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FORUMBACHAKADEMIE

Januar Februar März 70 2010

Ouvertüre Nr. 3 D-Dur BWV 1068 Komponist: Deutschland, um 1723

... HALLELUJAH Mit Händel und anderen auf Weltreise

... JAUCHZET, FROHLOCKET! Gleichklang. Made in Germany. Das Weihnachtsoratorium zur Bachwoche im Februar ... RÄDER NEU ERFINDEN Durch Vertrauen und Verlässlichkeit. Das Musikvermittlungsprogramm für junge Leute Um etwas Meisterhaftes zu komponieren, muss man die partnerschaftlichen Verhältnis zu Kunden und Mitarbeitern richtigen Töne treffen. Genau wie bei der Landesbank stets eine harmonische und erfolgreiche Gesamtkomposition ... GUT GETWITTERT IST HALB GEBLOGGT Wann kommt b achakademie 2.0 ? Baden-Württemberg, die mit Professionalität und einem anstrebt. Weitere Informationen finden Sie unter www.LBBW.de

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KARTENVERKAUF INTERNATIONALEBACHAKADEMIESTUTTGART Johann-Sebastian-Bach-Platz . 70178 Stuttgart Postvertriebstück Deutsche Post AG Entgelt bezahlt . bei der Internationalen Bachakademie Stuttgart: Montag bis Freitag 10:00 – 17:00

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bachwoche Stuttgart 2010 Die neuen Podiumsgespräche ...... 2 Weihnachten ist vorbei. Ein Gespräch mit ...... 3

h allelujah – mit händel und anderen auf weltrei s e Aus dem Reisetagebüchern eines Gächingers ...... 6

R ä d e r n e u e r f i n d e n ! Zum Musikvermittlungsprogramm der Bachakademie ...... 12

» G u t getwittert i s t h a l b g e b l o g g t … « Wann kommt bachakademie 2.0? ...... 16

V e r m i s c h t e s ...... 18

T e r m i n e ...... 21

s u c h t ! S c h a t z a n L i e b h a b e r D ingend:r Zimmer ge z u v e r s c h e n k e n Ein hervorragendes Nachschlagewerk, insbesondere für die Für die Meisterkurse Dirigieren und Gesang Geschichte der klassischen Tonträger und ihrer Bewertung zur Bachwoche 2010 haben sich außerordent- durch Rezensenten mit Schmackes und spitzer Feder: Ab- lich viele Studenten aus ganz Europa bewor- zugeben ist die MusikzeitschriI »FonoForum« ab Heft 11 des ben. Wir suchen für unsere Kursteilnehmer Jahrgangs 1958 bis zum Jahr 2009, also mehr als ein halbes günstige bzw. kostenlose Zimmer. Die meisten Jahrhundert, noch dazu in hervorragendem Zustand: Jg. 1958 Gäste bleiben vom 19. Februar bis ca. 1. März bis 1970 in Sammelordnern, Jg. 1971 bis 1983 sogar in Leinen 2010. Unsere jungen Musiker sind zwischen 20 gebunden, ab Jg. 1984 ungebunden in Stehsammlern (hier und 30 Jahre alt. Sie sind den ganzen Tag in fehlen ganz wenige HeIe). Abzugeben heißt kostenlos, über den Kursen beschäIigt und müssen nicht be- eine Spende für die Bibliotheksarbeit würden wir uns aller- treut werden. Bi:e helfen Sie uns und se;en dings sehr freuen, ganz besonders unsere Bibliothekarin Jutta Sie sich am besten direkt mit Christa Richter Schneider, die Sie telefonisch unter 0711 61921-27 oder per (0711 61921-33) in Verbindung. Mail (siehe ein Link für alles) erreichen können.

is m p r e s u m

Herausgegeben von der

INTERNATIONALE BACHAKADEMIE STUTTGART Akademieleiter: Helmuth Rilling . Intendant: Christian Lorenz Redaktion: Holger Schneider . Fotos: Jürgen Hartmann (S. 1, oben) – Holger Schneider (alle anderen) Druck: Werner Bö:ler GraQkSa;BildDruck, WalddorEäslach . AuRage: 7.000 Die nächste Ausgabe erscheint im April 2010 e d i t o r i a l

Liebe Leserin, lieber Leser,

bekanntlich kann, wenn einer eine Reise tut, derselbe ’was erzählen. Folgerichtig hätten einige Dutzend Mitglieder der Gächinger Kantorei Stuttgart nach dem Jahr 2009 allerhand zu erzählen. Denn in diesem Jahr der großen Konzertreisen waren sie mit Helmuth Rilling in Israel zu Gast, bereisten gemeinsam mit den Musikern des Bach-Collegiums Südkorea und flogen gegen Jahres­ ende zum New York Philharmonic Orchestra nach Amerika – was für ein einmaliges, beeindru- ckendes Programm! Wenn einer eine Reise plant und organisiert, dann kann er auch ’was erzäh- len: wie unglaublich schwierig es in diesen Zeiten geworden ist, Konzertveranstalter zu finden, die solch aufwändige Tourneen finanziell mittragen können, wie viele schöne Planungen sich aus diesem oder anderem Grunde nicht realisieren lassen. Christian Lorenz, der Intendant der Bachakademie, weiß sogar ein Lied davon zu singen, obwohl er viel lieber andere, freudvollere Töne anschlägt. Umso dankbarer haben die weitgereisten Mitwirkenden die großen Tourneen des Jahres 2009 erlebt, umso eindrücklicher gestalteten sich die Konzerte mit Helmuth Rilling vor begeistertem Publikum in Tel Aviv, Seoul, New York. Dass die in diesem Heft gesammelten Reiseschilderungen keinen repräsentativen Blick auf die Erlebnisse aller Gächinger werfen kön­ nen und möchten, dürfte klar sein. Sie mögen vielmehr ein kleiner Beitrag sein, dieses Jahr der Holger Schneider, großen Reisen mit großem Dank in Wort und Bild zu verbinden. Natürlich geboren 1963 am Dresdner Elbhang, werden wir auch in der Zukunft Reisen E i n L i n k f ü r a l l e s : aufgewachsen in unternehmen, denn die Bachakademie blickt Leipzig. Studium www.bachakademie.de/forum optimistisch nach vorn. Eine Reise tief in MusikwissenschaI und Slawistik in die Musik hinein steht mit der Bachwoche Leipzig und Tübingen. Dieser Link-Blick kann nicht schaden. Anders unmittelbar bevor, die abenteuerliche Rei- Seit fast 20 Jahren bei gesagt: Er lohnt sich. Da die Redaktion dieses se auf neuen Wegen der Musikvermittlung der Bachakademie, HeIes mit jener unserer Internetangebote eine heute als Herr über recht symbiotische Verbindung einging, ma- beschäftigt uns mehr denn je. Ankommen ist Bits & Bytes und chen wir uns für jede Ausgabe wirklich intensiv nicht unser Ziel, die Reisen selbst sind es, die polyfunktionaler Gedanken, wie wir die Online-Ausgabe um voranbringen. In diesem Sinne würden wir uns Redakteur. Links­-­ zusä;liche lesens-, hörens- und sehenswerte außen der Bassreihe außerordentlich freuen, Sie auf vielen unserer der Gächinger Angebote bereichern können. Neben allen er- Reisen »an Bord« wiedersehen zu dürfen. Kantorei Stu:gart. wähnten Cemen finden Sie diesmal u.a. einen Beitrag des Deutschlandfunks als »Audio-on- demand«: Folgen Sie Helmuth Rillings Gedan- ken zu geistlicher Musik in Ost und West und lauschen Sie seinem wirklich interessanten Gespräch mit Frieder Reininghaus.

Mit herzlichen Grüßen Ihres Reisebegleiters

Online-Redaktion . Forum Bachakademie Internationale Bachakademie Stuttgart b a c h w o c h e Stuttgart 2010

D i e N E U E N P o d i u m g e s p r ä c h e Fragen an Jürgen Hartmann

J a u c h z e t , frohlocke t ! Das Weih n a c h t s o r a t o r i u m z u r B a c h w o c h e i m F e b r u a r Wissen verständlich vermitteln: Dies möchten wir fortan zur Bachwoche mit den neuen Podiums­ gesprächen verwirklichen. Gemeinsam mit dem Musikwissenschaftler und Journalisten Jürgen Hartmann haben wir dazu ein Modell entwickelt, das die Idee des Symposiums aufgreift, wobei die Beiträge thematisch unmittelbar in die Bachwoche integriert werden können.

Die Podiumsgespräche sollen bei der Bachwoche 2010 länger dauern als bisher – warum? Bisher war der Bachwoche ein Symposium vorangestellt, welches die Themen der Bachwoche in konzentrierter Form wissenschaftlich beleuchtet hat. Allerdings hatte dies den Nachteil, dass Beiträge und Referenten an den den Folgetagen nicht mehr unmittelbar beteiligt waren. Wir möchten nun die Idee des Symposiums in die Bachwoche selbst mitnehmen und gleichzeitig einem breiteren Publikum zugänglich machen. Es ist vorgesehen, dass zum Auftakt des Podiums­ gesprächs jeweils einer der Gesprächsteilnehmer einen kleinen Vortrag hält, der vielleicht mit einer zugespitzten Fragestellung endet, über die dann diskutiert werden kann. Dafür braucht es einfach etwas mehr Zeit, so dass die Kurse erst um 11 Uhr beginnen und die Podiumsgespräche bis zu 1¼ Stunden dauern können. Jürgen Hartmann arbeitet als freiberuf- Und das wird dann nicht zu lang? licher Redakteur und Ich glaube nicht, denn die bisher übliche Dreiviertelstunde war oft eher zu kurz. Man kann mit Journalist in Stu:gart. In den Jahren 2005- mehr Zeit ein Einzelthema vertiefen, zusätzliche, spontane Fragen stellen, vielleicht auch einmal 2009 war er für die ein musikalisches Beispiel einbringen. Es gibt ja reichlich Kompetenz auf dem Podium, und ProgrammheIe und ich habe als Zuhörer das Publikum immer als sehr wissbegierig wahrgenommen. Nicht selten -bücher der Bachaka- demie verantwortlich wur­­den die Gesprächsteilnehmer noch nach der Veranstaltung von Hörern angesprochen und und übernahm in weiter befragt. dieser Zeit auch die Redaktion dieser Wer sind die Teilnehmer? ZeitschriI. 2010 sind Helmuth Rilling und Martin Petzoldt wieder dabei. Das Konzept, dass die Podiums­ gespräche durch jemanden moderiert werden, der gewissermaßen »halb von außen« kommt, hat sich 2009 bewährt, und ich freue mich sehr, dass ich das machen darf. Im Rahmen der Koopera­ tion von Bachakademie und Musikhochschule ist neu Prof. Joachim Kremer dabei, der an der S o 2 1 . F e b r u a r 2 0 1 0 . 20:00 Stuttgart . Gemeindehaus der Gedächtniskirche Anmeldung bei T e i l n e h m e r p l e nu m Christa Richter »Mein Weihnachtsoratorium« 0711 61921-33

Für viele Menschen stellt Bachs Musik einen besonders wichtigen Lebensinhalt dar – beruRich oder privat. Dabei verbinden sie tiefes persönliches Erleben mit oImals erstaunlicher Detailkenntnis – auch wenn sie nicht unbedingt Musiker, Sänger oder MusikwissenschaIler sind. Unter dem Mo:o »Mein Weihnachtsoratorium« kommen Sie, die Teilnehmer, zu Wort. Berichten Sie von Ihren Lieblingsstellen, von beson- deren AuDührungen und von Erlebnissen mit dem Weihnachtsoratorium. Teilen Sie Ihre Auslegung des Werkes, Ihre besonderen Gedanken und Kenntnisse mit uns. Das Plenum beginnt als Podiumsgespräch und soll dann möglichst viele Teilnehmer einschließen. Die Gesprächsleitung ha- ben der Intendant der Bachakademie, Christian Lorenz, und Kurt Kreu;, langjähriger Bachwochenbesucher und Mitglied des Förderkreises.

