Der Landtagsabgeordnete Dr. Gerhard Gerlich (1950 - 1962) Gutachten
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Biografie- und Chronik-Service Dr. Ulrich Erdmann (BCE) Hopfenstraße 2, 24114 Kiel, Tel.: 0431/ 6614300, www.erdmann-kiel.de Ulrich Erdmann: Der Landtagsabgeordnete Dr. Gerhard Gerlich (1950 - 1962) Gutachten Kiel 2016 Im Auftrag der Gemeinde Trappenkamp BCE-Gutachten: Dr. Gerhard Gerlich, MdL 1950-1962 Gliederung 1.) Untersuchungsgegenstand und Quellenlage S. 3 2.) Zu Lebensstationen von Dr. Gerhard Gerlich von 1947 bis 1962 2.1) Neumünster als Ausgangspunkt politischer Erfahrungen S. 10 2.2.) Als Landtagsabgeordneter 2.2.1) Zweite Wahlperiode (1950-1954) S. 35 2.2.2) Dritte Wahlperiode (1954-1958) S. 59 2.2.3) Vierte Wahlperiode (1958-1962) S. 74 2.3.) Als Vertriebenen- und Kommunalpolitiker in besonderem Verhältnis zu Trappenkamp 2.3.1) Vor der Selbstständigkeit Trappenkamps S. 95 2.3.2) Im Gründungsjahr 1956 der selbstständigen Gemeinde Trappenkamp S. 106 2.3.3) Während der Aufbaujahre der selbstständigen Gemeinde Trappenkamp S. 122 (1957-1962) 2.4.) Epilog Oktober bis Dezember 1962 S. 134 3.) Zusammenfassung S. 137 4.) Quellen und Literatur S. 142 2 BCE-Gutachten: Dr. Gerhard Gerlich, MdL 1950-1962 1.) Untersuchungsgegenstand und Quellenlage Ausgangspunkt des hiermit im Auftrag der Gemeinde Trappenkamp vorgelegten Gutachtens „Der Landtagsabgeordnete Dr. Gerhard Gerlich (1950-1962)“ war der überraschende Fund einer Akte Gerhard Gerlichs (09.09.1911-27.12.1962) bei den Beständen des Rasse- und Siedlungshauptamts der SS von 1940 im Bundesarchiv Berlin. Diese wurde 2012 in dem Aufsatz von Christina Schubert über „Die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtags nach 1945 und ihre nationalsozialistische Vergangenheit“ im Rahmen des von Sönke Zankel herausgegebenen Sammelbands „Skandale in Schleswig-Holstein. Beiträge zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten“ kurz und mit zwei Fußnoten erwähnt.1 Der Bürgermeister von Trappenkamp, der Leiter der damaligen Grund- und Hauptschule und heutigen Grundschule „Dr. Gerlich-Schule“ in Trappenkamp sowie der Vorstand des Sudetendeutschen Kulturwerks Schleswig Holstein e.V. (SKW) wurden ab 2012 aufgefordert, sich mit diesen neuen Informationen über G. Gerlichs Vergangenheit und mit daraus erforderlichenfalls erwachsenden Konsequenzen auseinanderzusetzen. Im Frühjahr 2013 wurde der Biografie- und Chronikservice Dr. Ulrich Erdmann (Kiel) dementsprechend vom Sudetendeutschen Kulturwerk SH e.V. mit einem Gutachten über „Die Lebensstationen von Dr. Gerhard Gerlich bis 1947“ beauftragt. Als ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung dürfte Gerhard Gerlichs aktives und bewusst wahrheitswidriges Leugnen seiner zeitweisen Mitgliedschaft in der Allgemeinen SS im Entnazifizierungs-Fragebogen vom 21.10.1947 gelten, das er und sein Bruder Walter Gerlich als Zeugen mit ihren Unterschriften bekräftigten. Die meisten seiner Zeitgenossen hatten seinerzeit quer über alle Parteien hinweg dieses schematische und auch inhaltlich fragwürdige Verfahren der Entnazifizierung zwar ebenfalls abgelehnt. Aber im Unterschied zu ihnen konnte G. Gerlich mit seinem (lange über den Tod hinaus wirksamen) Verschleiern in den Nachkriegsjahren