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FÜNFZEHNTES gesellschaftspolitisches Forum der Banken – SCHÖNHAUSER GESPRÄCHE Bundesverband deutscher Banken

Schönhauser Gespräche r Ban der Forum gesellschaftspolitihes FÜNFZEHNTES Herausforderungen neuen vor Deutschland Jahrhundert? asiatisches Ein ken

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Das Forum Die Schönhauser Gespräche, benannt nach dem früheren Veranstaltungsort Schloss Schönhausen, zielen als das gesellschaftspolitische Forum der privaten Banken auf Dialog. Im Mittelpunkt steht der freie Aus­tausch von Meinungen, Argumenten und Infor­ma­tionen zu den Problemen unserer Zeit. Zum Gespräch eingeladen sind alljährlich hohe Repräsen­tanten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Das Thema In einer Mischung aus Faszination und Beunruhi- gung blickt die Welt auf den asiatischen Konti- nent. Der dynamische Aufstieg Asiens, für den China aufgrund seiner besonders erfolgreichen Wirtschaftsentwicklung als Chiffre steht, verdient Respekt und Anerkennung. Gleichzeitig aber wird dieser Aufstieg für viele Deutsche zum Fokus dif- fuser wirtschaftlicher Ängste, weil Unter­nehmen aus den asiatischen Schwellenländern immer häufiger als Konkurrenten auf den Weltmärkten in Erscheinung treten.

Das Entstehen neuer Wachstumszentren im asiatischen Raum verändert die Weltwirtschaft. Doch muss dies auch bedeuten, dass die alten Wirtschaftsnationen daraus nur Nachteile zu befürchten haben? Eröffnet die Einbindung der asiatischen Volkswirtschaften in die internationale Arbeitsteilung nicht auch enorme Chancen für Deutschland und Europa? Profitieren am Ende gar die alten Industrie- und Finanzstandorte weit- aus mehr von den großen neuen Absatzmärkten, die in vielen Ländern Asiens entstehen?

Was bedeutet die „asiatische Herausforderung“ für Deutschland, für Unternehmen und Bürger, Impressum ganz konkret? Wie müssen sich Politik und Wirt­­- schaft auf die neue Herausforderung einstellen, damit die vorhandenen Chancen auch genutzt Herausgeber: Bundesverband deutscher Banken, Berlin werden können? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der Schönhauser Gespräche 2007. Redaktion: christian Jung,  - Gestaltung: FLASKAMP AG, Berlin Illustrationen: ute Helmbold Druck: kÖNIGSDRUCK GmbH

Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Herausgebers.

01610007_Umschlag_Dokum_07_RZ.indd 2 07.03.2008 16:34:15 Uhr FÜNFZEHNTES GESELLSCHAFTSPOLITISCHES FORUM DER BANKEN

Ein asiatisches Jahrhundert? Deutschland vor neuen Herausforderungen

Schönhauser Gespräche 28. und 29. November 2007, Berlin

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Inhaltsübersicht

Deutschland im Standortwettbewerb: 5 Wo stehen wir heute? Klaus-Peter Müller, Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, Berlin, und Sprecher des Vorstandes der Commerzbank AG, Frankfurt am Main

Globale Wirtschaft – deutsche Befindlichkeiten 11 Dr. Tilman Spengler Publizist, Starnberg

Wie können wir uns gegenüber Asien behaupten? – 19 Erfahrungen aus der Praxis I Dr. Jürgen Heraeus Vorsitzender des Aufsichtsrates, Heraeus Holding GmbH, Hanau

Wie können wir uns gegenüber Asien behaupten? – 25 Erfahrungen aus der Praxis II Jürgen Fitschen Mitglied des Group Executive Committee, Deutsche Bank AG, Frankfurt am Main

Diskussion 33 Leitung: Dr. Hans D. Barbier, Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung, Bonn

Herausforderung Weltmarkt: 43 Was bedeutet dies für Deutschland und Europa? Philip Stephens Associate Editor, Financial Times, London

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Diskussion 51 Leitung: Dr. Wolfram Weimer Chefredakteur, Cicero, Berlin

Statements: Dieter Althaus, MdL Ministerpräsident des Freistaates Thüringen, Erfurt

Rainer Brüderle, MdB Stv. Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, Berlin

Reinhard Bütikofer Bundesvorsitzender, Bündnis 90/Die Grünen, Berlin

Joachim Poß, MdB Stv. Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, Berlin

Asien und Europa – die wirtschaftliche Zukunft gemeinsam gestalten 75 S. E. Ma Canrong Botschafter der Volksrepublik China, Berlin

Schlusswort 81 Klaus-Peter Müller

Dinner Speech am Vorabend: 85 Who will run the 21st century? Mark Leonard Executive Director, European Council on Foreign Relations, London

Die Redner 90

Die Teilnehmer 93

Die Schönhauser Gespräche – bisherige Veranstaltungen 102

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Deutschland im Standortwettbewerb: Wo stehen wir heute?

Klaus-Peter Müller Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, Berlin, und Sprecher des Vorstandes der Commerzbank AG, Frankfurt am Main

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! „Wenn China erwacht, wird die Welt erzittern.“ Napoleon Bonaparte, dem diese Worte zugeschrieben werden, liebte die Dramatik – auf dem Schlachtfeld und in seinen Worten. Heute, rund 200 Jahre später, steht zumindest fest: Asien insgesamt – und keineswegs nur China – ist erwacht, allemal in wirtschaftlicher Hinsicht. Müssen wir aber deshalb erzittern? Oder erwachsen uns daraus – ganz im Gegenteil – große Chancen? Um diese Frage soll es heute gehen. Damit begrüße ich Sie sehr herzlich zum Konferenztag der 15. Schönhauser Gespräche. Richtet man heute den Blick nach Asien, dann bietet sich ein imposantes Bild: hohe Wachstumsraten, gewaltige Devisenreserven, ausländische Direktinvestitionen in beacht- licher Höhe – Daten also, die von der Dynamik der Wirtschaft in Asien zeugen. Auch die Deutschen sind von diesen Erfolgen beeindruckt. Wie eine aktuelle Umfrage des Bankenver- bandes zeigt, wird vor allem China als eine herausragende Wirtschaftsmacht wahrgenom- men. So halten 62 % der Befragten die Volksrepublik für wirtschaftlich erfolgreicher als die USA und die Staaten der Europäischen Union. Und eine ebenso große Mehrheit sieht China inzwischen sogar als den weltweit größten wirtschaftlichen Konkurrenten Deutschlands an. Dieser Eindruck mag zwar ein wenig überzeichnet sein. Aber gerade weil China – und Asien insgesamt – mit so großen Schritten aufholt, ist es richtig und notwendig, die asiatische Herausforderung ernst zu nehmen und sich darauf einzustellen. Wie gut aber gelingt uns das in Deutschland? Wo steht unser Land im internationalen Wettbewerb? Welche Chancen bieten sich den deutschen Unternehmen auf den weltwei- ten Märkten? Und welche Aufgaben müssen Politik und Gesellschaft anpacken, damit wir Nutznießer der Globalisierung bleiben und auch weiterhin vom Aufstieg Asiens profitieren können? Das sind die Fragen, die uns heute beschäftigen werden. Lassen Sie mich dazu drei Botschaften formulieren, die meines Erachtens von zentraler Bedeutung sind. Mein erster Punkt: Wir müssen noch stärker die Chancen der Globalisierung erkennen und diese auch selbstbewusst nutzen – in Asien und darüber hinaus. Dazu gehört auch, sich von den Erfolgen anderer Regionen nicht einschüchtern zu lassen. Dass ein Land mit 1,3 Milliarden Menschen, also einer 15-mal größeren Bevölkerung als Deutschland, sich jetzt anschickt, uns als Exportweltmeister abzulösen, das ist beileibe kein Weltuntergang. Denn die Globalisierung ist eben kein Nullsummenspiel: Wir verlieren nicht dadurch, dass andere gewinnen – und umgekehrt gewinnen wir auch nicht dadurch, dass an- dere etwas verlieren. Gerade für unser Land eröffnet der Boom in Asien ungeahnte Chancen. In Fernost entstehen riesige neue Märkte für Verbrauchsgüter aller Art, vor allem aber auch

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für Ausrüstungsgüter und Maschinen. dass Protektionismus letztlich allen Beteilig­ Schon heute ist Deutschland damit ein ten schadet. Aber gegen kaum eine öko- Gewinner der Globalisierung. Dies aber ist nomische Erkenntnis wird auch so häufig Deutschland ist womöglich noch nicht oft und nicht ein- verstoßen wie gegen diese! ein Gewinner der dringlich genug gesagt worden. So meinen Für mich ergibt sich daraus die Ver- Globalisierung. nur 22 % der im Auftrag des Bankenver- pflichtung, für die Offenheit der Märkte bandes befragten Bürger, dass für Deutsch- einzutreten. Protektionistischen Tändeleien land die Vorteile aus der Globalisierung müssen wir einen Riegel vorschieben. Wir überwiegen. Fast gleich viele, 23 %, sehen müssen sie vor allem auch uns selbst versa- in erster Linie Nachteile. Für knapp die Hälf- gen. Nur wenn wir selbst mit gutem Beispiel te, nämlich 47 %, halten Vor- und Nachteile vorangehen, können wir andere von dem sich die Waage. Ein ausgewogenes Mei- überzeugen, was die ökonomische Vernunft nungsbild, könnte man meinen, und immer- gebietet – aber oft nicht beherzigt wird. hin auch eines, das etwas optimistischer ist Die Diskussion über ausländische als noch vor zwei Jahren. Doch ein wirklich Staatsfonds hat schon einige sonderbare positives Bild ist es nicht. Und das heißt: Blüten getrieben. Deshalb sage ich ganz un- Der amtierende Exportweltmeister tut sich missverständlich: Deutschland ist auf aus- schwer mit der Globalisierung – eigentlich ländische Investitionen angewiesen. Unser ein paradoxer Befund. Land hat mit Staatsfonds aus dem Ausland Wenn es darum geht, welche Folgen bisher gute Erfahrungen gemacht. Wir brau- die Globalisierung für die Beschäftigung chen den Freihandel und die Freiheit des in- hat, dann fällt, wie ein Reflex, sofort das ternationalen Kapitalverkehrs wie der Fisch Schlagwort „Arbeitsplatzabbau“. Dabei wird das Wasser. vergessen oder unterschlagen, dass Investi- All das drohte in den vergangenen Wo- tionen deutscher Unternehmen im Ausland chen und Monaten aber in Vergessenheit zu nicht zuletzt der Markterschließung dienen geraten. Inzwischen kündigen sich gesetz- und dadurch letztlich auch Arbeitsplätze im liche Regelungen an, die deutlich ausge- eigenen Land sichern helfen. Weil das aber wogener sind als das, was in jüngster Zeit ausgeblendet wird, werden offene Märkte zum Teil öffentlich gefordert wurde. Und sehr schnell in Frage gestellt – eine fatale dennoch kann es nicht oft genug gesagt Schlussfolgerung. Und deshalb ist mein werden: Offene Märkte – und hierzu zählen zweiter Punkt: auch grenzüberschreitende Investitionen – Wir müssen uns dem Wettbewerb stel- sind für unseren Wohlstand unverzichtbar. len und protektionistischen Versuchungen Zu diesen Investitionen gehört auch widerstehen. Kaum eine ökonomische Ge- das zunehmende Engagement chinesischer setzmäßigkeit ist so unumstritten wie die, Banken im Ausland, in Europa wie in Ame-

