nach Sevilla, gebracht werden – natürlich auf eigener gehörte auch der gebürtige Berliner Paul Madrid, San Sebastian, Bordeaux, Reims, Achse! Dieser angenehmste Teil der Schweder, in den 30er Jahren Rennfahrer Köln und Berlin, wonach man die DDR zu Marathonfahrt, noch ohne besonderen auf Adler, Sportjournalist und Mitbe- durchqueren hatte, um in München, der Zeitdruck, führte das Paar auf rund 2.000 gründer der Zeitschrift „Motor und Sport“. Heimatstadt des BMW 600, die große Tour Straßenkilometern von München nach Schweder, jetzt in München lebend, war für abzuschließen. Marseille, dann von dort mit der Fähre nach die BMW Pressemannschaft kein Unbe- Schweders gute kannter, denn in den letzten Jahren hatte er Kontakte zum ADAC mit Nonstopfahrten auf BMW Isetta 250 sorgten nun dafür, dass und 300 gehöriges Aufsehen erregt. Beide von der dortigen Haupt- Male war er in erstaunlich kurzer Zeit von sportabteilung sofort Süd- nach Nordeuropa gefahren, stets Kontakte zu den zu- begleitet von seiner charmanten Kollegin ständigen Stellen in Annemarie Botschen, die ihn deutlich den zu durchfahrenden überragte. Ländern geknüpft wur- den, um für dieses Vor- Der Plan nimmt Gestalt an haben reibungslose Während Schweder nun staunend vor dem Grenzpassagen und neuen BMW 600 stand, wurde er prompt weitreichende Unter- von BMW Generaldirektor Richter-Brohm stützung durch die dor- angesprochen, der von Schweders Lang- tigen Automobilclubs streckenfahrten wusste und ihn ermunter- zu garantieren. Die Hilfe te, es doch auch einmal mit diesem neuen ging so weit, dass Typ zu versuchen. Wie ernst gemeint die- Schweder und Bot- Der neue BMW Kleinwagen „600“ auf der IAA 1957.

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 25 Nonstopfahrt Agadir – München

Casablanca und wieder auf der Straße über Weg ins mitternächtliche Casablanca verständlicherweise erste Ermüdungs- Marrakesch nach Agadir, wo man sich vor mussten zahlreiche Serpentinen in den symptome auf und eine der wichtigsten der großen Tour noch ein paar Tage akkli- Ausläufern des Atlas bewältigt werden. Aufgaben von Beifahrerin Botschen war matisieren und erholen konnte. Schweder hatte eine Mindestdurch- es, von nun an den Fahrer mit allen Mitteln Das Fahren in Marokko erwies sich schnittsgeschwindigkeit von 60 km/h für am Einnicken zu hindern. dabei als durchaus angenehm. Die franzö- die Etappe errechnet, um die Fähre gerade Schweder selbst beschrieb diese ver- sischen Kolonialherren hatten zwischen noch zu erwischen. Er gab derart Gas, dass antwortungsvolle Aufgabe später so: „Man den Städten ein hervorragendes Straßen- der BMW 600 schon um 7.15 Uhr morgens kann ruhig behaupten, dass in verschiede- netz hinterlassen und der Autoverkehr war im Fährhafen eintraf, mit einem Durch- nen Punkten von ihm (dem Beifahrer) noch äußerst spärlich. Nur Schafe, Kamele schnitt von über 70 km pro Stunde – eine sogar mehr verlangt wird. Auf alle Fälle und Lastesel verlangten vom Autoreisen- erstaunliche Leistung für ein Kleinfahrzeug bessere Nerven und vielleicht sogar mehr den gelegentliche Aufmerksamkeit. mit nur 19,5 PS Motorleistung. Durchstehvermögen. Er muss nämlich praktisch immer wach bleiben, in kritischen Stunden seinen Fahrer genau beobachten und rechtzeitig Stoppsignal geben, wenn es wieder einmal so weit ist und der Fahrer eine kurze Pause braucht. Er muss das Bordbuch und Tagebuch führen, Stunden und Kilometer registrieren, die gesamte Orientierung übernehmen, den Fahrer unterhalten oder schweigen, ihn versor- gen, seine strapazierten Nerven beruhigen – ganz einfach der gute Geist in der Mann- schaft sein und diese Aufgaben sind durchaus nicht jedermanns Sache und deswegen fahre ich seit Jahr und Tag mit meiner Kollegin Botschen, weil sie sich als der beste Teamkamerad bewährt hat.“ Nach der Durchfahrt von Lüttich brach der letzte Tag dieser ungewöhnlichen Reise an und nach dem Passieren der deutschen Grenze bei Aachen gab es für die beiden Abenteurer den ersten Teller Suppe seit der Abfahrt in Agadir. Lediglich mit dem damaligen Wach- macher „Schoka-Kola“ und mit Obst und Keksen hatte man die Tage und Nächte am Der Start für die große Fahrt erfolgte am Die Überfahrt nach Spanien bei sonnigem Steuer und auf dem Beifahrersitz durchge- 25. Oktober 1957, Punkt 17.30 Uhr. Nach Wetter sollte die letzte Möglichkeit für standen. dem Ende der Mittagshitze hatte man nun Schweder und seine Copilotin Annemarie 79 Stunden auf Achse für die erste Etappe bis zum Fährhafen Botschen sein, ein wenig auszuruhen. Ceuta die Kühle der Nacht als angeneh- Danach machten den beiden die in Die letzten 1.200 Kilometer durch die Bun- men Begleiter. Das Startzeichen gab der Spanien anfangs recht schlechten Straßen desrepublik und die DDR über Köln und Präsident des Automobilclubs von Agadir zu schaffen; erst ab Madrid ging es wieder Berlin nach München sollten für Schweder und auch der Sportbeauftragte des auf gut ausgebauter Strecke weiter Königlich Marokkanischen Automobilclubs in Richtung Nordwestrand der Py- war zugegen, als der schwer bepackte renäen. Herbstliche Nebelfelder gelbe BMW 600 unter Beifall der Bevöl- erschwerten die Reise und Schwe- kerung mit aufheulendem Motor losfuhr. der hatte schwer zu kämpfen, um Erste, entscheidende Aufgabe war es den Reisedurchschnitt von 60 km in nun, die Fähre nach Spanien, von Ceuta der Stunde bis München durchhal- nach Algeciras, zu erwischen, die nur ein- ten zu können. mal am Tag, um zehn Uhr vormittags ihre Nachts durchquerten die bei- Leinen in Afrika losmachte. Nur zum den Frankreich über Fontainebleau, Tanken wurde gestoppt, Paul Schweder Reims und Charleville und über- musste die Motorleistung des BMW 600 querten die Ardennen in Richtung schon von Anfang an voll in Anspruch neh- belgische Grenze. Mittlerweile tra- Völlig erschöpft, aber glücklich – Ankunft in München men: Gleich nach Fahrtbeginn auf dem ten bei der BMW 600 Besatzung nach 79 Stunden Fahrt.

