Folge 14 Vom 03.04.1993
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Heute auf Seite 3: Wenn ein Staat Heimat mit„Cash" verwechselt UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND Jahrgang 44 - Folge 14 Erscheint wöchentlich Landsmannschaft Ostpreußen e.V. p R'Wd P Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt 3. April 1993 Parkallee 84y86, 2000 Hamburg 13 Moskau: Noch eine Chance Jelzin will eigenen Reformweg - Keine Wertkopie Es ist wahrscheinlich noch einmal gutge- Amerikaner, statt ihres verödeten Einfa• eangen. Mitten in der heißen Phase des chenglisch die reiche russische Sprache zu Machtkampfes mit Präsident Jelzin kam der gebrauchen. Schwer zu schlucken für eine linksreaktionären Abgeordnetenmehrheit im Supermacht, die die eigene Sprache und All• Moskauer Volksdeputiertenkonereß einer ih• tagskultur stets für weltumspannend überle• rer Hauptanführer, Ruslan Chasbulatow, ab• gen hielt. handen. Der Kongreßvorsitzende einigte sich Doch die deutsche Rußland-Politik ist eben• mit Jelzin überraschend und setzte sich somit falls kaum noch vor Fehlern gefeit. Sie muß selbst auf die Abschußliste der Altkommuni• dabei einen windigen Seiltanz vollführen: sten. Richtig wurde erkannt, daß Jelzin und den Damit war den Palastrevolutionären der demokratischen Kräften finanziell unter die Kopf und allzu vielen von ihnen auch der Mut Arme gegriffen werden muß. Deutschland genommen, ihren Aufstand zu Ende zu füh• läßt in seinen Bemühungen, die bis zur eige• ren, während Boris Jelzin ihnen die kalte nen finanziellen Erschöpfung gehen, die gan• Schulter zeigte und auf sein beachtliches Ta• ze übrige Welt weit hinter sich. Gerade diese lent als Volkstribun auf Moskaus Straßen zu- Hilfe aber nutzen Jelzins Gegner dazu, den rückgriff. Und tatsächlich gelang es ihm noch Präsidenten als deutschen oder „westlichen" einmal, die Massen für sich zu begeistern. Das Handlanger hinzustellen, weshalb die Unter• überalterte Häuflein der Neo-Sozialisten, die stützung nicht nur möglichst wenig penetrant gegen ihn demonstrierten, schien unter den zu erfolgen hat. Sie muß zudem flankiert wer• überladenen Symbolen des Sowjetstaates, die den durch eine Politik, die es dem russischen man mit sich nerumtrug, fast bemitleidens• Präsidenten ermöglicht, auch gegenüber ,Die Krauses sind überall' Zeichnung Bemdt A. Skott wert. Deutschland ein klares Profil zu zeigen. Das Bei näherem Hinsehen aber erscheint der heißt im Klartext: Statt im gewohnten Bonner Ausgang der letzten dramatischen Ereignisse Stil die Wünsche der anderen Seite schon im von Moskau eher wie der Auftakt zu einer Vorwege von Verhandlungen zu erfüllen, Gemeinnutz geht vor Eigennutz weiteren, vielleicht der letzten Atempause für sollten eigene deutsche Positionen bezogen die Reformpolitiker um Boris Jelzin. Der Be• werden, denen Jelzin glaubhaft russische ge• H. W. - Man wird dem Bundeskanzler uns heute wohl noch keine Vorstellungen genüberstellen kann. Dies gäbe dem russi• griff „Reform" dürfte dabei demnächst weit zustimmen müssen, wenn er auffordert, machen. schen Präsidenten die Chance, sich dem eige• differenzierter und weniger eindeutig umge• statt zu jammern, endlich anzufangen, die setzt werden, als bisher von den meisten ost• nen Volk als wahrer Verfechter von Moskaus Dennoch - wenn man sich mit Bürgern europäischen Staaten gewöhnt. Die Lehre Interessen gegenüber den Deutschen zuprä- Probleme zu lösen. Lösungen sind gefragt, über diese zweifelsohne ernste Situation un• von der reinen Marktwirtschaft hat ihren un• sentieren. Es ist das alte Lied: Die Nicht-Defi• die letztlich der Sicherung des Wirtschafts• terhält, merkt man deutlich die Politikver• widerstehlichen Glanz längst eingebüßt. Das nition eigener nationaler Interessen macht standortes Deutschland dienen. Eigentlich drossenheit, die nicht zuletzt ihre Ursache in haben schon jetzt Jelzins amerikanische Wirt• uns nicht vertrauenswürdig, sondern un• sollte ein jeder begriffen haben, was die den über Jahrzehnte laufenden Affären aus durchsichtig und schadet in diesem Fall nicht schaftsberater von der Harvard-Universität Stunde geschlagen hat, und die Bürger soll• dem Bereich der Politik genährt wird, bei der zu spüren bekommen. Lag ihnen die russi• einmal nur uns selbst, sondern auch unseren ten sich mühen, die Wende herbeizuführen. potentiellen Verbündeten beim Wiederauf• nicht selten Spitzenpolitiker aller Parteien sche Metropole zunächst wie den Verkün• Ein Scheitern des Aufbauwerkes in Mittel• bau Osteuropas. Standfestigkeit und Bere• betroffen sind. Die Verdrossenheit führte in dern der letzten ökonomischen Wahrheit zu deutschland, für das durch die Solidarpakt- Füßen, melden sich nun zunehmend kritische chenbarkeit der deutschen Politik, auch in der einem Falle soweit, daß man sagte, früher Stimmen, die einen eigenen russischen Weg Vertretung der