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rika. Diese Entwicklung begrüßen wir aus- ten, sondern sogar den Rückwärtsgang ein- drücklich. Wir erwarten im Gegenzug aller- legen. Es mutet schon paradox an: Just in dings auch, dass sich ausländische Banken dem Augenblick, da die Reformen der Agen- zukünftig in größerem Umfang an chine- da 2010 zu wirken begonnen haben, werden sischen Finanzinstituten beteiligen und im sie auch schon wieder in Frage gestellt. Wie chinesischen Markt engagieren können, als aber soll der Standort Deutschland voran- dies gegenwärtig möglich ist. Beide Seiten – kommen, wenn – etwa mit der verlängerten und das gilt nicht nur mit Blick auf China, Auszahlung des Arbeitslosengeldes I – bishe- sondern generell – sind aufgefordert, ihre rige Erfolge aufs Spiel gesetzt werden? Von Märkte zu öffnen und sich nicht gegenseitig der Politik dürfen und müssen wir das Ge- Steine in den Weg zu legen. genteil erwarten! Nämlich dass sie Führung Manche Steine legt man sich aber auch zeigt und Kurs hält auf dem Reformweg, den selbst in den Weg. Und das ist meine drit- sie ja selbst eingeschlagen hat. te Botschaft: Um im globalen Wettbewerb Ein Beispiel ist die Konsolidierung der Der Wettbe­werb mit Asien findet auch zu bestehen zu können, muss Deutschland sei- öffentlichen Haushalte. Es ist ja erfreulich, Hause statt. ne Hausaufgaben in der Wirtschaftspolitik dass ein ausgeglichener Bundeshaushalt in- machen. Der Wettbewerb mit Asien findet zwischen in greifbare Nähe gerückt ist. Aber auch zu Hause statt. Dass wir gegenwärtig in einen wirklich ehrgeizigen Konsolidierungs- Deutschland eine robuste Konjunktur und ei- kurs sehe ich nicht. Wann – wenn nicht jetzt – nen anhaltenden Abbau der Arbeitslosigkeit wollen wir denn Haushaltsüberschüsse er- verzeichnen, ist das Ergebnis vielfältiger An- wirtschaften? Als Vorsorge nämlich für kon- strengungen der letzten Jahre. Dazu haben junkturell schlechtere Zeiten, die ja kommen alle ihren Teil beigetragen – Unternehmen, werden. Wann – wenn nicht jetzt – wollen Arbeitnehmer und die Politik. wir denn die Spielräume schaffen, um uns Auch die Bürger erkennen, dass die fit zu machen für den Wettbewerb mit Asien Bemühungen aller Früchte tragen: 65 % und anderen Regionen der Welt? der Deutschen meinen, dass die deutschen Ein weiteres Beispiel ist die Unterneh- Unternehmen für den internationalen Wett- mensbesteuerung. Auch hier sind weitere bewerb gut gerüstet sind – im Jahre 2004 Fortschritte nötig. So sollte die Gewerbe­ waren es nur 51 %. Das ist zwar erfreulich, steuer in ihrer jetzigen Form ersetzt werden – aber beileibe kein Grund, sich auf Erfolgen für die deutschen Unternehmen stellt sie auszuruhen. Gerade die Politik darf in ihren ein erhebliches Handicap im internationalen Reformbemühungen nicht nachlassen. Wettbewerb dar. Gegenwärtig wird allerdings ein ande- Aus der langen Reihe der weiteren Re- rer Eindruck erweckt. Es scheint, als wolle formbaustellen, die hier anzusprechen nicht die Politik nicht nur einen Gang zurückschal- die Zeit ist, möchte ich nur einen Punkt

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hervorheben: Ich spreche von Bildung, For- vom Gedanken des Wettbewerbs und fairen schung und Innovationen. Auch hier müs- Spielregeln getragen ist, nicht auch mit Blick sen wir noch mehrere Zähne zulegen. Denn auf ökonomische Herausforderungen mobi- hier, in Forschung und Entwicklung, wird lisieren lassen? sich maßgeblich entscheiden, ob Deutsch- Sich auf den Konkurrenten einstellen, land auch künftig seinen technologischen seine eigenen Stärken kennen und ausbau- Vorsprung behaupten und – besser noch – en – das sind die Voraussetzungen, um im ausbauen kann. Sport Erfolge zu feiern. Aber nicht nur dort – Bildung und Weiterbildung sind darü- sondern auch in der Wirtschaft. Wenn wir Bildung ist der ber hinaus auch der Schlüssel dazu, dass den Geist des Wettbewerbs auch heute ein Schlüssel dazu, dass möglichst viele Menschen als qualifizierte wenig befördern können, dann, meine Da- möglichst viele von der Globalisierung Arbeitnehmer von den Wohlstandsgewin- men und Herren, haben die Schönhauser profitieren. nen der Globalisierung profitieren. Wenn Gespräche ihren Zweck schon zu einem gu- jedes Jahr 80 000 junge Menschen das deut- ten Teil erfüllt. sche Schulsystem ohne Abschluss verlassen, dann ist es leicht, sich vorzustellen, dass wir in zwölfeinhalb Jahren auf diese Art und Weise eine Million Arbeitslose kreiert ha- ben werden. Denn diese jungen Menschen werden mit großer Wahrscheinlichkeit in dieser Gesellschaft arbeitslos werden. Es muss unser Bemühen sein und bleiben – hier appelliere ich nicht nur an die Politik, sondern auch an die Wirtschaft und auch an uns Banken –, hier Abhilfe zu schaffen. Politik und Wirtschaft – das ist mein Fazit – bleiben also vielfältig gefordert. Meine Damen und Herren, ein chine- sisches Sprichwort lautet: „Wer am Brunnen- rand wartet, bis das Wasser aus der Tiefe he- raufsteigt, wird verdursten.“ In der Tat: Ab- warten und die Hände in den Schoß legen – das dürfen wir beileibe nicht. Nun lieben die Deutschen ja den sportlichen Wettstreit. Und wir sind auch noch recht erfolgreich. Daher: Warum sollte sich der Sportgeist, der ja

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Globale Wirtschaft – deutsche Befindlichkeiten

Dr. Tilman Spengler Publizist, Starnberg

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf meine Bemerkungen mit einer Szene in Asien beginnen lassen. Diese Ortswahl rechtfertigt sich schon deswegen, weil fast zwei Drittel unserer Landsleute bei dem Begriff Globalisierung nicht an Afrika oder Amerika denken, sondern an China und Japan, ein wenig auch an Indien und die Tigerstaaten. Meine Szene spielt in einem Kloster in Kyoto vor gut 40 Jahren. Ich lernte bei einem Mönch Japanisch, der seinerseits bei mir Englisch­stunden nahm, um, wie er mir anvertraute, Karl Marx im Original lesen zu können. Das hätte schon sein Großvater versucht, allerdings ohne Erfolg. Wir trafen uns zwei Mal in der Woche, einmal bei mir in meiner Zelle, einmal bei meinem Freund Katsuro. Eine der größeren Schwierigkeiten für einen Deutschen beim Er­lernen des Japanischen ist bekanntlich die Unterscheidung zwischen „iku“ und „kuri“, zwischen Gehen und Kommen. Es gehört viel Sprachgefühl dazu, im Japanischen zu wissen, wann man gehen und wann man kommen soll. Mein Freund Katsuro hatte das linguistische Problem, zwischen „to take“ und „to bring“ zu unterscheiden. Am Ende meines Besuches pflegte er mir irgendein Objekt in die Hand zu drücken und zu sagen: „Please bring back!“ Was ich auch sehr gewissenhaft tat. Erst als er mir mit den Worten „Please bring back!“ ein bereits aufgeschlagenes Ei überreichte, wurde mir klar, dass wir beide Opfer eines kleinen kulturellen und sprachlichen­ Missverständnisses geworden waren. Doch wir waren beide zu höflich, uns auf unsere Fehler aufmerksam zu machen. Die Anekdote dient mir zur Illustration verschiedener Anliegen: Zum einen möchte ich darüber sprechen, dass Globalisierung kein rezentes Phänomen ist, gerade wenn wir die Beziehungen nicht nur unseres Landes mit Asien betrachten. Weiter möchte ich darauf hinweisen, dass es sich bei der Globalisierung um ein Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren handelt, bei denen der wechselseitigen Wahrnehmung, auch den Projektionen, eine entscheidende Bedeutung zukommt, und dass wir gut beraten sind, diese Projektionen sehr ernst zu nehmen. Naturgemäß hängt die hierzulande verbreitete Furcht, die Globalisierung bedeute den Wegfall von Arbeitsplätzen – das glaubt gut die Hälfte der Deutschen – nicht nur mit tra- dierten Vorstellungen zusammen. Doch das Bild vom anspruchslosen, sich mit niedrigsten Löhnen zufrieden gebenden chinesischen Arbeiter – daran glaubt ein Drittel –, der auch in einer vergifteten Umwelt noch ein freundliches Lächeln aufsetzt – daran glaubt niemand so recht – schon.

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Dieses Bild hat seine Geschichte. Eben- erster Gewährsmann über das Wesen der so wie das Bild vom verschlagenen Unter- Chinesen, ein Gelehrter namens Transsylva- nehmer, der mit billigen Raubkopien den nus, nach sorgfältigem Aushorchen portu- ehrlichen Handwerker vom Markt verdrängt. giesischer Matrosen im Jahre 1518 seinem Es glaubt aber nicht einmal jeder Zehnte der Kaiser Maximilian berichten konnte, die Chi- Deutschen, dass der ökonomische Erfolg nesen seien – ich zitiere – „von feinster wei- unserer chinesischen Konkurrenz nur dem ßer Hautfarbe“ und ihr Regierungssystem – geschickten Nachahmen geschuldet sei. Das ich zitiere noch einmal – „so gut geordnet mag man als Fortschritt betrachten. wie irgendwo im Deutschen Reich.“ Mehr als 60 % unserer Doch es bleibt dabei: Mehr als 60 % Mehr als zweihundert Jahre lang blie- Landsleute betrach­ unserer Landsleute betrachten die Chine- ben die Chinesen in unseren Augen so weiß ten die Chinesen als ihre gefährlichsten sen als ihre wichtigsten, also gefährlichsten wie das Porzellan, das die europäischen Konkurrenten. Konkurrenten. Und da keine wirtschaftliche Händler auf den verschiedensten Handels- Weisheit oder Vernunft sie davon abhalten wegen hierher brachten. Für einen ähnlich kann, müssen die Gründe tiefer liegen. Viel- weißen Teint „wie der Sinese“ erfreute sich leicht im Vorurteil. gerade bei den Damen der aus China ein- Es ist nämlich meine feste Meinung, geführte Sonnen­schirm größter Beliebtheit. dass wir mit dem Modell der Globalisie­- Herren kletterten in die – ebenfalls aus Chi- rung – oder des Verkehrs – im weltweiten na importierte – Sänfte, weil diese „auch in Austausch nur dann so recht vorwärts kom- engen Gassen Fortbewegung­ ohne hitzige men, wenn wir Beziehungsarbeit leisten. Sonnen­einstrahlung“ gewährte. Die Porträts Und wie jeder Psychologe weiß, beginnt die- der chinesischen Kaiser, die Europa erreich- se Form der Arbeit mit einer Erforschung der ten, zeigten die imperialen Antlitze, das Genese, der Entstehung der Bilder, die wir muss ich jetzt nicht betonen, als seien sie in voneinander haben. Dazu möchte ich einige Sahne konserviert. Beispiele liefern. Ich spreche hier natürlich von jener Erstes Beispiel: Warum ist der Chinese weitgehend glücklichen Periode zwischen gelb? – Ich weiß nicht, wer von Ihnen, ver- dem späten 16. und dem frühen 19. Jahrhun- ehrte Damen und Herren, je seinen chine- dert, der Zeit, die vielleicht die glücklichste in sischen Gastgeber oder Gast oder gar Ge- den wechselseitigen Beziehungen zwischen schäftspartner gefragt hat, warum er oder China und Europa war, und in der Voltaire sie eigentlich gelb ist. Es empfiehlt sich, die- über China ausrief: „Bewundern, erröten – se Frage nicht allzu direkt zu stellen, doch und vor allen Dingen: nachmachen!“ mit ein wenig Takt vorgebracht, bietet sie Das war allerdings auch zu der Zeit, als Anlass für einen erhellenden Diskurs. der chinesische Kaiser in seinem Palast kei- Es verhält sich nämlich so, dass unser ne im eigenen Lande nachgebauten Uhren

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aus dem Westen duldete und Galileo Galilei war noch nicht gekommen – erst durch die im fernen Mailand einem Augsburger Missi­ Taufe hätten sie auf die Bahn der Zeit geführt onar untersagte, sein Fernrohr nach China werden können. So aber blieben sie ein Volk mitzuführen. Galileo war in seiner Furcht vor ohne Zeit, unbeweglich eben; die Begrifflich­ Kopien fort­schrittlicher technischer Geräte keit „the timeless East“, wie sie dann in der eine Art Pionier des Produktschutzes, eher Kolonialliteratur auftaucht, hat hier ihren Italiener, wenn ich so sagen darf, als Deut­ Ursprung. Die Chinesen trieben Handel, scher, obwohl es damals diese Nationen na­ das wusste man aus den Häfen in Südchina, türlich noch nicht gab. also waren sie gierig. Und wenn einer Zurück zu den Hautfarben: Nachge­ gierig und unbeweglich ist, dann konnte dunkelt durch das europäische Denken, er laut Aristoteles, auf den Linné sich hier wenn ich das einmal so salopp formulieren beruft, nur gallig, also gelb sein. darf, wurden die Chinesen erst in der späten Wenn Sie mit Ihrem chinesischen Gast zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch an dieser Stelle des Gesprächs angelangt einen großen Natur­forscher, nämlich durch sind, dann sind Sie nicht schlecht beraten, den Schweden Carl von Linné, Carolus von meinem Beispiel zu folgen: Ich verweise Linnaeus, wenn Sie so wollen, der in seinem in einer solchen Situation sofort darauf, Werk Systema Naturae, diesem enzyklopä­ dass ich meiner Herkunft und dem Lin­ dischen Meisterwerk, leider auch vier Men­ néschen System zufolge, zur Kategorie schenrassen bestimmen zu müssen glaubte. der beweglichen, doch herzensschwachen­ Seither gibt es, durch den klassifikations­ Alpenzwerge gehöre. wütigen Linné ausgelöst, eben den Indianer Bewusst werden muss uns aber, dass als Rothaut, den Afrikaner als schwarzen zu unserer Tradition, und auch zu dem Phlegmatiker, den Weißen als Sanguiniker – wissenschaftlichen­ Erbe, auf das wir stolz und viertens den gelben, unbeweglichen, sind, jene Projektionen gehören, die einem gierigen Melancholiker, unsern asiatischen verhängnis­vollen Rassismus Vorschub ge­ Missionare, Jesuiten und Dominikaner Nachbarn. leistet haben. Wir finden die Vorgaben von hatten die Chinesen Die Hautfarbe, das ist hier die Pointe, Linné nur wenig später bei Kant, bei Herder als Volk ohne Zeit bezeichnet. war eine Frage der Zuschreibung, der oben und bei Hegel. Es führt hier ein ungemütlich von mir erwähnten Projektion. Chinesen wa­ direkter Weg zu unserem Kaiser Wilhelm II, ren nicht gelb, weil ihre Haut so getönt war, dem Hohenzollern, und der unter seiner sie wurden zu Gelben wegen ihres vermeint­ Ägide erstmals vollmundig proklamierten lichen Charakters erklärt. Die Missionare, Je­ „gelben Gefahr“. suiten und Dominikaner hatten die Chinesen Zweites Beispiel: Was ist Kunst? – Ich als Volk ohne Zeit bezeichnet, weil Christus darf wieder mit einer Szene beginnen. Sie die Heiden noch nicht erlöst hatte, ihre Zeit spielt – etwa zu den Zeiten, als Linné sein

