Matthäuspassion
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Matthäuspassion Johann Sebastian Bach BWV 244 15' Pause zwischen dem ersten und zweiten Teil Bitte denken Sie vor dem Konzert daran, Mobiltelefone und Uhren mit Signalfunktion auszuschalten. Im Interesse der Künstler und der Konzertbesucher möchten wir außerdem darum bitten, während des Konzertes störende Hustengeräusche zu ver- meiden. Mit Hilfe eines Taschentuches lässt sich lautes Husten erheblich reduzieren. Darüber hinaus weisen wir darauf hin, dass aus urheberrechtlichen Gründen das Her- stellen von Bild- und Tonaufzeichnungen nicht gestattet ist. Aus gegebenem Anlass bitten wir, auf Beifallsbekundungen zu verzichten. Die Kollekte am Ausgang dient zur Erhaltung der kirchenmusikalischen Aufgaben der Kreuzkirchgemeinde. Matthäuspassion Johann Sebastian Bach [1685 - 1750] BWV 244 Kreuzkirche Dresden Gründonnerstag 20. März 2008 19.00 Uhr Karfreitag 21. März 2008 16.00 Uhr Ausführende Barbara Christina Steude Sopran Ingeborg Danz Alt Robin Tritschler Tenor Henryk Böhm Bass, Jesus Klaus Mertens Bass Kruzianer N.N. Alt, Testis I Kruzianer Michael Albrecht Tenor, Testis II Kruzianer Sebastian Wartig Bass, Pontifex I Kruzianer Niccolo Paudler Bass, Pontifex II Heike Janicke Violine Ralf-Carsten Brömsel Violine Christian Sprenger Flöte Johannes Pfeiffer Oboe d‘amore Guido Titze Oboe d‘amore Isabel Hils Englischhorn Jens Prasse Englischhorn Continuo Viktor Meister Violoncello Benedikt Hübner Kontrabass Robert Schuster Fagott Kreuzorganist Holger Gehring Orgel Peter Kopp Orgel Dresdner Philharmonie Dresdner Kreuzchor Kreuzkantor Roderich Kreile Leitung Einführung Johann Sebastian Bachs Matthäuspassion gilt unangefochten als ein Gipfelwerk euro- päischer Musik und stellt den Höhepunkt seines Schaffens dar. Ähnlich wie die Neunte Sinfonie für Beethoven oder der Faust für Goethe, so steht die Matthäuspassion reprä- sentativ für das Gesamtwerk von Bach. Seit ihrer spektakulären Wiederentdeckung und Wiederaufführung im Jahr 1829 durch die Berliner Singakademie unter Felix Mendelssohn Bartholdy ist sie immer wieder euphorisch gepriesen worden. Der Leiter des Dresdner Hof- theaters, Schauspieler und Sänger Eduard Devrient bezeichnete die Matthäuspassion als das „größte Musikwerk aller Zeiten“, der Musikforscher Arnold Schering als „heiligstes Kunstwerk der Deutschen“. Passionen als Vertonungen der Leidensgeschichte Jesu gehören zur musikalischen Gattung der Oratorien. Auch hier wird die biblische Geschichte in einer Folge von Rezitativen, Arien und Chören erzählt, ohne diese – wie in der Oper – szenisch auf der Bühne dar- zustellen. Die „große Passion“, wie Bachs Matthäuspassion selbst in seinem Familienkreis genannt wurde, ist dessen umfangreichste Komposition sowohl in Bezug auf Aufführungsdauer als auch auf die Besetzung. Sie besteht aus 68 mitunter sehr langen Sätzen und erfordert zwei teils alternierende, teils zusammenwirkende Chöre, zwei Orchestergruppen und zwei Orgeln, etliche Solisten, und in zwei Sätzen wird zusätzlich eine gesonderte Chor- sopranstimme für Choralzitate benötigt. Diese Dimensionen sind einmalig in Bachs Oeuvre und lassen erahnen, dass Bach mit diesem Werk alles überbieten wollte, was er