drucksachen-in halte

Einer wird gew1nnen•

Prognostiker tun sich schwer mit seriösen Voraussagen über das Wahlergebnis am 6. März. Alles scheint m'öglich: eine absolute Titelbild: Hugenberg (Mitte} vor einem Mehrheit an Mandaten für CDU/CSU oder Berliner Wahllokal am 5. März 1933 (aus: für die SPD ebenso wie die Überwindung Heinz Bergschicker, Deutsche Chronik · der oder das Scheitern an der 5-%-Hürde 1933 - 1945, Berlin 1982}. Zu den Wahl­ ergebnissen s. S. 34 für FDP und/oder Grüne. Relativ unbetei­ nachdrucksachen: Die Liberale Vereini­ ·ligt sind die Liberalen Demokraten. Sie gung auf der Suche nach dem eigenen treten aus politischen und organisatori- Selbstverständnis Seite 8 schen Gründen nicht an. Seite 9 Wahlkampf: Sieben Wochen vor der Wahl bleibt alles ungewiß Seite 9 Sozialstaat I: Friedrich Hölscher formu­ lierte in seiner letzten Bundestagsrede Not durch Regierungsbeschluß Grundsätze liberaler Sozialpolitik Seite 11 Sozialstaat II: Wie sich die Kürzungen im "Grundsätzliche Anmerkungen zur Zukunft liberaler Sozialpolitik" machte Friedrich Sozialbereich auswirken, zeigen drei Bei­ spiele auf Seite 12 Hölscher bei seiner letzten Rede vor dem Deutschen . Er befürchtet, daß Angebot: Christoph Strässer analysiert der Sozialstaat ausgerechnet in dem Moment in Frage gestellt wird, in dem er ge­ den jüngsten Abrüstungsvorschlag Andro­ braucht wird. Die von der neuen Koalition beschlossenen Kürzungen im Sozialbe­ pows Seite 14 reich lassen ihn zu dem "bitteren Schluß" kommen, daß eine noch nicht abzuschät• Interview: die liberalen drucksachen un­ zende Zahl von Bürgern in echte Not geraten könnte. Seite 11 terhielten sich mit dem amerikanischen Liberalen Richard Oppenheimer Seite 15 Haushalt: Traute Kirsch legt dar, warum die vorgenommenen Haushaltseinsparun­ gen das Etatloch vergrößern Seite 16 Liberale für die SPD? Computer: Die Problematik von Personal­ informationssystemen wurde auf einer Welchem "kleineren Übel" sollen Tagung der THA deutlich Seite 17 Liberale am Wahlsonntag ihre Wahlaufruf: Marianne Hochgeschurz be­ gründet, warum sie als Liberale SPD wäh­ Stimme geben? Marianne Hochge­ len wird Seite 18 schurz, die ehemalige langjährige Frauen: Der Rechtskoalition fällt zum Bundesgeschäftsführerin der Jung­ Stichwort Frau nur Familie ein Seite 21 demokraten, sieht für fortschritt­ Liberale Demokraten: Berichte aus den liche Kräfte nur eine politische Al­ Landesverbänden Seite 22 ternative zur rückwärts gewende­ Machtergreifung: Die unrühmliche Rolle ten CSU/CDU/FDP-Regierung. ln der liberalen Parteien im Frühjahr 1933 einem ausführlichen Meinungsbei­ schildert Horst Sassin Seite 24 trag begründet sie, warum der Slo­ Widerstand: Opposition gegen das Nazi­ Regime gab es auch im liberalen Lager. gan "diesmal SPD" heißen sollte. Seite 26 Seite 18 Fernsehen: Von Satire im und durch das Fernsehen sowie TV -Politiker-Runden Seite 29 Zwischen Selbstaufgabe und Umwelt: ent­ deckt die Liebe zum Wald . Seite 30 Widerstand Liberale Zentren: Das Kölner LZ Seite 31 Der 50. Jahrestag der auf "legalem" Weg vorgenommen Abschaffung der Demokra­ Rubriken tie in Deutschland ist für die liberalen drucksachen Anlaß, sich mit dem Verhalten drucksachen-herausgeber Seite 3 der Liberalen in der damaligen Zeit zu befassen. ~eben Versagen und Selbstaufgabe Ieserforum Seite 4 der lib.eralen Parteien gab es auch mutigen Widerstand gegen das faschistische Re­ nachrichtliches in kürze Seite 6 gime. ln dieser u!ld der nächsten Ausgabe stellen wir eine weithin unbekannte libe­ in eigener Sache Seite 33 rale Widerstandsgruppe vor, den "Strassmann/Robinsohn-Kreis" Seiten 24, 26 personelles Seite 34 der-die-das letzte Seite 35

2 ·drucksachen-herausgeber:

Werner Lutz:

DieZukunft der Jungdemokraten

Nach der formellen Trennung von der Unser glaubwürdiges Engagement in uns, an dessen Ende möglicherweise die FDP befinden sich die Jungdemokraten in der Friedensbewegung tut ein übriges: LD als neuer parteipolitischer Ansprech­ einer bemerkenswerten Grenzsituation. Als einziger politischer Jugendverband partner stehen. Der Klärung bedürfen vor War unser bisheriger politischer Stand­ sind wir Mitinitiator des Krefelder Ap­ allem zwei Probleme: ort (schon in der Weimarer Republik) da­ pells, der inzwischen von über drei Millio­ (1) Wie kann das widersprüchliche Ver­ von geprägt, einerseits ein parteiunabhän• nen Bundesbürgern unterschrieben wurde halten vieler älterer LD-Mitglieder, giger Jugendverband zu sein, so wurde und gerade in diesem Jahr 1983, in dem nicht zuletzt ehemaliger J ungdemo­ dies andererseits ergänzt durch einen par­ Pershing II und Marschflugkörper in unse­ kraten, zu den Jungdemokraten ent­ lamentarischen Ansprechpartner, demge­ rem Land stationiert werden sollen, muß spannt werden, die einerseits unseren genüber und in dem di~ Interessen J u­ unser Widerstand noch intensiver, breiter organisatorischen Einsatz in der Par­ gendlicher vertreten wurden. ln der Wei­ und kreativer werden. tei wie selbstverständlich erwarten, marer Republik war dies die Deutsche De­ Aber kein Zweifel, die J ungdemokra­ zugleich aber nicht müde werden, vor mokratische Partei (DDP), die sozial auf­ ten sind durchaus gefährdet, nicht nur, einer Dominanz der Jungdemokraten geschlossener war als die zweite liberale weil die FDP versucht, uns finanziell aus­ in der Partei zu warnen? Partei, die DVP; in der Bundesrepublik zutrocknen, auch wegen der beiden nahe­ (2) Wie läßt sich entschiedene Reform­ war es seit 1949 bis Ende letzten Jahres liegenden politischen Sackgassen, sich politik programmatisch neu definie­ die FDl>. Erstmalig in der Verbandsge­ nur auf parteiunabhängige, radikaldemo­ ren und politisch durchsetzen vor schichte sind die Jungdemokraten, nach kratische Jugendarbeit oder nur auf Par­ dem Hintergrund des Scheiterns so­ der auch satzungsmäßigen Lösung von der teiarbeit, etwa bei den Liberalen Demo­ zialliberaler Reformpolitik auf we­ · FDP, nur eine parteiunabhängige Jugend­ kraten, zu konzentrieren. sentlichen Gebieten (Aufrüstung, So- organisation, ohne parlamentarischen (?) Nach meiner Überzeugung dürfen die zialstaatsabbau, Massenarbeitslosig-. Ansprechpartner. Jungdemokraten weder zurückkehren zu keit, Frauenprobleme, Berufsver­ Nicht nur bei langjährigen FDP-Mit­ ihren witgehend unpolitischen Wurzeln bote usw.) und welche Fo rmen der gliedern, sondern auch bei uns hat diese · von vor 1918 in der Wandervogelbewe­ Zusammenarbeit gibt es mit den neu­ Trennung zu Unsicherheit, zur Suche gung, noch werden sie überleben als rei­ en gesellschaftlichen Bewegungen, nach neuer Orientierung geführt. ne Parteijugend welcher Organisation die überhaupt erst entstanden sind Zugleich haben wir in dem Maße bei auch immer oder gar mit mehreren parla- aufgrund der Defizite bisheriger Re­ Jugendlichen an Glaubwürdigkeit gewon­ . mentarischen Ansprechpartnern. Wenn formpolitik? nen, in dem unser konsequenter Ablöse• die Jungdemokraten ihre Beschlußlage Im Interesse radikaldemokratischer prozeß von der korrumpierten FDP deut­ weiterhin ernst nehmen, ist auf Dauer nur und liberaler Politik in der Bundesrepu­ lich wurde. Wo bedürfnis- und basisorien­ der Schwerpunkt außerparlamentarischer blik sollten wir diese Fragen schnell und tierte politische Arbeit etwa unter Schü• Tätigkeit politisch denkbar, verbunden mit praktischen Konsequenzen beantwor­ lern stattfindet, schlägt sich dies auch in mit dem Beginn eines Klärungsprozesses ten. wachsenden Mitgliederzahlen nieder. zwischen den Liberalen Demokraten und

3 Leserforum

DieLD ·Die sogenannte Krise brauchen das "P" Widersinn der Geschichte: Drei der gabe kommt die strukturelle Steuerung Wenn wir, in welcher Form auch im­ vier "staatstragenden" Parteien haben ih­ hinzu, deren Ziel die Chancengleichheit mer, unser Engagement, unsere Überzeu• re Politik ganz auf wirtschaftliche Fragen aller sein sollte. Da unsere freie Markt­ gungen bei der kommenden Bundestags­ ausgerichtet und dennoch gibt es so gut wirtschaft erklärtermaßen eine soziale wahl in die Waagschale werfen, dann wie keine fortschrittliche Wirtschaftspoli­ sein soll, kommt die Sicherung und För• brauchen wir das sichtbare Bekenntnis, tik. Dieser Vorwurf trifft besonders hart derung der Arbeitnehmer hinzu. daß wir die Partei des Liberalismus in un­ die Partei, die ihr ideologisches Grundver­ Und dies ist das Erschreckende: Gera, serer Zeit sind, wir liberale Demokraten ständnis aus einer Wirtschaftstheorie ab­ de in diesen zentralen wirtschaftspoliti­ brauchen die liberale demokratische Par­ leitet, welche offiziell heute noch Gültig• schen Fragen versagen Politiker und Par­ tei, die LDP! keit hat: die FDP. lamente. Die Konzentration in der Wirt­ Warum? Eine echte Wirtschaftskrise ist Anfang schaft nimmt ungehemmt zu. Die Macht Zunächst seien einige werbepsycholo­ 1983 nicht feststellbar. Die Versorgung der Konzerne wächst. Das Kartellamt gische und werbetechnische Gründe ge­ aller Bürger mit Gütern ist mehr als ge­ klagt über mangelnde Befugnisse, um nannt, die in der Mediendemokratie, die währleistet. Die Wirtschaft hat voll zu wirksam eingreifen zu können. Fast unbe­ wir nun mal in der Bundesrepublik haben, tun, sie produziert sogar Exportüberschüs• merkt verschwindet der wirtschaftliche von großer Bedeutung sind: se, die Handelsbilanz ist ausgeglichen. Das Mittelstand. Zwar gibt es noch zahllose 1. LD - das sind zwei Buchstaben. Die 2 Finanzsystem ist nicht in Frage gestellt. Einzelhandelsgeschäfte, doch sind sie im­ steht für Entzweiung, Zwietracht, Bei sinkenden Zinsen erwirtschaften die mer häufiger nur noch Zuerwerbsbetrie­ ZwielichtigkeiL Die 3 hingegen ist die Banken hohe Gewinne und die DM ist be. In der produzierenden Wirtschaft ver­ Zahl der Synthese: "Aller guten Dinge hart wie fast immer seit der Währungsre• schwinden die mittleren Firmen zuse­ : sind drei". Die Dreifaltigkeit und die hei- form. Und die Arbeitslosen? Die Zahl der hends, werden von Korrzernen aufgekauft : Iigen drei Könige, selbst wenn ihr Feiertag Arbeitsplätze ist kaum rückläufig. Sie hat oder geraten in Abhängigkeit von großen : in Stuttgart mißbraucht wird, seien nur · bei 26,4 Millionen nur um 0,4 Millionen Abnehmern. Auch in der Landwirtschaft, : am Rande erwähnt. abgenommen (Veröffentlichung des stati­ einst der größte Bereich selbständig Wirt­ ' ································· stischen Bundesamtes). Zugenommen schaftender, verschwindet der Voller­ gespart wird eben nicht. Di.e öffentlichen aber haben die Arbeitssuchenden auf die werbslandwirt nach und nach oder wird Haushalte von Bund, Ländern und Ge­ Rekordzahl von 28 Millionen. Es ist folg­ zumindest abhängig von landwirtschaftli­ meinden \\(.achsen weiter, die Verschul­ lich umgekehrt: Nicht die Arbeitsplätze chen Konzernen. Hieran hat der gemein­ dung des Staates nimmt ungeachtet der fehlen plötzlich, sondern es kommen im­ same Agrarmarkt, eigentlich eine europa­ von den Politikern beklagten schlechten mer mehr Arbeitssuchende in die Bundes­ weite Maßnahme zur Erhaltung der Iand­ Wirtschaftslage und dem tatsächlich ge­ republik, für die keine Platz mehr ist, und wirtschaft! ichen Struktur, erhebliches ringeren Wirtschaftswachstum zu. Da dies angesichts einer ungebrochenen Ra­ Maß Schuld. wendet sich auch nichts durch Koalitions­ tionalisierungswelle in der Wirtschaft, die Diese Aufzählung wirtschaftspoliti­ wechsel, die Tendenz 'bleibt. Statt zu spa­ sich offenbar nicht so stark auswirkt, wie schen Versagens läßt sich beliebig fortset­ ren, sucht die Regierung nach letzten der Club of Rome dies glaubt. zen. Nicht unerwähnt soll die zunehmen­ Möglichkeiten, Steuern und Abgaben di­ Und die Investitionen? Was wir brau­ de Verlagerung von Betrieben in das Aus­ rekt oder indirekt zu erhöhen, den Bürger chen, sind Märkte und Produkte. Wo Be­ land, Kapital- und Steuerflucht bleiben. weiter auszupressen, ungeachtet der Tat­ darf ist, ist ein Markt und werden Unter­ Ein dankbares Thema wäre in diesem Zu­ sache, daß die Steuerschraube nicht be­ nehmer zwangsläufig investieren. Kein sammenhang auch die Mißwirtschaft liebig angezogen werden kann. Unternehmer wird zuerst inv~stieren, um staatlich er Unterneh mu ngen. Die wahre Krise ist nicht in der Wirt­ dann einen Markt zu suchen. Investitio­ Doch womit befaßt sich die aktuelle schaft zu suchen , sondern in der Haus­ nen sind also Folge von Wirtschaftstätig• Politik? Nicht mit mittel- und langfristi­ haltspolitik. Und es ist nicht nur so, daß keit und nicht deren Ursache. Daher sind ger Steuerung, sondern mit der lnvesti­ die öffentlich e~'! Haushalte ungehemmt auch staatliche Investitionsprogramme tionstätigkeit,-Arbeitslosigkeit (aber nicht wachsen, sondern es findet auch inner­ unsinnig. Sie verbilligen nur Investitionen, mit deren politischen Ursachen) und vor halb dieser Haushalte eine Verschiebung die ohnehin fällig wären. allem mit dem Steueraufkommen, also statt. Das Investitionsilolumen sinkt, ins­ Fehlt uns aber eine Wirtschaftspolitik? aktuellen Fragen, die eigentlich nicht Sa­ besondere in den Gemeinden, i:ugunsten Es gilt zunächst zu fragen, was Aufgabe che der Politiker in einer freien Markt­ höherer Verwaltungsausgaben. einer solchen Politik wäre. Die Liberali­ wirtschaft sind, und die man durch kurz­ Dies wäre in der Tat eine Wende für tät unseres Systems wird von keiner Par­ fristige Maßnahmen wie Arbeitsbeschaf­ die FDP gewesen, sich für eine neue Wirt­ tei ernsthaft in Frage gestellt. Dies heißt fungsprogramme zu beheben sucht, was schaftspolitik, die auf Beseitigung der aber, auf staatliche Eingriffe in die Wirt­ bisher noch niemals dauerhaft gelungen Mißstände und echte Sparsamkeit beim schaft zu verzichten, Gewerbefreiheit, ist. Hauptsorge unserer neuen Bundesre­ Staat gerichtet wäre, zu engagieren. Aber Vertrags- und Tarifautonomie zu gewäh• gierung war denn auch, den Bundeshaus­ eine neue Politik zeichnet si ch nicht ab, ren. halt 83 zu verabschieden und nach Finan­ auch nicht in den Wahlkamp fa ussagen, so­ Dennoch haben die Politiker wichtige zierungsmöglichkeiten zu suchen. Struk­ wenig ':"ie in Lambsdorffs Pa pier. Die Aufgaben in einem freien Wirtschaftssy­ turpolitische Maßnahmen sucht man in FDP wurde geopfert, ange blic h aus wirt­ stem. So müssen sie dem Mißbrauch weh­ den Haushaltsbegleitgesetzen vergeq,lich. schaftspolitischen Grü nden, tatsächlich ren, Monopole verhindern und die Wirt­ Was also ist die Ursache, so muß man aber gerade ohne ech tes wirtschaftspoli­ schaftskriminalität bekämpfen. Ebenso fragen, dieser Fehlentwicklung, was sind tisches oder liberal es Konzept. zählt dazu die .Bekämpfung von Korrup­ die wirklichen Motive und Ziele unserer Dr. Helmut Hein tion und Steuerflucht. Als weitere Auf- Politiker? Sie nennen es "sparen"! Doch 6483 Bad Soden -Salmünster

4 Man stelle sich einmal vor, die CDU sei als "Christliche Demokraten" unter dem Signum CD angetreten oder die SPD un­ F.D.R hat Demokratie vorgeführt ter SP - die "Demokratischen Soziali­ sten" machen den gleichen Fehler- oder Der Lörracher FDP-Kreisvorsitzende und von Minderheiten gehört zur Liberali­ die F.D. - Freie Demokraten mit 2 und Stadtrat Peter Jensch wurde auf dem tät. Und Mehrheiten und Minderheiten Pünktchen ... südbadischen FDP-Bezirksparteitag vom gehören zur Identität. So wie die verschie­ 2. Der Wähler will nicht einzelne Perso- 4.12.82 überraschend mit 79: 72 gegen denen Richtungen in unserer Partei, beide nen mit unter" Umständen unterschied- . Martin Grüner zum neuen Bezirksvorsit­ gemeinsam, zur Identität unserer Partei Iichen Meinungen, er will eine organisier­ zenden gewählt. Peter' Jensch - beim gehören. Die FDP hat in Berlin und seit­ te Gruppe mit programmatischer Zielset­ Dreikönigstreffen auch als Beisitzer (1 . her i~re Identität nicht verändert. · zung. "Liberale Demokraten" als Partei­ Abteilung) in den baden-württembergi­ Das bedeutet zweitens: nahme - das ruft Assoziationen in Rich­ schen Landesvorstand gewählt, sandte uns - nicht zu verschweigen, daß wir zur tung auf "enttäuschte, versprengte ehe­ seinen vor dem Landesparteitag gehalte­ Zeit auch eine leidende Partei sind. Die malige FDP'Ier" hervor. "Liberale Demo­ nen Redebeitrag, den wir in ·· Auszügen FDP leidet nicht nur an der Spitze, son­ kratische Partei" hingegen demonstriert wiedergeben. dern überall bis in unsere Kreis- und Orts­ den Willen dieser und anderer engagierter "Es ist kein falscher "Blick zurück im verbände hinein, an den schweren, sub­ Bürger, Partei zu ergreifen, d.h. einzugrei­ Zorn", kein überflüssiges Nachkarten st-antiellen politischen Opfern und Verlu­ fen in das politische Geschehen. nach Berlin, wenn man nüchtern fest­ sten von wichtigen Mitgliedern, von her­ 3. Man sehe sich die noch . spärlichen stellt, daß die FDP zur Zeit im Volk, bei vorragenden Exponenten. Überschriften in den Zeitungen an, der Bürgerschaft, in einer Vertrauens­ Dazu gehört auch, daß die FDP ihre · wenn sie über uns berichten: "Liberale krise steckt. Die Frage ist, wie kommen Identität nicht verändern darf. Demokraten planen Lande.sverband" oder wir da wieder heraus. Dies ist vor allem Wo eine Richtung innerhalb der Partei "Liberale Demokraten treten an" - das die Frage nach der Sprache, nach der Ar­ durch persönliche Entscheidungen der erfordert mehr Platz und damit die Ver­ gumentation, nach unserem Stil und un­ Resignation in den letzten Wochen und wendung kleinerer Buchstaben. "LDP serer Selbstdarstellung gegenüber den Bür• Monaten geschwächt wurde, darüber darf tritt an" wäre halb so lang und die Druck- gern. Es ist nicht so sehr die Frage der jetzt nicht die andere Richtung zum "Tri­ . typen könnten doppelt so groß ausfal­ sachlichen und personellen Kontinuität umpf"-Durch-Marsch übergehen, da muß len ... unseres politischen Programms. Der Wäh• vielmehr die geschwächte Seite ins Gleich­ 4. Die Abkürzung LD wird sich nicht ler - auch der FDP-Wähler- denkt und gewicht gebracht, da muß sie mit ihren durchsezten. Man weiß ja nicht einmal, sÜmmt nicht nur rein rational, sondern Positionen sachlich und personell wieder ob Singular oder Plural richtig ist: "Die auch nach Gefühlen. Bürger wollen mit aufgebaut werden. LD tritt an" oder "treten an"??? Bei LDP Recht aus Vertrauen wählen; sie kalku­ Und ohne falsche Anbiederung sollten hingegen ist alles klar. Diese Abkürzung lieren nicht nur, sie werten auch. wir offen sein und offen bleiben für eine stünde gleichgewichtig und nicht schwä• Und da meine ich, sollten wir die Rückkehr über kurz oder länger von man­ cher neben CDU, CSU, SPD und FDP. Gründe, die .das letzte Jahr zum schwer­ chen Freunden und Mitgliedern in unserer (Die "Grünen" sind kein .Gegenargument, sten unserer Geschichte gemacht haben, Partei. · der Farbname ist kurz, aber ob es auf die nicht vertuschen, nichi: bemänteln, nicht Ich glaube, niemand braucht unser al­ Dauer unter dieser unkonkreten Bezeich­ "entschuldigen", sondern sie offen und ler wohiverstandene Solidarität in den vor nung geht, steht dahin. Die bislang besten positiv vertreten. Allein das kann uns uns liegenden Wochen und Monaten mehr Erfolge erzielte man unter der Drei-Buch­ glaubwürdig machen und damit auch wie­ und aufrichtiger als Hans-Dietrich Gen­ stabenbezeichnung GAL ... ) der Vertrauen zurückgewinnen lassen. scher. Und nun die entscheidenden poli­ Das ist etwas anderes afs ~ine unange­ Wir brauche auch seine Solidarität, alle tischen Gründe, die für den Namen brachte Fortsetzung des innerparteilichen in der FDP. Bewahren wir ihn, bewahre er LDP sprechen: sachlichen und personellen Streits und aber auch uns v.or den allzu verkürzten, 1. Wenn die FDP nach ihrem Umfall . Richtungskampfes. Aber es ist ein positi­ rechthaberischen, besserwisserischen Ak­ nach rechts von der politischen ves Dazustehen: ein ja dazu, daß es die­ zenten und den eher nicht angemessenen Landschaft verschwindet, muß dem Bür• se schwersten Auseinandersetzungen und falschen Zungenschlägen. ger eine neue liberale Partei angeboten Erschütterungen in unserer Partei in den werden, und er muß das schon an ihrem vergangenen Monaten gegeben hat. Wenn ich z.B. (in H.D. Genschers Brief Namen erkennen. Die Bezeichnung LDP Diese Partei hat Demokratie vorge­ vom 28.12.82) lese, nach den Münchner würde dies und zugleich die Kontinuität führt. Sie verdient daflir Achtung, Re­ SPD-Beschlüssen sei ''die Grundsatzfrage des demokratischen Liberalismus in spekt, und nicht zuletzt verdient sie auch Liberalismus oder Sozialismus neu ge­ Deutschland dokumentieren. Diese neue Vertrauen, auch wenn die eine und ande­ stellt", so denke ich: Mich laust nicht der Partei wäre zugleich erkennbar als die ei­ re Maßnahme und Entscheidung einmal eigene Parteivorsitzende, mich laust der gentliche, die historische gewachsene Par­ schwer und zur Zeit vielleicht besonders Koalitionspartner, mich laust der Strauß! tei der Liberalen. schwer zu verstehen und nachzuvollzie­ Ich zweifle, daß dies unserer Glaubwür• 2. Und daß es in der DDR eine Partei die- hen ist. digkeit dient. ses Namens gibt - um so besser für Was bedeutet dieses Dazustehen inner­ Es ist eine realistische Bitte, daß sich uns, die wir blockübergreifende Struktu­ parteil ich und in der Außendarstellung? in der Darstellung und Ausdrucksweise ren und den geistigen Austausch mit dem Erstens: die Mehrheitsentscheidungen, von Genscher möglichst viel auch wieder­ zweiten deutschen Staat wollen . Und mit die getroffen wurden in Berlin, zu respek­ finden lassen möge von dem guten Geist den liberalen Parteien der anderen euro­ tieren, sowie die Tatsache der Minderhei­ der Rede Uwe Ronneburgers in Berlin: päischen Staaten. Dr. Georg Schmige ten zu respektieren. von Integration und Solidarität nach in­ 6900 Heide/berg Die Respektierung von Mehrheiten nen und außen."