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Buch vorlegte – am Hof des chinesischen für ihre chinesischen Auftraggeber die wun- Kaisers, und seine Hauptfigur ist der deut- derlichsten Verrenkungen vorgeführt haben. sche Helfer eines italienischen Malers. Die Obwohl es nicht leicht ist, auf dem Kopf ste- Maler wurden nach China geschickt, um hend zentralperspektivisch zu malen. dem Kaiser das Sehen beizubringen. Denn Der Kaiser von China erkennt sofort die in Europa galt seit gut 200 Jahren die Zen- Eigenart und den Vorteil der europäischen tralperspektive als der höchste Standard Malerei. In ihrem Realismus taugt sie als malerischer Perfektion. Ein Bild hatte nur Herrschaftsinstrument. Dem jungen Mann eine zentrale Perspektive, nach der sich alle aus Augsburg wird befohlen, alle in der Erscheinungen ordnen. Es ist dies eine Tra- Hauptstadt ansässigen Europäer „nach ihrer dition, die in der Kunstgeschichte gemein- wilden Natur“ zu malen. Als Holzschnitte hin auf den Maler Massachio zurück­geführt werden diese Bilder später an die Pekinger wird. Man ist stolz auf die technische Errun- Polizei als Steckbriefe verteilt. „Mit wahrer genschaft. Sie soll dem Kaiser imponieren, Kunst“, sagt der Kaiser, „hat diese Malerei denn die chinesische Malerei, das weiß man jedenfalls nichts zu tun.“ in Augsburg, kennt keine Zentralperspektive, Auch diese Anekdote duldet eine Reihe nur ein Durcheinander von verschiedenen von Interpretationen. Ich habe sie hier er- Perspektiven, europäisch betrachtet, ein zählt, um in erster Linie auf einen Punkt auf- heilloses, ungeordnetes Durcheinander. merksam zu machen: die gelassene Neugier, Naturgemäß gibt es einen Nebenge- mit welcher der Kaiser und der Fremde aus danken: Wenn der Kaiser von China begreift, Augsburg einander begegneten. Es ist die dass eine einzige Perspektive vollendeter ist Zeit vor der ideologischen, der rassistischen Um die Welt zu erken­ als die vielen Linien seiner Künstler, dann Aufheizung des 19. und des 20. Jahrhun- nen, braucht es ein begreift er auch, dass es nur eine einzige derts. Um die Welt zu erkennen, braucht es Gefühl für das Fremde wie für das Eigene. Wahrheit gibt – und dann ist es kein wei- ein Gefühl für das Fremde wie für das Eige- ter Weg mehr zu einem einzigen Gott. Ein ne, eben Selbstvertrauen, und ein Gespür in der Tat sehr kühnes, sehr frühes globales des Verheißungsvollen im Gegenüber. Es Projekt: die Vereinheitlichung von Anschau- braucht ein Einlassen auf den anderen, das ungen. so mutig ist, sich von theoretischen Vorgaben Der Kaiser betrachtet sich die Bilder, zu lösen und sich den Freuden der Empirie, die die Europäer vor ihm aufgebaut haben, der immer neuen Erfahrung auszuliefern. und befiehlt dem kleinen Helfer aus Augs­ Kant, Herder, Hegel, die deutschen Denker, burg, eines der Gemälde noch einmal anzu- die ich vorhin erwähnte, – später stießen fertigen, allerdings im Kopfstand. Das macht auch noch Karl Marx und Max Weber hin­- der Helfer – wie auch unzählige seiner Nach- zu – waren die deutschen Meister einer sehr folger aus den unterschiedlichsten Motiven deutschen Globalisierung der theoretischen

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Systeme. Auf Erfahrungen wollten sie sich die deutsche Befindlichkeit zu spontaner nur noch dann einlassen, wenn diese Er- Überreaktion, zu divenhafter Empfindlich- fahrungen systemkonform gemacht werden keit neigt, eine Empfindlichkeit, die sich an- konnten. Es hat sich, anders gesprochen, in gesichts der realen Proportionen etwa des unseren Haltungen eine gewisse Kleinmü- wirtschaftlichen Austausches nur als einiger- tigkeit breit gemacht. Nennen wir es höflich maßen bizarr charakterisieren lässt. ein Schutzbedürfnis. Da herrscht Katastrophenstimmung, Zu dieser deutschen Befindlichkeit ge- um ein Beispiel aus jüngster Zeit zu bemü- hört auch, dass sich das Gefühl für histo- hen, wenn ein französischer Staatspräsident rische Verletzungen und Verletzbarkeiten Verträge unterzeichnet, die bereits seit vie- weitgehend davongemacht hat. Verfolgt len Monaten vorbereitet wurden – Verträge, man deutsche Wirtschaftsdelegationen bei die vermeintlich auf unsere Kosten gehen, ihrem Zug durch das Land, trifft der Be­ weil eine deutsche Bundeskanzlerin in einer obachter oft auf eine wunderliche Mischung moralischen Kanonenbootpolitik den höch- An wie viel deutscher Befindlichkeit kann der aus Servilität und Hochmut. Die Anweisung sten buddhistischen Würdenträger mit einer Globus genesen? für den korrekten Kotau wird im Handge- Einladung ins Kanzleramt ehrte. päck mitgeführt, gleichzeitig aber auch der Eine Bemerkung zum Schluss: An zerlegbare Zeigestock zum Unterstreichen wie viel deutscher Befindlichkeit kann der der eigenen Überlegenheit. Globus genesen? In einem Interview mit der Oft genug entsteht der Eindruck, als Zeitung, deren Herausgeber er ist, äußerte habe die deutsche Vergangenheit mit Franz der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt Beckenbauer begonnen, als seien sehr bit- unlängst die Meinung, es sei ein wenig ver- tere Kapitel der chinesischen Kolonialge- messen, wenn die Bewohner dieser Republik, schichte nicht auch mit deutscher Feder ge- die zusammen vielleicht nicht einmal 3 % der schrieben worden. Ich erwähne diesen Punkt Gesamtbevölkerung dieser Erde ausmachen, schon deswegen, weil wir ein Verständnis die eigene Gesell­schaftsordnung als die der Verhaltensweisen unserer asiatischen allein selig machende darstellten, sozusagen Partner nur dann erreichen können, wenn urbi mit orbi verwechselten. wir uns vergegenwärtigen, mit welcher Non- Wie bei manchen klugen Bemerkungen chalance diese Länder in den vergangenen des Altkanzlers tut der Zuhörer gut daran, hundert Jahren durch die Welt­politik ge- hier ein Rauchsignal zu wittern. Ein Rauch- schubst wurden. signal, das wie das Vorbild, das Orakel von Nein, ich mahne keinen Übereifer an. Delphi, in mehrere Richtungen interpretiert Es wird ja in den nächsten Vorträgen und werden kann. Diskussions­beiträgen sicher noch davon die Schon ein oberflächlicher Blick auf Rede sein, wie leicht gerade im Falle China unsere Geschichte zeigt, dass uns die Rolle

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eines moralischen Lehrmeisters allenfalls in- dings nicht vorstellen, was der Rat oder der sofern zusteht, als wir in Anspruch nehmen emphatische Hinweis einer deutschen Bun- dürfen, zumindest in den letzten 50 Jahren desregierung an die Führung der Kommu- auch die Geschichte unserer Verbrechen als nistischen Partei Chinas hätte fruchten kön- integralen Teil der deutschen Geschichte nen, wie diese damals mit den Opfern der wahr- und ernst genommen zu haben – mit Kulturrevolution zu verfahren gehabt hätte. wie vielen Ausblendungen, Verzögerungen, Das hat nichts mit der vermeint- Ausweichmanövern­ das auch immer gesche- lichen Dichotomie zwischen Nächsten- und hen ist. Da war, um es mit Goethe zu sagen, Fernstenliebe zu tun. Genauso wenig stellt der Geist am Werk, der stets das Gute wollte es in Zweifel, dass unsere Menschenrechte und der, abweichend von Goethe, auch viel unveräußerbar sind. Ganz im Gegenteil: Ge- Gutes schaffte und dafür sogar – das ist bei rade weil es um Menschenrechte geht, um guten Werken eher selten – noch materiell die Rechte derer, die in Lagern versklavt wer- belohnt wurde. Ohne unsere Philosophen, den, denen das Recht auf freie Meinung ver- Historiker, manche Theologen und ganz be- wehrt, deren Besitz genommen oder deren sonders ohne unsere Künstler hätten wir auf Umwelt vergiftet wird, darf die Erörterung Dauer nicht jenes weltweite Vertrauen erlan- von Missständen nicht zu einem bloßen In- gen können, das auch eine Voraussetzung strument der Politik werden. Einer Politik, für unsere ökonomische Stabilität war. füge ich hinzu, die der Natur ihrer Sache Sollen wir nun mit diesem historisch nach allzu leicht von den Interessen anders Anderen Ländern ihre gewachsenen, immer bedrohten Pfund im geleiteter Befindlichkeiten bestimmt wird. spezifische Form der Ausland wuchern? Ich denke, man darf zu- Denn wir wollen den Fehler nicht wie- Aufarbeitung vorzu­ schreiben, steht uns nächst – und hier bin ich wieder bei Helmut derholen – und hier helfen nur globales und nicht an. Schmidt – nicht aus den Augen verlieren, historisches Ver­ständnis – den Indianer als dass die Aufarbeitung in der Bundesrepu- Rothaut und den Chinesen als gelb zu be- blik zunächst eine autoreflexive war. Da lag zeichnen. Wir wollen lernen, zu unterschei- ja beileibe auch genug Stoff vor. den. Auch zwischen Kommen und Gehen. Anderen Ländern ihre spezifische Form Mein Stichwort zum Ende. Haben Sie herz- der Aufarbeitung vorzuschreiben, steht uns lichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. nicht an, selbst wenn wir, um einmal ein enger begrenztes Feld der moralischen Glo- balisierung in den Zeiten des Postkommu- nismus ins Auge zu fassen, das Wirken der Gauck- oder Birthler-Behörde durch­aus als vorbildlich betrachten dürfen. Beim besten Willen kann ich mir aller-

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Wie können wir uns gegenüber Asien behaupten? – Erfahrungen aus der Praxis I

Dr. Jürgen Heraeus Vorsitzender des Aufsichtsrates, Heraeus Holding GmbH, Hanau

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Fragezeichen im Thema dieses Forums „Ein asiatisches Jahrhundert?“ sollte man durch ein Ausrufezeichen ersetzen, denn das asiatische Jahrhundert hat bereits begonnen. Japan machte in den fünfziger Jahren den Anfang. Ihm folgten die vier Tigerstaaten Hong- kong, Taiwan, Südkorea und Singapur. Dieser Zug fuhr weiter über Malaysia, Thailand und Indonesien, um schließlich in China anzukommen. Dies alles sind Märkte des Verbrauchs, aber zunehmend auch des Wettbewerbs. Während England und die USA 58 bzw. 47 Jahre benötigten, um ihr Pro-Kopf-Einkommen zu verdoppeln, schaffte Japan dies in 33 Jahren, Indonesien in 17 Jahren und China in 10 Jahren. Asien wird bis 2020 wahrscheinlich vier der fünf größten und sieben der zehn größten Volkswirtschaften der Welt aufweisen. Das bringt neben Selbstvertrauen auch Selbstbewusst- sein; denn Wohlstand gilt ebenso wie Macht als Beweis der Tugend, als Demonstration mo- ralischer und kultureller Überlegenheit. Vorbei ist die Zeit, als es hieß: Wenn Amerika niest, bekommt Asien eine Erkältung. In Asien heißt es heute schon: Selbst wenn Amerika hohes Fieber bekommt, bekommt Asien noch lange keine Erkältung. Schauen wir einmal, was die nächsten Monate hier bringen werden. Diese Entwicklung bedeutet aber auch, dass der Westen die Fähigkeit einbüßen wird, asiatische Gesellschaften zum Einhalten westlicher Standards bis hin zu Fragen der Men- schenrechte und anderer Werte zu bewegen. Das Thema Menschenrechte ist ein Thema, das man in China durchaus diskutieren kann. Das sagt auch Botschafter Ma Canrong, der heute Nachmittag zu uns sprechen wird. Aber er fügt hinzu: Man kann und muss es nicht in Verbin- dung mit den Olympischen Spielen diskutieren, denn das sind zwei verschiedene Dinge. Das Selbstbewusstsein der Bevölkerung schlägt sich beispielsweise bei einer in China durchgeführten Umfrage nieder, nach der 80 % der chinesischen Bevölkerung optimistisch hinsichtlich ihrer Zukunft sind. Solche Umfragewerte erreichen wir hier in Deutschland nicht, obgleich es zumindest 80 % der deutschen Bevölkerung deutlich besser geht als 80 % der Chinesen. Nun könnte man sagen, wenn die Zufriedenheit in Deutschland nicht so groß ist, sollte das ein Ansporn sein, sich richtig in die Riemen zu legen und nach vorn zu rudern. Aber es scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein. Die Chinesen sind von Grund auf kapitalistisch geprägt. Sie kennen die Steigerung des Kapitalismus: Das ist nicht nur der Neokapitalismus, sondern eben der chinesische Kapita- lismus. Die zentralen Werte des Konfuzianismus, die dort als Wünsche definiert sind, lau- ten: Söhne, Reichtum, Gesundheit und langes Leben. Der Kommunismus war ja nur eine

