Schanfigg 75 Karte S. 77 S. Karte Schanfigg

Ingenieurskunst Anfang des 20. Jahrhunderts – der Langwieser Viadukt

Schanfigg Zum Schanfigg, wie das Gebiet beiderseits der Plessur genannt wird, zählt ein Dutzend Berggemeinden mit insgesamt rund 4300 Einwohnern, von denen mehr als die Hälfte im höchstgelegenen Ort, in Arosa, leben. Zwar hat auch das Örtchen Tschiertschen ein wenig Skitourismus entwickelt, wird aber vom sonnigen Arosa weit in den Schatten gestellt. Buchstäblich im Schatten, nämlich dem der Plessur-Alpen, liegen die anderen Dörfer des Schanfigg. Dass sie gegenüber Arosa kaum ins Gewicht fallen, zeigt auch ihre wirtschaftliche Lage. Bei der kantonalen Einteilung in Finanzkraftklassen von 1 (sehr finanzstark) bis 5 (sehr finanzschwach) finden sich sieben der zwölf Dörfer in Klasse 5 und nur eines in der Klasse 1 – eben Arosa, der Tourismusmagnet. Etwas oberhalb von Chur fließt ein Wildwasser in die Plessur. Es ist die Rabusa, in deren Schlucht bei Passugg eine Felsenquelle sprudelt. Zusammen mit dem Valser und dem Rhäzünser zählt das Passugger zu den drei renommierten Bündner Mine- ralwassern. Der hoch über Passugg gelegene stattliche Bau aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert ist das ehemalige Kurhotel. Heute ist hier die Swiss School of Tou- rism and Hospitality zugange, die in Zusammenarbeit mit der ArabellaSheraton Group Schüler aus aller Herren Länder in die Geheimnisse der gehobenen Gastro- nomie einweiht. Die Rhätische Bahn braucht für die 26 km lange Strecke von Chur nach Arosa eine Stunde und überwindet dabei eine Höhendifferenz von 1157 Metern. Schwindeler- regend schön ist die Überquerung der Plessur bei Langwies. Der hier gebaute Via- dukt aus den Jahren 1912–1914 hat eine Länge von 287 m und überquert das Tal in 62 m Höhe. Nach Langwies steigen sowohl die Bahnlinie wie auch die Straße noch einmal kräftig an, bis man den sonnigen Talkessel von Arosa erreicht – Endstation.

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Arosa Wie Davos gehört Arosa zu den traditionellen Ferienorten der Luxusklasse, die schon in den 1920er und 1930er Jahren vom Luftkurort zum Ski- Paradies mutierten. Spätestens in den 60er Jahren setzte dann der ganz große Boom ein, Hotels und Ferienhäuser schossen wie Pilze aus dem Boden und gaben dem einstigen Bergdorf sein heutiges Gesicht. Wer im Sommer hierher kommt und – zum Beispiel auf dem Eichhörnliweg über dem Obersee – seine Lungen mit der frischen Bergluft und dem Duft der Tannen vollpumpt, der kann sich leicht vorstellen, wie bekömmlich früher ein Arosa- Aufenthalt den tuberkulösen Lungen war. Obendrein ist der Blick auf die saftiggrü- nen Wiesen, die weißen Gipfel und den blauen See auch dem seelischen Gleichge- wicht sehr förderlich. Das einzig Unschöne an der Aroser Welt ist Arosa selbst, zu viele Bausünden wur- den hier begangen. Versöhnlicher stimmt dann der alte Ortsteil Innerarosa hinter dem Melcherenbach, wo zwar auch jedes zweite Haus ein Feriendomizil ist, aber die Erinnerung an die alte Walsersiedlung noch nicht ganz verblasst ist. Das älteste Haus hier ist das Eggahuus, wo das Heimatmuseum Schanfigg ein Obdach gefun- den hat, und etwas oberhalb der Holzhäuser steht das nur freitags geöffnete Berg- kirchli der Walser aus dem 15. Jahrhundert, heute besonders bei Hochzeitszeremo- nien beliebt. Öffnungszeiten Heimatmuseum Schanfigg: Mo, Mi, Fr 14.30–16.30 Uhr (im Winter nur Mo und Fr). Eintritt 3 CHF. Erst Luftkurort, dann Wintersportort, hat sich Arosa in den letzten Jahren zuse- hends auch den Sommersportarten wie Downhill (Biken mit Sprüngen und Steil-

Arosa, am Obersee

Zürich Schiers Ö Zürich Land t quar S Landquart T Schanfigg 77 E 13 R 3 28 R E I C P H r Jenaz Saas i. Pr. ä Fiders L and qu 13 t art t i Serneus g a Klosters CHUR u in e h R Domat/ S c h a n f i g Ems g 28 13 Ilanz

Ilanz Passug Langwies Ples Reichenau Tschiertschen sur Davoser See Malix 3 Weisshorn 2653 Davos

Rhäzüns Susch Chur- Susch t walden Jakobshorn f Arosa Frauenkirch 2590 a 77 S. Karte Schanfigg H Parpan h i n c t e s r 13 - Valbella d 13 n Glaris a L r Lenzerheide h

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r i n e s o Wiesen v a Alb D ul a Schmitten Thusis Lantsch/Lenz Via Filisur Mala Alvaneu St. Peter Bad in Mistail Tiefen- A lb O u la Bergün/ castel b e Bravuogn ( r Zillis S h u a 2,5 km r l Albulapass, La Punt s 3 b Albulapass, La Punt e s t s e Andeer ) i n Schanfigg, Prättigau, Davoser Savognin Landschaft und Mittelbünden SanSan Bernardino Bernardino Tinizong St.St. Moritz Moritz

wandkurven) und Nordic Walking geöffnet und unterhält mittlerweile zahlreiche Wanderwege, die fast alle auch von Mountainbikern benutzt werden dürfen. Die Einführung der Arosa-Card (siehe unten) war obendrein eine geniale Idee, die Kapazitäten des Skiorts auch im Sommer zu nutzen. Seither boomt der Sommer- tourismus in Arosa wie nie zuvor. Die beiden Aroser Seen zeigen sich sehr unterschiedlich. Der größere Obersee, direkt am Bahnhof und von einer Strandpromenade eingerahmt, ist Aktionsfeld für Paddel- und Tretboote. Der kleinere Untersee, unauffällig im Süden des Orts gele- gen, verfügt über ein richtiges Strandbad (geöffnet Juni bis August ab 10 Uhr) mit Sprungbrettern, Liegewiese und Gartenrestaurant. Der See liegt 1691 m über Meereshöhe; wem im August 15° C Wasserwärme zu frisch sind, begibt sich ins be- heizte Planschbecken. Zusätzliche Wellness verspricht das **** Tschuggen Grand Hotel ab Dezember 2006. Skulpturen aus Titanzink in Form von stilisierten Baumblättern sollen dann hinter dem Hotel aus dem Berg ragen. Die Löcher daneben werden als Lichtschacht für

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die unterirdische „Berg-Oase“ dienen – warme Bäder, kalte Bäder und Massagen. Das Konzept stammt vom Tessiner Stararchitekten Mario Botta. Wer weiß, viel- leicht heimst das Hotel damit einen fünften Stern ein.

