1 37. 7. November 1967

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1 37. 7. November 1967 CDU/CSU – 05. WP Fraktionssitzung: 07. 11. 1967 37. 7. November 1967: Fraktionssitzung ACDP, 08-001-1015/1. Zeit: 15.07 Uhr – 17.58 Uhr. Vorsitz: Barzel, Blank. [1. Eröffnung der Sitzung durch den Fraktionsvorsitzenden] Barzel: Meine Damen und Herren, ich eröffne die Fraktionssitzung. Der Herr Bundes- kanzler wird im Laufe der Sitzung zu uns kommen, aber wir haben bis 14.30 Uhr ohne Essen noch ein Koalitionsgespräch gehabt, und die Gefahr besteht, daß wir bald alle Kohlenstaub im Gehirn haben. Ich hoffe, wir behalten aber alle noch Öl in den Kno- chen. Womit wir eigentlich beim Thema dieser Woche wären. Meine Damen und Herren, ich begrüße zunächst in unserer Mitte unseren neuen Kolle- gen [Hellige]1. Wir heißen Sie herzlich willkommen. Auf gute Zusammenarbeit! Und wir freuen uns sehr, daß Sie da sind. [2. Lage im Steinkohlenbergbau] [a) Einführung durch den Fraktionsvorsitzenden] Ich habe dann das Vergnügen, einige Mitstreiter aus dem Lande Nordrhein-Westfalen hier zu begrüßen. Ich begrüße unsere Kollegen Dufhues, Lenz und Vogel, die uns hel- fen wollen bei der Kohledebatte. Auf meine persönliche Bitte ist der Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft, Herr Neef, anwesend, um für Auskünfte zur Ver- fügung zu stehen für den Fall, daß die Kabinettsbeschlüsse von heute morgen2 nicht deutlich genug übermittelt werden können. Ich möchte gerne mit Ihrer Erlaubnis die Verhandlung heute so führen, daß wir zunächst die Kohledinge3 behandeln. Darf ich wenige politische Dinge dazu sagen. Wer sich mit dem Problem beschäftigt hat seit geraumer Zeit, der weiß, daß die finanziellen Dinge für den Bundeshaushalt ja kei- 1 In der Vorlage: Heilige. Am 13. Oktober 1967 verließ Walther Hellige die Fraktion der FDP, war vorübergehend fraktionslos und trat am 24. Oktober 1967 in die Fraktion der CDU/CSU ein, nach- dem er im CDU-Kreisverband Göttingen als Parteimitglied aufgenommen worden war. Dass er bei der Bundestagswahl 1969 mit einer Wiederaufstellung als FDP-Kandidat in Göttingen nicht mehr rechnen konnte, bildete den Hintergrund für Helliges Austritt aus der Fraktion der FDP. Vgl. hierzu »Bundestagsabgeordneter Hellige verläßt die FDP«, in: »FAZ« vom 16. Oktober 1967; »Hellige will sich der CDU-Fraktion anschließen«, in: »Die Welt« vom 16. Oktober 1967; »FDP-Abgeordneter tritt zur CDU-Fraktion über«, in: »WAZ« vom 25. Oktober 1967. 2 Das Kohleanpassungsgesetz, dessen 1. Lesung im Bundestag am 8. November 1967 stattfand, sollte die Grundlage der Kohlepolitik der Großen Koalition bleiben, aber durch Maßnahmen vor allem im Sozialbereich ergänzt werden. Dafür sollten über die im laufenden und im folgenden Jahr bereits vor- gesehenen Mittel hinaus insgesamt 100 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden. Vgl. »Koalition einig: Kohlebergbau dem Markt anpassen«, in: »FAZ« vom 8. November 1967. 