5 nachrichtlich Frauen gegen .,Nach"rüstung Kinderkleider, Teddybären , Handge­ arbeitetes schmückten die 14 km lange Umzäunung des US-Stützpunktes Green­ harn Common. Was sie dem Krieg nicht opfern wollten, hatten 30.000 Frauen, darunter auch einige J u ngdemokratin­ nen, am 12.12. 1982, dem Jahrestag des NATO-Doppelbeschlusses, zu dem süd• englischen Stationierungsort für 96 Cruise Missiles gebracht. Im September 1981 entstand dort im Anschluß an einen Friedensmarsch das erste Frauenfriedenscamp. Geduldig und entschlossen im Protest gegen die atomare Aufrüstung stehen die Frauen trotz mehr­ facher Räumungen jetzt ihren zweiten Winter im Frieden durch. "Ich wußte, daß wir die Cruise Missiles stoppen kön• nen", meinte eine der lnitiatorinnen, als die 30.000 Frauen sich an diesem Tag die Hände reichten und den Stützpunkt einkreisten. Liberale Zentren und FNS arbeiten weiter zusammen

Die Friedrich-Naumann-Stiftung will folgung und Emigration Liberaler im Drit­ ihre Zusammenarbeit mit den Liberalen ten Reich" zeigen. Zentren nicht einstellen. Dies ist das Er­ Der Vorstand der FNS hat unter Lei­ TABAK gebnis einer Besprechung am Rande des tung des neuen Vorsitzenden Ralf Dah­ für Dreikönigstreffens der FDP Anfang Ja­ rendorf dem in Stuttgart besprochenen nuar in Stuttgart, bei der Vertreter von Konzept inzwischen ebenfalls zuge­ Pfeife elf Liberalen Zentren mit dem FNS-Ge­ stimmt. und schäftsführer Fritz Fliszar zusammentra­ fen. Nach dem Eklat des Berliner FDP­ F.D.R-MdB's bei Zigarene Bundesparteitages - die FDP hatten den Liberalen Vereinigungen LZ die Aufstellung eines Informations· Nicht alle FDP-Bundestagsabgeordne­ Wir liefern: praktisch alle standes verweigert - war · der FNS-Ge­ ten halten sich an den politischen Unver­ Pfeifentabake sowie spezielle schäftsführer nun deutlich um eine Kli­ einbarkeitsbeschluß, den die FDP-Füh­ Angebote nur für unsere Ver­ maverbesserung bemüht. Interessant v.a. rung gegenüber den Liberalen Vereinigun­ sandkunden. Z.B.: die Berichte aller LZ-Vertreter über die gen gefällt. hat. Alle FDP-M itglieder wa­ bundesweit fast ei nheitliche momentane Pfeifentabak ren dazu aufgefordert worden, sich zwi­ Mitgliederstruktur der Liberalen Zentren: schen der Mitarbeit in den Liberalen Ver­ "HOLLAND BLEND" Meist handelt es sich bei den Aktiven um einigungen und einer weiteren Parteizuge­ mild, aromatisch, duftend jeweils ein Drittel FDP-Mitglieder, Mit­ hörigkeit zu entscheiden. 250 g. NUR DM 13,50 DM glieder der Liberalen Demokraten und So avancierte die hessische FDP-Bun­ 500 g. NUR DM 22,-- DM Parteilose. destagsabgeordnete Sibylle Engel zur Solange der Vorrat reicht! Da von den LD-Kreisverbänden in Vorsitzenden der Liberalen Vereinigung Und auf Dauer: keinem Fall die Liberalen Zentren als Taunus und in Neuss ge hörte Klaus Gärt­ "Echte Hollandse Sigaretten­ Geschäftsstelle verwendet werden, sich ner, einer der parlamentarischen Ge­ tabak", Halfzwaar, American, andererseits aber auch bei der FDP die schäftsführer der Fraktion, zu den Grün• oder Lichte realistische Einschätzung durchgesetzt du ngsm itgl iedern dieses überparteilichen 250 g. NUR DM 14.90 zu haben scheint, daß die Partei eigene, Sammelbeckens aufrechter Liberaler. 500 Zigarettenhülsen derartig zugkräftige Zentren nicht auf­ Die Liberalen Vereinigungen verfügen NUR DM 9,50 bauen kann, wurde man sich in Stuttgart nun auf Bundesebene auch über eine Kon­ TABAKVERSAND HILLE bald über den Rahmen der künftigen Zu­ taktadresse. Das Liberale Zentrum Bonn 4459 Getelo 124 sammenarbeit einig. Danach wird die FNS e.V ., Reuterstr. 185, dient als Anlaufstel­ Bestellungen bis 50,-- DM DM 2,50 weiterhin Einzelprojekte der Liberalen le für die Post an den Sprecherrat. Hierher Versandkostenanteil, über SO,-· Zentre~ auf Antrag unterstützen und sollten alle örtlichen Liberalen Vereini­ frei. auch eigene Ausstellungen anbieten. So gungen die Adressen ihrer Sprecher mit­ Lieferung gegen V -Scheck oder werden einige Zentren schon bald die teilen, damit ein Informationsverteiler per Nachnahme (plus Gebühr) neue FNS-Ausstellung "Widerstand, Ver- aufgebaut werden kann.

6 in kürze Wahlkampf Geisterbahn Neuerscheinungen Ungewohnten und merkwürdigen Trost ließ Bundesjustizminister Engelhard den Kölner Homosexuellen zuteil werden. Auf die Frage, \Vann denn endlich die Straftatbestände der Homosexualität Iibe­ ralisiert würden, bat er die Fragesteller, doch einmal zu würdigen, was die FDP auf diesem Gebiet schon geleistet habe. Verduzt baten diese um nähere Erläute~ rung. Daraufhin Engelhard: "Denken Sie doch nur an die Reform des Paragraphen 218!" Nun wußten die Frager wenigstens, warum Engelhard gerade zuvor drei der · höchsten Kölner Karnevalsorden erhalten hatte. Für manchen der Beobachter war dies • Hans-Dietrich Genscher erreicht Köln Hbf der erste Höhepunkt zum Auftakt der Entspannungspolitik gehörte neuntägigen Sondezugreise prominenter für die Jungdemokraten FDP-Politiker durch die Republik, die un- schon zum politischen Alltag, .. Sozialer" Liberalismus . ter den mitreisenden Journalisten unter als zwischen den Blöcken Die Überarbeitung einer von Inter Na­ dem Namen "liberale Geisterbahn" ran­ noch tiefster Kalter Krieg tiones in Bonn herausgebrachten Doku­ giert. Mit 400.000 Mark gibt die Bundes­ herrschte. mentation über die "Politischen Ziele der geschäftsstelle die Kosten an. Nach den Auf 140 Seiten wird diese im IX. Deutschen Bundestag vertretenen bisherigen Erfahrungen mit Wahlkampf­ praktische Entspannungs­ Parteien" brachte es ans Tages Iicht: Die kostenehrlichkeit dürfte der tatsächliche politik mit ihren Problemen FDP streicht die Forderung nach Demo­ Betrag erheblich höher liegen. Immerhin und Schwierigkeiten - u.a. kratie und Sozialem aus dem Selbstver­ stehen den wenigen Fahrgästen acht Wag­ am Beispiel von Kommunique­ ständnis des Liberalismus. gons, darunter zwei Restaurantwagen und Verhandlungen dokumentiert. Im Teil IV. dieser Dokumentation war ein Schlafwagen, zur Verfügung, der aller­ Preis: 5,00 DM im Kapitel "Gesellschafts- und Sozialpoli­ dings nicht benutzt wurde, weil die Poli­ tik" bisher zu lesen, daß die FDP "die Ge­ tiker und Journalisten auf Parteikosten sundheitspolitik als Teil ihrer Gesell­ in Hotels untergebracht wurden. schaftspolitik" verstehe, "die den Grund­ Ob sich der Aufwand lohnt, ist frag­ sätzen des demokratischen und sozialen · lich. Im gleichen Brauhaus, in dem Engel­ Liberalismus verpflichtet ist." ln der Kor­ hard die Homosexuellen erschreckt hatte, rektur für die neue Auflage sind jetzt die winkte auch Genscher zunächst kein beiden wichtigen Worte "demokratisch" freundlicher Empfang. Zwar waren reich- • und "sozial" gestrichen worden. lieh Rentner auf die Zeitungseinladung hin zum Freibier und zur Freisuppe er­ schienen, doch an der Theke - wo jeder selbst zahlte - begrüßte Genscher der Ruf aus mehreren Kölsch-Kehlen: "Da Frauen protestieren kütt dä Verräter!" Eine Anzahl von Frauengruppen berei­ tet für den 26. Februar eine Demonstra­ tion amSitz des Bundesverf~sungsgerich­ tes in Karlsruhe vor. Die Frauen, die auch Strategiekonferenz von pro-familia-Gruppen unterstützt wer­ Auf 100 Seiten werden den, befürchten, daß die höchsten bun­ Eine Woche nach der Bundestagswahl die wichtigsten Beiträge desdeutschen Richter riach der Fristenre­ findet am 12./13. März in . der Gesamt­ der Konferenzen von gelung nun auch noch das zu Fall bringen, schule Bonn-Beuel die diesjährige Bundes­ Köln Frankfurt und was von der Reform übriggeblieben ist. delegiertenkonferenz der J ungdemokra­ Norderstedt dokumentiert. Eine Klage steht zur Entscheidung, ob ten statt. Nach der satzungsmäßigen Lö• Preis: 3,50 DM die Krankenkassen weiterhin für die Ko­ sung von der FDP werden Fragen der wei­ sten der nach der Reform legalen Schwan­ teren Strategie der Jungdemokraten im gerschaftsabbrüche aufkommen müssen. Mittelpunkt der Beratungen stehen. Ein Ein Mitglied einer Krankenkasse hatte da­ Teil der Jungdemokraten wünscht eine Beide Broschüren sind erhältlich bei: gegen geklagt, mit seinen Mitgliedsbeiträ• enge Anbindung an die Liberalen Demo­ Drucksachen Verlags-gmbH gen Abrtreibungen finanzieren zu müssen. kraten, während eine andere Gruppe die Elbestr. 30 Die Demonstration gegen die befürchtete J ungdemcikraten in ihrem jetzigen Status 4630 Bochum Aufhebung der §-218-Reform auf kal­ als parteiunabhängigen Jugendverband er­ Preis plus 1 ,SO DM Versandkosten tem Wege beginnt um 11.00 Uhr. halten möchte. bitte als Scheck beifügen 7 nach-drucksachen

Liberale Vereinigung: Hüter und ·Motor der Liberalität

Am 16. Januar traf sich der Ende No­ oder genügend durchdacht werden oder fahrungshilfen . für ·einzelne Handlungs­ vember in Bochum gewählte und durch die man mit Blick auf angebliche Grenzen schritte zu bieten. Auch sorgt er mittels Mitglieder aus den Landesverbänden der "Machbarkeit" allzu schnell beiseite lockerer Koordination der Vielfalt für ein ergänzte Sprecherrat der Liberalen Verei­ legt. sichtbares und beständiges Profil der Li­ nigung, um sich mit dem Organisations­ Bedrohung der Freiheit und der Men ­ beralen Vereinigung. Ebenso wird er nach stand und mit dem Arbeitsprogramm für schenwürde sind angesichts von Über• Wegen suchen, das liberale Potential un­ 1983 zu befassen. rüstung, Umweltzerstörung, Angst um Ar­ serer europäischen Nachbarländer in Akti­ ln einem dabei beratenen Positionspa­ beitsplätze, Verkrustung der parlament­ vitäten einzubeziehen. . pier zum Standort der Liberalen Vereini­ arischen Demokratie und vielem anderen gung heißt es: künftig immer weniger zu leugnen. Der Sprecherrat hielt folgendes Ergeb­ Die Liberale Vereinigung ist die organi­ Hiergegen formt die Liberale Vereini­ nis seines Treffens fest: satorische Zusammenfassung von Bürgern, gung liberales Denken und stärkt liberales die für Kontinuität und Fortschritt libera­ Handeln im Sinne der Trias: Staatsbürger, Die Liberalen Vereinigungen haben sich len Denkens und Handeins in Gesellschaft Wirtschaftsbürger und Kulturbürger . . in zahlreichen Städten/Regionen ein fe­ und Staat eintreten. Die Liberale Vereinigung ist konser­ stes Fundament geschaffen; in mehreren Die Liberale Vereinigung ist keine poli­ vativ, wo sie warnen muß vor einem Ver­ Landesverbänden hatten besondere poli~ tische Partei und auch keine Vorfeldorgani· lust an Liberalität, sie ist progressiv, wo sie tische Vorhaben Priorität, so daß es noch sation einer bestimmten Partei. Ebenso Veränderung und Erneuerung fordert, um an einer kontinuierlichen Arbeit fehlt. wenig ist sie eine unter anderen Bürgerini• ein Mehr an Liberalität zu gewinnen. Die Der Sprecherrat stimmt darin überein, tiativen mit ihren sachlich-zeitlich be­ Liberale Vereinigung wird und kann unter daß der Schwerpunkt aller Aktivitäten grenzten Zielen. Beweis stellen: auf örtlicher Ebene liegen sollte. Hier Die Liberale Vereinigung ist in einer Liberale "da unten" sichern und stärken kommt es darauf an, im Sinne des (voran­ bestimmten historischen Situation des in bedrohter Zeit mit Mut und Kraft selbst­ gestellten) Konzepts Probleme anzupak­ Jahres 1982 entstanden. Ihr Auftrag aber, tätig Freiheit und Menschenwürde. ken und Mißstände aufzugreifen, die an­ Liberalität zu sichern und zu mehren, wird Die Liberale Vereinigung versteht ihren dere übersehen. Die Landesverbände kön• von Dauer sein. Auftrag und ihre Arbeitsweise so: Sie ver­ nen und sollen mehrere, breiter angelegte Liberalität ist ein unverzichtbares Ele­ bindet Elemente einer "Zukunfts­ Themen bearbeiten. Der Bundesverband ment unserer modernen Zivilisation und werkstatt" nach Robert J ungk mit solchen wird - neben seiner Aufgabe der Anre­ politischen Kultur wie zugleich der persön• eines offenen Forums nach Muster Hyde­ gung und Vermittlung, des Erfahrungsaus­ lichen und gesellschaftlichen Existenz des park-Corner und denen eines Gemein­ tausches und der Gewinnung kompetent­ einzelnen. Liberalität findet ihren Aus­ wesenengagements ähnlich amnesty inter­ prominenter Referenten - nur wenige druck in Verfassung und Recht, in Mei­ national oder Humanistischer Union. Themenbereiche von grundsätzlicher und nungsaustausch und öffentlicher Diskus­ Die Themen und Formen ihrer· Tätig• zukunftsorientierter Bedeutung selbst be­ sion, in den Lebensbedingungen und Ver­ keit bestimmt in erster Linie die Liberale handeln. haltensformen des Alltags. Vereinigung auf örtlicher Ebene. Dabei Zur Entwicklung geeigneter Arbeits­ Die Liberale Vereinigung steht in der ist die Liberale Vereinigung kein closed verfahren für die verschiedenen Aktivitä• großen liberalen Tradition. Die liberale shop. Vielmehr wird sie mit den Personen ten der Liberalen Vereinigung soll im er­ Idee ist keineswegs historisch überholt. und Gruppen aktiv zusammenarbeiten, die sten Halbjahr eine interne Tagung statt­ Sie ist angesichts der immer größer wer­ innovativ in den jeweiligen Themenkom­ finden. I I denden Machtkonzentration und büro• plexen arbeiten oder die selbst betroffen Aus der Sicht des Bundesverbandes kratischer Apparate staatlicher und pri­ sind. sollten folgende zwei Themenkomplexe vater Art notwendiger denn je . Die li­ Die Liberale Vereinigung erwartet von die Arbeit des Jahres 1983 prägen: berale Idee muß konkret auf die heutigen ihren Mitgliedern, durch eigenes Verhalten 1. Wirtschaft/ Arbeit/Sozialpolitik/Sozial­ gesellschaftlichen Verhältnisse angewandt liberalen Stil im Umgang miteinander zu staat, werden. Die Liberale Vereinigung will üben: sich sachkundig machen, geduldig 2. Liberale Bürgerrechte im Vorjahr zu und wird aufzeigen, daß unglaublich viel zuhören, andere Meinungen achten, auf- "1984" . zu tun ist, was keir:~e andere Gruppierung . einander eingehen, Phantasie entfalten, sich Vorschläge und Empfehlungen, um ernsthaft anpackt. Als Hüter und Motor weder in blanker Theorie noch in bloßem diese globalen Themen zu konkretisieren der Liberalität nimmt sie sich vor allem Aktionismus verlieren, auf die Mittel eben­ und in arbeitsteilig-koordinierter Form zu solcher Probleme an, die Freiheit und so sehen wie auf das Ziel. bearbeiten sowie für geeignete Referen­ Menschenwürde von einzelnen oder Der Bundesverband der Liberalen Ver­ ten, wird der Sprecherrat in seiner näch• Gruppen von Bürgern betreffen und die einigung sieht seine Aufgabe darin, ein sten Zusammenkunft erörtern. Anregun­ weder in der politischen Arbeit, noch in Spektrum von Themen zu benennen, die gen und Hinweise der Mitglieder der Libe­ der öffentlichen Diskussion aufgegriffen ihm vordringlich erscheinen, sowie Er- ralen Vereinigung sind herzlich erbeten.

8 Der Ausgang der Wahlen für den 10. Deutschen Bundestag ist spannend. Unklar bleibt, ob der Genosse Trend seinen Schwung beibehält und die SPD wie nach dem letzten (1972 allerdings gescheiterten) Miß• trauensvotum wieder zur stärksten Fraktion in Bonn macht. Offen bleibt auch, ob die FDP der Union genügend Zweitstimmen abnehmen kann, um parlamentarisch zu über• leben. Ob schließlich die Grünen im Bundestag wirklich nach zwei Jahren ins Rotieren kommen, wird ebenfalls erst am 6. März fest­ stehen.

Im Märzen der Wähler ... Dieter Julius Cronenberg, stellvertre­ speisen ließ, hat ihn seinen in Berlin er­ Die Liberalen Demokraten werden tender Fraktionsvorsitzender der FDP, worbenen Namen "Feigenbaum" geko­ ebenfalls keine sozialliberalen Abgeordne­ wußte, was er sagte, als er nach ihrem stet. Seine ehemaligen Freunde nennen ten in den Bundestag entsenden. Sie tre­ ·. Parteiaustritt auf Ingrid Matthäus zuging ihn jetzt "Pflaumenbaum". ten am 6. März gar nicht er?t an. Ihr Bun­ und meinte: "Bei Ihnen ist es jedenfalls ln anderen Landesverbänden - mit desvorsitzender Ulrich Krüger ist davon wahrscheinlicher, daß Sie dem nächsten Ausnahme Schleswig-Holsteins - verzich­ überzeugt, daß es notwendig ist, "daß die Bundestag angehören als bei mir." Cro­ tete man darauf, auch nur einen leichten FDP und die Grünen ohne unser Zutun nenberg behielt recht. Ingrid Matthäus' sozialliberalen Anstrich zu wahren. ln scheitern, damit deutlich wird, wie not­ Platz 32 auf der nordrhein-westfälischen Hessen wurde sogar Ekkehard Gries dafür wendig wir sind." Mit großer Mehrheit Landesliste der SPD gilt als sicher, wäh• bestraft, daß er einstmals zu den Sozialli­ folgte der zweite Bundesparteitag der LD rend auf der FDP-Landesliste auch die beralen gezählt wurde. Ganze 57 Stim­ seinem Votum und lehnte eine ~eteili­ Plätze 1 - 10, die bei fünf Prozent der men erhielt er von 300 Delegierten bei gung an der Bundestagswahl ab . Stimmen einen Sitz im Bundestag garan­ seiner Kandidatur um Platz drei der Lan­ Obwohl mit Gerd Achterberg ein en­ tieren, als eher unsicher geften. Cronen­ des! iste. Über die vorige hessische Landes­ gagierter Befürworter des Aufstellens berg behielt Platz acht. Als Sensenfabri­ liste waren noch Andreas von Schoeler von LD-Landeslisten den Parteitag leitete, kant aus dem Sauerland muß er sich aller­ und Sibylle Engel in den Bundestag ein­ lief die Regie der vierstündigen Debatte dings im Gegensatz zu anderen seiner gezogen. im· Sinne der anderen Seite. Zunächst be­ Fraktionskollegen nicht vorsorglich schon Aus Baden-württemberg wurden Wolf­ stimmten die Antrittswilligen, angeführt ·jetzt um seine berufliche Zukunft küm• ram Bergerowski und Rita Fromm nicht von Hanspeter Knirsch, die Diskussion . mern. mehr für aussichtsreiche Plätze nominiert, Der Schwung derjenigen, die sich schon Platz neun der FDP-Liste in N RW er­ Hölscher und Vohrer traten gar nicht innerlich auf den Wahlkampf eingestellt hielt . Ihm wie auch Burk­ mehr an. Falls die FDP am 6. März die hatten, wurde auch emotional deutlich. hard Hirsch auf Platz vier wurde, als den 5-%-Kiausel überwindet, dürfte aus Baden­ Nach zwei Stunden versachlichte sich die beiden verbliebenen Wende-Kritikern, Württemberg der einzige Fraktionsneuling Diskussion zusehends. Erst jetzt traten zwar ein Gegenkandidat präsentiert, doch stammen: der Landtagsabgeordnete mit Ulrich Krüger, Thilo Schelling, Wil­ eine deutliche Mehrheit stimmte für diese Weng, der auf Platz vier der Liste landete. liam Borm und Theo Schiller die Wortfüh• beiden Symbolfiguren. Daß sich Gerhart Ansonsten teilen sich bisherige Bundes­ rer gegen die Beteiligung an den Bundes­ Baum als stellvertretender Bundesvorsit- · tagsabgeordnete die Positionen, die in das tagswahlen auf und holten damit den zender mit einem der hinteren Plätze ab- Bonner Parlamel)t führen könnten. größten Teil der bis dahin noch Unent-

