Folge 32 Vom 11.08.1984
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Heute auf Seite 3: Mit- oder Gegeneinander ®£w Öfiprtujjmblittt UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNC FÜR DEUTSCHLAND Jahrgang 35 — Folge 32 I r«helnt v.r., h.-ndu h 11. August 1984 I dnd%mdnnM hall Ostpreußen e. V. PoMvertrletmtuck.Obuhr beidhlt P«rkallee 84/86. 2000 Mamburg 13 C5524C Deutsche Neutralität: Die Geheimakte 6993 Deutschlandpolitische Spekulationen vor fast 30 Jahren Je mehr Zeit vergeht und je mehr Archive Rechte unterstützt haben, hat sich der Glaube zugänglich werden, desto mehr vermag man verbreitet, daßdie Sozialisten als stärkste Par• Einblick ZU nehmen in die Auffassung alliierter tei in einem wiedervereinigten Deutschland Staatsmänner, die sich nach dem Sieg über hervorgehen würden. Deutschland mit der Zukunft des geschlage• Aber die Erfahrungen der Ostzonenbevöl- nen und geteilten Landes beschäftigten. Es sei kerung v. ährend der letzten zehn Jahre könn• hier keineswegs nur an die umstrittene Stalin- te das überlieferte Muster gestört und die poll• Note an die Alliierten vom Jahre 1952 erin• tische Bedeutung der konfessionellen und so• nert, die nach Auffassung westlicher Beob• zial-wirtschaftlichen Unterschiede verringert achter ein Köder war, mittels dessen die Bun• haben. Die Erfahrung mit einem Regime, das desrepublik in einen Zustand der Neutralität sich stark auf marxistische Symbole stützt, der gebracht werden sollte, der letztlich auf eine Widerwille gegen die Planwirtschaft und die sowjetische Hegemonie über ganz Deutsch• Unterdrückung der Arbeiter unter der Herr• land hinauslief und vor allem eine Westbin• schaft der Einheitspartei könnten antimarxi• dung verhindern sollte. stische Tendenzen unter Teilen der ostdeut• Erinnern wir uns daran, daß im Juli schen Arbeiterschaft geweckt haben, die 1955 die Staatsmänner des Westens, Eisen- sogar zu Wahl- und Stimmverlusten einer ge• hower, Bulganin, Eden und Faure in Genf zu• mäßigten SPD führen könnten." sammenkamen, um die Probleme und Politik eines wiedervereinigten Deutschlands zu be• Auch eine Aufstellung eigener deutscher Streitkräfte zur Gewährleistung der öffentli• Zur Konferenz der „Großen Vier", die im Juli 1955 in Genf stattfand, hatten amerika• sprechen. Aus dieser Zeit ist nun ein Geheim• chen Ruhe und Ordnung im Staate alsauch als nische Experten eine Studie zusammengestellt, die jetzt unter der Bezeichnung „Ge• bericht der US-Regierung vom 12. Juli 1955 Beitrag zur äußeren Sicherheit des Landes war heimakte 6993" freigegeben wurde. Unser Foto zeigt (v. 1. n. r.) den sowjetischen Mini• bekannt geworden, der die Bezeichnung „Intel• geplant, wobei die Amerikaner daran dachten, sterpräsidenten Bulganin, Präsident Eisenhower (USA), Frankreichs Ministerpräsi• ligent e Report No. 6993" trägt. Nach diesem daß letztendlich eine .Verbesserung der stra• Bericht hat es 1955 Überlegungen gegeben, denten Faure und Premierminister Eden (Großbritanien) in aufgeräumter Stimmung tegischen Position des Westens" Zustande• unter bestimmten Voraussetzungen einer während einer Konferenzpause Fpip Ullstein kommen würde. deutschen Wiedervereinigung zuzustimmen. Das also war vor nunmehr fast 30 Jahren ein \\ örtlich: „Jedes Abkommen, welches die diplomatisch sorgsam gehütetes Geheimnis. drei westlichen Großmächte mit der Sowjet• Deutsche Einheit: Bühnenreif ist es in der Zwischenzeit nicht ge• union zur Wiederherstellung eines vereinig• worden. Obwohl die Zeit über die Geheimakte ten, neutralen Deutschlands erreichen könn• 6993 hinweggegangen ist, steht die deutsche te, würde zumindest eine De-facto-Anerken• Frage weiter offen im Raum. Die Westmächte nung der Oder-Neiße-Grenze seitens einer Ein Brief von hohem politischen Wert aber haben sich verpflichtet, zur Wiederver• gesamtdeutschen Regierung erfordern." einigung unseres Volkes in Frieden und Frei• H. W. — In die Zeit der von der Sowjetpres• .Verringerung der Rüstungskosten zugunsten „Die deutsche Regierung würde einige eh• heit beizutragen. Frieden, Freiheit und Selbst• se entfesselten .Revanchismus-Kampagne" der Hilfe für die dritte Welt" — ein sicherlich renrettende Auslegungen eines solchen Ab• bestimmungsrecht sind und bleiben die Pfei• fällt ein Besuch, den eine Parlamentariergrup• lobenswertes Thema, gerade in Moskau, der kommens, die ihr Gesicht wahren sollen, ent• ler, auf denen die Erwartungen aller Deut- pe der SPD Moskau abstattete. Es handelte politischen Zentrale der militärischen Aufrü• wickeln, um dem eigenen Volk zu erklären, s( nen ruhen. Nico von Lind sich hierbei um Mitglieder der Arbeitsgruppe stung der Sowjetunion. Man mag einmal die daß diese Grenze gewissermaßen nur provi• Vergleichszahlen darüber heranziehen, was sorisch und die Möglichkeit einer Revision vom Westen und was vom Osten für eben noch offen Ist. Jedoch wüßte jede