Freies Deutschland«
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Rosa-Luxemburg-Stiftung Manuskripte 53 Rosa-Luxemburg-Stiftung GOTTFRIED HAMACHER unter Mitarbeit von André Lohmar, Herbert Mayer, Günter Wehner und Harald Wittstock Gegen Hitler. Deutsche in der Résistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der Bewegung »Freies Deutschland« Kurzbiografien Karl Dietz Verlag Berlin Gottfried Hamacher unter Mitarbeit von André Lohmar, Herbert Mayer, Günter Wehner und Harald Wittstock: Gegen Hitler. Deutsche in der Résistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der Bewegung »Freies Deutschland«. Kurzbiografien (Reihe: Manuskripte/Rosa-Luxemburg-Stiftung; Bd. 53) Berlin: Dietz, 2005 ISBN 3-320-02941-X © Karl Dietz Verlag Berlin GmbH 2005 Satz: Jörn Schütrumpf 2., korr. Auflage Umschlag, Druck und Verarbeitung: MediaService GmbH BärenDruck und Werbung Printed in Germany Zum Geleit Wenn wir es nicht machen, wird es niemand tun – so lässt sich am besten die Haltung beschreiben, die den letzten Überlebenden, unterstützt von wenigen selbstlosen Enthusiasten, die Kraft verlieh, den Stoff, der dieses Buch aus- macht, zusammenzufügen. Den Frauen und Männern, die bis 1945 außerhalb Deutschlands gegen das alle Freiheit und Menschenwürde zermalmende deutsche NS-Regime – die brutalste, heimtückischste und aggressivste Spielart des Faschismus – kämpf- ten, ist in diesem Deutschland nur selten gedankt worden. Die meisten sind nicht nur vergessen, sondern wurden vorsätzlich vergessen gemacht. Die Differenz zwischen dem sich antifaschistisch verstehenden Deutsch- land in den Grenzen der DDR und der sich selbst als Fortführerin des Deut- schen Reiches deklarierenden Bundesrepublik wirkt noch immer fort. Dabei gab es Verdächtigungen, Verunglimpfungen, selbst Verfolgungen zu unter- schiedlichen Zeiten in beiden deutschen Staaten, wenn auch zumeist ge- gensätzlich politisch motiviert, für ehemalige Widerstandskämpfer, die auf »Feindesboden« gegen den Hitlerfaschismus gekämpft hatten. Trotzdem war die Chance, »angenommen zu werden«, in der DDR unvergleichlich größer als in der BRD, in der 1951 vorzugsweise 730 000 bei der Entnazifizierung ent- lassene Beamte wieder eingestellt wurden – die so genannten 131er. Im Staate Bundesrepublik, der Blutrichter nicht nur im Einzelfall alimen- tierte, wagte sich trotz permanenter Freiheitsbeschwörung und trotz freier Wahlen niemand, eine landesweite Vereinigung jener deutschen Minderheit zu bilden, für die Deutschsein Widerstand gegen den Hitlerfaschismus auch im Bunde mit dem Kriegsgegner, dem »Feind« nicht ausschloss. Erst nach dem Ende der DDR entstand eine solche – in allen Teilen Deutschlands wir- kende – Organisation. Sie nennt sich »Deutsche in der Résistance, in den Streit- kräften der Antihitlerkoalition und der Bewegung ›Freies Deutschland‹ e. V.« Ohne Budget, von staatlichen Zuschüssen oder sonstigen Beihilfen von be- mittelten Sponsoren ganz zu schweigen, aber mit viel gutem Willen ist auf In- itiative von Gottfried Hamacher, der unterdessen in der zweiten Hälfte seines neunten Lebensjahrzehnts steht, das hier ausgebreitete Material in jahrelanger Arbeit zusammengetragen worden. Ihm, seinen fast gleichaltrigen Kameraden des antifaschistischen Widerstands wie auch jenen, die mit ihm dieses Buch – soweit sie sich noch im erwerbsarbeitsgebietenden Alter befinden: in ihrer Freizeit – fertig stellten, möchte der Verlag an dieser Stelle ausdrücklich danken. Immer wieder haben sie Kriterien entwickelt, immer wieder mussten diese verworfen oder mindestens modifiziert werden. Zu vielfältig, zu lebensprall waren die Wege jener, über die hier Zeugnis abgelegt wird, als dass dies an- 5 gemessen in den strengen Rahmen einer solchen Kurzdarstellung zu pressen wäre. Allerdings: Ein Kriterium ist geblieben. Wer als Deutscher während der Mordorgie des deutschen Faschismus, mit der die europäischen Völker über- zogen wurden, nachweislich in den Streitkräften der Antihitlerkoalition, auch der französischen Résistance und den Aktionen der Partisanen und Wider- standskämpfer anderer Länder oder in der weltweiten Bewegung »Freies Deutschland« vor dem 8. Mai 1945 Widerstand gegen die Aggressoren, die schlimmsten Verderber auch der deutschen Nation, leistete, gehört in dieses Buch. Selbst wenn nur wenige Informationen vorlagen, ja nur Teile des Na- mens überliefert sind, war dies Grund, hier verzeichnet zu sein. Völlig gleich- gültig ist auch, was zuvor oder danach an Politischem geleistet oder nicht ge- leistet wurde; entscheidend ist das Verhalten in der – biographisch gesehen – kurzen Zeitspanne des Krieges. Keinerlei Unterschied wurde ebenfalls ge- macht zwischen den verschiedenen Formen des Widerstands: Ob mit der Waf- fe in der Hand, ob an einem Radiosender tätig, ob als Lehrer in einem Kriegs- gefangenenlager, ob als