eigenen nationalen Belange, Vereinbarungen zwischen Bund, Ländern habe der Satz gegolten, daß der, der auf die zu Wirtschaftsreformen einklagen und laut• macht uns erst zu dem dringend benötigten und Parteien letzte Voraussetzungen ge• preußische Fahne schwöre, nichts mehr stark bezweifeln, daß der US-amerikanische Stützpfeiler des wankenden Kontinents - schaffen wurden, würde zu Erschütterun• habe, was ihm selbst gehöre. Heute dagegen auch für Rußland zum Erfolg führen würde. auch und gerade für Rußland. Hans Heckel gen in einem Ausmaß führen, über das wir sei es so, daß der, der sich zur heutigen Fah• Sogar Präsident Jelzin selbst läßt seit einiger ne bekenne, alles habe, was den anderen Zeit durchblicken, daß er keine bloße Kopie gehöre. eines westlichen Systems mehr zu errichten Osthandel: gedenkt, das erstens unter gänzlich anderen Gewiß, es gibt auch den Satz „Wer das Bedingungen entstanden ist, als sie in Mos• Kreuz hat, der segnet sich!" Doch wir finden, kau herrschen und das zweitens zur Zeit Ungarn und Tschechen liegen vorn daß diese Anwendung im politischen Alltag ebenfalls erhebliche Krisen im Westen durch• Große Unterschiede bei der Umsetzung der Wirtschaftsreformen und vor allem durch jene, die als Abgeord• macht. Erst dieser unauffällige Schwenk zu nete oder Minister die Sachwalter der Inter• einer maßvolleren Reform dürfte auch dem „Der Weg von der Plan- in die Marktwirt• den. Die Umwandlung der ehemals sozialisti• linksgerichteten Kongreßchef Chasbulatow essen des Volkes sind (oder sein sollten), schaft ist in den osteuropäischen Ländern noch schen Volkswirtschaften in funktionierende zwangsläufig das Vertrauen in das demo• den Weg zum Kompromiß mit Jelzin freige• mit riesigen Problemen gepflastert. Erst heute marktwirtschaftliche Systeme wird nach An• macht haben. wird völlig sichtbar, wie miserabel der Zu• sicht von Minister Lang zumindest noch die kratische Staatswesen und in seine Reprä• sentanten erschüttern muß. Wenn man liest, Neben der durchaus richtigen Erkenntnis, stand der Industrie im ehemaligen Ostblock neunziger Jahre in Anspruch nehmen. daß Rußland nicht Amerika ist und ergo einen nach jahrzehntelanger kommunistischer Plan• Den Weg zum Standard Westeuropas müsse ein Bundestagsabgeordneter vermeide es, anderen Weg zur Gesundung zu gehen hat, wirtschaft ist." Dies betonte der Bayerische man sogar in Dekaden und nicht in Jahren be• sich bei der Buchung eines Fluges des Zusat• dürfte eine Menge Psychologie bei Jelzins Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr, Dr. messen. Wichtigste Voraussetzung sei, daß in zes „MdB" zu bedienen, weil er sonst vom neuem Kurs maßgebend gewesen sein. Ein h. c. August R. Lang, kürzlich in einem auf• allen Staaten Osteuropas ein umfangreicher Schalterpersonal auf den Flughäfen iro• schlußreichen Vortrag vor dem Münchner nationalbewußtes Volk wie die Russen mag Anpassungsprozeß der Betriebe und ein tief• nisch-kritisch betrachtet werde, so sollte es nicht verdauen, nach lOOOjähriger Ge• Ost-West-Wirtschaftsclub. Die Grenzöffnung greifender gesamtwirtschaftlicher Struktur• und die politische Umgestaltung in den osteu• wandel stattfinde. Die Regierungen in Ungarn, man das als ein Zeichen dafür werten, wie schichte wie ein dummer Schüler ausgerech• im Volk die gerade in letzter Zeit hochge• net des ehemaligen Hauptrivalen USA hinge• ropäischen Ländern habe die Situation für die der Tschechei und der Slowakei haben nach stellt zu werden. Kürzlich erst verbot der Prä• bayerische Wirtschaft schon jetzt grundlegend den Worten des bayerischen Wirtschaftsmini• kommenen Affären beobachtet und gewer• sident denn auch jegliche Produktwerbung in verändert und einen Markt mit 400 Millionen sters bereits konsequent den Weg zur Markt• tet werden. Ob die Gewährung eines Zu• ausländischen Sprachen und zwang somit die Menschen zugänglich gemacht. Allerdings wirtschaft eingeschlagen. In den meisten an• schusses für die Putzfrau der Frau des Mini• seien die Wirtschaftsbeziehungen zum Osten deren osteuropäischen Ländern wurden dage• sters Krause rechtens ist oder nicht, sei da• noch zu gering. gen Reformen Kaum oder nur halbherzig ange- Der Minister wies in diesem Zusammen• >ackt. Dieser langsame Verlauf der wirtschaft- hingestellt: Peinlich ist sie auf alle Fälle für In eigener Sache { einen Minister, von dem es heißt, daß er Im März 1993 erreichte unsere Hei• hang auf die Entwicklung des bayerischen ichen Reformen nemme aber dringend benö• Außenhandels mit den mittel- und osteuropäi• tigte Investitionen des Auslands oder mache monatlich fast 30 000 Mark beziehe. Da matzeitung eine bezahlte Auflage von schen Ländern hin. So sind zum Beispiel aus sie sogar unmöglich. bleibt dem Mann auf der Straße - wie man so 40 062 Exemplaren. drei Milliarden Mark 1989 im Jahre 1991 3,7 Bayern leistet in vielfacher Hinsicht Hilfe• sagt - „die