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Zwischenstation in der langen Geschichte täten sind nicht so gut wie die deutschen dieses Landes. Wenn Mao heute noch ver- Universitäten. Das mag ja sein, aber pro Jahr ehrt wird, obgleich er 50 bis 100 Millionen verlassen 360.000 Ingenieure, 250.000 Infor­ Menschen auf dem Gewissen hat, dann auch matiker, 20.000 Biotechniker und 10.000 deshalb, weil er das Reich zusammengehal- MBAs die chinesischen Universitäten. Es ist ten hat. eine interessante Relation: 10.000 MBAs ge- Neben den zentralen Werten des Kon- genüber 360.000 Ingenieuren. fuzianismus gibt es die geschätzten Werte, Im Westen sieht es anders aus. In Ame- die uns Deutschen sehr bekannt waren und rika sind die Hälfte der naturwissenschaft- auch noch sein sollten, nämlich Bescheiden- lichen Studenten Asiaten, und das Glück heit, Fleiß, Ausdauer, Zähigkeit, Risikobereit- scheint dort zu sein, wo die Wall Street am schaft, Erfolg, aber auch Reichtum. Warum Jahresende die Boni zahlt. sollten wir uns an den Chinesen ein Beispiel 580.000 junge Chinesen studieren im nehmen? In China hat die Ausbildung aller- Ausland, davon 25.000 in Deutschland – lei- erste Priorität. Was wir in Deutschland auf der nicht, weil die deutschen Universitäten diesem Feld versäumt haben, wenden wir als besonders gut gelten, obwohl sie es sind, heute für Hartz IV auf. Die Schule kostet in sondern weil es bei uns bisher noch kein China Geld, das Studium kostet Geld, und Geld gekostet hat. die Eltern tun dort alles, damit ihr Kind – in Welches sind unsere Vorteile aus der der Regel ist es ja nur eines – eine Zukunft beschriebenen Situation? Der Export nach hat, weil anderenfalls auch die Familie keine China boomt. Jährlich gibt es Steigerungs- Zukunft hat; denn die Systeme der Altersver- raten zwischen 10 und 30 %. Die Maschi- sorgung oder der Krankenversicherung sind nenbauindustrie in Deutschland lebt im in China stark unterentwickelt und befinden Moment vom Boom in China. Wir sind Ex- In China werden sich bestenfalls im Aufbau. Insofern trägt portweltmeister – vielleicht demnächst nicht heutzutage 3,4 % des das Kind die Hoffnung nicht nur der Eltern, mehr. Warum kaufen die Chinesen und die Bruttoinlandsprodukts für Bildung ausgege­ sondern auch der Großeltern. anderen Asiaten unsere Maschinen? Das tun ben. In China werden heutzutage 3,4 % des sie deshalb, weil unsere Maschinen in der Bruttoinlandsprodukts für Bildung ausge- Qualität, in der Performance gut sind, vor geben. Im Jahre 2008 sollen es 4 % sein. allen Dingen weil der Service gut ist. Aber Deutschland strebt für 2009 3,5 % an. Vor unsere Maschinen sind teuer. Wenn wir die zehn Jahren hat keiner der Statistik ge- Kaufkraft eines Chinesen und auch das chi- glaubt. 8 oder 9 % Wachstum, das musste nesische Preisniveau zugrunde legen, müs- gefälschten Statistiken entspringen. sen die Maschinen gewaltig gut sein, damit Wenn man über einen Talentpool redet, sie auf Dauer gekauft werden. Ich habe ein- wird oft gesagt: Die chinesischen Universi- mal gesagt: In gewisser Weise sind diese

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Exporte eine moderne Art des Kolonialis- nauso gut, aber billiger machen. Die große mus. Denn wir verkaufen unsere Produkte Wertschöpfungstiefe, die einige Unterneh- zu unseren Entstehungskosten, die uns ein men in Deutschland haben, ohne dass jedes gutes Leben ermöglichen, und verkaufen sie Teil wirklich eine ganz spezielle einmalige an arme Länder, die sich diese Produkte nur Leistung darstellt, steht dem entgegen. So leisten können, wenn sie damit rund um die wird es vermehrt zu Teilverlagerungen ins Uhr produzieren, auch samstags und sonn- Ausland kommen. Wir müssen Produkti- tags, um maximal viele Produkte absetzen onen verstärkt in China aufbauen, um das zu können, möglichst auf den Weltmärkten, Kern-Know-how weiter hier in Deutschland um die Abschreibungen und die Zinsen zu zu behalten. Das ist das Coca-Cola-Prinzip: verdienen. Flasche und Wasser aus China, aber die Ein normaler Chinese, der ein deutsches durch Geheimrezepte geschützten Ingredi- Auto kauft, muss dafür zehnmal so lange ar- enzien zuliefern. beiten wie sein deutscher Kollege. Ich sage Doch wir müssen auch unsere Kosten- das nicht, weil wir die Chinesen dafür be- strukturen hier, wie das in den vergangenen dauern sollten, sondern weil wir darüber drei Jahren erfolgreich gemacht wurde, im- Wir müssen unsere Innovationen beschleu­ nachdenken müssen, ob das auf Dauer so mer wieder von Neuem überarbeiten, um nigen, um auch in weitergehen kann. preiswerter zu werden. Wir hören heute, Zukunft wettbewerbs­ fähig zu sein. Die Chinesen kopieren wie die Welt- dass in China die Arbeitskosten mit zwei- meister, denn es ehrte schon Konfuzius stelligen Zuwachsraten steigen, um 10, 15 zufolge, den Meister, zu kopieren. Dabei bis 20 %. 15 % in China sind absolut weniger sollten wir aber nicht vergessen, dass dies als 3 % in Deutschland. 3 % von 3.000 € pro die Japaner und die Koreaner genauso getan Monat sind 90 €, 15 % von 500 € im Monat haben. Die Japaner tun es heute noch, nur sind 75 €. Die Schere wird sich nicht schlie- in sehr viel verfeinerter Form. Die Chinesen ßen, vielleicht in Polen, weil es dort nicht so bauen auf den Kopien auf und entwickeln viele Arbeitskräfte gibt. die Dinge weiter, wie das auch vielfach in Was können wir verstärkt tun? Alle Japan geschah. Handlungsoptionen sind bekannt: die Aus- Wir müssen unsere Innovationen be- bildung verbessern, an den Schulen mehr schleunigen, um mit unseren Produkten junge Leute für die Naturwissenschaften auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein. begeistern, damit sie diese Fächer anschlie- Wir müssen uns dabei auf unsere eigent- ßend studieren, in den Unternehmen länger liche Wertschöpfung, auf das Know-how, arbeiten, und zwar sowohl in der Woche als auf das Wertvolle der Wertschöpfung im- auch im Leben insgesamt. mer mehr beschränken und die einfacheren Wir dürfen das nicht immer nur in For- Dinge von anderen beziehen, die das ge- derungen an die Politik kleiden. Die Politik

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ist in ihren Möglichkeiten beschränkt, gleich- Chinesen sehr erfolgreich arbeiten. Unser gültig welche Regierung an der Macht ist, Unternehmen hat in China über 2.000 Mit- wenn es sich überhaupt noch um „Macht“ arbeiter, darunter zwei Deutsche. Das heißt, handelt. Ich möchte alle auffordern, selbst wir vertrauen den Chinesen, wir geben ihnen Jeder Einzelne mehr zu tun. Jeder Einzelne von uns hat in die notwendige Handlungsfreiheit. Manch- von uns hat in der der Vergangenheit viel versäumt. Es waren mal geht es schief, wie das auch ansonsten Vergangenheit viel versäumt. nicht die schlechten Lehrer, die unsere Kin- im Leben der Fall ist. Aber auf diese Weise der nicht ausgebildet haben, sondern es wa- können wir in Deutschland Arbeitsplätze ren die Eltern, die nicht dafür gesorgt haben, halten, sofern wir hier genügend qualifi- dass es den Kindern Spaß macht, in die Schu- zierte Arbeit haben. le zu gehen. Es waren die Eltern, die nicht Dieses Jahrhundert wird vielleicht mit den Lehrern gesprochen haben, damit schwerpunktmäßig­ ein asiatisches sein, aber diese die Kinder motivieren. Wenn Eltern die wir werden daran teilhaben. Lehrer beschimpfen, die Kinder brächten kei- ne Leistung, dann führt das nicht weiter. Viele engagieren sich mit Geld an den Universitäten, gerade auch die Banken. Hier wünsche ich mir mehr persönliches Engage- ment. Wenn die Universität Frankfurt meint, sie bräuchte Herrn Ackermann als Honorar- professor nicht, so ist das bedauerlich. Das sollte uns weiterhin aber nicht davon abhal- ten, uns selber zu engagieren. Das gibt den Politikern Rückenwind. Ich denke, wir sollten in China nicht mit dem zusammengelegten Zeigestock auftre- ten, aber auch nicht servil. Hier können wir von den Japanern lernen. Dort bekommt man beigebracht, dass man die Schuhe vor der Tür stehen zu lassen hat und dass man sich besser mit Kultur beschäftigt, statt sich im Unternehmen einzumischen, wenn man ein Joint Venture hat. Mein erster Chef, Herr Professor Heinen, hat gesagt: Seien Sie bei allem, was Sie tun, höflich, aber bestimmt. Auf diese Weise können wir auch mit den

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Wie können wir uns gegenüber Asien behaupten? – Erfahrungen aus der Praxis II

Jürgen Fitschen Mitglied des Group Executive Committee, Deutsche Bank AG, Frankfurt am Main

Meine Damen und Herren! Unser Thema heute lautet Asien, und doch haben wir bislang fast ausschließlich über China gesprochen. Lassen Sie uns nun den Blick darüber hinaus erweitern und ein Gesamt- bild zeichnen. Denn Asien ist kein Monolith, sondern ein sehr facettenreiches Gebilde. Vom Stadtstaat Singapur mit seinen 4,5 Mio Einwohnern bis hin zu den 1,3 Mrd Menschen in China finden sich verschiedenste soziale, politische und wirtschaftliche Konzepte. Sobe­ obachten wir ganz unterschiedliche Wachstumsraten – von etwa 2 % in Japan bis hin zu 10 oder 11 % in Indien und China. Und während in China ein starker Staat die wirtschaftliche Entwicklung vorantreibt, wurde die bisherige Aufbauleistung in Indien fast ausschließlich vom privaten Sektor erbracht. Der rasante wirtschaftliche Aufschwung geht jedoch nicht immer mit einer Öffnung der politischen Systeme einher. Demokratisierung sowie politische Partizipation machen in einigen Ländern Asiens nur geringe Fortschritte. Hinzu kommen zum Teil gravierende soziale Differenzen und massive Umweltzerstörungen, beides wird künftig wohl noch zunehmen. Nicht zuletzt bleiben außenpolitische Faktoren – wie die mögliche atomare Bedrohung durch Nordkorea und das atomare Wettrüsten zwischen Indien und Pakistan – Besorgnis erregend. Trotz dieser Hemmnisse wird es langfristig für Europa eine Herausforderung bleiben, sich gegenüber einem Kontinent zu behaupten, in dem 60 % der Weltbevölkerung leben und der im Durchschnitt zwei bis dreimal so schnell wächst wie die hiesige Wirtschaft. Dass Deutschland vielleicht schon im nächsten Jahr seinen Titel als Exportweltmeister abgeben muss, überrascht vor diesem Hintergrund nicht. Dennoch sollten wir nicht verzagen, sondern uns stattdessen auf unsere Stärken besin- nen. Ein vereintes Europa kann ein echtes Gegengewicht zu den USA und Japan sowie den neu entstehenden „Supermächten“ sein. Gleichzeitig profitieren wir auch von einer stabilen Demokratie, die für verlässliche Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Gesellschaft sorgt. Außerdem haben wir Mechanismen etabliert, die den möglichen sozialen und ökologischen Folgen des Wachstums erfolgreich begegnen können. Darüber hinaus lässt sich feststellen: Produkte aus Asien sind ohne Zweifel gut und vor allem günstiger. Sie leisten damit einen enormen Beitrag für die Versorgung und das Inflationsgefüge für Millionen westlicher Haus- halte. Dennoch haben sich etwa deutsche Qualitätsprodukte und -dienstleistungen gegen­ über dieser Konkurrenz behaupten können. Davon zeugen u. a. die Exportzahlen. Allein in den letzten sechs Jahren sind Deutschlands Exporte in die Asien-13-Länder – China, Hongkong, Indien, Indonesien, Malaysia, Pakistan, Philippinen, Singapur, Südkorea, Sri Lanka, Taiwan, Thailand und Vietnam – um durchschnittlich mehr als 16 % p. a. gewachsen – um 3,3 Prozent-

