43 Blisadona

Blick auf die Bergformation der Weißzone Blisadona oberhalb von Die steilen mit Felsspalten durchzogenen Stuben am (Marlin 2015) Südflanken und die anschließenden Magerweisen des hinteren Klostertals bestechen durch ihre überragende Vogelwelt. Unter anderem sind sie Heimat des seltenen Karmingimpels. Remoteness Übersicht (= engl. Abgeschiedenheit) Gesamtfläche 33% Weißzonentyp: Ausschließlich Pufferzone 47% Gemeinde(n): Klösterle, , (Dalaas) Fläche: 6,6 km² Erschließungsgrad: 0 % Anteil unerschlossene Mittlere Meereshöhe: 1947 (1283 – 2665) m ü. A. Konnektivität Fläche Gebirgsgruppe: Lechquellengebirge 34% 100% Geologische Einheit: Nördliche Kalkalpen Alp-/ Waldflächen: 74 ha (11,2 %) / 30 ha (4,5 %)

68% Anteil Biotope und c+33+fx+0+0+0+0+0Schutzgebiete 100+68+34+47  Blisadona 43 | 360 43.01 Gebietsbeschreibung

Lage

Die Weißzone Blisadona umfasst die großteils süd­ die Siedlungsgebiete und Verkehrswege vom stei- exponierten Hang- und Tobellagen des hinteren len Südhang ausgeht. Die kilometerlangen Stahl- Klostertals oberhalb der Ortschaften Langen und schneebrücken prägen das Landschaftsbild und das Stuben am Arlberg (Gemeinde Klösterle). Die stei- Sicherheitsempfinden maßgeblich. Im Süden und len und felsdurchsetzen Hänge bilden den südöst- Osten bildet das Siedlungsgebiet von Langen und lichen Abschluss des Lechquellengebirges. Ebenso Stuben bzw. die Arlberg- und Flexenpassstraße die zählen auf Lecher Gemeindegebiet die südlichen Be- Weißzonengrenze. Im Nordosten führt eine Skipiste reiche des Zürser Tälis zur Weißzone. Die Material- durch das Zürser Täli. Nur im Westen und Nordwes- seilbahn Langen-Blasegg liegt außerhalb der Weiß- ten grenzt die Weißzone an andere unerschlossene zone und sorgt dafür, dass das Großtobel im Westen Landschaftsräume – die Gebiete Spreubach-Gipstäli des Gebiets nur durch einen schmalen Streifen mit und Spullers-Roggalspitze. dem restlichen Areal verbunden ist. Von der Blisa- donaspitze (2508 m ü. A.) über den Erzberggrat bis zum Schwarzen Turm (2297 m ü. A.) reihen sich Landschaftskammern und Infrastrukturen eine Vielzahl von Karbonatgipfel aneinander. Die höchsten sind die Wasenspitze (2665 m ü. A.) und Die Weißzone Blisadona ist 6,6 km² groß und be- die Grubenjochspitze (2659 m ü. A.), von der nach steht aus drei Pufferzonen, also aus unerschlosse- Norden ein weiterer Berggrat zur Gruppe der Wild- nen Anteilen von Geländekammern, die jeweils zu grubenspitzen abzweigt. über 20 % erschlossen sind und an eine Kernzone Der untere Teil des Großtobels liegt im Natura grenzen. Da das Gebiet nur aus Pufferzonen besteht, 2000-Gebiet Klostertaler Bergwälder. Das restliche befinden sich keine Infrastrukturen im Gebiet. Gebiet ist waldfrei und wird von Fels, Hangschutt und alpinen Matten im Steilgelände eingenommen. Im Osten reichen Alpflächen der Zürser und Stub- ner Alpe ins Gebiet. Die großflächige Verbauung der Lawinenanrissgebiete beim Blasegg oder östlich der Erzbergspitze zeigt eindrücklich, welche Gefahr für

Landschaftskammer Kategorie Infrastrukturen Fläche [km²] Erschließungsgrad [%] Großtobel Pufferzone Langener Wildgrube Pufferzone Zürser Täli Pufferzone 6,6 - Beschreibungseinheit 6,6 0,0