... 2 www . b a c h a k a d e m i e . d e Weihnachten ist vorbei Im Gespräch mit Helmuth Rilling .andreas bomba Jauchzet, frohlocket! D as Weihnachtsoratorium zur B a c h w o c h e i m F e b r u a r Hochschule die Musikwissenschaft betreut. Das ist besonders interessant, weil er dort eng mit der musikalischen Praxis vernetzt ist und gewiss ein Gespür für die speziellen Anforderungen der Bachwoche entwickeln wird. Hinzu kommen die Gesangsdozenten und, wenn es sich machen lässt, vielleicht einmal ein Kursteilnehmer oder ein Instru- mentalist. Das kann man allerdings nicht so langfristig planen!

Wie sehen Sie denn Ihre Rolle? Vor allem muss ich während der Veranstal- tung die Uhr im Blick behalten, denke ich! Aber ernst­haft: Ich bereite die Gespräche vor, indem ich mit den Hauptbeteiligten, also den Herren Rilling, Petzoldt und Kremer, im Vor- feld regelmäßig spreche und ergründe, was ihnen am Weihnachtsoratorium besonders am Herzen liegt. Das ergibt schon einmal eihnachten ist vorbei, es lebe Den Ton modellieren. eine Art Leitfaden. Während der Gespräche Weihnachten! Jedenfalls bei der Helmuth Rilling, Ansbach 2009. sehe ich mich eher als Vermittler, der für Wkommenden Bachwoche Stutt- einen guten Ablauf und eine angenehme gart. Auch wenn es draußen noch schneien Atmosphäre sorgt, werde aber sicher auch und kalt und unwirtlich sein mag – dieses mal nachfragen, wenn mir etwas zu komplex Werk ohne den Kontext von Krippe, Christ- formuliert scheint. baum und Lebkuchen berührt manchen merkwürdig, während Aufführungen der Die Podiumsgespräche haben dieses Mal Bachschen Passionsmusiken im Sommer oder »Themen« – warum? Herbst kaum mehr ein Problem darstellen. Wir wollen versuchen, in jedem der sechs Das Weihnachtsoratorium ist eben ein beson- Gespräche eine Kantate des Weihnachtsora- deres Stück, und gerade deshalb verdient toriums zu ergründen, aber immer mit Blick es eine eingehende Beschäftigung abseits auf das Ganze. Die Aspekte, die in diesen vom Trubel seiner kirchenjahreszeitlichen »Titeln« genannt werden, sind in der jewei- Bestimmung. ligen Kantate besonders deutlich, betreffen »Zunächst einmal«, begründet Helmuth aber immer auch das Oratorium generell und Rilling die programmatische Entscheidung, auch Bachs Gesamtwerk. Denn diese Frage »ist Weihnachten noch gar nicht so weit zieht sich durch die Beschäftigung mit dem entfernt.« Tatsächlich endet die biblische Werk: Ist es eine Folge von sechs Kantaten Weihnachtsgeschichte mit dem Fest Mariä oder ein Zyklus? So sollen die Podien Vorbe- Reinigung, das heute kaum mehr, zu Bachs reitung und Ergänzung zu Helmuth Rillings Zeiten jedoch noch intensiv, mit Figuralmu- Gesprächskonzerten am Abend sein, der die sik in den Leipziger Kirchen gefeiert wurde, Themen aufnehmen oder weitere Aspekte und zwar am 2. Februar, vierzig Tage nach direkt aus der musikalischen Anschauung der Geburt Jesu und dem Termin der, wie es heraus darstellen kann. im Lukas-Evangelium heißt, »vom Gesetz des

f o r u m bachakademie 70 ... 3 b a c h w o c h e Stuttgart 2010

Mose vorgeschriebenen Reinigung«. Maria nicht eindeutig bestimmt und bekannt ist, und Josef präsentieren ihren Knaben dem könnte Bach jedoch eine (heute verscholle- frommen Simeon im Tempel zu Jerusalem ne) Michaelis-Kantate herangezogen haben: (Lukas 2, 22-40), der daraufhin fröhlich »Es ist ein so turbulentes Stück – schon der sterben darf. Die römische Kirche begeht die- Eingangschor hat mehr mit dem Kampf sen Tag noch heute als »Mariä Lichtmess«; gegen den höllischen Drachen zu tun als mit er spielte auch im weltlichen, naturverbun- der Anbetung der Weisen aus dem Morgen- denen Wirtschaftsjahr eine wichtige Rolle land«, meint Rilling. Auch in der Tenor-Arie und ist daher mit zahlreichen Brauchtümern »Nun mögt ihr stolzen Feinde schrecken!« verbunden. stimmt Bach einen ungewohnt kriegerischen In diesem Jahr 2010 ist es 275 Jahre her, Ton an. Für die affirmative Sopran-Arie »Nur dass Bach im Februar auf die Entstehung ein Wink von seinen Händen« könnte Bach und (abschnittsweise vom 25. Dezember dagegen einen Satz aus einem Instrumental- 1734 bis 6. Januar 1735) erste Aufführung Solokonzert herangezogen haben. So wenig seines Weihnachtsoratoriums zurückschauen hat die Sopranistin zu singen, so viel haben konnte. »Dieses Stück bildet den eigentlichen die Streicher sonst kaum zu spielen im Ora- Abschluss der Kantaten-Produktion Johann torium … Sebastian Bachs« sagt Helmuth Rilling, wis- Heute ist Bachs Weihnachtsoratorium aus send, dass der Thomaskantor in den verblei- dem Festtagskalender der Kirchenmusiker, benden 15 Lebens- und Schaffensjahren das Bach-Chöre und vor allem des Publikums eine oder andere Stück zur Vollendung seiner nicht mehr wegzudenken. Viele Menschen Kantaten-Jahrgänge oder für besondere An- sehen den Besuch einer Aufführung, selbst lässe noch komponieren würde. Und: »Ist es im Konzertsaal, als Ersatz für einen Gottes- nicht eigenartig, dass Bach die Musik für das dienstbesuch. Beliebt ist das Stück seiner kla- Oratorium weitgehend aus weltlichen Kanta­ ren Aussage wegen, meint Rilling, »die noch ten nahm? Und zwar solchen, die an seine, die immer populäre und eingängige Geschichte weltliche, kurfürstlich-sächsische Herrschaft vom Kind in der Krippe, von den ärmlichen gerichtet waren?« Rilling glaubt, dass Bach Umständen der Menschwerdung Christi, von die genannten Glückwunschkantaten (zwei den musizierenden Hirten und Engeln auf von ihnen, bwv 213 und 214, erklingen im dem Feld, von der Verkündung des Friedens Eröffnungskonzert am 20. Februar) schon in der Welt: dies alles rührt uns an und ist ja im Hinblick auf ihre Verwendung für das auch immer wieder aktuell«. Im Ausland gilt Weihnachtsoratorium komponiert habe. Für dieses Werk, wohl auch der Sprache wegen den sechsten Teil, dessen Vorlage bislang und der Kombination des biblischen Berichts

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Helmuth Rilling_x_IBA_Formum_farbig_neu.indd 1 12.10.2009 15:35:22 Protestant Albert Bach, auf den Punkt Schweitzer sogar gebracht. Probe mit der Altistin Be:ina Ranch. eine Absonderlich- keit in Kauf: die Choräle wurden von Militärkapellen bei Promenadenkonzer- ten geblasen! In Deutschland selbst bürgerten sich die regelmäßi- gen Aufführungen, wenigstens der ers- ten drei Teile, erst nach dem Zweiten mit Arien und Chorälen, oft als »zu deutsch«. Weltkrieg ein. Helmuth Rilling meint, das Es gab Tourneen der Gächinger in der Vor- WO zum ersten Mal im Rahmen von Hans weihnachtszeit, wo in Spanien ausdrücklich Grischkats legendärer Gesamtaufführung ein anderes Programm gewünscht wurde des Bachschen Kantatenwerks in der Stutt- (und einstudiert werden musste). In der garter Markuskirche gehört zu haben: »Ich angelsächsischen Welt, das haben Rilling und selbst habe das Stück lange nicht musizieren die Gächinger gerade in New York erfahren, wollen, nicht weil ich es nicht mag, sondern ist statt Bach Händels Messiah das Weih- weil wir, die Gächinger und das Bach-Col- nachtsstück schlechthin, obwohl, so Rilling, legium, die weihnachtlichen Aufführungen »in diesem Stück die Weihnachtsgeschichte den Stuttgarter Kollegen überlassen wollten«. mit dem ersten Teil endet und das berühm- Für die Kirchenmusiker, die Chöre und ihr te und heißgeliebte Halleluja eigentlich zu Publikum ist es schließlich ein Höhepunkt Ostern gehört!« Man mag zur Ungleichzei- ihres Jahres. Natürlich, am Heiligen Abend tigkeit noch anmerken, dass man bildliche in der Gedächtniskirche, standen schon Darstellungen der Geburt Christi (und auch einzelne Kantaten auf dem Programm; »ich von Passion und Kreuzigung) in den Museen sehe mich noch vor und mit soviel Menschen Dr. Andreas Bomba, der Welt ganzjährig zu sehen bekommt! die Choräle dirigieren« erinnert sich Rilling. Dramaturg, Programm­ gestalter, Kritiker, Im 19. Jahrhundert, als man Bachs geist- Vielleicht brauchte es auch einfach seine Zeit, Redakteur und Mode­ liche Musik wiederzuentdecken begann, war alle sechs Teile und damit das ganze, gut rator, hat die die CD- eindeutig die Matthäus-Passion der »Ren- zweieinhalbstündige Stück einem im Kon- Gesamteinspielung der Werke Johann ner«. Erst 1857, knapp dreißig Jahre nach zertsaal sitzenden Publikum »zuzumuten«. Sebastian Bachs deren Wiederaufführung in Berlin, war das Mit der ersten Plattenaufnahme beschloss (Edition Bachakademie) Weihnachtsoratorium erstmals nach Bachs Rilling im Jahre 1984 seine Gesamtaufnahme als Projektleiter und Autor betreut. Seit 2006 Tod wieder in seiner Gesamtheit zu hören, der Kantaten, und vor zehn Jahren nutzte ist er Intendant der ebenfalls durch die Berliner Singakademie. die Bachakademie die Konstellation des Bachwoche Ansbach. Johannes Brahms brachte es 1864 nach Wien, Kalenders, um sich ein weiteres Mal intensiv ohne recht zu wissen, ob er das ganze Stück dem Weihnachtsoratorium zuzuwenden: Alle aufführen und wie er mit der Instrumenta- sechs Kantaten konnten an den sechs eigent- tion verfahren sollte. Verbürgt ist für den lichen Bestimmungstagen aufgeführt (und Palmsonntag (!) eine Aufführung der Teile im Rundfunk live übertragen) werden. Es 1, 2, 4 und 6 und die erleichternde Aussage: wird also Zeit, sich wieder intensiv mit jenem »Das Weihnachtsoratorium ging recht schön Werk zu beschäftigen, das mit Pauken und und hat mir große Freude gemacht«. Und um Trompeten zarte Wiegenlieder und pastorale dem französischen Salon-Publikum das Stück Idyllen jubelnd und festlich umrahmt. Das schmackhaft zu machen, nahm der gerade Weihnachtsoratorium ist einfach ein unzeit- wieder in aller Munde befindliche Elsässer gemäßes Stück! f o rum bachakademie 70 ... 5 H allelujah! – Mit H ä n d e l u n d a n d e r en auf Weltreise Aus den Reisetagebüchern eines Gächingers .H o l g e r S c h n e i d e r