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Der Zauber des Orients – kurzer Zwischenstopp in Marokko.

und Botschen zur härtesten Prüfung ihrer und der BMW 600 konnte langsam ausrol- Schnell wurden noch ein paar Fotos ge- gesamten Geschichte als Langstrecken- len. Die beiden Abenteurer waren nicht schossen und dann packte BMW Presse- fahrer werden. Zwar ging es nun auf besten wenig überrascht, als sie mit übermüdeten chef C.T. Hoepner kurzerhand die beiden Straßen durch die Lande, doch starker Augen eine große Menschenmenge in seinen Wagen und sorgte dafür, dass sie Autoverkehr, Dunkelheit und dichte Nebel- sahen, die zu so früher Stunde zu ihrer zunächst einmal ihre wohlverdiente Ruhe- schwaden vom Thüringer Wald bis Begrüßung erschienen war. Reporter, Ver- pause bekamen, bevor es an die Auswer- München ließen die letzten Kilometer zu treter des ADAC und von BMW umringten tung dieser ungewöhnlichen Reise ging. einer Fahrt werden, die beide bis an die das sichtlich erschöpfte Paar, das in den Den geringsten Anteil an den Strapa- Grenzen ihrer Belastbarkeit führte. Letzter letzten 79 Stunden und 10 Minuten eine zen hatte offensichtlich der neue BMW Lichtblick waren einige nahrhafte Ge- Strecke von 4.811 Kilometern auf zwei Kleinwagen vom Typ 600. nüsse, die BMW München der BMW 600er Kontinenten ohne größere Pausen zu- „Unentwegt gemütlich vor sich hin- Mannschaft an die Zonengrenze gesandt rückgelegt hatte. brummelnd“, wie Schweder formulierte, hatte, dann hieß es nur noch „durchhalten“ Der letzte Ankunftsstempel wurde ins hatte der BMW 600, im Volksmund später für die letzten Kilometer. Bordbuch gedrückt, viele Hände wurden oft „große Isetta“ genannt, die Distanz mit Als die Borduhr schließlich 4.55 Uhr geschüttelt und einer blassen, aber er- einer Durchschnittsgeschwindigkeit von morgens zeigte, kam kurz vor München leichterten Annemarie Botschen ein 60,9 Stundenkilometern und ohne jegliche das Schild „Ende der Autobahn“ in Sicht großer Blumenstrauß übergeben. Störungen bewältigt.