43 Blisadona | Gebietsbeschreibung | 361 Geologie Tier- und Pflanzenwelt

Die Weißzone Blisadona bildet den südlichen Rand Das subalpine bis alpine Großraumbiotop „Klost- der Nördlichen Kalkalpen, am Übergang zum Silv- ner Wildgrube bis Flexenpass“ liegt fast zur Gänze rettakristallin. Von Süd nach Nord beinhaltet das in der Weißzone Blisadona und nimmt große Teile Gebiet folgende Gesteinsabfolgen der Lechtalde- des Gebiets ein. Oberhalb der extensiv bewirtschaf- cke: Virgloria-Formation, Partnach-Formation, Ar- teten Magerwiesen unmittelbar an der Grenze zur lberg-Formation, Raibler Schichten, Hauptdolomit Weißzone schließen typische, vielfältige Kalkrasen, und Oberrhätkalk. Bei der Wasenspitze trifft man Felsspalten- und Schuttgesellschaften an. Die ar- auf Hierlatzkalk und Fleckenmergel. Die „Stubiger tenreichen Südhänge beherbergen zahlreiche Wär- Hohe Rüfe“ beschreibt eine bis zu einen Kilome- mezeiger (Steixner et al. 2002a). ter lange Hangschutthalde unterhalb der Gruben- Überragend ist die Vogelwelt des Großraumbiotops jochspitze, die in einigen Sturzbahnen bis an den mit zahlreichen Brutvogelarten, im Besonderen im Talgrund heranreicht. Weiter östlich, unterhalb des Bereich der verschiedenen Nass- und Trockenstand- Schwarzen Turms, findet man grobe Steine und Blö- orte in den unteren, bewirtschafteten Abschnitten. cke eines Bergsturzes. In erster Linie ist der besonders seltene Karmingim- pel zu erwähnen, doch auch Steinrötel, Erlenzei- sig, Neuntöter oder Raufußkauz kommen vor. Ha- Klima selmaus und Kreuzotter sind auf der Hohen Rüfe nachgewiesen. Die Wälder oberhalb des Talbodens Jahresmitteltemperatur [°C], Sonneneinstrahlung auf der orographisch rechten Talseite des Kloster- [kWh/m²J], Jahresniederschlag [mm] und Schnee- tals sind Teil des Natura 2000-Gebietes Bergwälder deckendauer [Wochen] gemittelt über die Weißzone Klostertal bzw. liegen teilweise im Biotop Langener Blisadona. Die Skalen beziehen sich auf die Mini- Wald, an dem die Weißzone geringfügigen Anteil ma bzw. Maxima der 83 Weißzonen. Datengrund- hat (Steixner et al. 2002a). lage: Klimaperiode 1961-90 ( Werner & Auer 2002).

Jahresmitteltemperatur | min: -2,8 | max +4,6 °C

379+231+390=1,7° C

Sonneneinstrahlung | min: 832 | max: 1.351 kWh/m²

682+318=1187 kWh/m²

Jahresniederschlag | min: 1.462 | max: 2.768 mm

529+471=2166 mm

Schneedeckendauer | min: 26 | max: 40 Wochen

680+320=36 Wochen

362 | 43 Blisadona | Gebietsbeschreibung Langener Maisäß, am Rand der Weißzone (UMG 2014)

43 Blisadona | Gebietsbeschreibung | 363 43.02 Nutzungsbeschreibung

Landwirtschaft

Mit nur 74 ha oder 11,2 % ist die alpwirtschaftliche Blisadonagebiet ist als eher gering einzuschätzen. Bedeutung der Weißzone Blisadona relativ gering. Den Osten des Areals teilen sich die Reviere Stubiger Ein kleiner Teil der Weideflächen der Stubenalpe so- Alpe und Zürs. Besonders hervorzuheben ist die Gip- wie der Zürser Alpe (Erzberg) liegen innerhalb der felregion als bedeutendes Einstandsgebiet für das Weißzone. Weiters liegen einige Grünlandflächen Steinwild. Die Steinwildkolonie Klostertal umfasst oberhalb von Langen im hier beschriebenen Gebiet weite Teile des südlichen Lechquellengebirges und (AMA 2013). bildet das größte Steinwildvorkommen Vorarlbergs.

