Johann Sebastian Bach · BWV 248/I Jauchzet, frohlocket! Auf, preiset die Tage · Weihnachtsoratorium Und es waren Hirten in derselben Gegend · BWV 248/II · Am 11.12.2006 Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen · BWV 248/III · Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben · BWV 248/VI · So klingt nur Dortmund.

2,50 E KONZERTHAUS DORTMUND · MontAG, 11.12.2006 · 20.00

Dauer: ca. 2 Stunden 15 Minuten inklusive Pause

Sibylla Rubens Sopran · Engel

Ingeborg Danz Alt

Christoph Genz Tenor · Evangelist

Klaus Häger Bass · Herodes Gächinger KantoreI Bach-Kollegium Stuttgart

Helmuth Rilling Leitung

Abo: Chorklang

Wir bitten um Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung nicht gestattet sind.

gefördert durch förderkreis des handwerks e.v. Josef reist mit seiner Verlobten Maria nach Bethlehem, der Stadt Davids, um sich in die Steuerliste eintragen zu lassen.

4I5 (1685–1750)

Weihnachtsoratorium (Kantaten 1–3 und 6) BWV 248 BWV 248/III »Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen« BWV 248/I »Jauchzet, frohlocket! Auf, preiset die Tage« Chor ›Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen‹ Chor ›Jauchzet, frohlocket!‹ Rezitativ (Evangelist) ›Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren‹ Rezitativ (Evangelist) ›Es begab sich aber zu der Zeit‹ Chor (Die Hirten) › L asset uns nun gehen gen Bethlehem‹ Rezitativ (Alt) ›Nun wird mein liebster Bräutigam‹ Rezitativ (Bass) ›Er hat sein Volk getröst‘‹ Aria (Alt) ›Bereite dich, Zion, mit zärtlichen Trieben‹ Choral ›Dies hat er alles uns getan‹ Choral ›Wie soll ich dich empfangen‹ Aria (Duett Sopran, Bass) ›Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen‹ Rezitativ (Evangelist) ›Und sie gebar ihren ersten Sohn‹ Rezitativ (Evangelist) ›Und sie kamen eilend und funden beide‹ Choral, Sopran ›Er ist auf Erden kommen arm‹ Aria (Alt) ›Schließe, mein Herze, dies selige Wunder‹ Aria (Bass) ›Großer Herr, o starker König‹ Rezitativ (Alt) ›Ja, ja, mein Herz soll es bewahren‹ Choral ›Ach mein herzliebes Jesulein‹ Choral ›Ich will dich mit Fleiß bewahren‹ Rezitativ (Evangelist) ›Und die Hirten kehrten wieder um‹ BWV 248 II »Und es waren Hirten in derselben Gegend« Choral ›Seid froh dieweil‹ Sinfonia Chor ›Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen‹ Rezitativ (Evangelist) ›Und es waren Hirten in derselben Gegend‹ Choral ›Brich an, o schönes Morgenlicht‹ BWV 248/VI »Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben« Rezitativ (Evangelist, Engel) ›Und der Engel sprach zu ihnen‹ Chor ›Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben‹ Rezitativ (Bass) ›Was Gott dem Abraham verheißen‹ Rezitativ (Evangelist, Herodes) ›Da berief Herodes die Weisen heimlich‹ Aria (Tenor) ›Frohe Hirten, eilt, ach eilet‹ Rezitativ (Sopran) ›Du Falscher, suche nur den Herrn zu fällen‹ Rezitativ (Evangelist) ›Und das habt zum Zeichen‹ Aria (Sopran) ›Nur ein Wink von seinen Händen‹ Choral ›Schaut hin, dort liegt im finstern Stall‹ Rezitativ (Evangelist) ›Als sie nun den König gehöret hatten‹ Rezitativ (Bass) ›So geht denn hin, ihr Hirten, geht‹ Choral ›Ich steh an deiner Krippen hier‹ Aria (Alt) ›Schlafe, mein Liebster, genieße der Ruh‹ Rezitativ (Evangelist) ›Und Gott befahl ihnen im Traum‹ Rezitativ (Evangelist) ›Und alsobald war da bei dem Engel‹ Rezitativ (Tenor) ›So geht! Genug, mein Schatz geht nicht von hier‹ Chor (Die Engel) › Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden‹ Aria (Tenor) ›Nun mögt ihr stolzen Feinde schrecken‹ Rezitativ (Bass) ›So recht, ihr Engel, jauchzt und singet‹ Rezitativ (Sopran) ›Was will der Höllen Schrecken nun‹ Choral ›Wir singen dir in deinem Heer‹ Choral ›Nun seid ihr wohl gerochen‹

-Pause-

6I7 Programm Für Maria kam die Zeit ihrer Niederkunft.