9 gen Union, Sauter. Er sprach sich für eine faire Zusammenarbeit aus. Ihr Schatzmei­ ster berichtete, daß er im Vorjahr 60 DM an Beiträgen und 2.800 DM an Spenden als Einnahmen verbuchen konnte. Auf der JU ruhen die Hoffnungen der Julis. Um öffentlich gefördert werden zu kön­ nen, müssen die Julis in den Ring Politi­ scher Jugend aufgenommen werden. Hier können allerdings Beschlüsse nur einstim­ mig gefaßt werden. Die Jungdemokraten haben damit quasi ein Veto-Recht sowohl gegen den eigenen Ausschluß als auch ge­ gen die Aufnahme der Julis. Der Bundesverband des . RP j besteht aus Junger Union, j usos und J ungdemo­ kraten. Die Satzung stellt eine Verbin­ dung zu den Bundestagsparteien nur in­ direkt her. ln Klammern werden sie hin­ ter den Jugendorganisationen erwähnt. Vorgeschrieben ist, daß eine neue Organi­ sation nur aufgenommen werden kann, wenn sie in mindestens fünf Landesrin­ gen vertreten ist. Die Förderungsrichtli• nien des Bundesjugendplanes, der analog Anwendung finden könnte, schreibt auch noch eine Mindestmitgliederzahl von 3.000 Mitgliedern unter 25 Jahren vor. Die Chancen für die j ulis stehen also denkbar schlecht. Die Junge Union hatte zwar zunächst versprochen, aus dem RPJ auszutreten, ihn damit aufzulösen und den Weg für eine Neuregelung zusammen Gerhart Baum erhält einen Baum: Auch die Julis haben erkannt, daß mit Genscher und mit den Julis freizumachen. Doch die Lambsdorff bei Jugendlichen kein Blumentopf zu gewinnen ist. · Unwägbarkeiten des 6. März bewirkten hier einen Rückzieher gegenüber den Ju­ schlossenen auf ihre Seite. Mehr als 70% Genscher/Lambsdorff-Kurs, um sich dann lis. Die junge Union rechnet sich aus, daß der 250 Delegierten sprachen sich schließ• unter der Führung von Leuten wie Dah­ sie bei einem Ausscheiden der FDP so­ lich gegen den Antrag des Bundesvorstan­ rendorf regenerieren zu können. Die Ent­ wohl Jungdemokraten als auch Julis von des aus, der mit der gleichen Mehrheit für wicklung nach den Landtagswahlnieder­ der Finanzquelle vertreiben könnte .und eine Wahlbeteiligung am 6. März ge­ lagen in NRW , Harnburg und Hessen wartet deshalb erst einmal ab. stimmt hatte. spricht jedoch dafür, daß dies den Rechts­ Die neue Partei hat diese erste Zerreiß• trend in der FDP eher noch beschleunigt, Ob der FDP-Bundesparteitag in Frei­ probe erstaunlich gut überstanden. Ihr weil die " Linken" dann als Sündenböcke burg dem Wunsch nach satzungsmäßiger Weg soll nun der "einer Partei von unten" geschlachtet werden. Ekkehard Gries, der Anerkennung der j ulis entspricht, ist werden. Die ca. 100 Kommunalpolitiker sich selbst als "Mann der Mitte in der ebenfalls offen. Mit Verwunderung be­ in ihren Reihen wollen sich am 19. Fe­ FDP" glaubte, stellte nach dem Landes­ obachtet man, daß die ca. 10- 15% der bruar in Bochum treffen, um eine kom­ parteitag in Bad Soden ernüchtert fest: Jungdemokraten, die in der FDP verblie­ munalpolitische liberale Vereinigung zu "Gegenwärtig wird ein Mann der Mitte in ben sind, an Mitgliederzahlen und Aktivi­ bilden. der FDP schon eher links eingestuft." täten mehr aufbieten als die Julis. Ob­ Die Prognosen über die langfristige Am ärgsten gebeutelt kommen sich wohl die bisher stromlinienförmig auf Perspektive der Liberalen Demokraten ge­ zur Zeit von allen Gruppierungen, die un­ Rechtskurs schwimmenden Jungen Libe­ hen völlig auseinander. Die eigene Füh• ter liberaler Fahne segeln, die jungen Li­ ralen durch den Rechtsruck an den linken rung rechnet sich eigentlich nur dann eine beralen vor. Hatten sie doch nicht nur mit Parteirand getrieben wurden und trotz ei­ Chance aus, wenn die FDP bei den näch• der uneingeschränkten Liebe der FDP­ nes Aufrufs von Adam-Schwätzer, wei­ sten Wahlen scheitert und dann "die Not­ Führung, sondern auch ganz fest mit dem gern sich fast alle der FDP getreuen Jung­ wendigkeit für eine authentische liberale Segen öffentlicher finanzieller Förderung demokraten, Mitglied bei den, wie sie es Partei unübersehbar ist". Andere- insbe­ gerechnet. Doch die Realität sieht für sie nennen, "JU-lis" zu werden. sondere diejenigen, die noch in der FDP sehr bitter aus. Der Drei-Königs-Parteitag Die Julis versuchen derweil, in die geblieben sind - sehen dagegen im Wie­ in Stuttgart lehnte es ab , sie in die Rechte Fußstapfen der Jungdemokraten zu tre­ dereinzug der Rest-FDP in den Bundestag einzusetzen, die bisher den j ungdemokra­ ten. Durch die Erfahrung geläutert, daß · die wichtigste Voraussetzung für die Zu­ ten zustanden. Der FDP schien es etwas mit Genscher/Lambsdorff unter Jugend­ kunft der LD. Dann wäre für alle der Ab­ zu blamabel, sich mit einer j ugendorgani­ lichen kein Blumentopf zu gewinnen ist, marsch der FDP an den rechten Parteien­ sation zu schmücken, die nach eigenen setzen sie nun auf Gerhart Baum als ih­ rand klar. Die verbliebenen Soziallibera­ Angaben nur sechzig Mitglieder im ganzen ren Mann . Wie es sich auszahlt, wenn man len wüßten dann, daß es für sie in der Landesverband zählt. plötzlich Minderheit in der FDP ist, er­ FDP nicht mehr den Schimmer einer Auf der bayrischen Landesmitglieder­ fuhr Juli-Chef Otto bei seiner Kandidatur Chance gäbe. versammlung trafen sich vierzehn Tage für die hessische Landesliste. Juli-Ziehva­ Diese Gruppe hofft zur Zeit noch auf später ganze 31 Julis. Prominenter Gast ter Hoffie trat gegen ihn an. Otto verlor eine vernichtende Wahlniederlage für den d~r Tagung war der Landeschef der J un- in alter FDP-Jugend-Tradition.

10 .. '"•\

Friedrich Hölscher zur Sozialpolitik von CDU/CSU/FDP: .,Mit dem Rasenmäher über die Leistungsgesetze" ln seiner letzten Rede vor dem Deutschen Bundestag hat der aus . Klassenkampf von oben. Er prognostiziert, daß die meisten Maß• der FDP ausgetretene Abgeordnete Friedrich Hölscher zur Sozial­ nahmen Kaufkraft abschöpfen, damit Arbeitsplätze vernichten politik der CDU/CSU/FDP-Regierung Stellung bezogen. und letztendlich zu einem Anstieg der Kosten im Sozialbereich Die Kürzungsmaßnahmen im Sozialbereich bezeichnete er als führen.

Herr Präsident! Meine Damen und im wesentlichen doch darauf beschränkt, braucht wird. Herren! zwischen den einzelnen Systemen finan­ Denn mehr Selbsthilfe, mehr Selbst­ Weil dies für mich meine letzte Rede zielle Verschiebebahnhöfe zu konstru­ verantwortung, mehr Solidarität drückt in diesem Hause ist und weil die gesamte ieren und - im Grunde genommen- mit sich eben nicht in einer höheren finanziel­ Haushaltsdebatte ohnehin von Wahl­ dem Rasenmäher über die Leistungsgeset­ len Eigenbeteiligung bei Rezepten, in der kampftönen beherrscht wird, will ich zu ze hinwegzufahren. Mitfinanzierung beim Krankenhausau­ den vorliegenden Drucksachen wenig sa­ Ieh befürchte, daß der von allen Par­ fenthalt und in der Verschiebung der gen, sondern versuchen, einige grundsätz• teien, zumindest in Sonntagsreden, fLir · Rentenanpassung aus, sondern in der Be­ liche Anmerkungen zur Zukunft liberaler notwendig gehaltene Umbau nicht statt­ reitschaft, sich selbst zu helfen, indem Sozialpolitik und liberaler Beschäftigungs• findet. Ich befürchte, der Sozialstaat, der man anderen hilft, sich solidarisch zu ver­ politik zu machen. ja nun weiß Gott keine Schönwetterver• halten, um selbst auch Solidarität zu er­ Es war wohl das historische Verdienst anstaltung ist, wird ausgerechnet in dem fahren, nicht auf den totalen Versor­ der Liberalen, mit ihrem Freiburger Pro­ Moment in Frage gestellt, in dem er ge- gungsstaat zu hoffen, sondern dafür zu gramm im Jahre 1971 das Prinzip der per­ sönlichen Freiheit, den Gedanken der Selbstverantwortung mit der Einsicht zu verbinden, daß in einer Industriegesell­ schaft jedermann die gleichen sozialen Chancen erhalten muß. Damit haben die Liberalen mit dem kollektiven Fürsorgesystem Frieden ge­ macht, die ~ewerkschaften und Sozialde­ mokratie seit dem 19. Jahrhundert er­ kämpft hatten, und dem klassischen Ziel des Liberalismus abgeschwört, der einzel­ ne solle in einer freien Wirtschaft kraft seiner eigenen Leistung ohne staatlichen Zwang für die Wechselfälle des Lebens selbst vorsorgen. Nur, der moderne Libe­ ralismus will, daß einerseits jeder die glei­ che soziale Chance hat, sich seine materi­ elle Existenz durch eigene Leistung zu er­ halten, andererseits aber gleichzeitig ver­ pflichtet ist, als soziales Individuum zu gemeinsamen Formen der sozialen Siche­ rung beizutragen. Viel ist - dies muß man selbstkritisch feststellen - von diesem historischen Kompromiß nicht verwirklicht worden, auch nicht unter der sozialliberalen Koa­ lition. Es lag wohl vor allem daran, daß in Zeiten stetigen Wachstums von nieman­ dem so recht die Notwendigkeit gesehen wurde, unser Sozialsystem auf den Prüf• stand zu stellen, einmal zu klären, was · Aufgabe des Staates ist, was der Solidar­ gemeinschaft der Versicherten zufällt und was der Eigenvorsorge überlassen werden kann. Nun, die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zwingen uns jetzt zu Korrekturen am System. Aber anstatt die Chance zu einem Umbau des Systems in Richtung auf mehr Solidarität, mehr Selbsthilfe, Entbürokratisierung, Dezen­ Fraktionslos im Bundestag: Helga Schuchardt und Friedrich Hölscher, der von Klaus · tralisierung usw. zu nutzen, hat man sich Gärtner (hinten) spontar1en Beifall für seine kämpferische Rede erhält.

11 sorgen, daß möglichst wenig Menschen staatliche Fürsorge überhaupt in An· Beispiele des Sozialabbaus spruch nehmen müssen. Hieran gemessen, sind die sozialpoliti· Deformierung des Systems sehen Beschlüsse der neuen Koalition nicht nur enttäuschend, sondern sie be­ Was die Rechts-koalition unter "sozia­ den DM: hauptsächlich bei denen, die ihr hindern sogar den notwendigen Umbau ler Ausgewogenheit" versteht, wird deut­ Geld für Konsum verwenden, nicht bei der sozialen Sicherung. Ich möchte, wie lich, wenn die Beg feitgesetze zum Haus­ denen, die ihr Geld auf Konten oder in ich ausdrücklich sage, nicht den neuen halt 1983 einmal konkret für die Betrof­ Wertpapieren anlegen. Bundessozialminister als Person kritisie­ fenen durchgerechnet werden. Die Oppo­ ren. Denn ich weiß - wir kennen uns sehr sition in Bann hat sich die Mühe gemacht lange -, daß er für diese Fragen, wie ich und legte zwischen den Feiertagen Mu­ sie hier aufgeworfen habe, offen ist. Ich sterrechnungen vor, die den aufmerksa· weiß, daß er auch nicht für alles verant­ men Zeitgenossen die Festtagsfreude wortlich ist; was hier an Sozialstaat zu­ gründlich verdarben. rückgenommen worden ist. Ich weiß Beispiel 1: Eine Witwe, zwei Kinder, selbst, wie schwierig es ist, sich in den 14 und 15 Jahre alt, hat ein monatliches Fraktionen gegenüber denen durchzuset­ Bruttoeinkommen von 2.600 DM, dazu zen, die sich mehr wirtschaftspolitischen . das Kindergeld. Durch die Änderung der Interessen verpflichtet fühlen. Steuergesetze, die Erhöhung des Sozial­ Und es ist auch gar nicht so sehr die versicherungsbeitrags, die Änderung der einzelne Maßnahme, die hier zu kritisie­ Wohngeldberechnung und der Mietgesetz­ ren ist, sondern es ist die Summe der Kür­ gebung und die Anhebung der Mehr­ zungen, die einen zu dem bitteren Schluß wertsteuer verbleiben ihr nach dem Wil­ kommen lassen muß, daß erstmals nach le·n der Banner Regierung in Zukunft dem Aufbau der Bundesrepublik eine rund 140 DM pro Monat weniger von noch nicht abzuschätzende Zahl von Bür• ihrem Einkommen. gern in echte Not geraten könnte. Beispiel 2: Ein verheirateter Bauarbei­ Und ich bin doch ein Zyniker, . wenn ter, Vaterdreier Kinder, verdient pro Mo­ Eine alte Frau sucht im Müll nach ver· ich einer Familie erzähle, sie müsse mehr nat brutto 2.900 DM. Eines seiner Kin­ wertbaren Resten. Armut gehört bald Selbstverantwortu ng, Selbstbeteiligung, der erhält Beihilfe nach dem Bafög. Da wieder zum Alltagsbild. Selbsthilfe zeigen, wenn ich ihr gleichzei­ diese Beihilfe jetzt auch wegfällt, muß tig Wohngeld und Kindergeld kürze, das die Familie des Bauarbeiters - unter den Sollte im weiteren Verlauf der Lambs­ Bafög streiche, sie außerdem an den Ko­ gleichen Bedingungen wie im Beispiel 1 - dorff/Kohl'schen Wirtschaftspolitik der sten der Krankheit beteilige, ihr die Mie­ im nächsten Jahr mit rund 400 DM pro erwähnte Stahlarbeiter arbeitslos werden, te, die Mehrwertsteuer, die städtischen Monat weniger auskommen. was ja bei Stahlarbeitern eine nicht un­ Abgaben, die Heizölkosten erhöhe und Beispiel 3: Ein Stahlwerker, verheira­ wahrscheinliche Berufsperspektive ist, so ihr überdies eine Lohnpause zumute. tet, zwei Kinder, erhält, monatlich rund kann er für seine Zukunft die ihm von Und komme mir bitte keiner und sage, 2.200 DM brutto, dazu kommen noch den Sozialexperten der "Koalition der das seien Einzelfälle. Genau das kommt Kindergeld und Bafög, da seine Kinder Mitte" aufgezwungene Bescheidenheit gut nämlich auf sehr viele Durchschnittsver­ die 12. und 13. Klasse besuchen. Der Ver­ nutzen: Die Dauer des Arbeitslosengeld­ diener zu. Ich will gar nicht erst von de­ lust der Familie beläuft sich hier auf 600 bezugs wird stärker nach den Beitragszei· nen sprechen, die Sozialhilfeleistungen in DM im Monat. ten gestaffelt, folglich bezieht er mög/i• Anspruch nehmen müssen, und ich will Statistische Durchschnittsbeispiele ·cherweise für einen kürzeren Zeitraum Ar' gar nicht von denen sprechen, die durch sind nicht die Realität selbst, aber ein beits/osengeld. Sollte er gar danach auf Arbeitslosigkeit zu alledem ein Drittel ih­ Spiegel der Realität. Zumindest die Ten­ Sozialhilfe angewiesen sein, so wird er res Einkommens verlieren. denz wird deutlich: je niedriger das Ein­ schnell begreifen, was es heißt, wenn die kommen und/oder je höher die Zahl der Steigerungsraten der Beihilfe zum Lebens­ Kinder, desto größer ist die relative Ein­ unterhalt per Gesetz gegenüber den Stei­ buße der Familie an Kaufkraft. gerungsraten der Lebenshaltungskosten Den Beziehern mittlerer und kleiner deutlich hinterherhinken. Einkommen wird Konsumverzicht aufge­ So wird es ihn später im Rentenalter zwungen, den Großverdienern in der Re­ nicht mehr sonderlich bedrücken, daß sei· gel lediglich ein verschmerzbarer - wenn ne Rente recht niedrig ist, da das Arbeits­ nicht sogar unmerklicher - Zinsverlust: amt die Beiträge an die Rentenversiche­ Die "Sonderabgabe zur lnvestitionshilfe", rung nicht mehr an der Höhe der "Lohn­ besser als "Zwangsanleihe" bekannt, wird ersatzleistungen" (Arbeitslosengeld und für einen begrenzten Zeitraum erhoben -hilfe, Schlechtwettergeld etc.) bemißt. und später - unverzinst -zurückgezahlt. · Wa_s so/l's - er hat ja gelernt, sich zu Zurückgezahlt wird aber nicht die Bafög• bescheiden. Streichung, die Mehrwertsteueranhebung, Die so vollmundig apostrophierte Wen­ auch nicht die zeitlich verlängerte Kosten­ de ist im Sozialbereich eingeleitet wor­ beteiligung bei Krankenhausaufenthalten den. Ob in Zukunft ernsthaft an der- si­ und bei Inanspruchnahme von Kuren, cherlich notwendigen - Reform des So­ ausgeglichen wird auch nicht die zeitlich da/systems gearbeitet wird oder ob aus verzögerte Rentenanpassung. der Reformierung eine Deformierung Weniger Sozialausgaben führen zu weni· Oberschlägige Rechnungen ergeben ei­ wird, auch das entscheidet sich am 6. ger Nachfrage und damit zur Vernichtung· nen Kaufkraftverlust von rund 16 Milliar- März. von Arbeitsplätzen.

12 muß nur groß genug sein, auf der Kippe steht? Ich befürchte - lassen . Sie mich dies abschließend sagen -: Wir werden in der nächsten Zeit in die schwerste Konfron­ tation seit Bestehen der Bundesrepublik geraten, nicht nur in der Sozialpolitik, nicht nur in der Beschäftigungspolitik. Aber wir sind doch keine Klassengesell­ schaft; wir glauben doch, dies überwun• den zu haben. Wir alle sind doch zu Selbsthilfe und zu Solidarität verpflichtet. Dabei ist doch der soziale Friede die ent­ scheidende Voraussetzung für eine freie Gesellschaft, in der sich die Konflikte mit friedlichen Mitteln lösen lassen. Wer die Wahrnehmung - dies ist so ein Tag, deshalb muß ich es ansprechen; ge­ stern war auch so ein Tag, deshalb muß ich es ansprechen - des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung noch mehr be­ hindert, wie dies heute anschließend gleich geschehen soll, wer den ausländi• schen Mitbürgern das Recht nehmen will, wie Deutsche mit ihren Kindern zusam­ menzuleben, wer die Bildungschancen durch den Kahlschlag beim Bafög wieder zum Privileg einiger weniger macht, wem die derzeitige Nachrüstungspolitik der

Bonner Streichquartett: (von oben links) Arbeitsminister Norbert Blüm, Wirtschaftsmi­ nister , (von unten links) Innenminister Friedrich Zimmermann, Bundeskanzler . Dabei wäre das alles gar nicht nötig ge­ schlimme arbeitsmarktpolitische Folgen wesen, wenn man den Betroffenen nicht haben. zumuten würde, sich selbst am eigenen Ich zweifle am Sachverstand mancher Zopf aus dem Sumpf zu ziehen, wenn Wirtschafts-politiker der Koalition. Denn man unser Volk nicht in zwei Klassen ein­ sie müssen doch erkennen, daß all diese teilen würde: die einen, die das bitte Maßnahmen zu einer rückläufigen gesamt­ schön alles unter sich selbst auszumachen wirtschaftlichen Nachfrage führen, die zu­ und zu tragen haben, und die anderen, die sätzlich Arbeitsplätze kostet und die Aus­ Besserverdienenden, bei denen man sich gaben für Sozialleistungen sogar noch stei­ weigert, auf ihre Leistungsfähigkeit, auf gen lassen wird. Glaubt man im Ernst, ihre Solidarität zurückzugreifen. daß man die strukturell bedingte Arbeits­ Der Iiberale Marburger Professor Theo losigkeit mit einer rein angebotsorientier­ Schiller hat dies kürzlich mit Recht so ten Wachstumspolitik bewältigen könnte? plakativ ausgedrückt: Warum erkennt man eigentlich nicht, Krisenbewältigung ohne soziale Kom­ daß man bei steigendem Pro du ktivitätsni­ ponente ist Sozialdarwinismus und nicht veau ernsthafter arbeitszeitverkürzende DGB-Chef Breit und Arbeitnehmer-Chef Sozialliberal ismus. Maßnahmen einleiten muß, auch bei der Esser Solange keine ehrliche Sozialkompo­ Wochenarbeitszeit, damit die geringer Reagan-Administration näherliegt als die nente eingeführt wird - ich bedauere, daß werdende Arbeit auf mehr Köpfe verteilt Angst des eigenen Volkes um den Frie­ die FDP-Fraktion sogar die Forderung der werden kann? Warum weigern sich CDU den, wer die Konfrontation im Wahl­ CDU/CSU-Fraktion abgelehnt hat, auf die und CSU, vor allem aber meine ehemalige kampf sucht, möglicherweise auch mit Rückzahlung der Zwangsanleihe zu ver­ Fraktion, endlich Schluß zu machen mit plumpen, verdummenden Slogans wie zichten-, etwa durch eine echte, ehrliche einem Fossil aus. dem Dritten Reich: der "Liberalismus statt Sozialismus" oder Ergänzungsabgabe, solange keine ausrei­ Arbeitszeitordnung, die es heute noch er­ "Gegen die rot-grüne-Vormacht", der chende Grundsicherung im Sozialbereich · laubt, permanent Oberstunden zu fahren? stiftet Unfrieden und wird selbst schei­ angeboten werden kann, solange dies alles Warum versucht man, durch den simp­ tern. politisch nicht möglich ist, sollten wir len Slogan "Mut zum Markt" die Illusion Die Wähler sind klüger, die Wähler über Leistu ngsbereitschaft, Selbstbeteili­ zu erwecken, der Selbstlauf der Wirt­ sind mündiger, als mancher Parteiführer gung und Eigenverantwortung etwas leiser schaft werde alles rationell und sozial re­ glaubt. Ich bin sicher, die Sozialliberalen reden. geln, obwohl man doch fast jeden Tag er­ werden in den nächsten Jahren auf der Angst steckt an, befürchte ich. Dieser lebt, daß die Politik zum Interventions­ richtigen Seite stehen, auch am 6. März. Klassenkampf von oben wird noch staat greift, wenn ein Unternehmen, es -Vielen Dank.

