Hiierale drucksachen Zeitschriftfür freisinnige Politik drucksachen-inhalte

Die Auseinandersetzung in der F.D.P. nimmt an Härte zu. 'Bauchredner' Mölle• mann landet einen Rundum­ schlag nach dem anderen. Genscher - mittlerweile von Möllemann zum Kanzler­ Titelbild: Das Zitat von Kari-Hermann kandidaten 2emacht ,- greift Flach steht als letzter Satz in seiner Streit­ nicht ein. Duldet er dieses schrift 'Noch eine Chance für die Liberalen' Treiben? Auf dem Berliner Bundesparteitag der F.D.P. wird eine Grundsatzent­ Dregger: Sprüche von einem und über einen scheidung über den zukünf• Illiberalen Seite 8 t igen Kurs der Partei fallen. F.D.P.: Auf ihrem Bundesparteitag in Ber­ lin müssen die Liberalen sich grundsätzlich über ihre Richtung entscheiden Seite 9 otwendiger Farbtupfer

Parteiintern: Mit Tricksereien sollen auf Helga Schuchardt beschreibt die Ursachen, die zum Er­ dem F .D.P.-Bundesparteitag unliebsame folg der Grünen geführt haben. Für den oolitischen Beschlüsse zur Außenpolitik verhindert Pluralismus in unserer Gesellschaft sieht sie in der neu­ werden Seite 11 en Partei eine Bereicherung. Sie fragt, inwieweit die Grünen auch bereit sind, Verantwortung ftir unpopulä­ Grüne: Helga Schuchardt charakterisiert re Entscheidungen zu übernehmen. Die Haltung zur Popularität, Programm und Politik der neu­ Gewak betrachtet sie als das innerparteiliche Konflikt­ en Partei Seite 12 feld der alternativen Partei.

Parteiprofil: Verheugen zur Guillotine Mehrheitsentscheidung/ auf der Suche nach dem F.D.P.-Wäh ler Seite 15 Dialog zwisc en F.D.P. und FDP Die Rede von Theo Schiller auf der Konferenz 'Noch eine Chance für die Liberalen' Atomenergiepolitik: Die F.D.P.-Minister Ende Februar in Köln hat Wirtschaftsminister Lambsdorff zu einer Antwort veran­ forcieren den Ausbau der AKWs, ihre Par­ lasst. Liberale Drucksachen stellt beidePositionenkommentierend ge2enüber. tei hat das Gegenteilbeschlossen Seite 16

Gesellschaftspolitik: Ein Kommentar zur Diskussion zwischen Lambsdorff und Schil­ Ich klage an! ler in 'liberal' Seite 18 Im NATO-Partnerland Türkei wird brutal gefoltert. · Folter: Bericht eines Opfers aus der Liberale drucksachen veröffentlicht das Protokoll einer Seite 23 Türkei Folterung. Das Opfer, Ecevit-Anhänger und Akademi­ ker, hat seinen Bericht einem drucksachen-Mitarbeiter Ausländerpolitik: Sybille Uken beschreibt in der Türkei in die Hand gedrückt, weil er hofft: die Diskriminierung der Ausländer Seite 26 'Durch internationalen Druck können die Militärdikta• toren in meinem Land verjagt werden.' Buchbesprechung: Friedensbücher Seite 28

Wortgefechte: Politik und Semantik Seite 29 e er kein Ausländer ist I Schallplatten: Demokratische Lieder Seite 31 Seit Millionen Ausländer in unsere Gesellschaft ge­ Liberale Zentren: Der Wuppertaler Hecker­ lockt wurden, sind auf laden Seite 32 dem Paoier viele Vo rschlä• ge produziert worden, wie die entstandenen Probleme Rubriken zu bewältigen sind. Sybille Uken beschreibt, daß sich drucksachen-herausgeber Seite 3 an den tatsächlichen Ver­ brief-drucksachen Seite 4 hältnissen weni2 geändert nachrichtliches- in kürze Seite 6 hat. Das an2eblich liberal ­ liberale Perspektiven Seite 21 ste Ausländergesetz der anstösse Seite 22 • Welt macht die Ausländer vor-drucksachen Seite 33 häufig zum Spielball öf• personelles Seite 34 der-die-das letzte Seite 35 fentlicher Entscheidungen. drucksachen-herausgeber:* . ' .· Wlllla1111 .Bonn: Vordenken / staH S81bst- blockade

Liberale Politik· in der Bundesrepublik Deutsch- land ist dreifach gefährdet: durch den bis hinein sogar in die Reihen der sozial­ liberalen Koalition vordringenden Neokonser­ vatismus durch die Unzulänglichkeit, wenn nicht das Aus­ bleiben der unausweichlich notwendigen Grund­ satzdiskussionen über Wesen und Inhalte moder­ ner liberaler Politik und endlich durch die unberechenbar hin und her schwan­ kende Führungspraxis der Partei, wodurch - zu­ gegeben veraient - das Bild der F.D.P. in der Öf• fentlichkeit auf einen bisher unbekannten Tief­ punkt abgesunken ist. ln der Partei selbst.wird seit langem ver­ und Leben si'chert, nicht wahrnehmen: zu­ menschlicher Würde, drei abzusichernde für · geblich bemängelt, daß die Willensbildung kunftsbezogener Vordenker zu sein. Statt­ uns untrennbare Begriffe. Absolute Sicher­ nicht wie es in einer demokratischen Partei dessen wurden und werden unbequeme An­ heit gibt es nicht, aber es ist ein alter libera­ vorbildlich sein sollte, von der Basis zur sätze liberaler Politik, die seit Freiburg als ler Grundsatz, aus eigener Kraft -auf eige­ Parteiführung hin erfolgt, sondern daß ein die Richtlinien der Partei Gültigkeit haben nen Füßen zu stehen. Diesem bewährten kleiner Zirkel dieihm genehme·n Entschlüs• sollten, weder praktiziert noch fortent­ Priniip auch in den derzeit entscheidenden se faßt, die dann mit allen Mitteln der Be­ wickelt. Drefecksbeziehungen. zwischen USA·West­ einflussung durchgedrückt werden, bei­ Gewarnt wurde genug, daß die Vereng­ europa-UdSSR mehr . Rechnung -zu tragen, spielsweise um Koalitionen mit der CDU ung liberaler Politik auf bloße Verwaltung als es für die Europäer bisher möglich war; durchzus_etzen. des Bestehenden böse Folgen haben müsse, sollte sich liberale, ·unserem alten Europa Entsprechend widersprüchlich stellt sich denn dies gerade ist eben nicht unsere Auf­ verpflichtete Außenpolitik vorzüglich ange­ die Partei im lnnern dar. Es erfolgen unge­ gabe, ebensowenig wie wir irgendwelchen legen sein lassen. Was im Interessenkonflikt wöhnlich zahlreiche Austritte, es gibt Heilslehrern nachlaufen dürfen. Der Libe­ zwischen Ökologie und Ökonomie, zwi­ dumpfe Resignation, aber ebenso gibt es rale muß, wie es die Umstände jeweils er­ schen privatem Vorteil und unvertretbaren engagierten konstruktiven Protest. Der fordern, Bewährtes hüten und gleicher7 Gefahren und Schäden für die Allgemein­ spontan durchgeführte Kölner Kongress maßen dem liberalen Fortschritt Hinder­ heit Vorrang hat, braucht nicht ausgeführt versammelte erstmalig über Erwarten ·viele nisse aus demWeg räumen können. Dies iu zu werden, freisinnig-liberale Aktivisten der Partei, die vereinen, ist. beschwerlich, so daß in man· Nicht nur um das liberale Vollzugsdefi­ den Niedergang des kämpferischen Libera­ chen Ländern zwei liberale Parteien neben· zit auszugleichen, müssen und werden wir lismus nicht länger widerspruchslos hin­ einander tätig sind, zum Nachteil ihrer den Weg von Freiburg weitergehen. Um die nehmen. Liberalismus hat heute mehr zu selbst, zur Freude ihrer Rivalen. dafür nötigen Mehrheiten werden wir rin­ sein als bevorzugt Wirtschaftsliberalismus, Wir wissen um den heimlfchen Wunsch gen. Wir werden im Rahmen des Möglichen mehr als eine Gesellschaftspolitk, die dem gewisser hervorgehobener Kräfte in unserer für umfassende Information der Partei­ Schwachen nimmt, den Anteil der Starken Partei, sich des liberalen Freisinns zu entle­ freunde an der Basis Sorge tragen und dies begünstigt, hat mehr zu sein als eine Sicher­ digen. Sie mögen bedenken, daß für be­ wird sachlich ohne jede Polemik geschehen. heitspolitik, die eher auf Waffen setzt als deutsame Aderlässe die F.D.P. zu klein ist. Dazu reichen gelegentliche notwendiger­ auf beharrlich-zähe Verhandlungen zum Am Ende stünde der Exodus aller Liberalen weise knappe Einzelinformationen seit lan­ Ziel des Ausgleichs mit dem potentiellen aus den Parlamenten. Dazu geben wir uns gem nicht mehr aus. Um eigenständigem li­ Gegner, wo immer möglich. Köln wurde nicht her. beralen Denken ein Forum der Kommuni· bewußt nicht verstanden. Ein weiteres Mal Von zwei vermeidbaren tödlichen Ge­ kation und der Diskussion zu geben, gehen verhinderte Fehleinschätzung und Vorein­ fahren ist die Existenz der Menschheit be­ die Herausgeber die Risiken ein, die mit der genommenheit den parteiinternen Dialog, droht: abrupt gewaltsam durch Krieg. und Schaffung eines regelmäßig erscheinenden wie bereits nach Freiburg: Durch solche Einsatz der im Übermaß gestapelten 'Mas­ Mediums verbunden sind. I hneri ist der Selbstblockade ·kann die F .D.P. die klas­ senvernichtungsmittel, zum anderen lang­ Zweck jede Mühe w'ert. Helfen Sie bitte sisch-liberale Aufgabe, welche ihr Achtung sam schleichend durch Zerstörung der Na­ mit, daß freisinnig-liberale Politik ihre Auf­ tur. Machtgier und Geld sind die Väter der gabe trotz aller Widerstände erfüllen kann: • Abwechselnd kommentieren auf dieser Seite die drohenden Apokalypse. Liberale Politik da­ dem Menschen ein dieses Wortes würdiges Herausgeber aktuelle Fragen. gegen strebt nach Frieden, Freiheit und Leben in Frieden und Freiheit zu sichern. 3 brief-drucksachen · serer Seite in Zweifel setzt oder ohne zwin­ gende Notwendigkeit das Scheitern der Ko­ alition provoziert, täuscht den Wähler und ·. Wir meinen: als eine Vorbereitung zu einem opportu­ macht die F.D.P. unglaubwürdig. Die Wackelei unserer Parteispitzen auf nistischen Koalitionswechsel seitens der F.D.P. KV Rhein-Sieg Bundes- oder Landesebene ist für den Li­ F.D.P. verstanden werden. beralismus in der Bundesrepublik tödlich. F.D.P. KV Mannheim Durch das Reden mit verschiedenen Die. Bevölkerung vergleicht dieses Verhal­ Eine Vielzahl von Parteiaustritten und Zungen in der Bundesspitze ist die Partei­ ten mit dem seinerzeitigen Umfall unter eine Flut von Mißfallensbekundungen im basis stark verunsichert. Auch das offene . Anschluß an die Veröffentlichung der bzw. versteckte Spekulieren über eine Auf­ Das 1980 an die Wähler gegebene Ver­ Koalitionsaussage der hessischen F.D.P. lösung der Koalition vor dem Ende der Le­ sprechen m u. s s eingelöst werden, .egal ob war . dem Kreisvorstand. in Hagen Anlaß, gislaturperiode wird strikt abgelehnt. in guten oder schlechten Zeiten. eine Mitgliederversammlung zu aktuellen Wir bitten Sie und fo rdern die Partei­ Bedenken Sie, wieviel Zeit und Arbeit Ereignissen in unserer Partei einzuberufen. spitze auf, mit aller Kraft in dieser Koali­ ein Großteil unserer Parteimitglieder auch Dabei übten die Parteifreunde herbe tion für eine liberale Politik zu sorgen und in der Vergangenheit aufgewendet hat, um Kritik an dieser Koalitionsaussage. Weder mit dem Gerede über die Koalition end­ Wahlkampf gegen eine konservative Politik, Art und Weise, noch die inhaltliche Begrün• gültig Schlüß zu machen. Dazu gehört wie sie von Franz josef Strauß personifi­ dung seien für die Mitglieder, geschweige auch, daß F.D.P.-Kabinettsmitglieder auf­ ziert wird, zu führen. denn die übrige Bevölkerung verständlich hören, Kabinettsmitglieder der SPD öffent• Herr Dregger in Hessen ist aus Gesin­ und nachvollziehbar. lich zu zensieren. F.D.P. KV Neuß nungsgründen ein enger pol itischer Wegge­ Ein mit Anstand vollzogener Gang in fahrte von Franz Josef Strauß. die mögliche Opposition hätte nach Mei­ · Die Loyalität der Aktiven an der Basis nung der Hagener F.D.P. nur Anerkennung Freiburger Tradition ist, · wie die Parteigeschichte zeigt, äußerst gefunden. So entstehe jedoch der pein­ groß. Wir sind jedoch auch sicher, daß Soli­ liche Eindruck, die hessische F.D.P. schlage Als Funktionsträger wie auch als Mit­ darität bei politisch denkenden und han~ sich aus Machterhaltungsgründen schnell glieder einer F.D.P., die gerade in Freiburg deinden Menschen nicht über das Maß hin­ mit auf die Seite des potentiellen Gewin­ auf besondere Tradition gerne zurück• aus wachsen d.arf, wo das Selbstverständ• ners. im übrigen könne man nicht über Jah­ blickt und sich dem sozial orientierten Li­ nis und das Rückgrat des einzelnen Aktiven re hinweg dif:! Person des CDU-Spitzenkan­ beralismus verpflichtet weiß, werden wir gefahrdet ist. F.D.P. KV Mönchengladbach didaten desavouieren und nun Verständ• auf den verschiedenen Ebenen auf die Po­ nis erwarten für eine gemeinsame Politik litik unserer Partei im Bund und in Hessen Ist Ihnen bekannt, wie groß die Sorge unter · dem Slogan "mit Dregger für angesprochen. ln diesen Gesprächen ergibt um das Fortbestehen unserer Partei gerade Schmidt/Genscher gegen Strauß". sich vor allem die Ungewißheit der Mitbür• auf den unteren Ebenen, nämlich bei den Eine eindeutige Absage auch erteilte ger .über die eigentlichen politischen Ab­ Kreis- und Ortsverbänden, geworden ist? die Mitgliederversammlung allen Spekula­ sichten der F .D.P. und der immer stärker Wissen Sie, wie sehr wir verunsichert tionen um einen Wechsel der sozial-libera­ werdende Vorwurf; die F.D.P. betreibe nur sind in unserer politischen Argumentation len Koalition vor 1984. noch Politik ·Utn des Machterhalts und gegenüber unseren Mitgliedern und poten­ F.D.P. KV Hagen nicht um der früher prononciert vertrete­ tiellen Wählern anläßlich der widersprüch• "Der . Kreisparteitag der Rhein-Sieg­ nen liberalen Positionen wegen. Dabei wird lichsten Aussa:gen prominenter F.D.P.-Ver­ F.D.P. fordert das Parteipräsid ium, den insbesondere darauf hingewiesen, daß nun .treter i·n den letzten Wochen und Monaten? Bundesvorstand und die gesamte Partei, schon seit Wochen verschiedene hohe Der auch von Ihnen immer wieder ge­ insbesondere aber die F.D.P.-Bundestags­ F.D.P.-Funktionsträger immer neue Forde­ brauchte und zitierte Ausspr!Jch von der fraktion, nachdrücklich auf, ohne Wenn rungen und Vorwürfe gegen die· SPD erhe­ notwendigen "Wende" kann doch ohne · und Aber zum Wahlprogramm von 1980 zu ben, ohne gleichzeitig eigene Fehler einzu­ konkreten Anlaß, wie z.B. Bruch der Koa­ stehen und es in der Koalition mit der SPD gestehen. litionsvereinbarungen seitens der SPD, nur gemäß der Koalitionsvereinbarung bis zur Anhaltende Spekulationen oder Sand­ nächsten Bundestagswahl zu verwirklichen. · kastenspiele von "in allen Dingen mitmi­ Leserbriefe lagen f'ür diese Ausgabe verständli• cherweise noch nicht vor. Stattdessen sind an die­ Das - und die Koalition mit der Sozial­ schenden" F.D.P.-Bundespolitikern, wie ser Stelle ·Briefe und Resolutionen wiedergege­ demokratischen Partei Deutschlands - ha­ u.a. von Herrn MdB Möllemann am ben, die in den letzten Wochen das Dehler-Haus erreichten und an Redaktion oder Herausgeber· ben wir den Wählern versprochen. Dieses 29.6.1982 im Deutschen Fernsehen, um als Kopie geschickt wurden. Alle Beiträge sind Versprechen gilt bis 1984. Wer dies auf un- das "geschickteste und beste" Ende der stark gekürzt.

WENDE MENDE ENDE 4 Koalition in Bonn sind nach unserer Auf­ fassung dabei nicht nützlich. Wir bezweifeln nachdrücklich, daß unse­ re F.D.P.-Mitglieder einen fliegenden Koali­ tionswechsel verstehen und mittragen wer­ den. Wir sind vor allem der Auffassung, daß Für die Regierung die Loyalität zur F .D.P. eine ganz deutliche Grenze finden wird, wenn auf dem Weg des Schmidt/Genscher, Mißtrauensvotums Bundeskanzler Schmidt mit Hilfe der F.D.P. durch den CDU-Vor­ sitzenden Kohl ersetzt werden sollte. Es gegen Allein­ ist nicht abzuschätzen, inwieweit es dann zu einer Abspaltung großer Teile der Frei­ burger F.D.P. kommen würde, die zweifel­ herrschaft einer Partei; .··. los zahlreiche Funktionsträger - auch in den leitenden Parteigremien - einbeziehen gegen Strauß. wird. Die Parteiführung muß wissen, daß eine absichtliche Sprengung der Koali­ tion in der Tat zu Spaltungsbewegungen führen kann. F.D.P. KV Freiburg

Der Kreishauptausschuß des F.D.P.­ Kreisverbandes Reckl inghausen fordert das 'Wir wollen Freiheit in Verantwortung. Wo diese Verantwortung fehlt, verkümmert Frei­ F .D.P .-Parteipräsidium, Bundesvorstand, heit zu gedankenlosem Egoismus und zur Ellbogengesellschaft, bedeutet sie nur Freiheit insbesondere aber die F.D.P.-Bundestags­ der Starken auf dem Rücken der Schwachen. Meine Parteifreunde, unser Land braucht die fraktion nachdrücklich auf, zum Wahlpro­ sozial-liberale Koalition, weil nur sie unsere Politik der aktiven Friendenssicherung fort· gramm 1980 zu stehen und dieses in der setzen kann, weil nur diese Koalition aus sich heraus die Fähigkeit zur Reform aufbringt." Koalition mit der SPD gemäß der Koali­ "Ich denke, wir entziehen den Bundeskanzler nicht seiner sozialdemokratischen Partei, tionsvereinbarung bis zur nächsten Bundes­ wenn wir als Koalitionspartner sagen: Wer FDP wählt, garantiert, daß tagswahl zu verwirklichen. Bundeskanzler bleibt, und er entscheidet endgültig, daß Franz Josef Strauß nicht Bundes­ Wer dieses Wollen auf unserer Seite in kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden kann", versprach Genscher auf dem Zweifel setzt oder das Scheitern der Koa­ Bundesparteitag 1980 in Freiburg. lition provoziert, macht die F.D.P. un­ Die Aachener F.D.P. gibt ein klares Be­ cherheit über den Bestand der Koalition in glaubwürdig. F.D.P. KV Recklinghausen kenntnis zur sozial-liberalen Koalition ab. Bon~), existentielie Bedrohung für die ge- ln ihrem Schreiben vom S.August 1982 Der Ruf dieses Bündnisses ist in den ver­ samte Partei. . · beklagen Sie sich, daß wir es uns selbst gangenen zwölf Monaten - leichtfertig · Die Mitglieder des Kreisverbands Du.is­ schwer machen ·würden. Unser Eindruck oder absichtlich - zerstört worden. Die burg der F.D.P. sehen nicht, wie eine sol­ ist eher, daß Sie es uns zunehmend schwer F.D.P. steht in dem Verdacht, nur noch che Koalitionsabsicht angesichts eines na­ machen, die F.D.P. nach außen hin glaub­ nach der geschicktesten Methode für einen hezu elfprozentigen Wählervotums 1980 haft zu vertreten. Insbesondere die an sich Koalitionswechsel zu suchen. Es ist daher gegen Strauß u.nd {jamit auch gegen seinen richtige Forderung, "weitere sozial ausge­ jetzt Aufgabe der verantwortlichen Politi­ - offenkundig illiberalen - Steigbügelhal• wogene Schritte" bei der Haushaltskonsoli­ ker, das Regierungsbündnis in den kom­ ter Dregger sollte gerechtfertigt : werden dierung zu gehen, können wir aufgrund der menden zwei Jahren wieder so zu festi­ können. · .· · bisherigen Beschlüsse niemandem verkau­ gen, daß die Koalition sich 1984 erfolg­ Sollte dieser Appell nich~ · fruchte!l und fen, ohne uns lächerlich zu machen. reich zur Wiederwahl stellen kann. sollte die Parteiführung weiter, wie schon Richtig ist sicher, daß eine Stärkung der Wahlprogramm, Koalitionsaussage und fast ein Jahr lang, im Zwielicht verharren, Selbstverantwortung höhere · Abgaben innere und äußere Glaubwürdigkeit der so wird die Partei nicht nur - in Duisburg (durch Kostenreduzierung) verhindert, die F.D.P. gebieten Fortsetzung der Koali­ und anderswo - gerade ihre aktiven Mit­ Beteiligung der Kranken durch Übernahme tion bis 1984. F.D.P. KV Aachen glieder verlieren, sondern bundesweit von eines Teils der Pflegesätze stärkt aber we­ der politischen Bühne verschwinden. . der·die Selbstverantwortung, da kein Be­ Angesichts der Gemeinsamkeiten zwi­ F.D.P. K:V Duisb~rg teiligungstarif eingeführt wird; noch senkt schen F.D.P. und SPD insbesondere in Leider sind von Seiten der F.D.P. die Koa~ ­ diese Maßnahme die Kosten. Arzthono­ der Friedens- und auswärtigen Po_litik litionsverhandlungen nach 1980 nicht im­ rare, Arzneikosten, Personalkosten und können Einzelpunkte der Haushaltspolitik mer so geführt worden, wie es den Geboten · Pflegetage bleiben gleich - lediglich die kein nach Innen und Außen zu vermitteln­ der Fairness entsprochen hätte. Krankenkassen werden zu Lasten der Kran­ der absoluter Prüfstein für die Einigungs­ Die F .D.P. distanziert sich von jenen ihrer ken entlastet. Dies ist ein erster Schritt zur fähigkeit der sozialliberalen Koalition sein. Politiker wie Möllemann, Hoffie oder Gat­ Auflösung der Solidargemeinschaft und Vor allem, da die vorhergesehene schwieri­ termann, die vorsätzlich die Banner Koali­ nicht im Interesse der Versicherten. Die ge Situation der öffentlichen Haushalte tion platzen lassen wollen und die Hessen Selbstverwaltungsorgane der Kassen haben schon im Wahlprogramm und Wahlkampf als Versuchsfeld für eine neue konservative dies auch nie gefordert! von 1980 unsere Position bestimmt hat Mehrheit in Bonn ansehen. . F.D.P. KV Wilhelmshaven und wir uns in Kenntnis dieser Situation Es besteht ein direkter Zusammenhang zwi­ Hans-Dietrich Genscher hat eine klare für diese sbzialliberale Koalition entschie­ schen diesen Vorkommnissen, dem rapiden Koalitionsaussage der Hamburger Liberalen den hab~n. F.D.P. KV Bochun Verlust der F.D.P. in der Wählergunst und durch eigenmächtige Verlautbarungen in­ Der Kreisverband Duisburg der F.D.P. dem Verdruß vieler Parteimitglieder, der in fragegestellt, das Erscheinungsbild der Lan­ beurteilt die Absichtserklärung des Lan­ einer Reihe von Fällen bereits zu einem despartei getrübt und die Wähler verun­ desverbandes Hessen der Partei, sich nach Parteiaustritt führte. sichert. Hans-Dietrich Genscher hat die der. Landtagswahl an einer von Dregger ge­ Auch der Bundesvorsitzende trägt einen er­ Wahl in Harnburg zu seinem persönlichen führten Landesregierung zu beteiligen, als, heblichen Teil der Verantwortung für diese Anliegen gemacht, daher ist ihm auch die zumal angesichts vorangegangener Irritatio­ Entwicklung. Niederlage mit anzulasten. nen (Berlin, Hamburg, stetig genährte Unsi- , F.D.P.,KV Calw

5 in kürze

"Zukunft der Arbett" - unter diesem anspruchsvollen Titel veranstalten eine Reihe von Organisationen, darunter Bun­ desverband Bürgerinitiativen Umwelt· schutz, Jusos, Grüne und Jungdemokraten, vom 8.-1 O.Oktober in Sielefeld einen Kon­ greß, der "Wege aus der Massenarbeitslo­ sigkeit und Umweltzerstörung" weisen soll . Erwartet werden zu dem Kongreß, des­ sen Ziel es auch ist, den konstruierten Wi­ derspruch zwischen Umweltschutz und Ar­ beitsplatzsicherung aufzulösen, über 2.000 Teilnehmer. "Aushängeschild" des Kon­ Ex.Jungdemokraten Verheugen, Bau;n und Bremer arbeiten auf einem THA -Seminar gresses ist die Auftaktdiskussion, zu der Verbandsgeschichte auf · bisher Robert J ungk, Elmar Altvater, Jo Leinen, Rainer Trampert(Betriebsrat Texa­ in der Bundesrepubl ik {Verhinderung der co Hamburg) sowie ein offizieller Vertreter Stationierung neuer Atomwaffen), das Ver­ des DGB eingeladen worden sind. Danach ·Geradezu liebevoll hältnis eines atomwaffenfreien Europas zu werden die Teilnehmer im Plenum und in ! ''Mit Sicherheit keine Geburtstags­ neuen europäischen Militärstr