deutsche Griff in die Geschichte: diese Dritte Welt, zur Bekämpfung von Hun• Regierung, die eine Neutralisierung als Preis ger und Elend, getan wird. für die Wiedervereinigung akzeptierte, daß Doch hiervon soll heute nicht gesprochen sie die zweitbeste Karte gegen den Osten be• werden, sondern vielmehr darüber, daß der reits ausgespielt hat." 55 Der Hammer" wurde rehabilitiert SPD-Bundestagsäbgeordnete und Abrü• Interessant ist, daß die amerikanischen stungsexperte Egon Bahr, der dieser Gruppe Deutschlandspezialisten ein etwaiges Abdrif• Molotow wurde mit 94 Jahren wieder in die KPdSU aufgenommen angehörte, in seinem Gespräch mit deutschen ten nach dem Osten aus dem Grunde für wenig Der jungen Generation sagt sein Name Wohlverhalten der Sowjetunion sollte durch Journalisten in Moskau auch die Revanchis• wahrscheinlich hielten, weil sie die Deutschen kaum noch etwas. Bei historischen Betrach• das Desinteresse des Reiches an der Finnmark mus-Kampagne angeschnitten und erklärt davon überzeugt glaubten, bei einer Verbin• tungen, die sich auf die Zeit vor dem Zweiten und dem Ostseeraum sowie in Südosteuropa hat, für ihn sei die Angelegenheit erledigt, dung mit der Sowjetunion die politische Un• Weltkrieg beziehen, tritt er auf. Wjatesches- honoriert werden. Diese Erwartungen haben .wenn die Sowjetunion den Brief der deut• abhängigkeit nicht behalten zu können. Die law Molotow, geboren unter dem Namen sich nicht erfüllt. schen Einheit nicht unter das Thema Revan• Verfasser des Geheimberichtes empfahlen Skrjabin, ein Altbolschewik der ersten Stunde, Der Tod Stalins brachte Molotow zwar seine chismus" stelle. Eine Fortsetzung dieser Kam• Eisenhower unter vorgenannten Aspekten der schon 1921 Generalsekretär der Kommu• Frau Polina zurück, man ließ ihn noch zwei pagne allerdings würde politische Konse• einer Lösung der deutschen Frage zuzustim• nistischen Partei der Sowjetunion war und der Jahre als Außenminister amtieren, ansonsten quenzen haben, die „auch für die SPD bedeut• men. zu den engsten Vertrauten Stalins gehörte. Sein aber war er nicht mehr gefragt und in den sam sind". Die kühlen Rechner in Washington trauten Name hatte während der Säuberungen in der .wohlverdienten" Ruhestand geschickt. In Die Auslassungen Bahrssind insofern inter• der kommunistischen Partei im Falle gesamt• Sowjetunion besondere Bedeutung, als Mini• Moskau, wo der Pensionär seinen Lebens• essant, als er seinerzeit die Verhandlungen deutscher Wahlen einen Stimmenanteil .von sterpräsident, eine Position, in die er 1930 beru• abend verbringt, kam er erst jetzt wieder in zum Moskauer Vertrag führte, als Gromykos möglicherweise fünf bissieben Prozent" zu. Ob fen worden war, zeichnete er mit Stalin die Er• Erinnerung, als aus Anlaß seines 94. Geburts• Vorschläge als „Bahr-Papier" in Rede standen im übrigen die Unionsparteien oder die So• schießungslisten ab. Er hielt Stalin die Treue, tages der neue sowjetische Staats- und Partei• und heftiger Kritik unterzogen wurden. zialdemokraten als Sieger hervorgehen wür• als selbst seine Ehefrau Polina 1962 als Mini• chef Tschernenko dem Altkommunisten tele• Um so mehr verdienen seine Ausführungen den, bewerteten die Washingtoner Experten sterin für das- Fischereiwesen abgesetzt und fonisch gratulierte und ihm vor allem mitteilte, vor den zitierten Journalisten festgehalten zu mit folgender Lagebeurteilung: verbannt wurde. er sei wieder in die Partei aufgenommen wor• werden; etwa die Bemerkung, er habe seine .In Anbetracht dessen, daß die achtzehn Innerhalb der deutsch-sowjetischen Bezie• den. derzeitigen Gesprächspartner, dem Politbü• Millionen Deutschen in der Sowjetzone und in hungen ist Molotow im August 1939 in Er• Fragt man sich, wie Molotow zu dieser Ehre rokandidat und ZK-Sekretär Boris Ponomar- Ost-Berlin überwiegend Protestanten sind scheinung getreten, als er im Kreml in Anwe• kommt, so stößt man auf seinen damaligen jow und Wadim Sagladin, den stellv. Leiter der und traditionsgemäß entweder die Sozialde• senheit Stalins zusammen mit dem damaligen langjährigen engen Mitarbeiter Andrej Gro- Auslandsabteilung des sowjetischen Zentral• mokraten oder die Parteien der nationalen Reichsaußenminister von Ribbentrop den myko, dem heutigen Außenminister, der selbst komitees, daran erinnert, daß .eine Normali• deutsch-sowjetischen Nichtangriffs- und bereits seinen 75. Geburtstag beging. Molo- sierung zwischen unseren beiden Staaten nicht Aus dem Inhalt Freundschaftspakt und jenes .Geheime Zu• tows .Verdienst" bestand darin, zunächst den möglich ist, wenn das Ziel der deutschen Ein• Berlin: Asylantenzahl satzprotokoll" über die Aufteilung Polens un• Pakt mit Hitler geschlossen und später mit den heit, wie es dem Willen der Bevölkerung ent• steigt wieder 2 terzeichnete. Ein Protokoll, dessen Existenz Westalliierten gemeinsam den Krieg gegen spricht und wie es im