Daten zum BMW 600 Bauzeit 1957 – 1959 Getriebe 4-Gang vollsynchronisiert Preis DM 3.985,– (1957) Schaltung Mittelschaltung Stückzahl 34.318 Bremsen Vierrad-Trommelbremsen Motor Zweizylinder-Boxer, Radstand 1.700 mm luftgekühlt Spur vorn/hinten 1.220/1.160 mm Hubraum 582 ccm Gesamtmaße 2.900 x 1.400 x 1.375 mm Leistung 19,5 PS bei 4.500 U/min Leergewicht 550 kg Verdichtung 6,8 : 1 Höchstgeschwindigkeit 103 km/h

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 27 Produkte der Aerodynamik-Forschung Die BMW 328 Rennlimousinen

Hockenheim 1947: Karl Kling verhilft dem Kamm-Coupé zu späten Lorbeeren. Von Hagen Nyncke

Sein Debüt gab der neue BMW Sport- staltungen, vor allem im Ausland. Die un- Ein Rennsportwagen muss offen sein, so ver- wagen BMW 328 am 14. Juni 1936 beim vermeidlichen Kinderkrankheiten wurden langte es das Reglement aller Rennen im Eifelrennen auf dem Nürburgring. Mit dem bald überwunden. Wo immer die Wagen Deutschland der 30er Jahre. Der bekannteste Motorrad-Weltrekordler Ernst Henne am auftauchten, lehrten sie die Konkurrenz und erfolgreichste Sportwagen dieser Ära ist Steuer konnte der Wagen seinen ersten das Fürchten. Schon bald wurde deutlich, ohne Zweifel der BMW 328, ein Roadster der überlegenen Sieg in der 2-Liter-Sport- dass die ausländischen Fabrikate gegen klassischen Art. In wenigen Exemplaren gab wagenklasse verbuchen. Obwohl es den BMW 328 keinen Stich mehr mach- es ihn auch in geschlossener Ausführung. zunächst nur drei Exemplare davon gab, ten. Nachdem die Serienfertigung Anfang Eines davon wurde zur Legende. sah man sie doch häufig bei Rennveran- 1937 angelaufen war, kamen immer mehr

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mousine, trotz der größeren Stirnfläche. sche Automobilindustrie nach Kräften Stromlinien-Limousinen, die nach den daran beteiligen musste. Für BMW bedeu- Prinzipien des Schweizer Pioniers Paul tete es, in kürzester Zeit einen Hochleis- Jaray gestaltet wurden, erzielten daher tungssportwagen zu entwickeln, der sich weitaus bessere Werte. nicht nur behauptete, sondern eine realisti- In Deutschland waren es die Frank- sche Chance auf den Gesamtsieg hatte. furter Adler-Werke, die die ersten Strom- Rudolf Flemming, der schon an der linien-Limousinen bei Rennen einsetzten. Konstruktion des 328 maßgeblichen Anteil Ihr überzeugender Auftritt bei den 24 hatte, erhielt den Auftrag. Die Vorgabe war Die erste Limousine, das Projekt AM 1007, Stunden von Le Mans in den Jahren 1937 klar umrissen: Der Wagen musste ge- hatte Probleme mit dem Geradeauslauf. und 38 hatte deutlich ge- zeigt, dass durch Stromli- Privatfahrer mit ihren neuen Sportwagen nienkarosserien eine mo- an den Start und es dauerte nur knapp ein torische Unterlegenheit Jahr und die 2-Liter-Klasse in Deutsch- durchaus kompensiert land war fest in der Hand der BMW 328. werden konnte. Die Adler Aber auch auf ausländischen Strecken „Rennlimousinen“, wie sie konnten sie einen Sieg nach dem anderen in der Presse schon bald erringen. hießen, waren zwar durch- Für die Konstrukteure in München aus schnell, aber ästhe- blieb indes nicht viel Zeit, sich auf den Lor- tisch nicht besonders be- beeren auszuruhen. Die ursprüngliche friedigend. Leistung von 80 PS war bei den Wettbe- Zur gleichen Zeit werbsmotoren bereits auf rund 110 PS hatte man sich auch bei gebracht worden, ein erstaunlicher Wert für BMW mit dem Thema be- diese langhubige Motorenkonstruktion. schäftigt. Bei Professor Eine nennenswerte Steigerung war jedoch Wunibald Kamm, dem Pionier des Windkanals: Professor Wunibald Kamm. nicht mehr zu erwarten. Auch ließ sich das Leiter des Forschungsins- Gewicht des serienmäßig ohnehin nicht tituts für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmo- schlossen sein, um alle Vorteile der Strom- schweren Wagens kaum mehr verringern. toren an der Technischen Hochschule linie nutzen zu können (interessanterweise Eine Steigerung der Höchstgeschwindig- Stuttgart (FKFS), waren erste Windkanal- bedeutete das aber, dass der Wagen nie bei keit war nur auf dem Wege der Verringe- versuche mit BMW Modellen durchgeführt einem Sportwagenrennen in Deutschland rung des Luftwiderstandes möglich. Der worden, ohne jedoch diese Richtung kon- starten durfte, denn geschlossene Fahr- 328 war zwar in konstruktiver wie gestalte- sequent weiter zu verfolgen. Unter Hand- zeuge waren nicht zugelassen!). rischer Hinsicht ein Meisterstück, die rund- lungsdruck gerieten die BMW Techniker In konsequenter Anwendung des liche Form mit den akzentuierten Kotflü- dann durch den Beschluss der deutschen Leichtbauprinzips entwarf Flemming auf geln war jedoch strö- mungstechnisch nicht ideal. Durch Weglassen der Windschutzschei- be, Abdeckung des Beifahrersitzes und Ver- kleidung des Unter- bodens konnte der Luftwiderstand zwar verringert werden, ein Cw-Wert unter 0,5 war aber kaum zu realisie- Der Gitterrohrrahmen für das Kamm-Coupé AM 1008 (links) war aus Elektron und wog nur 30 kg. Rechts das ren. Die BMW Techniker fertige Kamm-Coupé bei Testfahrten am Flughafen Oberwiesenfeld. standen deshalb vor der Aufgabe, eine völlig neue Karosserie zu und italienischen Sportbehörden, zur dem Chassis des 328 einen filigranen entwerfen, die den aktuellen Erkennt- Manifestation der politischen Achse Berlin Gitterrohrrahmen, der mit einer dünnen nissen der Aerodynamik-Forschung Rech- – Rom eine Hochgeschwindigkeitsfahrt auf Aluminiumhaut überzogen wurde. Dieses, nung tragen sollte. den neu gebauten Autobahnen zwischen intern als Projekt AM 1007 bezeichnete Durch Versuche hatte man erkannt, den beiden faschistischen Metropolen Fahrzeug konnte jedoch nicht überzeugen. dass ein offener Sportwagen für eine strö- auszutragen. Das Rennen war für Oktober Zum einen war die in Eisenach gefertigte mungstechnische Optimierung weniger 1938 terminiert. Es braucht nicht näher Karosserie aus handwerklicher Sicht nicht geeignet war als eine geschlossene Li- erläutert zu werden, dass sich die deut- zufrieden stellend, weit gravierender aber