8I9 ›Jauchzet, frohlocket‹ Johann Sebastian Bach: »Weihnachtsoratorium« für eine »regulirte kirchen music zu Gottes Ehren« zu sorgen und allwöchentlich eine Kantate zu komponieren. Kaum war eine Kantate aufgeführt, wartete schon der nächste Sonntag mit einer Entstehung und Rezeption neuen Epistel-Lesung, die es musikalisch auszudeuten galt. Das »Weihnachtsoratorium« BWV 248 von Johann Sebastian Bach, eines der populärsten und Doch das riesige Kantatenprojekt war inzwischen mit insgesamt mehr als 300 Werken bedeutendsten Werke der gesamten Musikliteratur, das für uns untrennbar mit dem Fest der (von denen etwa 200 erhalten sind) weitgehend abgeschlossen. Bach suchte nach neuen Geburt Jesu Christi verbunden ist – es soll gar keine ursprüngliche Weihnachtsmusik sein? Doch, kirchenmusikalischen Ausdrucksformen. um die Antwort auf diese geradezu blasphemisch klingende Frage vorwegzunehmen, sie ist es, Er fand sie im Oratorium und in einem ähnlich zyklischen Aufbau, wie sein Lehrer Dietrich zumal in heutiger Kenntnis der barocken Kompositionspraxis. Noch vor 100 Jahren zeigte man Buxtehude ihn für die »Abendmusiken« in der Lübecker Marienkirche gewählt hatte. Weniger sich jedoch erstaunt darüber, dass der große Thomaskantor für sein »Weihnachtsoratorium« bekannt als das »Weihnachtsoratorium« sind Bachs um 1735 komponierte Oratorien zu Ostern, auf Musik aus früher komponierten Kantaten zurückgriff. BWV 249 und Himmelfahrt BWV 11. Für das romantisch geprägte Musikverständnis jener Zeit, das auf die genuine Einmaligkeit Vorher noch, 1733, hatte er zwei Huldigungskantaten für den kurfürstlichen Hof in Dresden eines musikalischen Kunstwerks Wert legte, blieb das im Barock gebräuchliche Verfahren der geschrieben: »Lasst uns sorgen, lasst uns wachen« (»Die Wahl des Herkules«) BWV 213 sowie das »Parodie« weitgehend unverständlich. Selbst Albert Schweitzer, der 1908 mit seinem Bach-Buch Dramma per musica »Tönet, ihr Pauken« BWV 214; sie entstanden jeweils zu den Geburtstagen einen Meilenstein setzte, äußerte in diesem Sinne Kritik. Und noch 20 Jahre später versuchte des Kurprinzen Friedrich Christian am 5. September und der Kurfürstin Maria Josepha am der englische Bach-Biograf Charles Sanford Terry, das Verhältnis umzukehren: Die zugrunde 8. Dezember 1733. Zweifellos beabsichtigte Bach, sich mit diesen Werken als Anwärter auf den liegenden Kantaten, die später für das »Weihnachtsoratorium« verwendet wurden, seien von Titel eines sächsischen »Hof-Compositeurs« in Erinnerung zu bringen, ein Prädikat, das seine Bach schon in Hinblick auf eben diese Verwendung komponiert worden. Solche Erwägungen Stellung in Leipzig, wo er sich den Maßregelungen des Rates unterworfen fühlte, sicherlich lassen sich heute freilich nicht mehr nachprüfen; fast sind sie auch bedeutungslos geworden: Wir stärken konnte. erleben Bachs »Oratorium Tempore Nativitatis Christi«, wie der Titel auf dem originalen Textbuch Doch auch für das »Weihnachtsoratorium« sollten sich die Kantaten als tauglich erweisen: lautet, als in sich geschlossenes Werk und vollkommenen musikalischen Ausdruck christlicher Jeweils einmal nur zu dem vorgesehenen Anlass erklungen, waren sie doch von besonders Weihnachtsfreude. festlichem Gepräge – Grund genug für Bach, nicht zuletzt auch aus arbeitsökonomischer Sicht, Besteht bei vielen anderen Werken Bachs Unklarheit hinsichtlich ihrer Datierung, so sind sechs Sätze aus BWV 213 und vier Sätze aus BWV 214 in das neue Oratorium zu übernehmen. Zeitpunkt und Umstände der Entstehung beim »Weihnachtsoratorium« eindeutig überliefert: Noch weitere Werke lieferten Vorlagen: Die gleichfalls kurz zuvor entstandene Huldigungskantate Sowohl das Partiturautograph mit der Jahreszahl »1734« wie auch das Stimmenmaterial sind »Preise dein Glücke, gesegnetes Sachsen« BWV 215 und die verschollene »Markus-Passion« erhalten geblieben. Demnach komponierte Bach sein Oratorium, »welches die heilige Weynacht BWV 247 boten die Musik für eine Arie und einen Chor im fünften Teil, die ebenso verschollene über in beyden Haupt-Kirchen zu Leipzig musiciret wurde« – in St. Thomas und St. Nikolai – für Kirchenkantate BWV 248a stellte den Grundstock für Teil sechs bereit. die Jahreswende 1734/35, wobei die Anordnung der Festtage in diesem Jahr eine Anlage des Die Zahl der Originalsätze im »Weihnachtsoratorium« überwiegt jedoch deutlich; neu hinzu- Gesamtwerkes aus sechs Kantatenteilen erforderlich machte: Die einzelnen Kantaten wurden für komponiert sind die Bibelwort-Rezitative und -Chöre sowie die besonders reich ausgestalteten die Gottesdienste an den (damals üblichen) drei Weihnachtsfeiertagen, dem Neujahrstag, dem Schlusschoräle. Sonntag nach Neujahr sowie dem Epiphaniasfest vorgesehen. Der genialen Kunstfertigkeit Bachs bei der Übertragung der Musik in den weihnachtlichen Ob Bach in späteren Jahren das Werk erneut aufführte, ist zumindest fraglich; dreimal ergab Zusammenhang stellte sich die Geschicklichkeit eines versierten Textdichters zur Seite – vermutlich sich während seiner Leipziger Amtszeit durch die ähnliche Abfolge der Feiertage mit einem Christian Friedrich Henrici, genannt Picander, der sich in ähnlichen Fällen schon bewährt hatte; Sonntag nach Neujahr nochmals die Möglichkeit hierzu. Seit 1723 wirkte Bach als Kantor an ihm kam die schwierige Aufgabe zu, eine neue Dichtung zu entwerfen, die auf den Affektgehalt St. Thomas und war mit einem Übermaß an Arbeit belastet. Als »Director Chori musices« hatte er der Vorlage und auf das Wort-Ton-Verhältnis größtmögliche Rücksicht nimmt.