Arosa-Card Wirklich ein Hit! Während der Sommersaison kommt man auch bei nur einer Übernachtung gratis in den Genuss der Arosa-Card. Für Arosa-Card-Besitzer kostenlos (und beliebig oft benutzbar) sind: Gondelbahn Arosa-Weißhorn, Gon- delbahn Hörnli-Express, Strandbad Untersee, Pedalos und Boote auf dem Ober- see, bestimmte Parkplätze und ein Parkhaus, Rhätische Bahn bis Langwies, örtliche Busse sowie das Heimatmuseum Schanfigg. In der Regel bekommen Übernachtungsgäste die Arosa-Card vom Hotel aus- gehändigt. Andernfalls trägt man den Meldeschein zu einer der Verkaufsstellen und hinterlegt dort eine Kaution von 5 CHF. Tagesgäste können die Arosa-Card für 8 CHF erwerben. Verkaufsstellen: Bahnhof, Talstation Arosa-Weißhorn, Talstation Hörnli, Infor- mationsbüro Arosa Tourismus.

•PLZ 7050 ligste) – Tiefsaison – Mittelsaison – •Information Arosa Tourismus, Post- Hochsaison (Weihnachtsfeiertage und Feb- straße. Mo–Fr 8–12 und 13.30–18 Uhr, Sa 9– ruar, die teuerste). 13 Uhr (Mitte Juni bis Mitte August zusätz- *** Hotel Alpensonne, am oberen Orts- lich 14–16 Uhr), So 9–12 Uhr. ¢ 081-3787020, ende, linke Straßenseite, knapp vor dem § 081-3787021, [email protected], www. Melcherenbach. Hermann Hesse schätzte arosa.ch. das Logis zu Recht: geräumige, modern •Verbindung Bahn: Der Arosa-Express, eingerichtete Zimmer, die teureren mit Son- eine leuchtend-blaue Bahn im Dienst der nen- bzw. Alpensonnenbalkon zum Süden. (sonst roten) Rhätischen Bahn, unterhält DZ 206–236 CHF, EZ 108 CHF (Sommersai- stündlich eine Verbindung mit Chur. son), Frühstück inklusive. Restaurant ange- •Bergbahnen Arosa–Weißhorn (mit Zwi- schlossen. Poststraße, ¢ 081-3771547, schenstation), Gondelbahn, Talstation hin- § 081-3773470, [email protected], ter dem Bahnhof. Betrieb Mitte Juni bis www.hotelalpensonne.ch. vorletzte Oktoberwoche. ** Touring, knapp oberhalb der Info-Stelle. Arosa–Hörnli, Gondelbahn, Talstation in In- Großer Kasten mit guter Küche im Erdge- nerarosa. Betrieb vorletzte Juniwoche bis schoss. DZ 120–130 CHF, EZ 65 CHF (Som- vorletzte Oktoberwoche. Zahlreiche Sessel- mersaison), Frühstück inklusive. Zimmer- lifte. Auskunft über alle Aroser Bergbahnen größe unterschiedlich, die meisten DZ mit unter ¢ 081-3788484. Balkon. Poststraße, ¢ 081-3773121, § 081- •Nachtfahrverbot Achtung: von 24 bis 6 3772486, [email protected], Uhr gilt in Arosa generelles Nachtfahrver- www.touring-arosa.ch. bot! Zu- und Wegfahrten auf direktem Weg Backpacker’s Downtown, am Sträßchen nach/von Arosa sind gestattet. gegenüber der Info-Stelle. Arosas ehema- •Parken An zahlreichen Stellen gratis mit lige Jugendherberge hat sich zeitgemäß der Arosa-Card, sonst gebührenpflichtig. umbenannt. 30–35 CHF (Sommersaison) pro Günstige Langzeitparkplätze am Obersee, Person im 2- bis 12-Bett-Zimmer, Frühstück hinter dem Bahnhof. inklusive. ¢ 081-3771397, § 081-3771621, •Fahrradverleih: Arosa Bike, beim Boots- [email protected]. haus am Obersee (östliches Ende). Moun- Camping Arosa, im untersten Ortsteil, aus- tainbikes für 40 CHF/Tag. ¢ 081-3772377. Vor- geschildert. Bescheidenes, mit Tannen durch- schläge für Mountainbike-Touren unter setztes Wiesengelände. Elektrische An- www.biketourenarosa.ch schlüsse vorhanden, sanitäre Anlagen mini- •Übernachten/Camping Arosa hat rund 50 mal (1 Warmwasserdusche). 60 Stellplätze. Hotels, die allesamt nicht billig sind. Man Auch Campingbenutzer kommen in den kennt vier saisonale Perioden: Sommersai- Genuss der Arosa-Card (siehe oben). ¢ 081- son (Mitte Juni bis Mitte Oktober, die bil- 3771745, § 081-3773005, [email protected]

Von Chur nach Tiefencastel Karte S. 77

Wanderung 3 79 •Essen/Trinken Hotels mit Restaurant gibt gel“ (= Schneehahn) daneben besitzt; die es viele in Arosa, Restaurants ohne Hotel Bellini-Bar im selben Haus. Empfehlens- wenige. wert. Poststraße, ¢ 081-3771717. Pizzeria Grottino, Nähe Obersee. Preis- Restaurant Strandbad, am Untersee. Billi- werte Menus und Tagesgerichte ohne je- ges Gartenrestaurant, ohne große kulinari- den traditionalistisch-bündnerischen An- sche Ansprüche, aber sehr freundlich. spruch und Pizza. Täglich frische Hähn- ¢ 081-3771893. chen, da Grottino auch den „Schneegüg- Wanderung 3 – Über Arosa Wanderun g 3 Arosa – Maran – Mittelstation – Arosa Einfache Alpenrundwanderung, bis zur Mittelstation der Weißhornbahn auch für Mountainbikes, die dann über die Tschuggenhütte nach Arosa zurückfahren. Dauer: 2 Std. 30 Min. Höhenunterschiede: ↑ 275 m, ↓ 275 m

Karten: Landeskarte der Schweiz, 1:50.000, Hg. Bundesamt für Landestopogra- 77 S. Karte Schanfigg phie, Wabern. Blatt 248 (Prättigau). Alternativ: Wanderkarte, 1:60.000, Kümmerly & Frey, Blatt 813 (Prättigau – Albula). Vom Bahnhof Arosa (1) aus führt ein bis zur Gabel, sondern entdeckt knapp

Weg rechts an der Talstation der Gon- vorher links unten einen Weg, der nach delbahn vorbei hoch zur Tomelistraße, „Scheitenböden“ führt. Sein Anfang ist dort links weiter. Erst wird die Weiß- nicht auszumachen, bestenfalls erkennt hornbahn unterquert, bald danach ein man einen Viehtrampelweg: Einfach auf Sessellift (2). Hier beginnt rechts der den Weg zuhalten, dessen späteren Eichhörnliweg, ein breiter Waldweg, der seinen Namen zu Recht trägt – Eich- 2022 m 4 hörnchen hüpfen links und rechts des 2000 5 3 3 2 7 7 2 Wegs und auch auf ihm. Wer ruhig ste- 1800 hen bleibt, riskiert, dass ihm die pos- 1 1

Höhenmeter 1640 sierlichen Nager die Hosenbeine hoch- 0 2 4 68 8,5 km klettern – Generationen harmloser Höhenstufen Spaziergänger haben sie jede Furcht vor über 2200 dem Menschen verlieren lassen. Kinder 2000 - 2200 1800 - 2000 werden an den zutraulichen Tierchen Maran 1600 - 1800 ihre Freude haben. Wenn man aus dem 3 bis 1600 Wald wieder herauskommt, erblickt Langwies man gleich den Hof Maran (3), ein Ho- Langwies 5 7 tel mit Restaurant und Bar und Beti- 4 schung in der Sonne. Dort führt links Ober- ein Weg (Richtung „Arlenwald“) ober- see halb des Golfplatzes im Zickzack eine 6 2 Alpenwiese hoch auf ein teilweise as- Arosa phaltiertes Sträßchen und weiter zur Mittelstation der Weißhornbahn (4). Ungefähr 100 m nach der Mittelstation 1 Start/Ziel stehen Mountainbiker vor der Wahl, r ssu nach Innerarosa (rechts) oder über die Innerarosa Ple Tschuggenhütte nach Arosa (links) ab- zufahren. Der Wanderer geht gar nicht Wanderung 3 500 m