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 29 Die BMW 328 Rennlimousinen

war die Tatsache, dass das Fahrverhalten zu wünschen übrig ließ. Bei Testfahrten erreichte der Wagen zwar ungeahnte Ge- schwindigkeiten, war aber so instabil, dass er die gesamte Auto- bahnbreite benötigte. Es wurde deutlich, dass es noch einer Menge Entwicklungsarbeit bedurfte, um hieraus einen brauchbaren Renn- wagen zu machen. Aus politischen Gründen wurde das Rennen Berlin – Rom zwar immer wieder verschoben, aber die Termine derSaison 1939 für eine Ersatzveranstaltung der Mille Miglia und das Rennen in Le Das Touring-Coupé kurz nach der Fertigstellung. Mans rückten be- drohlich nahe. Die Schaumburg-Lippe, der Führer dieser Mann- Bemühungen bei schaft, ebenfalls eine Rennlimousine. Sowohl BMW, ein noch in Eisenach wie in München waren aber keine schnelleres Fahr- Kapazitäten für ein weiteres Fahrzeug verfüg- zeug auf die Beine bar. Deshalb nutzte Fritz Fiedler, Leiter der zu stellen, blieben Fahrzeugentwicklung, seine guten Beziehun- allerdings nicht un- gen nach Italien, um von der in Mailand ansäs- beobachtet. Das sigen „Carozzeria Touring“ ein Eilangebot für Nationalsozialis- einen Stromlinienaufbau einzuholen. tische Kraftfahrer- Die Oberste Nationale Sportbehörde Korps (NSKK) hat- (ONS) hatte sich unterdessen bereit erklärt, te im Frühjahr die Kosten dafür zu übernehmen. Bei Touring 1938 ein eigenes war man dem Ansinnen gegenüber sehr auf- Team aufgestellt, geschlossen, hatte man doch ein ganz ähnli- das sich quasi als ches Projekt für Alfa Romeo bereits in Arbeit deutsche Sport- Auf die Plätze: Touring-Coupé (links) und Kamm-Coupé vor dem und konnte auf Erfahrungen mit einer gleich- wagen-National- Start zur Mille Miglia. artigen Karosserie aus dem Vorjahr zurück- mannschaft ver- greifen. Ohne große Mühen ließ sich diese stand und mit seinen eigenen drei BMW 328 bei Rennver- Stromlinienkarosserie in der patentierten „Superleggera“-Bau- anstaltungen im Ausland die deutschen Farben vertreten wollte. weise ans serienmäßige 328 Chassis anpassen. Tatsächlich Vertraglich hatte sich das Werk zwar verpflichtet, die NSKK- schafften es die italienischen Blechkünstler, den Aufbau in nur vier Wagen jeweils auf dem neuesten Stand der Entwicklung zu halten, Wochen fertig zu stellen. Obwohl man bei Touring nichtüber einen in der Rennlimousine erwuchs dieser Truppe aber ein potenzieller Windkanal verfügte, hatte man die richtige Form eher intuitiv und Gegner, der ernst zu nehmen war. Auf keinen Fall durfte es einem durch empirische Vorgehensweise gefunden. Werksfahrer möglich sein, den für sich in Anspruch genommenen Der neue Wagen, in der deutschen Rennfarbe weiß lackiert, Sieg der NSKK-Mannschaft in Frage zu stellen. Die Reaktion ließ überzeugte nicht nur ästhetisch. Testfahrten ergaben, dass das nicht lange auf sich warten, denn nun forderte Prinz Max zu nur 780 kg schwere Coupé die 200 km/h-Marke überschreiten konnte und dabei noch relativ gut geradeaus lief. Beim Ren- nen in Le Mans am 17. und 18. Juni 1939 kam das Touring- Coupé zum ersten Einsatz. Gefahren wurde es von Prinz Schaumburg, wie man ihn im Werk nannte, und dem BMW Ingenieur Hans Wencher. Nach einem Kampf über 24 Stunden und 3.188 Kilometer gewan- nen sie die 2-Liter-Klasse mit einem sensationellen Durch- schnitt von 132,8 km/h. Im Gesamtklassement schafften sie einen hervorragenden fünf- ten Platz gegen motorisch weit überlegene Gegner. Zum ers- ten Mal wurde hier mit einem Das Rennprogramm zum „1. Gran Premio Brescia delle Mille Miglia“ und der Streckenverlauf des Mille-Miglia-Dreieckskurses im Jahre 1940. BMW die Überlegenheit der Stromlinie demonstriert.