Forstwirtschaft Tourismus und Naherholung

Wie die Alpweiden nimmt auch der Wald nur gerin- Die Weißzone Blisadona wird vor allem wegen ih- ge Fläche ein. Nur 30 ha (4,5 %) sind in der Wald- res schroffen Geländes vergleichsweise wenig tou- karte als Wald ausgewiesen und das obwohl im- ristisch genutzt. Eine Ausnahme bildet der Erzberg merhin 35,4 % der Weißzonenfläche unterhalb von (2297 m ü. A.) – ein Vorberg der Erzbergspitze (2536 1800 m ü. A. liegen. Das steile Relief und die da- m ü. A.). Aufgrund der Nähe zu den Liftanlagen des mit verbundenen Massenbewegungen die an den Zürser Skigebiets, stellt er ein beliebtes Ziel für Va- Talflanken ablaufen, erschweren weithin das Auf- riantenfahrerInnen dar. Die Route wird meist von kommen von Wald. Auf den etwas weniger steilen der Bergstation Muggengratbahn in Angriff genom- Hangpartien unterhalb des Blasegg konnte sich ei- men und endet bei der Bushaltestellte oberhalb der ne höhengestufte Abfolge von mehreren Waldtypen Flexengalerie. Eine recht kurze, anspruchsvolle und entwickeln, die einen Teil des Natura 2000-Gebietes eher selten begangene Skitour führt vom Flexen- Klostertaler Bergwälder bilden. Es sind kaum uner- pass (1773 m ü. A.) auf den Erzberg. Angesichts der schlossene Waldstücke mit wirtschaftlichem Poten- steilen Hänge ist sie nur bei sicherster Lawinenlage tial vorhanden. Der bestehende Wald hat allerdings eine Option. Ähnlich wie im Winter ist der Erzberg eine hohe Objektschutzwirkung, was bedeutet, dass auch im Sommer das touristisch relevanteste Aus- eine entsprechende Bewirtschaftung mit genügend flugsziel der Weißzone. Der Aufstieg vom Wander- Naturverjüngung sichergestellt werden sollte. parkplatz Flexenpass führt auf einem schmalen Pfad entlang des Flexenbachs in Richtung Muggengrat und schließlich über den Roßkopf zum Gipfel. Auf- Jagd grund der fehlenden Wegmarkierungen erfordern mögliche weitere Aufstiege auf die Erzbergspitze Drei Jagdreviere teilen sich die steilen Südflanken (2536 m ü. A.), die Grubenjochspitze (2659 m ü. der Weißzone Blisadona. Den größten Anteil hat A.), die Wasenspitze (2665 m ü. A.) oder die Flexen- die Großjagd Klösterle II, die von der Grubenjoch- spitze (2627 m ü. A.) Orientierungssinn und Erfah- spitze bis zu den Glongmähdern weite Teile der in- rung in leichter Kletterei. Besteigungen des Schwar- neren, orographisch rechten Hangseite des Kloster- zen Turms (2297 m ü. A.) sind nur in schwieriger tals, einnimmt. 22 Stück Rotwild und zwölf Stück Kletterei möglich. Die Blisadona wird ebenfalls sel- Rehwild wurden im Jahr 2014/15 für das 16 km² ten bestiegen. Sie wird fast ausschließlich über die große Revier als Mindestabschuss vorgegeben. Die Weißzone Streubach-Gipstäli begangen. Gesamthaft Bedeutung des Reh- und Rotwilds für die Jagd im betrachtet ist die Weißzone touristisch relativ ruhig.

364 | 43 Blisadona | Nutzungsbeschreibung Wasserwirtschaft Wildbach- und Lawinenverbauung

Die Entwässerung der Weißzone Blisadona erfolgt Aufgrund des großen Gefahrenpotentials, das von über mehrere steile Tobel in die . Es befinden den steilen Südhängen für die Ortschaften Langen sich keine wasserwirtschaftlich relevanten Anla- und Stuben sowie die Verkehrsachsen über den Ar- gen im Gebiet. Die Niederschlag-Messstelle „Lan- lbergpass und nach Lech ausgeht, wurden die ge- gen-Blasegg“ ist von der Pufferzone ausgenommen. fährlichsten Lawinenstriche (Erzberglawine, Lang- Im Rahmen des Kleinkraftwerks-Projektes Stuben- blieslawine, Simastobellawine, Benediktentobel, bach der Vorarlberger Kraftwerke AG wird derzeit Äußere Passtürtobellawine, Oberlangenberglawi- eine Bachfassung unterhalb der Flexengalerie auf ne, Großtobellawine und Blisadona-Hallerslängen- einer Höhe von 1584 m ü. A. und in ca. 120 m Ent- lawine) in den vergangenen Jahrzehnten massiv mit fernung zur Pufferzone errichtet. Das Kraftwerk soll Stahlschneebrücken verbaut. voraussichtlich im Frühjahr 2016 den Betrieb auf- nehmen (Illwerke VKW 2015).