I. 2. März Plüschtiere fliegen durch die Lu W e l t r e i s e I Wir si;en im Frühzug nach Frankfurt Flughafen und werden Zeuge enorm M ä r z 2 0 0 9 flugfähiger Großka;en in Kuschelaus- Die zehnte I s r a e l -T o u r n e e führung. Die juchzenden Besi;er der Knuddeltiere sind die Gächingerkinder Mit Haydns Schöpfung und Händels Messiah Samira und Mathis, und sie testen bereits im ersten Streckenabschni: die zu Gast beim Israel Philharmonic mit Flexibilität einer Gruppe von Erwachse- nen mit Schlafen;ug. Die dreieinhalb 13 Konzerten in Tel Aviv, Haifa und Jerusalem Stunden Flug vergehen wie im Flug, irgendein Hollywood-Schinken flimmert über die altersmüden Monitore, der Ver­zehr des indiDerenten Asie:en- Inhalts gerät in die Nähe des herrlichen Loriot-Sketchs. Während der Tiger Leo ruht, scheint Mathis auch ohne dessen Hilfe beweisen zu wollen, dass es ein Perpetuum mobile eben doch gibt. UnsanI se;t der dicke Vogel auf.

3. März Fern des Heiligen Landes bahnen sich kleine Tragödien an: Die Agentur von Dan Taylor berichtet, der erkältete Altist habe soeben eine Vorstellung ab- sagen müssen. Tenor James Taylor si;t zu Hause in Connecticut und rechnet inmi:en eines ausgewachsenen Bliz- zards vorläufig nicht mit einem Abflug. Derweil triDt sich in Tel Aviv der Chor Tristramstare auf Massada. zur ersten Probe gemeinsam mit dem Orchester, willkommen geheißen von ­ vielen Freunden. Nun werden Händel sche Töne sicherlich nicht allzuoI durch den traditionsreichen Klangkör- per perlen, doch bereits heute klappt das Zusammenspiel erstaunlich gut, befördert vom gegenseitigen musikali- schen Ansporn und sicher navigiert von Helmuth Rillings kluger, unaufgeregter und charmanter Steuerung.

10. März Die Sonne scheint. Am Strand. Café im Sand. Lachende Menschen. Später Probe mit Solisten. Die junge Mezzosopranistin Sophie Harmsen Jerusalem: Blick auf Westmauer und Felsendom. ist für Daniel Taylor eingesprungen. Singt sehr schön. Auch unser Tenor ist dem Unwe:er entronnen. Traditionelle Einladung für das ganze Ensemble zum Abendessen bei Abu Nassar-Hinnawi in Old JaDa. Die ersten vier AuDüh- rungen des Messiah waren umjubelt, es gab schöne, wunderbare Strecken ebenso wie schwierige Momente: Händel muss sich den Weg ins hiesige Auditorium durchaus bahnen. In Tel Aviv treDen wir gute Bekannte: Zvi Steinberg, einen ehemaligen Bratscher des Orchesters, je;t 90jährig, und den stets gutgelaunten Pauker im Ruhe- stand Gideon Steiner. Tel Aviv: Fredric R. Mann Auditorium.

... 6 www . b a c h a k a d e m i e . d e 12. März Unterwegs mit einem guten Du;end 19. März Es wäre einigermaßen ironisch zu Gächinger hinauf auf die Feste Massa- behaupten, Einsingen sei eine stark da, haben es mir diesmal die dunklen präferierte FreizeitbeschäIigung Tristramstare mit ihren orangefarbenen der Gächinger Kantorei Stu:gart. Schwungfedern besonders angetan. Zudem wurde bisher nicht bekannt, Wie traumhaI leicht diese Vögel eine dass irgendein Chormitglied jemals Stä:e erobert haben, deren zutiefst gesteigerten Wert auf gemeinsames tragische Geschehnisse aus fernsten Seufzen, Zischen oder Solfeggieren Tagen wie verrutschte Steinquader auf auf völlig sinnentleerte Texte zu legen dem historischen Boden lasten, mag bereit war. Gleichwohl treDen sich ich ihnen irgendwie hoch anrechnen. in Israel alle Gächingerinnen und Eine andere Gruppe begab sich in die Gächinger eine Stunde vor jedem Oase En Gedi, fand dort auch Stein- Konzert zum Einsingen. Bereitwillig! böcke und die ulkigen Klippschliefer, Der Grund für diesen harmlosen deren tatsächliche VerwandtschaI mit Anachronismus liegt in aller Bestreben, Elefanten und Seekühen schlichtweg nach der Vielfalt der Tagesabläufe unvorstellbar ist. Am Nachmi:ag alle wieder in ausgeglichenen Atem und gemeinsam im Toten Meer schaukelnd, überhaupt auf den Boden des gemein- erfolglos bemüht im Gebrauch vertrau- samen Musizierens zurückzugelangen. ter Schwimmtechniken und unsinni- Das äußerst fragmentarisch geratene gerweise versucht, Wasserspri;er mit Alltags-Tableau möchte den Blick der feuchten Hand aus dem Auge zu schließlich auf unseren Waschsalon wischen. Ein großer Spaß wie immer, lenken, der wiederholt zum beliebten schockierend wie immer die Geschwin- TreDpunkt mit regem Gedankenaus- digkeit, mit der der Wasserspiegel seit tausch avancierte. Hier wird nicht nur dem le;ten Besuch gesunken ist. gereinigt und getrocknet, hier wird philosophiert und deba:iert, derweil 15. März Über dem Eingang zu einer kleinen die Automatik stur ihren Dienst tut, (von über tausend) Synagogen in wenngleich nicht ohne überraschende Jerusalem weht die gelbe Messiah- Ergebnisse: Ein Tenor aus S., der gern Flagge. Direkt gegenüber sind die anonym bleiben möchte, fand seinen Gächinger für eine Nacht nach dem urplö;lich vermissten LesestoD nach le;ten Messiah-Konzert einquartiert. einem Geistesbli; im Innern der ge- Ein Jerusalemer Musiker schildert uns rade in Betrieb genommenen Wasch- das Viertel als »Kloake« voller Junkies, maschine wieder. Das Buch war noch nach unserem Verständnis flanieren wir nicht komple: durchnässt, aber bereits durch ein Vergnügungsviertel für junge eingeseiI. Es machte einen sauberen Leute. Es ist laut bis tief in die Nacht. Eindruck. Am nächsten Morgen fahren wir bei strahlendem Sonnenschein zu einer Art 20. März Le;tes Konzert. Am Ende seines »Gesprächskonzert« ins Ceater. Ganze Schlussrezitativs singt Lothar Odinius fünf Stunden bleiben uns hinterher für in freimütiger Aktualisierung der Worte die Jerusalemer Altstadt. Die Vielzahl des alten Barons van Swieten und uns der Eindrücke, die Zeitnot und eine zum aus dem Herzen: »…und wir kehr‘n םולש »!späten Nachmi:ag hin empfindliche wieder, wenn ihr’s wollt Kälte füllt den Bus zurück nach Tel Aviv mit durchfrorenen, müden Gächingern.