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punkte mehr als die deutschen Ausfuhren schon seit 1980 in Indien mit Filialen prä- insgesamt. Inzwischen gehen ca. 8 % der sent. Seit 2005 haben wir in den wichtigsten deutschen Exporte in die Asien-13-Staaten. Städten zehn weitere eröffnet. Unsere Kun- Parallel dazu sind auch die deutschen Direkt-­ denzahl hat sich seitdem auf 500.000 ver- investitionen in dieser Region sprunghaft dreifacht. Der konstruktive Dialog mit den angestiegen. lokalen Verantwortlichen, beispielsweise Allerdings werden viele Unternehmen der Bankenaufsicht, hat einen wesentlichen dieses Exportvolumen und die damit verbun- Beitrag zur Entwicklung eines adäquaten Re- denen Wachstumsmöglichkeiten auf Dauer gulierungsrahmens geleistet, innerhalb des- Die Unternehmen müs­ nicht erfolgreich nur aus Deutschland he- sen wir unsere Fähigkeiten optimal in den sen selbst in die Märkte raus stemmen können. Vielmehr müssen sie Dienst des Kunden stellen können. gehen und unmittelbar den Zugang zu den dor­ in die Märkte selbst gehen und unmittelbar In China wiederum erhielten wir erst tigen Kunden suchen. den Zugang zu den dortigen Kunden suchen. 1995 die Erlaubnis, eine Filiale zu gründen. Ein solches Vorgehen ist jedoch mit sehr viel Bis dato waren wir nur mit einer Repräsen- höheren Risiken verbunden als ein Engage- tanz vertreten. Anfang des Jahres wurde ment in bekannten, westlichen Regionen. unsere chinesische Tochtergesellschaft als Und angesichts der eingangs geschilderten einheimisches Unternehmen registriert. Da- Besonderheiten und regionalen Unter- mit können wir nun unser Geschäft in China schiede ist eine sehr genaue Analyse der deutlich ausweiten und Dienstleistungen in einzelnen Märkte und der Möglichkeiten zur der lokalen Währung Renminbi anbieten. Positionierung vor Ort von entscheidender Während sich Banken bis vor einigen Bedeutung. Doch auch ein detaillierter Plan Jahren hauptsächlich darauf beschränkten, schützt nicht vor Überraschungen. Deshalb ihre heimischen Firmenkunden bei ihren sind ein langer Atem und ein klares Bekennt- Auslandsaktivitäten zu begleiten, ist das nis zur eingeschlagenen Auslandsstrategie heute kein Garant mehr dafür, sich erfolg- vonnöten. Lassen Sie mich das am Beispiel reich in einem neuen Markt zu etablieren. der Deutschen Bank erläutern. Denn das Geschäftsvolumen, das die Deut- Wir formulieren unsere Auslandsstrate- sche Bank heute mit deutschen Kunden in gie insgesamt auf Basis dreier Megatrends, den asiatischen Ländern abwickeln kann, ist die wir für vorherrschend halten: die fort- zu gering, um damit eine Filiale profitabel schreitende Globalisierung, die zunehmende führen zu können. Dieser Umstand lenkt Bedeutung der Kapitalmärkte und das ste- das Augenmerk zunehmend auf die Akqui- tig wachsende Vermögensverwaltungs­ sition lokaler Kunden. Jedoch ist gerade geschäft. im Segment der großen Firmenkunden die Globalisierung bedeutet in erster Linie Wettbewerbsintensität besonders hoch und die Eröffnung von Freiräumen. So sind wir eine risikogerechte Preisstellung etwa von

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Kreditengagements kaum möglich. Zumal ders gestaltet sich dies im Retailmarkt, wo die lokalen Wettbewerber in fast allen asia- die Ansprache von Kunden schwer fällt. Eine tischen Ländern – Hongkong und Singapur der Ursachen hierfür ist eine Marktstruktur, ausgenommen – gerade im Kreditprozess die sich von der uns bekannten fundamental noch fundamentale Schwächen aufweisen. unterscheidet: Sie spiegelt sich zum einen in Der hohe Anteil an notleidenden Krediten der Konzentration in Megastädten wider und zeugt davon. zum anderen im Leben auf dem Land, das Eine lukrative Alternative zur lokalen sehr weitläufig und zum Teil nur schwer zu- Kreditvergabe ist das grenzüberschreitende gänglich ist. Unter diesen Bedingungen eine Geschäft. Das umfasst sowohl die Begleitung adäquate Marktdurchdringung zu erreichen, von Direktinvestitionen deutscher Unterneh- ist sehr mühsam. Hinzu kommt die Befürch- men und Portfolioinvestitionen deutscher tung lokaler Institutionen, Investoren aus Fonds als auch jener Engagements von asi- dem Ausland würden mit ihrem Know-how atischen Investoren außerhalb des eigenen lokale Wettbewerber verdrängen. Gerade Landes. Insbesondere vor dem Hintergrund in China ist diese Sorge weit verbreitet, je- der hohen Devisenreserven verspricht dies doch wurde hier eine pragmatische Lösung interessante geschäftliche Perspektiven. So gefunden. Ausländischen Banken wurde er- hat vor kurzem eine chinesische Bank einen möglicht, sich an inländischen Instituten zu 30-Prozent-Anteil an einer großen südafri- beteiligen. Während erstere damit einen Zu- kanischen Bank erworben und sich damit gang zu Privatkunden und Marktkenntnisse indirekt den Zugang zu 18 afrikanischen erhalten, profitieren letztere vom Produkt- Ländern gesichert. Und in Japan gibt es und Prozesswissen der Investoren. Jedoch ist Im Jahr 2006 ist das Vermögen der sehr beispielsweise Investoren, die – angesichts die Höhe der Beteiligungen noch häufig ge- reichen Privatkunden einer Verzinsung von bescheidenen 0,5 bis setzlich eingeschränkt. Trotzdem übt der asi- im asiatisch-pazifischen Raum um über 10 % 1 % im eigenen Land – lieber in anderen Län- atische Markt unverändert eine große Faszi- gewachsen. dern anlegen. Eine der attraktivsten Trans- nation aus. Im Jahr 2006 zum Beispiel ist das aktionen des letzten Jahres war die Auflage Vermögen der sehr reichen Privatkunden im eines Fonds für japanische Anleger, die in asiatisch-pazifischen Raum um über 10 % Russland investieren wollen. Bei derartigen gewachsen. Die Anzahl an vermögenden Geschäften haben international aufgestellte Kunden wuchs in Indien um über 20 %, in Institute einen Wettbewerbsvorteil gegen­ China um fast 8 %. Selbst wenn man davon über jenen, die hauptsächlich in nationalen ausgeht, dass nur 20 % der Chinesen und In- Grenzen agieren. der dem Mittelstand angehören, entspricht Diese Beispiele zeigen, dass es im In- dies allein der Hälfte der europäischen Be- vestmentbanking gut gelingt, Zugang zu völkerung. Für Retailbanker eröffnen sich den lokalen Kunden zu erhalten. Ganz an- somit enorme Chancen.

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Letztlich kommt es auf den richtigen kennengelernt, die beklagt haben: Wir sind Einstiegszeitpunkt an: Viele der Banken, nur mit 5 oder 10 % am gesamten Umsatz die in China früh in den Markt gegangen unseres Hauses beteiligt, deshalb werden sind, haben aufgrund der gesetzlichen und wir im Konzern nicht ernst genommen. Das wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine hat negative Konsequenzen auf die Motiva- Viele der Banken, die in lange Verlustphase hinnehmen müssen. tion und Qualität der Mitarbeiter – sowohl China früh in den Markt Stattdessen hat die Deutsche Bank beispiels- der entsandten als auch der vor Ort rekru- gegangen sind, haben eine lange Verlustphase weise zunächst auf Indien gesetzt, wo die tierten. hinnehmen müssen. Rahmenbedingungen attraktiver erschienen. Gerade in Asien mit seinen landesspe- Mittlerweile sind auch in China die Investiti- zifischen geschäftlichen Gepflogenheiten onsmöglichkeiten für Banken deutlich inte- sowie politischen und kulturellen Besonder­ ressanter geworden. Im Nachhinein hat sich heiten braucht es Zeit, um Fuß zu fassen und diese Strategie als sehr erfolgreich erwiesen. als vertrauenswürdiger Partner anerkannt zu Inzwischen arbeiten in Asien fast 20 % der werden. Respekt vor und Wissen um diese Mitarbeiter der Deutschen Bank, das sind Andersartigkeit ist der dritte wichtige As- über 14.000. Wenn sich unsere Erwartungen pekt einer Asienstrategie. Um den Anforde- erfüllen und der regionale, innerasiatische rungen gerecht zu werden, hat die Deutsche Markt weiter wächst, sind wir dort bereits Bank ihre Aufstellung deutlich verändert. gut verankert. Kam vor zehn Jahren kaum einer der Län- Aus den bisherigen Überlegungen las- derverantwortlichen aus dem asiatischen sen sich die wesentlichen Erfolgsfaktoren Raum, gibt es heute nur einen einzigen, der für ein Engagement in Asien ableiten: Ers­ nicht von dort stammt. Wobei die Nationali- tens kommt es auf den richtigen Zeitpunkt tät des jeweiligen nicht immer mit dem ent- des Markteintritts an. Nun kann dieser sprechenden Land übereinstimmt. So leitet kaum ex-ante bestimmt werden. Jedoch ist ein Inder die indonesische Auslandseinheit es hilfreich, nicht nur kurzfristigen Moden und ein Neuseeländer die japanische. Für zu folgen, sondern sich zweitens – basie- eine erfolgreiche Tätigkeit in Asien gilt es, rend auf einer sorgfältigen Einschätzung die oben angedeuteten Eigenheiten dieser der Rahmenbedingungen und Marktgege- Märkte zu respektieren. Damit die Kollegen benheiten – langfristig zu einem Markt zu vor Ort erfolgreich handeln können, muss bekennen. Untrennbar damit verbunden ist ihnen die erforderliche Entscheidungsfrei- das feste Bekenntnis der Unternehmenslei- heit gewährt werden, etwa im Hinblick tung, dauerhaft hinter den jeweiligen Aus- auf Produktideen, Marketingmaßnahmen landseinheiten zu stehen. Denn jede gute oder auch Kompensationspakete. Dabei Asienpolitik beginnt bereits zu Hause. Wie wird es stets eine besondere Herausforde- oft habe ich deutsche Unternehmer vor Ort rung bleiben, die richtige Balance zwischen

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wünschenswerter globaler Standardisierung Sackgasse. Konsequenterweise gilt es also, und der optimalen Anpassung an lokale Be- bereits vor der Entsendung Rückkehrmoda- sonderheiten zu finden. litäten zu klären. Nur so können die besten Das Verständnis für ein derartiges Span- Kandidaten für den Asieneinsatz gewonnen nungsfeld führt uns zur vierten – der viel- werden. Eng daran geknüpft ist wiederum leicht wichtigsten – Erfolgsgröße, nämlich die Bedeutung, die dem jeweiligen Stand- qualifizierte lokale Mitarbeiter zu gewinnen ort im Konzerngefüge beigemessen wird. und zu halten sowie attraktive Bedingungen Gleichzeitig sollte auch rechtzeitig darüber für die Auslandsentsendung zu schaffen. In- nachgedacht werden, wie lokale Mitarbeiter zwischen ist auch in Asien der Kampf um die konzernweit eingesetzt werden können, um besten Talente voll entbrannt. In China und auch ihnen attraktive Perspektiven anbieten Indien gibt es nun einen ähnlichen Mangel zu können. an Fachkräften wie in Deutschland, obwohl Nicht zuletzt – und das ist mein fünfter Der Erfolg einer Unterneh­mens­ zum Beispiel rund 400.000 Ingenieure jedes Punkt – hängt der Erfolg einer Unterneh-­ expansion in Asien Jahr die chinesischen Universitäten verlas- mens­expansion in Asien auch von der Stär- hängt nicht zuletzt von der Stärke der sen. Leider entspricht deren Wissensstand ke der Heimatbasis ab. Langfristige Engage- Heimatbasis ab. nicht immer der gesuchten Qualifikation ments in andere Regionen lassen sich eben oder dem internationalen Ausbildungsstan- nur durchhalten, wenn das Unternehmen auf dard. Deshalb investiert etwa die Deutsche eine stabile Ertragslage und belastbare Kun- Bank viel Zeit in die Fort- und Weiterbil- denbeziehungen in seinen angestammten dung der eigenen Mitarbeiter in der Regi- Märkten verweisen kann. Wer glaubt, seine on. Der Fachkräftemangel führt auch dazu, Probleme auf dem Heimatmarkt in Asien lö- dass bei guten Mitarbeitern in Indien, China sen und bereits in kurzer Zeit über gute Er- und Deutschland kaum noch Gehaltsunter- gebnisse berichten zu können, sollte dieses schiede bestehen. In nicht wenigen Fällen Abenteuer besser nicht unternehmen. müssen wir in Asien mehr zahlen als bei- Meine Damen und Herren, lassen Sie spielsweise in Frankfurt, um dieselbe Quali- mich zu folgendem Schluss kommen. tät an Bord zu holen und zu halten. Asien bietet enorme Chancen für inter- Für jedes Unternehmen, das in den national expandierende Unternehmen. asiatischen Raum expandieren will, besteht Entscheidend kommt es aber darauf an, demnach eine der größten Herausforde- - nicht nur deutsche Kunden ins Ausland zu rungen darin, die gut ausgebildeten Kolle- begleiten, sondern genauso den Zugang gen für das Unternehmen vor Ort zu gewin- zu lokalen Kunden zu suchen; nen. Und für jene Mitarbeiter, die dorthin - die regionalen Marktgegebenheiten und entsandt werden, sollte ein solcher Schritt Rahmenbedingungen zu kennen und ernst ein Karrieresprungbrett darstellen und keine zu nehmen;