6 nachrichtlieb clrucksachen-Hinte•••länner und ·ft auen · Hintermänner und Finanziers waren für beraten wird. Die presse'rechtliche Verant­ Leser nach einer Befragung. die meisten Nac.hfrageriden bisher von grö• wortung wechselt von Ausgabe zu Ausgabe · Die Herstellungskosten der ersten. Aus­ ßerem Interesse als die geplanten Inhalte. unter den Redaktions-Mitgliedern. gabe (Auflage 4.000 Exemplare) belaufen Da gibt es nichts zu verbergen : Hinter dem Als finanzieller und organisatorischer sich ·auf 3.500 .DM. Für den ·Versand ' ver­ Zeitschriftenprojekt stecken· ganz offen­ Träger der Zeitung wurde eine Drucksa­ langt die Post 1.800 DM. Die 'zweite Aus:. sichtlich dieselben, die auch schon den chen Verlags GmbH gegründet, deren Start­ gabe wird über den erheblich ' billigeren Kongreß 'Noch eine Chance für die Libera­ kapital der Verein 'Freunde des liberalen Postzeitungsvertrieb an die Abonnenten len!' Ende Febrüar dieses Jahres in Köln Fortschritts' über Bürgschaften bzw. Kredi­ geheri. Alie Arbeiten (auch der Sati) er­ konzipierten. Dieser Kreis hat sich aller- te zusammentrug. Als Fini:lnziers der Zei­ folgtim unentgeltlich. Honorare werden ilur dings mittlerweile erweitert. . tung sind die Abonnenten fest eingeplant. für ,angeford.erte Fotos oder Karikaturen Die Aufrufer des Kongresses bildetim Ein Redaktionsstatut ist in Arbeit. Es gezat)lt. · · · den Kern des jetzigen Herausgeberbeirates. soll vorsehen, daß die grundsätzlichen Fra­ E!ne . Anzeigenseite in drucksachen Die Organisatoren des Kölner Treffens sind gen im Konsensprinzip (Einigungszwang) kostet den siebzehrten Teif des Anzeigen­ der Stamm der Redaktionsmannschaft, die gelöst werden. Sollten einmal unüberbrück• preises bei der "Neuen Bonner Depesche": durch eini11e Profis aus dem Medienbereich bare Konflikte auftauchen, entscheiden die 500 DM ..

lassen. Allerdings ist Vorsicht geboten, denn schon mehrf;och sind kritische Basis­ Initiativen u.a. zur Friedenspolitik im Vor­ Hofbericht­ feld der Landesgeschäftsstelle "verloren­ gegangen". erstattung

Eigentlich sollte es Aufgabe einer Par­ tei-Mitglieder-Zeitung wie der "Neuen Sonderparteitag Bonner Depesche" (NBD) sein, über Stirn-. mungen an der Basis zu informieren . . Schließlich wird sie ja von allen Mitgliedern durch ihre Beiträge finanziert . in Baden­ .Doch partei-interne Meinungen, die Genscher, Lambsdorff usw. nicht in den Wiitemberg Kram passen, fallen allzu regelmäßig in den Abfallkorb des Parteipressesprechers und Am Freitag, dem 27. Aug., trafen sich in NBD-Chef Herbert Schmülling. Heidelberg die SO Gründer des neuen Ge Ein bezeichnendes Beispiel für die üb- · sprächskreises Karl-Hermann Flach. Ihr liehe Tendenz-Berichterstattung: der Bei­ weitergestecktes Ziel: d ie Geschichte und trag über den letzten Landesparteitag der FDP-Pressesprecher Schmü/ling, verant­ Au(Jtaben von Liberalismus und Demokra schleswig-holsteinischen FDP (NBD 7/82). waitiich für die ~'Neue Banner Depesche" tie aufzuarbeiten und daraus politische Sein fast ausschließlicher Inhalt: Zitate aus bringt das Blatt auf Führungslinie. · . Strategien zu entwickeln. Ihr kurzfirst~es der Rede des Landesvorsitzenden Uwe Ziel: "die FDP von ihrem Kurs der Selbst Ronneburger, dessen Referat, einseitig auf Impressum zerstörung zurilckzuholen." Genscher-Kurs orientiert, mit den Ergebnis­ liberale drucksachen Ergebnis war einerseits die Konzipie sen des Parteitages recht wenig zu tun hat­ erscheinen monatlich in der rung einer Veranstaltungsreihe zu Themen te. Einmal mehr bestätigte die schleswig­ drucksac.hen- Verlagsgesellschaft mbH (iG) des Liberalismus, andererseits die Forder holsteinische FDP ihre Kritik an der Elbestr.30, 4630 Bochum ung nach einem außerordentlichen Landes 'Nach'-Aufrüstung, nachdem zunächst noch Herausgeberbeirat: parteitag der FDP/DVP, auf dem der Kun wesentlich deutlichere Kritik an der offi­ William Borm, Hinrich Enderlein, Sibylle Engel, Hanspeter Knirsch, Jürgen Koppe­ der Partei und die Koalitionsfrage beraten ziellen Außenpolitik die Diskussion be­ /in , Wolfgang Lüder, Moritz Meyer, Werner werden sollen. Termin dafür soll der 25 herrschte. Außerdem wandte sich der Par­ Lutz, lngrid Matthä.us-Maier, Christoph Sept. sein, d.h. den ersten Aufrufern teitag gegen das Genscher-Verdiktder Frie­ Strässer, Theo Schiller, Helga Schuc;hardt · (Drescher, Tilenius, Dingler, Schmiege densdemonstration am 1 O.j uni in Bonn; Redaktion: bleibt eine Woche Zeit, die notwendigen übrigens auf Initiative der Jungdemokraten, Jürgen Bolz, Martin Budich (verantwort­ Unterschriften der 100 Delegierten zu orga was der Leser nicht erfährt. Dies stellt lich), Michael Kleff, Dieter Noth, Michael nisieren. Auf diesem Parteitag sollten auch übrigens auch nicht, wie die NBD weiß• Staak die baden-würtembergischen Abgeordneten macht, eine Niederlage des Landesvorstan­ Foto nachweis: dazu gebracht werden, endlich einmal Far des dar, der sich zu dem Antrag gar nicht dpa, Bundesbildstelle, Thomas Siekermann, be zu bekennen, wie sie zum Kurs de äußert. Dies hatte Uwe Rönneburger allein Studio Gräfin zu Dohna· · getan. Druck und Titelsatz: Partei stehen. Da der LandesvorsitzendE Druckladen.Bochum Morlok merkte, daß starke ProtestkräftE Allerdings konnte das der NBD-~ericht ­ Redaktionsschluß der nächsten Ausgabe: auftreten und sich in Baden-Würtember! erstatter Richard Fudikar gar nicht wissen. 20.September 1982 organisieren, will er nun selbst fllr einer Er hatte am Landesparteitag nicht teilge­ Einzelpreis: 3,50.DM a.o. Partei~ eintreten ... aber erst wenr nommen. Was ihn dennoch aus Sicht der Namentlich J!ekeilnzeichnete Beiträge ge­ die Hessen-Wahl · und der AntragsschluE NBO prädestinierte? Er ist Assistent von ben nicht unbedingt die Melnu",zg der Re- fllr den Bundesoarteitag vorbei sind . daktion wieder. ' dregger-sachen Kany: »Da- hälle Ich Angst vor lhnenl« Lieber Herr Dr. Dregger, aus vielen Begegnungen und Gesprächen Ekkehard Gries: »Liberalität a Ia Dregger als Wahlkampf­ bringe ich Ihnen eine persönliche Wertschät• »Aber wenn Sie eine Person nennen, dann Gag eines Werbefeldzuges zur Macht, der al: zung entgegen, aus der ich weder öffentlich muß ich sagen, daß ich mir eigentlich gar len alles verspricht, ist allenfalls ein Muster noch privat einen Hehl mache. Um so be­ nicht vorstellen kann, daß die hessische FDP ohne liberalen Wert. Dieses Manöver, da bin troffener bin ich wegen einer Äußerung, die mit HerrnDreggereine Koalition macht.<< ich sicher, wird der Wähler durchschauen. >> in der Frankfurter Neuen Presse als persönli• (ZDF. 05.06.19771 (Expr""'· 13 .07.1978) ches Zitat zu lesen war, die mich seither stän• dig so beschäftigt, daß ich Ihnen schreiben Es ist richtig und das ist auch jetzt noch muß. so, daß Dregger als Person, als ein Synonym Al/red Dregger: Es heißt darin zu den immer öfter veröf• für eine im hohen Maße konservative Politik »Wir brauchen Eliteuniversitäten oder zu­ fentlichen »Buback-Nachrufen<<, Sie hielten natürlich das entscheidende Hindernis war mindest an den Massenuniversitäten Fachbe­ nichts davon, gerade den sympathisierenden und ist für ein Zusammenwirken der Freien reiche für Hochbegabte, Fachbereiche, die Professoren nur Briefe mit der Aufforde­ Demokraten und der Christdemokraten in nicht durch eine falsch verstandene Demo­ rung nach Distanzierung zu schicken. Hessen.<< kratisierung, durch Politisierung und Bilro­ CDLF. 31.01.19781 »Wenn ich in Hessen Ministerpräsident wä• kratisierung erstickt werden.« re, würde mir das nicht reichen.<< Ein hessi­ tHesst>n-Kurier. Jan./feb. 1981) scher Professor hätte mit einer Blitzaktion zu rechnen und würde binnen 24 Stunden rausgeschmissen ohne Gewalt«. Auch ein Es gibt keinen amtierenden deutschen Po­ Rechtsstreit wUrde Sie »völlig kalt las­ litiker, der mehr filr Frieden, Freiheit und sen. Wenn dieser Staat jetzt nicht da­ Wohlfahrt des deutschen Staates getan zu fähig sei, dürfe er sich nicht wun­ wie Franz Josef Strauß.« dern, wenn Mitläufer sich den (Qaubore, H>Wir leiden nicht an zuviel De­ sterpräsident wOrden. Ich habe in mokratie aber an zuviel Demo­ ihnen immer den erfolgreichen Ober­ kratisierung und daraus erwachsen­ bürgermeister von Fulda gesehen, den der Verantwortungsscheu.« hochangesehenen Präsidenten des Deut­ (Rede Landespartella,f der CDU Hf'Ssen •m 26 Jan 1980) schen Städtetages, den Fraktionsvorsitzen­ »Hessen ist nie so schlecht, so skandalum­ den im Hessischen Landtag, den Juristen, ein Aufkleber aus liberalen Wahlkampfzeiten wittert, illiberal regiert worden wie in den den erfolgreichen Landesvorsitzenden, und Jahren, in denen die FDP mitregiert hat.« (W•Der hessische FDP-Vorsitzende, Innen­ den künftigen Ministerpräsidenten, den minister Gries. hat die jüngsten ÄUßerungen künftigen Bundesvorsitzenden und den mög• des CDU-Landesvorsitzenden Dregger zur »'Mit der Jugend sprechen .. .', so klingt es lichen Bundeskanzler sehen. Nichts davon grundsätzlichen Bereitschaft seiner Partei im Zusammenhang mit Hausbesetzungen ist auszuschließen. fur.eine CDU/FDP-Koalition als »fast-pein­ und Gewaltdemonstrationen aus allen politi­ Wenn ich bedenke, daß selbst die Natio­ lich wirkend<< bezeichnet.<< schen Richtungen. SPD und FDP begnügen tFrankturtC'r neue Pr~-;>~e. 17.10 J9gO) nalsozialisten nach der Machtergreifung ein sich damit nicht. Sie verharmlosen Rechts­ Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbe­ brUche, stellen Gewaltdemonstrationen als amtentums, das am 7. April 1933 in Kraft relativ friedlich hin. trat, für notwendig hielten, um unliebsame Wolfgang Mischnik: Gleichzeitig entfesseln sie eine politische Beamte und Professoren aus politischen, ras­ >>Aifred Dregger wiederum scheint sich in Kampagne gegen die Nürnberger Justizorga­ sischen oder religiösen Gründen aus dem die Rolle des Platzhalters von Strauß zu be­ ne und stellen den Bayerischen Innenmini­ Staatsdienst zu entfernen, dann ist die Ab­ geben, nun da der bayerische Ministerpräsi• ster wegen seines Vorschlages, die Polizei sicht, einen hessischen Professor oder gar dent darauf angewiesen ist, mildere Töne an­ zum Selbstschutz mit nicht tötenden Waffen Professoren binnen 24 Stunden ohne Gehalt zuschlagen und die Erinnerung an Sontho­ auszurüsten, in die rechte Ecke.<< rauszuschmeißen, und die Versicherungen, fen als derzeit unerwünscht zu bannen. Das tDUD. 16.liJ.198ll daß ein Rechtsstreit Sie völlig kalt lassen geht dann offensichtlich nach der Machart, wUrde, für meine Begriffe beängstigend. Ich daß der eine übernimmt, was dem anderen » ... Diese Neutronenwaffe ist geeignet, die glaube auch nicht, daß diese Aussage in Ein­ nicht opportun erscheint. Daß dabei weiter­ sowjetische Panzerüberlegenheit zu eliminie­ klang zu bringen ist mit der Parole, die CDU hin kräftig zugelangt wird, versteht sich von ren .... wolle die liberale Erneuerung Hessens. Das selbst. Dregger verabrecht starken Toback. Es wäre also im Grunde nicht Aufgabe der Gegenteil ist der Fall. So hat er zwar gewisse praktische Vorbehal­ te, doch prinzipiell keine Bedenken, daß Amerikaner, uns diese Waffe anzubieten, Da Sie aus dem politischen Geschehen der sondern es wäre unsere Aufgabe, in unserem Bundesrepublik nicht wegzudenken sind, ausgerechnet die Bundeswehr militärische Aufgaben am Persischen Golf übernehmen eigenen Interesse darauf zu drängen, daß die hätte eine solche Äußerung, wenn sie unkor­ Amerikaner diese Waffe zur VerfUgung stel­ rigiert bleibt, nachhaltige Bedeutung. soll.« CF D.P.-PrCl!.sedlensl, 06.0:!. 1980) len.« Ich bin mit freundlichen Grüßen CSDR . 1~ . 02. l 981> Heim Herben Karry IFrQIIIo/urt# /'/"... PY

8 . Die Auseinandersetzung in der FDP verschärft sich: Wir kämpfen bis zu• Umfallen! ln Berlin werden Mehrheiten vorgezeigt, Gesellschaftspolitik soll zwar geredet aber Parteiführung nicht erlauben, kurz vor droht der auf Wechsel gestimmte Graf nicht beschlossen werden. Generalsekre­ oder kurz nach dem Bundesparteitag hier­ Lambsdorff mit Blick aufden kommenden tär Verheugen spricht zum Abschluß des zu eine eigenmächtige Entscheidung zu Bundesparteitag. Er hält eine Integration Kongresses zur "Fortschreibung des Frei­ treffen. Dann würde die Debatte noch der auseinanderklaffenden Flügel seiner burger Programms". Er könnte damit die deutlicher in einen Streit zwischen 'Partei- . Partei nicht mehr für möglich. Stillind Här· Einstimmung für die nächsten Streich­ spitze und Parteibasis ausarten. Die Union te der innerparteilichen Auseinanderset­ Aktionen im Sozialhaushalt liefern, falls hat überzeugend dargelegt, daß sie im .näch• zung unter den Freien Demokraten neh­ der Bundeshaushalt 1983 bis dahin noch sten Jahr an einem juniorpar.tner nicht men immer unversöhnlichere Züge an. nicht endgültig beschlossen ist. Ähnliches mehr interessiert sei, weil sie ab dann nur Forum der Auseinandersetzung ist neu­ ereignete sich nach dem letzten Bundes- · noch auf 1984 und auf die Macht zusteu­ erdings die "BILD' 'Zeitung. Dort fordert parteitag in Köln . Auch dort gab es keine ere. Die Entscheidung muß also in Berlin MdB Gattermann in einem Interview den Beschlüsse zur Haushalts- und Sozialpoli- fallen. Rücktritt von Generalsekretär Verbeugen, Eine Weichenstellung ist bereits am 26. und wenig später erfährt der an politi­ September in Hessen zu erwarten. Ob dort schen Feinsinnigkeiten interessierte Leser der Wechsel vom Wähler gedeckt wird, ist aus einem Machtwort Möllemanns, daß äußerst zweifelhaft. Es fällt nun einmal auch und Uwe · Ronne­ nicht so leicht, zu erklären, warum der mit burger dran glauben müssen. Morlok und Abstand illiberalste CDU-Landesvorsitzen­ Lambsdorff sind von Möllemanns Gnaden de von den Liberalen zum Ministerpräsi• für die Plätze als stellvertretende Vorsit­ denten gewählt werden soll. Auch die zende vorgeschlagen. Weitere Disposition Abwandlung des alten CSU-Siogans in des selbsternannten Personalchefs - bevor "Wachstum statt Sozialismus" überzeugt er Genscher zum Bundeskanzler ernannte: niemanden so recht. Die Mitgliederver~ j ungdemokrat Lutz soll nicht mehr in den luste, die die hessische FDP seit der Pro­ Vorstand gewählt werden, dafür sei j Uli Dregger-Entscheidung hinnehmen mußte, Otto gen~hme.r. und der deutliche ivlotivationseinbruch in Morlok nimmt den Vorschlag dankend vielen Kreisverbänden, sollen durch massi­ auf und erklärt seine Kandidatur. j Uli ve Unterstützung der Bundespartei wett­ Otto wird sicherlich . auch kandidieren, gemacht werden. Aus dem gesamten Bun­ doch weiß er im Gegensatz zu Möllemann, desgebiet wurden hauptamtliche Liberale, daß Lutz laut Satzung kooptiert und z.T. gegen ihre politische Einstellung, nach nicht gewählt ist. Hessen geschickt, einige Hundert Wahl­ Hinter diesen Stellvertreterkriegen helfer zusätzlich eingestellt. steckt weniger Personalgerangel a ls die Kontroverse um die Richtung der FDP. . Ihnen voran zieht Dietrich Freiherr von Immer deutlicher zeichnet sich ab, daß Selbsternannter F.D .P. -Personalchef: Cumppenberg. Der ehemalige CSU-Land­ der Berliner FDP-Bundesparteitag eine Möl/emann tagskandidat verteilt Weißwürste, um In­ Grundsatzentscheidung über die Rich­ tik, aber wenige Wochen später begann die teressenten an den Informationsstand zu tung der Partei treffen muß. gesellschaftspolitische Wende zum Wak­ locken. Er läßt sich wohl 'nicht so leicht Wenn es nach der vorläufigen Tages­ keln. einschüchtern, weil etwa die .Fuldaer Libe­ ordnung geht, findet im von Maklern und Kristallisationspunkt der jetzigen Dis­ ralen, die nach einer einstündigen Be­ Baulöwen geschüttelten Berlin die Wende kussion ist die Koalitionsfrage. Der ange­ schimpfung durch die Bürger ihre Sachen nicht statt. Über Fragen der Sozial- und schlagene · Zustand der FDP wird es der wieder einpackten und nach Hause zogen.

9 Die anfanglieh eher pessimist ische Er­ wollenden Dulden, aber nicht zu einer wartungshaltung der hessischen Spitzen- . Teilnahme entschlossen. Er wiedersprach Vor einem Jahr noch als Sollbruchstelle liberalen hat sich dagegen gewandelt: Seit nicht, als der Vorstand beschloß, die Ein­ flir die sozia l-liberale Koalition eingeplant, dem Gespräch Genschers bei Dregger strah" ladung an den schleswig-holsteinischen ist die Außen- und Sicherheitspf)litik in­ len sie Siegeszuversicht aus. Von .der Aktivverteiler zu verschicken. Im Veran- zwischen, neben der Wirtschaftspolitik, · Unionsspitze ungestört, versuchen sie seit­ zum zentralen Feld der inhaltlichen Aus­ dem, intelligentere CDU-Wähler anzu­ einandersetzung zwischen den Flügeln der sprechen. Handwerksverbänden, · Ar.zten F.D.P. geworden. Die friedenspolitische und Apothekern wird ziemlich unverblümt Diskussion in Partei und Bevölkerung hat klar gemacht, daß die Stimme fürdie hessi­ die F.D.P.-Führung gezwungen, Forderun: sche F DP auch eine . Stimme für den gen nach einer sicherheitspolitischen Kurs­ Wechsel in Bonn ist. Um dies zu unter­ korrektur zur Kenntnis zu nehmen. Des­ strelcheri ; wählte Möllemann dann auch halb wird in Berlin, wo einen halben Tag ausnahmsWeise nicht die "BILD" sondern lang über die Außenpolitik beraten werden die "Zeit" zu r Verlautbahrung. _ soll, auch darüber entschieden, ob es in Doch vielleicht ist es noch nicht zu dieser Frage tatsächlich zu einer An­ spät: Einen Tag bevor der Wähler in Hessen näherung zwischen Parteispitze und auf­ die letzte sozial-liberale Länderkoalition müpfiger Basis kommt. verabschiedet, treffen sich im schleswig­ Wenn nicht in ·der strittigen "Nach­ holsteinischen Norderstedt 250 bis 300 rüstung", so doch hinsichtlich der lang­ Liberale, um ein Plädoyer für eine sozial­ fristigen friedenspolitischen Perspektive, liberale Zukunft zu halten. Nicht nur räum• so ein Präsidiumsmitglied, solle ein neuer lich werden diese Liberalen meil enweit von Konsens in der Sache begründet werden. Auch jenes Drittel der Delegierten, das Nach der dritten Austrittswelle in der Kas­ im Mai vo rigen Jahres auf dem Kölner seler F.D.P. unumstritten: Wurbs Bundesparteitag nicht nur den NATO­ staltungskalender . der Partei soll das Beschluß, sondern Genschers Außenpoli• · Treffen jedoch nicht auftauchen. tik insgesamt abgelehnt hatte, müsse in Sein Präsidiumskollege Richard Wurbs die neue Friedens-Strategie flir d ie Zukunft hat derweil in Kassel keine Probleme mehr eingebunden werden, so die Überlegung mit den fo rtschrittlichen Li beralen. Die der liberalen Vor-Denker we iter. Als ge­ dritte Austrittswelle ·innerhal b von nur eignete Forderung wurde das Konzept zwei Jahren hat ihn . zu . einer unumstritte­ der atomWaffenfreien Zonen entdeckt. An neil .Figur in seinem_Kreisverband gemacht. sich nichts Neues, denn bereits in den 50er Ähnlich will er nun auch auf Bundesebene und 60er Jahren gehörte dieser Pu nkt zum die Linken vergraulen. Fundament des außenpol itischen F.D.P.­ Als sein Präsidiumskollege Lahmann aus Profils. Erst beim Kqlner Partei-Ko ngreß dem Urlaub zurückkam und . auf seinem im letzten Jahr waren atomwaffenfreie Schreibtisch eine "Bremer Initiat ive " vo r­ fand; war er alles andere als glücklich, Da Uwe Ronneburger, Schwierigkeiten mit forderten Parteifreunde einen Parteibei­ Norderstedt tragsboykott,_ weil die Mittel an die Jung­ ihren hessischen Parteifreunden entfernt demokraten gestrichen worden waren. In sein. einem Brief an Wurbs forderte er die Aus­ . Solche öffentliche Diskrepanz ist nach zahlung der den Jungdemokraten ver - Ansicht des FDP-Generalsekretärs Ver­ sprochenen Mittel. Doch Wurbs dachte heligen schädlich. ln einem Brief an Heiner nicht daran. Bremer, Helga Schuchardt . und William Zusammen mit rechten Parteifreunden Borm, die zusammen mit 50 weiteren planen sie einen weiteren Coup für den Fu ~ ktionsträgern der FDP zu die5er Nach­ Bundesparteitag. Sie wollen eine völlig folgekonferenz des Kölne~ Kongresses neue ~artei-Satzung beschließen lassen. unter . dem- Motto:· "Noch eine Chance Mit diesem Trick bräuchte man keine für · d.ie Liberalen" eirfgeladen haben; hat Zwei/urittel Mehrheit um die J ungdemo­ er die Schuld für das schlechte Abschnei­ kraten aus allen Parteipositionen heraus­ den der hessischen FDP schon vorab an die zukegeln. Es ist üblich bei der Verab­ Adressaten verteilt. Aber: "Was können schiedung einer neuen Satzung, daß fü r wir dafür, daß die anderen die gemeinsartl Abstimmungen über einzelne Fragen die auf·. Bundesebene beschlossene sozial-li­ einfache Mehrheit genügt. Die neue Ge­ perale Linie verlassen?" kommentiert einer samtsatzung wird dann als Änderungsan­ der schleswig-holsteinischen OrganiSatoren. trag zur alten Satzung zur Abst immung. ln der Tat: . Wäre dieser Kongreß vor vier gestellt. Daß dann mehr als ein Drittel Jahren als Strauß/Dregger-Tribunal durch­ der Delegierten eine neue Satzung platzen' geführt ',Vorden, die Parteispitze. hätte ihn läßt, nur weil sie in einer Einzelabstim­ Zo nen, ebenso wie die Forderung nach noc'h als Willkqmrne ne und p~s~eripe Unter: mung unterlegen war, das - so li: a lku li er~ n ­ einem Veto-Recht dem Einsatz auf deut­ schem Boden stationierter Atomraketen stützung'für Hessen ·und 'Bayern ·gelobt. · die Wurbs-Leute - hat es noch nie gege~ gegenüber, auf Vorstands-Geheiß aus den Uwe Ronneburger, überzeugter Sozial­ ben. F .D.P .-Beschlüssen gestrichen word~n. liberalet, merkt, daß er mit dieser Veran- . Doch die in Satzungsfragen nicht ganz un­ Nachdem inzwischen Hunderttausende für staltung ·in Schwierigkeiten kommt. Einer­ bedarften Jungdemo kraten basteln derweil den Frieden marschierten, schreckt auch . seits nimmt seine gesamte Landtagsfraktion schon an einer Gegenstrategie. Denn, wie die liberale Spitzenriege vor dem drohen­ an ·dem Treffen teil, andererseits wird Gen­ man sie in letzter Zeit immer wieder den Vorwurf zurück, sie führe einen scher · nicht akzeptieren, · wenn er hin doppeldeuteln hört: Raketen-Kurs. fährt. ln diesem Zwiespalt hat sich der 'Wir kämpfen in der Partei bis zum Um­ Darum durfte einJahrnach den Kölner Be­ Landesvorsitzende bisher zu einem wohl~ . fallen" schlüssen ausgerechnet Jürgen Möllemann . 10 .. ---. -j