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Den Erfolg des „Stiefkindes“ mag man bei nicht wieder ab- BMW mit gemischten Gefühlen aufgenom- geben. Lurani men haben. In der Entwicklungsabteilung auf dem BMW war man unterdessen nicht untätig geblie- Kamm-Coupé ben. Schon im November 1938 standen war ihm anfangs beim FKFS in Stuttgart weitere Modelle im dicht gefolgt und Maßstab 1:10 im Windkanal. Nach länge- hätte ihm den ren Untersuchungen gelangte man zur Sieg vielleicht Erkenntnis, dass beim Projekt AM 1007 streitig machen der Stromlinienaufbau nicht zum Fahr- können, wäre gestell passte. Die Relation von Massen- der Wagen nicht schwerpunkt zur Karosseriefläche war bei durch einen lä- Flemmings altem Entwurf nicht genügend cherlichen De- berücksichtigt worden. Nun ging man in fekt ausgefallen. der neu gegründeten Abteilung „Künstle- So jedoch rische Gestaltung“ unter der Leitung von Sieg bei der Mille Miglia 1940: Rennerfolge waren schon immer blieb letztlich der Wilhelm Meyerhuber daran, eine neue die beste Werbung. Ruhm des Mille Stromlinienkarosserie unter der Projekt- Miglia-Gesamt- nummer AM 1008 zu entwerfen. Die alte sieges für immer war nur noch für die Schrottpresse gut. Zum direkten Vergleich der zwei Strom- mit dem Touring-Coupé verbunden. Jetzt wurde zunächst das vorhandene linienwagen sollte es dennoch bald kom- Das Kamm-Coupé erlebte mit Karl Chassis um 20 cm verlängert. Man ver- men. Trotz des Krieges hatte der italieni- Kling am Steuer in Hockenheim 1947 sei- sprach sich davon eine deutliche Verbes- sche Veranstalter für den 28. April 1940 ein nen einzigen Sieg und einen letzten serung des Geradeauslaufs. Der völlig neu Rundstreckenrennen über 1.000 Meilen Triumph, danach diente es dem - konstruierte Gitterrohrrahmen wurde aus organisiert, das allerdings nicht auf dem Konstrukteur Ernst Loof als Alltagsfahr- Elektron gefertigt und wog nur 30 Kilo- historischen Mille-Miglia-Kurs stattfinden zeug, bis es Anfang der 50er Jahre nach gramm. So konnte in Verbindung mit der sollte, sondern auf einem Dreieckskurs zwi- einem Unfall verschrottet wurde. Das Touring-Coupé kam mit Her- mann Lang als Fahrer noch einmal beim Die Stromlinien-Coupés: schnell und zukunftsweisend. Bergrennen am Ruhestein 1946 zum Zuge, wo es die schnellste Zeit des Tages fuhr. Danach ging es in die USA, wo es Aluminium- Außenhaut auch bei BMW eine schen Brescia, Cremona und Mantua, der noch ein paar Mal im Rennbetrieb einge- „superleichte“ Karosserie geschaffen wer- neunmal umrundet werden musste. In der setzt wurde. den. Obwohl das so genannte „Kamm- 2-Liter-Klasse standen ausschließlich Erst nach einem jahrzehntelangen Coupé“ deutlich größer wurde als die ver- BMW am Start. Drei Fahrzeuge waren von Dornröschenschlaf wurde es wieder ent- gleichbare Touring-Variante, war es doch der NSKK-Mannschaft gemeldet, dies wa- deckt und ist seit dem letzten Jahr das um 20 Kilo leichter. Aufgrund der begrenz- ren Sportwagen vom Typ 328 mit neuen, Schmuckstück in der Sammlung der ten Kapazitäten im Prototypenbau zog sich allerdings offenen Stromlinienkarosserien. Mobile Tradition. die Entstehung des Wagens über einige Die ONS dage- Monate hin. Doch im Gegensatz zur italieni- gen meldete die schen Variante konnten die BMW Tech- beiden Stromli- niker ihre eigene Rennlimousine umfang- nien-Coupés: das reichen Testfahrten unterziehen. Touring-Coupé mit Auf der Autobahn München – Salzburg den BMW Fahrern wurde der Wagen im Spätsommer 1939 Fritz Huschke von gründlich geprüft und in vielen Details ver- Hanstein und Wal- bessert. Die Bemühungen waren von Er- terBäumer, das folg gekrönt: Das Kamm-Coupé hatte eine BMW Kamm- deutlich bessere Richtungsstabilität und Coupé als Referenz zeigte sich unempfindlicher gegen Seiten- an die italienischen wind. Der Cw-Wert lag mit rund 0,25 deut- Bundesgenossen lich unter dem des Touring-Coupés mit mit Giovanni Lurani etwa 0,35. Auch in der Höchstgeschwin- und Franco Corte- digkeit setzte der Wagen mit 230 km/h se. Vom Start weg neue Maßstäbe. Ob er allerdings jemals ging v. Hanstein in seine Stärken zeigen konnte, blieb durch Führung und sollte Hermann Lang fuhr das Touring-Coupé mit veränderter Schnauze den Kriegsausbruch zunächst völlig offen. sie bis zum Ziel beim Ruhestein-Bergrennen im Jahre 1946.