oder andere Komponisten jemals geschrieben hatten. Die Matthäuspassion erklang erstmals während des Vespergottesdienstes am Karfreitag 1727 in der Leipziger Thomaskirche, wo Bach vier Jahre zuvor zum Kantor und Director musices berufen wurde. Als solcher war er verantwortlich für die Musik in den Gottes- diensten der Hauptkirchen der Universitäts- und Messestadt. Bachs Amtsvorgänger Johann Kuhnau begründete im Jahr 1721 die Tradition, in der Leipziger Thomaskirche im Karfreitags-Gottesdienst musikalische Passionsvertonungen nach einem der vier Evangelien aufzuführen. Von Bachs Passionswerken haben sich nur die früher entstandene Johannespassion (1723) und die Matthäuspassion vollständig erhalten. Die Matthäuspassion besteht, der gottesdienstlichen Bestimmung gemäß, aus zwei Teilen, die ursprünglich eine Predigt einrahmten. Beide Teile sind von jeweils einem Eingangs- und Schlusssatz umgeben. Die Handlung führt die Hörer zu den wichtigsten Orten und Ereignissen der Passionsgeschichte: vor der Predigt wird das letzte Abendmahl und die Szene im Garten Gethsemane mit dem Verrat und der Gefangennahme Jesu geschildert, nach der Predigt die Ereignisse vor dem geistlichen Gericht des Hohenpriesters, dem weltlichen Gericht des Landpfegers Pilatus sowie die Kreuzigungsszene und die Grable- gung. Musikalisch bietet der erste Teil wenig Anlass zu größeren Turba-Chören, dort sind die freien chorischen Formen hervorgehoben, wie die monumentalen Eingangs- und Schluss- sätze (Nr. 1 und 29) oder die ergreifende Blitz- und Donnerbeschwörung (Nr. 27b). Der zweite Teil enthält mehrere dramatische Chöre, aber auch die ausdrucksstarken Höhe- punkte der lyrischen solistischen Formen „Erbarme dich“ ( Nr. 39), „Aus Liebe will mein Heiland sterben“ (Nr. 49) und „Am Abend, da es kühle war“ (Nr. 64). Ihre endgültige, heute bekannte Fassung erhielt die Matthäuspassion erst im Jahr 1736 nach einer Reihe von Überarbeitungen und Umstellungen. Sie ist in einer ausgesprochen kalligraphischen autographen Reinschriftpartitur überliefert und zählt zu den schönsten Musikhandschriften, die heute in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrt wird. Bach hat sie mit allergrößter Sorgfalt geschrieben, und auch noch in seinen letzten Lebensjahren nahm er Ausbesserungen an seiner Partitur vor. Diese Umsicht lässt vermuten, dass ihm die Matthäuspassion sehr wichtig gewesen sein muss und er sie für sein bedeutendstes Werk hielt. Bachs Monumentalwerk liegt der Passionsbericht des Matthäusevangeliums Kapitel 26 und 27 nach Luthers Übersetzung zugrunde. Der Biblische Bericht wird in seinen erzählen- den Abschnitten von einem Evangelisten in secco-Rezitativen vorgetragen, d. h. einem nur von Bass-Instrumenten begleiteten Sprechgesang. Die als direkte Rede formulierten Aussagen einzelner Personen (Soliloquenten) sind auf verschiedene Sänger verteilt, die Äußerungen von Gruppen (Turbae) wie die Jünger, die Schriftgelehrten, die Kriegsknechte oder das Volk sind dem Chor zugewiesen. Dass Bach in seiner Partiturhandschrift den solistisch vorgetragenen Bibeltext mit roter Tinte hervorgehoben hat zeigt, dass für ihn das Bibelwort im Mittelpunkt stand, obwohl die Matthäuspassion im Vergleich zu anderen Passionen