Lawinenverbauung Erzberglawine (Marlin 2015)

43 Blisadona | Nutzungsbeschreibung | 365 43.03 Exkurs

Brutvögel

Die Weißzone Blisadona besticht durch zahlrei- Der Steinrötel, eine wärmeliebende Vogelart, be- che Brutvogelarten. Vor allem die verschiedenen vorzugt süd- oder südostexponierte sonnige Hän- Nass- und Trockenstandorte in den unteren bewirt- ge in der subalpinen und hochalpinen Höhenstufe. schafteten Abschnitten werden von der Vogelwelt In ist dieser Brutvogel sehr selten ge- bevorzugt. worden und wird in den Roten Listen als stark ge- In Vorarlberg gibt es insgesamt 179 nachgewiese- fährdet geführt. Bevorzugte Habitate sind Steilhän- ne Brutvogelarten, von denen bereits 60% als ge- ge mit Felsvorsprüngen, Geröllfluren, Steinblöcke, fährdet gelten. Aus nationaler Sicht ist Vorarlberg kurzrasige Vegetation und Zwergstrauchgebüsche, für die Erhaltung von 13 Arten, darunter der Stein- da der Steinrötel in seinem Revier geeignete Warten rötel, besonders verantwortlich, da es mit den stark z. B. zum Start der Jagdflüge benötigt. Klare Tüm- wechselnden geologischen Verhältnissen eine Art pel, Steinseen oder Quellbäche am ausflachenden Sonderstellung einnimmt. Daher finden sich hier Hangfuß werden gerne als Wasserstellen benutzt. auf kleinstem Raum die unterschiedlichsten Hab- Zu seiner Hauptnahrung zählen Insekten, aber auch itate. Zu den am meisten gefährdetsten Arten zäh- Bergeidechsen, sowie kleine Spinnen und Schne- len Brutvögel: cken. Zur bevorzugten Nahrung gehören die Heu- schrecken. Allerdings nimmt die Heuschreckendich- ––der Fließ- und Stillgewässer te aufgrund der Schafbeweidung im Hochgebirge ––der Feuchtgebiete ab. Intensive Alpbewirtschaftung und zu frühe ––des (halb-)offenen Kulturlandes Bestoßung der Weideflächen v. a. als Standweiden, ––des Waldes lassen die Alpenflora verschwinden, noch bevor ––der Alpin- und Felslandschaften. sie zu blühen beginnen kann. Daher verschlech- tert sich mit dem Verschwinden der Insekten das Der Fortbestand der Brutvögel ist nicht nur davon Nahrungsangebot. abhängig, wie groß das Nahrungsangebot ist oder Eine weitere Gefahr stellt der Wander- und die Vo- wie viele natürliche Feinde vorhanden sind. Eine gelbeobachtung dar. Scheue Vögel werden oft in die wichtige Rolle spielen auch die Veränderungen ih- Flucht geschlagen, dabei kann es sogar zur Brutauf­ rer Lebensräume. Daher sind für Kilzer et al. (2002) gabe kommen. Auch Wetterstürze mit Schneefall neben Schutzgebietsausweisungen auch folgende im Frühsommer können dies bewirken, wenn Vögel Faktoren von großer Bedeutung: unter die Schneegrenze flüchten müssen um aus- reichend mit Nahrung versorgt zu sein. Daher sollte ––Verbesserung und Wiederherstellung der Fließ­ge­- es an den noch wenigen vorhandenen Brutplätzen wässerdynamik, nicht zu Störungen kommen. Außerdem sollte man ––Wiedervernässung der Feuchtgebiete, zu einer naturverträglichen Nutzung der alpinen ––Ökologisierung der Landwirtschaft, v. a. im Bereich Regionen zurückkehren (Kilzer et al 2002, 2011). der Alpflächen, ––Lenkung des Tourismus auf ausgewiesene Zonen ––eine nachhaltige Waldbewirtschaftung.

366 | 43 Blisadona | Exkurs