Frontbeauftragte oder (in Großbritannien, Schweden und in den diversen Staaten Amerikas) als Mitglieder von Organisationen, die kollektiv der Bewegung »Freies Deutschland« beigetreten waren – entscheidend ist das Was und nicht das Wie. Der Verlag ist – in freundlicher Absicht – von verschiedenen Seiten mehr- mals gewarnt worden, dieses Buch der Öffentlichkeit zu übergeben. Nicht nur fehlen sehr viele Deutsche, die gerade in den Streitkräften der Staaten der Anti- hitlerkoalition, vor allem in der britischen, US-amerikanischen, australischen, kanadischen Armee sowie in der chinesischen Volksarmee gegen den Faschis- mus kämpften und von denen der kleinen Arbeitsgruppe, die dieses Buch er- arbeitete, zumeist nicht einmal deren Namen zugänglich waren; auch sind vie- le Frauen, die oft nur im Stillen wirkten, bis heute in ihrer Leistung unerkannt geblieben; und: Politisch war der weltweite Widerstand der Deutschen außer- halb des Reiches breiter, als hier mitunter deutlich wird. Wenn das hier aus- drücklich vermerkt wird, übersehen die Herausgeber aber auch nicht, dass der Beitrag aller deutscher Widerstandskämpfer zusammengenommen – ob in Deutschland selbst oder an der Seite der Antihitlerkoalition – keinen Vergleich mit den Anstrengungen der Völker standhält, die den Absturz der menschli- chen Zivilisation in die furchtbarste Barbarei verhinderten und mit der mi- litärischen Zerschmetterung des Hitlerfaschismus und seiner Wehrmacht auch das deutsche Volk von seinen schlimmsten Feinden befreiten. Einige dieser genannten Mängel dieser Publikation wurden selbstredend deshalb verursacht, weil es an Kraft, an Zeit und natürlich auch an Geld fehl- te, all das schon veröffentlichte Material in einer Vollständigkeit auszuwerten, die wünschenswert, aber nur an einer akademischen Einrichtung zu leisten wäre. Um zu erinnern, wie es in Deutschland um solcherart Institutionen und 6 um ihre Fähigkeit und Willigkeit bestellt ist, systematische Werke zu erstellen, wird kaum ein Leser der Belehrung bedürfen und deshalb damit hier auch nicht belästigt werden. Vor die Wahl gestellt, dieses Buch zu publizieren oder weiterhin Teil der – nicht zuletzt akademischen – Verschweigensgemeinschaft in Deutschland zu bleiben, hat sich der Verlag entschlossen, zum einst gegebenen Wort zu stehen und das Buch zum 60. Jahrestag der Befreiung vom deutschen Faschismus auf den Markt zu bringen. Hunderte Frauen und Männer erhalten mit diesem Buch ihre Ehre zurück – und das zählt. Damit all den – hier zu Unrecht, wenn auch nicht mit Vorsatz – Ausgelas- senen künftig gleiches wiederfahren kann, soll das Projekt fortgeführt werden. Jeder, der Ergänzungen, Korrekturen, auch Streichungen beitragen möchte, ist gebeten, sich an die Rosa-Luxemburg-Stiftung zu wenden (handbuch@rosa- lux.de oder Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin, Telefon: 030 44310123, Fax: 030 44310123). Ein Anfang ist also gemacht; möge er sich nicht als ein Ende herausstellen. DER VERLAG 7 8 Vorwort von Prof. Dr. Stefan Doernberg Eine unterbelichtete Front des antifaschistischen Widerstands. Seit 1945 und besonders auch im letzten Jahrzehnt sind recht viele Publikatio- nen über die deutsche Widerstandsbewegung erschienen, die sich gegen das NS-Regime und seinen verbrecherischen Krieg richtete. Nach wie vor bleiben aber einige Abschnitte unterbelichtet. Dazu gehört das Wirken Deutscher in den Streitkräften der Antihitlerkoalition, einschließlich der französischen Ré- sistance und der Partisanenverbände in den von der deutschen Wehrmacht okkupierten Ländern sowie in der weltweiten Bewegung »Freies Deutsch- land«. Die vorliegende Dokumentation soll dazu beitragen, eine gewisse Lücke in der Literatur über den deutschen antifaschistischen Widerstand zu schließen. Viele Jahrzehnte lang hatten unterschiedliche Gründe dazu geführt, dass die Teilnahme von Deutschen an der letztlich nur von außen erfolgten Nie- derringung der faschistischen Aggressoren und ihres Regimes, die in furcht- barer Weise die Weiterexistenz der menschlichen Zivilisation bedrohten, un- genügend Beachtung fand. Nach 1945 rückte der innere Widerstand, der zwei- fellos mehr Mut und Opferbereitschaft erfordert hatte, eindeutig in den Vor- dergrund. Dabei war der Blickwinkel in Ost und West von Anfang an recht unter- schiedlich. In der Ostzone wurde vor allem jene Widerstandsbewegung, ob in der Illegalität oder in den Konzentrationslagern, hervorgehoben, deren Träger Kommunisten oder Sozialdemokraten waren. Dies geschah nicht nur deshalb, weil die Mitglieder dieser Parteien zweifellos die größten Opfer getragen hat- ten. Es sollte zugleich mit dem Gedenken an ihren gemeinsamen Kampf gegen das NS-Regime der Zusammenschluss der beiden Parteien als historische Leh- re aus der deutschen Geschichte hervorgehoben werden, um für immer den Faschismus mit seiner