Mobile Tradition live / Ausgabe 03.2003 Seite 31 BMW Motorräder – acht Jahrzehnte im Einsatz von Behörden und Verbänden

BMW Motorräder sind in den Verwaltungen von über 140 Ländern im Einsatz. Damit ist das Geschäft mit Behörden und sonstigen Institutionen ein wichtiges Standbein für BMW Motorrad. Bereits das erste BMW Motorradmodell, die R 32, wurde auch dienstlich eingesetzt. In den 30erJahren waren es Militärbehörden und Reichspost, die in großem Umfang Motorräder bei BMW bestellten. In den 50er Jahren erschienen die Pannenhelfer des ADAC mit ihren BMW Gespannen vielen liegen gebliebenen Autofahrern als „Gelbe Engel“. Und als zur gleichen Zeit der deutsche Motorrad- Markt von einer schweren Krise heimgesucht wurde, sicherten die Behördenaufträge aus aller Welt dem BMW Motorradgeschäft das Überleben.

Von Fred Jakobs

„Für das Städt. Elektrizitätswerk soll rasch- auf, dass der BMW Vertreter sich beson- Es ist dies der erste dokumentierte BMW möglichst ein Kraftrad angeschafft werden. ders ins Zeug gelegt hat, um diesen Behördenauftrag und es sollten weitere Zu diesem Zweck werden aus laufenden Auftrag zu bekommen: Insgesamt vier folgen: In den 20er Jahren war es vor Mitteln 2.500 Mark genehmigt. Das verschiedene Verkaufsprospekte reichte allem die Polizei, und hier in erster Linie Fahrzeug soll kräftig gebaut sein und mit er ein, dazu noch Anerkennungs- die Verkehrsüberwachung, die auf die Soziussitz, elektr. Beleuchtung, Boschhorn schreiben zufriedener Kunden. zuverlässigen BMW Motorräder vertraute. und Seitenwagen ausgerüstet werden, Vielleicht gab ja der Brief des Der Hauptmarkt – wenn man angesichts damit im Störungsfall evtl. auch bei Nacht Schwarzwälder Fabrikanten August Nicol der vergleichsweise geringen Stück- ein Monteur an die gestörte Stelle mit dem den Ausschlag, denn dieser schrieb zum zahlen überhaupt von einem Markt spre- nötigen Werkzeug mitgenommen werden Fahrverhalten seiner BMW: „Die Schwer- chen kann – war zunächst Deutschland. kann. Aber auch in Öster- Nachdem das Rad reich, in der Tschecho- bei jeder Witterung be- slowakei und in den nützt werden muß, Ländern des Balkans kommt eine Maschine in fanden die BMW Mo- Frage, die so gebaut ist, torräder im Polizei- dass bei schlüpfrigem dienst schon sehr früh Boden das sogenannte Verwendung. Schleudern gering ist. Nach der „Macht- Gute Resultate lie- ergreifung“ der Natio- gen von dem Kraftrad nalsozialisten in der bayr. Motorenwerke Deutschland und der und der englischen Tri- beginnenden Aufrüs- umphmaschine vor. Die tung interessierte sich erstere Firma wird durch nun auch das Militär Herrn Aug. Reiter, letz- verstärkt für das Zwei- Bereits in den 50er Jahren mit Vollverkleidung: BMW R 69 für die Wiener Polizei. tere durch Herrn Seiler rad. An BMW Typen vertreten. Es sollen An- fanden vor allem die gebote von diesen Platzvertretern einge- punktsverteilung der Maschine ist so schweren Boxer-Pressstahlmodelle – holt werden.“ ideal gelöst, dass dieselbe selbst bei zunächst die R 11, später die R 12 mit So der Wortlaut eines Gutachtens schlüpfriger Straße keine Neigung zum Teleskop-Vorderradgabel – Verwendung. des Bauausschusses der Stadt Kauf- Gleiten zeigt und infolgedessen in den Hier waren häufig Gespanne gefragt, beuren vom 4. Februar 1925. Kurven liegt.“ während die bei Militär und Polizei im Der Stadtrat beschloss in der an- Ausbildungs- und Kurierdienst eingesetz- Erste Aufträge aus dem Ausland schließenden Sitzung den Ankauf, wich ten kleineren Einzylindermodelle R 2 und jedoch in zwei Punkten vom Gutachten Die Firma Reiter und damit das Unter- R 4, später dann die R 35, hauptsächlich des Ausschusses ab: Es wurde von der nehmen BMW erhielt den Zuschlag für im Solobetrieb gefahren wurden. Beschaffung eines Beiwagens abgese- die Ausschreibung und das Kaufbeurer Auch bei der Reichspost kam die zu- hen und neben den beiden genannten Elektrizitätswerk schöpfte die bewillig- verlässige R 12, rot lackiert, zum Einsatz. Vertretern wurden noch der einheimische ten Finanzmittel nahezu vollständig aus: Dank spezieller Lastenbeiwagen konnten Händler von Wanderer-Motorrädern und Neben dem Grundpreis von 2.000 Mark die Beamten auch im dichtesten Ge- ein Augsburger D-Rad-Vertreter ange- waren nochmals 488 Mark für Soziussitz, schrieben. Vergleicht man die Rück- Boschlicht, Tachometer, Boschhorn und Hundestaffel der deutschen Polizei auf meldungen der einzelnen Händler, so fällt Ballhupe fällig. BMW R67/2 Gespannen, 1953.