Friedenspolitische Diskussion in der F.D.P.: Eingeplantes Stönnanöver die unvorbereitete Öffentlichkeit mit einem Plädoyer für das von ihm zuvor be· kämpfte Ziel überraschen. An einen Ge­ sinnungswechsel des vielseitig einsetzbaren Militärexperten der Bundestagsfraktion glauben allerdings nur wenige. Der Schlüs• sel des vermeintlichen Rätsels liegt dem­ entsprechend im Detail. Der friedensbe­ wegte Möllernano will die atomwaffen­ freie Zone in ganz Europa zugleich - und damit absehbar überhaupt nicht. Landes­ parteitagsbeschlüsse etwa aus Schleswig­ Holstein oder Baden-Württemberg setzen dagegen auf die schrittweise erreichbare Ei"nrichtung einer solchen Zone, ausge­ hend von der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten. "Möllemann verkauft eine Mogelpackung", urteilt ein F .D.P.­ Außenooli tiker, "außen vielversprechend, innen dann enttäuschend." Ob es dem quicken Verkaufskünstler gelingt, sei­ ,.,,.;-. nen Plan und einige ähnliche Vorhaben <~ bis zum Bundesparteitag als friedens­ Vierzig Prozent der Delegierten "stimmten 1980 in Köln gegen die geplanten neuen Mittelstreckenraketen politisch wegweisend zu vermarkten, wird inzwischen auch im Parteivorstand legenheil zur Beratungs-Blockade. Daß der litischen Bundesfachausschusses ei"nen bezweifelt. rüstungs-kritische Borm-Ausschuß letztlich Sonderparteitag zum Jahresende 1983 an. Der Trend zum Konsens im Perspekti­ auf Minister-Kurs geht, glaubt jedoch auch Weder den Amerikanern noch der Bundes­ vischen hat sich im Fachausschuß unter im Auswärtigen Amt niemand. Noch im regierung dürfe im Hinblick auf die drohen­ Vorsitz von Borm bislang noch nicht be­ vergangeneo Jahr hatte Genschers Ministe­ de Raketen-Stationierung ein Blanko­ merkbar gemacht. Borms Stellvertreter im rium verlangt, in den offiziellen F.D.P.-Bro­ Scheck übergeben werden. "Weitere uns Ausschuß-Vorsitz, Präsidiumsmitglied Uwe schüren das in der NATO außer Mode ge­ zuvörderst selbstgefährdende Aufrüstungs• Ronneburger, hatte denn auch große Mühe, kommene Wort "Entspannung" zu strei­ zumutungen über unsere Köpfe hinweg seine Kollegen von der Verläßlichkeit der chen. Die F .D.P.-Außenpolitiker im Bun­ können wir nicht länger hinnehmen," stellt amerikanisch bestimmten NATO-Politik zu desfachausschuß hingegen erinnern sich der Wortführer der liberalen Rüstungs• überieugen. · Außenminister Alexander noch sehr gut an das von ihnen mitfor­ kritiker dazu fest. Haig, so die Argumentation von Entspan­ mulierte Programm zur Bundestagswahl An der Schlüsselbedeutung der "Nach­ nungsfreund Ronneburger, sei der Garant 1980. Dort wurde die Forderung nach kon­ rüstung" gibt es inzwischen im F.D.P.-Vor­ für Kontinuität und Glaubwürdigkeit der sequenter Fortsetzung der Entspannung als stand kaum noch Zweifel. Die Raketen, er­ transatlantischen Bündnispolitik. Haigs blaugelber Faden liberaler Außenpolitik kennt Gerhart Baums Staatssekretär von Wort gebe beim Präsidenten den Aus­ proklamiert, damals noch unbestritten. Schoeler, sind "das Symbol für eine ge­ schlag - notfalls auch gegen die Auf­ Daran soll die F.D.P. nach dem Willen scheiterte Außenpolitik". Parteichef Gen­ rüstungsbefürworter um Caspar Weinherger von William Borm jetzt wieder anknüpfen. scher aber hat sein politisches Schicksal und das Pentagon. Der Zeitablauf gab den Der Altliberale strebt an, die unter Hans­ mit dieser Außenpolitik verbunden. Ihm liberalen Kritikern des Reagan-Kurses Dietrich Genscher verlorengegangene atom­ sind Kompromisse abverlangt, wenn ein schneller als vorhersehbar recht. Noch vor waffenkritische F .D.P.-Tradition wieder­ neuer sicherheitspolitischer Konsens der li­ Abschluß der abendlichen Ausschuß-Dis• aufzu nehmen und im Dialog mit der Frie­ beralen möglich werden soll. Daran wird kussion meldeten die Agenturen, daß Ale­ densbewegung zeitgemäß zu aktualisieren. von prominenten Liberalen gezweifelt. xander Haig, Garant der Beständigkeit, zu­ Borm will, so sieht es ein von ihm vorgeleg­ "Genscher kommt nicht vom Eis", urteilt rückgetreten sei. ter Leitantrags-Entwurf für den Berliner ein Vorstandskollege schon heute pessi­ Haig-Freund Hans-Dietrich Genscher Parteitag vor, mit der F .D.P. eine zuerst an mistisch. war überrascht, doch nicht unzufrieden. europäischen Interessen orientierte Außen• Zweifel an der Partei-internen Kompro­ Sein Beauftragter für die außenpolitische politik verwirklichen. Auch im Konflikt mißbereitschaft nährte in diesen Tagen die Vorbereitung des Berliner Bundespartei­ mit den USA müsse Westeuropa an der Ent­ F.D.P.-Bundesgeschäftsstelle. Sie strich tags, der F.D.P.-Diplomat Barthold C.Witte spannung festhalten, mehr noch : diese aus­ dem von William Borm geleiteten Bundes­ aus dem Auswärtigen Amt, hat es bisher bauen. Die Rüstungsspirale könne nur fachausschuß die vorgesehene Tagung zur noch verstanden, den endgültigen Beschluß durch sorgfaltig kalkulierte einseitige Verabschiedung des außenpolitischen Lelt­ über einen Grundsatzantrag des Fachaus­ Schritte des Westens durchbrachen wer­ antrags - aus allgerneinen Kostengründen, schusses erfolgreich zu verzögern. Witte rlen - als Aufforderung zur Gegenseitig­ wie Bundesgeschäftsführer Fritz Fliszar aus sitzt in einer Schlüsselposit io n : durch die keit. Statt einer Konfrontationspolitik sei dem Dehler-Haus mitteilte. Derartige Stimme des auf Integration der unter­ es notwendig, Zusammenarbeit und Inter­ Störmanöver hatten die liberalen Außenpo• schiedlichen Strömungen bedachten Borm essenausgleich durch umfassende Sicher­ litiker schon eingeplant. Sie reisen nun auf wurde er in den Vorsitz des für die Antrags­ heitspartnerschaft zu festigen. eigene Kosten nach Bonn, um dort am vorbereitung federführenden Arbeitskreises Hinsichtlich der endgültigen Entschei­ 2.0ktober endgültig über ihren Grundsatz­ für Abrüstung und Rüstungskontrolle ge­ dung der F.D.P. über den NATO-Doppelbe­ Antrag zum Berliner Parteikonvent zu be­ wählt und nutzte dort gleich manche Ge- schluß strebt der Vo rsitzende des außenpo- schließen. n Helga Schucharclt charakterisiert die Grünen: •»Ein notwendiger Farbtupfer<<

Pluralismus ist für Liberale ein wichtiger nativen oder die Grün-Alternativen, Berühr• tung1 gibt es jetzt wohl Anlaß genug für die Bestandteil der Demokratie. Verglichen mit ungsängste und das Risiko, seine Stimme Parteien, sich selbstkritisch zu überprüfen. anderen demokratischen Ländern läßt der für chancenlose Gruppierungen zu vergeu­ Wir wissen heute über unsere Zukunft Pluralismus in der Bundesrepublik noch den, ziehen nicht mehr. mehr als irgendeine Generation vor uns. viel zu wünschen übrig. Allein das gestörte Nun haben wir diesen neuen Farbtupfer Nicht nur die Rohstoffreserven sind be­ Verhältnis zu Begriffen . wie links oder in unserer politischen Landschaft, und der grenzt, unsere natürlichen Lebensgrundla­ re.Ohts macht dies deutlich. Bei uns werden tut dringend not, vorausgesetzt, man hält gen werden zerstört. Ob Wasserversorgung diese Begriffe gern als Schimpfworte einge­ Pluralismus für eine wichtige Komponente oder Klima, es kann nicht mehr ernsthaft setzt. Die Parteien, wen wundert es, be­ in der Demokratie. bestritten werden, daß beides für den Fort­ streiten deshalb den Kampf um die Mitte, Wir Deutschen sind ja ein ordentliches bestand des Lebens der Menschen auf unse­ was immer das ist. Politische Konkurren­ Volk. Und Ordnung muß sein in der Partei­ rem Erdball stark gefährdet ist. Ob in Kern, ten·. oder neue politische Ideen konnten enlandschaft. Wo also muß man denn diese kraftwerken oder in Atomraketen, hochra­ entsprechend aus dem Feld geschlagen wer­ Gruppierungen gesäßgeographisch einord­ dioaktive Abfälle werden vielfach produ­ den; wenn man die .handelnden Personen nen? Wie gesagt, ein deutscher Politiker, ziert, bloß wohin damit, das ist noch nicht ah Linke bezeichnete, und das meinte dann der was auf sich hält, ist Mitte oder- wenn geklärt. Wir wissen zwar, daß Bevölkerungs• aUch immer gleich die Nähe zum Kommu­ es denn sein muß -Mitte-links oder Mitte­ entwicklung und Automation erhebliche nismus oder auch den Vorschlag: "Die kön• rechts. Aber wohin ordnet man nun diese Zunahmen an Arbeitslosen produzieren nen ja gleich in die DDR gehen." Also werden; wie man allen Menschen aber die brauchte man sich damit nicht auseinander­ Chance geben kann, Arbeit zu finden, zusetzen. Alles, was über diesen, von den bleibt unbeantwortet. Man könnte die Pa­ Parteien definierten Tellerrand heraussah, lette fortsetzen, ich will es aber damit be­ paßte nicht in unsere freiheitlich-demokra­ wenden lassen. tische Grundordnung. So schaffte man Be­ Verfolgt man aber die offizielle Politik, rührungsängste mit Gruppen und Ideen. so gewinnt man den Eindruck, es gäbe nur Und so haben es die Parteien geschafft, re­ ein wirklich die Zukunft gefährdendes Pro­ lativ lange unter sich zu bleiben, eher sogar blem, und das sei die Staatsverschuldung. noch manchmal mit der Tendenz zum Der kritische Beobachter stellt also fest, Zweiparteiensystem. daß die Parteien, die ihrer neuen Konkur­ Dies wäre ja vielleicht noch nicht renz immer vorwarfen, eine Einpunktepar­ schlimm gewesen, wenn die Parteien den tei zu sein, auf dem besten Wege sind, es Pluralismus in den eigenen Reihen nicht zu werden, während sich die Grünen mehr gescheut hätten. Aber auch hier war Ei­ und mehr auch in anderen politischen Ge­ nigkeit das oberste Verhaltensgebot. Jeder, bieten als dem Umweltbereich tummeln. der kontroverse Gedanken in die Diskus­ Es kann kein Zweifel sein: SPD und sion einführte, mußte sich vorwerfen las­ FDP - also die Parteien, die früher gerade sen, Streit in die Partei zu tragen, und der bei jungen Menschen einen relativ höheren He/ga Schuchardt: Wird das Argument der .Deutsche mag nun mal keine Parteien, die Zuspruch fanden - müssen die Herausfor­ Fünf-Prozent-Klausel zum Eigentor? sich ,streiten, so behauptete es zunächst die derung der Zukunft aufnehmen, wollen Führungsschicht. Also verarmte unsere po­ neue Gruppierung? Mit links hatte man es sie verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. litische Landschaft noch mehr an Pluralis­ ja schon versucht. Neu ist nun, es handele Nun stellt man aber fest- und dies hemmt mus. Der Durchmesser des Tellerrandes sich um Blut- und Bodenideologen oder So­ den Denkprozeß erheblich - daß eine an­ wt,~rde immer enger gezogen, also fielen zialfaschisten. Und je mehr sie eine auch dere Partei, nämlich die Union, auch ohne immer mehr über diesen Tellerrand hinweg. parlamentarisch-politische Große werden, zukunftsorientiertes Problembewußtsein Programmatisch hielten so manche Partei­ versucht man es mit hoffähigeren Prädika• ebenfalls hervorragende Erfolge beim Wäh• tage von SPD und FDP noch mit, nahmen ten. Die Erhaltung von Umwelt und alten ler aufzuweisen hat, ja offenbar über die Probleme kritisch auf wie z.B. die Kerne­ Werten sei ja eigentlich - wenn man es ge­ absolute Mehrheit bei Neuwahlen verfü• nergiefrage, ihre aktive Politik lief aber nau nimmt - konservativ. Nun ist es mü­ gen könnte. Dies b-ringt nun wiederum gro­ nicht selten einen anderen Weg. So fühlte ßig, weiter darüber zu lamentieren. Die ße Teile in SPD und FDP dazu, eher den sich so mancher, der in der Partei noch eine Grünen & Co. haben Unordnung in die Par­ Weg der Union als den allein Erfolgverspre­ Chance für politisches Umdenken sah, ent­ teienlandschaft gebracht. Das war ihr Ziel, chenden zu sehen. täuscht, weil programmatischer Anspruch und darin liegt auch ein Stück ihres Erfol­ Schaut man sich im Augenblick die Par­ und konkretes Handeln immer mehr aus­ ges begründet. teienlandschaft an - und die Hamburger einanderklafften. Parteien, die so ausgren­ Aber was macht die Grünen nun inhalt­ Wahl zeigt dies -, haben zwei Parteien zen; brauchen sich nicht zu wundern, ·wenn lich so attraktiv? Vor wenigen Wochen er­ oder Gruppierungen Erfolg: Die eine, die sie plötzlich Konkurrenz erhalten. klärte eine Vertreterin eines Meinungsfor­ für die künftigen Herausforderungen kein Einige Jahre konnte man sich diese poli­ schungsinstituts schlicht: "Mit den Grünen Problembewußtsein hat, un d die andere, tische Konkurrenz noch durch die 5%-Hür• verbinden viele Bürger den Begriff 'Zu­ die zwar Problembewußtsein beweist, aber de parlamentarisch vom Halse halten, nach kunft'." Eine so schlichte Aussage muß je­ keine Lösungen anbietet, sondern sich eher dem Motto, die zu wählen, hieße doch de Partei erschrecken, denn im Umkehr­ in der Opposition gefällt. 'seine' Stimmen zu verschenken. Sogar die schluß heißt dies, den Parteien wird die Zu­ We nn man sich nun zu denen zählt, die FDP verstieg sich zu diesem Argument. Ein kunftsbewältigung von einer immer größer bedroh Iic he Entwicklu nge n voraussehen, so Argument, das heute leicht zum Eigentor werdenden Zahl von Menschen nicht meh r würd e man unverantwortlich handeln, ja werden könnte. zugetraut. Versteht man unter Politik gera­ bewußt fahrlässig, wenn man nicht gleiCh­ Nun sind sie da, die Grünen oder Alter- de auch die Fähigkeit zur Zukunftsgestal- zeitig nach Strategien suchte, sie abzu-

12 r --- --·---.------Hand, sie seien ja nicht kompromißfähig, also nicht zur Zusammenarbeit fähig. Aber ist es in einer Koalition nicht geradezü selbstverständlich, daß ein Partner sagt: "H ier sind wir nicht bereit nachzugeben?' - oder wie muß man deuten, daß die FDP bei der Arbeitsmarktabgabe strikt Nein sagt. Am Tage, an dem dieser Beitrag ge-" FD-P schrieben wurde, las man in den Zeitungen," der Fraktionsvorsitzende der FDP im rhein" land-pfälzischen Landtag habe gesagt, d~ß ein Fortbestehen der sozialliberalen Koali­ tion nur dann akzeptiert werden kÖnne, wenn die SPD alle Forderungen der FDP übernimmt. Na, so etwas soll die GAL mal zur Zeit in den Tolerierungsverhandlungen mit der SPD in Harnburg sagen. Kurzu~, die Grünen geben vor, mit der Fundamen­ talopposition etwas ganz Neues einzufüh~ ren, und ihre Gegner nehmen dies so alif und verwenden Argumente dagegen, die es ,;Herr Genscher, suchen Sie etwot?" Zeichnung: Deullcheo Allgemeines Sonntogoblatt/Wolter fertig bringen, das eigene Verhalten als nicht koalitionsfähig zu beschreiben. Ist das vielleicht auch eiri Grund dafür, daß wenden. trotzzusätzlicher Wahlmöglichkeit auf dem Erfüllen da die Grünen eigentlich ihr renz der Grünen entweder konservative Mehrheiten . produziert hat oder Regieren Stimmzettel mehr und mehr Menschen gar Klassenziel? nicht wählen? unmöglich gemacht hat. Und dies alles auf Es darf kein Zweifel aufkommen, die Politik zu machen, heißt Populäres, aber Fortschritte, die im Bereich der Umwelt er­ dem Hintergrund der Herausforderungen, vor denen wir stehen. Dies ist nicht gerade auch Unpopuläres vertreten zu müssen. Ge- · reicht wurden, wären ohne die "Grüne rade die Herausforderungen der Zukunft Lobby" nicht möglich gewesen. Die Grü• ermutigend. anzljnehmen, heißt Mut zu 1,1npopulären nen haben zwar die Probleme nicht erst Nun versichern uns die Aktivisten der Entscheidungen. Wenn z.B. Bloom & Voss entdeckt, aber sie haben den Boden berei­ Grünen immer wieder, sie wollten auch gar in Harnburg keine Kriegsschiffe oder Kern­ tet, Forderungen aus de.n Parteien mehr­ nicht regieren, ihr Ziel sei die Fundamen­ kraftwerke oder Panzer mehr bauen soll heitsfähig zu machen und damit durchzu­ talopposition. Unsere Demokratie besteht und Betriebe ab sofort Einleitungsverb~;>te setzen. Dies ist aber weniger der Erfolg der nun aber einmal aus dem Prinzip, politische von Abwässern mit Schwermetallanreiche­ Grünen als "Parteiorganisation", sondern Entscheidungen durch Mehrheiten herzu­ rungen in die Eibe erhalten - und das so­ vielmehr der Macht der Bürgerinitiativen zu stellen. Und durch den Prüfstand der alle fortige Handeln und Verlangen danach ist verdanken, und die tuen gut daran, sich vier Jahre stattfindenden Wahlen werden überparteil ich zu verstehen. die Parteien, die ihre Politik auch tatsäch• Aber welchen Verdienst haben die Grü• lich durch Regierungsbeteiligung zu ver­ nen oder Alternativen als Wählerverein? wirklichen beabsichtigen, versuchen, ihre Nehmen Wir Schleswig-Holstein: Dort politischen Ziele mehrheitsfähig zu ma­ hatten SPD und FDP die Chance, eine sozi­ chen. Und dies geht nicht durch Diktat, alliberale Koalition zu bilden. Beide woll­ sondern nur durch Überzeugung, und das ten z.B. Brokdorf verhindern. Die Grünen ist ein mühsamer Prozeß. Parteien und traten dennoch an und sorgten so dafur, Wählergemeinschaften, die ihre Auffassung daß die Union knapp, aber eben mit einer als Minderheiten meinen, ohne Mehrheits­ Stimme Mehrheit weiter regieren konnte. bildung durchsetzen zu können, sind demo­ Frage: Geht es den grünen Aktivisten wirk­ kratiefeindlich. lich um die Sache, oder könnte man nicht Aber zurück zur Fundamentalopposi­ auch vermuten, daß sie schon dem unter­ tion. In bestimmten Überlebensfragen kann liegen, was sie den Parteien und ihren Po­ es in der Tat keine Kompromisse geben, litikern vorwerfen, nämlich nur die eigene weder für die Grünen, aber auch nicht für Profilierung im Auge zu haben. die anderen Parteien. So werden wir Wege Oder nehmen wir Baden-Württemberg: einschlagen müssen, um kompromißlos z.B. Dort verpaßten die Grünen ihrem Bündnis• das Waldsterben zu verhindern oder das partner Eppler eine empfindliche Niederla­ Umkippen der Weltmeere oder den Atom­ Grüne im Stuttgarter Landtag: Funda­ mentalopposition oder kompromißbereit? ge, und damit seinen Parteigegnerndas Ar­ krieg. Nur was nützt .es, wenn ich im Vor­ gument, seine politische Richtung habe feld solcher Zwänge mich unfähig gezeigt versagt. habe, durch Kompromißbereitschaft die ja . die Fundamentalopposition der Crü- , Und nehmen wir Hamburg: Dort haben Politik von der falschen Richtung in die nen -,so frage ich mich, wo sollen denn -so sie die Position des Züngleins an der Waage, ·richtige zu lenken. Gut, das sind dann die­ schnell die "freigesetzten" Arbeitnehmer aber ihr _Unvorbereitetsein auf diese Her­ jenigen, die in dem Bewußtsein unterge­ hin. Nur, saubere Eibe, keine Kernkraft­ ausforderung führt dazu, daß in Harnburg hen, sie hätten es ja schon immer gewußt. werke, keine Rüstung ist populär im Sinne nur noch verwaltet wird, nicht aber poli­ Keine Kompromisse zu schließen, heißt der Grünen, Arbeitslosigkeit wird es nie tisch geführt werden kann. Nicht auszu­ eben auch, sich schuldig zu machen, wenn sein dürfen. So kann man sich des Ein­ schließen ist deshalb, daß bei möglichen alles beim Alten bleibt. drucks nicht verwehren, daß die Grünen Neuwahlen die CDU die absolute Mehrheit Und noch ein Gedanke zur Fundamen­ wirklich meinten, es sei mit fairer ZU­ erhält. talopposition. Die Grünen sagen, bestimm­ sammenarbeit zu vereinbaren! wenn man Insofern haben wir bisher leider die Er­ te Dinge laufen mit uns nicht. Dann sind selbst flir die saubere Eibe zuständig sei fahrung machen müssen, daß die Konkur- die Parteien schnell mit dem Urteil bei der und ein Partner für die negativen Auswir- ll kungen bei der Umsetzung. Arbeitsteilung, schrecklichen Vereinfacher. Die Union gibt den Bürgern den Gesetzbruch vormachen, wie sich manche .Grüne · eine. mögliche Zu­ vor, mit der Wirtschaft sei das ja ganz ein­ nach dem Motto: "Gesetze muß man ja sammenarbeit vorstellen, .wir sind für das fach, sie müsse nur an die Regierung nicht ernst nehmen; seht mich an! " Poptlläre ·1,1rid die andt?reri für das Unpopu­ kommen, und dann würde schon wieder Gerade Liberale, die Jahrhunderte für -läru!Jstäodig, kann nicht funktionieren. anständig investiert, weil das Vertrauen den Rechtsstaat gekämpft haben (übrigens Nun wird im Augenblick von Seiten der der Wirtschaft wiederkehre, und damit sogar mit Einsatz von Gewalt, allerdings Union, aber auch Teilen der FDP 'und SPD wären Verschuldung und Arbeitslosigkeit nicht in Demokratien), müssen kompro­ massiv Politik betrieben mit dem Vorwurf, auch kein Problem mehr. Die Grünen mißlos sein, wenn es darum geht, ihn zu ·wie schliml)'l :es doch sei, daß die SPD mit erwecken ihrerseits gern den Eindruck, verteidigen. Insofern müssen Liberale in dieser diffusen Gruppierung eirie Zusam­ als ob nur sie noch über politische Moral diesem Bereich Fundamentalopposition menarbeit suche. Unerwähnt bleibt dabei verfügen, die den Menschen das lang­ betreiben. natürlich, daß in einigen Kommunen die fristige Überleben. sichert, sei es durch die ln Harnburg haben 7,7% GAL gewählt, ' Union mit den Grünen in ·r'nancheri Sachfra­ Garantie der Erhaltung der Umwelt oder davon sind viele gegen Gewalt, andere gen zusammenarbeitet. Aber wenn zwei das auch die Verhinderung des Krieges. vielleicht nicht. Dieses Thema wird für die Gleiche tun, ist das eben noch larige nicht Jeder,der weiß, wie kompliziert und Grünen und Alternativen das innerpartei­ dasselbe·. Während die. CDU in Harnburg die verwoben die Probleme unserer Zeit sind, liche Konfliktthema bleiben. SPD kritisiert, ja diffamiert, daß sie mit der weiß, wie wenig dies stimmen kann. Aber Wenn man von der Gewalt spricht, die GAL spricht, um vielleicht Gemeinsamkei­ Illusionen sind schön und deshalb kann von dem einen oder anderen Vertreter der te.n zu finden, spricht in Niedersachsen die man sie auch durch Verei nfachung sich Grünen und Alternativen für möglich ge­ Wirtschaftsministerin der Union mit den' politisch zunutze mac~en. halten wird , muß man auch von der Kehr­ Grünen 'und stellt Gemeinsamkeiten fest. Die Vereinfacher können sich dann auch seite reden, nämlich den gewaltlosen Stra­ Das politische Geschäft mit diesem Thema immer etwas anderes zunutze machen, tegien. Es würde zu weit führen, bier über ist zur Zeit eines der widerwärtigsten. nämlich die Unwissenheit vieler Bürger, den sozialen Widerstand zu schreillen. Nur wenn es um die Finanzierung ihrer Ver­ so viel: Ich wünschte, unser Volk wäre sprechen geht. So gibt es gerade bei den mutig genug dazu. Ich bin aber mehr als Grünen und ihren Anhängern ein Patent­ skeptisch. Aber ich finde, auch die Parteien rezept, nämlich den Verteidigungshaushalt sollten diese Gedanken aufnehmen, we il sie Damit kann man dann das ins Sch lingern in der Tat geeignet sein könnten, die Ver­ geratene Sozialsystem füttern und natür• teidigung unseres Landes wirksamer zu lich auch die notwendigen Lehrer ein­ machen. stellen. Nur, das gesamte Sozialbudget Die Grünen 'und Alternativen sind keine macht ca. 30% des Bruttosozialproduk­ Heiligen. Sie haben Mängel und Schwächen tes aus, das Bildungsbudget etwas über 5%, wie andere auch. Und man wird sie messen demgegenüber das Verteidigungsbudget müssen, ob sie die Herausforderungen tat­ etwa 3% des Bruttosozialproduktes. Und sächlich wirksam beantworten können. nur nebenbei sind in diesem Verteidi­ Man muß sie aber genau der gleichen Härte gungshaushalt Gehälter und Sozialleistun­ gen für Soldaten noch enthalten. Man sieht also, Patentrezepte - so schön sie manchmal aussehen - sind selten geeignet. Wenn man sich zur Zeit über die Grünen und die Parteienlandschaft insgesamt äußert, wird man das Gewaltthema wohl nicht aussparen können. Zunächst zwei Ge­ danken vorweg. Es kann keine Zweifel sein, das Problem der Wohnraumnot und der Spekulation mit leerstehenden Häusern , zuständig für das Populäre? wurde leider erst ernsthaft in die Politik Nur ein böser Traum * Abendpost aufgenommen, als Steine geflogen waren. der Kritik aussetzen wie ihre Konkurrenten Wer hat sich nun an dem Steinflug schuldig gemacht? Die Spekulanten, die Politiker auch. Um die Herausforderungen der Zukunft Noch einiges 'zum Verhalten der Grü• oder der Steinewerfer? Wer sich die bestehen zu können, bedarf es neben dem nen: Wir sprechen gern · 'von .der Arroganz Schuldzuweisung einfach macht und den der Macht: Diese hat riu_ri t?ihebliche Kon­ Steinwerfer meint, wird sich auch schuldig Prbblembewußtsein auch einer langfristigen kurrenz . erhalten, nämlich . durch die Arro­ machen, wenn Gewalt auch in unserer Strategie, die notwendigen Veränderungen auch Realität werden zu lassen. Ich hatte gan_z· d~r neuert Bewegung. Die Mächtigen demokratischen Gesellschaft auf der Tages­ ware'n ·und . sind sowieso deshalb mächtig, ordnung bleibt. Wirksame Bekämpfung von deutlich gemacht, daß den Grünen diese Strategie fehlt, und ich füge hinzu, daß sie w~il, sie alles besser wissen als die anderen. Gewalt gibt es nur, wenn die Ursachen be­ Die .· rie~en · Besserwisser mußten )a erst seitigt werden. Zweitens, als ein Hamburger auch nicht angestrebt wird. komh-!e.n; ' damit überhaupt auf bestehen­ Bürgerschaftsabgeordneter der GAL ein de Probl.er;ne. hingewiesen wurde . . Natür• Haus besetzte (übrigens, dumm genug, es Diese neue Ze itschrift soll ein Forum werden, dem Liberale versuchen, durch lich sind ~ie ' besorgter um die Zukunft - war kein leerstehendes Haus) , erregte in ond deshalb·· moralischer - und schließ• sich die ganze Gesellschaft; eine Erregung, in haltl iche Diskussio n beides zu schaffen. lich spricht man ja -für das Volk, weil die ich gern einmal vernehmen würd e, Problembewußtsein und eine politische rrian direkt aus der Basis käme. Und wenn ein Abgeordneter Steuern hinterzieht Strategie, wie die Zukunft gestaltet werden natürlich ginge es' nur um die · Sache, nie­ zu seiner persönlichen Bereicherung. kann , daß ein Überleben sicher ist. Wenn mals um die eigene Eitelkeit . . Mich stört Aber eine Demok rati e kommt ins uns dies gelingt, und ich meine, nur dann, das zutiefst. Schlingern, wenn Gewalt als Mi ttel politi­ hat der organisierte Liberalismus eine Auch in weiterer Hinsicht wiede-rholen scher Auseinandersetzung toleriert oder gar Über lebenschance, und man wird einsehen, die Grünen die üblichen · Strickmuster. akzeptiert wird. Und scho n erst recht daß er notwendig bleibt. Politisch erfolgreich waren immer die dann, wenn Abgeordnete als Gesetzgeber • Ka rikatur aus dem Jahre 1980