3 Am 8. November 1967 stand im Bundestag eine große Debatte zur Krise im deutschen Steinkohlen- bergbau an, in der mehrere Regierungsvorlagen zum strukturellen Umbau des Steinkohlenbergbaus und für soziale Hilfsmaßnahmen für die betroffenen Bergleute behandelt wurden. Vgl. BT STEN. BER., 5. Wahlperiode, 131. Sitzung am 8. November 1967, S. 6631–6700 in Verbindung mit den Ent- würfen der Bundesregierung für ein Gesetz zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkoh- lenbergbaus und der deutschen Steinkohlenbergbaugebiete (BT-Drucksache V/2078), für ein Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes für Bergmannsprämien (BT-Drucksache V/2014), für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenberg- bau (BT-Drucksache V/2232) und für ein Gesetz über das Zollkontingent für feste Brennstoffe 1968, 1969 und 1970 (BT-Drucksache V/2233). Copyright © 2017 KGParl Berlin 1 CDU/CSU – 05. WP Fraktionssitzung: 07. 11. 1967 neswegs leichter geworden sind dadurch, daß die Zahl der Zechen und die Zahl der Arbeitnehmer dort erheblich gesunken sind. Auf der anderen Seite hilft es niemandem, wenn man die Probleme vor sich herschiebt. Wenn Sie mich fragen nach einem Schlag- wort, wie soll das gemacht werden, dann sage ich Ihnen: sozial, schnell und, was die Energie betrifft, billig. Ich will das jetzt nicht im einzelnen behandeln. Und je länger man sich all die vielen Pläne ansieht, desto größeren Rang bekommt die Regierungsvor- lage als Basis. In dieser Richtung hat sich gestern der Fraktionsvorstand verständigt. In dieser Richtung waren unsere Freunde tätig. Und ich möchte zunächst dem Kollegen Brand und den Mitgliedern seiner Kommission4, die beinahe seit Jahresfrist auf diesem Gebiet vorzügliche Arbeit geleistet haben, hier in aller Form und sehr herzlich danken. Was die Debatte morgen betrifft, so würde ich es dankbar begrüßen, wenn wir alle daran denken würden, daß die Kritik am Parlament draußen im Lande immer heftiger wird, gerade wegen mangelnder Präsenz. Und ich würde bitten, daß wir vielleicht mor- gen ein bißchen präsenter sind als sonst. In diesem Falle ist der Komparativ immer noch weniger als »präsent«. Und es wird sich so abspielen, daß Herr Schiller die Gesetzesvor- lage einbringt, dann haben wir das erste Wort beantragt. Unser erster Sprecher wird der Kollege Brand sein. Es wird dann für die Sozialdemokraten nach menschlicher Voraus- sicht Helmut Schmidt sprechen, während das für die FDP noch offen ist. Wir rechnen damit, daß spätestens dann die Ministerpräsidenten von NRW5 und Saarland6 sich in die Debatte einschalten werden. Es bedeutet, dann ist der Nachmittag erreicht. Der Vorstand und die Arbeitsgruppe hielten es für richtig, daß dann der Vorsitzende der Fraktion das Wort hat. Und, je nach dem, ob die Debatte zu Ende geht oder nicht, werden wir uns auf weitere Redner einrichten müssen. Ein Versuch, diese Debatte zu ordnen in zwei Umgänge, ist bis zur Stunde nicht erfolg- reich gewesen, weil unser Koalitionspartner der Meinung ist, hier müßte nun jeder die Gelegenheit haben, sich auch auszusprechen. Ich bitte hier die Kollegen, die besonders sachverständig sind, sich auch für kürzere Beiträge zur Verfügung zu halten. Wenn ich richtig informiert bin, hat die Bundesregierung heute drei Beschlüsse gefaßt, die aus meiner Sicht Ergänzungen der Regierungsvorlage darstellen. Es sah ja gestern in der Presse so aus, als würde nichts mehr von dem gelten, was in der Regierungsvorlage stand. Das sei falsch, sagte uns der Bundeskanzler. Das Kabinett hat erstens einige soziale Maßnahmen beschlossen, die insgesamt – wie ich höre – ein Volumen von 100 Millio- nen haben, wovon ein Teil von den Ländern getragen wird, der andere Teil soll aus den Haushalten, die jetzt da sind, aufgebracht werden. Wenn es im einzelnen gewünscht wird, wird sicher Herr Neef so freundlich sein, das vorzutragen. 