die Basis für eine eindrucksvolle Karriere in seiner Partei, in Vertriebenenverbänden, im Kieler Landtag und 1 Schubert, Christina: Die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtags nach 1945 und ihre nationalsozialistische Vergangenheit, in: Sönke Zankel (Hg.): Skandale in Schleswig-Holstein. Beiträge zum Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten, Kiel 2012, S. 71-128, darin S. 90 3 BCE-Gutachten: Dr. Gerhard Gerlich, MdL 1950-1962 in der Position als Parlamentarischer Vertreter des Kultusministers auch als Teil der Landesregierung von Schleswig-Holstein legen. Aus dem historischen Abstand ist angesichts dieser zusätzlichen Informationen somit zu prüfen, inwiefern Gerlichs Wirken in der Kommunal- und Landespolitik der Nachkriegszeit und sein Engagement bei einzelnen Projekten vor diesem Hintergrund anders zu bewerten ist. Als Ausgangspunkt wurde das Gutachten „Die Lebensstationen von Dr. Gerhard Gerlich bis 1947“ dem Sudetendeutschen Kulturwerk SH e.V. entsprechend der vereinbarten Archivforschungen im Sommer 2013 vorgelegt.2 Nach längeren Verhandlungen über eventuell aus dem Familienkreis Gerlichs beizusteuernde Ergänzungen und juristische Fragen kamen der Verfasser dieses Gutachtens, der Vorstand des SKW und die Gemeinde Trappenkamp überein, diese Untersuchung im November 2015 auf der gemeindeeigenen Homepage unter dem Link http://www.trappenkamp.de/gutachten_dr_gerlich.html zu veröffentlichen. Zudem wurde diese Untersuchung am 11.11.2015 den Gemeindevertretern vorgestellt und aus der angeregte Diskussion ergab sich der Wunsch, mit einer Ergänzung über die Nachkriegsjahre von Gerhard Gerlich, sein politisches Wirken als CDU- Landtagsabgeordneter und seine Verdienste für die Entwicklung der Gemeinde Trappenkamp bis zu seinem überraschenden Tod im Dezember 1962 näher zu erforschen. Mit einer Gesamtschau der historischen Lebensverhältnisse und seines jeweiligen Handelns innerhalb dieser Rahmenbedingungen soll ein umfassenderes Bild vom Wesen und Wirken Gerhard Gerlichs für weitergehende Diskussionen und Entscheidungen am Ort gegeben werden. Dementsprechend erteilte die Gemeinde Trappenkamp im Dezember 2015 dem Biografie- und Chronikservice Dr. Ulrich Erdmann einen ergänzenden Auftrag zu dem Gutachten „Der Landtagsabgeordnete Dr. Gerhard Gerlich“. Dieses wird hiermit im Juni 2016 vorgelegt. Die Quellenlage zum Untersuchungsgegenstand erwies sich wie bei der Untersuchung „Die Lebensstationen von Dr. Gerhard Gerlich bis 1947“ als problematisch. Bereits bei diesem Erst-Gutachten hatten 2013 Anfragen nach Originalmaterial von Gerhard Gerlich in 2 Erdmann, Ulrich: Die Lebensstationen von Dr. Gerhard Gerlich bis 1947. Gutachten, Kiel 2013, im Folgenden: Erdmann, Lebensstationen 4 BCE-Gutachten: Dr. Gerhard Gerlich, MdL 1950-1962 der Landesbibliothek Schleswig-Holstein in Kiel, dem Schleswig-Holsteinischen Landesarchiv in Schleswig, bei der Verwaltung des Schleswig-Holsteinischen Landtages wie auch im Stadtarchiv Neumünster kaum oder keine Ergebnisse hervorgebracht. Anfragen von 2016 bei dem CDU-Landesverband Schleswig-Holstein, der CDU- Landtagsfraktion oder dem CDU-Kreisverband Neumünster wurden zumeist mit spärlich vorhandenen Auszügen aus der Sekundärliteratur und dem Hinweis