17. März Ich habe es immer gewusst: Helmuth Rilling ist ein Haydn-Mensch. Mit welcher Grandezza er die Mühen des tristen Profi-Orchestermusiker-Daseins nivelliert, mit welcher unerschü:erlich schelmischen Miene er das geordnete Chaos der Schöpfung in Haydns Orchestrierungszauberkünste herüber- lockt, wie leicht, wie klar das alles wirkt. Haydns fröhlichstes Oratorium der ganzen Musikgeschichte wirkt wahrlich Wunder, obschon über manche Hürde mutig gehüpI werden muss: Der zweite Trompeter kniDelt Sudokus während des Konzerts, die Gächinger haben ihre Zipperlein und sind sich hartnäckig uneins über den genauen Zeitpunkt eines exponierten Schlusskonsonan- ten, Hörgeräte zwiepsen fies, Noten rutschen vom Pult, die Nieser häufen sich, es zieht wie Hummus, und dazu quietscht, ächzt und schaukelt das beste Chorpodest aller Zeiten ganz ge- waltig. All dessen ungeachtet wird die 7 Schöpfung von Mal zu Mal um einiges ... leidenschaIlicher nachempfunden. Also, mit Yin und Yang ha:e das herzlich wenig zu tun: elf Stunden Flug über acht Stunden Zei;onen- Am Abend das erste Konzert im diDerenz und als Dreingabe noch eine Daejeon Culture & Arts Center, einem vierstündige Busfahrt durch diesige imposanten Neubau mit hervorragen- AutobahnlandschaIen. Entsprechend der Akustik. Die Stadt leistet sich ein zerknautscht erreichte das Ensemble eigenes Internationales Musikfestival, in der Dienstags-Dämmerung – daheim riesige Fahnen mit den Konterfeis der wachten sie gerade auf – das Hotel in Künstler hängen im Foyer. Beifall und Yuseong, einem Stad:eil der südko- Jubel fordern die von den Koreanern reanischen Millionenstadt Daejeon ausdrücklich gewünschte »Zugabe« ein: im Zentrum des Landes. Die Gegend, den Schlusschoral aus der bekannt für ihre heißen Quellen und Johannes- ! Kurze Rast auf dem Weg in die Erholungsbäder, liegt zehn Kilometer Passion Hauptstadt zu zwei Konzerten in Goy- vom Stad;entrum entfernt, mutet ang und Seoul. Soldaten mit schwarzem allerdings mit ihren munter wachsen- Mundschu; treten an, um im Dauerlauf den, mit Leuchtreklame überwucherten ihren Bus nebenan zu entern. Bilder, Hochhäusern wie eine Großstadt die verwirren. Wir fahren weiter. Tüten in der Großstadt an. Auch hier von mit dubiosem Inhalt werden zögernd Erholung keine sichtbare Spur. Also geöDnet, glutamatstro;ende Dauer- auf ins Ungewisse, auf der Suche nach backwaren mit verhaltener Begeiste- Be:schwere versprechender Mahlzeit. rung weitergereicht. Den Fehler, einen Ginsengtee zu probieren, hat niemand Eine größere Gruppe findet sie mehr gemacht. unweit des Hotels in einem klei- vorn geschafI haben. neren Lokal, dessen Spezialität in Der nächste Tag ein Probentag: Hut Seoul ist ein Moloch. 11 Millionen, mit Rindfleischvariationen besteht, die ab vor allen, die nach dem Trubel des den Städten der umgebenden Regi- auf kleinen, in den Tischen versenkten Ankommens (der nächtliche Lärm on die doppelte Einwohnerzahl. Wir Holzkohlegrills zubereitet werden. nahegelener Karaoke-Bars tat das haben wenig Zeit. Der Samstag entlädt Das kulinarische Überraschungsmo- seinige) die Noten im Gepäck unter zudem die komple:e Monatssumme ment jedoch erwartet die schlappen Helmuth Rillings nimmermüder Anlei- an Niederschlag auf einmal über diese westeuropäischen Gäste, die nicht nur tung in auIri:sreife Musik verwandelt Stadt und ihre Besucher: Was für ein durch ihre weitgehend unnatürliche haben: ein gutes Stück Arbeit! Eine Sauwe:er! Aus dem großen Markt Bodensi;weise am fußbankhohen hervorragende Idee für den freien wird ein großer Matsch, aus dem Tisch auDallen, in einer Fülle von Zu- Donnerstagvormi:ag hat Kyoung Einkaufsbummel die Suche nach einem taten, die in kleinen Schalen auf den Gregor, eine gute Freundin aus der GeschäI mit trockenen Schuhen. Am Tafeln angehäuI werden. Darunter Oregon Bach Festivalstadt Eugene, die Freitagabend Konzert in Goyang, einer Gimchi, jene stets präsente Beilage das Ensemble in den Gyeryong-San Na- der Nachbarstädte Seouls. Auch hier aus leicht fermentiertem Gemüse, zu- tional Park einlädt; zwei Busse werden Neubauten: ein Quader Oper, daneben meist Kohl, unter großzügiger Beigabe vom Veranstalter des Musikfestivals ein Quader Konzerthaus – praktisch, äußerst scharfen Paprikas, darunter kostenlos (!) zur Verfügung gestellt. gut. Wieder empfängt uns ein Saal auch Schälchen mit mundgerecht An Neubaublockreihen entlang, die mit beeindruckend guter Akustik, scheibliertem frischen Knoblauch, aber Berlin Marzahn zur hübschen Siedlung wieder qui:iert das Auditorium unsere auch Muscheln, süßsauer marinierter apostrophieren, geht es zum Fuß des Darbietung mit anschwellendem Jubel Re:ich, Pilze, Glasnudeln, aromati- Gyerong-Gebirges. Die Sonne scheint, in hoher Lage. Gleiches geschieht auch sche Blä:er zum Einwickeln, diverse es ist sommerlich warm, und die 50 beim le;ten Konzert im riesigen Saal Soßen. Zum Fleisch, das der Chef einzigen Europäer weit und breit mä- des »Seoul Arts Center« am Samstag- virtuos wendet und mit einer Küchen- andern sich durchs Tal unter herbstge- abend, bevor unsere erste Korea-Tour- schere zurechtschnippelt, gibt es ganz färbten Hölzern tempelwärts. Oberhalb nee auf dem Hoteldach angemessen einfach Sesamöl und Meersalz. Genau des Donghaksa-Tempels ist eine Land- und stimmungsvoll besiegelt wird. richtig! Hochstimmung lindert die schaI zu erahnen, deren Reize uns aus Knautschzonen, befördert durch eine Zeitgründen leider verborgen bleiben. Es wird wohl eine geraume Weile ausgiebige Getränke-Testreihe. Die Wir pilgern retour, doch frische LuI dauern, bis die Eindrücke sortiert und Nacht im Hotel teilen sich Jetlag-domi- und ein Hauch von Korea außerhalb manche ihrer Ausschläge nach oben nierte Gäste und selig schlummernde des Hochhausdschungels haben gut und unten angemessen geglä:et sind. Reisende, deren innere Uhren dank getan. Diese Reise war schon unglaublich auf- eines spektakulären AuIakt-Mahls regend. Doch eine Konzert-Woche ist mühelos den Sprung nach Nicht weit vom Hotel entfernt tut sich eine Konzert-Woche, so viel steht für’s eine völlig andere Welt auf. Es ist erste fest, und sicher keine geeignete Markt und ein ganzes Viertel ist außer Spanne, um sich ein wirkliches Bild von Rand und Band. Die kleinen Läden und einem Land zu machen, das uns »reise- Handwerke werden kurzerhand nach feste« Besucher mit einem Höchstmaß außen gestülpt, Omas und Opas aus an Andersartigkeit empfängt. Deren dem Umland bieten ihre Ernte direkt Verständnis wäre ja eigentlich erst an der Straße feil, es wird geschält und die notwendige Vorausse;ung eines gepu;t, verhandelt und viel gelacht. wirklichen Kennenlernens, wofür es Wir probieren eine exotische Rarität schlichtweg zu wenig Gelegenheit gab nach der anderen, wundern uns, sehen (was wiederum nicht heißen soll, wir Getier und Lebensmi:el, die wird nie hä:en uns keine Mühe gegeben). Aber zuvor sahen, vieles bleibt gänzlich mal halblang: Die vier wunderschönen unerschlossen. Beißende Aromen lie- Konzerte mit Bachs und Händels Musik gen fe: in der LuI, kaum definierbare waren einmal mehr der beste Beweis ... 8 www.bachakademie.de Konsistenzen und unheimliche Anblicke für die Chance eines unmi:elbaren Ver- betäuben die Sinne. Das Fremde: stehens. Ganz herzlichen Dank Wir sind ihm hautnah begegnet. für die Einladung nach Südkorea! W e l t r e i s e II i Am Abend das erste Konzert im O k t o b e r 2 0 0 9 Daejeon Culture & Arts Center, einem imposanten Neubau mit hervorragen- E r s t e der Akustik. Die Stadt leistet sich ein eigenes Internationales Musikfestival, S ü d k o r e a - t O u r n e e riesige Fahnen mit den Konterfeis der Helmuth Rilling und Künstler hängen im Foyer. Beifall und Jubel fordern die von den Koreanern seine Ensembles mit einem ausdrücklich gewünschte »Zugabe« ein: den Schlusschoral aus der Johannes- Bach-»Paket« (Motette, Passion! Kurze Rast auf dem Weg in die Kantate, Magnificat) und Hauptstadt zu zwei Konzerten in Goy- ang und Seoul. Soldaten mit schwarzem Händels Dixit Dominus, Mundschu; treten an, um im Dauerlauf ihren Bus nebenan zu entern. Bilder, drei Konzerte in Daejeon, die verwirren. Wir fahren weiter. Tüten mit dubiosem Inhalt werden zögernd Goyang und Seoul geöDnet, glutamatstro;ende Dauer- backwaren mit verhaltener Begeiste- rung weitergereicht. Den Fehler, einen Ginsengtee zu probieren, hat niemand mehr gemacht.

Seoul ist ein Moloch. 11 Millionen, mit den Städten der umgebenden Regi- on die doppelte Einwohnerzahl. Wir haben wenig Zeit. Der Samstag entlädt zudem die komple:e Monatssumme an Niederschlag auf einmal über diese Stadt und ihre Besucher: Was für ein Sauwe:er! Aus dem großen Markt wird ein großer Matsch, aus dem Einkaufsbummel die Suche nach einem GeschäI mit trockenen Schuhen. Am Freitagabend Konzert in Goyang, einer der Nachbarstädte Seouls. Auch hier Neubauten: ein Quader Oper, daneben Fühlte sich wie zu Hause: Cellistin Soyun Kim. ein Quader Konzerthaus – praktisch, gut. Wieder empfängt uns ein Saal mit beeindruckend guter Akustik, wieder qui:iert das Auditorium unsere Darbietung mit anschwellendem Jubel in hoher Lage. Gleiches geschieht auch beim le;ten Konzert im riesigen Saal des »Seoul Arts Center« am Samstag- abend, bevor unsere erste Korea-Tour- nee auf dem Hoteldach angemessen und stimmungsvoll besiegelt wird.

Es wird wohl eine geraume Weile dauern, bis die Eindrücke sortiert und manche ihrer Ausschläge nach oben Die Arts Hall in Daejeon. und unten angemessen geglä:et sind. Diese Reise war schon unglaublich auf- regend. Doch eine Konzert-Woche ist eine Konzert-Woche, so viel steht für’s erste fest, und sicher keine geeignete Spanne, um sich ein wirkliches Bild von einem Land zu machen, das uns »reise- feste« Besucher mit einem Höchstmaß an Andersartigkeit empfängt. Deren Verständnis wäre ja eigentlich erst die notwendige Vorausse;ung eines wirklichen Kennenlernens, wofür es schlichtweg zu wenig Gelegenheit gab (was wiederum nicht heißen soll, wir hä:en uns keine Mühe gegeben). Aber mal halblang: Die vier wunderschönen Essen wie ein Gächinger in Korea. Konzerte mit Bachs und Händels Musik waren einmal mehr der beste Beweis für die Chance eines unmi:elbaren Ver- ... 9 stehens. Ganz herzlichen Dank für die Einladung nach Südkorea! W e l t r e i s e III i D e z e m b e r 2 0 0 9 N e w Y o r k ! Helmuth Rilling und die Gächinger Kantorei zu Gast beim New York Philharmonic, fünf ausverkaufte Konzerte mit Händels Messiah in der Avery Fisher Hall