10I11 Werke Kantaten I bis III ›Und es waren Hirten in derselben Gegend‹ sowie den gesamten anschließenden Teil übertragen. ›Jauchzet, frohlocket! Auf, preiset die Tage‹ – so beginnt der berühmte, festliche Eingangschor Der Schalmeienklang ertönt auch in der Arie ›Schlafe, mein Liebster‹ mit den Oboen in der des »Weihnachtsoratoriums«. Den musikalischen Verlauf gibt freilich der ursprüngliche Text der Ritornell-Begleitung. Von besonderer Bedeutung ist der groß angelegte, motettenhafte Chorsatz Kantate BWV 214 genauer wieder: ›Tönet, ihr Pauken! Erschallet, Trompeten! Klingende Saiten, ›Ehre sei Gott in der Höhe‹. Abschnittsweise trägt der dominierende Chor die einzelnen Textteile vor, erfüllet die Luft!‹ Doch war die neue Aussage an dieser Stelle offensichtlich wichtiger als die während die Instrumente schlicht begleiten. Die Zweiteiligkeit oder Symmetrie fällt auch in dieser exakte Wort-Ton-Verbindung; wichtig war Bach bei der Neubearbeitung älterer Stücke vor allem zweiten Kantate auf, wobei der Choral ›Schaut hin, dort liegt im finstern Stall‹ Nr. 17 die Achse auch die Vervollkommnung musikalischer Details. So verändert er im zweiten Takt nur die Figur bildet. Symbolhaft ist er in tiefer Lage gesetzt, um die Erniedrigung des nur in einer Krippe »im der Flöte, die durch rhythmische Verschärfung ihren auftaktigen Charakter erhält, um dadurch finster‘n Stall« liegenden Christuskindes zu zeigen. Der Schlusschoral ›Wir singen dir in deinem gegenüber der Vorlage eine weitaus größere Spannung zu erzielen. In ähnlicher Weise erhalten Heer‹ (wieder in hoher Lage zur Melodie ›Vom Himmel hoch‹) enthält als Begleitung in den Zeilen- auch die anderen Parodievorlagen innerhalb des »Weihnachtsoratoriums« durch Änderung von Ritornellen erneut das Engelsmotiv aus der einleitenden Sinfonia, denn aus dem vorausgegangenen Rhythmus, Tonart, Klangfarbe, Stimmlage und Melodieführung erst ihre vollkommene letztgültige Rezitativ wird deutlich, dass er ein gemeinsamer Gesang der Engel und Menschen ist. Gestalt. Das inhaltliche Gerüst des Werkes von der Geburt des Jesuskindes bis zur Anbetung der Mit dem dritten Teil des »Weihnachtsoratoriums«, der die Hirten an der Krippe zeigt, wird die erste Weisen aus dem Morgenland liefert der biblische Bericht nach dem Lukas- und Matthäus-Evangelium. Hälfte des Gesamtwerks abgeschlossen. Die Kantaten I bis III weisen die größte Geschlossenheit Die Bibelworte des Erzählers, des Evangelisten oder »Testo«, werden durch betrachtende Rezitative, auf, sowohl was ihre Tonartendisposition, D-, G- und wieder D-Dur, angeht, die einheitliche Arien und Choralstrophen ergänzt und zu einer musikalischen »Predigt« zusammengefügt. Besetzung von Kantate I und II mit Trompeten, Pauken, Flöten und Oboen d‘amore zu Streichern Beispielhaft zeigt sich dieser Aufbau bereits in der ersten, symmetrisch nach den Themen Advent und Basso continuo, als auch vor allem ihr inhaltlicher Zusammenhang mit dem durchgängigen und Weihnachten angelegten Kantate über die Geburt Christi: Nach dem Eingangschor erscheint Evangelienbericht. Die Trompeten verleihen auch dieser dritten Kantate ihren glanzvollen Charakter, nacheinander zweimal die Folge von Evangelisten-Rezitativ, frei betrachtendem Rezitativ, Arie die – anders als die übrigen – nicht mit einem Choral, sondern mit dem wiederholten Eingangschor, und Choral – auf den gottesdienstlichen Bereich bezogen somit Lesung, Betrachtung, Gebet ›Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen‹ ihren Abschluss findet.E s ist ein schlichter, zweiteiliger und Bestätigung durch die Gemeinde, eine geradezu auf das »rechte Bibellesen« des Pietismus‘ Satz mit tänzerischem Charakter, der durch seine Wiederholung an Gewicht gewinnt. Gegenüber ausgerichtete Abfolge. Während der Schlusschoral des ersten Teils, ›Ach, mein herzliebes Jesulein‹, den besonders kunstvollen Chorälen der vorangegangenen Kantaten erscheinen diejenigen des zur festlichen Ausschmückung Trompetenzwischenspiele verwendet, ist die zweite Kantate mit dritten Oratorienteils in ihrem klaren vierstimmigen Satz verhältnismäßig einfach. Die beiden ihrer erweiterten Holzbläsergruppe von je zwei Flöten, Oboen d‘amore und Oboen da caccia ganz auf Pastoralstimmung ausgelegt. Tonmalerisch illustriert sie die Verkündigung an die Hirten. Abweichend beginnt dieser Oratorienteil nicht wie sonst mit einem großen Eingangschor, sondern mit der instrumentalen Hirtensinfonia, die Albert Schweitzer als wechselchöriges Musizieren der Engel und Hirten deutete – Musik, die sowohl die irdische wie die himmlische Sphäre mit einschließt: »Die Hirten wachen auf dem Felde und blasen auf ihren Schalmeien; über ihnen schwebt schon das Heer der Engel, das ihnen alsbald erscheinen soll. Ihr Spiel mischt sich in das der Hirten.« Den Engeln sind – wie häufig beiB ach – die Streicher und Flöten zugeordnet, während den Hirten standesgemäß die Oboen zukommen. Dem dreiteiligen Aufbau entspricht eine Abfolge, in der zunächst die Streicher und Flöten spielen, dann die Oboen, und schließlich beide Gruppen gemeinsam im Tutti musizieren. Leicht im Siciliano-Rhythmus wiegend, versinnbildlicht die Schäferidylle Gedanken an Natur, Frieden und Behütetsein, die sich nachfolgend auf das Rezitativ