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- dem Auslandsengagement eine hohe Pri- orität beizumessen und dies auch inner- halb des Unternehmens immer wieder zu bekräftigen; - dabei einen langen Atem zu besitzen, der sich auf eine starke Basis im Heimatmarkt stützt und – last but not least – - die besten Talente vor Ort frühzeitig und langfristig an sich zu binden sowie im Hei- matmarkt nach geeigneten Kandidaten für eine Entsendung zu suchen und ihnen im Anschluss daran eine attraktive Perspektive zu bieten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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Diskussion

Leitung: Dr. Hans D. Barbier Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung, Bonn

Dr. Hans D. Barbier: Meine Damen und Herren! Wie stehen wir im internationalen Wettbewerb da, nachdem offenbar bedeutende, fleißige und wendige Wettbewerber das Feld nebenS uns bestellen möchten? Man kann ja nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass das Feld oll weiterhin ein Deutscher uns gehört. ein Deutscher sein? Aber gewiss. Etwas anderes kann er ja nicht sein. Als DeutscherIn fast allen ist erbisherigen geboren Ausführungenworden, er spricht tauchte Deutsch, die Feststellung mit muttersprachlicher auf, dass uns Mühelosig die Verän-- derungenkeit. Als etwas zwar geborenvielleicht zu keine werden, Angst so machen könnten müssen wir sagen, – sie das müssen sei kein uns Verdienst, sogar mit sondern einiger Sicherheiteine Gegebenheit, keine Angst ein machenGeschenk –, oderdass eseine aber Plage, falsch wir wäre, können zu glauben, uns darüber dass derfreuen europäische oder be- Standardtrübt deshalb noch sein; immer es derkann anerkannte eine Quelle Standard vieler guterder Welt oder ist. schlechter Das muss Gefühle man erst sein, einmal ebenso ab- warten.wie es uns auch mit unserer Familie ergeht. Dass wir uns in einem Laden, in dem Tanten und OnkelInteressant angeboten fand werden, ich die ausgerechnet Bemerkung fürvon sie Herrn entschieden Heraeus, hätten,dass aus ist seinerkeineswegs Anschauung sicher, herausaber wenn in China sie uns das nun Kind schon eine einmalgroße Bedeutung zuteil geworden hat. Herr sind, Heraeus dann bleibthat erklärt: uns nicht Das anderesKind ist dieübrig, Zukunft als sie des zu Landes,lieben, anlässlichund zwar nichtihrer nurBeerdigung für sich selbsttraurig – zudas sein ist unvermeidlichund von ihnen –, amüsante sondern auchoder wehmütigefür die Zukunft Geschichten der Eltern. zu erzählen. EsIch ist schreibe etwa 30 diesen Jahre Texther, amdass . es November.in China kostenlos Gestern, einenam . Fernsehapparat November, habe gab, ich wenn eine manlange eine Autofahrt Abtreibung nach Berettyóújfalunachweisen konnte. unternommen, Diese Fernsehgeräte das  Kilometer standen von damals Budapest auch entfernt in Ge- genden,liegt, in meiner in denen Begleitung sie mit absoluter befanden Gewissheit sich meine nichtFrau undzu betreiben ein mir befreundeter waren, weil Kameramann,dort gar kein Stromder bewaffnet verfügbar war.mit seiner Trotzdem Videokamera bestand eine intensiv ausgesprochen einige Objekte lebhafte studierte, Nachfrage die ich nach in diesenmeiner Fernsehgeräten.Kindheit des Öfteren Dies betrachtetist ein Indiz haben da­für, mochte: dass China eine sicher Brücke kein und Land eine ist, Turmuhr, das die Rationalitäteine Kirche und einedie Stringenz Synagoge auf und Dauer selbstverständlich gepachtet hat. unser China ehemaliges ist ein Land, Haus, das dasgenauso die ungarischen auf der Suche Be- isthörden wie alle meinem anderen Vater Länder erst gemäßauch. Berliner und schließlich gemäß Moskauer Instruktionen weggenommenDer Anteil der haben. Europäer oder der Deutschen am Welt-Bruttosozialprodukt ist keine Kon- stante.Als Der sich Handel meine wird Frau neue im Dorf Bilder allein des Tauschens,umgesehen des hatte, Investierens, konnte sie des daran Verdienens absolut bieten. nichts EsSchönes ist die entdecken; Frage, ob manfür mich durch dagegen Beweglichkeit repräsentiert auf dem dieser Markt Ort in natürlichste der Lage ist, Raumordnung. ohne eigene StandardsGelegentlich, außerhalb in Abhängigkeit der Ökonomie von Lust aufzugeben, und Licht, durch empfinde eine Anpassung ich es sogar in den als Wettbewerbsschön. Die ge-- beziehungenmächlich daherkommenden seine Position zuDiphtonge behalten des oder Dialekts, sogar zu der verbessern. im Komitat Bihar, der Provinz mei- ner Kindheit,Wenn die gesprochen Weltwirtschaft wird, wächst, dringen verändern als Wohllaute sich diean meinStrukturen. Ohr. Wir können nicht ein- fach sagen:Unsere Soll Rodelbahn doch das mag Welt-Bruttosozialprodukt zwei Meter hoch gelegen mithilfe haben, der sie Chinesen ging von wachsen, der höchsten unser AnteilBodenerhebung daran und in unser der GegendPro-Kopf-Einkommen dieses Flachlands werden aus. ebenfalls Als ich vor in etwadiesem zwanzig Ausmaß Jahren wachsen. mei- Dasnem ist ältesten eben nicht Sohn so. Miklós Es geht diese darum, Anhöhe sich zeigte, eine Vorstellung streichelte erdavon mich zu und machen, sagte: welche"Du Ärmster!" neuen WettbewerbsimpulseDarüber musste ich lächeln. prägend Denn sein ichwerden empfand und obmich man damals wirtschaftlich nicht im bewaffnet Geringsten und als innerarm,- lichwenn gewappnet ich auf der ist, kleinen sich dem Bahn Wettbewerb in einer Reihezu stellen. zwischen den anderen hinuntersauste und meinenDr. Schlittenh. c. Martin wieder Kohlhaussen: aufwärtszog, Das, um was erneut Herr hinunterzupreschen.meinem Dr. Heraeus zum Thema „asiatisches ältesten SohnJahr- hundert“Miklós diese und Anhöhe auch zu zeigte, der Parallele streichelte zu Japan er mich vorgetragen und sagte: hat, "Du unterschreibe Ärmster!" Darüber ich in musstevollem Umfang.ich lächeln. Ich Denn habe ichin denempfand siebziger mich Jahren damals selbst nicht vierim GeringstenJahre in Japan als arm, gelebt. wenn Wenn ich aufwir derak- zeptieren,kleinen Bahn dass in eseiner sich Reihe um ein zwischen asiatisches den anderenJahrhundert hinun handelt, in das wir bereits mit allen Konsequenzen eingetreten sind, ist die Frage zu stellen: Beschränkt sich das in unserem

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Blickwinkel auf Asien? Was macht China Art unserer Entwicklungshilfe gut aufgestellt denn woanders? Mein Stichwort lautet: Chi- sind. Ich behaupte: nein. Ich finde, unsere na in Afrika. Deutschland und Europa treten Entwicklungshilfe ist ein Fass ohne Boden, Wir müssen uns in Afrika nur unter dem Charity-Aspekt und mit einem Return, der – wenn wir ihn denn fragen, ob wir mit unter dem Aspekt der Entwicklungshilfe an. berechnen würden – für die Steuerzahler ka- der Art unserer Entwicklungshilfe gut Wir wissen, dass da sehr viel schiefgegan- tastrophal ist. aufgestellt sind. gen ist. Das wird auch von den Afrikanern, Wir sollten das aufgeben und inten- im Wesentlichen von den Subsahara-Afrika- siver darüber nachdenken, wie wir, wenn nern so gesehen. überhaupt, Kapital nach Afrika geben. Unser China ist unglaublich aktiv. Aus Euro- größter Mangel ist, dass wir unsere Märk­ pa und aus Deutschland gibt es kaum Akti- te nicht geöffnet haben, was uns überall vitäten in Afrika. China kauft Konzessionen zu Recht vorgehalten wird. In China ist das für fünf und zehn Jahre, und zwar weit über bisher noch kein Problem. Wir dürfen nicht den eigenen Bedarf hinaus. Das heißt, China vergessen, dass in Afrika über 5.000 chine- zielt mit seiner wirtschaftlich-strategischen sische Ingenieure tätig sind. Man tut etwas, Entwicklung auch in andere Länder. Was fällt man wird sichtbar, man baut Straßen, man uns denn dazu ein? stellt diejenige Infrastruktur her, die wir Jürgen Fitschen: Was Herr Dr. Kohl- finanzieren wollten, die wir aber nie gesehen haussen gesagt hat, ist absolut richtig. Es haben. Das wird von der Bevölkerung positiv ist kein Zufall, was da geschieht. Die Sorge, aufgenommen. dass man nicht genügend Ressourcen be- Allerdings gibt es in allen diesen Län- kommt, treibt die Chinesen um, aber nicht dern inzwischen eine Resistenz gegen die- nur sie, sondern auch die Inder. Eine der sen geballten Auftritt aus China. Man will spannendsten Fragen der Zukunft wird sein: auf keinen Fall abhängig sein. Man schätzt Wie wird Indien auf das Vorgehen Chinas es aber, dass man eine Alternative zu den reagieren? Dort ist die Gefahr, dass man Europäern und zu den Russen hat. nicht genügend Ressourcen bekommt, viel Für mich lautet die spannendste Frage: größer. Welche Reaktionen wird Indien zeigen? In- Wenn Sie in die entlegensten Winkel dien hat bisher nicht ein solches staatliches der Welt kommen, wenn Sie nach Turkme- Vorgehen geplant. Dort fragt man sich lang- nistan kommen, wenn Sie in den Iran kom- sam: Werden wir von den Quellen abge- men – Sie finden immer die gleichen Besu- schnitten, die sich China langfristig sichert? chergruppen vor, nämlich die aus Indien und Dr. Jürgen Heraeus: Es geht ja nicht nur aus China. Es geht immer um dieselben Roh- um Afrika, sondern auch um ganz Südameri- materialien, die nachgefragt werden. ka. Es ist zu überlegen, ob unsere Definition Wir müssen uns fragen, ob wir mit der der „guten“ und der „bösen“ Staaten – mit