hä:e heraushören können. Doch selbst Dass sich die Gächinger keine Sorgen in der Gächinger Mu:ersprache gab’s machen müssten, mit dem im Messiah Kontakte, etwa zum jungen Solopauker Gepäck in New York nicht reüssieren Markus Rhoten, der seit drei Jahren zu können – schließlich ist es so eine beim NYP die Schlägel schwingt und Art »Weihnachtsoratorium des anglo­ seine Begeisterung darüber gar nicht amerikanischen Musikfreunds« –, verhehlen möchte, nach Engagements dass ihr Director Helmuth Rilling in u. a. beim Symphonieorchester des seiner »zweiten Heimat« Nordamerika Bayerischen Rundfunks hier in New York besonders herzlich empfangen werden gelandet zu sein, in einem Orchester, würde, nahmen die Sängerinnen und das ihn »wie eine Familie« aufgenom- Sänger gern als einigermaßen sichere men habe. Ein Kompliment aus dem Prognosen mit auf diese mit großer Chor-Außenbass an die beiden Kontra- Spannung erwartete weite Reise. Doch bässe Orin O’Brien und David J. Gross- dass ein Orchester von solch unange­ mann, sie seien »wie Eltern« gewesen, fochtenem Weltrang wie das New York die die Sänger an der Hand genommen Philharmonic bei knisternder Konzen­ haben, wurde lächelnd präzisiert: »not tration und ausnehmend bester Laune by the age, but musically«. vom ersten Probenbeginn an gewillt ­­- sein sollte, ein derart arriviertes Ora Helmuth Rilling hat sie alle geleitet, die torio wie den neu zu gestal­ Messiah großen Orchester der Vereinigten Staa- ten, das überrumpelte selbst den ten und Kanadas. Die le;te Begeg- gestandensten Choristen. nung mit dem New York Philharmonic liegt allerdings länger zurück und war Im Anschluss an die erste gemeinsame zugleich eine prägende für den jungen Probe bi:et Konzertmeisterin Sheryl Dirigenten, als er 1967 hier bei Leonard Staples ums Wort: der Chor klingt ein­ Bernstein in die Lehre ging. Drei Jahre fach wunderbar, sagt sie nur, und hat später begann mit der Gründung des mit einem Schlag 50 Sängerherzen ­- Oregon Bach Festivals in Eugene an en;ückt. Es darf den Gächingern zu der Westküste eine weitere Liaison: gute gerechnet werden, dass ihnen opfe steigt, son­ die des schwäbischen Musikers mit derlei Lob nicht zu K amerikanischen Ensembles, Künstlern dern ähnlich anspornend wirkt wie und Freunden – Basis einer bis heute Helmuth Rillings spontane kleine Dan­ ununterbrochenen Beliebtheit als kesrede vor dem dri:en Konzert in der Gastdirigent und Lehrer auf dem Konti- Chorgarderobe oder die einigermaßen nent, Basis eines Ne;werks vielfältiger überschäumenden Notizen der New gemeinsamer musikalischer Projekte. York Times: »… the choir – distinguish­ So kommen denn auch Sänger des ed by its precise diction, crisp articu­ Oregon Bach Festival in die New Yorker lation and control – sounded cleanly -Konzerte mit den Gächingern, fluid even in the fastest passages. Ce Messiah so finden jüngere Gächinger hier ihre transparency of their immaculate sing­ Freunde vom Festivalensemble der ing was boosted by carefully shaped vergangenen Jahre wieder. dynamic contrasts.«

Die erstaunlichen Toleranzen innerhalb des Chores bezüglich phonetischer Umse;ung englischer Vokabeln wurden mit großem Erfolg von zwei der passioniertesten Tenordidaktikern angeglichen, auch wenn ein beson­ ders feinhöriger Kenner bei äußerster Konzentration hier und da ein Konglo­­ merat aus Quebecer Kanadisch, texa nischem Nobel-Slang und Nuancen schwäbischer Vokalstauverkehlungen

... 10 www.bachakademie.de Natürlich nu;en sie jede freie Minute und erkunden die Stadt nach unter­ schiedlichsten Vorlieben, wie ein Sternchenfeuer auseinanderstiebend, um sich erst abends vor dem Konzert wieder als Chor zusammenzufinden. Entdeckungen jener näheren Umge­ gend, in der die West Side Story spiel­ te, Spaziergänge und Schli:schuhlauf im Central Park, Wandeln auf Woody Allens Spuren, ein Besuch der MET (Hansel and Gretel), die Tim Burton Ausstellung im MoMA (Redakteurs Highlight!) und natürlich die zahllo­ sen Sehenswürdigkeiten in und um Manha:an, auch der käufliche Erwerb besonders preisgünstiger Waren des Probe und Konzert täglichen Bedarfs, all das aufzuzäh­ in der Avery Fisher len wäre vermessen. Selbst nach Hall. Außenansicht dem Konzert ist für viele noch nicht am Lincoln Center. Schluss: Jazz-Keller werden geentert, der Nachtblick vom Rockefeller oder Empire State wird gesucht, eine mu­ tige Runde stürzt sich in eine äußerst zünIige russische Geburtstagsnacht im Restaurant »Samowar«. Zu allem Überfluss der Eindrücke: Das We:er war wunderschön, und am Ende hat es sogar geschneit. Hallelujah!

Konzert! Sämtliche 2.700 Plä;e der Avery Fisher Hall bleiben für ein paar Minuten leer, während die N°1 der Ohrwurm-Charts erklingt, viele im Pub­ likum singen mit (zumindest die ersten paar Takte des Hallelujah), ein paar wenige Zuhörer verlassen tatsächlich anschließend den Raum. Auch sonst läuI so allerhand anders als daheim gewohnt. Nach einem erstklassig akkuraten Einfädel-BühnenauIri: des Chores, der hier weder üblich scheint noch irgendwie zur Kenntnis genommen wurde, befleißigen sich die Gächinger nunmehr eines deutlich unsortierten Erscheinens auf dem Podium – was erstaunlich komplizierter Koordination bedarf. Am Ende des moderat gekürzten Messiah steht er­ neut der ganze Saal, es ruI und tost, Beifall braust auf und davon, als der Chor aufsteht, kennt der Jubel kaum mehr Grenzen. Verpackt in dickes Fu:er tapfen 50 glückliche Gächin­ ger unter illuminierten Bäumen den Broadway entlang zum Hotel Beacon, dem »jewel of the Upper West Side«. Einige werden am nächsten Morgen von der überstürzt-panischen Reaktion des hysterischen Rauchmelders beim zaghaIen Toast-Versuch erneut sehr plö;lich hellwach sein, andere, die Zimmerblick-Glückspilze, von einem traumhaIen Sonnenaufgang überm Central Park begrüßt werden: Das haut den stärksten Gächinger um. f o r u m bachakademie 70 ... 11 R ä d e r n e u e r f i n d e n ! Zum Musikvermittlungsprogramm der Bachakademie .C h r i s t i a n Z e c h

onzertpädagogik, Proben- Auch für die Bachakademie und ihren besuche, Kinder-, Krabbel-, künstlerischen Leiter Helmuth Rilling mit Sitzkissenkonzerte, »Singen seinen legendären Gesprächskonzerten war mit Kindern«, »Jedem Kind ein Musikvermittlung immer ein selbstverständ- Instrument« … Die Liste der liches und sogar konstituierendes Thema: In KAktivitäten ließe sich endlos fortsetzen, denn einer Akademie wird geforscht, gedacht und inzwischen sind alle Musikinstitutionen dem vermittelt. Aber die Zeiten ändern sich und Zug zugestiegen, der in den 90er Jahren im mit dem traditionellen methodischen Kanon Bereich der Neuen Musik in Deutschland von Musikwissenschaft, Pädagogik und Di­ gestartet war, als etwa Musiker des Ensemble daktik kommt man zum Beispiel Migranten- Modern begannen, nach englischem Vorbild kindern oder pubertierenden Jugendlichen, mit Schülern zu komponieren und gemeinsam die nie klassische Musik gehört haben, nur aufzutreten. Mittlerweile sind Bildungspro- schwer näher. Gleichzeitig brauchen wir diese jekte außerhalb der Schulen ja zur regelrech- Menschen als Hörer und Unterstützer, sind ten Mode geworden, so dass manch einer, es ihnen und uns schuldig, einen Zugang der sich schon immer liebevoll und kompe- zur klassischen Kultur unserer Breiten und tent um Musikvermittlung für interessierte Zeiten zu ermöglichen, denn auch sie sollen Menschen – ob jung oder alt – bemüht, des unsere Werte mittragen und auch sie werden Eindrucks nicht erwehren kann, dass hier einst die Leistungen erbringen, von denen ein Rad neu erfunden wird. Aber sehen wir wir uns kulturell ernähren. So ist es plausi- das positiv: Ein Zug braucht viele Räder und bel, dass sich auch bei der Bachakademie ein manchmal müssen sogar Räder neu erfunden »Education-Programm« etabliert, zu einem werden, allein zu Übungs- und Erinnerungs- Zeitpunkt, an dem wir schon meinten, der zwecken. Zenit kulturpädagogischer Jugendprojekte müsse bald überschritten sein, besonders auch angesichts der jetzt stark abnehmenden Hochmotiviertes Publikum beim Schülerkonzert Paulus Schülerzahlen. Wir können uns aber über mangelnden Zuspruch und Nachfrage nach unseren Angeboten wahrlich nicht beklagen. Im Gegenteil. Und wir stellen immer wieder und immer mehr fest, dass die Arbeit mit den jungen Menschen sehr erfrischend und be- reichernd auf alle wirkt. Da lohnt sich jede Mühe und jeder Cent. Im vergangenen Jahr startete die Bach- akademie also eine neue Art der Musikver- mittlung (übrigens ohne ein einziges ihrer herkömmlichen und bewährten Formate aufzugeben), mit den Programmen »Dux & Comes«, bei dem moderierte Kurz-Konzerte in Anlehnung an die Akademiekonzerte für Schüler angeboten werden, und mit »JoJo«, dem Mitmachprogramm, bei dem junge Leute musizieren, experimentieren, »komponieren« und eigene Konzertformate realisieren. Im

... 12 w w w . b a c h a k a d e m i e . d e Co-Moderatorin Olivia Cieme im Gespräch mit Bach-Collegin Nina Eychmüller