12I13 Werke Arien stechen dafür in ihrer Kunstfertigkeit hervor, besonders ›Schließe, mein Herze, dies‘ selige virtuose erste Trompete die Vorrangstellung einnimmt. Ungewöhnlich und in höchstem Maße Wunder‹ Nr. 31, die einzige Arie des Oratoriums, die vermutlich nicht aus dem Parodieverfahren kunstvoll ist die Einbettung der in phrygischer Kirchentonart stehenden Liedmelodie ›Herzlich tut entstand, sondern von Bach – mit größter Sorgfalt, wie zahlreiche Korrekturen im Autograph mich verlangen‹ in einen Orchestersatz von strahlendem D-Dur. Dass der erste und letzte Choral belegen – neu komponiert wurde. Anspruchsvolle Aufgaben entstehen hierbei der Violine, die des Oratoriums, die Sätze 5 und 64, auf diese gleiche Melodie gesungen werden, mag von Bach das Stück allein mit dem Continuo gleichwohl zart begleitet, entsprechend dem verinnerlichten als thematische Verklammerung beabsichtigt sein. Soll die Verwendung der Melodie ›Herzlich tut Grundcharakter und dem empfindsamenT ext. Parallel im unisono geführte Stimmen bekräftigen mich verlangen‹, die uns auch mit den Paul-Gerhardt-Worten ›O Haupt voll Blut und Wunden‹ bei den Worten »fest in deinem Glauben ein« die Textaussage. bekannt ist, auf Jesu‘ Passion hindeuten? Eine solche weitere hintergründige Bedeutungsebene wäre Bach zuzutrauen. Doch die Bach-Forschung hält es für unwahrscheinlich: Paul Gerhardts Kantate VI »Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben« Passionslied war im Leipzig des Jahres 1734 noch nicht bekannt. Beginnt das »Weihnachtsoratorium« Der sechste und letzte, für das Epiphaniasfest vorgesehene Teil des »Weihnachtsoratoriums« mit mit den Worten ›Jauchzet, frohlocket‹, so schließt es auch mit jubelnden Klängen zur Geburt des der Anbetung der Weisen präsentiert sich noch einmal in allem feierlichen Glanz. Musikalisch 5743Gottessohnes, Anz_12_Tenoere_sw die Albert Schweitzer 01.09.2005 als »ein Triumphlied 12:34 von unnachahmlicher Uhr Seite G röße«1 empfand. besteht durch die Besetzung mit Trompeten und Pauken – nur die Flöten fehlen – eine Beziehung zu den Kantaten I und III. Nachdem die Weisen aus dem Morgenland, vom Stern geführt, nach Jerusalem zu König Herodes gekommen sind (Teil V), versucht dieser durch »alle falsche List, dem Heiland nachzustellen« – doch der geplante Anschlag auf das Jesuskind in der Krippe, zu dem die Weisen Herodes den Weg zeigen sollen, misslingt. »Und Gott befahl ihnen im Traum«, berichtet der Evangelist in Nr. 60, »dass sie sich nicht sollten wieder zu Herodes lenken«. Quintessenz ist die Erkenntnis, dass nun, da Gott zum Menschen geworden ist, die Hölle ihren Schrecken verloren hat. Die freien Dichtungen der Rezitative und Arien führen diesen Gedanken aus, die »Gemeinde« wird mit dem empfindsamen Lied Paul Gerhardts ›Ich steh an deiner Krippen hier‹ Nr. 59, einbezogen, und triumphierend heißt es in den letzten beiden Versen des Schlusschors: »Tod, Teufel, Sünd‘ und Hölle sind ganz und gar geschwächt; bei Gott hat seine Stelle das menschliche Geschlecht.« Zwar hat Bach auch für die Musik dieses letzten Oratorienteiles auf eine kurz vorher entstandene Kantate mit unbekanntem Text BWV 248a zurückgegriffen – ausgenommen die neu komponierten Die 12 Tenöre Evangelistenrezitative und den Choral ›Ich steh an deiner Krippen hier‹ –, doch er dürfte an dem bereits Vorhandenen noch manches geändert und umgearbeitet haben. Der Eingangschor ›Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben‹ erweist sich bei näherer Betrachtung als vierteiliger Satz, der aber im Höreindruck wegen seiner ausgeprägten Polyphonie wie eine durchgängige Fuge wirkt. Tänzerisch und klar gegliedert zeigt sich dagegen die erste Arie ›Nur ein Wink von seinen Händen‹ Nr. 57, während die zweite Arie ›Nun mögt ihr stolzen Feinde schrecken‹, für die zwei Oboi d‘amore vorgesehen sind, wieder die konzerthafte Geste annimmt. Der Schlusschoral, mit dem das

BMW »Weihnachtsoratorium« endet, überbietet in seiner Pracht und Ausdehnung alle übrigen Chorsätze Niederlassung des Werkes. Die vierte Strophe des Liedes ›Ihr Christen auserkoren‹ von Georg Werner (1648) Dortmund wird zeilenweise gesungen, eingerahmt von einem reich ausgestatteten Orchestersatz, in dem die Nortkirchenstraße 111 · 44263 Dortmund Tel. 0231 9506-0 · www.bmw-dortmund.de www.bmw- dortmund.de Freude am Fahren

14 I 15 Werke Sogar aus fernen Landen kamen »mágoi«, Sternendeuter, um Jesus zu huldigen.

16 I 17 Texte der Kantaten i-III und VI

Kantate »Jauchzet, frohlocket! Auf, Einmal geboren werden. preiset die Tage« BWV 248/I Nun wird der Stern aus Jakob scheinen, Chor Sein Strahl bricht schon hervor. Jauchzet, frohlocket! Auf, preiset die Tage, Auf, Zion, Rühmet, was heute der Höchste getan! Und verlasse nun das Weinen, Lasset das Zagen, verbannet die Klage, Dein Wohl steigt hoch empor! Stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an! Dienet dem Höchsten mit herrlichen Chören, Aria (Alt) Lasst uns den Namen des Herrschers verehren! Bereite dich, Zion, Mit zärtlichen Trieben, Rezitativ (Evangelist) Den Schönsten, Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot Den Liebsten bald bei dir zu seh‘n! Von dem Kaiser Augusto ausging, Deine Wangen Dass alle Welt geschätzet würde. Müssen heut viel schöner prangen, Und jedermann ging, Eile, den Bräutigam sehnlichst zu lieben! Dass er sich schätzen ließe, Ein jeglicher in seine Stadt. Choral Da machte sich auch auf Joseph aus Galiläa, Wie soll ich dich empfangen Aus der Stadt Nazareth, Und wie begegn‘ ich dir? In das jüdische Land zur Stadt David, O aller Welt Verlangen, Die da heißet Bethlehem; O meiner Seelen Zier! Darum, dass er von dem Hause O Jesu, Jesu, setze Und Geschlechte David war: Mir selbst die Fackel bei, Auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, Damit, was dich ergötze, Seinem vertrauten Weibe, die war schwanger. Mir kund und wissend sei! Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, Dass sie gebären sollte. Rezitativ (Evangelist) Und sie gebar ihren ersten Sohn Rezitativ (Alt) Und wickelte ihn in Windeln Nun wird mein liebster Bräutigam, Und legte ihn in eine Krippen, Nun wird der Held aus Davids Stamm Denn sie hatten sonst keinen Raum Zum Trost, zum Heil der Erden In der Herberge.