80 Von Chur nach Tiefencastel

Verlauf man vor Augen hat. Fast an glei- gehen, wählt man den untersten, den cher Stelle werden später die Weiß- Scheitenbödenweg nach Maran, und hornbahn und ein kreuzender Skilift steht nach der Überquerung eines unter- bzw. überquert. Weiter unten ist Wildbachs wieder auf dem Eichhörnli- die kleine Siedlung um das Hotel weg (7); hier rechts und auf der be- Prätschli zu sehen, der Weg führt aber kannten Route zurück zum Ausgangs- nicht zu ihm, sondern in einem Bogen punkt, dem Bahnhof von Arosa. zur Waldgrenze hinunter (5). Eine Die Alternative, auf dem Eichhörnliweg weiß-rot-weiße Markierung versichert nur 50 m Richtung Arosa zu gehen und den Wanderer, dass er sich nicht verirrt noch vor der zweiten Überquerung dessel- hat. Der Pfad mündet in einen breiteren ben Wildbachs die Wanderung links über Weg, der vom Hotel Prätschli herunter- den Hohwaldweg fortzusetzen, ist beim führt, bald aber wieder schmaler wird Blick auf die Karte verlockend, doch lei- (stets der weiß-rot-weißen Markierung der ist diese Route größtenteils asphal- nach). Noch einmal wird die Weißhorn- tiert. Da ist ein Wiedersehen mit den bahn unterquert, und bald befindet unermüdlich neugierigen Eichhörnchen man sich an einem großen Wegkreuz eindeutig der angenehmere Abschluss. (6). Von den drei Wegen, die links weg- Von Chur nach Tiefencastel Die Julierstraße verläuft über der unzugänglichen, bewaldeten Schlucht der Rabiusa erst am Hang entlang, quert dann die Hochebene von Lenzerheide und führt zum Straßenknotenpunkt Tiefencastel hinunter. Hinter Malix ragt links der Straße die Burg Strassberg aus dem Wald, im Schwaben- Von Chur krieg 1499 abgebrannt und seither eine malerische Ruine. Bald darauf erreicht man nach Churwalden und Parpan, Vorboten des Sportgebiets Lenzerheide-Valbella – ein be- Tiefencast liebtes Urlaubsziel vor allem für den Skiurlaub im Familienverband. Mit dem Win- el tersport ist eine touristische Infrastruktur gewachsen, die heute mehr und mehr auch im Sommer genutzt wird. Mountainbiker und Wanderer finden sich ein, am Wochenende zieht die Rodelbahn Pradaschier zusätzliche Gäste aus dem Groß- raum Zürich an. Churwalden Neben dem Tourismus hat der etwas zersiedelte Ort noch einen anderen traditio- Churwald nellen Wirtschaftszweig: Churwalden ist bekannt für die Herstellung von Bündner- en fleisch. Das an der gesunden Alpenluft getrocknete Fleisch war einst nicht mehr als ein Zeichen kluger Vorsorge – die Bergbauern legten Vorräte für den harten Winter an. Heute ist Bündnerfleisch eine Delikatesse, die ihren Preis hat. In hauchdünne Scheiben geschnitten, mit ein bisschen schwarzem Pfeffer bestreut, schmeckt das proteinreiche Rindfleisch vorzüglich, ist leicht verdaulich und verträgt sich mit jedem Diätprogramm. Größter der ansässigen Betriebe ist die Fleischtrocknerei Churwalden AG, die auch einen Direktverkauf unterhält. Das ehemalige Prämonstratenserkloster, das heute eher unscheinbar am unteren Ortseingang steht, gehört zur Gründungsgeschichte Churwaldens. Das verwitterte Abtgebäude daneben wartet noch auf die Restaurierung, um seiner Bestimmung als Klostermuseum nachzukommen. Nach einem Brand 1472 wurde der frühere roma- nische Bau durch den heutigen spätgotischen ersetzt. Die Klosterkirche überrascht

Von Chur nach Tiefencastel Karte S. 77

Churwalden 81

Karte S. 77 S. Karte Tiefencastel Von Chur nach

Alpenhotel Prätschli (über Arosa) erst einmal durch einen massiven, bemalten Lettner, der den Mönchschor vom ge- meinen Volk trennt. Später bekam die Wand eine weitere Funktion: Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) bis zur Fertigstellung eines reformierten Got- teshauses in Churwalden 1968 wurde die Kirche von beiden Konfessionen genutzt, das Laienschiff von den Protestanten, der Mönchschor von den Katholiken. Durch eine später eingebaute Orgel (heute nicht mehr vorhanden) wurde die Darstellung des Jüngsten Gerichts auf dem Lettner weitgehend zerstört, einzig die Höllenszene – in diesem Themenkreis stets der spektakulärste Teil – ist noch gut erhalten. Im linken Seitenschiff wurde eine „Marienkrönung“ in braunroten Tönen freigelegt, die vom sog. Waltensburger Meister (siehe Waltensburg) stammt, der im frühen 14. Jahrhundert in Graubünden tätig war. Das Prunkstück der Kirche jedoch ist das spätgotische Retabel des Hochaltars. Die Darstellung zeigt im Zentrum ein Chris- tuskind, das den mütterlichen Armen entfliehen will. Pradaschier-Rodelbahn: Die längste Rodelbahn der Welt ist Churwaldens Haupt- attraktion. In sieben Minuten transportiert Sie der Sessellift zum Start hoch, und in sieben Minuten (wenn Sie nicht zu sehr bremsen) sausen Sie über 31 Kurven die 3100 m lange Strecke hinunter und haben eine Höhendifferenz von 480 m hinter sich. Die Schlitten verlaufen auf Schienen, ein Fliehkraftregler sorgt dafür, dass die maximale Geschwindigkeit von 40 km/h nicht überschritten werden kann; Furcht- same haben mit der Handbremse eine zusätzliche Möglichkeit, die Geschwindigkeit zu drosseln, und der Sicherheitsgurt mag die Nerven beruhigen. Öffnungszeiten Juni bis Oktober Mo–Fr 10–17 Uhr, Sa 10–22 Uhr, So 10–17 Uhr; Mitte Dezember bis Mitte April tägl. 11–16 Uhr. Witterungsbedingte Abweichungen sind mög- lich. Sesselbahn + Rodelbahn 18 CHF, nur Rodelbahn 10 CHF. Süchtige profitieren vom reduzierten Preis der Mehrfachkarten. Auskunft unter ¢ 081-3562207