13 Christoph Strässer zum Reagan-Administration zu verfolgen scheint: Andropow-Vorschlag Außer der vor. ihr favorisierten "Null­ Lösung" gibt es keinen Verhandlungs­ spielraum. Eio historisches Angebot Interessant deshalb die Reaktionen anderer westlicher Regierungen. So tut Helmut Kohl und seine Rechts-Koali- · Denn was bedeutet dieser Vorschlag sich sogar Möllemann schwer, die Andro­ tionäre waren sich ziemlich sicher: Die für die nuklearen Kra-tteverhältnisse in pow-Offerte so zu behandeln wie die vor­ Raketenfrage wird das Wahlkampfthe­ Europa? herigen Moratoriumsangebote der letzten ma schlechthin, mit diesem Thema sollte Es bleibt dabei, daß die NATO unter Monate und Jahre. die Wahl gewonnen werden. ihrem Oberbefehl eine relativ geringe An­ Zwar überwiegen nach wie vor die "ne­ Dieses Konzept ist dahin. zahl von Trägersystemen mittlerer Reich­ gativen" Seiten, da die Sowjetunion ein Dies nicht etwa, weil - worauf viele weite besitzt. angebliches Monopol im Mittelstrecken­ Wetten angenommen hätten - das Wahl­ Es gibt aber keinen einleuchtenden bereich behalten und de.n USA verbieten spektakel nun do~h nicht stattfindet. Grund, die britischen und französischen will, selbst in diese Konkurrenz einzustei­ Am 6. März wird gewählt, die Plakat­ Systeme bei diesen Zahlenspielereien gen. ständer sind bereits aufgestellt. nicht mitzuzählen, schließlich bedrohen Aber, so selbst Möllemann, es "bewegt Aber etwas anderes kam diesem unse­ diese Systeme die Sowjetunion genauso sich etwas in die richtige Richtung." rem Kanzler in die Quere. War man doch wie andere NATO-Waffen. Anders noch die "Sicherheits"politi- geneigt, die Friedensbewegung nicht ganz ernst zu nehmen, trotz vieler machtvoller Demonstrationen, trotz weit über drei Millionen Unterschriften unter den "Kre­ felder Appell". Was ist das schon bei einer Bevölke• rung von über 6o Millionen, bei mehr als 3o Millionen Wahlberechtigten? So dachten viele, auch Aktivisten aus der Friedensbewegung, bis wieder einmal eine Umfrage auf Umwegen auf den Tisch kam: Die Umfrage des Sinus-Instituts, wonach · die Mehrheit der Bevölkerung, ja sogar die Mehrheit der Unions-Wähler für · zumindest einen Aufschub, wenn nicht sogar einen Verzicht auf die sogenannte Nachrüstung plädiert. · Damit steht eins fest: Eine Regierung, die dieses Land mit noch mehr Atomraketen bestücken will, die unabhängig von eigenen Überleb~ns­ notwendigkeiten die BRD zu einer noch Französischer Raketenstützpunkt Plateau d'Albion: "Es gibt keinen einleuchtenden größeren Abhängigkeit von den USA trei­ Grund, die britischen und französischen Systeme nicht mitzuzählen." ben will, betreibt eine Politik gegen die Es ist also der Versuch unternommen ker der Union, die ihre Verbundenheit zu Mehrheit des eigenen Volkes: worden, vergleichbare Waffensysteme in Reagan auch an diesem Punkt manifestje- Das, was Karl-Heinz Hansen über den beiden Blöcken miteinander in Beziehung ren, getreu dem urdeutschen Motto: ln "Nachrüstungs"-Erfinder Helmut Schmidt zu bringen und auf dieser Ebene mit einer Treue fest - und wenn wir alle dabei kre- gesagt und geschrieben hat, gilt - wer Rüstungsbegrenzung wirksam zu begin- pieren. hätte dies nicht gedacht - für den amtie­ nen . Pikant in dieser Auseinandersetzung renden Kanzler umso mehr. Was aber für die Fortse~ung der Ver- ist natürlich auch die Rolle der Sozialde- Noch schwieriger wird die Lage für die handlu~gen und insbesondere für die poli- mokraten, die ja unter ihrem Kanzler Aufrüster durch die neuen Vorschläge des tische Diskussion noch viel wichtiger ist, Schmidt die "Nach"rüstung betrieben Breshnew-Nachfolgers Andropow. ist d_ie Tatsache, daß sich die Sowjetunion haben, und nunmehr sich mehr und mehr, Sei es eine Reduzierung der SS-20 Ra­ nunmehr bereit erklärt, einseitig bereits sozusagen klammheimlich und nicht zu keten auf die Zahl der in britischer und stationierte Waffensysteme abzubauen, schnell und offensichtlich, vori dieser Po- französischer Verfügungsgewalt befind Ii­ ohne daß darauf bestanden wird, da.ß sition emanzipieren und sich auf die Frie- chen landgestützten Trägersysteme mitt­ auch die seegestützten und mit Flugzeu- densbewegung zubewegen wollen. lerer Reichweite, sei es das jüngste Ange­ gen zu transportierenden Raketen mitein- Fazit: · bot der sowjetischen Führung für einen gerechnet würden. Es ist etwas in Bewegung geraten, zwar allgemeinen Gewaltverzicht, der nun Die Sowjetunion rückt damit von ihrer noch in geringem Umstand, aber doch so, nicht mehr auf den Ersteinsatz von nu­ ursprünglichen Forderung ab, daß auch daß man Mut fassen kann. klearen Waffen beschränkt ist: die sogenannten forward based systems Mut und Hoffnung, mit gemeinsamer Mit diesen Vorgängen kann man sich der NATO mit bei einer Vereinbarung ge- . Kraft die todbringende "Nach"rüstung nicht mehr in altbekannter Manier aus­ zählt werden müßten. doch noch zu verhindern. einandersetzen und sie mit der linken Dieses Angebot hat also, wenn man so Und insbesondere die Kraft, dem Ra- Hand vom Tisch wischen. will, historischen Charakter. Es fällt zu- ketenkanzler Kohl den Raketenwahl- Hier wird deutlich, daß die Argumen­ nehmend schwerer, auch in der Bevöl- kanipf zu liefern, den er haben will, aber tationsnot der Anhänger der Reaganschen kerung dieser Republik einen Standpunkt mit einer Mehrheitsentscheidung der mün - 1 :0-0ption immer größer wird. zu verkaufen, wie ihn nach wie vor die · digen Bürger gegen sein Konzept.

14 Interview mit einem amerikanischen Liberalen . Anfang der dreißiger Jahre, um die Ar- beitslosigkeit bekämpfen, der notleiden­ den Industrie helfen und die wirtschaftli­ che Krise überwinden zu können. ,,Eine Frage .. liberale drucksachen: Ließe sich ein sol­ ches Programm .nicht nur dann finanzie­ menschlichen Uberlebens'' ren, .wenn das amerikanische Aufrüstungs- programm zusammengestrichen würde? Im Dezember letzten Jahres war als Vertreter der Jugendgruppe der "Americans for De­ Richard Oppenheimer: Welchen Nutzen mocratic Action" (ADA)- der amerikanischen Partnerorganisation der Deutschen Jung­ hat es, riesige Summen für militärische demokraten - Richard Oppenheimer zu Besuch in der Bundesrepublik, um an einer Zwecke auszugeben, wenn, um einen Mit­ Konferenz der Bundesregierung über deutsch-amerikanischen Jugendaustausch teilzu­ arbeiter von Reagan zu zitieren, "die nehmen. Wirtschaft tot im Wasser liegt"? Es ist höchste Zeit, sich mit der Verschwendung ADA ist keine Partei im eigentlichen Sinne, sondern eine Bürgerrechtsorganisation, die von Getd im Militärbereich zu beschäfti- personell eng mit dem liberalen Flügel der Demokratischen Partei verflochten ist. Der gen. 35-jährige Oppenheimer ist Mitglied des "National Board" von ADA und innerhalb der liberale drucksachen: Die Dynamik des Jugendgruppe für internationale Beziehungen zuständig. Rüstungswettlaufs ist ungebrochen; in Eu- Die liberalen drucksachen sprachen mit Richard Oppenheimer, der sich der Redaktion , ropa; ·aber auch in den USA wächst die als großer Bewunderer Edward Kennedys vorstellte, über ADA und ihre Ziele sowie Fra­ Angst um den Erhalt des Friedens. Präsi• gen der Friedens- und Sicherheitspolitik. dent Reagan und seine Helfershelfer in liberale drucksachen: Zunächst zu ADA. Europa setzen weiter auf eine Politik der Wer sind und ·was wollen die "Americans Stärke ... for Democratic Action'? Richard Oppenheimer: Die Kalte-Kriegs­ Richard Oppenheimer:ADA ist Teil einer Rhetorik hat schon in den fünfziger J ah­ Tradition, die bis auf Thomas J efferson ren nichts eingebracht, sie hat die Welt an {dem Verfasser der amerikanischen Unab­ den Rand des Abgrunds geführt. Der Rü• hängigkeitserklärung, d.Red.) zurückgeht. stungswettlauf muß durch Verhandlungen Zu den eigentlichen Gründern von ADA beendet werden; die US-Unterhändler gehört Eleonore Roosevelt {die Frau des sollten dabei erfahren genug sein, um eine US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt, d. faire Vereinbarung zu erzielen. Einer Lö• Redaktion), die zu den Schöpfern der sung wird man nicht dadurch näherkom• Menschenrechtserklärung der Vereinten men, daß man die Spannung erhöht uqd Nationen gehört. Das Engagement für neue (Mittelstrecken-, d. · Red.)Raketen grundlegende menschliche Rechte ist im­ aufstellt, die die Reaktionszeit beider Sei­ mer Wegweiser und Mittelpunkt der Ar­ ten (nach einem Abschuß, d.Red.) auf beit von ADA gewesen. ADA versteht sechs Minuten verringert - für Menschen sich als "Gewissen" und hält den (Roose­ in der Tat eine sehr kurze Zeit, um auf ei- veltschen, d. Red.) Geist hoch, um auf ei­ . nen möglichen Start aus Versehen ange­ ne andere amerikanische Regierung zu messen zu reagieren . wa~ten, die sich um die Bedürfnisse der liberale drucksachen. Auch in den USA Bevölkerung kümmert - die Bedürfnisse hat sich eine bedeutende Friedensbewe­ der Arbeiter und der Angestellten, der gung gebildet. Wie stellt sich ADA zu ihr? Lehrer und der Lernenden, der Frauen Richard Oppenheimer: Sowohl ADA als und der Minderheiten, der Alten und der auch die ADA-J ugendgruppe haben aktiv Kinder sowie der Umweltschützer. Wir ar­ an der Friedensdemonstration ·am 12. J u­ beiten, mit anderen Worten, für eine Neu­ ni 82 vor den UN und im New Yorker auflage der alten "Roosevelt Koalition". Central Park teilgenommen, und wir sind liberale drucksachen: Die Reagan-Admini· auch an den nationalen Konferenzen (der stration hat seit ihrer Regierungsübernah• Friedensbewegung, d.Red.) beteiligt, me wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse U-Boot-Rakete Trident 1: Die "freeze"­ wann immer sie stattfinden. Wir machen gerade der von Ihnen angesprochenen Kampagne findet breite Zustimmung bei der "bilateral nuclear freeze"-Kam ­ Menschen genommen, wenn man an die pagne mit, die bei den kürzlich stattgefun­ Kürzungen im Sozialetat und an eine . geglichenen Haushalt versprach - .. mit denen Wahlen in acht von neun Bundes­ Wirtschaftspolitk denkt, die die Krise 1 0,8 % die höchste Arbeitslosenrate seit staaten - wo sie jeweils zur Abstimmung verschlimmert und die Arbeitslosenzahlen 1941. Dieamerikanische Industrie ist der­ stand - von den Wählern unterstützt wor­ in die Höhe getrieben hat. zeit nur zu 68% ausgelastet. Wir fürchten den ist. Richard. Oppenheimer: Wir haben mit eine ähnliche Entwicklung im übrigen liberale drucksachen: Weil sich die westli­ ganzem Herzen darum gekämpft, die Ver­ auch für die Bundesrepublik Deutschland che Friedensbewegung vorrangig gegen abschiedung der von der Regierung vorge­ mit ihrer rasch wachsenden Arbeitslosig­ die Aufrüstungsentscheidungen ihrer eige­ schlagenen Einschnitte in die sozialen keit. nen Regierungen wendet, wird ihr oftder Programme zu verhindern, leider ohne Er­ liberale drucksachen: Was sollte Ihrer Vorwurf der Einäugigkeit oder gar des folg . Die Ergebnisse der Reaganschen Po­ · Meinung nach zur Behebung der Wirt­ Antiamerikanismus gemacht. Ist sie anti­ litik von gewaltigen Steuersenkungen und schaftskrise getan werden? amerikanisch? einer ungeheuren Erhöhung "blinder" mi­ Richard Oppenheimer: Was wir in den Richard Oppenheimer: Die eigentliche litärischer Ausgaben sind offensichtlich: USA und· möglicherweise auch jenseits Frage ist nicht, ob etwas anti-amerika­ Riesige Haushaltsdefizite - die größten in der amerikanischen Grenzen brauchen, ist nisch oder anti-sowjetisch ist. Die eigent­ der Geschichte der Vereinigten Staaten, ein großangelegtes, staatlich finanziertes liche Frage ist die nach dem Überleben obwohl Reagan im Wahlkampf einen aus- Beschäftigungsprogramm ähnlich dem der Menschheit.

15 Die zur Zeit gewährten $teuervergün• Die Steuerver­ stigungen sind nicht mehr zu verantwor­ ten und zwar aus zwei Gründen: (1) Sie verfeiten - wie oben schon darge­ günstigungen sind nicht legt - unter dem Motto "Steuern sparen · um jeden Preis" zum Ausbau mehr zu. verantworten von Produktions- bzw. Dienstlei­ atungskapazitäten, die wegen man~ "Wir müssen mehr investierel'! und weniger konsumieren." Mit diesem Schlagwort hat gelnder Nachfrage nicht genutzt wer­ die Bonner Rechts-Koalition ihre rigorosen Streichmaßnahmen im Sozialbereich zu den können. rechtfert igen versucht. Warum dieses unsoziale Konzept nicht aufgehen kann, begründet (2) Sie begünstigen die Bezieher höherer die Diplom-Volkswirtin Traute Kirsch im nachfolgenden Beitrag. Einkommen in nicht zu rechtferti­ Bei der Aufstellung der Haushalte von _den Bereichen, die als weitgehend ge­ gender Weise (Ehegattensplitting, Be­ Bund und Ländern sollten folgende sättigt (Straßenbau, Schulen, Verwal­ wirtungspesen usw.) Grundsätze beachtet werden: tungen usw .) bezeichnet werden kön­ Wenn es richtig ist, daß dem Staat (1) Von den öffentlichen Haushalten nen, in die Bere iche mit Bedarf jährlich 40 bis 50 Milliarden DM durch dürfen angesichts einer lahmenden (Energieeinsparung, Kraftwärme• Steuerhinterziehung, HaushaltsuntreUe, Konjunktur und unausgelasteter Ka­ kopplung, Wärmedämmung, Verkehr, Subventions- oder Kreditbetrug, Compu­ pazitäten im gesamten Wirtschafts­ Wohnungsbau, Sanierung, Abfallbe­ terkriminalität und Scheckmißbrauch ver­ bereich keine die Konsumnachfrage seitigung usw.) erfolgt. loren gehen, dann liegt hier der wichtig- einschränkenden Wirkungen ausge­ Gesellschaften, die im Massenkonsum le­ . ste Hebel, an dem angesetzt werden muß, hen; d.h. die Bezieher kleiner und ben, brauchen eine gewisse Konsumquo­ um die Probleme der staatlichen Haushal­ mittlerer Einkommen dürfen von te, um die vorhandenen Produkte abzu­ te in der richtigen Weise zu lösen. Eine Sparmaßnahmen der Haushalte nicht setzen. Die mangelnde Auslastung der Vereinfachung der Steuergesetzgebung, betroffen werden. Produktionskapazitäten in fastsämtlichen die als zwangsläufige Folge der Abschaf­ (2) Die für die Deckung der Löcher der Bereichen der Wirtschaft läßt erkennen, fung von Steuervegünstigungen aufträte, Staatshaushalte benötigten Finanz­ daß in der· Bundesrepublik die Konsum­ würde sich auch hier positiv auswirken. mittel sind weitgehend durch quote zu niedrig liegt. Haushaltspolitische Die Notwendigkeit, im Rüstungshaus• a) den Abbau von Subventionen in Sparmaßnahmen, die die Bezieher kleiner halt Einsparungen vornehmen zu müssen, · Form von Steuervergünstigungen, und mittlerer Einkommen treffen, zwin­ braucht wohl nicht diskutiert zu werden. b) eine wirksame Bekämpfung der . gen die Betroffenen dazu, ihren Konsum Auch im Interesse einer Sicherung von Steuerkriminalität (auch durch einzuschränken und führen damit zu einer ausgeglichenen staatlichen Haushalten S teuergesetzgebu ng), Verschlechterung der Situation der Kon- über Jahre hin weg darf die Haushaltspoli­ tik keine den volkswirtschaftlichen Kon­ sum einschränkenden Maßnahmen bein­ halten, da mit volkswirtschaftli

16 .. Personalinformationssyteme" Entlassung per Computerentscheid·-

Allerorten Entlassungen - doch DAI­ Leisturigen aller Arbeitskräfte einer Ab­ nur die ökonomischen Vorteile einer SY, SESAM oder auch DAZUSY haben teilung. weitgehend automatisierten Personalab­ nirgends Beschäftigungsprobleme: Hinter Nun wird angesichts solcher Entwick­ teilung. Er meinte, gerade ein großes Un­ ihren Namen verbergen sich sogenannte lungen beileibe nicht nur. vor möglichen ternehmen müsse doch viel besser als bis­ Personalinformationssysteme; sämtliche her in der Lage sein, seine zahlreichen Möglichkeiten der Mikroelektronik nut­ Mitarbeiter tatsächlich auch zu kennen. zend, sind sie in der Lage, absolut perfekt Nur so sei das Unternehmen doch in der alle Daten über Ficmenmitarbeiter spei­ Lage, sie alle so zu beschäftigen, wie es ih­ chern zu können. So wirbt ein führendes ren Neigungen und Interessen auch wirk­ deutsches Computerunternehmen für die lich entspreche: Käme es denn nicht ei­ Einführung eines solchen Programms etwa nem Paradoxon gleich, so Professor Lin­ mit dem Hinweis, man sei dann in der La­ demann, daß man über jede Maschine, ih­ ge, "im freien Dialog mit dem Computer re Leistungskraft und Verwendungsmög• die gespeicherten Daten einzelner Mitar­ lichkeit schließlich alle Details ganz ge­ beiter und Mitarbeitergruppen auszuwäh- · nau wisse und Tränen vergieße, wenn sie len, zu verknüpfen und sortieren zu l_as­ nicht voll ausgelastet sei, andererseits un­ sen." ausgenutzte Kapazitäten seiner Arbeits­ Da landen etwa psychologische Tests, kräfte überhaupt nicht kenne. Dies wer­ in Einstellungsgesprächen erstellt, an­ de weder diesen selbst noch den Interes­ schließend in diesen Rechnersystemen, in Gefahren gewarnt; derartige Systeme fin­ sen ihrer Firma gerecht. denen ein großes Automobilunternehmen den in den Management-Etagen der Per­ Diese neuen Instrumente nennen sich kürzlich auch alle Krankheitsfälle seiner sonalabteilungen durchaus ihre engagier­ Personalinformationssysteme; damit ist Mitarbeiter speichern wollte: ten Befürworter-und zwar gerade im In­ die Sprachverwirrung wieder einmal per­ Fehlerquoten und Durchlaufmengen teresse der betroffenen Arbeitnehmer; fekt: Gerade die Belegschaft, das betrof­ lassen sich einzeln für jeden Mitarbeiter wie dabei immer betont wird. fene Personal wird am a.llerwenigsten in­ längst am automatisierten Arbeitsplatz Da beschwor auf einer Fachtagung der formiert. Für Betriebsräte bedeuten derar­ erfassen, ermöglichen so genaueste Lei­ Theodor-Heuss-Akademie etwa der Sy­ tige Datenballungen über die eigene Per­ stungskontrollen nicht nur über alle Be­ stemberater eines großen bundesdeut­ son wie die ihrer Kollegen denn auch ei­ schäftigten, sondern erlauben in Sekun­ schen Computerunternehmens, der Mann­ nen nicht zu unterschätzenden Machtzu­ denschnelle auch Vergleiche zwischen den heimer Professor Peter Lindemann, nicht wachs für die Firmenleitungen. Da ver­ komme der einzelne immer öfter zu ei­ nem Abbild dürrer Daten. Skandalös er­ scheint ihnen das gerade zu einem Zeit­ punkt, da diese Systeme bei Massenent­ lassungen immer öfter eine wichtige Mit­ Rückfahrkarten nach Manchester entscheidung treffen. Da werde - so er­ klärten Arbeitnehmer während der Dis­ haben wir nicht, aber . .. kussion in der THA - dann mit scheinra­ tionalen Argumenten eine Entscheidung ... . 10 Termine Bildungsurlaubsreisen preiswerte Klassen- und Jugend­ begründet, die - nur weil ihre Grundlagen nach. Moskau und Leningrad, inkl. fahrten in die DDR und nach Prag aus dem Computer stammten - beson­ Flug ab Hamburg, VP, Programm, ders übezeugend wirke, in Wirklichkeit Touristenhotels, Visum und Reise­ .... ein umfangreiches Studien-, Sprach­ aber dem einzelnen Menschen überhaupt leitung 799,-/825,- DM und Badereisen-Angebot für Jung und nicht gerecht werde, ihn als Person nicht Alt für die Sommerferien 83 berücksichtige. .... Riga-Fahrt; 18.-28.3.83, Flug ab Bedenken, denen sich auf der Tagung Berlin, Visum, Reisebegleitung, alles ..... IAT A-Fiüge, Billig-Flüge, Apparte­ einmal mehr der Bundesbeauftragte für für 1096,-DM ments und Bungalows in aller Weit! den Datenschutz anschloß: Professor Hans Peter Bull verwies für den gesamten 131 China-Reisen auf 94 Routen Komplex der betrieblichen Sammlung im kommenden Jahr. Handbuch an­ von Arbeitnehmerdaten auf die zahllosen, fordern (4,- DM Kostenbeitrag) Prospektanforderungen und Anfragen: noch ungeklärten Fragen: im Bereich des Datenschutzes etwa, aber auch bei den Beteiligungsvorschriften im Betriebsver­ REISEDIENST fassungsgesetz wie auch den Personalbe­ WUNDERLICH stimmungen. Entsprechend werden auch die Arbeitsgerichte zunehmend mit Ver­ Braußpark 14 fahren dieser Art beschäftigt. 2000 Harnburg 26 Die Diskussion in der Theodor-Heuss­ Tel.040-214072 . Akademie zeigte es: Auch im Daten­ schut:? bleibt noch viel zu tun.