18 I19 Choral, Sopran Kantate »Und es waren Hirten in Von Gott erfahren müssen. Aria (Alt) Er ist auf Erden kommen arm, derselben Gegend« BWV 248/II Und nun muss auch ein Hirt die Tat, Schlafe, mein Liebster, genieße der Ruh, Wer will die Liebe recht erhöh‘n, Rezitativ (Evangelist) Was er damals versprochen hat, Wache nach diesem vor aller Gedeihen! Die unser Heiland vor uns hegt? Und es waren Hirten in derselben Gegend Zuerst erfüllet wissen. Labe die Brust, Dass er unser sich erbarm‘, Auf dem Felde bei den Hürden, Empfinde dieL ust, Ja, wer vermag es einzusehen, Die hüteten des Nachts ihre Herde. Aria (Tenor) Wo wir unser Herz erfreuen! Wie ihn der Menschen Leid bewegt? Und siehe, des Herren Engel trat zu ihnen, Frohe Hirten, eilt, ach eilet, Und in dem Himmel mache reich, Und die Klarheit des Herren leuchtet um sie, Eh‘ ihr euch zu lang verweilet, Rezitativ (Evangelist) Des Höchsten Sohn kömmt in die Welt, und sie fürchten sich sehr. Eilt, das holde Kind zu sehn! Und alsobald war da bei dem Engel Weil ihm ihr Heil so wohl gefällt, Geht, die Freude heißt zu schön, Die Menge der himmlischen Heerscharen, Und seinen lieben Engeln gleich. Choral Sucht die Anmut zu gewinnen, Die lobten Gott und sprachen: So will er selbst als Mensch geboren werden. Brich an, o schönes Morgenlicht, Geht und labet Herz und Sinnen! Kyrieleis! Und lass den Himmel tagen! Chor (Die Engel) Du Hirtenvolk, erschrecke nicht, Rezitativ (Evangelist) Ehre sei Gott in der Höhe Aria (Bass) Weil dir die Engel sagen, Und das habt zum Zeichen: Und Friede auf Erden Großer Herr, o starker König, Dass dieses schwache Knäbelein Ihr werdet finden das Kind Und den Menschen ein Wohlgefallen. Liebster Heiland, o wie wenig Soll unser Trost und Freude sein, In Windeln gewickelt Achtest du der Erden Pracht! Dazu den Satan zwingen Und in einer Krippe liegen. Rezitativ (Bass) Der die ganze Welt erhält, Und letztlich Friede bringen! So recht, ihr Engel, jauchzt und singet, Ihre Pracht und Zier erschaffen, Choral Dass es uns heut so schön gelinget! Muss in harten Krippen schlafen. Rezitativ (Evangelist, Engel) Schaut hin, dort liegt im finster‘n Stall, Auf denn! Wir stimmen mit euch ein, Und der Engel sprach zu ihnen: Des‘ Herrschaft gehet überall! Uns kann es so wie euch erfreu’n. Choral Fürchtet euch nicht, siehe, Da Speise vormals sucht ein Rind, Ach mein herzliebes Jesulein, Ich verkündige euch große Freude, Da ruhet itzt der Jungfrau‘n Kind. Choral Mach dir ein rein‘ sanft‘ Bettelein, Die allem Volke widerfahren wird. Wir singen dir in deinem Heer Zu ruh’n in meines Herzens Schrein, Denn euch ist heute der Heiland geboren, Rezitativ (Bass) Aus aller Kraft, Lob, Preis und Ehr, Dass ich nimmer vergesse dein! Welcher ist Christus, der Herr, So geht denn hin, ihr Hirten, geht, Dass du, o lang gewünschter Gast, In der Stadt David. Dass ihr das Wunder seht: Dich nunmehr eingestellet hast. Und findet ihr des Höchsten Sohn Rezitativ (Bass) In einer harten Krippe liegen, Was Gott dem Abraham verheißen, So singet ihm bei seiner Wiegen Das lässt er nun dem Hirtenchor Aus einem süßen Ton Erfüllt erweisen. Und mit gesamtem Chor Ein Hirt hat alles das zuvor Dies Lied zur Ruhe vor!

20 I 21 Texte Kantate »Herrscher des Himmels, Aria (Duett Sporan, Bass) Choral Choral erhöre das Lallen« BWV 24/III Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen Ich will dich mit Fleiß bewahren, Seid froh dieweil, dass euer Heil Chor Tröstet uns und macht uns frei. Ich will dir leben hier, Ist heut‘ ein Gott und auch ein Mensch geboren, Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen, Deine holde Gunst und Liebe, Dir will ich abfahren, Der, welcher ist, Der Herr und Christ Lass dir die matten Gesänge gefallen, Deine wundersamen Triebe Mit dir will ich endlich schweben In Davids Stadt, von vielen auserkoren. Wenn dich dein Zion mit Psalmen erhöht! Machen deine Vatertreu Ohne Zeit Höre der Herzen frohlockendes Preisen, Wieder neu. Dort im ander‘n Leben. Chor Wenn wir dir itzo die Ehrfurcht erweisen, Herrscher des Himmels, erhöre das Lallen, Weil uns’re Wohlfahrt befestiget steht! Rezitativ (Evangelist) Rezitativ (Evangelist) Lass dir die matten Gesänge gefallen, Und sie kamen eilend und funden beide, Und die Hirten kehrten wieder um, Wenn dich dein Zion mit Psalmen erhöht! Rezitativ (Evangelist) Mariam und Joseph, Preiseten und lobten Gott um alles, Höre der Herzen frohlockendes Preisen, Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, Dazu das Kind in der Krippe liegen. Das sie gesehen und gehöret hatten, Wenn wir dir itzo die Ehrfurcht erweisen, Sprachen die Hirten untereinander: Da sie es aber gesehen hatten, Wie denn zu ihnen gesaget war. Weil uns‘re Wohlfahrt befestiget steht! Breiteten sie das Wort aus, Chor (Die Hirten) Welches zu ihnen von diesem Kind Lasset uns nun gehen gen Bethlehem Gesaget war. Und die Geschichte sehen, Und alle, für die es kam, Die da geschehen ist, Wunderten sich der Rede, Die uns der Herr kundgetan hat. Die ihnen die Hirten gesaget hatten. Maria aber behielt alle diese Worte Rezitativ (Bass) Und bewegte sie in ihrem Herzen. Er hat sein Volk getröst‘, Er hat sein Israel erlöst, Aria (Alt) Die Hülf aus Zion hergesendet Schließe, mein Herze, dies selige Wunder Und unser Leid geendet. Fest in deinem Glauben ein! Seht, Hirten, dies hat er getan; Lasse dies Wunder, die göttlichen Werke, Geht, dieses trefft ihr an! Immer zur Stärke Deines schwachen Glaubens sein! Choral Dies hat er alles uns getan, Rezitativ (Alt) Sein‘ groß‘ Lieb zu zeigen an; Ja, ja, mein Herz soll es bewahren, Des freu sich alle Christenheit Was es an dieser holden Zeit Und dank ihm des in Ewigkeit. Zu seiner Seligkeit Kyrieleis! Für sicheren Beweis erfahren. Bach-Kollegium Stuttgart