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 34 07.03.2008 9:17:04 Uhr den „guten“ Staaten treibt man Handel, mit Europa in der Welt und in Asien auf? den „bösen“ Staaten unterhält man wegen Nach meinen Erfahrungen in Asien re- der Missachtung von Menschenrechten, we- spektiert man dort vor allem starke Partner. gen mangelnder demokratischer Systeme, Das bedeutet, dass man möglichst nur mit wegen Korruption besser keine Beziehungen einer Stimme spricht und dass man sich sehr – noch taugt. Die „bösen“ Staaten sind die wohl überlegen sollte, ob die Europäische rohstoffstarken Länder. Wenn wir den Ame- Union und der französische Präsident zur rikanern folgen und mit einigen dieser Län- selben Zeit in China auftreten sollten und der wegen der Menschenrechte usw. keinen welches die Auswirkungen eines solchen Handel mehr treiben, dann werden die Chi- nicht klug aufeinander abgestimmten Vor- nesen, die eine andere Einstellung haben, gehens sind. und die Inder in zehn Jahren die Hand auf Dr. Hans D. Barbier: Sind Sie sich, Herr den Rohstoffen haben. Dann sehen wir Dr. Strube, denn gewiss, dass die Einigkeit schlechter aus. in der Europäischen Union so ist, dass wir Prof. Dr. Jürgen Strube: Die Frage, ob an Gewicht gewinnen, wenn wir strikt Wert Deutschland vor neuen Herausforderungen darauf legen, immer als Mitglied der Euro- steht, ist aus meiner Sicht eine sehr verkürzte päischen Union aufzutreten? Oder sehen Fragestellung. Deutschland ist Bestandteil Sie nicht mit mir Unterschiede, die so gra- der Europäischen Union. Wir haben einen vierend sind, dass es vielleicht auch unter vollendeten Binnenmarkt. Wir haben mit Wettbewerbsgesichtspunkten interessant dem Euro eine ganz andere Konstellation. ist, die eigene Identität, das eigene Politik- Zumindest für die Industrie ist Europa ganz bündel und den eigenen Auftritt neben dem eindeutig der Heimatmarkt. Eingebettetsein in der Europäischen Union Ich glaube, der Unterschied zwischen zu vertreten? der Finanzwelt, die ja sehr viel stärker regu- Prof. Dr. Jürgen Strube: Einheit in der liert und damit sehr viel stärker auf die nati- Vielfalt ist die Stärke Europas. „Einheit in Der Begriff „Export- onalen Märkte eingegrenzt ist, jedenfalls in der Vielfalt“ bedeutet, dass wir sowohl die welt­meister“ ist ein großem Umfang, und der Industrie ist ganz Vielfalt als auch die Einheit gleichermaßen schönes Beispiel der Selbsttäuschung. auffällig. Ich meine damit nicht nur die Groß- hervorheben müssen. industrie, sondern auch die Mittelständler, Ich nehme als Beispiel den Begriff „Ex- die familiengeführten Unternehmen. Für die- portweltmeister“. Das ist aus meiner Sicht se ist Europa der Heimatmarkt. ein schönes Beispiel der Selbsttäuschung. Wenn man das als Basis nimmt, existiert Alle Binnenlieferungen in der Europäischen ein ganz anderer Vergleichsmaßstab für das Union sind in diesem Begriff enthalten. Mö- „asiatische Jahrhundert“. Wäre es von daher ge mir bitte jemand erklären, was im voll- nicht klüger, zu fragen: Wie treten wir als endeten Binnenmarkt und im Euroraum

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der Unterschied zwischen Lieferungen in onen, insbesondere auf den Dörfern. Deutschland und Lieferungen aus Deutsch- Man kann zwanzigmal in Schanghai land nach Frankreich ist. oder in Peking gewesen sein, ohne dass Bernd Ziesemer: Die Bemerkungen von man davon erfährt – man wird es auch nie- Herrn Dr. Spengler sollten nicht nur als inte- mals zu sehen bekommen –, dass es in China ressante philologische Anmerkungen abge- ein riesiges Zwangsarbeitersystem, das so tan werden, die wir alle mit Schmunzeln und genannte Laogai-Archipel, gibt. Interesse aufgenommen haben. Wir sollten In fast jedem Buch und in fast jeder Re- uns vielmehr fragen: Sollten seine Ausfüh- de taucht Konfuzius auf. Es wird so getan, rungen nicht auch bestimmte Konsequenzen als repräsentiere Konfuzius die gesamte für die wirtschaftliche und die politische Dis- chinesische Geistestradition. In Wahrheit kussion in Deutschland haben? gibt es in der chinesischen Geistestradition Je länger ich mich mit China beschäfti- viele Beispiele für Dissidenz, ja für Anarchis- ge, desto weniger verstehe ich dieses Land. mus. Es gab nicht nur Konfuzius, sondern es Je länger ich mich mit Das gilt erst recht für Asien. Ich bin 1980 das gab auch Laotse und viele andere. Ich ha- China beschäftige, erste Mal nach China gereist. Ich war ein be das Gefühl: Wir nehmen nur einen Teil desto weniger verstehe ich dieses Land. paar Mal für längere Zeit an chinesischen der Realität zur Kenntnis. Das führt dazu, Universitäten. Ich habe nicht den Eindruck, dass jede Community ihre einseitige Sicht- dass ich China kenne. Ich habe aber den weise pflegt. Die Wirtschaft sagt: Lasst uns Eindruck, dass sowohl deutsche Politiker als denen nicht unsere Standards aufzwingen! auch deutsche Wirtschaftsleute dazu nei- Die Menschenrechtsaktivisten rufen: Men- gen, der Welt das ganze China erklären zu schenrechte, Menschenrechte! Sie können wollen. Das halte ich für sehr zweifelhaft. gar nicht erklären, wieso sich dieses Land Um nur ein Beispiel zu nennen, das wirtschaftlich so toll entwickelt. Sie haben Sie, Herr Barbier, eben bereits angesprochen sozusagen die andere einseitige Sicht. haben, für meine Begriffe allerdings etwas Positiv finde ich, dass unter Frau Merkel zu feinfühlig: Man kann beispielsweise nicht versucht worden ist – ob es gut gemacht ist, über Chinas Ein-Kind-Politik reden, ohne auch darüber kann man sich streiten –, die ver- darüber zu sprechen, dass in diesem Land in schiedenen Realitäten etwas mehr ins Auge einer für uns unvorstellbaren brutalen Weise zu nehmen. Ich finde, wir machten einen Frauen zu Zwangs­abtreibungen gezwungen Fehler, wenn wir die andere Seite Chinas – werden, manchmal auch noch im sechsten, die Chinesen haben selbst den Begriff des siebten oder achten Monat. Das sind keine Ein- „Ugly Chinaman“ geprägt – nicht auch zur zelvorkommnisse, sondern, wie wir beispiels- Kenntnis nähmen. weise aus Anhörungen im amerikanischen Prof. Dr. Hermann Simon: Eine kurze Kongress wissen, breitflächig angelegte Akti- Anmerkung zu den Ausführungen von Herrn

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 36 07.03.2008 9:17:04 Uhr Strube. Herr Strube, es ist eine gute Idee, wir weiter aktiv vorantreiben. Wer die Stan- die Exportstatistik auf Europa umzustellen. dards setzt, hat einen großen Vorteil im Dann bleiben wir für die nächsten zehn Jah- Wettbewerb. re Exportweltmeister. Hendrik Borggreve: Vorhin wurde an- Ich möchte etwas mehr Optimismus in gemerkt, dass die Chinesen sehr intensiv in die Debatte bringen. Ich bin überzeugt, dass Afrika und anderen Ländern investieren und die deutschen Unternehmen sehr wettbe- langfristige Verträge abschließen. Soweit werbsstark sind und ihre Wettbewerbsstär- ich weiß, ist aus unserer bundesrepublika- ke noch verbessert haben. Die Hauptpro- nischen Sicht China nach wie vor ein Ent- fiteure der Globalisierung sind China und wicklungsland. Mit anderen Worten: China Deutschland; China bei Konsumgütern und bekommt alle möglichen Hilfen, unter an- Die Hauptprofiteure der Globalisierung sind Deutschland bei Ausrüstungsgütern. Wir sa- derem von der Gesellschaft für Technische China und Deutschland. gen: China wird die Fabrik der Welt. Aber Zusammenarbeit (GTZ). keiner fragt: Wer baut die Fabrik der Welt? Andererseits ist uns allen klar, dass Die bauen wir. China derzeit über etwa 1.400 Mrd $ an Ich möchte Herrn Fitschen bezüglich Währungsreserven verfügt. Ist das nicht ein der Standards widersprechen. Wir setzen Thema, dessen wir uns annehmen sollten? in unglaublichem Maße die Standards und Vielleicht beschämt es ja sogar die Chinesen, sollten das auch weiter aktiv betreiben. Ich Entwicklungshilfe von uns annehmen zu darf drei neutrale Belege anführen. Bei der müssen. Vielleicht möchten sie das eigent- Asien-Pazifik-Konferenz in Seoul war auch lich gar nicht. Herr Dr. Raschke, der Chef des Deutschen Dr. Tilman Spengler: Das gibt mir die Instituts für Normung, anwesend. Er erklär- Gelegenheit, kurz auf die Intervention von te: Man kann sich gar nicht vorstellen, wie Herrn Ziesemer einzugehen, was unsere viele Ausländer zum DIN kommen, um die kulturelle Perspektive angeht. Ich wollte in Normung von uns zu übernehmen. Zweiter meinen Ausführungen weiß Gott nicht ge- Beleg: Die Hidden Champions sagen mir sagt haben, wir sollten übersehen, was dort massenweise, dass sie die Standards in ihren an sozialen Schwierigkeiten existiert. Ich ha- Märkten für die ganze Welt setzen. Dritter be nur gesagt: Es ist eine Frage, wie man Beleg: Die deutschen Unternehmen, die sich es thematisiert. Das kann man gescheit und mit Standards befassen – TÜV, Germanischer weniger gescheit machen. Für beides haben Lloyd etc. –, beschäftigen mittlerweile Tau- wir in letzter Zeit einige Beispiele erlebt. sende von Leuten in Japan, in China, in ganz Wenn wir darüber reden, was in Chi- Asien und machen Milliardenumsätze. na in den Arbeitslagern geschieht, was dort Das Thema Standards ist ein Indikator mit der Umwelt geschieht, was mit der Ein- für unsere Wettbewerbsstärke. Das sollten Kind-Politik geschieht, sprechen wir deshalb

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darüber, weil wir uns über das Humanum Sie können sich vorstellen, dass – was hinausgehend – so wichtig es ist – Sorgen die kulturelle Identität angeht – kein Stein machen, wie es um die Stabilität des Landes auf dem anderen geblieben ist. Das ist ein bestellt ist. Natürlich ist die Stabilität des relativ großes Problem, das sich in Zukunft Landes nicht allein davon abhängig, wie wahrscheinlich noch verschärfen wird. Die Die kulturelle Identität stark und wie effizient das Amt für öffent- kulturelle Identität kann sich nicht darauf be- kann sich nicht liche Sicherheit arbeitet, also der Geheim- schränken, immer höhere Wachstumszahlen darauf beschränken, Wachstumszahlen zu dienst oder die Polizei. Es ist in der Tat eine zu produzieren. Wer öfter nach China reist, produzieren. Frage des sozialen Zusammenhalts. sieht, mit welcher Beliebigkeit man in der Herr Heraeus hat kurz über den Konfuzi- Architektur konfrontiert wird. Die Architek- anismus gesprochen. Der Konfuzianismus ist tur ist ein Schaubild der Seele des Volkes. in den letzten zwei oder drei Jahren zu einer Es ist eine hübsch polemisch formu- Art ideologischem Exportschlager geworden. lierte Frage, ob wir das Geld der Entwick- An ihn glaubt aber außer einigen hier bei uns lungshilfe und die Hilfe der GTZ in China und im Politbüro der Kommunistischen Par- brauchen. Das unsinnige Staudammprojekt tei Chinas niemand. Der Konfuzianismus ist hat durch eine Hermesbürgschaft den deut- schlichtweg nicht kompatibel mit den Moder- schen Segen bekommen. Wir schicken auch nisierungsbestrebungen des Landes. Dafür noch Mitarbeiter der GTZ dorthin, damit sie gibt es verschiedene Gründe. Die Familie ist beim Umsiedeln der Landbevölkerung mit- eines der Probleme. Der Konfuzianismus ver- helfen. Das sollten wir beides sein lassen. langt nach vielen Kindern. Das ist ein strikter Gleichzeitig sollte man darauf hinwei- Gegensatz zur Ein-Kind-Politik. sen: Beschämt wird dadurch niemand. Und Es ist mir wichtig, die Aufmerksamkeit wenn es dem Ansehen der Bundesrepublik hierauf zu lenken, weil es für etwas anderes Deutschland dient, dann ist das ein so klei- steht, was man vielleicht nicht ernst genug ner Betrag, der dort verpulvert wird, dass wir nehmen kann. Ich meine den Verlust einer das aushalten. kulturellen Identität. Das betrifft die Volksre- Reinhard Bütikofer: Auch ich möchte publik China seit 30, 40 Jahren. Es ist relativ auf die Entwicklungszusammenarbeit zu- klar einzusehen, warum das so ist. Sie müs- rückkommen. Hier geht es um eine im po- sen sich vorstellen, welche ideologischen litischen Raum immer wieder aufflackernde Umbrüche in diesem Land nach 1949 passiert Debatte. Man wird China nicht gerecht, sind. Es gab ein teilweise stalinistisches Mo- wenn man nicht zur Kenntnis nimmt, dass dell, dann ein Reformmodell, ein Modell, das der größte Teil des Landes immer noch ein bürgerliche Freiheiten wieder einsetzt, dann Entwicklungsgebiet ist. Zugleich ist China folgte die Kulturrevolution. Plötzlich erfolgte aber auch ein hochmodernes Land. Dieser der Sturz in den Radikalkapitalismus. Widerspruch prägt die ganze Entwicklung.