14 nach-drucksachen Klassisches Lehrstück und klassischer Bürger. Während F.D.P.-Generalsekretär Günter Verheugen gelegentlich noch "Ecken und Kanten" zeigt, wie sie die F.D.P. in ihrem Bundestagswahlprogramm beschlossen hat, macht Ekkehard Gries nicht nur mit der hessischen Koali­ t ionsaussage zugunsten der, CDU deutlich, wie die F.D.P. in Zukunft ausse­ hen soll: spießbürgerlich. ' Freiberufler sein, als Anwälte, als Ärzte, Bonn die Koalition mit der SPD zu unter­ das können kleine und mittlere Unterneh­ stützen. Das muß man ja erst mal verstan­ mer sein, ich würde aber auch nach unse­ den haben. rem heutigen Verständnis zum Beispiel die­ Gries: Er muß nicht schlau sein, son­ jenigen in der Gesellschaft dazurechnen, dern wir appellieren ja an den kritischen Ekkehard Gries: 'Uns wählt der klassi­ die man so allgemeinhin als Aufsteiger be­ Bürger, der seinen Verstand nutzt, und das sche Bürger' zeichnet. Menschen, die eine hohe Leistung ist etwas anderes als Schläue. Und ich glau­ Im "Heute-Journal" des Zweiten Deut­ erbringen, die auch in be~timmte Einkom­ be, daß der auch durchaus begreifen kann,. schen Fernsehens erläuterte am 12. August mensgruppierungen schon hineingewachsen den Unterschied zwischen der Bundeseqene der hessische F.D.P.-Vorsitzende, Innenmi­ sind und die ein feines Gespür dafür haben, und der Bundespolitik - da würde ich mal nister Ekkehard Gries, dem ZDF-Modera­ für politische Zielsetzung. die Friedenspolitik dazurechnen, die Ab­ tor Klaus Bresser, wer nun eigentlich noch Bresser: Gehört. also der ... Schlau muß rüstungspolitik, die Außenpolitik insge- F.D.P. wählen soll: "der klassische Bürger". dieser klassische Bürger der FDP ja sein, um . samt. Bestimmte Weichenstellungen, die Wer sich dazu gehörig fühlen darf, zu begreifen, daß die FDP in Hessen mit nur der Bundesgesetzgeber setzen kann · ~ machte Gries in diesem Interview deutlich, der CDU geht, um - wie Sie sagen - um in und dem was auf Landesebene möglich ist. · das wir hier im Wortlaut veröffentlichen: Bresser: Um dem Zuschauer eine sinn­ Deutlicher als viele andere hat der Gene­ liche Vorstellung, sagen wir mal, von die­ ralsekretär der F.D.P. dagegen beim hessi­ sem klassischen Bürger zu geben, könnte schen Reizthema "Startbahn West" Stel­ das so 'n Typ sein wie Sie? lung gegen die zuständigen F.D.P.-Minister Gries: Ja natürlich, aber nun ist das im­ bezogen. Auf einem Seminar der Theodor­ mer gefährlich, solche Vergleiche zu zie­ Heuss-Akademie, Thema: "Legitimations­ hen, weil natürlich jeder sagt, der hat's gut, und Regierungskrise? Politik im demokrati­ der ist Minister. Ich meine, jedenfalls, wenn schen Rechtsstaat der Bundesrepublik", er­ ich mich als Typ nehme, nämlich als einen klärte er, für ihn sei die Auseinanderset­ gelernten Juristen, der hart arbeiten muß zung um den Ausbau des Frankfurter Flug­ für sein Geld, der zugegebenermaßen nicht hafens ein klassisches Lehrstück, "wie legi­ schlecht bezahlt wird, dann würde ich mei­ time Minderheitsinteressen unter die Guil­ nen, alle diejenigen, die in diesem Staat ar­ lotine von parlamentarischen Mehrheits­ beiten und die Leistung honoriert haben entscheidungen kommen können. wollen und nicht weggesteuert haben wol­ Er erläuterte dies: len, die selbst Verantwortung tragen, die "Ich habe damit gemeint, daß man sich auch eigenes Risiko tragen, die sich auch nicht so ohne weiteres darauf zurückziehen engagieren in diesem Staat, für diesen darf zu sagen, ein politischer Entschei­ Staat, für die Parteien insgesamt, die poli­ dungsprozeß und eine politische Entschei­ tisches Wollen auch artikulieren können, dung ist dann auf jeden Fall demokratisch und die bereit sind, mitzunutzen und die· legitimiert, wenn Mehrheiten auf allen Ebe­ Günther Verheugen: Guillo.tine von Mehr­ auch die Zeichen der Zeit erkennen. Das nen des Prozesses dahintergestanden haben heitsentscheidungen sind · alle die, die wir ansprechen wollen. und auch bei der letzten Entscheidung da­ Das ist für mich die Frage, kann eine de­ Bresser: Was ist das eigentlich, ein kl as­ hinterstehen, und wenn alle in der Verfas­ mokratische Mehrheitsentscheidung auch sischer Bürger? sung vorgeschriebenen Formen und Mög- solche Minderheitsrechte und Minderheits­ Gries: Der klassische Bürger ist der gute 1ichkeiten der Einwirkung von einzelnen ansprüche außer Kraft setzen, die aufgrund Bürger, das ist der Steuerzahler, das ist der oder Gruppen tatsächlich bestanden haben, klarer Wertentscheidungen zustande ge­ Bürger der arbeitet, das ist der Bürger, der daß dann etwas schon unbedingt legiti­ kommen sind, und kann am Ende eine sol­ seine Rechtsordnung hält, aber ich vermu­ miert sei. che Mehrheitsentscheidung durchgesetzt te, daß Sie nicht den meinen. Was mich zu dieser Frage veranlaßt hat, werden mit dem Einsatz des staatlic.hen Bresser: ja, meinen Sie den Rechtsan­ ob das wirklich so ist, war die Startbahn­ Gewaltmonopols? walt, den Studien- und Regierungsrat mit West in Frankfurt. Wer sich damit ein biß• Das kann doch nicht in Ordnung sein, Vorgarten und Rücklagen, den Unterneh­ chen beschäftigt hat, dem springt ins Auge, wenn wir ein Land haben, wo Hunderttau­ mer, meinen Sie diesen Typ als die Ziel­ daß hier eine nicht betroffene Mehrheit sende auf die Straße ziehen in einer solchen person der FDP? sich hinweggesetzt hat über das existenti­ Sache, und im Landtag finden Sie nicht Gries: Ich möchte das eben eingren­ elle Interesse einer betroffenen Minderheit, einen einzigen Menschen, der gegen diesen zen, ich bin kein Soziologe, sondern Poli­ wobei die Minderheit oder die Betroffen­ Wahnsinn ist. tiker, möchte diesen Begriff hier auch heit der Minderheit nicht notwendigerweise Da muß ich wirklich sagen, da hört bei durchaus als eine Zielgruppe der FDP be­ darin bestanden hat, daß man unmittel­ mir auch schon der Glaube auf, daß es nur zeichnen und entsprechend eingrenzen. bar neben dem Flughafen wohnt, sondern eine Funktionskrise ist, daß also die Par­ Und da würde ich all diejenigen, die Siege­ in der Bereitschaft, sich mit dem ökologi• teien, die ihre Instrumente bedienen sol­ nannt haben, dazurechnen. Das heißt, die schen Grund.Problem, um das es hier geht, len, das nicht richtig können, sondern da große Zahl derjenigen in unserem Land, die auseinanderzusetzen und hier eine Wertent­ fange ich doch wirklich fast an zu glauben, zum Beispiel selbständig sind. Das können scheidung zu fällen. daß es eine Systemkrise ist." 15 Atomenergiepolitik Krieg ge n ie Enkel F.D.P~-Mi n i ste r br-e che n ·Wahlversprechen

Hans Friderichs, damals noch auf dem desparteitagsbeschluß der FDP 1977 hieß. vergleichsweise ruhigen Posten des Wirt­ Bis heute - zuletzt im Bundestagswahl­ schaftsministers, tippte mit dem Finger an programm 1980 - akzeptiert die FDP den die Stirn und zeigte seinen Parteifreunden Atomstrom nur für einen 'etwaigen Rest­ einen Vogel. Sie hatten für einen Stopp des energiebedarf'. ln Kiel wurde sogar festge­ Ausbaus der Atomenergie gestimmt. Nach­ legt, dies gelte nur nach 'Ausschöpfung al­ folger Lambsdorff hält von den Beschlüs- ler anderen Möglich keiten'. - sen seiner Partei auch nicht viel und er­ Die derzeitige Entwicklung bei der klä rt, daß wir 'einfach nicht die Option ha­ Stromnachfrage müßte die FDP-Spitze zu ben, auf Kernenergie zu verzichten, wenn der Feststellung veranlassen, daß es keinen wir Lebensstandard und Lebensqualität, Restenergiebedarf geben wird. Die in Kiel d ie wir erreicht haben, auf die Dauer si­ besch lossene Aufrechterhaltung der 'Op­ chern und ausbauen wollen.' tion gegen Kerntechnologie(n)' war weit­ Selbst wenn die FDP-Spitze den von sichtig. Denn ein Mangel an Energie - spe­ End- und Zwischenlagerung sind weiter­ Hans F riderichs gescholtenen Moratori­ ziell an Strom - ist heute nicht auszu­ hin ungelöst umsbeschluß des Saarbrücker Bundeshaupt­ machen. Entgegen der prophezeiten Steige­ ausschusses noch im selben Jahr au f rungsraten bl eibt die Stromnachfrage sta- Bei den heutigen Überkapazitäten wäre dem Kiel er Bu ndesparteitag verwässerte, bjl. Von 1979 bis 1980 ging sie um etwas auch die Stillegung von Atomkraftwerken wurde di e dann gegebene Zustimmung der mehr als ein Prozent zurück. Statt der vor- ke in Problem. FDP zum Atomstrom an Bedingungen ge­ ausgesagten mehr als 5 Prozent pro Jahr Doch selbst, wenn d ies alles ganz anders knüpft, die die Liberalen zur Zeit in ihrer ist der Strombedarf in den letzten beiden wäre und der Strom wegen Versorgungs- Beschlußlage zu einer Anti-Atom-Partei Jahren nur um etwa ein halbes Prozent ge- engpässen ab und zu abgeschaltet werden machen. stiegen. ln der Elektrizitätswirtschaft müßte, dürften die FDP-Min ister, wenn sie Denn damals konnte noch mit ausge­ existiert alles andere als Mangel. Die Über- das ernst nähmen, was die FDP dem Wähler henden Lichtern gedroht und ein ständig kapazitätensind beträchtlich. versprochen hat, nicht - wie jüngst durch rapide steigender Strombedarf al s unaus­ Die Stromkapazität der Kraftwerke be- Innenminister Baum · geschehen - weitere weichlich prognost iziert werden. Mit allem trug 1970 schon 50,8 Gigawatt (GW). Die- AKW's genehmigen. rechnete man ·damals, nur nicht mit der Be­ se sogenannte Engpaßleistung wurde bis Denn selbst, wenn tatsächlich nach Aus- reitschaft der Verbraucher, Strom zu 1979 auf 87,7 GW gesteigert. schöpfung aller anderen Möglichkeiten ein sparen. Die tatsächlich benötigte Leistung, die Restenergiebedarf verbleiben sollte, waren So verließen sich die Atomlobbyisten sogenannte Höchstlast, stieg dagegen im die Parteitage immer noch nicht bereit, auf Steigerungen des Strombedarfes, der selben Zeitraum nur vo11 35,6 GW auf dem Atomstrom grünes Licht zu geben. Atomkraftwerke erforderlich macht 'zur 50,2 GW. Die Reserveleistung wuchs da- Auch dann müsse erst 'die sicher beherrsch­ Deckung des in der zweiten Hälfte der mit von 42,7% auf 74,7%. Die Leistung von bare Endlagerung hochradioaktiven Mülls' 80er Jahre entstehenden Restbedarfs an 1970 hätte also dafür gereicht, daß 1980 als Voraussetzung erfüllt sein. · Kraftwerkleistung', wie es im Kieler Bun- die Lichter nicht ausgehen. Auf dem Bremer Bundesparteitag der ,------~'------, ------, Energiepolitik Arbeitsbeliebt der FDP-Fraktion : Wahlprogramm 1980 im Deutschen I Alle Möglichkeiten der rationellen Energienutzung und alternativer Energien sind so weit auszunutzen, daß der Einsatz von Kernenergie überflüssig werden kann. Für den Zeitraum und das Ausmaß der Anwendung der Kernenergie verweist die FDP auf ihre Beschlüsse von Kiel 1977, Mainz 1978 und Bremen 1979 .

VERSPROCHEN Initiativen -- Bei einer weiteren Verdrängung des Öls aus Kraftwerken und stagnierendem Braunkohle- und Erdgaseinsatz müssen Steinkohle und Kernenergie einen größeren Beitrag für die Stromversorgung leisten. Aus den energie- und industriepolitischen Zusammenhängen zwischen wettbewerbsfähigem Strom­ preisniveau, Investitionsbereitschaft vor allem stromintensiver Industrie, Besc häftigung und wirtschaftliche Entwicklung im allgemeinen und den Folgen für die deutsche Zahlungsbilanz spricht sich die Bundesregierung für eine zügige Abwicklung der anstehenden Kernkraftwerksprojekte und einem weite- GegenübersteDung ' ren Zubau von Kernkraftwerken im Rahmen des Bedarfs aus. Bei der Realisie- Wahlprognmnn 1980 [ rung des Entsorgungskonzeptes sind Fonschritte im Bau von Zwischenlagern Parlamentarische Verwirklichung 1 und bei der Erkundung von Endlagern erzielt worden; die Wiederaufarbeitung _j ist nach dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik sicherheitstech- L-'======-~===-=--===:_ ___ n~i~sc~h~re~a~h~- s~ie~r b~~ar~u~nd unter ökologischen Aspekten positiv _zu___ b_ew __ e_rt_e_ n_. ______J ln einer soeben erschienenen Halbzeitbilanz der FDP-Bundestagsfraktion wird ohne Kommentar dargestellt, daß zwar die FDP ver­ sprochen hat, die Atomenergie überflüssig zu machen, die FDP-Minister jedoch aus industriepolitischen Zusammenhängen heraus die Atomenergie forcieren.

16 Liberalen hat ihr Vorsitzender Genscher Das Trockenlagerungskonzept ist also strom kann die wachsende Wirtschaft mit formuliert, warum man nicht sagen darf, noch nicht einmal theoretisch ausgereift. genügend Energie versorgt werden, so heißt 'mit dem Müll sollen spätere Generationen Die Lang:zeiterfahrungen, die notwendig es heute, nur mit Investitionen bei Atom­ fertig werden'. Dies sei 'Krieg gegen unsere: wären, um überhaupt zu einer Beurteilung meilern lasse sich die Wirtschaft zu Wachs­ Enkel', der Lagerfähigkeit der Behälter über Jahr- tum ankurbeln. Betrachtet man den derzeitigen Stand, , ·zehnte hinweg zu kommen, liegen ·natür• Lambsdorff betont außerdem, daß wir so sind die Experten in der Bundesrepublik lich nicht vor und können auch nur durch bei dieser -Technologie 'unsere Exportchan­ von der geforderten sicher beherrschbaren Probelagerungen über entsprechende .Zeit­ cen nicht verlieren' dürfen. Den Kostenvor­ Endlagerung so weit entfernt, daß Zweifel räume hinweg gewonnen werden. sprung der AKW's, den er auch gern als aufkommen müssen, ob sie je erreicht wird. Atomkraftbefürworter Lambsdorff ver­ Argument benutzt; kann er kaum belegen. Das ursprüngliche Konzept der Bundes­ weist dagegen mit Genugtuung darauf, daß Denn was uns letztendlich die Aufberei­ regierung, das die Schaffung eines integrier­ die Bundesregierung mit den Bundeslän• tung u_nd Entsorgung der Ato mbrennstä• ten Entsorgungszentrums mit Zusammen­ dern einen Maßnahmenkatalog zur Be­ be einmal kosten wird, kann er natürlich fassung aller Anlagen, die für die Behand­ schleynigung des Genehmigungsverfahrens auch nicht wissen. Durch die explosive lung bestrahlter Brennelemente notwendig ausgehandelt und zu dem gleichen Zweck Kosienentwicklung beim Bau des schnel­ sind, an einem Standort beinhaltete, schei­ die atomrechtliche Verfahrensordnung ge­ len Brüters in Kaikar und des Hochtempe: terte an der Weigerung von Ministerpräsi• ändert hat. raturreaktors in Hamm-Uentrop werden die · dent Albrecht, .in Gorleben eine Wiederauf­ Bei der Entsorgung sieht er in jüngster Kostenprognosen der AKW-Fachleute oh­ bereitungsanlage zu errichten. Die dann Zeit 'handgreifliche Fortschritte'. nehin nicht mehr sonderlich ernst ge.' folgende notgedrungene Umwandlung des 'Die . Baugenehmigungen für das erste nommen. Konzepts eines integrierten Entsorgungs­ zentrale Brennelement-Zwischenlager in Lambsdorff ist · jedoch insgesamt opti­ zentrums in ein integriertes Entsorgungs­ Gorleben s_ind erteilt worden, die Ballar­ mistisch, sieht er doch 'Zeichen eines Um­ konzept hat das Entsorgungsproblem einer beiten am Zwischenlagl!r haben begonnen.' denkprozesses zum Thema Ker nenergie in Lösung nicht näher gebracht. Die nach die­ Er verschweigt jedoch gern, daß die not- der politischen Landschaft; ich erinnere an sem Konzept vorgesehene Trennung der Standorte für Wiederaufbereitung und End­ lagerung hat die Aussichten für die Durch­ setzung des Wiederaufbereitungsprojekts, als wichtigem Bestandteil des Entsorgungs­ konzepts nicht verbessert. Bisher wurden noch nicht einmal Planfeststellungsverfah­ ren für Wiederaufbereitungsanlagen eingeleitet. Für die t-estlegung eines Standortes für die Endlagrung des hochradioaktiven Mülls , sind die Aussichten noch katastrophaler. Die geforderten ersten positiven Ergebnisse von geologischen Untersuchungen zum Nachweis der Eignung des Standortes für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle konnten bis jetzt nicht erbracht werden. Im Gegenteil: Das von der Physikalisch technischen Bundesanstalt in Braunschweig in Auftrag gegebene und von Professor Duphorn erstellte Gutachten hat ausdrück• lich die Nichteignung des Gorlebener Salz­ stocks, der als einziger Standort vorgesehen ist, festgestellt. Auch bei der Zwischenlagerung über längere Zeiträume hinweg wird die Situa­ Der Energieüberfluß ist so groß, daß die AKWs abgeschaltet werden könnten tion für die AKW-Betreiber immer pre­ kärer. wendige atomrechtliche Genehmigung für die Brokdorf-Entscheidung des Hamburger Das Konzept, das die Stillegung der die Einlagerung der Brennelemente in Be­ Senats und die Beschlüsse der SPD auf ih­ Atomkraftwerke aufgrund mangelnder La­ hältern keineswegs vorliegt und ihre Ertei­ rem Münchimer Parteitag.' Soviel Lob über gerungsmöglichkeiten für die bestrahlten lung angesichts der beschriebenen Unaus­ die Sozialdemokraten gar über ihren Mün• Brennelemente verhindern soll, heißt Trok­ gereiftheit des Trockenlagerungskonzeptes chener Parteitag hört man von ihm sonst kenlagerung. Nach diesem Trockenlage­ gar nicht erfolgen dürfte. selten. rungskonzept werden die bestrahlten Und ganz so rasch kommt der Fort­ ln der eigenen Partei will er abwarten. Brennelemente in gußeisernen Behältern, schritt wohl auch nicht. Bereits für Som­ Für den kommenden Bundesparteitag will die gleichzeitig der Lagerung wie dem mer 1980 war das Erscheinen der Gutach­ er keine Angleichung der FDP-Beschlüsse Transport dienen sollen, aufbewahrt. Die ten für die Lagerung der Brennelemente in an seine Atompolitik beantragen. Unterbringung der Behälter erfolgt in La­ . Behältern angekündigt. Auch der Sommer Er kann auch weiterhin · ohne Bauch­ gerhallen. '82 geht vorüber, ohne daß die ver- . schmerzen gegen die Parteibeschlüsse regie­ Für diese Art der Lagerung gibt es kei­ sprochenen Expertisen vorgelegt werden ren. Die innerparteilichen Gegner konzen­ nerlei praktische Erfahrung. Noch nicht konnten. trieren sich derweil stärker auf die Atomra­ einmal auf Ergebnisse von Versuchsreihen Die Atomkraftbefürworter scheren sich keten als auf die Atomkraftwerke. kann man zurückgreifen. Erst zu Beginn nicht um die trüben Entsorgungsaussich­ Nur einige wenige überlegen, ob sie die des Jahres 1982 hat man, um Erkenntnis­ ten. Sie sind optimistisch, daß die Angst Verstöße geg~n das Parteiprogramm in Ber­ se über zu erwartende Probleme und even­ der Bevölkerung um ihre Arbeitsplätze lin zum Thema machen sollen. Sie fänden tuelle Lösungsmöglichkeiten zu gewinnen, größer ist als die Angst vor dem strahlen­ es ganz reizvoll, wenn diesmal Lambsdorff einen solchen Behälter mit bestrahlten den Atommüll. mit Rücktritt drohen müßte, weil die Partei Brennelementen gefüllt, im Atomkraftwerk Sie drehen deshalb ihre Argumentation seiner Atompolitik nicht folgen will. Würgassen aufgestellt. einfach um. Hieß es früher, nur mit Atom-

17 Ollo Graf La~nbsdorH/Theo Schiller Dialog zwischen FDP und F.D.P.

sehen . .Ökonomie entstammen könnten: hat in der Juli-Ausgabe von 'liberal' auf Theo Schillers Diese Heilslehre von den Selbstheilungs­ Referat 'Soziale Krise und liberale Erneuerung', gehalten auf dem Kölner Kongreß, ge­ kräften der Marktwirtschaft kommt selbst antwortet. Der Versuch eines Dialogs dieser Exponenten in der F.D.P. verdient Be­ in den USA wegen der katastrophalen so­ achtung. zialpolitischen Folgen mittlerweile in Miß• Zentraler Ausgangspunkt Schillers ist OECD - anderes vorhersagten, sagt nichts kredit. die Verantwortlichkeit der wirtschaftlichen aus über die Qualität der warnenden Stim­ Lambsdorff fällt es schwer, Schillers Aktivitäten des Staates für den men - höchstens etwas über die Prognose­ Krisentheorie der industriekapitalistischen politischen Rahmen: " Wir halten die Be­ möglichkeiten in der Ökonomie und über Wirtschaft nachzuvollziehen: Er kann sich wältigung der sozialen Fragen von heute die selektive Wahrnehmung der für die schlicht "produktivitätsinduzierte Beschäf• nach dem Maßstab der sozialen Gerechtig­ WirtschaftspolitikVerantwortlichen. Auf tigungseinbrüche als Trendphänomene keit für eine zentrale Aufgabe des moder­ die Forderung, die Qualität von Wachs- . nicht vorstellen." nen Liberalismus": Deshalb "kann ökono• turn und die sozialen und umweltpoli­ Diese Aussage sagt zunächst lediglich etwas mische Rationalität kein Selbstzweck sein, tischen Folgen zu diskutieren, geht Lambs­ über des Minsiters Phantasiepotenz aus, sondern sie muß sich am Maßstab der Hu­ dorff nicht ein. manität und der sozialen Freiheit möglichst Auch in Lambsdorffs umfangreichen Die Beschäftigungskrise ist vieler messen lassen." Katalog "anpassungspolitischer Leitsätze", ein »Strukturproblem der die die Flexibilität .r Volkswirtschaft im industriekapitalistischen »Ökonomische Rationalität Strukturwandel fördern sollen, .. ird Wirt­ Gesellschaft« ist durchaus Selbstzweck« schaftspolitik isoliert von qualitativen Aus­ wirkungen auf andere Bereiche gesehen: nichts über die logische Schlüssigkeit und Über Arbeitsmarktprobleme heißt es da­ den empirischen Gehalt des Schillersehen Lambsdorff hat hier "Verständnis• rin lediglich, daß Arbeitsplätze "in erster Ansatzes (der ja nicht voni ihm erfunden schwierigkeiten": "Ökonomische Rationa­ Linie durch verbesserte Rentabilität der wurde, sondern von vielen kritischen Öko• lität ist durchaus Selbstzweck. Denn siebe­ Produktion und höhere lnvestitionstätig• nomen vertreten wird). Die Beschäftigungs• deutet nichts anderes, als daß bei vorgege-­ keit" geschaffen werden können. Die Ar­ krise ist für Schiller ein "Strukturproblem benen politischen Zielen und Mitteln die beitsmarktpolitik hat dabei nur "flankie­ der industriekapitalistischen Gesellschaft · Verschwendung von Ressourcen so gering rende" Aufgaben. Weiterhin muß die "Mo­ mit hohem technischen Entwicklungstem­ wie eben möglich gehalten wird . ... Es bilität von Kapital und Arbeit ... durch Ab­ po": Bei gleichbleibend großem Markt macht immer Sinn, Ressourcenvergeudung bau der inflationsbedingten Steuerbelastun­ führt die Steigerung der Produktivität . - zu vermeiden. Um so mehr Mittel bleiben gen sowie durch Abbau von administrati­ dem Verhältnis von produzierter Menge übrig, um die - wie immer vorgegebenen ven Hemmnissen ... verbessert werden." zum Einsatz der Produktionsfaktoren - zu Ziele zu bedienen." Abgesehen davon, daß Schillers Fragen einer Freisetzung von Arbeitskraft. Mit an­ Die "übrig bleibenden Mittel" werden nach den gesellschaftspolitischen Auswir­ deren Worten: Rationalisierung führt - bei bei uns derzeit dazu verwendet, 1,7 Millio­ kungen nichfberührt werden, ist dieser Ka­ gegebener Marktgröße - zu Rational isie­ nen Arbeitslose zu finanzieren. Auch dies talog eine Ansammlung von Forderungen, rungsarbeitslosigkeit. Schiller sieht für diese ist Ressourcerivergeudung, die es nach die ei.nem Lehrbuch der angebotstheoreti- Dauerkrise zwei Lösungstrategien, die er al- Lambsdorffs Devise zu vermeiden gelte. Schillers Kritik am Wirtschaftssystem und am politischen System, die bei der Lö• sung des strukturellen Dauerproblems Be­ schäftigungskrise erfolglos scheinen, ist um­ fassend, zumal es für ihn "beklemmend" ist, "daß die gegenwärtigen Krisenphäno• mene nach Ausmaß und Zeitpu11kt ziem­ lich exakt so eingetroffen sind, wie sie be­ reits 1976/77 vorausgesehen und vorausge­ sagt worden sind." , Noch beklemmender sei allerdings die Tatsache, daß " unser politisches System seit fünf Jahren sehenden Auges in die jet­ zige Krise hineinschlitterte und nicht in der Lage war, politisch angemessen weit­ sichtig und zupackend zu handeln." Nach Lambsdorff "war dagegen in der empirischen Wirtschaftsforschung die Auf­ fassung verbreitet, daß dieser Trend (aus­ reichende Wachstumsraten, d.V.) sich als ausreichend robust erwiesen hätte, um die Arbeitslosigkeit in engeren Grenzen zu hal­ ten." Daß aber andere Institutionen Lambsdorff nennt zu seiner Rechtfertigung 'Was mich immer wieder in Erstaunen setzt, ist es, zu sehen, ein wie vielfältiges Le­ immerhin den McCracken-Report der ben selbst in so winzigen Pünktchen steckt!"