82 Von Chur nach Tiefencastel

Lenzerheide-Valbella, Eldorado für Mountainbiker

Mountainbike: Im Gebiet zwischen Lenzerheide und Churwalden sind spezielle Mountainbike-Routen diverser Schwierigkeitsgrade ausgewiesen. 20 GPS-Touren können im Internet heruntergeladen werden. Eine einschlägige Bike-Karte im Maß- stab 1:40.000 ist im Info-Büro wie auch beim unten genannten Mountainbike-Ver- leih für 15 CHF erhältlich. Beide Stellen verleihen auch GPS-Geräte. •PLZ 7075 •Übernachten/Camping Hotel Hemmi, im •Information Tourismusverein Churwalden, oberen Ortsteil. Gepflegter Familienbetrieb. im oberen Ortsteil, beim Abzweig zur DZ 130 CHF, Frühstück inkl., Restaurant an- Rodelbahn. Sommer Mo–Fr 9–12 und 15–17 geschlossen. Hauptstr. 107, ¢ 081-3820303, Uhr; Winter tägl. 8–12 und 14–17 Uhr. ¢ 081- § 081-3820304, [email protected], 3821435, § 081-3821825, [email protected], www.hotel-hemmi.ch. www.churwalden.ch. Camping Pradafenz, am unteren Ende der •Verbindung Postauto. Gute Verbindung Rodelbahn. „Unser Camping hat nur einen nach Chur und über Lenzerheide nach Tie- Nachteil: wenn man alles sehen möchte, fencastel (gelegentlich auch weiter bis Bi- muss man ein halbes Jahr bleiben!“, so die vio am Julierpass). hauseigene Werbung. Muss man nicht. Ge- •Mountainbike-Verleih Sportshop Seeli, ometrisch streng angeordnetes, terrassier- Girenbodenweg (neben der Touristinforma- tes, mit ein wenig Wiesenwuchs versehe- tion. Unterschieden wird zwischen ****Top- nes Gelände, steiniger Boden. Die Infra- Kategorie (vorderradgefederte Mountain- struktur für Wohnwagen ist gut: Gas-, bikes) und der teureren *****Vip-Kategorie Strom- und Abwasseranschluss, die sanitä- (vollgefederte Mountainbikes mit Scheiben- ren Anlagen sind geheizt. Brotverkauf, Re- bremsen). Auch Helme im Verleih. ¢ 081- staurant. Geöffnet Juni bis Oktober und 3821554. Mitte Dezember bis März. ¢/§ 081-3821921, •Beheiztes Freibad im oberen Ortsteil. [email protected], Zwei Schwimmbecken. Täglich 10–18.30 Uhr www.pradafenz.ch. (Do bis 20 Uhr).

Das -Gebiet 157

Brücke über den „schlechten Weg“ – Punt da Suransuns in der Viamala a Hinterrhein-Gebiet Das

Das Hinterrhein-Gebiet Vom Rheinwaldhorn, wo er entspringt, bis nach Reichenau, wo er mit dem Vorderrhein zusammenfließt, legt der Hinterrhein 57 km zurück. Seine wichtigsten Zuflüsse sind die Albula, die er bei Fürstenaubruck in der Nähe 159 S. Karte von Thusis aufnimmt, und der Averser Rhein, dessen Wasser sich in der wilden Roflaschlucht in ihn ergießen. Das Gebiet, das der Hinterrhein durchfließt, lässt sich in drei Stufen einteilen. Die oberste Stufe, der Rheinwald mit Splügen als Zentrum, ist ein Hochtal (1400- 1600 m), das mit dem Sufner See abschließt. Nachdem der Fluss darauf die unzu- gängliche Roflaschlucht hinuntergerauscht ist, durchzieht er, etwas zahmer gewor- den, die zweite Stufe, das Schams (900-950 m) mit den Hauptorten Andeer und Zillis, um sich danach die legendäre Viamala hinunterzustürzen. Bei Thusis hat er das gischtige Abenteuer hinter sich und durchfließt – jetzt im Kanal gezähmt – die letzte Stufe, das (600-700 m), über dem sich links der Heinzenberg erhebt. Das landschaftlich sehr unterschiedliche Gebiet ist auch sprachlich durchmischt. Die Dörfer des Rheinwald sind deutschsprachig, im Schams kann man noch den sutselvischen Dialekt des Rätomanischen hören, in Thusis und im südlichen Heinzenberg ist wieder Deutsch die Muttersprache, im nördlichen Heinzenberg und im Domleschg dann wieder Sutselvisch. Bei diesem sprachlichen Fleckerl- teppich hat das Rätoromanische kaum Überlebenschancen. Sutselvisch, die räto- romanische Variante mit den wenigsten Sprechern, wird fast nur noch in den Bergdörfern gesprochen. Die nachstehende Beschreibung schwimmt nicht mit dem Strom, sondern gegen ihn, geht also die erwähnten drei Stufen von unten nach oben.

158 Das Hinterrhein-Gebiet

Domleschg und Heinzenberg Ursprünglich wurden mit Domleschg die Dörfer auf dem Hügelzug östlich des Hinterrheins bezeichnet, heute zählt man auch die teilweise industrialisierte Tal- ebene dazu. Werbung macht das Domleschg mit seinen Schlössern und Burgen. So- weit es sich nicht um Ruinen handelt, sind sie allerdings sämtlich in Privatbesitz und nicht zu besichtigen. Die „Burgentour“ von Rothenbrunnen über und Pratval nach Fürstenaubruck ist insofern nur bedingt zu empfehlen. Die andere, westliche Rheinseite führt zu den Dörfern des Heinzenberg mit ihren saftigen Wiesen und dem Blick auf die Alpenkette, hinter der das einsame Safiental liegt. Im Winter zieht hier ein kleines Skigebiet Touristen an.

Rhäzuns: kunsthistorisches Juwel Sogn Gieri

Rhäzüns Rhäzünser isch gsünser – der Werbespruch des Rhäzünser Mineralwassers war jahre- lang auf den Lkw zu lesen, die ihre Fracht in die ganze Schweiz kutschierten. Der Leser stolpert über den sprachverhunzenden Reim – so funktioniert Werbung. Die Abfüllfabrik des „gsünseren“ Mineralwassers, das in Graubünden mit den ebenso gesunden Valser und Passugger Wassern konkurriert, steht 1,5 km nördlich des Orts an der Straße nach Thusis. Das für sein Wasser bekannte Dorf, an der Schwelle zum Domleschg gelegen, ist weiter nicht sehenswert. Auf einem Felsen über dem Rhein erhebt sich – von der Dorfseite her kaum sichtbar – das stattliche Schloss Rhäzüns. Es gehört der nahen Ems-Chemie (siehe Domat/Ems), deren früherer Besitzer, Christoph Blocher, heute in der Schweizer Regierung sitzt, im Schloss aber immer noch Wohnrecht genießt. Das Betreten des Geländes ist streng untersagt, die auf der Tafel angedrohten Straf- gelder sind happig.

Chur Flims i n Dash Hinterrhein-Gebiete 159 19 R 13 Domat/ Reichenau Ems a Rhein- s schlucht Laax Bonaduz iu b 3 a Feldis R Rhäzüns D o Chur- walden H m

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Splügen 159 S. Karte Ausserferrera Nufenen d 13 l 13 Hinterrhein n a e i r h w r A t e n v i n e H i r e Innerferrera s Splügenpass e h r R 2113 r h e i n San-Bernardino- Pass 2056 Campsut

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Vergebens ist man jedoch nicht nach Rhäzüns gekommen. Etwas außerhalb des Dorfs steht auf einer bewaldeten Anhöhe das Kirchlein Sogn Gieri aus dem 10. Jahrhundert, das im Inneren rundum mit Fresken ausgeschmückt ist – ein kunst- historisches Juwel. Die Fresken im Chor mit ihren kräftigen Farben, über große Teile leider vom Flügelaltar verdeckt, werden dem Waltensburger Meister (siehe Waltensburg) zugeschrieben. Die etwas fahleren Fresken der Seitenwände – ein groß- artiger Bilderbogen mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament – stammen