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BMW Motorräder im Einsatz für Behörden

dränge der Städte bequem an die zu leerenden Briefkästen gelangen. Doch BMW suchte nach weiteren Einsatzmöglichkeiten abseits des privaten Fahrver- gnügens. 1937 präsentierte das Unternehmen auf der Berliner Automobilausstellung eine R 12 für den Feuerwehreinsatz. Das Gespann, das in Zusammen- arbeit mit der Firma Total ent- Besondere Beachtung fand eine BMW R 12 in Eskorte des Bundespräsidenten Theodor Heuss stand, war als schnelle und fle- Verbindung mit einem Total-Feuerlöschgerät. mit Motorrädern des Typs BMW 51/2. xible, aber auch günstige Alter- native zu den großen und teuren Lösch- das niedrige Marschtempo der Truppen Nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg zügen gedacht. mehrere Tage durchhalten können. Da lag Deutschland in Schutt und Asche. kein deutsches Motorrad dieses Anfor- BMW hatte einen Großteil seiner Münch- BMW Motorräder im 2. Weltkrieg derungsprofil erfüllen konnte, erhielten ner Werksanlagen durch heftige Bom- Als die deutschen Kriegsvorbereitungen BMW und Zündapp zugleich den Ent- benangriffe im Jahr 1944 eingebüßt. Was in der zweiten Hälfte der 30er Jahre kon- wicklungsauftrag für ein solches Militär- den Krieg überstanden hatte, war entwe- kreter wurden, reichte eine Anpassung Kraftrad. Nach enormen Entwicklungs- der zur Demontage freigegeben oder der Serienmotorräder den Beschaffungs- problemen – es wurde bereits an eine befand sich in Eisenach und somit in der stellen der Militärs nicht mehr aus. Gefor- Lizenzfertigung des Zündapp-Modells sowjetischen Besatzungszone. Zudem dert war vielmehr ein Motorradgespann, bei BMW gedacht – gelang es, die Anfor- gab es Beschränkungen der Alliierten, das auf jeglichem Untergrund – Schotter, derungen des Lastenhefts zu erfüllen, sodass an eine Wiederaufnahme der Schlamm, Eis und Sand – sicher zu be- und 1941 lief in München die Serien- Fahrzeugproduktion zunächst nicht zu herrschen war und auch bei extremen fertigung des Modells R 75 an. Kriegs- denken war. Temperaturbedingungen möglichst war- bedingt wurde die Produktion 1942 ins Wiederbeginn mit 247 ccm tungsfrei funktionieren sollte. Darüber Automobilwerk Eisenach verlegt und bis hinaus musste ein solches Motorrad 1944 wurden über 18.000 Exemplare des Erst im Mai 1948 konnte BMW mit dem auch große Lasten transportieren und Wehrmachtsgespanns ausgeliefert. Einzylindermodell R 24 das erste Motor- radmodell der Nachkriegs- zeit auf der Exportmesse in Hannover präsentieren. Doch dieses Modell sicherte BMW den ersten prestige- trächtigen Auftrag der noch jungen Bundesrepublik: Sechs Maschinen wurden an die Begleitstaffel des ers- ten Bundespräsidenten Theodor Heuss geliefert. Als 1950 mit der R 51/2 der erste BMW Nachkriegs- boxer vom Band lief, sattelte die Staffel um und eskortier- te das deutsche Staats- oberhaupt mit 500 ccm. BMW in aller Welt Die 500er BMW wurde zum Standardmodell der Ver- kehrsbehörden und reprä- sentativer Eskorten, als Ge- spannfahrzeug wurde häu- fig dem drehmomentstär- Auch in den 20er Jahren waren allzu eilige Autofahrer nicht vor Strafe gefeit: Die Ordnungshüter waren mit keren 600er Modell der Vor- dem damals schnellsten Serienmotorrad, der BMW R 63, bestens ausgerüstet. zug gegeben. In den 50er