auf das Archiv für Christlich-Demokratische Politik der Konrad Adenauer-Stiftung in Sankt Augustin beantwortet. Ähnliches Material bekam der Gutachter auf spezifizierte Anfrage auch von dort zugesandt, auf gezielte Nachfrage bei Herrn Dr. Andreas Grau allerdings auch einen prägnanten Gerlich-Artikel von November 1951. Bereits Zeitgenossen Gerlichs verfügten aus Mangel an Quellenmaterial aus den Gründungsjahren der CDU über wenig verlässliche biografische Fakten, wie die Pressemitteilung „Zum Ableben von Dr. Gerhard, MdL“ des CDU-Landesdienstes Schleswig-Holstein vom Todestag 27.12.1962 illustriert. Darin heißt es (wohl in Verwechslung mit seinem gleichfalls promovierten Bruder Walter) „Dr. Gerlich gehörte dem Landesvorstand seit 1947 an (...)“, obschon er im Oktober 1947 aus der russischen Kriegsgefangenschaft in Deutschland eintraf und erst im Januar 1948 in die CDU eintrat.3 Aus dem Archiv der Sudetendeutschen Landsmannschaft Schleswig-Holstein in Kiel, deren Zweiter Landesobmann Gerhard Gerlich von ca. 1952 bis zu seinem Tod gewesen war, konnte der Vorsitzender Wolfgang Steltzig ebenfalls kein Material aus der Nachkriegszeit beisteuern. Zumeist keine Antworten kamen zudem von den angeschriebenen wenigen Zeitgenossen Gerhard Gerlichs sowie seinen engsten Familienangehörigen, die bei der Untersuchung „Die Lebensstationen von Dr. Gerhard Gerlich bis 1947“ noch 2013 mit Material aus Privatbeständen, Auskünften und Korrespondenz freundlicherweise behilflich sein konnten. Weitere Anfragen nach Sichtung des Archivs des Sudetendeutschen Kulturwerks SH in Trappenkamp wurden vom Vorstand mit Verweis auf die auf diesen Beständen basierende und 2007 herausgegebene Broschüre „Materialien zur Person von Dr. Gerhard Gerlich, 3 Vogt, Gustav (Verantw.): „Zum Ableben von Dr. Gerhard Gerlich, MdL“, Pressemitteilung Nr. 44/62 des CDU-Landesdienstes Schleswig-Holstein, 27.12.1962; sowie Erdmann, Lebensstationen, S. 42-44 u. 49 5 BCE-Gutachten: Dr. Gerhard Gerlich, MdL 1950-1962 zur Dr.-Gerlich-Schule Trappenkamp und zur Geschichte der Gemeinde Trappenkamp und Bornhöved“ von Klaus Deneke abschlägig beschieden. Ein Zugang war auch nach dem Hinweis auf dort fehlende Quellenangaben und die begrenzte wissenschaftlich Aussagekraft der inhaltlich reichen und verdienstvollen Publikation nicht möglich. Stattdessen bedankt sich der Gutachter bei dem SKW-Vorstandsmitglied Klaus Deneke, für diese Untersuchung 2016 einiges kopiertes Material aus seinen Privatbeständen zum Thema Gerhard Gerlich freundlicherweise zur Verfügung gestellt zu haben. Zu den seltenen schriftlichen Nachweisen über eine direkte Mitwirkung und Einflussnahme des Landes- und Kommunalpolitikers vor Ort konstatierte Deneke in seiner Broschüre „Materialien zur Person von Dr. Gerhard Gerlich“ mit Recht: „Er liebte es, aus dem Hintergrund die Fäden zu ziehen und seinen ganzen, sehr großen Einfluss spielen zu lassen. Konkret ist schwer nachzuweisen, was er für Trappenkamp im Einzelnen alles bewirkte.“4 Gerlich pflegte offenkundig eine bewusste, uneitle Zurückhaltung, die auch im Positiven wenige dokumentierte Spuren seines Agierens hinterließ, dafür aber im Stillen politisch gewiss umso größere Wirksamkeit entfaltete. Exemplarisch für eine entsprechend aufwändige