22 I 23 Texte Kantate »Herr, wenn die stolzen Spricht der Höchste nur ein Wort, Sollten wieder zu Herodes lenken, und zogen Aria (Tenor) Feinde schnauben« BWV 248/VI Seiner Feinde Stolz zu enden, durch einen ander‘n Weg wieder in ihr Land. Nun mögt ihr stolzen Feinde schrecken; Chor O, so müssen sich sofort Was könnt ihr mir für Furcht erwecken? Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben, Sterblicher Gedanken wenden. Rezitativ (Tenor) Mein Schatz, mein Hort ist hier bei mir. So gib, dass wir im festen Glauben So geht! Genug, Ihr mögt euch noch so grimmig stellen, Nach deiner Macht und Hülfe seh‘n! Rezitativ (Evangelist) Mein Schatz geht nicht von hier, Droht nur, mich ganz und gar zu fällen, Wir wollen dir allein vertrauen, Als sie nun den König gehöret hatten, Er bleibet da bei mir, Doch seht! Mein Heiland wohnet hier. So können wir den scharfen Klauen Zogen sie hin. Ich will ihn auch nicht von mir lassen. Des Feindes unversehrt entgeh‘n. Und siehe, der Stern, Sein Arm wird mich aus Lieb‘ Rezitativ (Sopran) Den sie im Morgenlande gesehen hatten, Mit sanftmutsvollem Trieb Was will der Höllen Schrecken nun, Rezitativ (Evangelist, Herodes) Ging für ihnen hin, bis dass er kam Und größter Zärtlichkeit umfassen; Was will uns Welt und Sünde tun, Da berief Herodes die Weisen heimlich Und stund oben über, da das Kindlein war. Er soll mein Bräutigam verbleiben, Da wir in Jesu Händen ruh‘n? Und erlernet mit Fleiß von ihnen, Da sie den Stern sahen, Ich will ihm Brust und Herz verschreiben. Wenn der Stern erschienen wäre. Wurden sie hoch erfreuet Ich weiß gewiss, er liebet mich, Choral Und weiset sie gen Bethlehem und sprach: Und gingen in das Haus Mein Herz liebt ihn auch inniglich Nun seid ihr wohl gerochen Ziehet hin und forschet fleißig Und funden das Kindlein Und wird ihn ewig ehren. An eurer Feinde Schar, Nach dem Kindlein, Mit Maria, seiner Mutter, Was könnte mich nun für ein Feind Denn Christus hat zerbrochen, Und wenn ihr‘s findet, sagt mir‘s wieder, Und fielen nieder und beteten es an Bei solchem Glück versehren! Was euch zuwider war. Dass ich auch komme und es anbete. Und täten ihre Schätze auf Du, Jesu, bist und bleibst mein Freund; Tod, Teufel, Sünd‘ und Hölle Und schenkten ihm Gold, Und werd ich ängstlich zu dir fleh‘n: Sind ganz und gar geschwächt; Rezitativ (Sopran) Weihrauch und Myrrhen. Herr, hilf! Bei Gott hat seine Stelle Du Falscher, suche nur den Herrn zu fällen, So lass mich Hülfe sehn! Das menschliche Geschlecht. Nimm alle falsche List, Choral Dem Heiland nachzustellen; Ich steh an deiner Krippen hier, Der, dessen Kraft kein Mensch ermisst, O Jesulein, mein Leben; Bleibt doch in sich‘rer Hand. Ich komme, bring und schenke dir, Dein Herz, dein falsches Herz ist schon, Was du mir hast gegeben. Nebst aller seiner List, des Höchsten Sohn, Nimm hin! es ist mein Geist und Sinn, Den du zu stürzen suchst, sehr wohl bekannt. Herz, Seel‘ und Mut, nimm alles hin, Und lass dir’s wohlgefallen! Aria (Sopran) Nur ein Wink von seinen Händen Rezitativ (Evangelist) Stürzt ohnmächt‘ger Menschen Macht. Und Gott befahl ihnen im Traum, Hier wird alle Kraft verlacht! Dass sie sich nicht