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externe Zulieferer von Motorradverklei- dungen angewiesen. Seit dieser Zeit hat sich das Sonder- fahrzeuggeschäft der BMW Motorrad immer weiter spezialisiert: So sind es heute nicht nur Polizisten in über 140 Ländern, die der Zuverlässigkeit und der Sicherheit von BMW Motorrädern vertrauen: Ob Feu- erwehren, Notärzte, Helfer des Katastro- phenschutzes oder Stauberater der Ver- kehrsclubs: Für jeden Einsatzzweck bietet Abseits aller Wege versieht dieser Polizist in der Auf BMW 67/2 Gespannen unterwegs: die BMW individuell gefertigte Motorräder an. Südsee seinen beschwerlichen Streifendienst. „Gelben Engel“ des ADAC-Pannendienstes. Die Palette reicht vom leichten Einzylin- dermodell F 650 GS über die robusten Jahren begann mit den ersten komplet- Handelte es sich bei den Polizeimotor- Boxer bis hin zur sportlichen K 1200. ten Neuentwicklungen R 51/3 und R 67 rädern zunächst um ganz normale Serien- Dass BMW jährlich rund 5.000 der Siegeszug der BMW Polizeimo- modelle, die bestenfalls mit Sonder- Motorräder als so genannte Sonder- torräder auch außerhalb Deutschlands. lackierung und Packtaschen versehen fahrzeuge in alle Welt ausliefert, hatte wohl Zunächst gingen große Kontingente waren, konnte BMW den Behörden 1953 niemand vorausgesehen, als 1925 die an die französische Polizei, danach folgten Fahrzeuge mit Funkgeräten aus dem Hau- Stadtwerke Kaufbeuren ihre erste R 32 Aufträge aus ganz Europa, Afrika, Süd- se Telefunken anbieten. Weitere Fort- bestellten. amerika und verschiedenen asiatischen schritte waren zusätzliche optische und Staaten. Mitte der 50er Jahre exportierte akustische Signalanlagen, was die Ver- BMW bereits in rund 90 Staaten der Erde stärkung der Bordelektronik erforderte. und in vielen Märkten war das Be- Technischer Fortschritt hördengeschäft die Initialzündung zum Aufbau eines funktionierenden Service- Daneben wurde der Ruf nach einer Verklei- und Händlernetzes. dung der Motorräder lauter. Neben dem Als in den 50er Jahren der deutsche Schutz des Fahrers vor Wind und Wetter Motorradmarkt zusammenbrach und zahl- sollte diese auch der Kennzeichnung und reiche Motorradproduzenten in Konkurs Wiedererkennung der Motorräder im gingen, schlug sich die Krise auch auf die Straßenverkehr dienen. BMW Motorräder nieder: Von 1954 bis Dies war für BMW Neuland, und so 1957 stürzten die jährlichen Produktions- erinnern die ersten Verkleidungen, mit zahlen auf weniger als ein Fünftel ab. In denen 1957 beispielsweise eine öster- dieser Krise verhinderten die Aufträge von reichische Eskorte von R 69 Modellen aus- In den 40er Jahren orderte die Wehr- Ministerien und Dienststellen in aller Welt, gestattet wurde, stark an Rennverklei- macht 18.000 Gespanne vom Typ R 75. dass BMW das gleiche Schicksal wie Adler, dungen jener Jahre. Man behalf sich dabei Hier Soldaten der Luftwaffe. Horex oder Victoria ereilte, welche die zunächst mit Verklei- Motorradproduktion einstellen mussten. dungen von Fremdan- bietern, insbesondere Gutes Ansehen in schlechten Zeiten der Firmen Gläser und Zudem darf der Image-Gewinn, den das Heinrich. BMW Motorrad durch diese Präsenz er- In den 70er Jahren hielt, nicht unterschätzt werden: In Zeiten, leistete BMW Pionier- in denen sich immer mehr Menschen ein arbeit auf dem Gebiet Automobil leisteten, galten Motorradfahrer der Motorradverklei- in vielen Augen als arme Schlucker und dungen. Spätestens waren sozial häufig geächtet. Wenn jedoch mit der R 100 RS von Bilder von Staatsoberhäuptern, die von 1976, dem weltweit BMW Motorrädern eskortiert wurden, um ersten Serienmotorrad die Welt gingen, konnte sich die Marke mit rahmenfester Voll- BMW von diesem Negativ-Image abset- verkleidung, und dem zen. Und Autofahrer, denen auf deutschen nachfolgenden kom- Straßen ein Pannenhelfer des ADAC mit fortablen Tourer R 100 seinem BMW Gespann zur Hilfe eilte, RT war das Unterneh- behielten die Motorräder aus München men im Behördenge- ebenfalls in guter Erinnerung. schäft nicht mehr auf Die holländische Reichspolizei auf BMW Motorrädern der /7 Baureihe.

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