18 Lambsdorff: eine breitangelegte, gemischte Strategie lerdings unterschiedlich beurteilt: die Aus­ Freisetzungsprozeß (von Arbeitskräften, Der Versuch, .die für die Vergangenheit weitung-der Absatzmärkte oder die breitere d. Red.) durch Rationalisierung und Pro­ skizzierte Entwicklung in der gegenwärti• Verteilung des Arbeitsvolumens. duktivitätssteigerung ... abläuft und wie er gen Phase wieder in Gang zu bringen, wird arbeitsmarktökonomisch oder -politisch in der herrschenden Wirtschaft~olitik mit Lambsdorff vermag dieser Analyse nicht aufgefangen" wird: "Über lange Zeiten in zu folgen : ln seiner Krisentheorie geht der Entwicklung der Bundesrepublik voll­ Wer bezahlt die Zeche Schiller - vielleicht unbewußt - von "Pro­ zog sich der Freisetzungsprozeß im Rah­ duktivitätsoptimismus und Wachstumspes­ »verbesserter men wachsender Absatzmärkte z.T. durch Rahmenbedingungen«? simiSrr!us aus." Der M-inister gesteht zw~r Erweiterung der rationalisierenden Bran­ zu, daß es "Sättigun·gen in Einzelbereichen chen, vor allem aber durch sogenannten dem Begriff "Verbesserung der Rahmenbe­ gegeben hat." Insgesamt aber "gibt es nicht 'Strukturwandel', also durch die Abwande- dingungen für die Wirtschaft" umrissen. den geringsten Anlaß daflir anzunehmen, rung von Arbeitskräften in andere, wach- · Gemeint ist die massive Senkung der Pro­ daß die Bedürfnisse der Menschen befrie­ sende · Wirtschaftszweige." Und weiter: · duktionskosten, allen voran der Sozial- und digt seien. Man braucht dabei gar nicht in "Wenn die Märkte nicht wachsen oder kei. Lohnkosten, der Abbau von als "admini­ die Armutsländer dieser Welt zu schauen." ne neuen Märkte für neue wachsende Bran- ·. strativen Hemmnissen" bezeichneten zum Wohin allerdings "Sättigungen in Einzel­ chen entstehen, .entsteht notwendigerweise Teil umweltschutzpolitisch begründeten bereichen" in einer Volkswirtschaft, deren ... Arbeitslosigkeit." Auflagen etc. Schiller: "Dann bezahlen Märkte zu einem Großteil zwischen weni­ die Arbeitnehmer wieder einmal die Zeche gen Giganto-Konzernen aufgeteilt sind, füh• 'verbesserter Rahmenbedingungen', und so ren können, zeigt deutlich das aktuelle Bei­ ist es auch gemeint". spiel der AEG. Und ob industriekapitalistische Volkswirt­ Den Minister ficht das nicht an. Empört schaften willens und in der Lage sind, die verweist er auf "die beschäftigungspoliti• Bedürfnisse der Bevölkerungen der Armuts­ sche: Strategie . der· &undesregierung, die ... länder dieser Welt nach den Regeln der durop eine breit cmgelegte, gemischte Stra­ Marktwirtschaft zu befriedigeh, steht da­ . t~ ie von Angebotsförderung und Nachfra­ hin. gestützung ... das Investieren wieder ren­ Der Boom der Rüstungsindustrie und die tierlicher" machen soll. Aber: " ... natür• massenhafte Vernichtung von Lebensmit­ lich ... machen die Lohnkosten den bei wei­ teln (aus- Preis- und Kostengründen) bei tem größten Kostenblock aus". Es erhebt und durch die Industrie- und Agrarkolosse sich hier allerdings die Frage, ob die Ar­ USA und EG geben zumindest handfeste beitnehmer bereit und auch in der Lage Hinweise dafür, daß ·diese nacli · sind, den Kostenblock Lohn als eine ·_ rationalen Prinzipien agierenden Volkswirt­ nach unten - variable Größe zu akzep­ schaften nicht immer unbedingt das sozial tieren. Schiller weist in diesem Zusammen­ Nützliche produzieren müssen. hang · auf "den Nebeneffekt (hin), · daß Auch Lambsdorffs Einwand, man müß• wiederum Ausfälle bei der Massennachfrage te "mit einer Krisentheorie zunächst auch ~intreten, worüber niemand sp_ri~t". Schil­ einmal erklären, weshalb 'der wachsende ler belegt seine These von der Unmöglich• Wohlstan_d, der breiten Mit~elschichte_!l in keit, Strukturprobleme letztlich allein über Wende in der Wirtschaftspolitik: Bis 1979 den vergängenen drei Jahrzehnten zuge­ zumindest (hier eine Broschüre des Fi­ mehr Wachstum bereinigen zu können, mit wachsen ist,' überhaupt möglich war," nanzministers aus jenem Jahr) setzte dem Hinweis, der "Markt" tauge nicht zum überzeugt nicht. Denn Schiller schreibt im · auch die Bundesregierung auf Nach­ "Alleslöser", denn aus ihm heraus ergäben Zusammenhang mit der Frage, wie "dieser fragesteigerung zur Wirtschaftsbelebung. sich keine " r,ationalen, sozialen und libera-

19 siändlich, denn Lambsdorff will ein "tarif- . vertragliches Modell, demzufolge die Tarif­ abschlüsse aus Lohnerhöhung und Vermö­ gensbildungskomponente gebildet wer­ den" - ein Einstieg, der die Kapitalseite außen vor läßt. Staatlichen Programmen ähnlich dem . Zukunftsinvestitionsprogramm von 1976 vermag der Minister nichts abzugewinnen. Es bedürfe "einer nicht nur politisch, son­ dern auch ökonomisch überzeugenden Pro­ jektliste. Es ist damit ähnlich wie im Pri­ . vatsektor: Fehlt die Nachfrage, bleibt das Angebot l!~enll . . Startbahn-West, Kern- kraft-Werke und Rhein-Main-Donau-Kanal finden also in des Ministers Augen Nach­ frage. Die Frage; bei wem, ist müßig: be i den betroffenen Bürgern wohl kaum.

len Resultate". Eine "blinde Wachstumspo­ nach oben und vor allem nach unten nicht litik" führe mit "einiger Wahrscheinlich­ ausreichend flexibel reagieren oder ob es keit in den Ruin des liberalen Staates". daran liegt, daß die Beschäftigung, d.h. die Zudem habe "der massive Widerstand ge­ Zahl der Arbeitsplätze, nicht nur streng gen eine Reihe von technischen Großpro• ökonomischen, sondern auch sozial- und jekten ... gezeigt, daß ... Hunderttausende von gesellschaftspolitischen Wertmaßstäben ge- · Die Beiträge von Theo Schiller und Otto Bürgern ein ihnen aufgezwungenes Glück nügen muß. Graf Lambsdorff sind in der Zeitschrift aus Atomstrom und jahrtausendelangen Lambsdorff verweist zum Thema Ar­ 'liberal' veröffentlicht (Nr. 4 und Nr. 7 Strahlungsgefahren nicht hinnehmen wol­ beitszeitverkürzung auf die Zuständigkeit 1982). len". Lambsdorff widerspricht dem Vor­ der Tarifparteien, wobei allerdings die "Re­ 'liberal' erscheint im Nomos-Verlag, Post­ wurf, eine Wach~tumspolitik um jeden gierung ... (diese) ermutigen (könnte), in fach 610, 7570 Baden-Baden. Preis zu machen und verweist auf die "von freiwilligen Vereinbarungen weitere Schrit­ te in Richtung auf Herabsetzung der Le­ Lambsdorff hält "die Entscheidung für Wirtschafts- und beschäfti• bensarbeitszeit zu unternehmen". Anderen zentrale Großtechnologien nur, wenn über• Vorschlägen, wie der Verkürzung der haupt, unter immens großen Kosten (fti r) gungspolitische Gesamtstrate­ Wochenarbeitszeit - auf die Schiller auch reversibel." Klaus Gärtner hat ln der be­ gie für die 80er Jahre abzielt - verschließt sich der Minister. ln rühmten Kalkar-Debatte im Bundestag Erinnerung ist noch sein vehementes Ein­ 1978. u.a. gefragt: "Wie teuer muß eine Ru­ der Bundesregierung tatsächlich verfolgte treten gegen die Änderung der Arbeits­ ine denn sein, .. : bis man entscheidet, ob sie Politik". Den bürgerlichen Ungehorsam ge­ zeitordnung in Richtung auf die generel­ tatsächlichRuine bleibt?" Diese Frage wird genüber den Auswüchsen einer solchen Po­ le Festschreibung der 40-Stunden-Woche. mit jeder Milliarde deutlicher. Die gerade litik kommentiert er hier nicht. . Zur Vermögenspolitik deutet er an, daß . jetzt wieder auflebende Debatte um den Schiller.schließt seinen Artikel mit dem der Koalitionspartner leider seinen Vorstel­ Schnellen Brüter zeigt das Problem aktuel­ Versuch einer "Wirtschafts- und beschäfti• lungen nicht zugestimmt habe. Das ist ver- ler und deutlicher denn je. gungspolitischen Gesamtstrategie für die 80er Jahre, die ... den Maßstäben liberaler Gesellschaftspolitik gerecht wird": - breitere Verteilung von Arbeit und Ein­ kommen, also auch: Arbeitszeitverkürzung; - die Mittel zur Investitionsförderung dür• fen nicht ausschließ! ich der Kapitalseite zu­ gute kommen, also: Vermögenspolitik; - statt Großtechnologien Energieeinsparin­ vestitionen und deren staatliche Förderung einschließlich einer aus umweltschutzpoli­ tischen Gründen notwendigen Einrichtun­ gen der dezentralen Energieversorgung. Lambsdorff geht in seiner Erwiderung auf einige Aspekte ein: - "Da ich mir produktivitätsinduzierte Be- - · schäftigungseinbrüche als Trendphänomene nicht vorstellen kann, ... hat ... die Politik der Arbeitszeitverringerung in meinem Denken natürlich einen anderen Stellenwert". Wenn er über die Arbeitslosigkeit zu reflektieren habe, würde er eher an ein "langfristiges Ungleichgewicht am Arbeitsmarkt" den­ ken, das aus dem "Vorliegen von Markt­ macht bei einer der beiden Tarifparteien" resultieren könne. Er sagt nicht, wo er das ungleiche Gewicht vermutet, ob die Tarife Kalkar: 'Wie teuer muß eine Ruine denn sein?'

20 liberale perspektiven Für eine Reihe derzeit noch führender Minderheitenrechte oder Ausländerpoli­ F.D.P.-Politiker heißt das rettende Ufer: ti k - stets hieß und heißt die Lösu ng ·der CDU. Wenn man den Koalitionspartner Un ion: Einschrän ku ng, Verdächtigung, SPD nur lange genug madig gemacht hat Strafverschärfung, Ausgrenzung, kurz - und dabei ist, die Brücken hinter sich abzu­ mehr Staat. "Freiheit durch Repression" bre.chen, ist es ja auch nur logisch, daß aus kann nich t die Maxime von Liberalen sei n. einer Option für den Koalitionswechsel nu r Wer Gerhart R.Baum zum "Sicherheitsri­ noch diese eine Sackgasse zu den konserva­ siko" er klärt, kann nicht Partner einer tiven Unionschristen übriggeblieben ist. 'neuen Meh rheit' se in. Wer schon angebissen hat, kann nicht mehr 3. ln der Wirtschaftspolitik verspricht wählerisch sein. Augen zu- CDU. uns die Union zwar Schweiß und Tränen, Noch ist nicht die ganze F.D.P. mit die­ aber ein wirksames und sozial vertretbares ser politischen Blindheit geschlagen. Was Konzept ist nicht in Sicht. Di e markigen sieht man nämlich , wenn man sich den Sprüche über das Vertrauen der Wirtschaft, schwarzen Rettungsengel mit der Angel der "verbesserte Rali menbedingunge n" und so­ "neuen Mehrheit" noch einmal aus der lid e Finanzpolitik werden außer Erwartun­ Nähe genauer ansieht? Man sieht alles. Man gen an Vermögensumschic htungen zugun­ sieht, daß mit diesem Partner liberale Poli­ sten der Unternehmer nichts bewirken; daß tik nicht verwirklicht werden kann . Man die monetaristisch·angebotsorientierten sieht den Abgrund hinter dem Ufer: Konzepte, die Steuersenkungen, Haushalts­ 1. Die CDU/CSU um Kohl und Strauß einsch rän kungen und verringerte Kreditauf­ war und ist nicht bereit und fähig, die Frie­ nahme versprechen, in der Praxis scheitern dens- und Entspannungspolitik der soz ia l­ und mitnichten eine Wirtschaftskrise über­ liberalen Koalition zu akzeptieren oder gar win den, wurde inzw ischen in England und fortzuführen. Si e hat all e Vertragswerke nun au ch durch die Kehrtwendung in den sc hu tz und langfristige Umweltvorsorge. Hat jemand gehört, die Union stünde an Theo Schiller: der Spitze der Umweltschutzbewegung? Sie ist vielmehr diejenige politische Kraft, die am meisten zu r Verteufelung und Behinde­ rung der Umweltschutzbewegung beigetra­ Augen z. U? gen hat . .S ie sieht in der Tätigkeit von Um- . Weltgruppen nur eine Investitionsbehinde­ der Ostpolitik einschließlich der USA -mi t Millio nen Arbeitslosen und riesi­ rung und. will die von der F.D.P. maßgeb• KSZ E-Konferenz und -Schlußakte be· gen Haushal tsdefiziten hinlänglich demon­ li ch durchgesetzten erwe iterten Möglich ­ kämpft und abgelehnt, propagiert statt striert. Sollen wir wirk lic h mit den deut­ keiten der Bürgerbeteil igung (Verbandskla­ Vertrauensbildung und Ausweitung der schen Thatchers und Reagans, wie si e sich ge) lieber heute als morgen beseitigen. Das Kontakte stets nur Polemik, Abgrenzung, einst anpriesen, eine Koalition und liberale, kann kei n Partner für morgen und für mehr Sanktionen und Konfrontation. In der sozial ausgewogene Wirtschaftspolit ik ma­ Demokratie sein. Rüstungsfrage ist die Union nichts weiter chen? Selbst wenn die aus der F.D.P. avi­ Nei n, mit dieser Partei der Strauß, Dreg­ al s ein (allerdings lautstarkes) Echo der sierten Erhards der 80er Jahre mi t von der ge r, Kohl, mit dieser "Partei ohne Eigen­ amerikanischen Aufrüstungsstrategen Rea­ Partie wären: mehr als ein Neuaufguß von sch aften" (oder all enfalls den falschen) läßt gan und Weinberger. Glaubt jemand ernst­ Lud wig Erhards " Formierter Gesellschaft" sich liberaler Staat nicht machen. Und haft, Genscher könnte, Kohl und Strauß zur Herstellung von Wachstum durch Dros­ einen anderen wollen wir nicht. Schon gar vor sich herschiebend, die USA zu mehr selung des Anspruchsniveaus wird nich t nicht mit einer "neuen Mehrheit". Verhandlungswilligkeit oder gar zu einem dabei herauskommen. Wir Li berale tun daher besser daran, Kon zept der Sicherheitspartnerschaft zwi­ 4. Neben der Wirtschafts- und Finanz­ wenn wir unse re Kräfte wieder vom Taktie­ schen Ost und West mit dem Ergebnis politik soll angeblich die Energiepolitik die ren, Schie nbein treten, von den Künsten des ernsthafter atomarer Abrüstung bewegen? Nähe zwischen CDU und F.D.P. erweisen. Partnerwechsels, der Doppelzüngigkeit und In der Nord-Süd-Frage hat sich die Union Die F .D.P. hat aber durch Parteitagsbe­ des russischen Roulette abwenden und an vor allem dadurch hervorgetan, die Zwei­ schlüsse und jahrelange Regierungspolitik d ie Aufgaben der 80er Jahre gehen: Ar­ teilung der nördlichen Weit auf die Ent­ festgelegt, daß eine Energiepolitik aus Ein­ be itslosigke it, Ausbildungsp latzmangel und wicklungsländer zu übertragen und hinter sparungspriorität und Restbedarfsdeckung Umweltverschmutzung abbauen, Toleranz, jeder sozialen Reform und Befreiungsbe­ aus Kernenergie betrieben werden soll . Die Liberalität und Rechtsstaat auch für Min­ wegung den allfälligen Kommunismus am Grundsatzentscheidung über die Notwen­ derheiten wahren und einen konstruktiven Werk zu sehen. Global 2000 - ein Thema digkeit eines weiteren Kernenergieausbaus Beitrag zum Weltfrieden in ost-westlicher der CDU ? Die Maximen der CDU-Außen• soll erst um 1990 fallen (Enquete-Kommis­ wie in no rd -südlicher Richtung leisten. Der pol itik sind wirtschaftliche Interessen, mili­ sicn) . Die CDU/CSU will bereits jetzt den CDU/CSU soll ten wir Gelegenheit geben, tärische Stärke, ideologische Konfrontation vollen Einstieg in ein gigantisches Kern­ sich bald wieder kräftig in dem Feld zu und kritiklose Gefolgschaft gegenüber der kraftprogramm. ln Wahrheit wäre das ein tummeln, in dem sie all e Experten sind: in Führungsmacht USA. Das kann nicht die gigantisches Investitions- und später Ener­ der Personaldiskussion um den nächsten Basis liberaler Außenpol itik sein. gieverschwendungsprogramm mit zentrali­ Kanzlerkandidaten. Spätestens im Frühjahr 2. Die liberale Rechtsstaatspolitik der sierten Großanlagen jenseits aller Wirt­ 1983 wird dieses Spiel wieder beginnen. F.D. P. ist der CDU/CSU ein Greuel. Ein schaftlichkeit. Weniger Staat? Nein : mehr, Warum sollte die F.D.P. einen dieser künf­ Jahrzehnt Bundestagsdebatten über "I nne­ aber der falsche. tigen Kanzlerkand idaten (Strauß, Kohl, Al ­ re Sicherheit", regelmäßig mit Starredner 5. Wenn man die Meinungen der Bevöl• brecht, Stoltenberg, Späth, v.Weizsäcker Dregger, müssen noch heute jedem in den kerung und die Wahlergebnisse der Grünen usw.) vor diesem Zeitpunkt zum Bundes­ Ohren klingen. Ob Radikalenerlaß, Terro­ (neidvoll) betrachtet, will die Neue Mehr­ kanzler wählen, um ihn dann am Hals zu risten, Demonstrationen, Bürgerbeteiligung, heit in der Bundesrepublik mehr Umwelt- haben?

21 anstösse* Dr. Ruclolf Rentschler kritisiert die Spa• politik

der Bundesregierung Steuern auf bestimm te Verbrauchsgü• ter können deren Konsum dämpfen und und fordert damit bezüglich der Zahlu ngsbila nz oder gesundheitspolitisch günstige Wirkungen hervorrufen: Dies . gilt etwa fü r Steuern • auf Mine.ralöl, Heizöl; Tabak oder Al koh ol. Steuern Ich möchte insgesamt für folgende Maß ­ nahmen, der Priorität nach geordnet, plä• dieren : erhöhenI 1) Keine Tarifkorrektur nach unten im Jahre 1984 Die äußerst kritische Lage der staatli- · lastet dagegen vorwiegend die kleineren 2) Vorübergehende Einführung einer Er­ chen Finanzen muß jedem klarmachen, daß und mittleren Einkommensbezieher, da gänzungsabgabe neben sinnvollen Sparmaßnahmen eine Er­ wegen der Wirkung der Beitragsbemes­ 3) Abschaffung des Ehegattensplittings höhung von Steuern und Abgaben unum­ sungsgrenze die über dieser Grenze liegen­ für kinderlose Ehepaare gänglich ist. den Einkommen prozentual weniger stark 4) Erhöhung der Mineralölsteuer um Zu den sinnvollen Sparmaßnahmen ge­ betroffen sind. ln höchstem Maße unsozial 20 Pf/kg und der Heizölsteuer um hört die Einstellung der Arbeiten am sind schließlich alle Bürger dem gleichen 10 Pf/kg Schnellen Brüter, am Hochtemperaturreak­ Betrage nach treffende Selbstbeteiligungs­ 5) Erneute Erhöhung der Tabaksteuer tor und am Rhein-Main-Donau-Kanal. Bei • modelle bei unabwendbaren Ereignissen 6) Erhöhung der Arbeitslosenversiche­ den Beschäftigten im öffentlichen Dienst, wie etwa im Krankheitsfalle. Die Wirkung rung von 4,5% auf 5% die keinem Beschäftigungsrisiko un'terlie­ ist die einer Kopfsteuer. Der Kleinsirentner 7) Erhöhung der Rentenversicherung von gen; ist eine Kappung des 13. Monatsgehal­ zahlt dabei mit seinen DM 5,- ebensoviel 18% auf 18,5 % tes auf maximal DM .3.000,- angebracht, da wie ein Vorstandsvorsitzender eines Unter­ diese Summe völlig ausreicht, auch eine nehmens mit beispielsweise 500.000 DM Die Reihenfolge dieser Prioritäten orien­ größere Familie mit Weihnachtsgeschenken j ahreseinkommen. Diskussionswürdig wä• tiert sich v~rw i egend am Kriterium der zu beglücken. Ein notwendiger Abbau von ren allerdings Modelle der Selbstbeteiligung Steuergerechtigkeit, in Hi nblick auf die Steuervergünstigungen würde auch die Be­ an der Altersversorgung bei Regierungsmit­ Leistungsfähigkeit. Bei den Steuern auf Öl• seitigung des Ehegattensplittings bei kin­ gliedern, Abgeordneten und Beamten der produkte stehen außenwirtschaftliche Ar­ derlosen Ehepaaren darstellen, womit auch B-Besoldung. · gumente im Vordergrund. eine Gleichbehandlung mit alternativen Le­ Grundsätzlich gilt, daß Belastungen bei Per­ Diese Maßnahmen erfüllen ihren Zwec k, bensformen herbeigeführt würde. sonen, die wegen ihres geringen Einkom­ wenn es im Laufe von drei bis vier Jahren Es ist allerdings eine Illusion zu glauben, mens keine Ersparnisse bilden können, zu gelingt, das Verhältnis von Staatsschulden man könne bei der gegenwärtigen und für einer Verbrauchsdro·sselung bei gegenwärtig zum Bruttosozialprodukt zu stabilisieren. die nahe Zukunft absehbaren Wirtschafts­ ohnehin unausgelasteten Kapazitäten füh• Die Strategie von Sonthofen ist ihrem lage die öffentlichen Finanzen allein mit ren und damit die Arbeitslosigkeit verstär• Ziel schon gefährlich nahe gekommen. Die Sparmaßnahmen in Ordnung bringen. Eine ken. CDU/CSU versucht über ih re Bundesrats· Partei, die dies fordert, muß entweder von Unter diesem Aspekt ist es geradezu ab­ mehrheit die Regierung in die finanzie lle ihren Forderungen wieder abrücken, oder surd, mittlere Einkommen zu ·entlasten und Erstickung zu treiben. Das darf nicht ge­ sie wird in spätestens zwei Jahren in der untere Einkommen stärker·zu belasten. Ge­ schehen! Der Staat braucht jetzt wieder Opposition oder ganz im Abseits landen. nau diesen Effekt aber hätte eine Korrek­ seinen finanziellen Handlungsspielrau m. Wir sollten es nicht darauf ankommen las­ tur des Einkommensteuertarifs nach unten Wir wollen und dürfen die Sanierung der sen, daß in absehbarer Zeit ein Finanzmi­ zum 1. j anuar 1984 bei gleichzeitiger Erhö• Staatsfinanzen nicht einem starken Mann nister Strauß die entsprechende Arbeit be­ hung der Mehrwertsteuer, wie dies von ver­ namens Franz josef Strauß überlassen. sorgt, die dann wohl unter Zustimmu·ng der. schiedenen Leuten der F.D.P.-Führung, vor Wir haben uns nicht für die sozialliberale CDU/CSU-Bundesratsmehrheit in einer Er­ allem von Graf Lambsdorff, lautstark ge­ Reformkoalition eingesetzt, um notwendi­ höhung der Mehrwertsteuer um zwei bis fordert wird. Das Gegenteil ist richtig. Zu ge Steuererhöhungen zu verhindern, son­ drei Punkte bestehen dürfte. einem Zeitpunkt, zu ·welchem über 1,7 Mil­ dern wegen der Entspannung, wegen des Bei den künftig notwendigen Belastun­ lionen Arbeitslose gezählt werden, ist aus Rechtsstaats, der individuellen Freiheit, der gen ist klarzumachen, wer sie eigentlich zu Gründen der Solidarität eine Ergänzungsab• alternativen Lebensformen, des Um.welt· tragen hat. Ein beliebtes Spiel besteht da­ gabe notwendig. Und wer glaubt, er würde schutzes. Wir brauchen nunmehr geord ne­ rin, die Lasten so lange hin und her zu von der Steuerprogression zu stark betrof- te Staatsfinanzen, um auf diese Weise ein schieben, bis letztendlich kein normaler . fen, der kann sich auch einmal überlegen, neu es Reformbündnis über 1984 hinaus zu Staatsbürger mehr den Überblick hat, wer ob er nicht für einen Arbeitslosen einen ermöglichen. · Die Kompetenz in der Fi­ nun eigentlich die Zeche zahlen muß und halben Arbeitsplatz freimachen will. Wo nanzpolitik darf nicht an konservative Ge­ wer besonders günstig davongekommen ist. ein Heer von Arbeitslosen vorhanden ist, genreformatoren abgegeben werden, son­ Der Gerechtigkeitsvorstellung unseres da ist es nicht sinnvoll, den einzelnen noch dern wir müssen die eigenen Lösungsvor­ Steuersystems entspricht eine · Belastung mehr anzuspornen, etwa gar auf Kosten schläge offensiv vertreten. nach der Leistungsfähigkeit. Dieser Forde­ von Gesundheit und Familie, sondern rung entspricht in geradezu idealer Weise eine Umverteilu ng der Arbeitszeit durch eine Ergänzüngsabgabe auf höhere Einkom­ die generelle Einführung von Stellen mit *In dieser Rubrik veröffentlichen liberale druck­ sachen Diskussionsanstöße, bei denen sich die men. Eine Erhöhung der Beiträge zur Ar­ halber, zweidrittel und dreiviertei-Arbeits­ Redaktion besonders über eine LeserreSOJJanz beitslosen- oder Rentenversicherung be- zeit ist das Gebot der Stunde. freuen würde.