24 I 25 Texte Josef flieht mit Maria und Jesus vor Herodes nach Ägypten.

26 I 27 Christoph Genz

Sibylla Rubens studierte Konzert- und Operngesang an der Staatlichen Musikhochschule in Der in Erfurt geborene Tenor erhielt seine erste musikalische Ausbildung als Mitglied des Leipziger Trossingen und an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt/Main. Thomanerchores. Es folgte ein Studium der Musikwissenschaft in Cambridge. Er war außerdem Sie war Mitglied der Meisterklasse für Liedgestaltung bei Irwin Gage und vervollständigte Mitglied des King‘s College Choir. Seine Gesangsausbildung erhielt er bei Hans-Joachim Beyer ihre Ausbildung in zahlreichen Meisterkursen, u.a. bei Edith Mathis sowie bei Elsa Cavelti in an der Hochschule für Musik Leipzig sowie bei Elisabeth Schwarzkopf. Basel. Viele Konzerte führten sie ins In- und Ausland, u.a. mit Vladimir Ashkenazy, Philippe Christoph Genz errang verschiedene Preise bei internationalen Gesangswettbewerben. Ein- Herreweghe, , Heinz Holliger. Eine besonders enge Zusammenarbeit pflegt Sibylla ladungen zu Konzerten, Liederabenden und Opernproduktionen führten den Tenor nach Europa, Rubens mit und der Stuttgarter Bachakademie, die u.a. in mehreren gemeinsamen Afrika und in die USA unter Dirigenten u.a. wie Ton Koopman, Herbert Blomstedt, Sir Simon CD-Aufnahmen resultierte. Regelmäßig geht sie auch mit und seinem Rattle, Philippe Herreweghe, Kurt Masur und Helmuth Rilling. auf Tournee. Es folgten zahlreiche Konzerte und CD-Einspielungen. Der Sänger konzertiert regelmäßig bei Sibylla Rubens‘ Opernauftritte zeigen sie vor allem in Mozart-Rollen, u.a. in Stuttgart und renommierten Festspielen und wird in ganz Europa zu Liederabenden eingeladen. In der Spielzeit München. Die Sopranistin zeigt ihre Vielseitigkeit auch an vielen Liederabenden, auch im Duo 1997/98 war Christoph Genz Ensemblemitglied des Theaters Basel. Neben internationalen und Ensemble. 2004 gab sie Recitale im Concertgebouw Amsterdam und der Londoner Wigmore Gastspielen als Opernsänger (u.a. Paris, Dresden, Aix-en-Provence) war Christoph Genz von 2000 Hall. Sibylla Rubens wird regelmäßig zu wichtigen Festivals eingeladen, beispielsweise der bis 2004 Mitglied der Hamburgischen Staatsoper. »Schubertiade«. Seit 1999 arbeitet sie vorwiegend mit Irwin Gage als Liedbegleiter zusammen. Klaus Häger Klaus Häger wurde in Wuppertal geboren. Dort erhielt er auch seine Ausbildung in den Fächern Geboren in Witten an der Ruhr, studierte die Altistin zunächst Schulmusik, dann folgte ein Gesangs- Violoncello, Klavier und Orgel. Bereits während seiner Schulzeit war er schon als Organist und studium in Detmold. Bereits während des Studiums gewann sie zahlreiche Wettbewerbe und Chor- und Orchesterleiter tätig. Nach dem Abitur erfolgte zunächst ein Studium der Schulmusik, mehrere Stipendien. später schloss sich ein Gesangsstudium an den Musikhochschulen Köln und Freiburg an. Es Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt im Konzert- und Liedgesang; eine enge Zusammenarbeit folgten Meisterkurse bei Sena Jurinac, Ernst Haefliger und Dietrich Fischer-Dieskau. verbindet sie sowohl mit Helmuth Rilling als auch mit Philippe Herreweghe, wobei zu ihrem Klaus Häger ist Preisträger zahlreicher internationaler Wettbewerbe und wirkte bei verschiedenen Repertoire spätromantische Chorsinfonik ebenso zählt wie Werke von Bach, zu deren führenden Festivals mit wie z.B. den »Salzburger Festspielen«, den »Schwetzinger Opernfestspielen«, den Interpreten sie zählt. »Ludwigsburger Schlossfestspielen«, dem »Schleswig-Holstein-Musik-Festival«, dem »Holland Auch als Liedsängerin tritt Ingeborg Danz bei vielen internationalen Festivals auf, dabei immer Festival« und der »«. Häger arbeitet mit Dirigenten wie Daniel Barenboim, wieder auch in Ensembleformationen mit Kollegen wie , und Olaf Bär. Pierre Boulez, Kent Nagano, Gerd Albrecht, Michael Gielen, Rene Jacobs, Philippe Herreweghe, Einen großen Teil ihres Konzert- und Liedrepertoires hat Ingeborg Danz auch für Rundfunk und Helmuth Rilling u.a. zusammen. CD aufgenommen, darunter mehrere Einspielungen für die Edition Bachakademie. Von der Spielzeit 1991/92 bis 1996/97 war Klaus Häger Ensemblemitglied der Hamburgischen Staatsoper. Seit der Spielzeit 1997/98 gehört er dem Ensemble der Staatsoper Berlin an. 2002 wirkte er erstmals bei den »Bayreuther Festspielen« mit. 2004 wurde er zum Professor der Hochschule für Musik und Theater in Rostock berufen.