160 Das Hinterrhein-Gebiet von einem unbekannten Maler des 14./15. Jahrhunderts, der mangels namentlicher Identifizierung als „Rhäzünser Meister“ bezeichnet wird. Teils sind nur noch die Rötelzeichnungen erhalten. Auch die Darstellungen an der Rückwand, von der Erschaffung Evas aus einer Rippe des schlafenden Adam bis zur Vertreibung aus dem Paradies, stammen von ihm. An der Außenwand sind noch Rudimente eines Christophorus-Freskos zu sehen. Anfahrt/Öffnungszeiten Beim Bahnhof über die Bahngleise ca. 150 m dorfauswärts bis zu einem kleinen Parkplatz vor dem Schlosspark. Von dort links der Beschilderung „Sogn Gieri“ folgen, ca. 15 Minuten Fußweg, der mit einem schönen Blick aufs Schloss belohnt. Die Kirche öffnet täglich von 8 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei. •Verbindung Bahn: Gute Verbindung •Übernachten/Essen Hotel Rätus im Orts- nach Chur und Thusis. zentrum. Freundlicher Familienbetrieb mit •Bergbahnen Rhäzüns–Feldis (Gondel- preiswertem Mittagstisch. DZ 112 CHF, EZ bahn). Stündliche Abfahrt. Unterwegs mit 65 CHF, Frühstück inklusive. Restaurant Mi spektakulärer Aussicht auf das Schloss ganztägig und Do bis 17 Uhr geschlossen. Rhäzuns. Vom Dörfchen Feldis aus (1470 m) Via della Staziun 2, 7403 Rhäzüns, ¢ 081- gibt es zahlreiche Wandermöglichkeiten. 6411133, § 081-6411115, [email protected], www.hotelraetus.ch. Cazis Das Dorf hat mit seinem Kloster der Dominikanerinnen, das unscheinbar oberhalb Die der Durchgangsstraße steht, vor allem für Historiker Bedeutung. Schon um das Schlösser- Jahr 700 stand hier ein erstes Frauenkloster. Später wurde es von Augustinerinnen und übernommen und besaß große Ländereien am Heinzenberg und im Safiental. Im Burgenro Zuge der Reformation wurde das Kloster aufgehoben und Mitte des 17. Jahrhun- ute derts von Dominikanerinnen neu gegründet. 1955 eröffneten die Schwestern eine Haushaltsschule mit Internat für Mädchen, die 1998 – die Zeiten hatten sich geän- dert – in die Schule St. Catharina mündete, die Mädchen im 10. Schuljahr auf Be- rufe im medizinischen, gestalterischen und gastronomischen Bereich vorbereitet. Daneben sind die Dominikanerinnen vor allem im Alters- und Pflegeheim tätig, das dem Kloster angegliedert ist. Für den Durchreisenden ist das Kloster ohne jedes Interesse. Geradezu spektakulär hingegen ist die evangelische Steinkirche am unteren Dorf- rand. Erst glaubt man kaum, dass es sich um einen sakralen Bau handelt: Drei große, aneinander gepresste Beton-Eier, denen die offenen Ei-Mäuler mit Stahlver- strebungen zugenäht sind, stehen auf der Wiese, zwei Gruppen von Metallfiguren gesellen sich dazu. Die Betonwand mit Loch für die Glocke ist ein Provisorium – für den vorgesehenen, frei stehenden Campanile fehlt noch das Geld. Eine Passe- relle aus Holz und Glas verbindet Pfarrhaus und Kirche. Auch im Innern überrascht die hypermoderne Kirche; versenkbare Wände erlauben es, die drei Räume voneinander abzutrennen. Es gibt kein Vorne und Hinten mehr, aber viel Helligkeit. Das Licht ist wichtiger als die Ausstattung. Letztere beschränkt sich neben leichten, schwarzen Stühlen und einem Flügel auf ein dreieckiges Glastischchen; darauf liegt neben einer Blume die aufgeschlagene Bibel – und ein Gästebuch. Auf seiner Inter- netseite verrät Werner Schmidt aus Trun, der Architekt dieser einzigartigen Kir- che, auf was es ihm ankommt: „Architektur muss Sinnlichkeit und Lebensfreude vermitteln.“ In Cazis ist ihm das gelungen. Öffnungszeiten April bis September 9–18 Uhr, Oktober bis März 9–17 Uhr. Eintritt frei. •Verbindung Bahn: Gute Verbindung •Übernachten/Essen Hotel Reich, im nach Chur und Thusis. Ortsteil Summaprada. DZ mit Dusche/WC

Die Schlösser- und Burgenroute 161

128 CHF, Frühstück inklusive. Im Restaurant schen Kegelbahnen. 7421 Summaprada, klassische Küche und Pizza. Größte Attrak- ¢ 081-6500101, § 081-6500123, info@hotel-reich. tion des Hauses sind die 6 vollautomati- ch, www.hotel-reich.ch.

Munté – Artenvielfalt am korrigierten Rhein Kein Schild weist auf das Naturreservat Munté hin, das in der Nähe der Psy- chiatrischen Klinik Beverin zwischen Cazis und der Industriesiedlung Realta entstanden ist. Nach der Rheinkorrektur im 19. Jahrhundert wurden die ehemaligen Auen durch sog. Aufschlämmung fruchtbar gemacht; dazu lei- tete man das mit Schieferschlamm durchsetzte Wasser der nahen Nolla in eingedämmte Felder, Mais und Spargel gedeihen hier auch heute noch prächtig. Erst in den 1950er Jahren wurde man sich bewusst, dass das Nutz- barmachen der Natur für den Menschen auch Schattenseiten hat: die Bedro- hung der Artenvielfalt von Flora und Fauna. In einer konzertierten Aktion, an der neben den kantonalen Stellen vor allem der Jägerverein Außerheinzenberg, aber auch ein Bataillon von Luftschutz- soldaten der Schweizer Armee beteiligt war, wurden unter anderem drei Weiher geschaffen, deren Grund mit Material aus dem nahen Kieswerk Unterrealta abgedichtet wurde. Im Frühjahr 1989 erklärte die Bündner Re- gierung das ehemalige Wasserflugwildreservat Munté zur kantonalen Natur- schutzzone. a Hinterrhein-Gebiet Das Auf einer Fläche von 12 Hektar zählt man heute 303 Pflanzenarten, 29 Libel- len- und 46 Schmetterlingsarten, vier Reptilien- und drei Amphibienarten, 163 Vogelarten, 12 Kleinsäuger- und fünf mittlere und größere Wildtierar- ten. Für die Pflege des Reservats engagieren sich neben dem Jägerverein auch Schulklassen und Patienten der benachbarten Psychiatrischen Klinik. Rundgang Ein Spaziergang im Reservat Munté ist nur auf dem offiziellen Wan- derweg am Rhein entlang gestattet, den man vom Bahnhof -Realta aus di-

rekt über einen Wald- und Wiesenweg erreicht. Interessierte, die sich intensiver 159 S. Karte mit dem Reservat befassen wollen, können unter ¢ 078-6264655 (Toni Pfiffner) eine Ausnahmegenehmigung zur „totalen“ Begehung beantragen.