17 Plädoyer für die SPD-Stimmabgabe

tikommunismus bestimmen wieder die Wo wäredie bundesrepublikanische Außen- (und wie es jetzt auch wieder folgerichtig heißt:) Sicherheitspolitik. Eine Art aktualisierte politische Alternative? Form der Hallstein-Doktrin (aus der Zeit von Marianne Hochgeschurz des Kalten Krieges) leitet nun wieder un· "Der linke Flügel der FDP entdeckte kern eingeleitet. sere offizielle Politik gegenüber den Län• ein neues Wir-Gefühl", so oder so ähnlich Die Vermutung, wo auch immer sie in dern der Dritten Weit. resümierten Journalisten ihren Eindruck der Vergangenheit aufgetaucht sein mag, Die ZDF -Nachrichtensendung "heute" von der Konferenz "Noch eine Chance für die SPD sei ja auch nur das kleinere Übel, (und nicht nur die) scheint neuerdings ih· die Liberalen" am 27./28. Februar 1982 eine CDU/CSU-geführte Regierung könne re primäre Aufgabe in der Vermittlung in Köln. uns so viel Schlimmeres auch ni.cht mehr dieser neuen konservativ-reaktionären Re­ Sicher spielten auch damals schon per- · bescheren, diese Vermutung ist ja wohl gierungsideologie zu sehen. sönliche Erfahrungen innerhalb der FDP- ~ · aufgrund der Erfahrungen der letzten Mo­ Wer .in dieser unserer aktuellen gesell­ Arbeit eine Rolle. Vor allem aber war die­ nate und Wochen in allen vernünftig tik­ schaftspolitischen Situation die These ver­ ses neue Wir-Gefühl der ca. 800 soziallibe­ kenden Hirnen wieder besseren, politi· tritt: Eine CDU!CSÜ-geführte Regierungs· ralen FDP-Mitglieder Ausdruck des ge­ scheren Einsichten gewichen. politik sei sinnvoll, weil sie die tatsächlich meinsamen, einigenden politischen Wil­ ln den nächsten Monaten (und Jahren) vorhandenen gesellschaftlichen Wider­ lens: Kampf gegen eine konservativ-reak­ steht für uns alle mehr und .Wichtigeres sprüche deutlicher mache, - wer eine sol­ tionäre Machtübernahme in unserem auf dem Spiel als der organisierte Libera­ che These heute vertritt, handelt nicht Staat, Kampf gegen eine Rückwärtswende lismus: nur unpolitisch, sondern vor. allem auch in den grundlegenden Bereichen unserer elitär und zynisch. Gesellschafts- und Friedenspolitik. Die materiellen Auswirkungen einer Auf den Tag genau neun Monate spä• solchen' "Verdeuilichungspolitik" hätte ter trafen sich die Sozialliberalen wieder die große Masse unserer Bevölkerung zu zu einer Konferenz: Diesmal in Bochum, tragen bzw. zu ertragen. Und: Angst um diesmal waren es mehr als 1.200 und dies­ den Arbeitsplatz, Beschneidung von Bil­ mal hieß das Konferenz-Motto "Die Zu­ dungs· und Ausbildungsmöglichkeiten wie kunft der Liberalen". Trotzdem - oder überhaupt soziale Unsicherheiten haben vielleicht gerade deshalb war diesmal das· aber - so lehrt uns die Geschichte - im­ Konferenzgeschehen eher von Emotionen mer eher zu mehr Unmündigkeit, zur be· als von dem Ausdruck eines gemeinsamen reitwilligeren Übernahme von Feindbil­ einigenden politischen Willens bestimmt. dern und Akzeptieru ng von autoritären Auf der Suche nach neuen Zugehörig• Herrschaftsstrukturen geführt. · keilen, nach einer neuen politischen Hei­ "Die fortschrittlic-hen Kräfte mUssen mat, geriet das vor neun Monaten in Köln zur Verhinderung der konservativen ab­ gefundene Wir-Geflihl der Sozialliberalen soluten Mehrheit die letzten Reserven in eine schwere Bewährungsprobe. Emo­ mobilisieren", schreibt William Borm im tionale Aufgewühltheit, Verbitterung, William Borm und Helga Schuchardt: Die vorwärts vom 18.12.82. Wer diesen Ap· neuerdings auch Mißtrauen, be-, oftmals Linksliberalen entdeckten auf dem Köl· pell eines politisch erfahrenen, großen verhinderten die Suche nach einer ge­ ner Kongreß ein neues Wir-Gefühl alten Mannes ernst nimmt, der kann meinsamen Strategie im Kampf gegen ei­ Innergesellschaftlich zeichnet sich bereits heute nur seine ganze Energie und Fähig• ne Stabilisierung der -inzwischen bereits jetzt eine empfindliche Störung des sozia· keit daransetzen, die fortschrittlichen eingeleiteten - Rückwärtswende in einen len Friedens ab: Umverteilung von unten· Kräfte in unserem Staate (wieder) regie­ konservativ-reaktionären Staat. nach oben in den wichtigsten sozialen Be-. rungsfähig zu machen. Dies kann aber In der Gründung einer neuen "authen­ reichen; eine lnvestitionspolitik, die Ra­ nur dann gelingen, wenn sich die fort· tisch Iiberalen Partei'' wurde von einem tionalisierungen eher fördert als die schrittliehen Kräfte konzentrieren, wenn Teil der Bochumer Kongreßteilnehmer Schaffung von Arbeitsplätzen (damit die sie sich vereinigen. Wer eine weitere Auf­ "die einzige Chance, um den größten Teil Reichen reicher und die Arbeitslosenhee- splitterung der "fortschrittlichen Mehr­ der liberalen Opposition zu erhalten", die . re größer werden); Gegenreform im Bi I· heit jenseits der CDU/CSU" ( einzige Form, "liberale Kontinuität zu dungswesen durch Zurücknahme von er­ am 26.9.82) befürwortet, handelt - auch sichern" (Theo Schiller in ld 4/82 S. 3) reichter Chancengleichheit und Zerstö• ohne es zu wollen - objektiv im Sinne gesehen. rung der Bildungs-. und damit Zukunfts· der oben als unpolitisch, arrogant und eli­ Mag sein, daß mit dieser Sichtweise chancen großer Teile der Jugend; Abbau tär kritisierten These. die Stimmung von vielen aus der Gen­ von rechtsstaatliehen Prinzipien: Ein· "Was also liegt näher, als die Überle• . scher-FDP hinausgedrängten Liberalen schränkung des Demonstrationsrechts, gung, daß jeder das Reservoir ausschöpfen richtigerfaßt wurde. Aushöhlung der Datenschutzbestimmun­ sollte, das ihm zugänglich ist?", fragt Wil· Und dennoch: Zu sehr ist im Klima gen, Be- oder gar Verhinderung kritischer liam Borm im o.a. Artikel. der emotionalen Aufgewühltheit, der Su­ Positionsdarstellungen in den Medien, Auf, die kommenden Bundestagswah­ che nach neuen politischen Heimaten, Rückkehr zu einer diskriminierenden, len am 6. März angewandt, wäre die Ver­ auf eine rationale politische Analyse ver­ frauen- und minderheitenfeindlichen Fa· folgung einer .solchen Strategie für die zichtet worden. milien· und Gesellschaftsideologie - um neue liberale Partei LD aufgrunddes vor­ Nur drei Monate Wende nach rück• nur einige wenige Bereiche zu nennen. her Gesagten und der 5 %-Klausel in unse­ wärts haben bereits tiefgreifende Verän• Auch in den Beziehungen zu den an­ rem Wahlrecht nur dann politisch verant­ derungen innerhalb unseres Gesellschafts­ deren Völkern und Staaten wurden die wortbar, wenn mit hoher Wahrscheinlich­ systems, im Verständnis von Entspan· Weichen der neuen rückwärtsgewendeten keit davon ausgegangen werden könnte, nungs- und Friedenspolitik und überhaupt Regierungskoalition - entgegen Kontinui­ daß die Liberalen Demokraten auf An- im offiziellen Umgang mit den Menschen tätsbezeugungen - deutlich anders ge­ . hieb den Sprung ins Parlament schaffen im eigenen Land und mit anderen Völ- stellt: US-Untertänigkeit und platter An- würden . Realistischen Einschätzungen zu-

18 chen Kräfte in der SPD geschehen ließe, Argumente gegen eine liberale Partei so ändert das doch nichts daran, daß die­ ser Einfluß stattfindet und sich bereits in personellen und programmatischen Ent­ scheidungen niederschlägt.* Realitäten ignorieren Sieht man die Vorlage des Parteivor­ Die parteipolitische Landschaft in un­ standes zum SPD-Wahlprogramm mit so­ allem aber auch der (Massen-)Druck die­ serer Republik ist in Bewegung geraten zialliberalen Erwartungen durch, so stellt ser außerparlamentarischen Bewegun­ und die ehemals liberale Partei, FDP, hat man fest: Alle wichtigen liberalen Forde­ gen haben unsere gesellschaftlich-politi­ ihren Teil dazu beigetragen: rungen sind hier enthalten: tatsächliche sche Demokratie lebendig erhalten. Den ln dem Maße nämlich, wie sie liberale, Gleichstellung von Frau und Mann in al­ politischen Parteien ist unter diesen Be­ radikaldemokratische Forderungen aufge­ len gesellschaftlichen Bereichen/ Integra­ dingungen wesentlich deutlicher die tion und Familienzusammenführung aus­ geben oder sie doch zumindest nicht Funktion von Instrumenten zur parla­ ländischer Mitbürger/Demonstrations-, mehr in die Gestaltung der Politik einge­ mentarischen Durchsetzung von politi­ Meinungs- und Entfaltungsfreiheit/Daten­ bracht hat, in dem Maße, wie sie ihre schen Zielen zugewiesen worden. Die in­ schutz/Grundrecht auf KDV/ Reform Vordenker-Ralle aufgegeben hat und zur strumentelle Funktionsfähigkeit von Par­ des Gesundheitswesens/demokratische reinen Machterhaltungslobby degeneriert teien wird aber logischerweise eher durch Bildungs- und Ausbildungschancen für ist in dem selben Maße hat sie nicht nur Konzentration von gleichgesinnten Kräf• alle/Erhaltung der Umwelt, humane Ge­ di~ Wählerstimmen sondern vor allem ten als durch Zersplitterung gewährleistet. staltung der Lebens-, Arbeits- und Um­ auch das Vertrauen großer Teile des (Bil­ Die Grün-Alternative Partei ist zwei­ I welt/usw. dungs-)Bürgertums verloren. Die Sympa­ felsohne keine Partei herkömmlichen Mu­ Weiter stellt man fest: Es ist keine po­ thien und Unterstützungen dieser der sters. Sie wird aufgrund ihrer Struktur, FDP verlorengegangenen Wählerinnen litische Forderung enthalten, die von So­ ihrer eigenen Postulate und ihrer Verwur­ und Wähler kommen inzwischen in ho­ zialliberalen abgelehnt werden müßte. zeltheit in vielen, meist an konkreten hem Maße der Grün/Alternativen Partei Einige der Forderungen sind allerdings Problemen orientierten Basisinitiativen . zugute. nicht weitgehend bzw. konsequent ge­ · Daraus nun den Schluß zu ziehen, man nug, z.B. Option auf längerfristigen Ver­ müsse diesen Männern und Frauen nur zicht auf Kernenergie statt: Verzicht auf wieder eine "authentisch liberale Partei" Amtokraft/keinen Automatismus der Sta­ anbieten, dann kehrten sie umgehend ins tionierung statt: keine "Nach"rüstung/ liberale Parteilager zurück, diesen Schluß Linerale Respektieru ng der Unabhängigkeit und 'D zu ziehen, heißt die aktuellen gesell­ Demokraten I.· Selbständigkeit der DDR statt: Anerken­ schaftspolitischen Realitäten zu ignorie­ nung der DDR-Staatsbürgerschaft. Es ren: fehlt eine klare Aussage über die Abschaf­ ln den letzten Jahren hat sich nicht fung des Extremistenerlasses. nur die Parteienlandschaft verändert. ''Die SPD will den Sozialismus nicht!", Mehr noch und vorher haben sich Lebens­ überflüssige Partei? hat bereits Rosa Luxemburg festgestellt. einstellungen, Lebens- und Kommunika­ sich auch kaum als eine geschlossene Par­ Dies mag die einen beruhigen, die anderen tionsweisen, Erwartungen, Bedürfnisse, tei längerfristig etablieren können. eher enttäuschen. Wie dem auch sei: Nur vor allem aber auch Konfliktfelder und Die von ihr zur Zeit wahrgenommene eine Unterstützung der fortschrittlichen Gefahrenquellen der Menschen und der Vor-, Weiterdenker-, sowie Tabu-Knacker­ Kräfte in der SPD kann zur Erreichung Rolle wird in unserer Gesellschaft jedoch unseres gemeinsamen politischen Zieles Menschheit verändert. führen: Verhinderung einer konservativ­ Diesen Veränderungen gegenüber ha­ auch in Zukunft und vielleicht dann mehr reaktionären Mehrheit am 6. März. ben sich die großen etablierten Parteien, als je gebraucht werden. Die Genscher-FDP will mit dem Slo­ hat sich vor allem aber eben auch die ehe­ ln der (Wieder-)Wahrnehmung dieser gan in den Wahlkampf ziehen: "Liberalis­ mals liberale Partei eher unflexibel oder Aufgabe liegt die Zukunft des Liberalis­ mus statt Sozialismus". Überlassen wir gar abwehrend verhalten. Die Grün-Alter• mus. Die historische Erfahrung gibt uns das profil- und inhaltslose Pappkamera­ native Bewegung hat diese Veränderun• allerdings keinen Hinweis darauf, daß die­ denschießen denen, für die Wahlkampf gen jedoch nicht nur aufgenommen, sie se Aufgabe nur oder effektiver durch eine das Retten der eigenen Haut bedeutet, de­ hat sie .in großem Maße mit getragen, sie liberale Partei wahrgenommen werden nen, die offenbar glauben, daß eine Partei ·hat diesen Veränderungen öffentliche Re­ könne: schon deshalb - in den Bundestag - ge­ levanz und politischen Druck verliehen. "Der Liberalismus als Basisbewegung Mit der gesellschaftspolitischen Tabu­ wählt werden müsse, weil es sie gibt. hat die besten Voraussetzungen dafür, Knacker-Rolle der Grun-Aiternativen Par­ Für demokratisch engagierte, politisch Problemlösungen im Kontakt mit den be­ tei sind ebenfalls Funktionen einer libera­ denkende und auch in Zukunft handell'l troffenen und aktiven Bürgern zu entwik­ len, radikaldemokratischen Partei (vor-) keln." (Theo Schiller, ld 4/82 S. 3) wollende Menschen gilt: Unsere Demo­ weggenommen worden. ln der aktuellen gesellschaftspoliti­ kratie wird nur fortbestehen können, Die politischen Energien für die in Be­ schen Situation unserer Republik liegt ei­ wenn die fortschrittliche Mehrheit links wegung geratene Parteienlandschaft ne wichtige Aufgabe der Liberalen darin, von CDU!CSU ihr ganzes Engagement da­ kommen in hohem Maße aus den außer• die neuen - eher bürgerlichen - außer• raufrichtet, daß am 6. März daraus eine parlamentarischen Bewegungen: Friedens­ regierungsfähige Mehrheit wird. parlamentarischen Basisbewegungen mit bewegung, Ökologiebewegung, Frauenbe­ der traditionellen Arbeiterbewegung zu * Anmerkung: Das Studium der revolu­ wegung, Jugendbewegung. Innerhalb die­ einer gemeinsamen Kraft zusammenzu­ tionären Bewegungen in der Geschichte ser Bewegungen findet heute vor allem führen. zeigt: Die Potenz für Veränderungen ent­ auch das statt, was nach unserer Verfas­ Unsere Republik braucht das Engage­ stand immer da, wo jeweils Herrschende sung eigentlich Aufgabe der politischen ment und die Parteinahme der Liberalen zur Ausweitung ihrer Herrschaft auf eine Parteien wäre: nämlich die Mitwirkung für Demokratie und Frieden dringend - (emanzipatorische) Weiterbildung und (der Betroffenen) an der politischen Wil­ auf eine Liberale Partei kann sie eher ver- -entwicklung ihrer Beherrschten angewie­ lensbildung. Kreativität, Engagement, vor zichten. sen waren. Marianne Hochgeschurz

19 folge kann aber keineswegs damit gerech­ net werden, daß bereits im März mehr als 5 % der Wählerinnen und Wähler diese neue liberale Partei unterstützen werden. - Bei früheren Landtagswahlen haben auch wir vor der Stimmabgabe für die Grün/alternative Partei gerade mit dem Argument gewarnt: Jede Stimme eines fortschrittlichen_Wählers für eine Partei, die mit hoher Wahrscheinlichkeit den Ein­ zug ins Parlament nicht schafft, ist fak­ tisch eine Stimme zur Unterstützung des politischen Gegners. Dieses Argument· gilt gerade auch heute und es gilt eben vor allem auch für das Wahlverhalten von fortschritt! ichen Liberalen! Sicher hätte es theoretisch auch die Möglichkeit gegeben, daß die LD über das sogenannte "Huckepack-Verfahren" ' SPD-Kanzler Helmut Schmidt: "Seit der Rückkehr in die Opposition ... durch die SPD in den nächsten Bundestag getragen worden wären . Doch bei aller blieben, was sie noch zu Beginn der sieb­ die fortschrittliche,n Kräfte in unserem parteiegoistisch verständlichen Enttäu• ziger Jahre auf ihre Fahnen geschrieben Staat und unserer Gesellschaft, wenn schung mancher LD-Funktionäre (vgl. hatte. Sicher ist auch bei den Sozialdemo­ nicht bei der Sozialdemokratischen Partei Hanspeter Knirsch in ld 4/82, S. 13) kraten manches den sogenannten Sach­ Deutschlands mit ihrem Kanzlerkandida­ bleibt die Frage offen: Wäre es denn so­ zwängen geopfert worden. Und sicher ten Hans-Jochen Vogel? viel fairer, ehrlicher .und den Wählern ge­ wird auch nicht übersehen werden, daß Seit der Rückkehr in die- aufgezwun­ genüber verantwortlicher gewesen, wenn u.a. Beruf?verbote und "Nach"rüstungs• . gene -Opposition hat die SPD sowohl in die SPD durch Überlassung von drei siche­ beschluß von der SPD mitverantwortet personellen als auch in programmatischen ren (SPD-)Wahlkreisen an Kandidaten der werden müssen. Und sicher kann niemand Entscheidungen ihren reformerischen, LD den sofortigen Einzug ins Parlament vergessen, daß sich auch die SPD gegen­ entspannungs- und friedensfördernden ermöglicht hätten? Wäre dies politisch über den drängenden, besorgniserregen­ politischen Willen wieder klarer formu­ ehrlicher und verantwortlicher als die nun den Problemen der Ressourcenverschwen­ liert. Sogar der Ex-Kanzler Schmidt er­ von der SPD-Führung unterstützten Bun­ dung und der Zerstörung unserer Lebens­ weist sich neuerdings in der "Nach"rü• destagskandidaturen von &ei "liberalen und Umwelt in der Vergangenheit häufig stungsfrage als wieder lernfähig. Und Köpfen"? eher ausweichend als im positiven Sinne selbst der DGB strebt eine Zusammenar­ So mancher Sozialliberale hat schon gestaltend und lösend verhalten hat. Und beit mit BBU und Öko-Instituten an. Und bei früheren Landtags- und Bundestags­ sicher hat die SPD-Führung in der Vergan­ im Werben um liberale Wähler, Mitglieder wahlen Kandidaten der SPD unterstützt. genheit recht wenig zu einer Zusammen­ und Kandidaten nimmt die SPD ausdrück• Daß nun die Sozialdemokratische Partei führung von Arbeiterbewegung einerseits lich liberale Positionen auf: i.B. formale ausgerechnet für Liberale dadurch an At­ und Friedens- und Ökologiebewegung an­ und materielle Chancengleichheit für so­ traktivität verlieren sollte, daß sie auch dererseits beigetragen. Und sicher ließe genannte Minderheiten, KDV-Recht, Ga­ zur politischen Heimat für etliche Sozial­ sich das Register der enttäuschten Hoff­ rantie der Meinungsfreiheit und Mei­ liberale geworden ist, kann nicht ein­ nungen und Erwartungen noch forsetzen. nungsvielfalt, demokratisches Bildungssy­ leuchten . Und dennoch: Wo wäre denn heute stem; Ausländerrecht etc. Sicher ist auch die SPD in Programma­ die politische Alterantive zur rückwärtsge• Sicher wird man einwenden können, tik und Politik nicht immer dem treuge- wendeten CDU/CSU-FDP-Regierung für daß es relativ leicht ist, in der Opposition ein fortschrittliches Image zu zeigen und daß dieses bei Wiederübernahme der Re­ gierungsverantwortung sehr schnell wie­ der vergessen sein würde, und daß die Öff• nung gegenüber den außerparlamentari• schen, demokratischen Massenbewegun­ gen - Friedensbewegung, Ökologiebewe• gung - doch nur aus wahltaktischen Überlegungen geschehe. Im Juni 1982 stellte der damalige ln­ nenminister Gerhart Rudolf Baum lapidar aber richtig fest: ,;An der Friedens- und Ökologiebewegung vorbei ist in unserem Staat keine Politik mehr mehrheitsfähig." ln seiner eigenen Partei, der FDP, hat sich diese Erkenntnis weder in Politik noch Imagepflege niedergeschlagen. Bei der SPD dagegen ist ganz offensichtlich aus einer ähnlichen Erkenntnis eine Hand­ lungsorientierung geworden. Und selbst wenn es richtig wäre, daß die . Parteifüh• rungnuraus wahltaktischen Gründen eine SPD-Kanzlerkandidat Vogel: .. hat sie ihren Willen zur Reform wieder klarer formuliert" stärkere Einflußnahme der fortschrittli-

20 Wirtschaftskrise und christlich-konser­ vative Regierungspolitik fuhren auch im Bereich der Gleichberechtigung von Frau und Mann zu einer Wende. Mit dem Segen der Kirche werden die Frauen wieder in die Küche und zu den Kindern gedrängt.

Der christliche Übergangsminister Blüm hatte schon 1981 erklärt, worauf es der neuen Regierung ankommt: "Die Mutter ist unersetzlich. Ihr ist der höchste Wert anvertraut, den wir auf Erden besitzen: die menschliche Sub­ stanz. Sie ist dadurch in besonderer Wei­ se dem Leben und seiner Entfaltung ver­ bunden. Die Erkenntnisse über die Natur des Menschen enthalten mehr als einen Hinweis darauf, daß das Kind mehr ver- . langt als Nahrung, Pflege, Schutz und Bil­ dung. Das Kind sucht die Mutter als Mut­ ter. Dieser Trieb ist dem Menschen aus Überlebensgründen einprogrammiert. Das ' Kind braucht zumindest in den ersten Le­ . bensjahren die Mutter ganz." Und weil dies so ist, "ist es nicht Auf­ gabe der . Politik, auch noch die letzte Frauendemonstration 1928 in Leipzig: Der Kampf gegen den § 218 hat für die Frau in das Erwerbsleben zu drängen." Frauenbewegung schon seit dem letzten Jahrhundert einen zentralen Stellenwert Und auch: "Mutterarbeit führt zur Selbstverwirklichung der Frau." Das heißt dann, die Frauen, die keine Mutterarbeit leisten, können sich nicht selbstverwirk Iichen. Was wie eine Satire klingen · mag, Wende droht dennoch bittere Wahrheit zu wer­ den. zur Hatten die Frauen in der Regierungser­ klärung Helmut Schmidts 1980 noch ein eigenes Kapitel "Chancen der Frauen", in dem unter anderem auch die Prüfung ei­ Frauenfeindlichkeit nes Antidiskriminierungsgesetzes zugesagt war (was auch wirklich geschah und ver­ sucht wurde umzusetzen), so kommen sie in der Regierungserklärung des Über• "Am 27. Oktober hat das Bundeskabi­ Haushalt gehören, die (irgendwo müssen gangskanzlers Helmut Kohl lediglich un­ nett beschlossen, die Kosten flir legale wir schließlich sparen) dem Rotstift zum ter dem Punkt "Familie" vor. Schwangerschaftsabbrüche und legale Ste­ Opfer fallen werden." (IFPA, Informa­ Kein Zufall dürfte es sein, daß in die­ rilisationen nicht mehr über die Beihilfe tionsdienst FrauenPresse-Agentur,7.12. ser Passage auch der "Geburtenrückgang für die Angehörigen des Öffentlichen 82) in der Bundesrepublik Deutschland und Dienstes abrechnen zu lassen. Am 8.12. Eine Reihe der bisherigen Streichbe­ seine katastrophalen Folgen die Bundes­ hat sich der Innenausschuß des Bundes­ schlüsse der neuen Regierung haben be­ regierung mit großer Sorge erfüllen." tages mit der Frage befaßt, der aber kei­ reits jetzt unübersehbare negative Folgen Das Wort Gleichberechtigung taucht nerlei Zuständigkeit hat. Dort wurde sei­ für den Grundgesetzauftrag nach Gleich­ denn auch überhaupt nicht auf, geschwei­ tens der Regierung erklärt, daß nach einer berechtigung von Mann und Frau. Wenn ge denn die Verwirklichung eines Anti­ Anhörung der entsprechenden Verbände. z.B. weniger Geld in der Haushaltskasse diskriminierungsgesetzes, für das die Vor­ die Neuregelung vermutlich ab 1. Juni ist, weil das Bafög gekürzt wird, dann wende-F.D.P. seit 1978 gekämpft hatte. kommenden Jahres gelten wird . wird es so manche Entscheidung geben, Die Anzeichen mehren sich, daß die Mit dem fadenscheinigen Argument, daß nur der Sohn noch eine gute Ausbil­ CDU/FDP/CSU-Regierung entschlossen ein Schwangerschaftsabbruch sei keine dung bekommt, die Tochter jedoch zu­ ist, ihre Vorstellungen auch rasch in die Krankheit, will die Bundesregierung der rückstehen muß. Tat umzusetzen. Rechtskoalition die Leistungen der Kran­ Die wachsende Arbeitslosigkeit wird Der Kampf der Frauen um die Strei­ kenkassen und die Beihilfe für Angehöri• dazu führen, daß Frauen noch größere chung des Paragraphen 218, der den ge des Öffentlichen Dienstes abschaffen. Schwierigkeiten haben, sich in der Kon­ Schwangerschaftsabbruch unter Strafe Norbert Blüm, Bundesminister für Ar­ kurrenz um qualifizierte und gut bezahl­ stellt, hat für die Frauenbewegung schon beit und Sozialordnung, behauptet zwar te Arbeitsplätze zu behaupten. seit dem letzten Jahrhundert einen zen­ vorläufig noch, dies müsse der Staat denn Dafür hat die freidemokratisch-christ­ tralen Stellenwert. Die Kohi/Genscher­ eben - "wenn er ein solches Gesetz will" liche Koalition aber einen Ausgleich. Ein . Regierung hat bereits einen Beschluß ge­ - aus Steuermitteln bezahlen. Aber gera­ Bereich, der den Frauen bisher weitge­ faßt, wie die vom Bundesverfassungsge­ de ihm wird wohl keine Frau abnehmen, hend verschlossen war, dürfte sich auf­ richt zugelassene Reform des Paragraphen daß er sich dafür auch einsetzt. Dies wird grund der geburtenschwachen Jahrgänge zurückgedreht werden kann. nach dem 6. März dann zu den Posten im für die Frauen eröffnen: die Bundeswehr!