28 I 29 Biografien Gächinger Kantorei Helmuth Rilling

Die Gächinger Kantorei Stuttgart kam 1954 unter Helmuth Rillings Leitung erstmals zusammen »Musik darf nie bequem sein, nicht museal, nicht beschwichtigend. Sie muss aufrütteln, die Menschen und ist nach ihrem Gründungsort, einem kleinen Dorf auf der Schwäbischen Alb, benannt. Der persönlich erreichen, sie zum Nachdenken bringen.«: dies ist Rillings persönliches Leitbild. Chor sang zunächst ausschließlich a-cappella-Literatur des 16., 17. und 20. Jahrhunderts. Nach Helmuth Rilling, 1933 in Stuttgart geboren, ist Dirigent, Lehrer und Botschafter Bachs in der der Gründung des Bach-Collegiums im Jahre 1965 wurden die Werke Johann Sebastian Bachs, ganzen Welt. aber auch die oratorische Literatur des 18., 19. und 20. Jahrhunderts ins Repertoire aufgenommen. 1954 gründete Helmuth Rilling die Gächinger Kantorei, 1965 kam das Bach-Collegium Stuttgart Die Gächinger Kantorei zählt heute rund 200 Mitglieder, die alle eine Gesangsausbildung haben als instrumentaler Partner dazu. Ab dieser Zeit datiert die intensive Beschäftigung Helmuth und die jeweils projektbezogen zu einem Ensemble zusammengestellt werden. Pro Jahr stehen Rillings mit dem Werk Johann Sebastian Bachs, mit dem sein Name bis heute verbunden ist etwa 50 Konzerte auf dem Programm. Helmuth Rilling und sein Chor waren in den vergangenen wie bei keinem anderen Interpreten. Er hat außerdem entscheidend zur Wiederentdeckung der Jahren Gäste der wichtigsten Musikfestivals in aller Welt. romantischen Chormusik beigetragen und fördert durch regelmäßige Kompositionsaufträge die Eine besondere Verbindung pflegt die Gächinger Kantorei zum Israel Philharmonic Orchestra. zeitgenössische Musik. Zuletzt entstanden anlässlich des Bach-Jahres 2000 vier Neuvertonungen Seit dem Gastspiel 1976, den ersten gemeinsamen Konzerten des Orchesters mit einem deutschen der Passionsberichte. Mit seinen Ensembles gibt Helmuth Rilling weltweit Konzerte und ist Chor überhaupt, sind die Gächinger regelmäßige Partner der Philharmoniker bei Konzerten in gefragter Gastdirigent bei führenden Orchestern in Europa, den USA und Kanada. Eine besondere Israel, zuletzt mit zwölf Konzerten im Januar 2006 in Haifa, Jerusalem und Tel Aviv. Aus Anlass Freundschaft bindet ihn seit über 25 Jahren an das Israel Philharmonic Orchestra. Seit 1970 ist er seines 50-jährigen Bestehens gastierte der Chor 2004 zum ersten Mal beim »Oregon Bach Festival«, Künstlerischer Leiter des von ihm mitbegründeten »Oregon Bach Festivals«, eines der profiliertesten dem wichtigsten amerikanischen Partner der Bachakademie. Musikfestivals in den USA. 1981 gründete Helmuth Rilling die Internationale Bachakademie Stuttgart, die sich der Person und dem Werk Johann Sebastian Bachs und seinen Auswirkungen auf die Musik seit 1750 bis Bach-Kollegium Stuttgart in unsere Zeit in allen Facetten widmet: Sie veranstaltet Konzerte, Meisterkurse für Sänger und Dirigenten, Symposien, das Europäische Musikfest Stuttgart, die Stuttgarter Bachwoche und eine Das Bach-Collegium Stuttgart ist seit seiner Gründung durch Helmuth Rilling im Jahr 1965 Konzertreihe mit oratorischen Werken vom 17. bis 21. Jahrhundert. Die internationale Arbeit mit ständiger instrumentaler Partner der Gächinger Kantorei. Neben seiner tragenden Rolle bei der jungen Menschen ist zentraler Bestandteil der Arbeit Helmuth Rillings; ihr bisheriger Höhepunkt Gesamtaufnahme Bachscher Oratorien und Kirchenkantaten begleitet das Orchester die Tourneen ist die Gründung (2001) des Ensembles Festival Chor und Orchester Stuttgart, bei dem junge des Chores im In- und Ausland. Auch für die Kursarbeit steht es zur Verfügung. Sänger und Instrumentalisten aus mehr als 20 Nationen zusammenkommen. Außerdem leitet Von großer künstlerischer Vielfalt der beiden Ensembles und ihres Leiters zeugen zahlreiche er regelmäßig Workshops für junge Musikerinnen und Musiker in aller Welt, die so genannten CD-Aufnahmen für das Label hänssler CLASSIC. Neben der Gesamteinspielung der Werke von »Bachakademien«. Rilling versteht sich auch in seiner Dirigentenrolle als Vermittler. In der von Johann Sebastian Bach, veröffentlicht auf 172 CDs der Edition Bachakademie, liegt der Schwerpunkt ihm entwickelten Form des Gesprächskonzerts »schaut er dem Komponisten über die Schulter« auf dem vokalsinfonischem Repertoire des 18., 19. und 20. Jahrhunderts. und erläutert anhand live musizierter Beispiele die vielfältigen Aspekte einer Komposition. Zahlreiche Schallplatten-, Hörfunk- und Fernsehproduktionen dokumentieren das weit gefächerte Schaffen Helmuth Rillings. Als erster und bisher einziger Dirigent spielte er (1970–1984) sämtliche Kantaten J.S. Bachs ein; zum Bach-Jahr 2000 erschien unter seiner künstlerischen Gesamtleitung mit der Edition Bachakademie die Gesamtaufnahme des Bachschen Werkes. Helmuth Rilling ist Exklusiv-Künstler bei hänssler CLASSIC.

30 I 31 Biografien Für sein vielfältiges Engagement wurde Helmuth Rilling u.a. mit dem »Internationalen UNESCO Musikpreis« (1994) und dem Theodor Heuss-Preis »Taten der Versöhnung« (1995) ausgezeichnet und 2003 zum Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Sciences gewählt. Mit der Einspielung von Krzysztof Pendereckis »Credo« gewann er im Jahr 2000 den »Grammy Award« für die beste Chor-Darbietung und wurde erneut 2001 für die Einspielung von »Deus Passus« von Wolfgang Rihm nominiert. Im Januar 2006 war Helmuth Rilling drei Wochen lang beim Israel Philharmonic Orchestra zu Gast und musizierte bei Konzerten gemeinsam mit der Gächinger Kantorei Stuttgart in Tel Aviv, Vorfreude auf 2007 Jerusalem und Haifa. Auf dem Programm standen das »Magnificat« D-Dur von Johann Sebastian Bach, das d-moll KV 626 und die Messe c-moll KV 427 von Wolfgang Amadeus Mozart, beides in der Vervollständigung durch Robert Levin. Rilling hatte die neue Vervollständigung der Schwungvoll-festlich ins neue Jahr c-moll-Messe von Mozart im Januar 2005 in New York bereits zur Uraufführung gebracht. Erleben Sie das KONZERTHAUS DORTMUND zum Neujahrskonzert von einer ganz besonderen Seite! Weitere Gastspiele führten den Dirigenten im Jahr 2006 nach Washington, Prag, Chicago und Stilvolle Dekoration, ein festliches Buffet und nicht zuletzt die schwungvolle Operettenmusik von Caracas sowie nach Italien, Kanada, Polen und Ungarn. Jacques Offenbach unter der Federführung des Franzosen Marc Minkowski lassen das Jahr 2007 prachtvoll beginnen.

Mo 01.01.07 · 17.00

Bulgarische Samtstimme Mit ihrer ausdrucksvollen Stimme riss die Mezzo-Sopranistin Vesselina Kasarova auch schon vergangene Spielzeit das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin. Begleitet von Charles Spencer am Klavier singt sie nun Werke von Haydn, Berlioz, Dvorákˇ und Strauss.

Mi 17.01.07 · 20.00

32 I 33 Weiterhören Texte Dr. Jan Boecker Richtigstellung: Das Programmheft vom 19.11.06 (Ben Heppner) wurde ebenfalls von Dr. Jan Boecker verfasst.

Fotonachweise S. 23 © Michael Latz S. 32 © Michael Latz

Herausgeber KONZERTHAUS DORTMUND

Geschäftsführer und Intendant Benedikt Stampa

Redaktion Claudia Beißwanger · Franziska Graalmann

Konzeption Kristina Erdmann

Anzeigen Milena Ivkovic · T 0231-22696-161

Druck Gustav Kleff GmbH & Co. KG · Dortmund

Wir danken den beteiligten Künstleragenturen und Fotografen für die freundliche Unterstützung. Es war nicht in allen Fällen möglich, die Bildquellen ausfindig zu machen. Rechteinhaber bitte melden. Druckfehler und Änderungen von Programm und Mitwirkenden vorbehalten!

Impressum

Konzerthaus dortmund philharmonie für westfalen brückstrasse 21 I 44135 Dortmund t 0231-22 696 200 I f 0231-22 696 222 [email protected] www.konzerthaus-dortmund.de