4 Gemeint ist die von der Fraktion der CDU/CSU in ihrer Sitzung am 11. April 1967 eingesetzte Arbeitsgruppe für energiepolitische Fragen, insbesondere der Kohle. Vorsitzender dieses Gremiums war der Abgeordnete Peter Wilhelm Brand, weiter gehörten dieser Arbeitsgruppe an die Abgeordne- ten Erik Blumenfeld, Fritz Burgbacher, Ingeborg Geisendörfer, Maria Jacobi, Linus Memmel, Günter Rinsche, Hermann-Josef Russe, Peter Schmidhuber, Kurt Schober, Gerd Springorum, Anton Stark und Josef Stecker. Ihre Aufgabe hatte die Arbeitsgruppe darin gesehen, die aktuelle Situation in der Energiewirtschaft und insbesondere im Steinkohlenbergbau zu untersuchen, eine Stellungnahme zum energiepolitischen Programm der Bundesregierung zu erarbeiten und die wesentlichen Grundlinien für ein zeitnahes energiepolitisches Konzept der Fraktion der CDU/CSU aufzuzeigen. Vgl. »Bericht der Arbeitsgruppe ›Energie/Kohle‹ für die Beurteilung der aktuellen energiepolitischen Lage«, Aus- arbeitung vom Oktober 1967, in: ACDP, 01-004-011/3. 5 Heinz Kühn. 6 Franz Josef Röder. Copyright © 2017 KGParl Berlin 2 CDU/CSU – 05. WP Fraktionssitzung: 07. 11. 1967 Zweitens hat die Bundesregierung beschlossen, es sei gut, eine Einheitsgesellschaft auf freiwilliger Basis zu schaffen. Welche Aufgaben die haben soll, wie sie zustande kommt usw., wird sicherlich Herr Neef Gelegenheit nehmen, sie vorzutragen. Drittens Heizölsteuer. Die Bundesregierung hat dazu keinen Beschluß gefaßt und mit der erkennbaren Tendenz, hier nichts zu tun – so bin ich unterrichtet worden. Ich habe aber Anlaß, zu glauben, daß aus dem Hause, vielleicht vom Koalitionspartner, diese Frage nach vorne geschoben werden wird. Meine Damen und Herren, wenn Sie einverstanden sind, daß wir erst die Kohledinge besprechen, wobei dies eine 1. Lesung ist und es nicht darum geht, sich auf alle Einzel- heiten festzulegen, sondern eben zu denken, was in unserem Lande notwendig ist. Wenn ich das als Vorsitzender dieser Fraktion sagen darf, daß wir nicht nur das Ruhr- problem haben, daß wir auch andere Strukturprobleme haben, daß wir auch konjunktu- relle Notwendigkeiten haben, daß ein Teil unserer Wachstumsindustrien eben das Öl braucht, daß wir alle miteinander das Interesse an billigen Energiekosten haben und daß das Präjudiz, das hier geschaffen wird – ob mit Einheitsgesellschaft oder nicht –, auf jeden Fall für andere morgen eine Berufung sein wird, weshalb man hier mit spitzem Bleistift rechnen muß. Wir haben über 300 000 Arbeitnehmer weniger an der Ruhr und an der Saar, und wir haben fast die Hälfte der Zechen geschlossen. Wenn Sie sich angucken, wie das Verhält- nis zwischen Beitragsaufkommen und Staatszuschuß in der Knappschaft ist, dann wer- den sie 1957 noch feststellen – ich nenne jetzt die runden Zahlen – ein Aufkommen von 900 Millionen und einen Zuschuß von 600 bis 700 Millionen. In diesem Jahr ein Auf- kommen
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