21

------~ ,...... •...... ~ ...... • Liberale Demokraten • • LD-Vorsitzender in NRW: Dr. Heiner Jüttner : Baden-Württemberg • Fast zweihundert Liberale Demokra- Vorsitzende solle bestimmen, was zu ma- • ten waren am zweiten Januar-Sonntag chen sei, sondern der Vorstand solle aus­ nach Münster gereist, um den Landesver- führen, was die Parteitage beschließen. band Nordrhein-Westfalen zu gründen. In guter liberaler Tradition bildet der Einigkeit Nach einer zum Teil hitzig-polemischen Landesverband NRW die stärkste Landes­ Debatte über die Frage der wahlbeteili- gliederu ng der LD. Bereits in mehr als der gung der Liberalen Demokraten am 6. Hälfte der Kreise und kreisfreien Städte w ar März wurde ein neunköpfiger Vorstand gründeten sich in den ersten beiden Mona­ gewählt. Mit großer Mehrheit wurde Dr. ten örtliche Gruppen. Der Bereich Nieder- • !:feiner jüttner aus Aachen zum ersten rhein (zwischen Mönchengladbach und Landesvorsitzenden der Liberalen Demo- Kleve) verfügt schon über ein flächendek• Trumpf kraten NRW gewählt. kendes Netz von Kreisverbänden. Im Sau - Friedrich Neunhöffer strahlte: "So ei­ Vor seiner Wahl ging Heiner Jüttner erland (zwischen Soest und Olpe) gibt es ne Mehrheit habe ich noch nie gehabt in zum Mikrophon und bat um eine gemein- dagegen bisher nur ein Dutzend verstreu­ same Denkpause. Er fragte die Anwesen- ter Einzelkämpfer. meinem Leben." Der 44-jährige Fach­ den, ob er wirklich der richtige Mann für Gleich nach dem Parteitag traf sich der hochschulprofessor aus Stuttgart war so­ dieses Amt sei. Schließlich hatte er weni- Landesvorstand, tauschte Adressen aus eben mit 53 von 56 abgegebenen gütigen ge Minuten zuvor in einer für inwichtigen und legte fest, wer für die Beseitigung Stimmen zum ersten Landesvorsitzenden Frage auf der Seite der Minderheit im welch er weißer Flecken auf der Partei­ der Liberalen Demokraten · Baden-Würt• Saal gestanden. Fast drei Viertel der Mit- Iandkarte verantwortlich ist. Das Verhält- • temberg gewählt worden. • glieder hatten sich gegen eine Beteiligung nis zu den Jungdemokraten war ein weite­ Ein noch besseres Ergebnis erzielte an der vorgezogenen Bundestagswahl aus- rer Gesprächspunkt. Bei den Wahlen zum dann Manfred Niefer, der erste Schatz­ gesprochen. Er hatte entschieden für eine Vorstand hatten dem Jungdemokraten­ meister des neugegründeten Landesver­ Kandidatur gefochten. Mehrere Wortmel- vorschlag sieben Stimmen gefehlt. Dies dungen machten dann jedoch deutlich, müsse wieder ausgebügelt werden, verstän• bandes. Er erhielt 56 Ja-Stimmen bei nur daß diese neue Partei eher stolz darauf digte man sich, schließlich wolle man einer Enthaltung. ist, wenn sie etwas anderes beschließt, als nicht so anfangen, wie die FDP aufgehört Ein allseitiges Bemühen um Eintracht • es der Vorsitzende vorschlägt. Nicht der habe . : bestimmte die Atmosphäre des 1. Landes­ , ...... ~ •.•...... •••••••. ..•.•.....••.•...... •...••.•••...••. ••... · parteitages der baden-württembergischen "Jedes Stimmergebnis der Liberalen De- kraten" klar die Oberhand. Bis auf weite- Liberalen Demokraten am 19. Dezember mokraten unter 5 % ist ~in Ergebnis zu- res hat auch in Baden-Württemberg jedes 1982 in Karlsruhe. Im offenkundigen gunsten der Raketenkoalitionäre Kohl/ Mitglied Teilnahme-, Antrags- und Stimm- Kontrast zu den teilweise quälenden Aus­ Genscher/Zimmermann", warnte etwa recht auf allen Landesparteitagen. einandersetzungen der letzten Monate in der Schriftsteller und Abrüstungsexperte Von den Wahlen zum Landesvorstand der FDP war man im Tagungsraum-dem Georg Schmige die Versammelten. sei noch etwas nachgetragen. Noch je- spartanisch eingerichteten Saal einer Gast­ Letztlich setzten sich die Befürworter ei- · mand hatte nämlich an diesem Dezember- stätte nahe dem Badischen Staatstheater ner Wahlbeteiligung dann doch mit klarer tag allen Grund zum Strahlen. Zur Wahl -sichtlich nach Harmonie bestrebt. Mehrheit durch. (Auf ihrem eigens dafür hatten am späten Nachmittag noch sieben Ganz ließen sich die Konfliktpunkte einberufenen 2. Landesparteitag wählten stellvertretende Landesvorsitzende gestan- der neuen Partei allerdings nicht verber­ die Liberalen Demokraten Baden-Würt- den, die in einem Wahlgang und mit der gen. Friedrich Neunhöffer, auch einer der temberg am 9. Januar - eine Woche vor . Möglichkeit der Stimmenkumulierung be- elf stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Entscheidung durch den Bundespar- stimmt werden sollten. der Liberalen Demokraten, schnitt den er­ teitag - "vorsorglich" sogar schon die Fast alle Kandidaten hatten seit langen sten und derzeit gewichtigsten schon in Landesliste für die Bundestagswahlen.) . Jahren in der FDP für liberale Politik ge- seinem Eröffnungsreferat an. Bei den vor­ Für Zündstoff sorgten auch einige Pas- stritten und waren daher gut bekannt. Su- gezogenen Bundestagsneuwahlen am 6. sagen der vorläufigen Landessatzung. !;:i- sanne Reimer, die 25-jährige Kreisvorsit- März wolle man mit einer eigenen Liste nige Liberale Demokraten sahen statt der zende der Jungdemokraten in Freiburg, antreten, ohne Rücksichtnahme auf SPD im Entwurf vorgesehenen Landesmitglie- hatte es da (obwohl nur noch eine weitere und Grüne und deren Chancen, zusam­ derversammlungein Delegiertentreffen als Frau kandidierte und deshalb mit einem men mehr Stimmen als die derzeitige die adäquatere Form künftiger Landes- gewissen Bonus ausgestattet) schwerer. Rechtskoalition zu gewinnen. Einzige parteitage an . Schon wegen der zu erwar- Sie hatte in einer Genscher- und Lambs- Voraussetzung für eine Wahlbeteiligung tenden Mitgliederentwicklung sei eine dorff-Partei nie Mitglied werden wollen sei, daß die Liberalen Demokraten dem Mitgliederversammlung nicht der geeigne- und war der FDP deshalb ferngeblieben. Bürger ein "seriöses Angebot" vorlegen te Rahmen für weitere Treffen auf Lan- Fast keiner rechnete mit ihrer Wah l, könnten. Daran zweifle er in Baden-Würt• desebene. Eine Konferenz der gewähl- und eben deshalb wählten fast alle sie . Als temberg nicht. ten Repräsentanten der Kreisverbände ausgezählt wurde; war die Sensation per- Der spätere Landesvorsitzende fand werde, so ein zweites Argument, auch Zu- fekt: Mit 65 Stimmen ließ sie den Zweit- mit dieser Position keine ungeteilte Zu­ fallsmehrheiten verhindern. Die Befür- plazierten, den Unternehmensberater Ul- stimmung. Horst Mack, Jungdemokrat worter des basisdemokratischen Prinzips rich Drescher, ebenfalls Freiburg, um 15 und Rechtsanwalt aus dem ostwürttem­ drehten den Argumentationsspieß herum : Stimmen hinter sich, der Abstand zu den bergischen Heidenheim, schilderte den Auf einer Landesversammlung aller Mit- Dritt- und Viertplazierten Ulrich Schmol- Hindernislauf, den das Bundeswahlgesetz glieder seien die Willensbildung unmittel- zi, Mannheim, und John Williams, Heide I- einer neuen Partei allein zur Wahlzulas­ barer und Ablauf und Ergebnisse der Dis- berg, betrug weitere sechs bzw. sieben sung durchzustehen aufgibt. Sein Fazit: kussionen offener; zwar vielleicht nicht Stimmen (die we.iteren stv. Landesvorsit- Eine Beteiligung an den Bundestagswah­ vorherbestimmbar, aber sicher auch nicht zenden: J utta Dingler, Ulrich Pfeifer, len ist organisatorisch für die Liberalen vorherbestimmt, wie bei vielen zuvor Rolf Thilenius). Demokraten in der Kürze der Zeit nicht "ausgemauschelten" Ergebnissen auf Die Flasche Sekt, die Susanne Reimer mehr zu schaffen. Andere verwiesen auf FDP-Landesparteitagen. auf ihre Nicht-Wahl gewettet hatte, trin- die 5-%-Hürde und deren fatale Folgen: Am Ende behielten die "Basisdemo- ken nun ihre Freunde aus Freiburg.

22 Liberale Demokraten Bremen: recht im Mittelpunkt der Beratungen. Mit einer Diskussionsveranstaltung (wahr­ scheinlich dabei: der ehemalige Hambur­ ,ger Justizsenator Ulrich Klug) wird man Ämterhäufung unerwünscht sich noch vor der parlamentarischen Be­ handlung des Gesetzentwurfs durch die Wie schafft man es, effiziente politi­ ben sich die Bremer Liberalen Demokra­ Bürgerschaft in der Öffentlichkeit zu sche Arbeit mit durchgängiger demokrati­ ten Jugendarbeitslosigkeit und Bildungs­ Wort melden. Die liberalen drucksachen scher Willensbildung zu verbinden? Die politik ausgesucht. werden in der nächsten Ausgabe über den Liberalen Demokraten in Bremen versu­ Im Januar steht dann als vorrangiges Verlauf und die Ergebnisse der Diskussion clien dies u.a. mit einer Satzung zu errei­ Thema das geplante neue Bremer Polizei- berichten. chen, die deutlich auf Basisorientierung angelegt ist. Oberstes Organ des Landesverbandes ist die Mitgliederversammlung, auf der je­ des Mitglied Teilnahme-, Stimm' und An­ tragsrecht hat. Ungewöhnlich und überle• genswert ist ein Passus, der bei der Bera­ tung von Anträgen die Aussetzung der Be­ schlußfassung bis zur nächsten Mitglieder­ versammlung ermöglicht, sofern 10% der Anwesenden dies verlangen. · Besondere Satzungsregeln sollen die Anbindung der gewählten Funktionsträ• ger an die Basis gewährleisten. So ist die Möglichkeit der Wiederwahl von Vor- . Standsmitgliedern eingeschränkt und Äm­ terhäufung per Satzung für unerwünscht erklärt worden. · Jedes Jahr wird der "Sprecherr

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Die rechtsliberale Deutsche Volkspartei empfahl sich im Wahlkampf 1933 (wie hier in .einer Son­ derausgabe ihres Parteiblattes) als dritte nationale Kraft neben Deutschnationalen und NSDAP.

25 Der Robinsohn/Strassmann-Kreis Liberaler Widerstand gegen das NS-Regime . "Eine liberale Widerstandsgruppe und ihre Ziele", überschreibt Wolfgang Benz in den sätzlich wurden die Vorträge und Diskus­ Vierteljahresheften für Zeitgeschichte (3/81) einen Artikel über eine weithin unbekannte sionen in teuren Lokalen veranstaltet, die Gruppe, die sich als Opposition gegen das faschistische Regime in Deutschland verstand. Gruppe wollte auch klein bleiben und ln einer Zusammenfassung seines Beitrags stellen wir Entstehung und Arbeit dieser hatte mit Absicht den farblosen Namen Gruppe vor. gewählt, "um von vornherein alles Theo­ Die Keimzelle des Widerstandskreises des Freundeskreises gegeben, Hamburger retisch-Programmatische, das erfahrungs­ war der Hamburger "Klub vom 3. Okto­ Lokalkolorit gehörte ebenso dazu wie ei­ gemäß untaugliche Leute anzieht und zu ber". Gegründet hatten ihn sieben junge ne gewisse politische Romantik. ln der unfruchtbarer Diskutiererei führt, vom Leute mit politischer Ambition, entschie­ Vorgeschichte des Klubs hatte nämlich Klub fernzuhalten". Der "Linken" in dene Demokraten und Republikaner, die die Idee, Harnburg zur republikanischen Deutschland sollten neue Kräfte, neue sich als Linke in den beiden Parteien SPD Schutzburg auszubauen, die einer aber­ "Führer" zuwachsen; sie sollten im Klub und DDP verstanden. Heinrich Landahl, mals vor Putschisten fliehenden Reichsre­ vom 3. Oktober ihre "Kräfte üben und die treibende Kraft im Klub, war Studien­ gierung Zuflucht bieten würde, eine ge­ sammlen können", um den Demokraten,. rat und ab 1926 Leiter des Hamburger wisse Rolle gespielt. den Sozialdemokraten und dem Zentrum Reformgymnasiums, der Lichtwarkschu­ Nach der Überzeugung der Klubgrün• nach dem Motto "men not measures" le. 1924 wurde er, 29-jährig, jüngstes Mit­ der waren nach dem Kapp-Putsch zwar neue lmp.ulse zu geben. glied der Bürgerschaft für die DDP. die "republikanisch-demokratischen For­ Einfluß und Wirkung des Klubs blie­ Die Gründung des Klubs am 3. Okto­ men" erhalten geblieben, "aber eine wirk­ ben überwiegend auf Harnburg be­ ber 1924 - der Name enthielt keine pro­ liche Republik, die von rechts noch hätte schränkt. Den spektakulärsten Erfolg er­ grammatische Anspielung auf irgend ein angegriffen werden können, existierte lebte der Klub 1926, als er ein im Reichs­ historisches oder politisches Datum - ge­ nicht mehr". Der Klub , der sich .als Ar­ ministerium des lnnern .geplantes Ausfüh• schah aus Verdruß über die politische At­ beitsgruppe republikanischer, aktiv demo­ rungsgesetz zum Artikel 48 der Reichsver­ mosphäre, über die "stille und legale kratischer junger Politiker definierte, die fassung verhinderte. Auf diskreten Wegen Rechtsentwicklung" in der Weimarer Re­ in ihren Parteien tätig waren und als war der Gesetzentwurf in den Klub ge­ pub! ik . Der Kapp-Lützwitz-Putsch 1920, Freundeskreis in sie hineinwirken woll­ langt, einige Mitglieder unterzogen ihn in der Rathenau-Mord und der Hitler-Putsch ten, hatte elitäre Züge und entbehrte auch einem Memorandum fundamentaler Kri­ 1923 hatten Anstöße zur Organisation nicht einer konspirativen Note. Grund- tik. Entwurf und Memorandum wurden vom Oktoberklub auf einer Pressekonfe­ renz in Berlin präsentiert. Alle Nachrich­ tenbüros und die großen Zeitungen waren vertre(en und berichteten. Die Entrüstung war beträchtlich, das Reichsministerium ... des Innern mußte dementieren. Das Ge­ setz, das den militärischen Behörden grö• • ßere Machtbefugnisse gebracht hätte, kam nicht zustande. Der Klub, der in seinen besten Zeiten 100 Mitglieder hatte, hielt auf die Dauer den Friktionen des parteipolitischen En­ gagements der Mitglieder nicht stand. Ab 1928 entzweite der Streit um den Panzer­ kreuzer A auch die Klubmitglieder. Par­ teidisziplin und Klubidee brachten etliche in unlösbare Konflikte. · Der Papen-Streich vom 20. Juli 1932, der Anfang vom sichtbaren Ende der Wei­ marer Republik, gab wieder Anlaß, über Widerstandsaktivitäten gegen die Zerstö­ rung der Republik nachzudenken. lnzwi­ schen hatten freilich auch aus dem Ham­ burger links-demokratischen Freundes­ kreis der frühen 20er Jahre einige den Sündenfall der Liberalen von 1930 mit­ gemacht und sich der "Deutschen Staats­ partei", dem merkwürdigen Konglomerat aus DDP, Volksnationaler Reichsvereini­ gung und JungdeUtschem Orden, ange­ ·: --...... -..... ;. schlossen. , 4 ' " Ernst Strassmann und Hans Robin­ ' sohn als kompromißlose Demokraten Der Streit um den Panzerkreuzer A entzweite auch die Linksliberalen waren nicht auf die Staatsparteilinie ein-

26 geschwenkt, sie waren auch nach dem 30. hatte seinen Versuch beendet, seine Ham­ Kanzlers Karl Renner anzuknüpfen. Vor Januar 1933 nicht zur Anpassung an die bUrger Firma trotz der Schikanen und allem aber nahm Strassmann 1938/39 Verhältnisse bereit. Schon im Frühjahr Willkürmaßnahmen des Regimes fortzu­ Kontakt zu anderen Widerstandsgruppen 1934 verständigten sich der Berliner führen. Als "jüdischer Betriebsführer" auf. Über Fritz Elsas gab es Beziehungen Landgerichtsrat und der Hamburger Ge­ aufgrund des ''Gesetzes zur Ordnung der zum Goerdeler-Kreis, zur Militäropposi• schäftsmann darübor. ·Sie waren seit 1919 nationalen Arbeit" von 1934 hatte er den tion führte der Weg über Hans von Doh­ befreundet, beide hatten sie ausgespro­ Familienbetrieb bis zum November 1938 nanyi. Der Referent im Reichsjustizmini­ chen politisches Temperament. Mit unge­ geschickt an den zahllosen arbeitsrechtli­ sterium, Reichsgerichtsrat und - nach wöhnlicher Zivilcourage, auch mit Kamp­ chen, finanziellen und politischen Klip­ Kriegsausbruch - Mitarbeiter von Oster feslust ausgestattet, waren sie entschlos­ pen der ersten Jahre nach 1933 vorbeige­ und Canaris in der militärischen Abwehr, sen, den 1919 begonnenen Widerstand ge­ steuert. Unter konsequenter Berufung auf hatte schon dem Oktoberklub nahege­ gen die Restaurationstendenz der ersten {nationalsozialistisches) Recht und Ge­ standen. Zur Bekennenden Kirche, na­ Republik gegen den Nationalsozialismus setz vertrat er die Interessen der Firma mentlich zu Eugen Gerstenmaier, aber fortzusetzen. Bei aller Neigung {und Not­ bei Arbeitsgerichtsprozessen, verweigerte auch zum Katholiken Joseph Wirmer im wendigkeit} zur konspirativen Tätigkeit er der NS-Betriebszelle Versammlungen Goerdeler-Kreis, unterhielt der Si:rass­ lehnten sie gewaltsame, schnelle, vorder­ in den Geschäftsräumen, ignorierte er mannkreis Beziehungen über Paul Pagel. gründige Aktionen ab . Sie verstanden sich Aufforderungen, "Adolf-Hitler-Spenden" Strassmann selbst stand in gutem Kontakt unbedingt als Bürgerliche, sie waren nicht zu zeichnen. Robinsohns Position war be- zu Gewerkschaftern, vor allem zu Wil- bereit, mit den Nationalsozialisten bei der Vernichtung von Wertvorstellungen in Konkurrenz zu treten, auch nicht im Kampf gegen deren Tyrannei. · Die .Aktivitäten des Kreises bestanden zunächst in der Sammlung, Sichtung und Weitergabe von Material gegen das NS-Re­ gime. Außerdem bemühten sich Strass­ mann und Robinsohn um den Aufbau einer Gruppe von Vertrauensleuten. Die Kontakte aus der Zeit des Oktoberklub s bildeten den Grundstock; aus ehemali­ gen Mitgliedern und Gästen und ihnen po­ litisch Nahestehenden wurde so allmäh• lich ein Netz geknüpft, das schließlich et­ wa 60 vertrauenswürdige Personen im ganzen Reichsgebiet umfaßte. Es waren überwiegend Linksliberale. Schwerpunkte waren zunächst Berlin und Norddeutsch­ land . ln Harnburg gab es z.B. Beziehungen zu einer Gruppe ehemaliger Mitglieder der DDP, die einen "Verein der Hafenfreun­ de" zur Tarnung ihrer politischen Diskus­ sionen gegründet hatten. Der wichtigste Draht nach Süddeutsch• land führte zu Thomas Dehler, der nach Reichskanzler Hitler und Reichspräsident v. Hindenburg während des Staatsaktes in 1938 die Organisation vor allem in der Potsdamer Garnisonskirche: Drei Tage später stimmte der Rechstag dem Ermächti• Bayern ausbaute. Strassmann, Robinsohn gungsgesetz zu, das die Demokratie abschaffte. ·. und Dehler kannten sich seit 1920, Deh­ stimmt von der Äbsiclit, innerhalb des · heim Leuschner. ler war korrespondierendes Mitglied im vom Regime gezogenen Rahmens Wider­ Bis Ende 1938 bestand die oppositio­ Oktoberklub gewesen. Verbindungsmann stand zu leisten durch Ausnutzung der nelle Tätigkeit hauptsächlich im Aufbau nach Süddeutschland war der Bamberger noch vorhandenen Legalität, ohne An­ des Netzes von vertrauenswürdigen Mit­ Rechtsanwalt J osef Lodgar, der sich vom biederung oder Konzessionen, die über­ arbeitern. "Es versteht sich von selbst, NSDAP-Mitglied vor 1933 zum engagier- · dies nutzlos und unglaubwürdig gewesen daß die Organisation sehr sorgfältig den ten Feind des NS-Regimes gewandelt hat­ wären. Es war der mutige - Robinsohns Bedürfnissen nach tu nl ichster Absiche­ te; er siedelte 1940 nach Berlin über und Temperament · nach freilich selbstver­ rung der gesamten Arbeit angepaßt wer­ organisierte auch in Hannover eine Grup­ ständliche - Versuch eines Bürgers, sich den mußte. Wir entwickelten, wie das pe. Ein anderer Bamberger Kollege Deh­ zu behaupten, die verbliebenen Rechte auch bei anderen Widerstandsgruppen lers, Hans Wölfel, wurde im Herbst 1943 in Anspruch zu nehmen und zu verteidi­ der Fall war, das sogenannte Schotten­ verhaftet, vom Volksgerichtshof verurteilt gen, dabei unbeirrt weiterhin aufrecht­ system, d.h. die Aufteilung unseres Mit­ und hingerichtet. Zu den engsten Vertrau­ zugehen und damit ein Beispiel zu geben. arbeiterkreises in zahlenmäßig kleine Ab­ ten Dehlers gehörte der Oberpostrat Nach dem November 1938, als die diskri­ teilungen, in denen immer nur ein Mit­ Hanns Hundt. Er leitete· das Bamberger minierenden Gesetze und Verordnungen glied dieser Gruppe die Verbindung mit Telegrafenamt, und über ihn sollte der durch offene Gewalt ersetzt wurden, ent­ mir kannte und aufrechterhielt. Es war Zugriff zu Nachrichtenverbindungen er­ schloß sich Robinsohn, nach kopenhagen außerdem notwendig, daß besonders ver­ folgen; er hätte im "Ernstfall" die tech­ zu emigrieren. trauenswürdige Mitarbeiter durch eine nischen Möglichkeiten zu Rundfunksen­ Die Leitung des oppositionellen Krei­ entsprechende Reisetätigkeit Nachrichten dungen gehabt. ses lag nun in Strassmanns Händen allein. an die Leiter der einzelnen Abteilungen · Ende 1938 emigrierte Hans Robinsohn Es gelang ihm, auch Verbindungen nach übermittelten.'' nach Dänemark. Die 'Reichskristallnacht' Österreich zur. Umgebung des ehemaligen Es wäre falsch, aufgrund dieser Dar-