Juni 2009 endete das erste derartige »Res- uns, unseren »pädagogischen Werkzeugkas- ponse-Projekt« mit einem Konzert von acht ten« (neudeutsch: unsere »tools«) in vielerlei Stuttgarter Schulklassen zum Thema Jahres­ Formen ausprobieren zu können. zeiten, mit eigenen Kompositionen, viel Spaß, Mit neun Schulklassen aus Stuttgart, Fell- bleibenden Eindrücken und großem öffentli- bach, Ludwigsburg, Filderstadt, Böblingen chem Erfolg im Mozart-Saal der Liederhalle. und Marbach sind wir mit dem neuen Schul- Drei der acht Klassen waren dann auch noch jahr in ein neues Projekt unseres »JoJo«- einmal beim Mitgliederkonzert des Förder­ Programms gestartet. Dieses Mal wollen wir kreises der Bachakademie vertreten und jugendliche Schüler anleiten, ein eigenes Kon- wur­den für ihre feinen, charmanten und zert im Rahmen des Musikfestes 2010 zum ausdrucksstarken Werke und Präsentationen Thema Nacht – Liebe – Leidenschaft thema- Christian Zech ist begeistert beklatscht. tisch zu konzipieren, zu komponieren und Musiker (Studium Gitarre und Gesang Das erste Schülerkonzert dieser Saison auch formal so zu gestalten, dass die Schüler in Darmstadt) und bezog sich auf Mendelssohns Paulus als eines sich authentisch präsentieren können, mit all seit 1997 selbständi- der großen oratorischen Schlüsselwerke, ihren Ideen und Vorlieben, ihrer Experimen- ger Kulturmanager (Diplom in Hamburg). dessen Thematik und Musik auf den ersten tierlust und Gestaltungskraft. Diese Arbeit Er beschäIigt sich seit Blick zu schwer und komplex erscheint, um soll ein echter Prozess werden, der sehr viel 1990 mit Projekten und es kindgerecht aufbereiten zu können. Mit mehr umfasst, als das bloße Aneinander- Konzepten zum Cema Musikvermi:lung Florian Schmitt-Bohn, einem jungen aber reihen von Tönen oder Geräuschen. Solch (Response 90, Frank- schon erfahrenen Lehrer und Sänger der ambitionierte Arbeit braucht Zeit, muss auch furt). Seit 2004 koope- Gächinger Kantorei, entwickelten wir eine Irrwege und Versuche zulassen und ist für riert er mit dem Büro für Konzertpädagogik Fülle von Ideen, wie man mit Grundschul- alle Beteiligten ein ideales Labor, um zu ver- in Köln und ist seit kindern dieses Werk erschließen könnte: Wir stehen, was Musik ist und welche Funktion 2009 verantwortlich trainierten vier ganz junge Co-Moderatoren, sie in unserer Gesellschaft haben kann. für die Musikvermi:­ lungsaktivitäten der ließen die Kinder Bilder zur Steinigungs- Mit Johann Sebastian Bachs Weih­ Bachakademie szene und zur Lichterscheinung des Paulus nachtsoratorium hat dieser Tage das zweite Stu:gart. 2008 malen, die während des Schülerkonzertes als Schülerkonzert statt gefunden, mit sage und erhielt er den »junge ohren preis« Anknüpfungspunkte dienten und später bei schreibe 1.200 Schülern aus Stuttgart und für sein Projekt den Akademiekonzerten ausgestellt wurden. teilweise weiter Umgebung aus allen Schul- »Organum« im Außerdem gab es Bildprojektionen, Mit- typen. Angesichts der Tatsache, dass Stutt- Rahmen des von ihm organisierten singelieder und die Möglichkeit, mitten im gart allein 2009 fünf Weihnachtsoratorien in StiIsmusikfestes. Orchester zu sitzen. Das alles kam nicht nur Spezialversionen für Kinder bot, ist die große ausnehmend gut an, sondern ermöglichte Nachfrage nach diesem Konzert eine klare forum bachakademie 70 ... 13 Bestätigung, dass diese Konzerte auf großes Aber wir wollen nicht nur die Jugend Interesse stoßen. Das Weihnachtsoratorium in den Blick nehmen. Demografen warnen der Bachakademie war übrigens eine Kurz- schon vor leeren Schulen, ähnlich wie fassung der Teile 1 bis 3, durch die parallel Kultur-Pessimisten vor leeren Konzerthäu- zum Evangelisten kommentierend auch sern war­nen. Sicherlich werden wir eine Intendant Christian Lorenz führte. weitere Verschiebung der Alterspyramide Mit unseren Aktivitäten wollen wir einen sehen, aber wie sie sich genau entwickelt, ist Platz finden zwischen vielen exzellenten und von so vielen Fakto­ren abhängig, dass man teils schon lange bestehenden Aktivitäten sich nicht zu einseitig auf ein vermeintliches von Orchestern und Kulturinstitutionen in »Publikum von morgen« stürzen sollte. der Stadt: Den Philharmonikern mit dem Ältere Menschen sind heute sehr aktiv, leis- Musikfest für Kinder und ihren regelmäßigen tungsfähig, neugierig und kreativ, bringen Konzerten für Kinder, den Aktivitäten von zudem einen reichen Erfahrungsschatz mit. Musik der Jahrhunderte mit den »Beginner- Wir wollen Modelle entwickeln, die kreative Konzerten« und den Projekten des Netzwerk Arbeit mit den Jugendlichen auch auf Senio- Süd in der Region um Stuttgart; auch Sinfo- ren oder auf Menschen übertragen, die nieorchester und Vokalensemble des SWR neben ihrem beruflichen Alltag ihr Leben bieten Schulen und Familien phantastische mit Musik bereichern wollen, hörend als Möglichkeiten, und natürlich ist die Oper genießender Konzertbesucher, aber auch mit ihrer eigenen theaterpädagogischen Ab- aktiv musizierend. Musik ist ein kulturelles teilung für viele ein wichtiger Anlaufpunkt. Grundnahrungsmittel, keine Kultur kommt Die Bachakademie wird sich auch in der ohne Musik aus. Sie gehört mitten in unser Musikvermittlung für Jugendliche ihrem Leben und dazu wollen wir beitragen. Kernthema, den Oratorien, widmen. Dazu Und selbstverständlich gehört zu unse- gehört der Gesang, das Erzählen »geistlicher rer Arbeit auch das aktive Einbeziehen von und geistiger« Inhalte mit Mitteln der Musik Randgruppen unserer Gesellschaft, denen und viele weitere universelle Aspekte unseres wir nicht nur unsere Solidarität schulden, Repertoires, die uns zum Beispiel die Bach- sondern durch die wir auch vieles wieder schen Passionen auch heute noch so aktuell oder neu entdecken können. Die fröhliche und frisch erscheinen lassen. Unmittelbarkeit von geistig Behinderten

Schülerkonzert Paulus im Hegel-Saal (November 2009)

... 14 www.bachakademie.de Menschen zum Beispiel, ihr unbeküm- merter Umgang mit elementarsten Aus- drucksformen kann uns scheinbar »Nor- malen«, die wir gern auch einmal zu viel denken und uns selbst damit behindern, neue Türen öffnen und Mut machen. Viele Menschen können nicht zu Konzer- ten kommen (pflegebedürftige Menschen oder Gefängsnisinsassen z. B.), aber auch sie haben ein »Recht auf Musik« und wir können von und mit ihnen lernen, was eine menschliche Gesellschaft ausmacht. Auch dazu gilt es, Modelle zu entwickeln und Aktivitäten zu starten. Bereits 2005 hatte die Bachakademie in einem Konzeptpapier formuliert, dass sie sich der Vermittlung ihres Repertoires in Schulen und an »bildungsbürger-ferne« Schichten zuwenden müsse. Dies hatte mehrere strategische Ziele: Zum einen sollte eine Verjüngung des Publikums ermöglicht werden, die Bachakademie sollte ihren Bildungsauftrag auch in die- sem Bereich auf den inzwischen bezüglich Musik bedürftigen Bereich Schule aus- weiten und natürlich sollten auch bisher ungenutzte Finanzierungsmöglichkeiten erschlossen werden – ein Beitrag zur Zukunftssicherung unserer Institution also in doppelter Hinsicht. Und so ist es geschehen: Response-Projekte, Schü- »Response«- lerkonzerte, Singen mit Kindern, Sing- Musikanten in Aktion ( , Mai 2009) Alongs, eine Bach-Lounge, all diese Jahreszeiten Aktivitäten können 2008-2011 unter anderem Dank der Robert Bosch Stiftung konzipiert und durchgeführt werden. Besonders gern würden wir generati- onsübergreifende Projekte realisieren, bei denen Jung und Alt von- und miteinander lernen und Musik erfinden und auffüh- ren. An Schülern, die gern mit uns arbei- ten und immer wieder kommen mangelt es uns jetzt schon nicht mehr. Noch feh- len uns aber die dazu passenden »Unru- heständler«, oder auch mitten im Leben stehende Berufstätige, die sich nach mehr Musik, Bildung und Austausch sehnen und die offen für das eine oder andere Experiment sind. Haben Sie dazu Ideen oder Lust, sich zu beteiligen? Wir freuen uns über Ihre Rückmeldung.

... 15 INTERNATIONALE BACHAKADEMIE STUTTGART Datei Bearbeiten Layout Neuer Beitrag Blog ansehen Fenster Hilfe! Sie sind nicht eingeloggt

» G u t g e t wittert ist halb g e b l o gg t …« Wann kommt bachakademie 2.0 ? .h o l g er schneider

oldene Zeiten für Cyberwahr- ebenso sinnstrotzenden wie werbeknackigen sager, Webhellseher, Online- Botschaften, kümmert Euch zunächst nicht visionäre, Netzpropheten, um deren Akzeptanz, wisset nur: Ihr seid Fiktionsmanager, Wwweis- dabei! Das große Zweinull-Orakel wird sager und Wwwegweiser! Euch recht geben! GReden wir gar nicht erst von weitblickenden Mag ja sein, dass eine gewisse Halsstarrig­ Computerverstehern, pfiffigen IT-Futuristen, keit, mit der sich Bühnen, Agenturen und sternkundigen EDV-Fachleuten und gnitzen Ensembles den neuen Platt- und Kommuni- Online-Redakteuren. Schweigen wir auch kationsformen bislang standhaft verweigert von der Schar Apps-besoffener Apologeten haben, dem Prediger des Web 2.0 irgendwann und eifriger Apostelchen, die die Halskrause platzen ließ; sich bemüßigt sehen, jedwede mag auch sein, dass den voll fetzige Andiewandmale- Adepten des Mitmach-Webs rei ihrer Idole markttauglich mit etlichen ihrer Projekte nachzupinseln. In der Me­ tatsächlich faszinierende dienwelt wimmelt es gerade­ Lösungen gelangen: Doch zu von Vorhersage-Gurus dass ein Blog sich unbedingt und Digital-Astrologen. Ich dadurch auszeichnen sollte, geriet im September 2009 in dass es ihn eben gibt und einen solchen vergleichsweise völlig Wurscht scheint, wer harmlosen Schwarm selbstbe- sich dafür interessiert, mutet geisterter Netz-Prognostiker und ließ – nicht im Ansatz zweifelhaft an. Wie anders müsste ohne Erkenntnisgewinn auf der einen, wach- sonst die mangelnde Kommentarbereitschaft sende Erheiterung auf der andern Seite – seiner Leserschaft – sofern es sie gibt – inter- ihr Geplapper für zwei Konferenztage über pretiert werden? Selbst im Umfeld der Kon- mich ergehen (stART.09, wie alle Links auf ferenz-News herrscht wochenlang gähnende www.bachakademie.de/forum). Leere auf dem zweinulligen Meinungstum- Wohlgemerkt: Die Stimmen der Vernunft melplatz. Die einzigen, die auf Biegen und waren für suchende Sinne unüberhörbar, Brechen posten, bloggen, twittern, sind die sogar, jaja, hochspannende Vorträge kamen Orakel-Blogger selbst. Warum, o schnöde mir zu Ohren. Doch so höre denn zunächst, Kulturwelt, willst Du von alledem nichts o Volk, das große Orakel von Duisburg: wissen? Kultureinrichtungen! Ihr müsst sofort blog- Dass aber hinter den allüblichen Plattform- gen, twittern, flickrn, youtuben, facebooken, Empfehlungen (facebook, twitter, youtube, sonst verpasst Ihr tumb den Express in die flickr, vimeo etc.) allesamt Firmen stehen, herrliche Zukunft des Web 2.0, gesäumt von die mit ihrer »Philosophie«, raffinierter Wer- den fetten Wiesen des alsbaldigen Erfolges! bung und mittlerweile hundert Millionen Steigt ein, o Klangkörper und Konzertveran- Nut­zern Geld verdienen, ist zumindest nicht stalter, in die wundervolle Zauberwelt der ohne »Geschmäckle«. Dass nun endlich der social networks und kostet den Beifall, den fadenscheinigen Vorstellung eine Projektions­ Eure überwältigende Präsenz beim verein- fläche geboten wird, man könne mit solchem samten Individuum hervorruft, welches da Kokolores binnen kurzer Zeit einen Haufen dürre dümpelnd dürstet nach kulturwertiger junger Leute begeistern, die bisher noch nie Gemeinschaft und virtueller Satisfaktion! mit (z. B.) klassischer Musik in Berührung Füllt mutig die Blogosphäre mit Euren kamen, oder Geldgeber gewinnen, die