eine viel größere Anzahl gedich- teter Einschübe aufweist. Der Bibeltext wird nicht weniger als 41 Mal an Stellen, die Bach bedeutungsvoll erschienen, durch kommentierende oder betrachtende Ergänzungen in frei gedichteter Textform in solistischer oder chorischer Ausführung unterbrochen. Diese Passagen sind zum einen betrachtende Texte des Barockdichters Christian Friedrich Henrici, genannt Picander, zum anderen bekannte, z. T. aus der Reformationszeit stam- mende Passions-Choräle. Die Besonderheit der Dichtung besteht darin, dass Picander einige Passagen als Wechsel- reden zwischen der Tochter Zion und dem Chor der Gläubigen gestaltete. Die Person der Tochter Zion, die Picander dem Passionsgeschehen hinzufügte, ist eine im 18. Jahrhundert beliebte allegorische Figur für eine Anhängerin Jesu, ursprünglich eine Personifzierung der Stadt Jerusalems und Symbol der Kirche und Braut des Herrn. In Bachs Partitur taucht die Figur der Tochter Zion jedoch nicht auf, sie ist keine greifbare Persönlichkeit. Vielmehr werden ihre Worte auf verschiedene Solisten verteilt. Im Eingangschor vertonte Bach den Dialog zwischen der Tochter Zion und den Gläubigen zweichörig und setzte für den Part der Tochter Zion sogar den ganzen Chor ein. Die in einigen Stücken des Textes vorgegebene dialogische Anlage nahm Bach zum Anlass, die Zweiteilung des Aufführungsapparates nach mehreren Umarbeitungen auf das ge- samte Werk auszudehnen. Die Doppelchörigkeit wird konsequent zur räumlichen und zu- gleich symbolischen Verdeutlichung des Geschehens genutzt. Zuweilen scheint der erste Chor die Anhänger Jesu zu verkörpern, der zweite Chor dessen Gegner. Diese Zuordnung wird jedoch an manchen Stellen zugunsten dramatischer Steigerung aufgegeben. So wird z. B. das aufgebrachte Volk gelegentlich von beiden Chören gesungen, um mittels der von allen Seiten erklingenden Rufe und Schreie der Eindruck des Aufruhrs zu erzielen. Andererseits fügen sich an Stellen, wo sie zur Unmenschlichkeit fanatisiert sind, beide Chorgruppen zu einem vierstimmigen Chor zusammen:„Lass ihn kreuzigen“, „Sein Blut komme über uns“. Die Choräle, die die Anteilnahme der Gemeinde am Passionsgeschehen symbolisieren und damit die Gemeinde ins Geschehen einbezieht, werden stets von beiden Chören gemein- sam gesungen. Zwölfmal fügte Bach einen schlichten vierstimmigen Choralsatz in den Bibeltext ein, weitere Choralverse erklingen im Eingangschor (Nr. 1), innerhalb eines von Picander gedichteten Rezitativs (Nr. 19), und einen Choral bearbeitete Bach zu einem großen Chorsatz (Nr. 29). Die Texte der bekannten Liedstrophen wurden durch ihre Plat- zierung in einen direkten Kontext zur jeweiligen Passionsaussage gestellt und dienen zum Einen der Ausdeutung des Geschehens und Kontemplation und zum Anderen der Verklammerung des Geschehens. Einige Liedweisen werden von Bach mehrfach verwendet. Allein die Melodie zu Paul Gerhardts Passionsdichtung „O Haupt voll Blut und Wunden“ erklingt fünf Mal, stets in bedeutsamen Momenten des Geschehens, und immer in unterschiedlicher Harmonisie- rung, ja sogar in verschiedenen Tonarten. Hier zeigt sich Bachs Charakterisierungskunst und Ausdruckskraft auch im Kleinen: solange Jesus noch nicht verurteilt ist, erklingt