27 stellung Strassmanns aus dem Jahre 1948 Erliegen. Strassmann hat später versucht, nach dem 20. Juli ins Rampenlicht; einen zur Perfektion gediehenen Organisa­ den Kreis als "Bindeglied der militäri• schließlich sorgten einige nach 1945 tionsstand der Gruppe zu vermuten. Für schen und der politischen Opposition" zu selbst für Publizität. die konspirative Arbeitsweise des Kreises definieren. Der Verzicht auf ideologische Der 20. Juli und sein Umfeld als we­ ist die Schilderung aber völlig zutreffend. oder parteipolitische Bindungen sollte ei­ nigstens moralischer Erfolg der konserva­ Robinsohn bestätigte in einem Bericht ne "vermittelnde Schlüsselstellung" er- tiven Widerstandsbewegung absorbierten 1979, "daß niemand über alle Einzelhei- nach 1945 zunächst fast auschließlich das . ten von Kontakten ganz ins Bild gesetzt Interesse der Historiker und der Öffent~ wurde. Ich bin z.B. September 1939 von IiehkeiL Später fanden auch die meist na­ einem Mann aus Berlin in Kopenhagen menlosen Gruppen des Widerstands der aufgesucht worden, von dem ich absolut Arbeiterbewegung Aufmerksamkeit. Sei­ keine Kenntnis hatte. Er konnte sich de Richtungen hatten in der Nachkriegs­ aber als Mitglied des Kreises einwandfrei zeit Resonanz, sie erhielten Funktionen ausweisen, da Strassmann und ich Verab­ bei der moralischen Legitimation 'des Wie­ redungen für einen solchen Fall getroffen deraufbaus zugewiesen und sie boten ge­ hatten. Dieser Herr Schubert war einer nügend ldentifikationsmöglicheiten in der von den Bekannten von Fritz Elsas, der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Die li­ nach Kopenhagen reisen konnte, weil ei­ beral-demokratische Opposition, die kei­ ner seiner Söhne dort in . der Gold­ ne Aktionen aufzuweisen hatte und pro­ schmiedlehre war. Herr Schubert hat grammatisch isoliert blieb- das bewiesen mich dann Anfang November 1939 ein die Wiederbelegungsversuche des Klubs weiteres Mal aufgesucht und mir sehr vom 3. Oktober in der Bundesrepublik wichtige Mitteilungen aus Berlin über• zwischen 1954 und Ende der 60er Jahre bracht, die ich mit Jacobsens Hilfe, der :_,geriet vollständig in Vergessenheit. damals in Stockholm war, an englische Die Denkschrift Robinsohns sollte im Geheimdienststellen weitervermitteln Ausland übe r Möglichkeiten und Schwie­ konnte." rigkeiten oppositioneller Arbeit in Im Februar 1939 reiste Robinsohn Thomas Dehler: Der spätere FDP-Vorsit­ Deutschland unterrichten. Sie sollte auch von Kopenhagen nach London, um mit zende und Bundesjusitzminister gehörte den Kreis bekannt machen - daß in dem Hllfe Robert Kaufmanns (politischer zu einem Kreis des unbedingten Wider­ Schriftstück keine Namen genannt sind, Mentor Strassmanns. und Robinsohns, standes. versteht sich von selbst - und sie sollte 1933 nach Großbritannien emigriert) Ver­ Verständnis wecken. Bald nach der Nie­ bindung zu britischen Stellen aufzuneh­ möglichen. Der spätere Bundesjustizmini­ derschrift brach der Zweite Weltkrieg aus, men. Ende Mai 1939 fand dann ein Tref­ ster und FDP-Vorsitzende Dehler hatte fen mit Vertretern des Secret Service den Widerstandskreis in einigen · Sä'tzen, statt, an dem außer Robinsohn und Kauf­ bestimmt für den Bayerischen Rundfunk, mann auch Strassmann und Paul Pagel 1964 gewürdigt: "Seit Mitte der dreißiger teilnahmen. Die mehrtägigen Besprechun­ Jahre gehörte ich i:u einem über das ganze gen brachten aber kein Ergebnis: Die Eng­ Reich· verstreuten Kreis freiheitlicher länder interessierten 'sich für militärische Menschen, einem Kreis des unbedingten Informationen, die die Deutschen nicht Widerstandes. Über den Berliner Richter bieten konnten, die Deutschen wollten . Dr. Ernst Strassmann stand er in Verbin­ Geld für ihre politische Arbeit - aber zu dung mit dem Leipziger Oberbürgermei• wenig. Es schien so, als wäre der Secret ster Dr. Karl Goerdeler und mit dem Ge­ Service bereit, größere Summen auszuge­ neralobersten-Beck in Berlin. Er traf sich ben für die Beschaffung von Waffen und in regelmäßigen Zusammenkünften in zur Untersützung gewaltsamer Aktionen Hambu'rg und Berlin; sie galten nicht so in Deutschland. Das hatten die Männer sehr dem Umsturz - er konnte nur durch des Strassmann-Kreises aber nicht ·im eine Aktion der Soldaten ausgelöst wer­ Sinn. Man. trennte sich unverrichteter den - , sondern der Ordnung der deut­ Dinge. schen Dinge danach." Unter de_m Eindruck des Krieges wur­ Im Vergleich zu den auf Aktionen zie­ de der Strassmann-Kreis aktivistischer, lenden Widerstandskreisen, den Männern wohl auch ungeduldiger; die Querverbin­ des 20. Juli, der Roten Kapelle, der Wei­ dungen zu anderen Widerstandskreisen ßen Rose, den gewerkschaftlichen, sozial­ Hans Robinsohn: Seine umfangreiche wurden in gleichem Maße gefahrlicher. Im demokratischen und kommunistischen Denkschrift sollte im Ausland über Mög• August 1942 war des Sohn des Aschaffen­ Widerstandsgruppen, · nahmen sich die lichkeiten und Schwierigkeiten opposi­ burger Rechtsanwaltes Fritz Koch in die "Aktivitäten" des Strassmann-Kreises be­ tioneller Arbeit informieren. Das Memo­ · Hände der Gestapo geraten. Er hätte als scheiden aus. Weil sich die Mitglieder randu·m fand aber nach Ausbruch des Kurier des Strassman.n-Kreises zu Henning bewußt darauf beschränkten, für die poli­ Weltkrieges kaum noch Adressaten und erfüllte deshalb seinen Zweck nicht. von Tresckow zur Heeresgruppe Mitte ge­ tische Neuordnung nach einem Umsturz hen sollen. - den das Militär herbeiführen sollte- zu · das Memorandum fand kaum noch Adres­ Unmittelbar darauf wurde in Dömitz planen, sind sie von den Historiographen saten unct' erfüllte seinen Zweck nicht. an der Eibe in der Wohnung Paul Rei­ des Widerstands nie beachtet worden. Für Auszüge aus dieser Denkschrift doku­ cherts, eines Mitglieds des Kreises, auch die Kreisauer hätte vermutlich dasselbe mentieren wir in der nächsten Ausgabe Ernst Strassmann .verhaftet. Er blieb bis gegolten, aber die Mitglieder dieses Krei­ der liberalen drucksachen. Kriegsende im Gewahrsam der Geheimen ses waren viel prominenter, viele schlos­ Staatspolizei. Die Tätigkeit des Wider­ sen sich nach der Verhaftung Graf Molt­ Wir danken Verfasser und Verlag für die freund­ standskreise.s kam damit praktisch Zl!m kes der Goerdeler-Gruppe an und gerieten liche Genehmigung zum Abdruck des Beitrags.

28 nikationstheoretische Laien: die Leute Satire im Fernsehen­ hören eh' nur das, was sie hören wollen}, aber um ihren Förderern zu gefallen, die sie in ihre hochrangigen Positionen ge­ Fernsehen als Satire hievt haben, vergessen sie ihren gesetzlich vorgeschriebenen Auftrag, nämlich Pol i­ tik, Kultur und Unterhaltung zu vermit­ teln. Hanns-Dieter Hüsch rief den Inten­ danten des Fernsehens im Fernsehen lei­ Es ist komisch, aber nicht zum Lachen: ganze schöne Wahlergebnis ist futsch. Im denschaftlich zu: "Genehmigt den . freien Die rechten Fernseh-Funktionäre, die sich Ernst - da gibt es Regale voll wissen­ Geist, wenn ihr noch wißt, was Freiheit bei ARD-Abstimmungen inzwischen ihrer schaftlicher'Abhandlurigen über di.e "kog­ · heißt!" Gut -aber was, wenn sie es nicht Mehrheit so sicher sein können wie Gen­ nitive Dissonanz" (übersetzt für ~ommu- wissen? scher in der FDP, liefern pausenlos satiri­ sche Beiträge und verhindern; ebenso ge­ schäftig, daß Satire im Fernsehen gesen­ det wird, selbst wenn sie in der milden For.m des Kabaretts auftritt.

Unmittelbar vor der Harnburg-Wahl blendete sich der Hamburger Sende aus der Übertragung eines Kabarett-Abends der Münchner Lach- und Schießgesell• schaft aus. Intendant Räuker praktizierte vorbeugenden Gehorsam. Er oder ein sub­ alterner Referent hatte versucht, gedank­ lich vorwegzunehmen, was die CDU ver­ langen könnte. Ernstgemeint oder gut ge­ spielt hatte Kandidat Kiep für sol che Kleingeisterei nur ein müdes Lächeln üb• rig. Den betroffenen Zuschauern half das nichts. So blieb den Kern -Hamburgern vor der Wahl das verborgen, was die Rand-Hamburger über die schleswig-hol­ steinischen und die niedersächsischen Sender desselben NDR sehr wohl sehen konnten. Gleichfalls vor der Harnburg-Wahl ~·································································· durfte ein Filmbericht über "den Mann • an ihrer Seite", über das liberale Ehepaar Programmhinweis für den &.März: · .• Schuchardt, nicht ausgestrahlt ,werden, • weil Helga Schuchardt die FDP geärgert • und sich öffentlich zu der MeiniHJg ver­ ln ARD und ZDF: Die 4711-Runde stiegen hatte, bei dieser Harnburg-Wahl wäre es wohl am besten, die SPD zu wäh• " Immer dabei" ist der alteingeführte Schlimm hingegen ist, wie die Fern­ len . We rbeslogan für 4711. Auch bei der sehanstalten die Parteien in der Zutei­ Höhepunkt der Real-Satire in deut­ Fernsehdiskussion am 6. März dürften lung von Fernsehspots bedienen. Nach schen Fernseh-Anstalten: der publikums­ ARD und ZDF wieder so verfahren. allem, was man weiß, soll es unverändert wirksame Streit um Dieter Hildebrandts Unjournalist isch, wie es unjournali­ beim Schlüssel 9 SPD, 9 CDU, 5 CSU 'Scheibenwischer'. Ein Aspekt blieb dabei stisch er kaum mehr geht, werden sie um und 5 FDP bleiben. Umgerechnet auf bislang unbeachtet, wie stillos die vorder­ Viertel nach acht beieinandersitzen und Regierung und Opposition ergibt sich al - gründig (in ihrer Mehrheit jedenfalls) mit Antworten geben, nach denen niemand so eine Relation von 19 zu 9 - und die ­ dem Verfassungsorgan "Bundespräsident gefragt hat. Brandt, Kohl (oder sein al­ ses Verhältnis ist im Parlament auch der Bundesrepublik Deutschland " umge­ ter ego Geißler}, Strauß (oder sein alter nicht annähernd gegeben. Viele in Bonn sprungen sind. Als sie entschieden, am ego Stoiber} und Genscher (der muß sind der Meinung, es wäre an der Zeit, 22. j anuar. - mehr als sechs Wochen vor schon selber, denn sein getreuer Günter die Zuteilung grundsätzlich zu überden• dem 6. März -sei es denn doch politisch • ist ihm abhanden gekommen}. Und än• ken. Denn Neuwahlen sollten Neuwah­ zu heiß für Satire, hatte der Bundespräsi• dern wird sich nichts, auch 'wenn die len sein und keine Fortschre·ibung frühe• dent noch gar nicht unterschrieben, was Grünen inzwischen in mehr Landesparla­ rer Wahlergebnisse. Chancengleichheit . das Bonner/Münchner Allparteienkartell menten vertreten sind als die FDP. Aber sollte also zumindest fürdie Parteien ge­ ihm in die Unterschriftsmappe geschoben das alles ist nicht so schlimm, wenn man geben sein, die gleichviele Direktkandi­ hatte. Wirklich korrekte Menschen konn­ . mal davon absieht, daß sich ein ganzes daten aufgestellt haben. Aber das müßte ten also nicht davon ausgehen, daß am 6. Fernseh-System ad absurdum führt. Wer den Sachwaltern der Etablierten in den • März Bundestagswahlen stattfinden. wollte bestreiten, daß die CSU mehr Funkhäusern die Haare zu Berge stehen Politisch brisanter ist jedoch, welche zum Hamburger Wahlergebnis zu . sagen lassen: Nach einem solchen Schlüssel be­ Vorstellung objektiv mächtige Männer hat als die Grünen, wußten doch schon käme am Ende die DKP mehr Spots als (Männer - was denn sonst!} vom poli­ die Alten: Klar siehet, wer von ferne sie­ die CSU . Nicht möglich.,. tischen Verhalten der Wähler haben: ein het. falsches Wort zur rechten Zeit, und das ~ ...•...... •.•..•.....•...... •...... ,

29 Der oberste Un1vveltschützer der Nation Friedrich Zimmermann hat die Liebe zum deutschen Wald entdeckt

Kaum zu glauben: Der neue Bundesin­ jeder Irrtum ausgeschlossen. von den drei Regierungsparteien mit den nenminister zeigt sich in grünem Gewand. Der deutsche Wald steht schwarz und Plänen einer Großfeueru ngsanlagen-Ver­ Kontinuität in der Umweltpolitik hatte leidet. Das setzt Emotionen frei, da wer- ordnung Ernst macht. er versprochen, und da war ich zunächst . den Gefühle wach, da ist das Thema "sau­ Das Publikum wird es halb erstaunt, noch skeptisch. "Wer glaubt, Umwelt­ rer Regen" allemal gut, "eine Bresche für halb betört zur Kenntnis nehmen. Das ist schutz werde zurückgedreht", so seine die Nutzung der Kernenergie zu schlagen" noch einmal ein gestandener Umweltpoli­ Worte bei Amtsantritt, "der irrt". Und (so Zimmermanns Parteifreund Hans Ei­ tiker, dieser Herr Zimmermann, werden auch noch: Umweltschutz-Maßnahmen senmann, Staatsminister für Ernährung, sie sagen. seien "kein überflüssiges Investitions­ Landwirtschaft und Forsten in Bayern). Doch damit nicht genug: ln der aller- hemmnis". ln der Welt las sich das, aus seinem Munde, kurze Zeit später ganz anders: "Übersteigerte Umweltregelungen vertragen sich nicht mit dem vorrangigen Ziel, die Zahl der Arbeitslosen zu ver­ mindern." Da hatte sich Zimmermann wohl geirrt. Er weiß aus Erfahrung, daß man sehr leicht einmal Irrtümern erliegt, wenn es die Umstände erforderlich ma­ chen. Irrtum hin oder her - seinem Kanzler nötigte er für dessen Regierungserklärung die Erklärung ab, er, Helmut Kohl (und damit auch Friedrich Zimmermann), "bit­ te alle Bürger, den Schatz unserer Natur, Boden, Wasser und Luft, pfleglich zu nut­ zen". Die Menschen draußen, in diesem, unsere m Vaterland, vernahmen es wohl­ wollend - und werden sich fortan daran halten . Zimmermann und sein Staatssekretär Spranger werden nicht müde, die Notwen­ digkeit der neuen TA Luft hervorzuhe­ ben, darüber hinaus die der Großfeue• Kalkung von durch sauren Regen geschädigtem Wald: "Was Gemüter erhitzt, kann einen rungsanlagen-Verordnung. Denn der Bun­ Politiker nicht kalt lassen" desinnenminister weiß, und hier irrt er nicht, daß das Thema "saurer Regen" Und überhaupt: Ist nicht Naturverbun­ letzten Phase des Wahlkampfes, Ende die Gemüter erhitzt. Und was Gemüter er­ denheit, Liebe zum deutschen Wald (mit Februar wahrscheinlich, dürfte der Bun­ hitzt, kann Politiker nicht kalt lassen, Hase und Hirsch), seit jeher ei.ne Domäne desinnenminister noch einmal in die Öf• zumal in Zeiten des Wahlkampfs. der Konservativen? fentlichkeit gehen und sich zum Thema Also wird fortwährend von der TA Und außerdem ist Wahlkampf, und vie­ "saurer Regen" äußern. Er könnte den Luft geredet und von Großfeuerl!ngsan• le Naturverbundene liebäugeln in ihrem Vorschlag machen, der DDR und der lagen-Verordnung, weil ja auch schon im tiefen Herzen eher mit konservativer Poli­ CSSR verbilligte Kredite für Filter- und Koalitionspapier von CDU/CSU und FDP tik, die alles bewahrt. Da wäre Zimmer­ Rauchgasentschwefelungsan lagen anzu­ steht, die TA Luft solle "planmäßig wei­ mann doch ein miserabler Politiker, wenn bieten; die Chemiewerke und Kohlekraft­ ter verfolgt" werden. Das stand da unter er nicht mit dem "sauren Regen" flirten anlagen dieser Länder sind nämlich, Irr- "Sonstiges". würde. . turn ausgeschlossen, für das Waldsterben Allen Ernstes: Ich finde, ·man muß Die Dramaturgie der nächsten Wochen in Bayern entscheidend verantwortlich. Friedrich Zimmermann zubilligen, daß läßt sich unschwer erkennen: Da es kaum Dies wäre ein geschickter Schachzug Zim­ ihn als Bayer die Todesnot bayrischer gelingen wird, TA Luft oder/und Groß• mermanns, denn solche Investitionen wür• Wälder nicht gleichgültig läßt. ln einigen feuerungsanlagen-Verordnung bis zum 6. den hierzulande neue Arbeitsplätze schaf­ Landesteilen, so sagen ihm seine Referen­ März zu geltendem Gesetz zu machen, fen und obendrein die Luft verbessern ten, sind bereits über 40% der Bäume ab­ wird Zimmermann, wenn ich mich nicht helfen. gestorben. Längst ist die von seinem Par­ sehr irre, beizeiten ein Kaninchen aus Und niemand könnte einen solchen teivorsitzenden während des Wahlkampfs dem Hut zaubern : eine Übereinkunft mit Vorschlag ernstlich ablehnen. ICh müßte 1982 ausgegebene Parole, alles sei halb so den Energieversorgungsunternehmen. Sie mich sehr irren, wenn Friedrich Zimmer­ schlimm, der Wald kränkele allenfalls, hätten sich bereiterklärt, höre ich ihn mann nicht so weitsichtig und clever sein und schließlich würden auch unsere Kin­ sagen, einige der ältesten Anlagen, die s.ollte, sich hier endgültig zum obersten l:ler weniger anfällig, wenn "sie Dreck ge­ größten Schwefelschleudern der Repub­ . Umweltschützer der Nation zu machen. nUg gegessen hätten", Makulatur. Der to­ lik, einzumotten - freiwillig. Den Betrei­ Beschwören möchte ich es allerdings te Wald kann besichtigt werden, wo Na­ bern kann nicht daran gelegen sein, daß nicht. delbäume keine Nadeln mehr haben, ist nach dem Wahltermin eine Mehrheit links Egmont R. Koch

30 Vorgestellt: Liberales Zentrum Köln e.V.

ln den letzten Jahren sind in Köln eine ganze Reihe von Treff­ Jeder Treff hat seine eigene Geschichte, seine Schwerpunkte, In­ punkten und Zentren mit politischem und kulturellem Pro­ teressen und Hintergründe. An die Zeiten des Republikanischen grammangebot entstanden: von dem Bürgerzentrum Alte Feuer­ Clubs, in dem schon früher Liberale wie Gerhart Baum (!) und wache, kurz BAF genannt, über das Souterrain e.V., die Wachs­ Ulrich Klug politische Stammgäste waren, will das Liberale fabrik, die Moltkerei und das Frauenzentrum bis zum Liberalen Zentrum anknüpfen, das in einigen Wochen seinen 4. Geburtstag Zentrum. feiern kann. Wer in diesem, durch die Diskussion Baum/Mahler, "der Minister und der Ter­ rorist", auch bundesweit bekanntgewor­ denen Club noch nicht war, muß in die Kölner Innenstadt kommen, in die Roon­ str. 69, Hochparterre: vorne ist das Büro der Jungdemokraten, hinten raus und größer ist das "Liberale Zentrum". Seit s.einer Gründung vor fast vier J ahreri Hei­ mat nicht nur Kölner Radikalliberaler, versucht das LZ als Diskussionstreff jen- . seits von Parteischranken mit einem An­ gebot an politischen Diskussionen, Aus­ stellungen, Vorträgen und Liederabenden Interessierte anzusprechen. Eine eigene ciedition liberales zentrum" dokumentiert die kulturellen Aktivitäten des Clubs: 5 Textbände, 2 Künstlermappen, Plakate und mittlerweile 7 Langspielplatten sind die stolze Bilanz. Nicht erst in diesen kritischen Tagen rätseln häufig genug immer noch Besu­ cher der Veranstaltungen oder die, die le­ diglich das zweimonatlich erscheinende Programm öfters durchsehen, was das Li­ berale Zentrum ist: Ist es, so das formu­ lierte Selbstverständnis, eine offene Be­ gegnungsstätte für den politisch interes­ sierten Bürger oder ist es der längere Arm einer Partei? Auf die Frage, ob man beim Hören des Namens nicht sofort an liberal - FDP - Umfallen denken müsse, antwortete ein LZ-Vorstandsmitglied: "Das läßt sich vieleicht am besten an der Geschichte des LZ darstellen. Der Verein ist im Oktober 78 gegründet worden, der Club hat im April 79 seine Pforten geöff• net. Die Initiative dazu lag bei einer Grup­ pe von Leuten, die schon einige Jahre zu­ vor i.m "Republikanischen Club" in Köln aktiv war. Leute wie Professor Klug, der da damals ein und aus ging, aber auch viele Jungdemokraten. Ziel war es, in Köln einen Klub zu schaffen, der ein biß• chen die Tradition des RC aufgreift, wenn Szenen im LZ : (oben) Besucher einer Diskussion, (unten) gemütliche Stimmung bei auch in einem etwas kleineren politischen Kultur und Musik Spektrum. "Liberal" in diesem Sinn hieß bisher nicht Anhindung an die FDP und "Liberal" im Sinne unseres Vereins ben. Der Club will sich um bestimmte heißt nun nicht Identifikation mit den Li­ heißt, daß er offen sein soll, für Bürger ein politische Ziele bemühen, wie Demo­ beralen Demokraten, auch wenn viele politisches und kulturelles Gesprächsange• kratisierung unserer Gesellschaft, Gleich­ Mitglieder des Vereins jetzt den Liberalen bot sein soll. Politisch ist er zu verstehen berechtigung und Emanzipation und ähn• Demokraten angehören. - das ist auch in der Satzung festgeschrie- liches. Diese Ziele machen deutlich, daß