... 16 www.bachakademie.de Datei Bearbeiten Layout Neuer Beitrag Blog ansehen Fenster Hilfe! Sie sind nicht eingeloggt

angesichts derart innovativen Voranschreitens Also ganz entzückend, ich commente mal bereitwillig ihre Taschen leeren, ist schlicht- ganz spontan diesen niedlichen Blog und weg Quatsch mit Soße! Hier hat die illustre followe den putzigen tweets dieser hinrei- Philisterschar nicht sehen wollen, dass die ßenden Kultureinrichtungs-Entität ab sofort Zukunft von gestern heute schon Vergangen- hingebungsvoll … heit ist, dass die Netzwer­ ke längst aufbrechen, Also nein, ich weiß sicher nicht, wie ein dass soziale Bindungen und persönliche Inte­- derart getriebenes Informationsbombarde- ressen nicht mal eben durch einen super- ment ohne rasche Abwehrreaktion funktio- schlauen Update-Trick zu erzwingen sind. nieren sollte! Zweifelsohne stellt twitter.com So war nicht nur im letzten ZEIT-Magazin momentan ein besonders wirksames Instru- des Jahres 2009 zu lesen (»Bye-bye, face- ment für die demokratisierte Form schneller book«), wie sich mittlerweile zunehmend Nachrichtenübermittlung dar. Dann lese ich zahlreiche Aussteiger aus den sogenannten aber ein teures Werbeplakat einer Mobil­ sozialen Netzwerken (facebook, StudiVZ, firma mit dem sinnlos-unwitzigen Slogan Xing, MySpace u. v. a.) artikulieren und »Guck mal, wer da twittert« – und mir wird damit nicht zuletzt jener Arroganz einen kurz schlecht. Microbloggende Firmen! Und Riegel vorschieben, mit der etwa der Grün- sie tun es! Mein vermutlich zwitscherunfä- der von facebook, Mark Zuckerberg, in higes Handy klingelt selten und nur dann, einem Interview im Januar 2010 unerklär- wenn Freunde nicht direkter mit mir in Kon- licherweise behaupten konnte, würde er takt kommen. So soll das, solange es geht, dieses Netzwerk nochmals gründen, wären auch bleiben. Und das Zwitschern, meine die persönlichen Daten seiner Nutzer von lieben Leserinnen und Leser, überlasse ich vornherein frei zugänglich. Die Gründe des besser den Vögeln. Die können das nämlich Aussteigens schmieren sich allerdings auf der viel, viel besser. andern Seite wie eine beleidigte Leberwurst Wann aber, um vom bukolischen Idyll an empörten Selbstbefreiungsritterlichkeiten wieder in die virtuelle Realität zurückzu- entlang; nicht ein Kommentar, der von einem kommen, wann INTERNATIONALE BACHAKADEMIE STUTTGARTKommentare zum Festivalensemble-Blog eigenen Fehler spricht! Auch der eigentlich kommt denn positive Grundgedanke eines sozialen Netz- endlich, so werks spielt hier plötzlich keine Rolle mehr. bleibt die abso- »Freunde bekochen statt Freunde adden«, lut berechtigte so bedruckt eine Aussteiger-Website schlicht Frage, so etwas ihre erwerbbare Werbe-Schürze und wischt wie bachakade- damit die recht beklagenswerte Geodaten- mie 2.0 ? Die Su- Distanz des Kochs zu seinen bekochenswerten che nach einer Gästen beiseite. Nun steht der Koch alleine Antwort wollen da. Dabei hätte ein richtig feines Online- wir – denn es Rezept im Social Web eine große Zahl seiner geht ja um das Feinschmecker-Freunde zu eigenen Gerichten Internet – auf inspirieren können! www.bachakademie.de/forum gemeinsam Ebensolche verlockenden Visionen suchten mit Ihnen unternehmen. Und sollte Ihnen an denn auch die StartConferenciers heim: Poste diesem Beitrag einiges oder vielleicht so gut die Sensation ins soziale Dingsda, und sofort wie alles schleierhaft geblieben sein, so möge bricht die Begeisterungswelle unter den su­ es dort ebenfalls geklärt werden. Denn Sie, chenden Kontaktseelen aus: Haaach wie auf- liebe Leserin, lieber Leser, hätten wir wirk- regend, die Veranstaltung beginnt – so schaut lich gern im Boot, bevor wir als Bachakade- nur her und lest auf meinem schnuckligen mie in See stechen und das Netz von morgen iPhone – eine halbe Stunde später, oh wie auswerfen. Vielleicht überspringen wir ja reizend, die Generalprobe mit der göttlichen gemeinsam auch ein, zwei Versionen und ma- Diva wurde in ein süßes Video gepackt, nein, chen gleich ein Upgrade auf bachakademie das muss ich mir ja unbedingt downloaden …! 5.0 ? Wer weiß …

f o r u m bachakademie 70 ... 17 vermischtes

Musikfest Stuttgart 2010: n a c h t

Auf das Licht folgt die Nacht. Das Musikfest Stuttgart 2010 entwirft die Gegenwelt zum Festival 2009. Die Nacht ist das Schattenreich, die Zeit der Träume, der Ort des Irrealen. Die Nacht ist die Zeit des Schlafes und die Metapher des Todes. Die Nacht ist die Zeit der der Liebe, der Leiden- schaften und des Wahnsinns. In der Nacht feiert das Christentum seine höchsten Feste – die Heilige und die Osternacht; sie feiert Gottesdienste am Be- ginn der Nacht und an ihrem Ende, weil das Dunkel Symbol der Gottesferne und zugleich Zeit intensiv erfahrener Gottesnähe ist. Komponisten haben sich seit jeher zur Sphäre der Nacht hingezogen gefühlt, Stu:gart-Nacht-Schillerpla;. weil sie die poetische Hälfte des Tages ist; weil zur nächtlichen Stunde das ehedem klar Erkennbare unsichtbar wird und anderes deutlich hervor­ tritt; weil der Mond scheint und die Sterne leuchten; weil im Widerschein der Gestirne die Liebe am intensivsten gefühlt und gelebt wird. Das Musikfest Stuttgart 2010 beginnt am 28. August und endet am 19. September – drei Wochen Zeit also, sich allem Nächtlichen zu nähern. Die chorsymphonischen Werke des gro- ßen Romantikers Robert Schumann werden zu hören sein: Sie thematisieren die Liebe, den Tod und den Wahnsinn. Wir bieten Vesperkonzerte und solche »am Ende der Nacht«. Den romantischen Konnotationen des Dunklen widmen sich Klavier- und Kammerkonzerte. »Bachnächte« an auratischen Orten laden dazu ein, den Tag zu beschließen. Mit einer Reihe von Todesmusiken bedenken wir die Vergänglichkeit. In Zaubernacht und Sternenklang geben wir dem Irrealen Raum. Freuen Sie sich auf einen Artist in Residence, ungewöhnliche Urauf- führungen, Musikfest-Cafés zu den Themen des Tages, ein Phonographisches Quartett und ein Symposium über »Die Nacht in der Musik«. Das ganze Programm gibt’s ab Anfang April. (mg)

Rotes Mobil mit grünem Profil

Mancher Musikfestbesucher wird die roten Wagen mit den Musikfestuttgart Logos in orange/schwarz im vergangenen September vor der Liederhalle gese- hen haben. Während des Musikfestes 2009 hat uns die stadtmobil carsharing AG mit drei Wagen großzügig unterstützt. Nun tritt die Kooperation mit dem Stutt- garter Carsharing- Unternehmen in eine neue Phase: Seit November steht ein Stadtmobil Opel Corsa auf dem Parkplatz am Johann-Sebastian-Bach-Platz. Der Wagen wird von den Mitarbeitern der Bachakademie Ulrich Stähle, Vorstand der stadt- mobil carsharing AG und Christian für Stadtfahrten genutzt. In der anderen Zeit kann er Lorenz freuen sich über die Fortset- von Stadtmobil Mitgliedern gemietet werden. (cb) zung der erfolgreichen Kooperation.

... 18 www.bachakademie.de WO I: Premiere in der Leipziger Thomaskirche

Zum ersten Mal dirigierte Helmuth Rilling seine Ensembles Gächinger Kantorei und Bach-Collegium Stuttgart in der Leipziger Thomaskirche. 275 Jahre ist es her, dass Bachs Weihnachtsoratorium in der Thomas- und in der Nikolaikirche erstmals erklang. Allein 18 Aufführungen eines oder mehrerer Teile des Werkes durch Leipziger Ensembles zählte der Konzertkalender der Bachstadt im Jahr 2009. Die Stuttgarter waren die ersten Gäste, die das Jubi­ läum mit den Teilen i bis iii und vi am ersten Advent in der Thomaskirche einleiteten. Die Leipziger Volkszeitung freute sich über einen »… klaren Glanz und Strahlkraft, die sich durch alle darge- botenen Kantaten zieht. Die Chöre sind kraftvoll musiziert, präzise in Artikulation der Sänger und Phrasierung der Instrumente. Die klaren Stimmen der Gächinger Kantorei, klanglich und intonato- risch ohne Makel, meistern fugierte Koloraturen ebenso wie gemeinsame Diktion in den Chorälen. Letztere nimmt Rilling größtenteils breit und flächig – mal innig-leise zurückgenommen wie ›Ich will dich mit Fleiß bewahren‹, mal in überzeugtem Forte wie ›Dies hat er alles uns getan‹. Den Gästen aus Stuttgart gelingt eine routinierte, klare Auf- Helmuth Rilling auf der Empore, führung des Weihnachtsoratoriums, die die Saison Comaskirche zu Leipzig. festlich eröffnet.« (Heike Bronn) WO II: Premiere im Beethoven-Saal