22 Menschenrechte bei111 Nato-Partner Türkei J Ich klage an, clie Hände cler Folterer Bericht eines Opfers

Die gegenwärtige Diskussion um eine neue türkische Verfassung und die Rückkehr zur Gedanken zu machen, denn bei meiner Demokratie dient zwar zur Beruhigung der NATO-Verbündeten, ändert aber nichts daran, 'Vorstellung' konnte ich dann · noch alle daß sich die Bedrohung der politischen Opposition in der Türkei seit Jahresbeginn zuneh­ hier angewandten Methoden kennenlernen. mend verschärft hat. Der geltende Ausnahmezustand bietet den Rahmen für das Ziel poli­ Bisher konnte ich nicht einmal fragen, wa­ tischer "Säuberung". Die Strafverfolgung in der Türkei ist nach wie vor "regelmäßig von rum ich hierher gebracht worden war. Zu erheblichen Menschenrechtsverletzungen begleitet". Zu diesen Feststellungen kam vor Hause hatten sie mir gesagt, daß sie einen kurzem das Verwaltungsgericht Stade. Haftbefehl hätten - das war alles. Ich war Die Richter lehnten die Ansicht der Bundesregierung, vertreten durch das Bundesamt auch gespannt, was sie mir vorwerfen für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Zirndorf ab, wonach die Militärregie• würden ... rung in Ankara dem Recht verpflichtet sei und demzufolge ehemalige Funktionäre links­ In der Nacht habe ich versucht zu schla­ gerichteter Organisationen, die in der Bundesrepublik Asyl verlangt hatten, bei der Rück• fen, indem ich mich auf den nackten Bo­ kehr in die Heimat keine Verfolgung zu gegenwärtigen hätten. Ein rechtsstaatliches Ver­ den legte, der aber zu kalt war. Mein Zu­ fahren sei angesichts der Menschenrechtsverletzungen nicht gewährleistet. Schlußfolge• stand des Halbschlafes wurde gegen Morgen rung der Verwaltungsrichter nach gründlicher Untersu'chung der Verhältnisse im NATO­ durch grä~liche Schreie unterbrochen. Es Mitgliedsland Türkei: die massenweise Folterung politischer Häftlinge ist durch eine Viel­ waren tiefe Schreie, die dann schrill wie zahl glaubwürdiger Einzelfallberichte belegt. Den in Zirndorf zunächst abgelehnten Asyl­ eine Sirene wurden. Diese ersten Schreie begehren muß stattgegeben werden. hier werde ich nie aus meinen Ohren ver­ Nach jüngsten Angaben des türkischen Justizministers Mentes gibt es in seinem Land bannen können. etwa 78.000 überwiegend politische Gefangene. Der nachstehend wiedergegebene, in die Unsere folgenden Nächte wurden von Bundesrepublik gebrachte Bericht eines inzwischen freigekommenen Folteropfers sollte diesen Schreien begleitet, die an unseren eine weitere Mahnung an Parlament und Regierung sein, endlich für die Beendigung der Nerven rütteten und uns unter Spannung militärischen und sonstigen Unterstützung der Diktatur in Ankara durch unser Land hielten. Unsere Zelle wurde ab und zu vol­ einzutreten. ler und dann wieder leerer. Je mehr Men­ schen da waren, um so bedrohlicher wurde An jenem Tag wurde ich früh auf ganz außer Schritten im Korridor. Als ich 2-3 die Situation. Ein Polizist kam rein und andere Weise geweckt. Meine Wohnung war Stunden (Minuten?) später mich auf den ohrfeigte einige und die anderen trat er von zahlreichen Soldaten belagert, die ihre nackten Boden setzen wollte_, habe ich be- mit Füßen. Alle - mit verbundenen Waffen auf das Haus richteten. ln der Augen - versuchten sich zu schützen, aber Wohnung führten ca. 10-15 Polizisten in Zi­ in dieser Hektik stürzten sie übereinander. vil und in Uniform die Untersuchung wei­ Dieses hektische Übereinanderfallen von ter, Alle Räume, das Bad, die Küche, die uns bereitete den Polizisten große Freude. Wände, das Dach, die Bücher, die Fotos 3 Tage ·später haben sie m'ich wegge­ wurden untersucht. Wir - meine Fa­ bracht. Sie haben die Binde an meinen Au­ milie - verfolgten diese hektische Szene gen kontrolliert. Sie haben mich durch eine mit großer Sorge. Alle Gegenstände im Saaltür geführt und in einen Raum gesto­ . Haus wurden in kurzer Zeit durcheinander ßen. Sie haben mich auf einen Stuhl ge­ gebracht. setzt. Mit einem harten Gegenstand im Ge­ Einer teilte mir mit, daß ich für längere nick wurden mir die Augen noch einmal Zeit 'verreisen' müsse, und da sind alle Ge­ verbunden und zwar so fest, daß mir das rüchte, die ich bisher gehört hatte, wie ein Blut in allen Adern, die zum Gehirn füh• Film vor meinen Augen vorbeigelaufen. ren, stockte. Bei jedem Pulsschlag hatte ich Nach einer längeren Reise wurden uns das Gefühl, daß mir der Kopf platzt. So saß die Augen verbunden und wir wurden ich auf dem Stuhl. Nur eine Person sprach, durch Korridore Treppen hinauf und hin­ aber im Raum waren mehrere Personen an­ unter geführt. Hier war das Polizeipräsi• wesend. Alle redeten sich mit 'mein Kom­ dium. Im Gedränge mußten wir uns mit mandeur' an. Sie sagten mir, daß sie -alles den Ellbogen den Weg bahnen. Die, die über mich wüßten, das aber einmal von mir während der Fahrt versuchten, sich höflich hören wollten. Sie haben mich meinen Le­ zu verhalten, änderten ihr Verhalten jetzt, benslauf erzählen lassen und nach meinen besonders, nachdem sie uns die Augen ver­ politischen Ansichten - und warum ich bunden hatten .... merkt, daß auch andere Leute im Raum sie habe - gefragt. Aus Listen, die sie hat­ Wir wurden durch zwei Eisentüren ge­ waren. Einer, der auf dem nackten Boden ten, haben sie mir Namen vorgelesen. -Sie führt. Unsere Augen waren so fest verbun­ zu mir gekrochen kam, hat sich stöhnend haben mich gefragt, wer das sei und welche den, daß es schwierig war einzuatmen, ge­ mit heiserer Stimme vorgestellt und von politischen Ansichten diese Personen hät• schweige denn zu sehen. Ich wurde durch den hier durchgeführten Mißhandlungen ten. Diese Personen waren zum Teil Intel' die geöffnete Eisentür gestoßen. Grob wur­ und Folterungen berichtet. Es war schreck­ lektuelle, die allgemein bekannt waren und de mir gesagt, daß ich nicht sprechen solle lich. Ich konnte das nicht glauben. Ich zum Teil mir unbekannte Namen; und mich ruhig verhalten solle. Für be­ dachte, er übertreitit oder will sich wichtig Meine Antworten haben sie wohl nicht stimmte Zeit wurde ich mit meinem Allein­ machen. überzeugt und sie fingen an, mir zu drohen. sein alleingelassen. Nichts war zu hören Aber es war nicht nötig, sich darüber Dann fragte einer: "Wurdest du hier gefol-

23 tert? Wurde hier ·Gewalt gegen dich ange­ ---·----·----- wendet?" Ich antwortete: "Bis jetzt noch nicht". Aber ich habe auch hinzugefügt, r DER NORDATLANTIKVERTRAG daß ich an die öffentliche Meinung glau­ be, daß bei der Polizei gefoltert wird .Sie sind wieder zu ihren Fragen zurückge­ Washington, den 4. April 1949 kehrt. Sie bestanden beharrlich auf den Fragen nach den Namen. Aber ich kannte Die Parteien dieses Vertrags bekräftigen erneut ihren Glauben an die diese Personen nicht. Diese hohe Anspan­ Ziele und Grundsätze der Satzung der Vereinten Nationen und ihren n\Jng und die 3 Stunden dauernde 'Unter­ Wunsch, mit allen Völkern und allen Regierungen in Frieden zu le­ haltung' mit Fragen und Antworten, hat­ ben. ten · mich ziemlich ermüdet. Als ich sagte, Sie sind entschlossen, die Freiheit, das gemeinsame Erbe und die Zivili­ daß mir die Binde Schmerzen verursacht, sation ihrer Völker, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Frei­ hat einer die Binde noch fester zugezogen. heit der Person und der Herrschaft des Rechts beruhen, zu gewährlei­ Man verlangte von mir Aussagen über sten. Sie sind bestrebt, die innere Festigkeit und das Wohlergeben im die Namen. Immer wenn ich sagte, daß ich nordatlantischen Gebiet zu fördern. die Personen nicht kennen würde, schrieen Sie sind entschlossen, ihre Bemühungen für die gemeinsame Verteidi­ sie mich an und drohten mir damit, mich gung und für die Erhaltung des Friedens und der Sicherheit zu vereini­ im Wasser festzuhalten und mi~h unter gen. Sie vereinbaren daher diesen Nordatlantikvertrag: elektrischen Strom zu, setzen und mich mit Ketten zu fesseln. Dann haben sie noch ln der Präambel des Nordatlantik-Vertrages verpflichten sich die NATO-Staaten, die Frei­ hinzugefligt, daß die Folterung was Un­ heit der Person und die Herrschaft des Rechts zu gewährleisten menschliches ist. Als ich nichts sagte, sa­ ten sie: . "Überlege es dir gut, eine halbe hungen und Verwarnungen brachten sie Wänden wider. Inzwischen goß einer unun­ Stunde später werden wir dich noch ein­ mich zur Zelle zu rüc k. terbrochen Wasser auf mei11e Beine. ln kur­ mal holen, wenn du dann sprichst, ist es Als ich am nächsten Morgen wieder ge­ zer Zeit wurde ich ohnmächtig. o.k., wenn nicht, dann wissen wir, wie holt wurde, war mein Körper voller blauer . Als sie mich in die Zelle zurückbrach• wir dich zum Sprechen bringen können." Flecke. Sie haben mir befohlen, mich aus­ ten, beendete ich den 4.Tag der Woche, die Ich hatte nichts auszusagen. Aber weder zuziehen und ich habe meinen Oberkör• ich unter Schmerzen verbr'ingen sollte. Sie durch Lügen noch durch falsche Aussagen· per freigemacht. Sie haben kaltes Wasser holten mich nicht wieder. Viele kamen und konnte ich verhindern, daß andere· Men­ auf mich gegossen und mich auf den Boden gingen. Ein paarmal wollte ich Tabletten schen an diese unmenschliche Stelle ge­ geworfen. Sie sagten, sie würden mich und Medikamente, aber sie gaben mir ·kei­ bracht werden würden. durch elektrischen Strom lähmen, wenn ich ne. Die Tage vergingen, in denen ich die Die Fragen über mich hatte ich ausrei­ nicht alles sagen wü rde. Obwohl ich sagte, Schreie der jungen und alten Gefolterten chend beantwortet, auch wenn ich sie nicht daß ich nichts wüßte und au ch nicht ver­ hören mußte. Zuletzt haben sie mich ärzt• überzeugen konnte. Ich hätte nichts ande­ stünde, was sie höre n wollten, hörten sie lich untersucht. Ich glaubte, daß ich freige­ res aussagen können. mir nicht zu. Dann haben sie an meiner lassen würde und ich fing an, Hoffnung · Lippe und an mei nem Penis Meta ll klam­ zu schöpfen. Aber' meine 'lange Reise' war Als ich eine halbe Stunde später noch mern befest igt und unter Strom gesetzt. nicht zu Ende. Sie schickten mich in einer einmal geholt wurde, hatte sich das Verhal­ Wenn der Strom zunahm, zitterte me in unbekannten Richtung auf den Weg. ten der Person, die mich am Arm aus dem ganzer Körper und auch meine Stimme vi­ Seit etwa 20 Tagen war ich unrasiert R~um . zog, völlig verändert. Während wir brierte stark, meine Schreie hallten von den und meine Haare waren dreckig und unge­ in den Verhörraum gingen, beschimpfte kämmt. Nach 20 Tagen wurde mir zum er mich und mein Kopf schlug rechts und ersten Mal die Augenbinde abgenommen links an die Wand, weil ich ja nichts sehen und ich konnte die Sonne wieder sehen. konnte. Als einer vorbeiging, gab er mir Während ich erwartete, freigelassen zu einen Tritt und als wir uns dem Verhör• werden, wurde ich in eine andere Stadt ab­ raum näherten, nahmen die Mißhandlun• transportiert. Als ich im Wagen nach dem gen zu . Als ich im Raum war und mich ge­ Ziel fragte, sagten sie, daß sie nichts wüß• setzt hatte, sagte einer mit entschlossener ten. Nach einer langen Reise wurde ich ins Stimme zu mir: "Wir haben-auch Metho­ Polizeipräsidium der Stadt gebracht. Dieje­ den. Wir dienen dem Staat. Wir haben kein nigen, die mich transportierten, übergaben Mitl~id mit denjenigen; die uns l')icht hel­ mich und fuhren wieder weg. Mir wurden fen. Schauen Sie mal, Sie sind ein Intellek­ alle persönlichen Sachen weggenommen tueller, und wir wollen Ihnen nicht weh­ und die Augen verbunden. Einer zerrte tun. Niemand ist aus diesem Raum heraus­ mich am Arm und ich wurde in eine Zelle gekommen, ohne auszusagen. Ermüden Sie gestoßen. Drinnen waren 30-35 Menschen. uns nicht." Es war unmöglich, in der Hocke zu sitzen, Als ich sagte, daß ich alles gesagt hät• geschweige denn sich hinzulegen. An den te. und auch nicht wüßte, warum ich hier 10 Tagen, die ich hier verbringen mußte, festgehalten würde, schrie einer: "Schlagt sind täglich 5-10 Menschen geholt und ge­ den Schwulen." Sie fingen an, mich auf bracht worden. je größer die Anzahl der den Rücken und auf die Beine mit Fäusten Personen in der Zelle war, um so schwieri­ zu schlagen und mit Füßen zu treten. Zu­ ger wurde das Leben in der 4-Mann-Zelle. erst stand ich noch, dann konnte ich nich t mehr: Doch nach den ersten Faustschlä• Auf die Toilette geführt zu werden, war gen nahm meine Widerstandskraft zu. Sie dem Mitleid des Polizisten überlassen, der brachten mich wieder zum Stehen und ver­ Wache hatte. Das war mit die unange­ warnten mich noch einmal. Sie verlangten nehmste Sache. Am Nachmittag dessel­ von mir, daß ich aussagen sollte. Als ich Soldaten der türkischen Armee bewachen ben Tages wurde ich geholt. Unter die Au­ sagte, daß ich nicht mehr wi:;se, fingen sie $tudenten, die sich nach ihrer Verhaftung genbinde wurde noch einmal Watte gescho­ wieder an, mich zu schlagen. Unter Dro- auf den Boden legen müssen. ben und die Binde fester zugezogen. Ich 24 wurde zum Verhörraum gebracht. An dem Benehmen der Leute erkannte man, daß sie Erfahrung hatten. Besser gesagt, sie waren professionelle Folterer. Sie haben mich noch einmal me inen Lebenslauf und meine politischen Anschauungen erzählen lassen. Anschließend lasen sie noch einmal die Na­ men vor, und fingen an, mich danach zu fragen. Sobald ich sagte: "Ich weiß nichts", ha­ ben sie mich auf den Boden geworfen. Mei­ ne Arme wurden in Schulterhöhe auf den Boden gedrückt und zwei Polizisten stell­ ten sich auf meine Handgelenke, und einer setzte sich auf meine Beine. Ein anderer sprang auf meinen Brustkorb. Und er trat mit einem Fuß auf meinen Kehlkopf. Ich konnte nicht atmen und schrie so laut ich eben konnte. Aus meinem Mund lief Spei­ chel. Ein anderer sprach mir mit sanfter Stimme ins Ohr: "Gestehe alles, laß Dir nicht wehtun." Das ganze hat ca. 10-15 Mi­ nuten gedauert und während der Zeit droh­ te ich drei- bis viermal zu ersticken. Beim letzten Mal fiel ich in Ohnmacht. Als sie mir Wasser über den Kopf gossen, kam ich wieder zu mir. Ich durfte mich anziehen und wurde in einen Raum gebracht. Mei­ NATO-Partner für die Verteidigung der Freiheit, auch in der Türkei? ne Kehle brannte, ich mußte ununterbro­ mit dem elektrischen Strom besser urrige- selbst gemacht hast." Dieses ganze verlief chen husten und der ganze Brustkorb hen und so versuchen sie, dem Menschen planmäßig und geschah nur, um Formali­ schmerzte. besonders weh zu tun, ohne daß er in Ohn- täten zu erfüllen. Sonst waren für diese Nachdem sie gesagt hatten, daß ich es macht fällt. Sie bringen den Strom bis zu Leute weder die Wunden, noch die blauen mir noch einmal überlegen solle und sie einem gewissen Punkt, den der Mensch aus- Flecke, noch die Spuren der Folterungen mich morgen noch einmal holen wollten, halten kann, falls der Mensch in Ohnmacht von Interesse. wurde ich in die Zelle zurückgebracht. Ich zu fallen droht, schalten sie ab und danach Im militärischen Untersuchungsgefäng- fiel wie ein Holzklotz auf den Zellenboden fangen sie sofort wieder an. nis wurden wir 7-8 Tage festgehalten bis und die anderen in der Zelle haben jedes Danach haben sie mich nicht mehr ge- zu dem Tag , wo wir vor Gericht gestellt Kleidungsstück, das sie entbehren konnten, fol tert. jetzt fing die Pflege an. Wei l wir wurden. Auch hier gab es keine Medika­ ausgezogen und mich damit zugedeckt. Sie lange Zeit nicht mehr geholt wurden, hoff- , mente. Aber uns waren die Augen nicht sind noch enger zusammengerückt, um te ich , daß wir freigelassen würd en. Es verbunden. Wir konnten durch die Fenster­ Platz zu machen, damit ich mich hinlegen mußten unsere Aussagen geschrieben wer- scheiben nach draußen sehen. Mit den an­ konnte. Am nächsten Tag gab es die 'Kiei­ den. Schließlich haben sie uns geholt, um deren Verhafteten konnten wir sprechen. derhaken'operation. Mein Oberkörper war unsere Aussagen zu Protokoll zu nehmen. Man konnte, wenn man wollte, zur Toi­ frei .und meine Hände wurden auf dem Sie protokollierten, was wir sagten, und Iette gehen. Hier gab es sogar auch Betten. Rücken zusammengebunden und ich wurde unsere Augen blieben verbunden. Obwohl Auch wenn um das Gefängnis herum die an den Händen na,ch oben gezogen. Ein - ich wußte, daß sie niemanden seine Aussa- Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten zwei Sekunden später steigt di r das Blut ins ge lesen lassen, bestand ich darauf, und erst Wache hielten, waren die Bedingungen hier Gehirn und dir wird siedendheiß und du dann habe ich sie unterschrieben. Natürlich besser als im Folterhaus des Polizeipräsi• fängst an zu schwitzen. jetzt legen sie dir stitnd unter meiner Aussage der Satz: "ln diums. einen Autoreifen über den Kopf auf die der Zeit, in der ich in der politischen Abtei­ Schultern, damit ein größeres Gewicht auf lung des Polizeipräsidiums war, wurde ich Als wir von der Staatsanwaltschaft frei- die Muskeln drückt. Das kannst du nicht in keiner Weise mißhandelt." gelassen wurden, waren 45 Tage vergangen. mehr aushalten und deshalb stellen sie dich Einen Tag später wurde ich von einem Das ist jetzt in der Türkei die höchstzuläs• für ein - zwei Sekunden auf den Boden. Arzt untersucht. Mir waren die Augen wie­ sige Untersuchungszeit. Das ist die Situa­ Sie gießen auf deinen geschwächten Körper der verbunden. Als der Arzt mich fragte, tion heute in der Türkei, in die jeder kaltes Wasser und dann stelle n sie dich vor habe ich gesagt, daß ich gefoltert wurde. Mensch aufgrund seiner Überzeugungen ge­ große Ventilatoren und du zitterst Lind "Nein, das alles hast du wohl selber ge­ raten kann, obwohl er an keinerlei Aktio­ frierst. Dann hängen sie dich nochmal auf macht", sagte der Arzt und dam it war die nen beteiligt war. Diejenigen, die vor der und du schwitzt wieder und wieder Wasser Sache erledigt. Nachdem sie überzeugt wa­ Presse, vor dem Fernsehen, vor der Öffent• und wieder Wind aus den Venti latoren. Ihr ren, daß wir gesund genug waren, wurden lichkeit behaupten: "In der Türkei wird Ziel ist es, dich völlig zu lähmen. wir vom Pol izeipräsid ium mit polizeili­ nicht gefoltert", wissen ganz geilau, daß Ein - zwei Tage später holten sie mich cher Begleitung abgeholt, um ins militä­ jedes Polizeipräsidium, jedes Polizeirevier diesmal für die Stromoperation. Es war für rische Untersuchungsgefängnis gebracht zu· in eine Folterkammer verwandelt wurde. mich unmöglich zu gestehen, die Sachen, werden. Das alles haben sie in dieser Form selbst ge­ d!e sie von mir hören wollten. Dies ware n plant. Über das alles wissen sie Bescheid. solche Sachen, von denen ich keine Ah­ Bevor wir ins militärische Untersu ­ Ich wende mich an die guten Menschen in nung hatte. Ich schrie und ich lehnte die chungsgefängnis gebracht wurden, wurden der Weit, an die ehrlichen und aufrechten unwahren Behauptungen ab. Abgesehen wir noch einmal von einem Arzt unter­ Demokraten in der Weit, und ich klage an von meinen Überzeugungen hatte ich mich sucht. Bei dieser Untersuchung war auch die Hände der Folterer, die sich gegen die in keine Aktion eingemischt. Und die eine Frau dabei. Als die Frau dem Arzt die ehrlichen Menschen, gegen die Demokraten Überzeugungen sollten auch frei sein. Wunden und die blauen Flecke an ihrem und gegen die Intellektuellen richten. Körper zeigte, sagte der Arzt: "Woher soll Hier in diesem Gefängnis können sie ich denn wissen, daß du das nicht alles ein türkischer Akademiker 25 Uebe deinen Nächsten wie dich selbst • solange er kein Ausländer ist!

schafdieher Beirat, a. a. 0). Ein wahrhaft marktwirtschaftliches Prinzip. Und die Bundesanstalt für Arbeit hatte ja schon 1971 festgestellt : "Vom zahlen· mäßigen Arbeitskräfteangebot her sind der Vermittlung türkischer Arbeitnehmer prak­ tisch keine Grenzen gesetzt". (Bericht Aus­ ländische Arbeitnehmer 1971 ). Im Mittelpunkt steht die Arbeitskraft! Heute kann man die Türken gar nicht schnell genug wieder loswerden. Die Suche nach attraktiven Rückkehrförderungspro• grammen gerade für Türken läuft auf Hoch­ . touren. Natürlich war auch der Deutsche Ge­ werkschaftsbund Anfang der 70er Jahre noch für die Integration von Ausländern und eine Verbesserung der Infrastruktur zugunsten ihrer Familien. ln letzter Zeit ist es auf den Funktionärsetagen allerdings seh r ruhig geworden, wenn es um die aus­ ländischen Kol leginnen und Kollegen geht, obwohl mindestens 1/4 von ihnen gewerk­ schaftlich organisiert ist ! ln Zeiten steigender Ausländerfeindlich• Im Dezember 1981 beschloß die Bundesregierung, den Zuzug ausländischer Kinder über keit ist es sicher opportun, zunächst ein­ 16 Jahre zu unterbinden. Bei (Jen Länderregierungen fand diese Maßnahme sofort Voll­ mal abzuwarten, wie sich die Dinge entwik­ zugsgehilfen. Ab 1985 sollen, nach den Vorstellungen von Bundesarbeitsminister West­ keln . Schließlich sind viele davon über• phal, nur noch Kinder bis zu sechs Jahren zu ihren Eltern in die Bundesrepublik ziehen zeugt, die Ausländer nähmen den Deut­ schen die Arbeitsplätze weg. Auch in Ge­ dürfen. Bereits seit Jahren regulieren staatliche Stellen den Zuzug von Familienangehörigen mit werkschaftskreisen ist diese Auffassung dem Ziel, die Zahl der Dauerniederlassungen so gering wie möglich zu halten. Hat die nicht neu. Warum sollten sich da die Funk­ Bundesrepublik jemals eine echte Integrationspolitik betrieben? Im folgenden soll tionäre für die Ausländer den Mund ver­ brennen. deutlich gemacht werden, wie sehr die Wirklichkeit von den Absichtserklärungen Natürlich waren auch die Bundesländer abweicht. in Sachen Ausländer nicht faul. ln den ver- 1 Im April 1 970 und im Juli/ August bot, das den sozialen Bedürfnissen der Aus· gangenen Jahren wurden Untersuchungen 1971 widmete das vom Bundesminister für Iänder gerecht werden sollte. Das Haupt­ zur Situation der Ausländer, zahlreiche Arbeit- und Sozialordnung herausgegebe­ problem, eine vernünftige Wohnung für · Studien über Ausländerkinder in Auftrag ne "Bundesarbeitsblatt" sämtliche Beiträge · die ausländischen Familien, konnte bis heu­ gegeben. Beschlüsse der Länderparlamente · einem damals wie heute wichtigen Thema: te nicht gelöst werden. sollten deutlich machen, wie ernst es den "Ausländer in der Bundesrepublik", Aufga­ Ab Dezember 1973 trat ein von der Politikern mit der Integration "unserer lie­ -ben und Probleme. Im Juni 1971 lebten Bundesregierung verhängter Anwerbestopp ben ausländischen Mitbürger" ist. Sie be­ 2.169.700 ausländische Arbeiter bei uns in Kraft, der einen weiteren Zuzug auslän• fanden sich in guter Gesellschaft mit den (Juni 1961: 507 .419) und bereits damals discher Arbeitskräfte unterbinden sollte. Kirchen, die auch erkannt hatten; daß drin­ war klar, mit der Erwerbstätigkeit allein "Diese Maßnahme ist vor allem mit kon­ gend etwas getan werden mußte. würde es nicht getan sein._ junkturellen Abschwächungstendenzen be­ Jedenfalls wurde viel Papier produziert, Deutschunterricht, berufliche Bil· 'gründet worden" (so der Wissenschaftliche an den tatsächlichen Verhältnissen änderte dungsmaßnahmen, Wohnungen, schulische Beirat beim Bundesminister für Wirtschaft sich wenig. Betreuung, Hausaufgabenhilfe, Vorschuler­ in einem Gutachten vom März 1974 über Zwischendurch zog die Bundesregie­ ziehimg wurden schon vor 10 Jahren mit "Probleme der Ausländerbeschäftigung"). rung die Bremse für Ausländer weiter an. dem gleichen Nachdruck gefordert wie Der Hahn wurde zugedreht, der Bedarf Die Auflagen für den erforderlichen Wohn­ heute, denn es zeichnete sich ab, daß sich der Wirtschaft war gedeckt. Also schloß die raum wurden verschärft und führten in die Bundesrepublik auf einen verstärkten Bundesregierung ihre Anwerbebüros in den vielen Familien zu einer erneuten Tren­ Familiennachzug und einen langfristigen jeweiligen Heimatländern und ließ die dort nung, weil ein Daueraufenthalt von Ehegat­ Aufenthalt der Ausländer . einstellen auf einen Arbeitsplatz in Deutschland War· ten und/oder Kindern abgelehnt wurde. mußte. tenden draußen vor der Tür. Eine Hintertür Seit November 1974 gibt es auch mehrjäh• Waren die meisten ·von ihnen zunächst wurde der deutschen Wirtschaft aber offen­ rige Wartezeiten bei der Zulassung zum Ar­ ohne Familien in die BRD gekommen, um gehalten, denn: 'Wenn allerdings die beitsmarkt, die dann für die Ehegatten tagsül;>er zu arbeiten und danach in irgend­ · Knappheit an ausländischen Arbeitskräften auch nach Ablauf dieser Frist noch im Er­ welchen ~ Sammelunterkünftlm ·zu ver­ die ... kritische Grenze überschreitet, sollte messen der Behörden liegt. schwinden, so forderte der Familiennach­ die Anwerbepolitik der Bundesanstalt für Der Bundesminister für Arbeit und So­ zug von Seiten der Kommunen ein Ange- Arbeit wieder aktiviert werden" (Wissen- zialordnung ergänzte die Papierproduktion