Die Schlösser- und Burgenroute Kaum irgendwo in Graubünden findet man eine solche Dichte von Schlössern und Burgen wie im Domleschg. Sie sind schön anzuschauen, noch schöner ist es natür- lich, darin zu wohnen. Sind sie einmal bewohnt, sind sie in der Regel nicht mehr zu besichtigen, und dies ist im Domleschg der Fall. Deshalb ist die Route durch die über der Talebene gelegenen Dörfer nur bedingt zu empfehlen. Mountainbiker werden die wenig befahrenen Straßen und Wege schätzen. Auf der Höhe von Rothenbrunnen führt eine Straße auf die rechte Rheinseite hin- über nach Paspels. Auf dem Weg dahin liegt unterhalb des Dorfs Tumegl/ auf einem zur Rheinseite hin schroff abfallenden Hügel das Schloss Ortenstein, die schönste aller Burganlagen des Domleschg. Die exponierte Lage des Schlosses – vergleichbar mit der von Schloss Tarasp im Unterengadin – erfasst man besser von der linken Rheinseite her. In Paspels steht das Schloss Sins (auch Schloss Paspels genannt). Im Vorgängerbau wurde 1570 Pompejus von Planta geboren, der 1621 im benachbarten Schloss Riet- berg ein böses Ende fand (siehe unten/Rodels). Das heutige Schloss datiert von

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1695 und dient seit der kürzlichen sanften Innenrenovierung als Seminar- und Tagungshotel – eine „Oase für Querdenker“, wie die Besitzerin sagt. Oberhalb des Schlosses ragt die Ruine Alt Sins aus dem Wald, die seit der so genannten Schamser- fehde, einem Aufstand der Talleute gegen die Herren von Werdenberg-Sar- gans, dem Zerfall preisgegeben ist. An Obst- und Maisplantagen vorbei führt die Straße nach Rodels, wo auf der anderen Seite des Bachs das Schloss Rietberg steht. In seinen Mauern er- schlugen 1621 der bündnerische Frei- heitsheld Jörg Jenatsch und seine Ge- treuen Pompejus von Planta, den Füh- rer der Katholiken – angeblich mit einer Axt (siehe Kapitel Geschichte). Die Fledermauskolonie im obersten Turm- geschoss kann sich an die Einzelheiten nicht mehr erinnern. Einfacher ist der historische Ort von Pratval her zu er- reichen – doch auch dieses Schloss ist in Privatbesitz und nicht zu besichtigen. Der nächste Ort ist Fürstenau, wo das Schloss Schauenstein seine Tore offen hält. Der 2004 renovierte Bau aus dem 17. Jahrhundert mit dem Barockgarten dahinter ist heute ein Hotel. Das Res- taurant galt unter Gourmets lange als Geheimtipp – bis die größte Schweizer Tageszeitung eine Reportage schrieb. In Fürstenaubruck erreicht man das Tal wieder. Mitten im Ort ist ein Haus mit biblischen Szenen bebildert, die in alt- Wiederkäuen vor Schloss Ortenstein deutscher Schrift untertitelt sind. Das et- was eigenartige Werk, das an naive Volks- kunst erinnert, ist neueren Datums. Heinzenberg Auf der historisch-politischen Landkarte wird mit Heinzenberg die linke Talseite des Rheins zwischen Thusis bis zur Talenge von Rothenbrunnen bezeichnet, die Ortschaften Thusis und Cazis inbegriffen. Im allgemeinen Sprachgebrauch sind mit Heinzenberg die Dörfer gemeint, die westlich über dem Rheintal verstreut liegen. Hinter diesem halben Dutzend Ortschaften und ihren saftigen Wiesen erhebt sich eine Bergkette, die das Rheintal vom Safiental trennt. Im Winter freuen sich die Orte Tschappina und Sarn über den wachsenden Skitourismus, im Sommer stram- peln Mountainbiker über die Hügel und genießen die Aussicht über die Rheinebene und die Dörfer des Domleschg. Zahlreiche Wanderwege verbinden die Heinzen- berg-Dörfer untereinander. Anspruchsvoller sind die Routen von Obertschappina aus über den Bischolpass oder den weniger hohen Glaspass ins Safiental.

Thusis 163

Thusis Die Geschichte des Orts am unteren Ausgang der wilden Viamala-Schlucht ist eng Thusis mit dem Warentransport über die Alpen verknüpft. Schon die Römer benutzten den Splügenpass, der bis ins Mittelalter die Haupthandelsroute nach Süden mar- kierte. Säumer und Maulesel trugen die Ware nach Splügen hoch und mussten da- bei wegen der unzugänglichen Viamala-Schlucht große Umwege in Kauf nehmen. Wegen der zunehmenden Konkurrenz anderer Alpenübergänge, u. a. des Gotthard- passes, wurde 1473 ein von Karren befahrbarer Weg durch die Viamala geschlagen, der die Transportzeit erheblich verkürzte. Thusis, am Fuß der gefährlichen Via- mala, war einer Zoll- und Umschlagplatz, zumal über Splügen auch der spätere Saumpfad der San-Bernardino-Route verlief. Mit dem Bau der Viamala-Brücken im 18. Jahrhundert und einer neuen Straße festigte Thusis seine wirtschaftlich-strate- gische Position. Das ging gut bis zur Eröffnung der Gotthardbahn 1882, die das Ende des mühseligen Warentransports per Maultier- und Pferdewagen und des Menschentransports per Kutsche einläutete. Mit dem ersten Straßentunnel durch die Schweizer Alpen, dem 1967 eröffneten San-Bernardino-Tunnel, verzeichnete Thusis dann einen gewaltigen Durchgangsverkehr, demnach 1980 allerdings der neue Gotthard-Straßentunnel den Rang ablief. Seit einigen Jahren nehmen viele Fernfahrer und Urlauber aus Deutschland den Umweg über San-Bernardino-Route gern in Kauf, wenn sie im Radio von den Staus am Gotthard hören. Thusis a Hinterrhein-Gebiet Das bekommt von all dem wenig mit, der Ort bleibt seit 1996 von der Blechlawine durch eine Umfahrung verschont. Heute ist Thusis in erster Linie ein regionales Zentrum Mittelbündens, die Haupt- straße mit ihren Geschäften und aneinander gebauten Häusern zeigt kleinstädti- schen Charakter. Mehr Durchgangs- als Ferienort, taugt Thusis aber durchaus als Basis für Unternehmungen, zumal es über einen empfehlenswerten Campingplatz verfügt, hinter dem sich obendrein ein wunderschönes Schwimmbad befindet. Das at .159 S. Karte Kino Rätia sorgt dafür, dass auch der Abend gerettet ist: Neben einem anspruchs- vollen Filmprogramm präsentiert es Kleinkunst- und Musikveranstaltungen sowie spezielle Kinderprogramme. Eine ganz andere Art von Kunst findet man am Bahn- hof. Dort hat der Bündner Robert Indermaur drei passende Bronzefiguren ins- talliert: Ein Mann eilt zur Unterführung, um den Zug nicht zu verpassen, ein anderer winkt zum Abschied dem fahrenden Zug nach, während auf dem Bahn- steig eine Frau seit 1995 auf den Zug wartet.

Via Spluga: Auf dem zweitausend Jahre alten Säumerweg von Thusis durch die Viamala zum Splügenpass hoch und hinunter ins italienische Chiavenna – der beliebte Weitwanderweg von 65 km Länge ist in vier Tagesetappen zu schaffen. Aufstieg ca. 1400 m, Abstieg ca. 1800 m. Informationen und die spezielle Wander- karte „Via Spluga“ (1:40.000) beim Verkehrsverein Thusis (siehe „Information“).

•Postleitzahl 7430 •Verbindung Bahn: Gute Verbindung •Information Verkehrsverein Thusis-Ca- nach Chur und St. Moritz. zis-Heinzenberg, Neudorfstraße 49 (Haupt- Postauto: Verbindungen ins Domleschg straße). Mo–Fr 8.30–12 und 13.30–18 Uhr, Sa und zu den Dörfern des Heinzenberg; ca. 9–12 Uhr. Material über die gesamte Umge- alle 2 Stunden durch den San-Bernardino- bung, auch Wandervorschläge. ¢ 081- Tunnel nach Bellinzona; zweimal täglich 6511134, § 081-6512563, [email protected], über den Splügenpass nach Chiavenna (Ita- www.thusis-viamala.ch lien).