So etwas erlebt die altehrwürdige Liederhalle nicht Christian Lorenz, nach dem Konzert alle Tage! Strömen 1.200 Schüler, zum großen Teil »belagert« von Schülern und Lehrern. aus ziemlicher Ferne, freiwillig (so der absolut überzeugende Eindruck!) in den Beethoven-Saal, um sich dort eine knappe Stunde lang die Weih- nachtsgeschichte anzuhören, in der unvergleichlich eindrücklich vertonten Bachschen Deutung des Lukas-Evangeliums, ebenso verständlich wie anre- gend kommentiert vom Co-Evangelisten Christian Lorenz, dem Intendanten der Bachakademie mit bekanntlich besonderer Affinität zu neuen Musik- vermittlungsangeboten für junge Menschen. Dass das Konzept aufging, dass die Tausenderschar am 9. Dezember 2009 bereitwillig und geradezu mucksmäuschenstill dem Geschehen auf der Bühne folgte und lauschte, ist erneut zu den besonders schönen Erfolgen der Bachakademie in ihrem Streben nach neuen Konzert-Wegen zu zählen. f o r u m b a c h a k a d e m i e 69 ... 19 Gastdirigent I: O l a r i E l t s

An seine liebenswerte skandinavische O-Lautung im freigiebig ausgeteilten »Danke!« werden sich Chor wie Orchester stets gern erinnern. Doch die Arbeit mit dem jungen estnischen Dirigenten Olari Elts, der für den erkrankten Masaaki Suzuki die Leitung des zweiten Akademiekonzerts mit Mendelssohns Paulus übernahm, hatte weitaus mehr zu bieten. Eine mit- unter atemberaubende Energie riss das Ensemble im dramatischen oratorischen Geschehen geradezu in einen Musiziertaumel hinein: »Alles war da: zärtliche Empfindung, markige Kraft, mystische Tiefe und eine Delikatesse an Klang, die zum Weinen schön war.« (Stuttgarter Zeitung) Die Chemie stimmte sofort, Olari Elts bei der Probe und so konnte dieser Tage bereits das nächste ge- meinsame Projekt zugesagt werden: Im Februar 2011 werden die Gächinger mit dem Ensem- ble orchestral de Paris unter der Leitung von Olari Elts Haydns Jahreszeiten im Théâtre des Champs-Elysées musizieren!

Gastdirigent II: M a r t i n H a s e l b ö c k

Vor über fünfzehn Jahren war er einer ersten Einladung der Bachakademie gefolgt und mu- sizierte damals in der Leonhardskirche Mozarts Requiem mit seiner Wiener Akademie: Der Dirigent und Organist Martin Haselböck wird nun als Gastdirigent die Bachwoche Stuttgart 2010 mit einem festlichen Konzert am 20. Februar im Hegel-Saal eröffnen. Der Wiener, der als Organist über fünfzig Solo-CDs vorweisen kann, u. a. mit eigens für ihn komponierten Werken bedeutender Komponisten wie Ernst Kˇrenek, Alfred Schnittke und Cristóbal Halffter, ist auch ein gefragter Gastdirigent etwa beim Gewandhausorchester Leipzig, dem Deutschen Symphonie- Orchester Berlin, bei der Dresdner Philharmonie und zahlreichen anderen Orchestern in Europa, Amerika und Asien. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt dabei auf der lebendigen Vermittlung barocker und klassischer Werke. Im Eröffnungskonzert zur Bachwoche wird Haselböck neben der vierten Orchestersuite zwei der im Weihnachtsoratorium parodierten Kantaten in ihrer weltlichen Erstgestalt zu Gehör bringen. konzerttermine Stuttgart do 4. februar 2010 . 19:00 . musikalischer salon zum Akademiekonzert 4 . Internationale Bachakademie Stuttgart . Für Mitglieder des Fördererkreises & Freunde . Dr. Michael Gassmann s a 6. & so 7. februar 2010 . 19:00 . akademiekonzert 4 Abonnement A & B Liederhalle . Beethoven-Saal . Einführung jeweils 18:15 . Dr. Michael Gassmann a n t o n í n d v o rˇ á k . Stabat mater op. 58 . Simone Schneider Sopran . Anke Vondung Alt . Wookyung Kim Tenor Daniel Borowski Bass . Gächinger Kantorei Stuttgart . Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR . Helmuth Rilling s a 20. bis so 28. februar 2010 . b a c h w o c h e Stuttgart b a c h w o c h e Stuttgart 2010 J o h a n n S e b a s t ian B a ch . Weihnachtsoratorium bwv 248 sa 20. februar . 19:00 s A 20. M Ä R Z 2 0 1 0 . 14:00 . J O J O Bachs Geburtstagsfest . E r öffnungskonzert . Liederhalle . Internationale Bachakademie (für Grundschulen) Hegel-Saal . J o h a n n S e b a s t ian B a ch Orchestersuite Nr. 4 D-Dur bwv 1069 . s o 21. M Ä R Z 2 0 1 0 . 19:00 . JB S 325 Geburtstagskonzert Kantaten bwv 214 & bwv 213 . Dominique Johann Sebastian Bach . Liederhalle . Mozart-Saal . Labelle Sopran . Carlos Mena Altus . Orchestersuite . Solokonzerte . 5. Brandenburgisches Konzert . Bernhard Berchtold Tenor . Florian Boesch Bach-Collegium Stuttgart . Helmuth Rilling Bass . Gächinger Kantorei & Bach-Collegium Stuttgart . Martin Haselböck m i 24. M Ä R Z 2 0 1 0 . 11:00 . s c h ü l e r k o n z e r t s O 21. februar . 18:00 zum Akademiekonzert 5 (4. bis 6. Klasse) . Liederhalle . Mozart-Saal musikalische vesper Gedächtniskirche d o 25. M ä r z 2 0 1 0 . 19:00 . m u s i k a l i s c h e r s a l o n s O 21. februar . 20:00 zum Akademiekonzert 5 . Internationale Bachakademie Stuttgart . T e ilnehmerplenum Für Mitglieder des Fördererkreises & Freunde . Gemeindehaus Gedächtniskirche Dr. Andreas Bomba, Dr. Bernhard Leube & Dr. Andreas Löw m o 22. bis s A 27. februar . 9:30 podiumsgespr ä c h e s a 27. & s o 27. M ä r z 2 0 1 0 . 19:00 . akademiekonzert 5 Musikhochschule Abonnement A & B . Liederhalle . Beethoven-Saal . Einführung jeweils m o 22. bis s A 27. februar . 19:00 18:15 . Christian Lorenz . J o h a n n S e b a s t ian B a ch . G e spr ä c h s k o n z e r t e Matthäus-Passion bwv 244 . Sopran . Anke Vondung Alt . Musikhochschule (am 26.2. in der Stiftskirche; Lothar Odinius Tenor (Evangelist) . Dominik Wortig Tenor (Arien) . am 27.2. um 17:00 in der Musikhochschule) Klaus Häger Bass (Christus) . Konstantin Wolff Bass (Arien) . s O 28. februar . 10:00 Gächinger Kantorei & Bach-Collegium Stuttgart . Helmuth Rilling abschlussgottesdienst . Stiftskirche s O 28. februar . 16:00 s i n g b a c h . Musikhochschule konzerttermine Andernorts Bitte fordern Sie die ausführliche Broschüre an! s a 16. bis s o 31. j a n u a r 2 0 1 0 . j a pan . Helmuth Rilling als Gast in Japan . Konzerte in Okayama . Tokio . Kanazawa . Sendai . Morioka . J o h a n n S e b a s t ian B a ch . Messe h-Moll bwv 232 d i 9. bis f r 12. februar 2010 . u s a . Helmuth Rilling als Gast & Dozent der ACDA in Philadelphia J o h a n n S e b a s t ian B a ch . Motette bwv 226 & 225 . Kantaten bwv 29 & 146 . Magnificat D-Durbwv 243 . s v en d av i d S a ndström . Messiah d o 4. M ä r z 2 0 1 0 . 19:00 . n a s h v i l l e . Laura Turner Concert Hall F r 5. & s a 6 . M ä r z 2 0 1 0 . 20:00 . n a s h v i l l e . Laura Turner Concert Hall J o h a n n S e b a s t ian B a ch . Messe h-Moll bwv 232 . Sibylla Rubens Sopran . Alt . Lothar Odinius Tenor . Michael Nagy Bass . Nashville Symphony Orchestra & Chorus . Helmuth Rilling sä a 6. M r z 2 0 1 0 . 16:00 . F l orenz . Teatro della Pergola s äO 7. M r z 2 0 1 0 . 21:00 . s a v o n a . Teatro Chiabrera m o 8. M ä r z 2 0 1 0 . 21:00 . v e r c e l l i J o h a n n S e b a s t ian B a ch . Konzerte D-Dur bwv 1054, F-Dur bwv 1057, a-Moll bwv 1044, d-Moll bwv 1052 . Bach-Collegium Stuttgart . Angela Hewitt Leitung & Klavier m i 10. bis s a 13. M ä r z 2 0 1 0 . t a i p e h . Discovery Concerts s o 14. M ä r z 2 0 1 0 . t a i p e h . National Concert Hall . Gala Concert J o h a n n S e b a s t ian B a ch . Johannes-Passion bwv 245 . Taipei Philharmonic Chorus . Evergreen Symphony Orchestra . Helmuth Rilling d o 25. M ä r z 2 0 1 0 . 20:00 . D ü sseldorf . Tonhalle d i 30. M ä r z 2 0 1 0 . 19:00 . M ü nchen . Herkulessaal f r 2. april 2010 . 14:00 & 17:00 . baden-baden . Festspielhaus J o h a n n S e b a s t ian B a ch . Matthäus-Passion bwv 244 . Sibylla Rubens Sopran . Anke Vondung/Sophie Harmsen (30.3.) Alt . Lothar Odinius Tenor (Evangelist) . Dominik Wortig Tenor (Arien) . Klaus Häger Bass (Christus) . Kons- tantin Wolff Bass (Arien) . Gächinger Kantorei & Bach-Collegium Stuttgart . Helmuth Rilling d o 8. & s a A pril 1 0 . 2 0 1 0 . 20:00 . t o r o n t o . Roy Thomson Hall J o h a n n S e b a s t ian B a ch . Messe h-Moll bwv 232 Sibylla Rubens Sopran . Ingeborg Danz Alt . Lawrence Wiliford Tenor . MacMillan Singers & Bach Festival Singers . Toronto Symphony Orchestra . Helmuth Rilling forum70_U1_U4_neu 26/01/10 11:49 Page 2

FORUMBACHAKADEMIE

Januar Februar März 70 2010

Ouvertüre Nr. 3 D-Dur BWV 1068 Komponist: Johann Sebastian Bach Deutschland, um 1723

... HALLELUJAH Mit Händel und anderen auf Weltreise

... JAUCHZET, FROHLOCKET! Gleichklang. Made in Germany. Das Weihnachtsoratorium zur Bachwoche im Februar ... RÄDER NEU ERFINDEN Durch Vertrauen und Verlässlichkeit. Das Musikvermittlungsprogramm für junge Leute Um etwas Meisterhaftes zu komponieren, muss man die partnerschaftlichen Verhältnis zu Kunden und Mitarbeitern richtigen Töne treffen. Genau wie bei der Landesbank stets eine harmonische und erfolgreiche Gesamtkomposition ... GUT GETWITTERT IST HALB GEBLOGGT Wann kommt b achakademie 2.0 ? Baden-Württemberg, die mit Professionalität und einem anstrebt. Weitere Informationen finden Sie unter www.LBBW.de

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