26 am 28.2.77 durch die "Vorschläge der morandum, das der "Ausländerbeauftragte und Mentalität, von der Anpassungsun­ Bund-Länder-Kommission zur Fortent­ der Bundesregierung" der Öffentlichkeit im willigkeit und -Unfähigkeit. Das Scheitern wicklung einer umfassenden Konzeption September 1979 vorlegte. Was zahlreiche der Integrationspolitik wird ihnen ange­ der Ausländerbeschäftigungspolitik". Sie Ausländerorganisationen, Kirchen und so­ lastet, nicht uns, die wir den Heimvorteil wurden von den Ausländervereinen und gar Parteien in all den Jahren nicht ge­ oft brutal und arrogant ausnutzen, indem -initiativen scharf kritisiert, weil bisher schafft hatten, gelang ihm umgehend : Aus­ wir uns ftir die besseren Menschen halten. nicht einmal eine Entwicklung in der Aus­ gestattet mit einem staatlich finanzierten länderpolitik festgestellt werden konnte. Büro, lenkte er die Aufmer ksamkeit auf Die Bund-Länder-Kommission forderte die Probleme der Ausländer. Das ist es, was günstigere auf~nthaltsrechtliche und ar­ den Ausländern fehlte, noch ein Papier­ beitsrechtliche Bedingungen für die seit produzent. Jahren in der Bundesrepublik lebenden Für die zur Zeit in der Bundesrepublik ausländischen Arbeiter sowie eine Verbes­ lebenden 4,5 Mill io nen Ausländer hat sich serung im sozialen Bereich (Woh nung, Bil­ dadurch wenig geändert. Sie leiden unter dung, Ausbildung). Die Probleme blieben schlechten Wohnverhältnissen, sprachlicher die gleichen, es wäre ehrlicher gewesen, von Isolatio n, miesen Arbeitsbedingungen und einer Fortentwicklung diskriminierender einer fehlenden Zukunftsperspektive für Lebensbedingungen der Ausländer in der sich und ihre Kinder. Arbeitslosigkeit stellt Bundesrepublik zu sprechen. ihren aufenthaltsrechtlichen Status in Fra­ Endlich entschloß sich die Bundesre­ ge. Fehlender. Wohnraum und seine künst• gierung am 19 .März 1980 zu tatkräftigem liche Verknappung für Ausländer trennt die Handeln. Hatte die "Fortentwicklung" - Familien weiterhin für eine unbestimmte wie von der Bund-Länder-Kommission drei Zeit. Jahre vorher beschlossen - den meisten Ende 1981 nahm die Bundesregierung Ausländern keine Verbesserung gebracht, di e angebliche Angst der deutschen Bevöl• so sollte jetzt durch eine "Weiterentwick­ kerung vor Überfremdung zum Anlaß, den lung der Ausländerpolitik" der große Familiennachzug für minderjährige Kinder Durchbruch erzielt werden ! über 16 Jahren zu verbieten.Artikel 6, Ab­ Nach 20 Jahren Ausländerbeschäftigung satz 1 des Grundgesetzes sagt, "Ehe und eine'beachtl iche Entscheidung. Familie stehen unter dem besonderen Am deutschen Wese n sollst Du genesen, War die Anwerbepol itik der Bundesre­ Schutz der staatlichen Ordnung". Dies gilt nur ei n angepaßter Ausländer ist genehm. gierung in den 60er und Anfang der 70er offenbar nur noch für Deutsche. Nur in A ll e anderen sollten lieber heute als. mor­ Jahre darauf ausgerichtet, gesunde Arbeits­ ihren Pflichten als Bürger dieses Landes gen dahin zu rückgehen, wo sie hergekom­ kräfte (nicht älter als 40 Jahre) zu impor­ sind die Ausländer gleichberechtigt. men sind. Zuerst die Türken, die uns an­ tieren, so erfreuten sich jetzt die ausländi• Da vergißt selbst die CDU ihre perma­ gebl ich so fremd sind. Nicht ohne Grund schen Kinder u"nd Jugendlichen der Auf­ nente Trommelei ftir ein glückliches Fami­ stellte die Bundesregierung am 19.3.80 merksamkeit der Politiker. Ihre Bild ung, lienleben, mit der Mutter als zentraler Fi­ fest, "der entwicklungspolitischen Förde• Ausbildung und Einbürgerung sollte künftig . gur im trauten Heim. Ausländische Kin­ rung der freiwilligen Rückkehr von .türki­ im Vordergrund stehen. Die Probleme ihrer der braochen keine Familie, basta. Irgend­ schen Arbeitnehmern kommt qes9ndere Eitern standen schon immer im Hinter­ jemand wird si ch in der Heimat schon um Bedeutung zu". grund. sie kümmern. Das " Iiberalste Ausländergesetz. ·der · Nur Zyniker können bei soviel Fürsorge Ausländer wurden in unserem Land Welt", wie es Außenminister Genscher zu ' an den Facharbeitermangel in der deut­ noch nie besonders geachtet. Das wußten nennen pflegt, macht Ausländer immer schen Wirtschaft und die sinkenden Bevöl­ wir schon vor d em "Heidelberger Manifest" noch zum Spielball öffentlicher Entschei­ kerungszahlen Ende der 80er Jahre und den Listen ftir Ausländerstopp in Kiel dungen, aufgrund des Ermessensspielraums denken! und Hamburg. Sie sind bei vielen Deut­ der Behörden. Es gibt auch denjenigen Aus­ Ausgelöst wurden all diese Regierungs­ schen unerwü nscht. Allen voran die Tür­ ländern keinen Schutz, deren Aufenthalt aktivitäten (auf dem Papier} durch ein Me- ken. Da wird geredet von anderer Kultur in der Bundesrepublik als · gesichert gilt. Selbst . eine Aufenthaltsberechtigung, die nach mindestens 8 Jahren Erwerbstätigkeit in der BRD erteilt werden kann (es gibt nur wenig "Auserwählte"), darf noch mit Auf­ lagen versehen werden. Ausländer in der Bundesrepublik sind und bleiben rechtlos. Niemand spricht mehr von Partnerschaft und Gleichberech­ tigung, von aktivem und passivem Wahl- recht. Es ist nicht zeitgemäß. · · Für die 90er Jahre wird der Wirtschaft ein Arbeitskräftemangel vorausgesagt. Viel­ leicht haben die jetzt abgewiesenen Kinder ausländischer Arbeiterinnen und Arbeiter dann ja die Möglichkeit, sich als frische, ge­ sunde Arbeitskräfte über ein wiedereröff• netes Anwerbebüro in ihrem Heimatland von der Bundesrepublik importieren zu lassen. Wenn die Wirtschaft nach ArQ~itskrä,f­ ten ruft, wird den Politikern ftir diese For­ derung schon die richtige Argumentatjon einfallen. Eine Geschichte ohne Moral. 27 buch-drucksachen Die Diskussion um Friedenswahrung und Rüstungseskalation, um die offiziel­ aus dent Friedensbücherstapel: le Sicherheitspolitik und notwendige Alter­ nativen hat in kurzer Zeit zu einer großen Zahl einschlägiger Veröffentlichungen ge­ führt. Redaktionsmitglieder von "Stern" aufschlußreiche und "Spiegel" haben im publizistischen Be- . reich maßgeblich dazu beigetragen, kriti­ sche Argurnerite zur "Nachrüstung" und zu ZiHern neuen Weltmachtstrategien der USA in der öffentlichen Debatte zu verankern. Einige Dieter S.Lutz : Weltkrieg wider Wil­ orgij Arbatow. Ganz im Gegensatz übrigens dieser Arbeiten sind inzwischen in Buch­ len? Eine Kräftevergleichsanalyse der zur Nord-Süd-Kommission Willy Brandts, form erschienen: Nuklearwaffen in und für Europa. der der Durchbruch über einen Minimal­ Reinbek 1981, DM 10,80 (=rororo konsens hinaus nicht gelungen ist. Der Wilhelm Bittorf (Hg.) : Nachrüstung. 4934) Palme-Bericht gehört mit Sicherheit zu den Der Atomkrieg rückt näher. Spiegel­ Alfred Mechtersheimer (Hg.) : Nach­ wichtigsten Beiträgen in der gegenwärti• Buch 20, Reinbek 1981, DM 14.- rüsten? Dokumente und Positionen gen Diskussion. Seine Forderungen sind Peter Koch : Wahnsinn Rüstung. Stern' zum NA TO-Doppelbeschluß. Reinbek Maßstab und Orientierung auch für die Buch, Harnburg 1981, DM 20.- 1981, DM 8,80 (=rororo 4940) deutsche Politik. Wolf Perdelwitz/Heiner Bremer : Gei­ Die UNO-Studie : Kernwaffen. Mün• sel Europa. Berlin 1981, DM 24.- chen 1982, DM 17,80 Egon Bahr : Was wird aus den Deut­ SIPRI-Rüstungsjahrbuch '81/82. Rein­ schen? Fragen und Antworten. Rein­ bek 1981, DM 8,80 (=rororo 4852) bek 1982, DM 24.- Der Palme-Bericht. Bericht der Unab­ Für die Beurteilung der globalen hängigen Kommiss/on für Abrüstung Rüstungsentwicklung unverzichtbar bleibt und Sicherheit. Berlin 1982, DM 16,80 . das Jahrbuch des unabhängigen Stockhol­ Komitee für Grundrechte und Demo­ mer Friedensforschungsinstitutes SIPRI. kratie (Hg.) : Frieden mit anderen . Aufschlußreich sind die Ziffern des bundes­ Waffen. Fünf Vorschläge zu einer al­ deutschen Rüstungsexports. Sie belegen ternativen Sicherheitspolitik. Reinbek wiederum, daß die "Liberalisierung" der . 1981, DM 7,80 (rororo 4939) Kriegswaffenausfuhr stattgefunden hatte, bevor die dies auch nachträglich gutheißen• den neuen Genehmigungs-Richtlinien der Bundesregierung in Kraft getreten sind. Der Bericht, den der Generalsekretär der Vereinten Nationen im Herbst 1980 der UNO-Vollversammlung vorgelegt hat, Sie bieten leicht lesbare und informative stellt die materialreichste und informativste Einstiege in die Problematik. Alle Autoren Studie einer amtlichen Einrichtung zur bleiben nicht bei den Fragwürdigkeiten der Atomrüstung dar. Zusammenfassend be- Raketen-Rüstung und der militärischen Si­ . schäftigt sich der Report mit den vorhande­ cherheitspolitik stehen, sondern skizzieren nen Arsenalen, den Abschreckungskonzep­ zugleich denkbare Alternativen. Bremer ten der Atomverfügungsmächte, bestehen­ und Bittorf weisen überzeugend nach, daß den Rüstungskontroll-Vereinbarungen so­ die Deutschen in beiden Staaten in jedem wie absehbaren technologischen Entwick­ Fall die Hauptbetroffenen jeder europäi• lungen. Wichtig erscheint, daß die UNQ­ schen Konfliktsituation wären;· Militärisch Studie nicht nur den USA und der Sowjet­ gibt es für unser Land keine Sicherheit, nur union ihre Aufmerksamkeit zuwendet. Es Egon Bahr war das einzige deutsche Mit- · politisch läßt sich diese anstreben. gibt noch andere Atommächte, von denen glied der Palme-Kommission. ln seiner Der Hamburger Friedensforscher Dieter Gefahren ausgehen können. neuesten Veröffentlichung erläutert er die S.Lutz beschäftigt sich seit Jahren mit den Den Vereinten Nationen ist es nicht ge­ maßgeblich von ihm entworfene außenpoli• zweifelhaften Berechnungsmethoden mili­ lungen, im Rahmen ihrer letzten Sonder­ tische Philosophie der Sicherheitspartmir­ tärischer Stärke durch die NATO. Die Ver­ Generalversammlung zu Abrüstungsfragen schaft. Kein nationales. Ziel sei es wert, so öffentlichungen und Statistiken des westli­ wenigstens einige gemeinsame Handlungs­ Bahr, dafür den internationalen Frieden zu chen Militär-Bündnisses laufen im Ergebnis schritte zur Umkehr der Rüstungsspirale gefährden. Bahrs gegenwärtige politische auf eine alarmierende Überlegenheit des zu vereinbaren. Position ist interessant, erfordert sie doch Warschauer Pakts hinaus. Dies nicht erst Dieses Vakuum wird teilweise ausge­ ein großes Maß an Sensibilität: selbst vor­ jetzt, sondern seit den SOer Jahren. Lutz füllt durch den Abschlußbericht der inter­ denkender Mittler zwischen Regierungsflü• gehört zur Gruppe systemimmanent argu­ nationalen Experten-Kommission unter gel und Anti-Raketen-Opposition in der mentierender "Gegenexperten", die die Vorsitz des früheren schwedischen Premier­ SPD. Bahr wir'.d vo n Schmidt auch dann re­ Rüstungsbefürworter in letzter Zeit spürbar ministers Olof Palme. Vertreter aus Ost spektiert, wenn er über das administ rati­ in Verlegenheit bringen konnten. · und West, allerdings ohne Regierungsauf­ ve Handeln von heute hinausdenkt. Zu dieser Gruppe gehört auch Alfred trag, verständigten sich auf ein schritt weise Die längerfristige Orie ntierung unserer Mechtersheimer. Er zeichnet im hier emp­ durchzusetzendes Abrüstungsprogramm. Sicherheitspoliti k ist das Thema der Studie fohlenen Dokumenten-Band die bisj'lerige Erstaunlich ist, welches hohe Maß an in­ des Komitees für Grundrechte und Demo­ bundesdeutsche Auseinandersetzung um haltlichen Übereinstimmungen unter den kratie. Sie beschäftigt sich mit den Grund­ die Stationierung der neuen Mittelstrecken­ Abrüstungssachverständigen hergestellt lagen der NATO-Do ktrin und hält als ein raketen nach. werden konnte: von Cyrus Vance bis Ge- wesentliches Moment für jede alternati- 28 ve Sicherheitsstrategie fest, daß darauf ver­ zichtet werden müsse, absolute Sicher­ heit zu versprechen. jedes sicherheitspo­ litische Konzept sei, mi t Abstufungen, des­ halb ein Konzept kontrollierter Sicher­ heitsgefährdungen. Die fünf Vorschläge, die das Komitee vorlegt und diskutiert, entsprechen unter­ schiedlichen Denkrichtungen in der Frie­ densbewegung. Sie bedürfen der weiteren Klärung und Präzisierung: Disengagement (Auseinanderrücken der Militärblöcke), Neutralismus, strikte Defensivverteidigung, Soziale Verteidigung, einseitige und voll­ ständige Abrüstung. Die neue Friedensbewegung. Analy­ sen aus der Friedensforschung. Frie­ densanalysen Bd. 16, Frankfurt a.M. 1982, DM 16.- (=edition suhrkamp Neue Folge 143) Hans A.Pestalozzi u.a. (Hg.) : Frie­ den in Deutschland. Die Friedensbe­ Der kla•~hei•liche wegung : wie sie wurde, was sie ist, was sie werden kann. München 1982, Zugriß auf das DM 7,80 Die Friedensbewegung wird dauerhaft Bewußtsein sein und ein Umdenken bewirken können. I · Zu diesem Schluß kommen die Autoren Konservative Ideologen entwickeln auf die Bomben fliegen. des Sammelbands der " Friedensanalysen", _dem ~~~- iet der Sp~ache eine. beachtliche Auch Bomben lassen sich natürlich se­ der ersten wissenschaftlichen Buchveröf- I Kreat1v1tat. Kaum jemand mmmt wahr, mantisch entschärfen. Die Neutronenbom­ fentlichung über die bislang größte, viel- ~ie _d er Zu~riff auf sei~ B~wußtsei~ fu~k ­ be z.B. fand nicht die rechte Zustimmung leicht wirkungsvollste Basisbewegung in der t1on1ert, w1e klammhelmlieh Begnffe 1m ihrer voraussichtlichen Opfer. Um die Per­ Bundesrepublik. Kopf umgedreht werden. version des Denkens zu verschleiern, mußte Die Aufsätze des ausgezeichneten Ban- Wer bemerkt schon, wie er bei seinem sie im 'Verteidigungsministerium' zur Neu­ des beschäftigen sich mit grundsätzlichen 'Protest gegen die Sparbeschlüsse' ldeolo­ tronenwaffe mutieren. Perspektiven, dem Verhältnis der Friedens- gie seines politischen Kontrahenten nicht Die Militärs haben Sinn für sprachliche bewegung zum ökologischen Protest zu nur übernimmt, sondern auch weitertrans­ Feinheiten. Kriege gibt es schon lange nicht K'irchen und Gewerkschaften den Frie- portiert. Diejenigen, die gar nicht daran mehr, es wird nur noch 'verteidigt'. Will densbewegungen im internati~nalen Ver- denken, .etwas auf die hohe Kante zu legen, man den Gegner auf dessen Territorium an­ gleich. Besonders interessant ist der Beitrag den wohlklingenden Begriff Sparen jedoch greifen, nennt man das 'Vorwärtsvertei• zu Friedensarbeit in den Niederlanden. durchsetzen, wissen dagegen genau, warum digung'. Die Ermordung von Tausenden Das Buch wird komplettiert durch ein sie gegen das Wort 'Sozialabbau' heftig pro­ von Frauen und Kindern im Libanon fir­ testieren, auch wenn sie nur wenig später miert unscheinbar unter: 'Frieden für Gali­ die Streichung von Sozialleistungen begrün• läa'. Bei den westlichen Bündnispartnern den: Sozialer Wildwuchs muß beschnitten, und bei uns- zerbrechen sich Wehrexperten Mißbrauch von sozialen Leistungen verhin­ die Köpfe über den Verteidigungshaushalt. dert werden, damit sich es niemand auf der ln Moskau sind es Militärexperten, die für sozialen Hängematte bequem machen immer höhere Rüstungshaushalte sorgen. kann. Der Marsch durch die Begriffe, die se­ mantische Kriegführung, findet genau dort Kriege gibt es statt, wo gesellschaftliche Kontroversen ausgetragen werden. Wer macht sich schon schon lange Gedanken, warum es bei uns heißt, daß Grundrechte gewährt und nicht etwa ga­ nicht mehr rantiert werden? Kritiker, solche die das herrschende Gesellschaftssystem grundle­ Wenn in einer Demokratie die Mehrheit gend in Frage stellen, können als Verfas­ der Bevölkerung weitere Aufrüstungsmaß• schlüssig gegliedertes, kommentiertes Lite­ sungsfeind und Extremist, aber auch als nahmen ablehnt, dann darf von Aufrüstung raturverzeichnis. Regimekritiker oder Dissident tituliert wer­ keine Rede mehr sein. Ein neuer Begriff für Vertreter der gesamten Friedensbewe­ den. Einmal agitiert ein solcher Mensch in die 'notwendigen Verteidigungs-maßnah• gung, darunter William Borm und Frankfurt/ Main, ein anderes Mal agiert men' muß her: Nachrüstung. Politseman­ Christoph Strässer, umreißen in "Frie­ er in Frankfurt/Oder. Schrecken diese Op­ tiker aller Couleur stimmen überein. 'Nach­ den in Deutschland" Motivatio nen und Zie­ posit ionellen auch vor Gewalt nicht zurück, rüstung' ist die zynischste Wortschöpfung le ihrer Arbeit. Das Buch enthält kann es sich um Terroristen, Separatisten, der vergangenen Jahre. über 2.300 Adressen überregionaler und lo­ Rebellen oder Freiheitskämpfer · handeln, Man stelle sich vor, die Friedensbewe­ kaler Friedensgruppen. Vor diesen liegt je nachdem ob in Nordirland, im Basken­ gung erränge die Definitionsmacht über noch eine lange Wegstrecke zum Erfolg. land, in EI Salvador oder in Afghanistan Begriffe. ln der Tagesschau hieß es nicht

29 xibel. Ihre Pläne für ein Atommüllager lie­ Spätestens wenn in- einer solchen Krise ßen sie wegen des anhaltenden Widerstan­ der Abbau von Sozialleistungen als Reform des fallen. Die saubere Endlösung heißt verkauft werden kann, dann hat es die an­ jetzt: nuklearer Entsorgungspark. gekündigte Wende gegeben. Die Wachstumsverweigerer und mit ih­ Leute, die nicht auf den inhaltlichen, nen der stagnierende Stromverbrauch (man könnte ihn auch als stabil bezeichnen) sind schuld, daß sich im Kraftwerksbau ein ln­ Wer ist eigentlich vestitionsstau ergibt, behaupten die Wirt­ schaftsfachleute, die den Militärs seman- Arbeit-Geber I wer tisch in nichts nachstehen. · Die Definition, wer Arbeit-Geher · und wer Arbeit-Nehmer ist, beweist Genialität; Arbeit-Nehmer? semantisch sozusagen die Nachrüstung ver­ gangener Jahrzehnte. Frieden und Harmonie sind tragende sondern auf den semantischen Gehalt von Sprachelemente der herrschenden Wirt- Nachrichten achten, wissen schon immer etwas früher, was sie bald denken sollen. Alles gelingt den Wortgewaltigen unserer Gesellschaft allerdings nicht. Der Begriff ' "Berufsverbot" z.B. ist gegen ihren erbit­ terten Widerstand etabliert worden - und das gleich in zahlreichen Sprachen. Arafat: Freiheitskämpfer oder Terrorist ? Der Kampf um Worte dürfte in Zu­ mehr Nachrüstungs- sondern Erstschlagsbe­ kunft noch härter werden. Die Meinungs­ sch luß. Wie _immer bei der Durchsetzung macher basteln an den Manipultionsinstru­ eines neuen · Begriffes würde er die ersten menten der Zukunft. Soll etwa das Kom­ Male mit einer Standard-Formel erläutert: merzfernsehen der Verleger mit Hilfe der "mit dem die NATO die Stationierung von Union zur vollidiotischen_Vollverkabelung nur für den Angriff geeigneten Mittelstrek­ der Republik führen? Nein! Die Medien­ kenraketen beabsichtigt." Die F riedensbe­ landschaft erweitert sich; das Privatfernse­ wegung würde dann auch die Medien ver­ hen bietet eine größere Angebötspalette. Es anlassen, sich wieder an den im Grundge­ wächst die Freiheit des Verbrauchers, der setz verankerten Begriff · ,Kriegsdienstver­ nach dem Willen der Union bald nicht weigerer' zu halten. Sie dürften niemanden mehr zwischen drei sondern 120 gleich mehr als Wehrdienstverweigerer abstem­ schlechten Programmen auswählen kann. peln. Militärisches Eingreifen hieße dann auch bei nicht-kommunistischen Truppen wieder 'Invasion' und 'Krieg'. Nicht an ano­ nyme Kriegsausbrüche würde erinnert, son­ dern deutlich gesagt, welche Truppen an­ dere Länder überfallen haben. Braucht Arbeitgeberchef Esser bessere . Nuklearwaffen würden wieder unter Rahmenbedingungen oder schlicht höhere ihrem alten Etikett 'Atombomben' die Profite? Menschheit bedrohen, weil jeder mit die­ schaftsbegrifflich keit: Sozialpartner sitzen sem Begriff eine Vorstellung verbindet, seit in einer Tarifrunde zusammen, um den so­ die Amerikaner die beiden Städte Hiroshi­ zialen Frieden zu bewahren. Nur im Klas­ ma und Nagasaki atomar verwüsteten und senkampf verhaftete Konfliktpädagogen er­ hunderttausende Menschen umbrachten zählen noch von Lohnabhängigen, Arbeits­ (wie man statt 'erster Atombombenab­ kämpfen, Widersprüchen und gegensätzli• wurf' auch formulieren kann) . chen Interessen, ja sogar davon, daß Profit­ interessen der Kapitalseite dazu führen, daß durch Rationalisierung Arbeitsplätze ver­ nichtet werden. Dabei müßte in unserer ge­ Atommüll- Lager sellschaftlichen Wirklichkeit doch jeder be­ greifen, wie das hohe Lohnniveau die Un­ oder nuklearer ternehmen zwingt, Arbeitskräfte freizuset­ zen, um international konkurrenzfähig zu Entsorgungspark bleiben. Wie andere vom Brot, so leben wir DGB-Chef Breit, Sozialpartner oder Lohn, schließlich vom Export. Denntrotz des eu­ kämpfer ropäisch-amerikanischen Familienstreites Dieses Vermächtnis belastet auch die gibt es in der freien Welt immer noch einen "friedliche Nutzung der Atomkraft". Wer freien Handel und vor allem eine freie Werden erinnert _sich noch daran, wann diese Rede­ Marktwirtschaft. ln Zeiten mit Millionen wendung verschwand, wann er zum ersüm freigesetzten Arbeitnehmern muß das Ad­ Grundrechte Mal-"Kernkraftwerk" hörte oder selber den jektiv "sozial" vor der Marktwirtschaft et­ Begriff übernahm? Hatten viele Menschen was in den Hintergrund rücken. bei uns eigentlich die Kenspaltung begriffen und wollten sich Solche Krisen gibt es im Kapitalismus, nun physikalisch korrekt ausdrücken? Ist es wenn die Profite nicht stimmen. ln der frei­ gewährt oder Zufall, wie dieser Wortwandel zeitlich mit en Marktwirtschaft müssen Regierung und dem Aufkommen der Anti-AKW-Bewegung Parlament nur die Rahmenbedingungen für zusammenfällt? Gewinne korrigieren, damit die Privatwirt­ garantiert? Die AKW-Betreiber erwiesen sich als fle- schaft wieder investieren kann. 30