164 Das Hinterrhein-Gebiet

•Autoverlad Thusis–Samedan. Im Prinzip (nur für Nichtraucher). Das Restaurant ser- ist der Julierpass ganzjährig befahrbar, im viert Menus aus der internationalen oder re- Winter mit Schneeketten. Wer die Mühe gionalen Küche im rustikalen Arvenstübli scheut, zahlt 130 CH (Sa/So 145 CHF) für den oder im verglasten Dachwintergarten. Neu- Pkw und 24 CHF pro Person und kommt dorfstraße 50, ¢ 081-6500850, § 081-6500855, mit geschonten Nerven in Samedan (Enga- [email protected], www.weisskreuz.ch. din) an. Auskunft unter ¢ 081-2884716. *** Viamala Hotel Gemsli, an der Haupt- •Parken Grundsätzlich gebührenpflichtig. straße; hat seit der Renovierung der Zim- Billige Langzeitparkplätze findet man unter mer 2004 das obige Hotel preislich leicht halb der Migros (beim Kreisel im Süden überholt. DZ 100–120 CHF, EZ 60–75 CHF, des Orts) und im südlichen Teil des Bahn- Frühstück inklusive. Das Restaurant serviert hofareals. auch Pizza. Neudorfstraße 70, ¢ 081-6500808, •Internet Regionalbibliothek, Neudorfstraße § 081-6500807, [email protected], www. 76 (Hauptstraße). Di 16–18 Uhr, Mi 14–17 Uhr, viamalahotel.ch. Fr 10–11 und 16–18 Uhr, Sa 9.30–11.30 Uhr. TCS-Camping Viamala, östlich des Orts, •Schwimmbad Waldschwimmbad. nur durch ein Sträßchen vom Rhein ge- Traumhafte Lage in einem Wäldchen, 400 trennt. Sehr schönes Gelände mit 70 Stellplät- m nördlich des Campingplatzes. Geöffnet zen im Nadelwald oder auf der Wiese. Ge- Mitte Mai bis September 10–19 Uhr (in der pflegte Sanitäreinrichtungen, Waschmaschi- Hauptsaison bis 20 Uhr). ne, Stromanschlüsse für Wohnwagen. Ein- •Übernachten/Camping/Essen *** Hotel kaufsladen. Kleines Lokal mit großer Außen- Weiss Kreuz, an der Hauptstraße. DZ betischung (Bratwurst, Burger und Salate). 100 CHF, EZ 50 CHF (für Raucher und Nicht- 5 Min. zu Fuß zum Waldschwimmbad (das raucher), Frühstück inklusive; teurer sind man als Camper zum reduzierten Tarif für die etwas größeren Zimmer mit Modem- Einheimische nutzen kann). Geöffnet Mai bis Anschluss in der Standard-Plus-Kategorie September. ¢ 081-6511161, § 081-6511186, Viamala Jahrhundertelang war sie der Albtraum der Reisenden, und so kam sie wohl zu ih- Wanderun rem Namen: „schlechter Weg“. Bis zu 300 Meter tief hat sich der Hinterrhein in der g 12 Viamala in den Schiefer eingefressen, das Gefälle beträgt 33% auf einer Strecke von sechs Kilometern. Man muss in die Schlucht hinuntersteigen, sich die heutige Schnellstraße mit ihren fünf Tunnels wegdenken, auch die Kantonsstraße mit drei Tunnels und auch die angelegten Wanderwege, um den Schrecken erfassen zu kön- nen, den die Natur für den Reisenden hier bereithielt. Am besten stellt man sich gleich noch ein heftiges Gewitter dazu vor. Einen ersten Weg an der linken Flussseite schlugen die Säumer von Thusis 1473, um sich Umwege im gebirgigen Hinterland zu ersparen. 1738/39 wurden dann an der engsten Strecke zwei Steinbrücken geschlagen, zwischen denen später die Kan- tonsstraße rechtsseitig des Flusses verlaufen konnte. Mit Beginn des 20. Jahrhun- derts hatte die Viamala schon so viel von ihrem einstigen Schrecken verloren, dass man sich daran machte, dem Mythos ein Denkmal zu setzen, das obendrein dem allmählich beginnenden Tourismus Rechnung trug. Auf Initiative des Verkehrsver- eins Thusis wurden an der spektakulärsten Stelle 371 Treppenstufen in die Schlucht hinunter geschlagen und eine 200 Meter lange Galerie gebaut – in siche- rer Distanz zum tobenden Wasser. Seither können sich die Besucher hautnah dem gewaltigen Naturschauspiel aussetzen, ohne das geringste Risiko einzugehen. Ganz nebenbei hat der Rhein hier auf der Suche nach dem besten Weg in jahrtausende- langer Arbeit ein paar „Strudeltöpfe“ hingezaubert. Die kreisrund ausgewaschenen Gesteinsformen entstehen durch den unablässigen Wirbel des Flusses in gleicher Richtung.

Wanderung 12 165

•Öffnungszeiten April und November 9–18 Fahrt talabwärts um 17.10 Uhr. Uhr, Mai bis Oktober 8–19 Uhr. Eintritt 5 CHF. Schöner ist es, den Besuch der Schlucht •Anfahrt Postauto: Bequem erreichbar mit einer Wanderung durch die Viamala zu von Thusis oder von Splügen. Haltestelle verbinden. Zahlreiche Möglichkeiten, eine direkt am Eingang zur Schlucht. Letzte von ihnen ist unsere „Wanderung 12“. Wanderung 12 – Durch die Viamala Zillis – Viamala – Carschenna – Burg Hohenrätien – Thusis Schluchtwanderung mit anschließendem Auf- und Abstieg Dauer: 5 Std. 30 Min. Die Wanderung kann auch in Etappen gegangen werden: Zil- lis–Viamala-Schlucht (ca. 1 Std. 30 Min.), Viamala-Schlucht–Thusis (ca. 4 Std., ohne den Abstecher nach Carschenna ca. 2 Std. 45 Min.) Höhenunterschied: ↓ 150 m ↑ 300 m ↓ 400 m Karten: Landeskarte der Schweiz, 1:50.000, Hg. Bundesamt für Landestopogra- phie, Wabern. Blatt 257 (Safiental). Alternativ: Wanderkarte 1:60.000, Kümmerly & Frey, Blatt 812 (Hinterrheintäler). Anfahrt: Mit dem Postauto von Thusis oder Splügen bis Zillis. Ausgangspunkt ist die Postauto-Halte- Bronzini, Gartmann und wurde 1999 stelle in Zillis (1). Ein leichter Anstieg eingeweiht. Wanderer finden hier ein von einer Viertelstunde auf einem ideales Rastplätzchen. Anschließend Asphaltsträßchen bis Reischen (2) ist gelangt man durch den Wald hoch zur a Hinterrhein-Gebiet Das nicht zu vermeiden. Dort erreicht man Kantonsstraße, wo ein meist geschlos- die „Via Spluga“, den alten Säumerpfad, der auf einer Holzbrücke den Reischen- Sils bach (Ual da Reischen) überquert und Thusis 9 zu einer Weggabelung führt. Man bleibt 12 10 auf der Via Spluga und folgt dem links Hohenrätien ausgeschilderten Weg zur Viamala- 11 8 Schlucht. Bald befindet man sich im 159 S. Karte Wald und s tößt bei Davos-Salegn (3) 7 Aclasuratobel erneut auf eine Gabelung. Geradeaus ist Höhenstufen der Weg gesperrt, das Verbot respektie- 1400 - 1600 1200 - 1400 rend, entscheidet sich der Wanderer für 1000 - 1200 6 den links vorgeschlagenen Abstieg zur 800 - 1000 Traversinertobel Schlucht. Nach einer guten Viertel- bis 800 stunde wird die Schnellstraße unter- 5 quert, gleich darauf zweigt man auf der Via Spluga rechts ab. Der wunder- Punt da 4 Suransuns schöne Waldweg führt hier am Rhein entlang, Steine und Sandbänke laden Lohn zum Verweilen ein. Dann wird ein zwei- 3 Davos- tes Mal die Schnellstraße unterquert, Salegn die auf einer Brücke die Schlucht über- Reisch spannt, und man steht vor dem Punt da 2 enbach Suransuns (4), der bescheideneren Reischen Brücke für den Wanderer. Die elegante, 1 Start leicht federnde Konstruktion aus Be- Zillis tonplatten und Stahlseilen stammt vom Churer Architektenbüro Conzett, Wanderung 12 1 km