31 Die größte Veranstaltung: 700- 800 Leute waren dabei, als "der Minister und der Terrorist" miteinander diskutierten wir in jedem Fall versuchen wollen, eine tun'g des Liberalen Zentrums: "Die größ• hängt, da auch eine Diskussion zu deren nach vorne gerichtete, dem liberalen und te war in der Reihe "LZ unterwegs" die Thema machen. Beispiel: Thema Gleich­ sozialen Fortschritt verpflichtete Politik Diskussion mit Baum und Mahler. Da wa­ berechtigung der Frau ; da hatten wir eine in unserem Programm umzusetzen." ren so um die 700-800 Leute da. Das war Ausstellung einer Frau, die ihre Überle• Auf einer außerordentlichen Mitglie­ für uns wahrscheinlich auch eine der gungen zu diesem Thema vorgestellt hat. derversammlung wurde dieser ''Kurs" des wichtigsten politischen Veranstaltungen. So versuchen wir, ein bißchen parallel zu Vereins im Dezember einmütig bestätigt. Was da gelaufen ist, ist ja auch bundes­ fahren. Wobei bei allen kulturellen Veran­ Nach nun weit über 400 politischen und weit Gesprächsthema geworden." staltungen unser Bestreben ist, ob es sich kulturellen Veranstaltungen fühlt man Die Macher des politisch-kulturellen nun um Maler, Dichter oder Liederma­ sich dem eigenständigen Weg der Pro­ Clubs versuchen, durch unterschiedliche cher handelt, eine Mischung von bekann­ grammgestaltung verpflichtet, die aber Veranstaltungsformen und -inhalte mög• ten und unbekannten Leuten sicherzustel­ auch ständige Gastveranstaltungen, z.B. lichst viele Zielgruppen anzusprechen. Ein len." der Humanistischen Union und amnesty LZ-Vorstandsmitglied hierzu: "Wir haben Wenn im Umfeld politischer Parteien international, Raum gibt. Ein "Aktivist" z. B. bei Ausstellungen darauf geachtet, soziale, kulturelle und politische Kom­ erinnerte sich an die größte Veranstal- daß wir in der Zeit, wo die Ausstellung munikation beschworen wird, hat man es häufig genug mit bloßen verbalen Forde­ rungen oder bestenfalls Strohfeuer zu tun. Von Kontinuität ist selten die Rede ; zu oft wechseln in den Parteien die "Ma­ cher". Das Liberale Zentrum Köln hat be­ wiesen, daß man eine attraktive Sache Besitzer: Dietmar und Ilse Görner nicht nur mit langem Atem, sondern St. Vither-Str. 16 auch mit anhaltendem Schwung durchzie­ hen kann. 5108 Monschau/Eifel Von der jetzt von .der Kölner FDP als Telefon: 02472/2120 Konkurrenz gedachten, vor kurzem ge­ gründeten "Freien Vereinigung für Demo­ Zimmer mit Dusche, WC, TV kratie und Kultur" hat man daher auch Terasse und Liegewiese keine Angst. Vorsitzender Ulrich Klug: Rodelbahn "Die neue Vereinigung wird ein FDP-Ciub städt. Schwimmbad und Sauna (3 Min.) sein und somit eine völlig andere Ziel­ gruppe ansprechen als wir. Wir verstehen Parkplatz am Haus uns als überparteilicher Treffpunkt für Leute, die aus al len Schichten der Bevöl­ Dieses Haus im Stil und mit dem Komfort unserer Zeit ist bestens kerung kommen, eine radikalliberale geeignet für Ihren Urlaub sowie für Ihre Seminare und Tagungen im Grundeinstellung haben, gerne diskutie­ gemütlichen Rahmen. ren, kulturell und kilnstierisch interessiert sind , die aber auch gerne einmal in einer Übernachtung mit Frühstück ab 30,- DM, Preise für Halbpension, zwanglosen Umgebung ein Bier oder ei­ längere Urlaubsaufenthalte, Seminare und Tagungen auf Anfrage. nen Schoppen Wein miteinander trinken. Darin besteht unsere Attraktivität."

32 Liebe Leserinnen, Liebe Leser

die erste Runde haben wir geschafft. Die meisten der Probe-Abonnements für das erste Vierteljahr sind verlängert worden. Da mehr als die Hälfte der Abonnenten für ein ganzes Jahr bezahlt haben, ist unsere Liquidität erträglich. Langfristig reicht die Zahl der Abonnenten jedoch nicht aus. Großartige Werbekampagnen können wir uns nicht leisten, also müssen wir unsere Leser bitten, für unsere liberalen drucksachen et· was die Werbetrommel zu rühren. Da die Jungdemokraten in nächster Zeit mit größerer finanziellen Schwierigkeiten zu rechnen haben, würde ein Teil der Gesellschafter der Drucksachen GmbH gern sei· ne Beteiligung zurückziehen, um sie den DJD zur Verfügung zu stellen. Interessenten für eine solche Kapitalbeteiligung sollten sich deshalb an die im Impressum angegebe· ne Adresse wenden. ln der letzten Ausgabe haben wir, was einige Leser zu recht bemängelten, die Quellenangabe des Titelbildes versäumt. Es handelte sich um eine Leihgabe der Stif· IMPRESSUM Herausgeber: tung Preußischer Kulturbesitz in Berlin. Drucksachen· Verlagsgesellschaft mbH, Als unerwartetes Problem bei dieser Ausgabe stellte sich plötzlich heraus, daß vie· Elbestr. 30, 4630 Bochum le angeforderte Beiträge als Glossen formuliert waren, die sämtlich mit erhobenem Herausgeberbeirat: Zeigefinger davor warnten, am 6. März die Rechtskoalition zu wählen. Einige Beiträ· William Borm, Hinrich Enderlein, Sibylle ge wurden umgeschrieben, andere ließen wirlaufen. Engel, Friedrich Hölscher, Hanspeter Die Redaktion hofft, daß die Zeiten für Satire nach der Bundestagswahl wieder Knirsch, Jürgen Koppe/in, Wolfgang Lü· schlechter werden; nicht nur, um wieder ernsthaftere Beiträge zu erhalten. der, Werner Lutz, Ingrid Matthäus· Redaktionsschluß für die nächste Ausgabe ist der 6. Februar, einen Monat vor der Maier, Christoph Strässer, Theo Schiller, Wahl also. Der Schwerpunkt der nächsten Nummer drängt sich damit auf. Helga Schuchardt. Redaktion: Jürgen Bolz, Martin Budich, Wolfgang ln diesem Sinne Froese, Marianne Hochgeschurz, Michael Ihredrucksachen-macher Kleff (verantwortlich), Dieter Noth, Mi· chael Staack ··········~············~················' Redaktionsanschrift: Elbestr. 30, 4630-Bochum Zu unserem Titelbild: Tel. (0234) 502197 Herzlichen Bei den Wahlen am 5.3.33 Anzeigen und Vertrieb : Heiko Me/eher erhielten Glückwunsch! Abo-Bedingungen: NSDAP 44% Einzelheft 3,50 DM. Für ein Abonne· SPD 18,3% Folgende zehn Leser haben eine der Schallplatten ment über 1/4 Jahr sind 10,50 DM zu Zentrum/BVP 14% zahlen, für 1/2 Jahr DM 21,· und für ein • von Kari-Heinz Hense gewonnen, die wir unter al· • ganzes Jahr DM 42,·. len Abonnenten (Stichtag 2.1.83) als kleines KPD 12,2% DNVP 7,9% In dem Preis ist die gesetzliche Mehrwert· Danke schön verlost haben: steuer enthalten. Doris Antoni, 2077 Grossensee, Hartmut Benk· DVP 1% Druck und Titelsatz: mann, 3550 Marburg, Wilhelm Eggens, 8182 Bad DStP 0,8% Druckerei Hartmann, Ahaus Wiessee, Thomas Fiedler, 5000 Köln, Hans·G. Das Kabinett der "nationa· Auflage: Fleck, 5307 Wachtberg, Luitgard Franke, 7800 Jen Konzentration" . annul· 6.000 Freiburg, Günter Littmann, 3418 Uslar·Eschers· lierte am 9 . März die Reicits­ Fotonachweis: hausen, Thomas Pantzek, 2255 Langenhorn, Rolf tagsmandate. der KPD, um · dpa, Klef[, Me/eher, Michaelis, Soundy sich die nötige 2/3-Mehrheit Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 1. Schäffner, 7015 Korntal, llse Wittler, 297 4 für das Ermächtigungsgesetz Namentlich gekennzeichnete Beiträge ge· Krummhörn. zu sichern. ben nicht unbedingt die Meinung der Re· ~········································~ daktion wieder. .

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33 personelles

Neues aus der Kreidezeit Ge,burtstag

Heinrich Bö II erhielt von Karl Carstens lngeborg Drewitz ist im Januar 60 J ah­ zu seinem 65. Geburtstag ein Glück• re alt geworden . Den radikaldemokrati­ wunschschreiben: ·."Sehr geehrter Herr schen Liberalen seit langem verbunden, Böll, ... ich grüße in Ihnen ... auch den hat sie die Jungdemokraten und das Libe­ von mir persönlich geschätzten Schrift­ rale Bildungswerk mehrfach durch Beiträ• steller. Sie haben sich große Verdienste ge und Auftritte unterstützt. Zur Zeit ar­ um die deutsche Sprache und Literatur beitet die Schriftstellerio in den USA und erworben . ... Ich wünsche Ihnen noch vie­ steht dort " in ständigem Kontakt mit den le Jahre . fruchtbaren Schaffens. Mit Friedenskräften und den Demokraten, die freundlichen Grüßen, Karl Carstens, Bun­ sich gegen die Reaganpolitik starkma­ despräsident." chen". Heinrich Böll, der 1975 u.a. den "Be­ Im Bundestagwahlkampf 1980 enga­ richt zur Gesinnungslage der Nation" ver­ gierte sie sich in einer liberalen Wählerini• öffentlichte, wurde vor nahezu genau 8 tiative für -das Weiterwirken eines fort­ Jahren, am 12. Dezember 1974 auf einer schrittlichen Liberalismus im Parlament. CDU-Kundgebung in Duisburg, von dem "Ich bin froh, daß sich in der FDP Kräfte damaligen Fraktionsvorsitzenden der regen, die sich g?gen die traditionell na­ CDU /CSU-Bundestagsfraktion, eben je­ tionalliberalen Trends in der Partei wen­ nem Karl Carstens, schon einm·al öffent• den . Ich würde Sie ... gerne unterstützen", lich gewürdigt: "Ich fordere die ganze Be­ schrieb sie im Juni 1981 an das Liberale völkerung auf, sich von der Terrortätig­ Zentrum Bonn. keit zu distanzieren, insbesondere auch Ingeborg . Drewitz gehört zu den Men­ den Dichter Heinrich Böll, der noch vor schen, die nicht nur Aufrufe unterschrei­ wenigen Monaten unter dem Pseudonym ben oder schöne Worte der Solidarität fin­ Katharina Blüm (!, d.Red.) ein Buch ge­ den, sondern auch mit ganzer Kraft für schrieben hat, das eine Rechtfertigung die deklarierten Ziele kämpfen. von Gewalt darstellt." Kar! Carstens bewies Flexibilität: Aus der Ihre Bücher beeindrucken als zeitge­ Lesen bildet - nur, man muß es auch "Gewalt rechtfertigenden Katharina schichtliche Dokumente. Es sincl Frauen­ tun. Blüm" wurde der "von mir persönlich bücher im besten Sinne, die Anstöße ge­ geschätzte Schriftsteller" Heinrich Böll. ben und wachrütteln aus Trägheit und Ge­ dankenlosigkeit. Üble Fraktion und Bundesvorstand der FDP noch nicht über die Koalitionsabrede mit Gerüchtequelle der Union entschieden. Günter Verheugen liberal William Borm, Ehrenvorsitzender der war noch Generalsekretär und niemand Liberalen Demokraten, will sich nicht für dachte daran, daß er schon zwei Monate älaSaar Geschiehtsiegenden vereinnahmen lassen. später Sozialdemokrat werden wollte. So Edwin Hügel (64), Nachfolger Werner Borm wehrt sich gegen die Behauptung, wurde bei dem fraglichen Gespräch, bei Klumpps als saarländischer Wirtschafts­ er habe der parlamentarischen Absiche­ dem die Spitzen-Genossen Rau , Ehmke minister, will den von ihm erwarteten rung der früheren Freidemokraten Günter und Bahr zugegen waren, ausschließlich konjunkturellen Aufschwung auf beson­ Verheugen, Andreas von Schoeler und ln­ über das hessische Ergebnis und eine noch dere Art fördern. Alle 5aarländischen Ar­ grid Matthäus~Maier beim SPD-Vorsitzen­ mögliche, wenn auch damals schon un­ beitnehmer, so Hügel, sollen nicht nur auf den Willy Brandt den Weg gebahnt. Der­ wahrscheinliche Re-Liberalisierung der Lohnzuwachs, sondern auch auf einen artiges hatten jüngst der Kölner Soziolo­ FDP ohne Lambsdorff und Genscher ge­ Teil des Reallohns verzichten mit dem gie-Professor Erwin K. Scheuch, Wahlhel­ sprochen: - Ziel, die durchschnittlichen Lohnkosten fer der gewendeten FDP in einem Na­ William Borm reagierte nach Kenntnis­ im gesamten Saarland um etwa 5 - 10% mensartikel über Moralfragen in der Pol i- . nahme der Scheueh-Einfassung denn auch unter den Bundesdurchschnitt zu drük• tik für den "Rheinischen Merkur" zu be­ prompt und teilte diesem per Einschrei­ ken. richten gewußt. Zitat Scheuch unter der ben mit: "Die von Ihnen aufgestellt Be­ Ein solcher Verzicht, erhofft Drucke­ Überschrift "Wie man die Unwahrhaftig­ hauptung ist vollinhaltlich unzutreffend. reibesitzer Hügel , könnte innerhalb kurzer keit im politischen Alltag steigert": Durch Ihre Behauptung fühle ich mich Zeit die Arbeitslosigkeit an der Saar besei­ Noch in der Nacht der Hessenwahl ver­ verleumdet. Infolgedessen bitte ich in ge­ tigen und die Wirtschaftsstrukt~,Jr durch sprach Brandt dem Uralt-Linken in der eigneter Form in der gleichen Zeitung um Firmenneuansiedlungen nachhaltig ver­ FDP, William Borm, die Absicherung der unverzügliche Richtigstellung. Sollten Sie, bessern. Offizielle Politik der saarländi­ öffentlich so stand haften Genscher-Geg­ als renommierter Wissenschaftler, wie zu schen Landesregierung wurde Hügels ner bei der Prominenz der Liberalen auf vermuten ist, einem böswilligen Infor­ durchgreifendes Konzept noch nicht. Die Listen der SPD." manten aufgesessen sein, bitte ich um des­ CDU-Minister legten sich quer, denn sie Schon vom Zeitablauf spricht wenig sen Bekanntgabe an mich , damit die üble fürchten um Arbeitnehmerstimmen, um für die Scheuch-Fiktion. Am Tag der Hes­ Gerüchtequelle entdeckt werden kann." die die Hügel-Partei allerdings nicht inehr senwahl, _ dem 26. September, hatten Eine Antwort steht noch aus. konkurriert.

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Helmut Kohl hatte es schon fast geschafft, mit seiner Realsatire nach der Neujahrstagesschau konnte er sogar Hildebrandts Scheibenwischer übertrumpfen. Kurz vor Redak­ tionsschluß legte sich am Festtag der Heiligen Drei Könige dem christdemokratischen Kanzler ein freidemokratischer Querschläger in den Weg.

Ein bauchlandender Senkrechtstarter

Er stammt aus alter liberal-sozialisti­ werden konnte, daß die FDP bisher aus blieb er unbeschädigt. scher Familientradition. Über das liberal· gutem Grund· und auch bewußt nach der So bleibt es ungerecht, ihm das Plan­ demokratische Erbe des Karl Marx erlang­ politischen Gesäßgeographie rechts von schen in diversen Fettnäpfchen vorzuhal­ te er in seiner Promotion erste akademi­ der CDU sitzt. ten. Schließlich zeichnet er sich durch ei­ sche Würden. Ralf Dahrendorf - aus der Ralf Dahrendorf stieg komentenhaft ne · derzeit für die FDP-Repräsentanten SPD ausgetreten - war ein Mann zum auf: Landesvorstand, Landtag, Staatsse­ unglaubliche Ehrlichkeit aus. Sein stolzen Vorzeigen. Ein Mann, der frischen kretär im · Auswärtigen Amt und schließ­ Wunsch, die FDP in die Opposition zu Wind in den Mittelstandsmief der bürger· lich EG-Kommissar. Er verlosch anschlie­ schicken, sein Eingeständnis, daß die lieh - betulichen badischen und württem• ßend in der britischen Wissenschaft. nächste Wahl für die FDP kaum zu ge­ bergischen FDP/DVP tragen konnte. Jetzt, da die FDP wieder matt schim­ winnen ist, sein verdecktes Angebot, die Ende der sechziger, Anfang der siebzi· mert, leuchten auch kleine Flämmchen Nach-Genscher-Ära zu gestalten wer ger Jahre war er mit Leuten wie Maihafer und Irrlichter in ihren Reihen strahlend sonst würde dies so offen aussprechen. der Typ, der kritische Leute an dle FDP auf. Ralf Dahrendorf, den der bis vor Diejenigen, die ihn gerufen haben, binden konnte. Als die FDP-Führung kurzem FDP-genehme Robert Leicht müssen nun auch mit ihm fertig werden. 1968 im Freiburger Parteitagsgebäude ei· in der Süddeutschen Zeitung als Senk­ Zwar hat er im Sommer in verschiedenen ne Diskussion zwischen ihm urid Rudi rechtstarter charakterisiert, dessen Bauch­ Artikeln so schön theoretisch begründet, Dutschke verbot, setzte er sich mit landungen in der praktischen Politik in­ warum die FDP in einer Rechtskoalition Dutschke auf ein Auto vor der Stadthalle zwischen gnädig vergessen sind, der in sei­ linkes Profil gewinnen kann, daß Lambs-­ und faszinierte die Öffentlichkeit. So et­ ner "von Eitelkeiten und Formeln nicht dorff ständig einen Stapel Kopien zum was kam auch bei Teilen der aufmüpfigen ganz freien Rede" ein etwas feuilletoni­ Verteilen bei seinen Akten kofferträgem Jugend an. stisches Verhältnis zur Politik offenbart, in Verwahrung hatte, doch dies geschah Soviele junge Leute als Mitglieder, soll mit seinem einstmaligen Image darü• aus der Sicht jenseits des Ärmelkanals. Wähler und Sympathisanten wie in der ber · hinwegtäuschen, daß die Rest-FDP Jetzt mitten in der bundesrepublikani­ Zeit der Entwicklung neuer Ideen und der keinen ernsthaften Versuch macht, aus schen Wirklichkeit in der Nähe der frei­ Reformpolitik der FDP zwischen 1968 "ihrer rechts-liberalen Wagenburg heraus­ demokratischen Führung an der Spitze und 1974 hat es in dieser Partei nie vor­ zukommen''. der Friedrich Naumann Stiftung, ist nicht . her und erst recht nicht mehr hinterher Freizeitpolitiker Walter Scheel, der auszuschließen, daß er begreift, was zur gegeben. Verglichen mit dem FDP-Jung­ über das offenkundige Versagen seines Zeit vorgeht. wähleranteil bei den letzten Wahlen in Parteivorsitznachfolgers immer häufiger Was passiert, wenn er wie Karl Hamburg, Hessen und Bayern, brachten seine Altbundespräsidentenstirn runzelt, Moersch, sein Nachfolger auf dem Posten es die Liberalen damals lässig auf den verspricht sich · mit dem altbewährten im Auswärtigen Amt, erkennt, daß es für zehnfachen ProzentanteiL Keine Frage, Shooting-Star aus London einen neuen die Republik am besten sei, wenn sich die daß es sich bei solchen Perspektiven Ralf Höhenflug seiner einstmals stattlichen FDP auflöst? Sicherlich wird er nicht auf Dahrendorf gut vorstellen konnte, einmal Partei. Dahrendorfs Name steht schließ• den Mond, sondern in den nächsten lukra­ Bundeskanzler zu werden. lich für gute Rhetorik und eigenständige tiven Job geschossen, um wieder aufzu­ Es kam die FDP-Zeit, in der vergessen Ideen. Beim mißglückten Wendemanöver tauchen, wenn die Wende nahe ist.

35 ~~~eranstahung der »Aktion ,.. Fur Frieden, Liberalität un d soziale . ur mehrGerechtigkeit Demokratieee

Dieter Hildebrandt • Hanns Dieter Hüsch • Duo Z '""'"'"" ""-""' ····-·"" I.~Jtina Wegner • H.1ns Scheibner • l.mt lllimani Lilienthal·lna Deter • Cochise Fo!;mv"' F.auenmckband Rockm""' Heinrich'"""""" Böll· Jo··-"'"'~ Leinen" • " " ' • Leonhard.... -.o-· · ~·""" ..... -' Mahlein Helli . $.~1J.uchardt •L .utse Rinser •KJaus Staeck LJ.W KoDelew • Ahm" Bavaz • Erne'-to Cardenal Moderation: Barbara Dickmann

Gäst~: Franz-Josef Kern r. . Ja~mes,Baptist Metz, Mdl Theologe • Klaus ll'aube . ~~~~~rtwlssenschattler • eymann, Regisseur . Juan . Jürgen Emillo Fli Sa nchez, Generalkonsul von Bolivien . Ado Ostertag, Gewerksch II FrellßUt Duve • Hans Melnolf B ;nm, Regosseur • Hans-ulrich Klo . M~- Dr. Johann Anlon-Andreas Guha . ~~s~ekre!ar • Günther Lohre, Leichi t~r'e?sra~ Mannesmann ae ana Johan11811 Gorlas DGB-1.< . Er. Ulnch Klug, Bundesvors Hu a . et Heonz 0. Vetter , Dt. Mieterbund • joop d orus. ssen . Helmut Schlich Bu.nd mamstl~che Union PvdA • D< Horst M en yl, Vors. PvdA Amsterda' esgeschaftsführer . eyer, Olympiasieger Rudern m. Marten van Traa,lnt. Sekretär Sa 5. Feb. 83 ESSEN Grugahalle • Beginn 17 Uhr

0 :::::,!:~:-;,~::.! :!~ A!endkasse DM 12,00 •ellr De~aollratt u asse) an Aktton llr 6100 Heldelber~ c/o IIIUS Staecll, Poslf. 10 20 63,

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