L . ------Gernot von Baer Kari-Heinz Hense

Demokratische Lieder

Eine neue Doppei-LP in der Edition Liberales Zentrum Köln I Stuttgart

. "Gedanklicher Ausgangspunkt fti r diese des Grundgesetzes abgeschlossen worden, gart eine Platte veröffentlicht. Die "Lie­ . Doppei-LP ist die Uberzeugung, daß wie das "Freiheits-Büchlein", das sich mit der der Freiheit" beschäftigen sich aus­ ·Herrschaft - in welcher Form auch den Auswirkungen eines " Gewalt"-Para­ schließlich mit der Zeit um und nach · ·immer __, Sache des Volkes, res publica, graphen BBa . befaßt, oder. " Aalenerlaß" 1848. ' ist. Und daß · diese Überzeugung längst zeigen, das überzeugend darstellt, daß Kari-Heinz Hense, Köln, Mitarbeiter der · kein Allgemeingut ist -fast so wenig, wie der Radikalenerlaß wegen der Gefährlich• FNS, hat in der Edition Liberales Zen­ sie es im 19. Jahrhundert war. Deshalb trum Köln auch· schon eine Platte ge­ haben wir historische und aktuelle Lieder ke it der durch alle Netze schlüpfenden ·miteinander zu verbinden versucht - in Aa le durch einen "verschärften Aalener­ macht. ln seinen "Liedern aus eigener Text und Musik. laß" ergänzt werden muß. Der letzte· Schreibe" hat er sich vornehmlich mit Gernot von Baer und Kari-Heinz Hense ." Wahl krampf", so der Titel eines weite­ dem Lebensgefühf einer Generation aus­ die sich vom bundesrepu­ sind mit der Platte "Demokratische Lie­ ren Liedes, ist zwar vorbei und Franz-Josef ei~and_ ergesetzt, blikanischen Alltag, von der Saturierheit der:' ihrem selbst gesetzten Anspruch ge­ Strauß steh t nich t mehr direkt vor den recht geworden. Mit Blick zurück fordern Toren der Macht unserer Republik, doch und dem Materialismus seiner Wohlstands­ sie dazu auf, sich auf die Tradition der "Der Präsident" zeigt , daß man sich eben bürger frustriert fühlt und nach Freiräu• nicht beruhigt zurücklehnen kann, son­ men sucht. deutschen Freiheitsbewegung zurückzube• Michael Kleff sinnen und sich die verdrängten demokra­ dern gegen antidemokratische Tendenzen tischen VoJkslieder wieder zu eigen zu in unserer Gesellschaft kämpfen muß, um machen. So spiegeln die Lieder der Zeit ein erneutes "Sieg und Heil" zu verhin­ um 1848 zwar die damal igen sozialen und dern. Überhaupt ist die Platte "Demokra­ politischen Verhältnisse wider, mit dem tische Lieder" eine Aufforderung, das An­ Drängen nach Freiheit, dem Wunsch nach gebot einer freiheitlichen , rechtsstaatl i­ radikaler Abkehr von der Unterdrückung chen und sozialen Demokratie unseres Grundgesetzes mit Leben zu erfüllen und durch Fürsten, Kirche und Obrigkeitsstaat. gegen alle jene zu verteidigen, die mit Die Parallelen zur heutigen Zeit sind je­ Worthülsen auf den Lippen und dem doch "unüberhörbar", wenn man z.B . in "Sachzwang" als Begründung "Interessen­ dem Lied "Hundertfünfzig Professoren", Politik" betreiben und damit unsere Frei­ das unter Verwendung zweier Strophen heit " scheibchenweise" abbauen. des Liedes "Das Reden nimmt kein End " Auch musikalisch sind die demokrati­ von Georg Herwegh entstand , auf einmal schen Lieder eine Verbindung traditionel­ gar nicht weiß, ob die besungene Szene ler Melodien und neuer Rhythmen. So nun in der Paulsk'irche im letzten Jahr­ finden sich neben den von Gernot von hundert oder im Deutschen Bundestag Baer und Kari-Heinz Hense neu bearbeite­ stattfindet - viel nutzloses Gerede ist es ten Traditionsweisen auch eigens für diese in beiden Fällen . Bundesrepublikanischer Zu den Themen der " Demokratischen Platte komponierte Töne - vom modi­ Alltag wird auch fühlbar, wenn unter Ver­ Lieder" paßt ein von dem Banner Künst• schen Reggae bis hin zum harten Rock. wendung des Liedes "Vetter Michels Va­ ler Bernard Pawel Woschek gestaltetes Ursprünglich geplant als Duo-Werk des terland" von August Heinrich Hoffmann Plakat zu einem aktuellen Text von Kari­ Stuttgarter und des Kölner Liedermachers von Fallersleben danach gefragt wird: Heinz Hense: "So mancher Staat läßt sich kam schließlich doch ein " kleines "Sag' was ist?", wie steht es mit dem De­ Orche~ eine gerechte Ordnung was koste~ . Zum ster" zusammen , um den Texten die pas­ monstrationsrecht, mit der Verwirkli­ Beispiel die Freiheit der Bürger;'. Das Pla­ senden Töne zu unterlegen, wie die Beset­ chung der Gleichberechtigung oder mit kat ist im LZ Köln für DM 10,- (incl. der Meinungsfreiheit in unserem Staat? zung des "Teamwork" zeigt: Porto und Verpackung) erhältlich. Die Ro! le der '1848er Revolution und EI ke von Baer Kari-Heinz Hense ihrer Erben wird in diesem Zusammen­ Gernot von Baer Dragan Jahovit Die Doppei-LP · "Demokratische Lieder" hang von "Pereant die Liberalen " beleuch­ Claus Böhm Goran Janovit kostet · DM 29,-- und ist ebenso wie das tet. Die ungewollte und verdrängte Revo­ Karin Böhm Liedermeier lution wird in Verbindung gesetzt mit den Gunter Christ Micky Schmidt abgebildete Poster erhältlich. über: Liberalen , die "nur reden und nur prah­ len, nu·r mit Worten stets bezahlen und Gernot von Baer ,St uttgart, Versicherungs­ Liberales Zentrum die arm an Taten sind" -eine Einschät ­ kaufmann von Beruf, hat bereits 1976 Roonstrasse 69 zung, die heute aktueller denn je ist. gemeinsa m mit " Mi cky " Michael Schmidt' 5000 Köln 1 Der Kampf um die Verwirklichung der der ebenfalls auf dieser Doppei-LP zu hö ~ Freiheit ist aber nicht mi t der Schaffung ren ist, mit dem Liberalen Zentrum Stutt-

31 ·· v : Seit Herbst 1980 gibt es auch in Wup­ pertal, der Großstadt "im Kranz der grünen Berge", die zwar keinen Hauptbahnhof, da­ für aber den stählernen Tausendfüßler der Schwebebahn . beheimatet, ein liberales Zentrum. ln einem alten Fachwerkhaus, wo früher Arzneien über die Theke gereicht warden, werden nun Bier und Wein, aber auch alkoholfreie Getränke und geistige Anregungen aller Art angeboten. Da das über hundert Jahre alte Fach­ werkhaus mit seiner rundum verschieferten Fassade seit eh und je den weithin sichtba­ ren Schriftzug "Rosen-Apotheke" trägt, hat man sich nach einigem Überlegen ent­ schlossen, dieses ziemlich stadtbekannte Markenzeigen zu erhalten. Scherzhaft wur­ de dabei auch vorgeschlagen, dann doch bitte die Schreibweise in "Rosen-APO­ Theke" zu korrigieren. Aber das sollte nicht nur eine Wortspielerei sein. Denn mit dieser neuen Lesart kommt schon ein bißchen von dem kritischen Bewußtsein zur Geltung, was · den Machern des HECKER-LADENs vorschwebt. Von der Rosenapotheke zur liberalen APO-Theke Vater und Mutter oder die Eltern des Eine "bunte" Palette von Veranstaltun­ Stadtteil Unterbarmen. Auch ohne eigenes HECKER-LADENS sind die Leute vom gen hat in den ersten beiden Jahren das Fahrgestell ist sie bequem mit öffentlichen CLUB LIBERAL, der sich folgende Ziele Bild des HECKER-LADENs geprägt. Als Verkehrsmitteln zu erreichen. Bis zum gesetzt hat: besonders attraktiv erwiesen sich musisch­ nächsten Bahnhof (Wuppertal Unterbar­ - Verbreitung der Ideen eines fortschritt­ kulturelle Darbietungen wie Lesungen und men) sind es nur ein paar Schritte, auch ! ichen Liberalismus, Liederabende, die häufig mehr Leute in Straßenbahn . und Schwebebahn halten in Bekämpfung restaurativer und reaktio­ den HECKER-LADEN lockten, als poli­ der Nähe. Ein Besuch loh.nt sich. närer Tendenzen in der BRD, tische Informations- und Diskussions­ Club Liberal e.V. Erweiterung des Freiheitsraumes des abende. Aber beide Bereiche haben ihren Oberbergische Str. 8 Einzelnen auf Grundlage radikaldemo­ festen Platz in der Programmgestaltung. 5600 Wuppertal 2 kratischer und radikalliberaler Tradi­ Außerdem bietet das Wuppertaler Liberale Tel. 0202/8 80 59 tionen, Zentrum auch Initiativgruppen, die biswei­ _..:. Vermittlung gesellschaftpolitischen Wis­ len nur aus wenigen Leuten bestehen, Ge­ (Die Vorstellung liberaler Clubs wird fort- sens, legenheit zu regelmäßigen Treffen. Dazu gesetzt) · :._ Anleitung zu aktivem politischem Enga­ steht zusätzlich ein kleinerer . Raum zur gement, Verfügung, wo auch gleichzeitig mit Ter­ zu sozialem Verantwortungsbewlißtsein, minen im "großen Saal" getagt werden Leckerbissen · zum Einsatz für Freiheit und Gerechtig­ kann. Und: Wenn zufällig noch eine wei~ · . im LZ Köln keit, für Menschenwürde und Selbstbe­ tere Gruppe zur gleichen Zeit zusammen" . · stimmung,. für 'Solidarität und Toleranz, kommen will, ist auch das · kein Problem. . · • D~s Liberahi Zentrum Köln wartet Föderung der Völkerverständigung Lind Für ein . paar Leute ist immer noch genü- ·. wieder einmal mit einem politischen 'Lek­ · Abbau nationalistischer Und rassistischer gend Platz im Büroraum. · . · kerbissen' auf. Innenminister und LZ-Mit- .Vorurteile, . . ·Ein klavier, das schon bei manchen glied , derOsnabrücker Kui­ Einsatz für Gleichberechtigung von Kieinkunststücken gute Dienste getan hat, . turdezernent Siegfried Hummel ("Republi­ Frauen und Männern, wirtschaftliche ist das Schmuckstück im großen Hauptver- kanisch verfaßte Gesellschaften erleiden und soziale Gerechtigkeit, anstaltungsraum. Hier, wo die Durstigen Schaden, wenn sie einen nicht-republika­ . ...:... Schutz und Erweiterung der Grundrech­ und Hungrigen die Theke vorfinden, wer- nischen Kulturbegriff handhaben.") und te und Grundfreiheiten, den auch wechselnde Austellungen von bil- der Schweizer "Aussteiger" Hans Pesta­ Förderung der Demokratisierung unse­ denden Künstlern und Photographen lozzi (" Nach uns die Zukunft") werden rer Gesellschaft, Abbau von Macht und durchgeführt. ein Gespräch über dieSituation der politi- Herrschaftsverhältnissen. · Das organisatorische Drum und Dran sehen Kultur in der Republik führen. Statt­ Somit präsentiert sich der HECKER­ wird ehrenamtlich von Mitgliedern und finden wird dieser Beitrag zur "Herstellung LADEN als offene Begegnungsstätte, in Freunden des Club Liberal besorgt. Über republikanischer Öffentlichkeit" im Rah­ der jeder seine Ideen und Meinungen vor­ Langeweile wird nicht geklagt. Programm- men des Herbstfestes des Kölner politisch­ stellen und diskutieren lassen kann. zettel und Plakate müssen gestaltet, ge- kulturellen Clubs, das am Samstag, dem Verständlich daher auch die Wahl des druckt und verteilt werden. Aber auch 2.0ktober ab 14.30 Uhr in der Künstlerfa• · Namenspatrons Friedrich Hecker, jenes ba­ Pressemitteilungen und Terminvereinba- brik "Wachsfabrik" in Köln-Rodenkirchen dischen Liberalen, ·der schon im Vormärz rungen, Getränkeeinkäufe und Theken- über die Bühne gehen wird. Interessenten und dann in der Revolution von 1848 kon­ dienst ·sind regelmäßig zu erledigen. können das Programm beim Liberalen Zen- Sequent für eine republikanische Demokra­ Übrigens · liegt die "Rosen-Apotheke" trum Köln, Roonstr.69, 5000 Köln 1 an­ tie eintrat. sehr verkehrsgünstig im zentral gelegenen fordern.

32 vor-drucksachen liberale .drucksachen Liebe Leser, im Oktober: das ist sie also, die erste Au~gabe unserer "liberalen drucksachen". Die Perspektivkommission hatte "liberal - SDP - Lions - Alliance" - Herausgeber und Redaktion handeln doch recht · verführerische Alternative zu Eng­ nicht, weil sie eine Marktlücke ent­ lands "Eiserner Lady"? deckt haben oder . sich gar Chancen Hanspeter Knirsch erinnert an die Arbeits- . · ausrechnen, hier Gewinne .· zu er­ ergebnisse · der PersPektivkommission der wirtschaften. F.D.P .. Hier hatten vor fünf Jahren eine Oie dr.ucksachen-Redaktion sprach mit Gruppe von führenden Liberalen unter D: Alton, liberales Mitglied des englischen Im Gegenteil: Mit diesem Zeit~ VorsitZ von und Gerhart Unterhauses und vielen deutschen Libera­ schriftenprojeki gehen wir ein erheb­ Baum vorausgedacht und, wie. sich jetzt len · als 'Vater' des Liverpooler Modells liches materielles · Risiko ein, in der zeigt, gut gearbeitet. Die Führum~sgremien bekannt, über die Chancen einer sozial­ Hoffnung, daß es sich politisch ren- der F.D.P. hatten die Arbeitsergebnisse liberalen Koalition in England nach dem tiert. · · verworfen. Fal kland-Krieg. Weil wir alle sehen, daß der orga­ nisierte Liberalismus Gefahr läuft, in unserem land zu verkommen,.und es schon einer gewaltigen Anstren­ gung bedarf, der Freiheit in der Zu­ kunft eine Chance offenzulassen, wie Kari-Hermann Flach in seinem Buch "Noch eine Chance für die Libera~ len" schließt, haben wir uns zu die­ sem Schritt entschlossen. Wenn Ihnen die Richtung gefällt, liegt es nun an Ihnen, mit dem zwei­ ten S.chr.itt zu folgen: Kritik, Anre­ gungen, Nachrichten, leserbriefe und Artikel müssen von Ihnen kom­ men, damit wir Druck-machen in Richtung liberaler Fortschritt. "liberale drucksachen" braucht aber auch Ihre 10,50 DM für die nächsten drei Ausgaben in diesem eine Werbepostkarte der F.D.P. Jahr. Wir versprechen Ihnen, daß Sie Global zwei, null, null, null 2000 keine Konsequenzen gefunden. Eg­ dafür interessante Eindrücke bekom­ mont Koch beobachtete die Welt-Umwelt­ men werden. Außer starken Worten, schönen Plakaten Konferenz in Nairobi. Sein Fazit: Starke und einem Hearing hat die Studie Global Worte, schwache Taten. Die Herausgeber und die Redaktion

Außerdem: Muster- Grüne

Die Fraktion der Grünen im Musterländle liberale drucksachen gibt es nur Flüchten oder Standhalten? Baden-Württemberg paßt sich immer glatter im Abonnement. Der Vierteljahres­ Analyse und Auswirkungen Jer Hessenwahl in den parlamentarischen Alltag ein. Oder preis beträgt 10,50 DM. Der Zeit­ trügt der Schein? schrift liegt ein Überweisungsträger Ganz so einfach ist es nicht für das Postscheckkonto Nr. 23934 Sibylle Engel widerspricht der Einschät• Für Dregger - gegen Strauß - 431 beim Postscheckamt Essen bei. zung von Sybille Uken über die Auslän• Schwierigkeiten der bayrischen FDP im Wenn Sie bis zum 25. September Landtagswahlkampf derpolitik (s.diese Ausgabe) · 10,50 DM auf dieses Konto überwei• sen, erhalten sie die Oktober-Ausgabe Reagans Abwende Auf Konfliktkurs und natürlich die · beiden weiteren Das Scheitern der amerikanischen Wirt­ Vorstellung der neugegründeten Vereini­ schafts- und Finanzpolitik gung liberaler Arbeitnehmer Ausgaben in diesem Jahr. Bitte teilen Sie uns Adressen mit, Alternatives Millionen-Unternehmen Umgekrempelt an die wir ein weiteres Exemplar die- · Reportage über die Arbeit der GePa in Bericht über die Frauengruppe in Nauheim, ser ersten Ausgabe schicken sollen. Schwelm, der größten Handelszentrale für die ihren FDP-Qrtsverband auf Trab ge­ die ·Dritte-Welt-Läden bracht hat 33 personelles

Bild statt Schon August

Parteitagsrede Die Personalien-Redaktion von druck­ 'Wir haben zwölf Jahre sachen hat es schwer. Erst sollte ihre Ru­ lang abgelehnt. Wir haben 'Stoppt-Aifred­ brik "Drecksachen" heißen, jetzt muß sie Piaketten' verteilt. Wie sollen wir begrün• in de;-; Konflikt mit der Nachrichten-Re­ den, daß wir ihn jetzt zum Ministerpräsi• daktion gehen. denten wählen wollen?" Die "Neue Bonner Depesche" ist doch "Wenn wir unser zweites Ziel, eine informativ. Man muß die NBD nur sorgsam Regierungsbeteiligung, .zu hoch schrau­ lesen und bis auf die bunten Zeilen der vor­ ben, fürchte ich, · daß wir das erste Ziel, letzten Seite dringen. wieder in den Landtag zu kommen, nicht Man lese nur die 'Juli-Otto'-Meldung in erreichen." der letzten NBD. Wer hat dem Juli-Chef da "Eine Aussage zugunsten der CDU be­ alles zur Hochzeit gratul-iert? Na der Gen­ deutet, daß wir über unsere Vergangenheit scher und der Lambsdorff und derErt l und und den Ministerpräsidenten-Kandidaten der Scheel z.B. nur ganz leise reden dürfen." Und von wem heißt es, er wolle den Dies erklärte Andreas von Schoeler u.a. Koalitionswechsel? Na der Genscher und auf dem Landesparteitag in Darmstadt. Die der Lambsdorff und ... ganze Rede rückten jetzt jedoch weder Übrigens haben wir auch eine Otto-Per­ FDP-Geschäftsstelle noch der Staatssekre­ sonalie anzubieten: tär raus. Als Trost erhielt liberale drucksa- · Der frisch gebackene Ehemann und Juli­ chef bekam vom hessischen Landespartei­ grammfoto statt seiner Rede heraus. chen ein Autogrammfoto. tag Mitte August keinen Platz unter den Bundesparteitagsdelt;gierten. Lehrerstelle frei Da war auch schon kein Juli mehr. Christoph Strässer, liberaler Erstunterzeich­ ner · des Krefelder Apells, ist das Lehrer­ Turbulenzen dasein leid, Zum 15.September eröffnet Cordes Koch-Mehrin aus Köln, FDP­ er_ mit seinem Vorgänger als FDP-Ortsvor­ Außenpolitiker in verschiedenen Gremien; · sitzender in Münster-Süd, - Hans-Georg soll jetzt auf Vorschlag aus Nordrhein­ König -eine Anwaltskanzlei. Westfalen neuer Präsident der Deutschen Gruppe der Liberalen Internationalen wer­ den. Auf ihm ruhen viele Hoffnungen, daß Verzicht die Deutsche Gruppe endlich wieder in Dr.Oiaf . Feldmann MdB, für den von ruhigeres Fahrwasser gerät, nachdem ihr Posten zu Posten springenden Guido Brun­ die Spendenaffäre, der Freitod des Präsi• ner im Januar letzten Jahres in den Bundes­ denten Christian Külbs und das aufdringli­ tag nachj!f:'' ., hat seine atomwaffen­ che Auftreten des Vizepräsidenten Fritz kritische . ialtung einmal mehr unter Be­ Zielinka einige Turbulenzen verschafft weis ge':-ellt. hatten. I'· einem vom 4.8. datierten Schreiben

Er hat es nie leicht gehabt - unser . Mißgunst und Undankbarkeit begleiteten seine Karriere. Auch jetzt wieder ver­ suchten alte Weggefährten wie Scheel, Mö llemann und Lambs­ dorffs Grüner ihm den ersten Platz auf dieser Seite streitig zu machen. Im Hintergrund lauerte auch noch Kleinert, wild entschlossen, sich in dieses Heft durchzuschlagen. Doch unbeirrt wie eh und je nahm Martin Bangemann die Sache beherzt in die Hand, griff zum Telefon und mel­ dete sich einfach selbst. Durch den Spiegel wußte er, eine Story über ih n war für diese Ausga­ be in Arbeit. Was das denn solle, Ge­ gendarstellung, und überhaupt ... Ein so liebes Feed-Back läßt keine Re­ daktion ungerührt. Die Geschichte wurde umgeschrieben: Geh Du voran, Bangemann! Geh Du vor . n, Ba nge1111ann Wer dankt z.B. Martin Bangemann heute, ja Zugegeben, die Voraussetzungen für die Helmut Schäfer zu einem Seminar der wer erinnert sich auch nur, wie er immer Koalitionsarb eit sind schon einmalig gut. linksliberalen niederländischen D'66 schik­ wieder Vordenker und Wegbereiter war. Er Die Gre nzen zu den Konservativen sind so­ ken. "Das werde ich rückgängig machen", war es, der schon vor j ahren als Generalse­ zusagen fließend. Die eine Hälfte der Gis­ versprach Martin Bangemann mit Erfolg. kretär der F.D.P. den Wechsel herbeizure­ cardisten ist schließlich bei den Liberalen, j ungdemokrat joachim Behmer, der sich den versuchte und damit seinen Posten ris­ die andere Hälfte in der konservativen Eu­ auch in einem stundenlangen Telefonge­ kierte und verlor. Heute, wo es kein Risiko ropa-Fraktion organisiert. spräch von ELD-Generalse kretär Florus mehr ist, trauen sich dies viele. Oder dankt b a sollten wir auch mit den Inhalten nicht Wijsenbek höchstpersönlich nicht von sei­ ihm Gaston Thorn, daß er heute Präsident so se nsibel sein. Was kann denn Bangemann nem Tun abbringen ließ, bl ieb dann das der EG-Kommission ist? Wenn Bangemann dafür, daß diverse Mitglieder seiner Frak­ einzige F.D.P.-Mitglied auf dem Seminar damals nicht den Fraktionsvorsitz genom-' tion gegen eine Reso lutio n stimmen, die der D'66. men und dafür Sirnone Veil statt Thorn auf die Abschaffung der Todesstrafe fordert. den Präsidentenstuhl des Europaparlamen­ Er nimmt jedenfa lls seinen Fraktionsvor­ Mit den j ungdemokraten hat Martin Ban­ tes gehievt hätte, wäre Thorn jetzt viel­ sitz sehr ernst. So verzichtet er auch kon­ gemann schon lange gebrochen. Als andere leicht Ex-Präsident wie Sirnone Veil. Denn seql!ent auf die Mitarbeit in auch nur ir­ sich noch auf heimliche Geldzuwendungen zur Halbzeit - da war Bangemann im gendeinem EG-Parlamentsausschuß. Er beschränkten, bekannte er sich schon Wort - sollte sein Unions-Freund Egon sorgt sich um das Ganze. Und wenn Witz­ offen zu den j Ul is und fuhr auch zu ihrem Klepsch auf den PräsidentensesseL Wenn bolde glauben, an seinen Vornamen ein Bundeskongreß.Gemeinsam haben sie sich hier die Rechts-Koalition nicht klappte, -ique anhänge n zu müssen, dann ist dies nämlich nicht beirren lassen; und die Wen­ und der Sozialist Piet Dankert gewählt wur­ ei ne weitere Ungerechtigkeit. Natürlich ist · de so begriffen,·wie sie gemeint war. de, lag das bestimmt nicht an unserem auf­ diese Insel Europa etwas weit vorgelagert. rechten Martin Bangemann. Auf den ist in Natürlich war auch die Fraktionssitzung Als Genscher mit einer Art Vor-Wende für Koalitio nssachen Verlaß. Wenn z.B. Sozia­ do rt etwas teurer, aber spätestens seit der den ausscheidenden EG-Kommissar Brun­ listen und Kommunisten Theater machen Schlacht um die Malvinen wissen wir, daß ner keinen geeigneten Nachfolger in der wollen, nur weil ein paar Genossen in de r di esen kolon ialen Errungenschaften gar F.D.P. fand und CDU-Narjes nach Brüssel Türkei gefoltert werden und gar beabsich­ nicht zu viel Aufmerksamkeit gewidmet schickte, da hatte Bangemann für einen Au­ tigen, unseren NATO-Partner-Generälen die werden kann. Auch hier hat Martin Bange­ genblick nicht verstanden, was gespielt Hilfe zu streichen, dann kann mann sozusagen . mit einer unpopulären wird, und protestiert. Doch dann fiel es ruhig in Straßburg anreisen. Die Linken Aktion das Bewußtsein auf ein wichtiges ihm wie Schuppen von den Augen. ln Eu­ kriegen gezeigt, wo es mit den Rechten. in Problem gelen kt. ropa werden die Zeichen gesetzt. Seitdem Ordnung ist. Der Punkt wird einfach von Auch daheim gi bt es viel zu tun. Erst neu­ kennt er seine Marschdevise: der Tagesordnung gestrichen. lich wollte das Bonner F .D.P.-Präsidium Bangemann, geh Du voran!

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