166 Das Hinterrhein-Gebiet senes kleines „Museum“ eine Doku- aber nicht schönsten Weg nach Thusis mentation über die Geschichte der Via- zu wandern. Besser, man lässt dieses mala zeigt. Von hier sind es nur noch links liegen und geht auf dem Waldweg ein paar Schritte über die nur mäßig noch ein Stück weiter, bis an einer Ga- befahrene Brücke, und man steht am belung rechts ein Weg zur Brücke über Eingang zur Viamala-Schlucht (5). Der das Traversinertobel (6) ansteigt. Abstieg über die 371 Treppenstufen Die 1999 von einem Felssturz zerstörte ist unbedingt empfehlenswert (siehe Brücke wurde 2005 durch eine Hänge- Viamala). brücke ersetzt, die wie ihre Vorgängerin Knapp nördlich des Eingangs zur Via- von Jürg Conzett entworfen wurde. mala-Schlucht ist die Via Spluga wieder Graubündens gefragter Brückenbauer maßgebend: rechts. Bald folgt links eine hat sich hier für einen leicht ansteigen- Abzweigung – Sackgasse, die bei einem den Treppensteg mit 176 Stufen aus kleinen Picknickplatz endet. Wenig spä- Lärchenholz entschieden. Seitlich sind ter bietet ein Brücklein über den Rhein auf der ganzen Länge zehn Brettschicht- die Gelegenheit, auf dem schnellsten, holzträger befestigt, die der Lastver- teilung dienen und so dazu beitragen, die Schwingungen zu reduzieren. Von der Brücke aus wandert man knapp eine halbe Stunde durch einen wunder- baren Tannenwald bis zur Querung des Aclasuratobels (7) – steil stürzt sich hier der Bach vom Felsen herunter. An einem Maiensäß (siehe Wissenswertes A–Z) vorbei, gelangt man darauf zu einer großen Weggabelung (8), von der sich ein Abstecher zu den Felszeich- nungen von Carschenna anbietet. Der gut ausgeschilderte Weg dorthin führt rechts hoch, erst über eine größere Alp und dann in den Wald hinein. Dort findet man sich bald gänzlich unver- mittelt auf einem Aussichtspunkt (9), dankenswerterweise mit einem Ruhe- bänkchen ausgestattet, der eine atem- beraubende Sicht auf Thusis und das dahinter liegende Rheintal freigibt. Von hier sind es nur noch 200 Meter bis zu den berühmten Felszeichnungen von Carschenna (10), auch wenn diese nicht leicht zu finden sind und kein Wegwei- ser hilft. Man muss schon etwas suchen, bis man die erste verwitterte Felsplatte ent- deckt, auf der mehrere rätselhafte kon- zentrische Kreise zu sehen sind. Insge- Conzetts zweite Hängebrücke samt wurden auf einer rund 300 Meter über dasTraversinertobel langen Strecke längs des Felsabhangs elf

Zillis 167 gravierte Felsplatten gefunden. Man zählt übrigens ein berühmtes Gemälde weiß recht wenig über sie und datiert im Bündner Kunstmuseum (siehe Chur, sie im Allgemeinen in die Zeit 3000– Sehenswertes): Er stürzte sich samt sei- 1800 v. Chr., also ins Neolithikum bzw. nem Ross in den Abgrund und ward in die frühe Bronzezeit. Einige Interpre- nicht mehr gesehen. 1997 entdeckten ten deuten die konzentrischen Kreise Archäologen bei Grabungen spätbronze- als Teil eines prähistorischen Kalendari- zeitliche und römische Spuren. Zwei ums, andere sehen in ihnen ein Indiz Jahre später stieß man auf die bis zu für eine Kultstätte, die strenge Wissen- zwei Meter hohen Mauern einer schaft ist ratlos. Der Hinweis, dass das- frühchristlichen Basilika sowie auf ein selbe vorgeschichtliche Kreisdekor auch Baptisterium. Ob die Fundstellen wie- in Spanien und Schottland gefunden der zugeschüttet oder mit einem Dach wurde, hilft nicht weiter. Dort ist man geschützt werden, war 2005 noch nicht auch nicht klüger geworden. entschieden. Aus der Epoche des Mit- telalters stammen die noch gut erhalte- Man könnte versucht sein, den auf der Zillis Karte eingezeichneten Pfad ausfindig nen Gebäude von Hohenrätien. Wie zu machen, der knapp unterhalb von auch die restaurierte Kirche St. Johann Carschenna zur Burg Ehrenfels bei Sils können sie nur bei Anwesenheit der führt. Doch ist das felsige Gelände hier Burgbewohner besichtigt werden. ziemlich unwegsam und obendrein Die letzte Etappe, vom Eingang zum

nicht ganz ungefährlich. Besser ist es, Burggelände bis nach Thusis, dauert Hinterrhein-Gebiet Das zur Weggabelung (8) zurück und von eine knappe halbe Stunde. Der gut aus- dort auf dem breiten Weg zur Burg- geschilderte Weg führt steil den Wald ruine Hohenrätien zu gehen. Am Fuß hinunter zur Straße. Ein verwirrender des Burghügels (11) ist ein Drehkreuz Knoten aus Brücken, Straßen, einer Ei- installiert, der Besuch ist kostenpflich- senbahnlinie und zwei Flussläufen mar- tig (4 CHF). kiert den Ausgang der Viamala-

Die Burganlage Hohenrätien ist ein ehe- Schlucht. Rechts führt die Straße nach 159 S. Karte maliges Kirchenkastell, das – so versi- Sils, links erreicht man nach 200 Me- chert die Information am Eingang – seit tern den großen Kreisel (12) am südli- 1480 in Privatbesitz ist. Wie der letzte chen Ortsrand von Thusis. Ritter von Hohenrätien geendet hat, er- Schams (Val Schons) In der Talweitung des Schams, zwischen der Viamala und der weniger bekannten Rofla-Schlucht, liegen als wichtigste Dörfer Zillis und Andeer. Seltener werden Casti-Wergenstein, Mathon und Lohn am Westhang des Rheins, am Schamserberg, aufgesucht. Jedes dieser Dörfchen zählt rund 50 Einwohner und bildet eine eigene politische Gemeinde. Im Gegensatz zu den Dörfern im Talboden ist am Berg die sprachliche Germanisierung noch wenig fortgeschritten; unter sich reden die Einheimischen Romanisch in der sutselvischen Variante. Zillis Die große Sehenswürdigkeit von Zillis ist die Kirche St. Martin, auf halbem Weg zwischen Ortszentrum und Rhein. Deren bemalte Holzdecke ist so berühmt, dass St. Martin seit 2005 eintrittspflichtig ist, was für ein Gotteshaus zumindest in der Schweiz ein Novum darstellt. Die Kirchgemeinde begründet dies mit jährlich rund 30.000 Franken Unterhaltskosten für das Kunstwerk und tröstet aufgebrachte