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 38 07.03.2008 9:17:05 Uhr Aus deutscher Sicht klingt es jeden- Ich glaube, wir machen uns nicht im- falls für mich hochmütig, wenn man von mer ein richtiges Bild davon, wie viele Pro- Entwicklungshilfe spricht. Ich glaube, dass bleme in diesen Ländern vorhanden sind. die Entwicklungszusammenarbeit, die statt- Die Mehrheit der Menschen dort hat nicht findet, uns mindestens so viel hilft wie den teil an den Errungenschaften der Globalisie- Chinesen; denn der Löwenanteil liegt, empi- rung. Das ist das größte Problem in diesen risch nachweisbar, im Bereich des Umwelt- Ländern. Wenn das Problem nicht gelöst schutzes. wird, weil wir zu heftig unsere Standards, Herr Professor Simon hat auf die Be- die wir uns leisten können, durchsetzen, deutung der Standardsetzung hingewiesen. dann geht das schief. Darunter werden wir Die Standardsetzung beginnt schon bei zum Schluss alle leiden. der Problemdefinition. Wenn man bei der Wir haben die Chance, viele Menschen Problemwahrnehmung und der Problem- mit jenen Dingen vertraut zu machen, die definition kooperiert, dann kann das nicht bei uns gut funktionieren, und nutzen die- zum eigenen Schaden sein. Deshalb glaube se Chance nicht. Ein Beispiel: Wir haben in ich, dass es eine Verletzung deutscher Inte- Deutschland 4.000 Studenten aus Indien. ressen wäre, wenn man unter parochialen Warum nicht mehr? Weil wir sie zwar in Gesichtspunkten diese Entwicklungszusam- Deutschland studieren, aber danach nicht menarbeit einstellen wollte. hier arbeiten lassen. Was geschieht? Sie Jürgen Fitschen: Ich möchte kurz auf kommen erst gar nicht oder sie gehen von die Ausführungen von Herrn Simon einge- hier aus in die USA und sind dann dort mit hen. Ich möchte nicht missverstanden wer- dem Know-how tätig, das sie bei uns erwor- den. Die Standards, die wir haben, sind in al- ben haben. ler Regel die besten. Ich bin sehr dafür, dass Prof. Dr. Martin Seidel: Wenn ich rich- wir sie weitgehend anwenden. Ich wollte tig informiert bin, ist China durch die Ein- zum Ausdruck bringen: Wir können sie nicht Kind-Politik eine alternde Nation, mit der Wir haben in mehr aufoktroyieren. Das Kräfteverhältnis Konsequenz, dass es – abgesehen von den Deutschland 4.000 ist heute ein anderes. Wir müssen vorsich- sozialpolitischen Problemen – möglicher- Studenten aus Indien. Warum nicht mehr? tig sein, wenn wir vom Level Playing Field weise einen beträchtlichen Arbeitskräfte­ sprechen. Dabei handelt es sich nicht nur bedarf geben wird, der unter Umständen um eine formale Angelegenheit. Wenn wir nur durch Immigration befriedigt werden Umweltstandards zu früh und zu heftig ein- kann. In Pakistan und Indien sieht die demo­ führen, bedeutet dies das Aus für viele der grafische Entwicklung völlig anders aus. Dort Beteiligten in eben diesen Entwicklungslän- gibt es bestimmte Generationen mit sehr dern, wie Herr Bütikofer meines Erachtens kinderreichen Familien. Die Konsequenz ist, zu Recht angedeutet hat. dass der Arbeitsmarkt für die betreffenden

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Generationen im eigenen Lande nicht „Entwicklungshilfe“, gestaltet worden und aus­reicht, sodass ein entsprechender ist mit unserem Sachenrecht fast identisch. Expansions­druck entsteht. Kalkuliert man Auch die Ausbildung von Richtern erfolgt dies in China bereits mit ein, was die zu­ mit deutscher Hilfe. Es ist historisch bedingt, künftige wirtschafts- und gesellschafts­ dass es in China einfach nicht genügend politische Entwicklung betrifft? Juristen gibt. Dr. Jürgen Heraeus: Es gibt die Progno- Dass bei der Umsiedlung im Zusam- se, dass im Jahre 2020 in China mehr über menhang mit der Errichtung des Staudamms Im Jahre 2020 werden 60-Jährige leben als im Rest der Welt zusam- geholfen wurde, hätte man vielleicht auch in China mehr über mengenommen. Man sieht das Problem in sein lassen können. Aber die anderen Dinge 60-Jährige leben als im Rest der Welt. China. In den Städten hat man ja auch die sind ganz wichtig; dort sollten wir uns nicht Ein-Kind-Politik gelockert. Auf dem Lande zurückziehen. wurde die Ein-Kind-Politik nicht so streng Gerhard Wiesheu: Ich habe eine Fra- überwacht. Der Zugang zur Intelligenz ge an Herrn Dr. Spengler, der uns sehr gut kommt mehr aus der städtischen Bevölke- erklärt hat, wie wir die Asiaten sehen, wel- rung als aus der ländlichen Bevölkerung. che Bilder wir in diesem Zusammenhang im Wenn man die strenge Bevölkerungspolitik Kopf haben, die sich über lange Zeit festge- aufgibt, erwartet man eine Bevölkerungsex- setzt haben und zum Teil der Realität nicht plosion und Probleme hinsichtlich der Er- entsprechen. Wie sehen uns eigentlich die nährungssituation. Asiaten? Der Zweite Weltkrieg stellte eine In Japan geht man mit 50, 55 Jahren in große Zäsur dar. Vor dem Zweiten Weltkrieg Rente, ist aber andererseits finanziell darauf haben die Japaner viel übernommen, mo- angewiesen, bis zum 70. oder 75. Lebensjahr difiziert und adjustiert: das BGB, das HGB, zu arbeiten. Im so genannten Mittelstand, die Medizintechnik und vieles andere mehr. in der zuliefernden Kleinindustrie sind alte Das hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg Menschen beschäftigt. Wahrscheinlich wird sehr stark dadurch verändert, dass unsere sich China in dieselbe Richtung entwickeln. Präsenz zurückgegangen ist und dass uns in Ich möchte noch kurz zur Entwick- vielen Bereichen die Amerikaner verdrängt lungshilfe Stellung nehmen. Nicht alles haben. davon sollte man tatsächlich unter dem Verändert sich das Bild der Asiaten von Titel „Entwicklungshilfe“ subsumieren. Bei- uns Deutschen? Verändert sich unser Image? spielsweise wird das Rechtswesen in China Trägt vielleicht auch der wirtschaftliche Er- außerordentlich stark von uns Deutschen folg dazu bei, dass sich das Bild Deutsch- beeinflusst. Dort gibt es kein BGB, sondern lands verändert? einzelne Bücher. Das Sachenrecht ist mithil- Dr. Tilman Spengler: Auf einer sozu- fe deutscher Juristen, bezahlt über den Titel sagen erfolgspsychologischen Ebene finden

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 40 07.03.2008 9:17:05 Uhr Sie historisch alle Vorurteile, welche die der Mann, der der Welt gezeigt hat, wie man Europäer hinsichtlich der Chinesen hatten, nach 1919 in relativ kurzer Zeit die Länder auch seitens der Chinesen im Hinblick auf dieser Erde wieder herausfordern kann. Das die Europäer. Ich kann Ihnen reihenweise Phänomen des Wirtschaftswunders, um die- Schriften zitieren, in denen die Chinesen sen Ausdruck zu gebrauchen, ist neben den die Undurchschaubarkeit, die Faulheit, den unumstrittenen Leistungen der Fußballnati- Hochmut und die unendliche Gier der Eu- onalmannschaft tatsächlich jener Faktor, der ropäer erwähnen. Das spiegelt sich etwas entscheidend geworden ist. merkwürdig fast eins zu eins. Natürlich gibt es dieselben Vorurteile innerhalb des Landes. Deshalb wurde hier zu Recht darauf hingewiesen, dass wir es uns relativ leicht machen, wenn wir von „den Chinesen“ sprechen und dabei nicht nur 1,3 Milliarden Menschen in vier Silben pressen, sondern ein ganzes Land mit vielen Tausend Quadratkilometern Ausdehnung. Es gibt die Vorurteile eines Pekinger Geschäfts- mannes gegenüber seinem kantonesischen Kollegen, so wie man diese Vorurteile einem Hamburger Kaufmann gegenüber seinem sizilianischen Kollegen unterstellt. Das deckt sich alles. Man weiß: Denen im Süden ist nie zu trauen, die im Norden sind langweilig. Das sind Dinge, die nicht nur bei uns, sondern auch in Asien eine große Rolle spielen. Eine positive Rolle spielt für Deutsch- land die Tatsache, dass die generelle Verstri- ckung Deutschlands in die Kolonialpolitik eine eher geringe war. In vielen Ländern Asiens hat man positiv vermerkt: Das Land war nach 1945 zerstört und hat es innerhalb von 20, 25 Jahren geschafft, wieder an die Weltspitze zurückzukehren. Das ist ein Kom- pliment mit einer doppelten Schneidseite. Man hat dasselbe über Hitler gesagt: Das ist

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Herausforderung Weltmarkt: Was bedeutet dies für Deutschland und Europa?*

Philip Stephens Associate Editor, Financial Times, London

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, wieder einmal in Berlin zu sein. Seit 1989 war ich schon mehrmals zu Besuch und bin jedes Mal erstaunt, wie die Stadt ihre Vitalität wiedergewonnen hat. Ich beneide Berlin um seine Architektur, die neue genauso wie die alte. Während sich Europa in Richtung Osten aufmacht, entwickelt sich Berlin zu einem neuen Gravitationszentrum auf unserem Kontinent. Ich freue mich darüber hinaus, dass Sie so guten Mutes sind. Ich habe viele Freunde im Londoner Bankensektor. Derzeit habe ich den Eindruck, dass es dort zwei Gruppen gibt: Die eine Gruppe ist nervös, und die andere Gruppe ist sehr nervös. Es gibt eine dritte Gruppe, um ehrlich zu sein, die weniger nervös ist: Das sind diejenigen, die bald in Pension gehen. Hier bei Ihnen sehe ich sehr viel mehr Zuversicht, und das bewundere ich. Meine Aufgabe ist es heute, über die Herausforderungen – ich möchte hinzufügen: auch die Chancen – der Globalisierung zu sprechen. Dabei werde ich auf drei wesentliche Punkte näher eingehen. Erstens. Wir stehen vor den stärksten Umwälzungen in den wirtschaftlichen und geo­ politischen Systemen weltweit seit dem 19. Jahrhundert. Dies wird in der Tat eine sehr tief- gehende Erfahrung sein. Wir können und sollten jedoch nicht die globale Verbreitung von Wohlstand hinwegwünschen. Zweitens. Trotz aller Unsicherheiten, die sich in diesem Zusammenhang entwickeln, ist der Fortschritt durch die Globalisierung den Alternativen des Protektionismus, des Nationa- lismus oder des Konflikts eindeutig vorzuziehen. Drittens. Wenn wir die Wirkung gegenseitiger Abhängigkeit richtig verstehen, können wir den Prozess besser steuern und werden nicht zum Opfer der Globalisierung. Der Niedergang des Westens gegenüber einem emporsteigenden Asien ist dabei rela- tiver Art und nicht absolut zu sehen. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum wir angesichts der Integration der Weltwirtschaft nicht weiter wachsen könnten oder sollten. Die Globalisie- rung muss vor allem auch als Quelle des zukünftigen Wohlstands verstanden werden. Um ehrlich zu sein: Es hat mich ein wenig verwundert, dass ich dies vor einem deut- schen Publikum erläutern soll. Wie viele von Ihnen verbringe ich viel Zeit im Flugzeug. Eine der Auswirkungen der Globalisierung ist, dass wir uns in Städten anderer Länder manchmal schon besser auskennen als im eigenen Land. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich in Liverpool oder in Manchester verirre, ist wesentlich größer als in New York oder Washington. Berlin ist mir inzwischen vertrauter als Birmingham. Was ich bei mei- nen Reisen durch europäische, amerikanische und asiatische Städte immer wieder gesehen

* Basis des Textes ist die deutsche Simultanübersetzung des Vortrages.

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01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 43 07.03.2008 9:17:09 Uhr Herausforderung Weltmarkt: Was bedeutet dies für Deutschland und Europa?

habe ist, welch großer Erfolg Deutschland derung in der Natur der Globalisierung: Bis- aus der Globalisierung erwächst. Deutsche her wurde die Globalisierung durch rasche Unternehmen sind auf den großen Märkten technologische Veränderungen angetrieben, erfolgreich, ob es nun darum geht, qualitativ durch Zollschranken, die fallen, durch offene hochwertige Autos, hoch entwickelte Infor- Kapitalmärkte, einfachere Kommunikation mationstechnologien oder Bankdienstleis­ und durch den Eintritt von zwei Milliarden tungen zu verkaufen. Die positive deutsche Asiaten in den internationalen Markt. Handelsbilanz überrascht mich daher nicht. Alle diese Dinge sind natürlich nach In Großbritannien wird die Globalisie- wie vor wichtig, aber globales Wachstum rung zwar von den meisten begrüßt. Den- und Wohlstand werden zunehmend durch noch sind wir in diesem Bereich längst nicht Innovation angetrieben, nicht nur bei der so gut aufgestellt wie Sie in Deutschland. Herstellung von neuen Produkten und Darum sind Deutsche Eigentümer von Rolls- Dienstleistungen, sondern auch in Prozes- Royce und Bentley, darum sind die Deutsche sen wie Marketing, Design und generell im Bank und andere deutsche Banken für Lon- Dienstleistungsbereich. Die internationale don als globales Finanzzentrum so wichtig. Unser zukünftiger Wohlstand hängt Wirtschaft ist ein Feld, Die internationale Wirtschaft ist ein von der Produktivität ab, die ihrerseits auf wo die Deutschen ihre Stärken gut ausspielen Feld, wo die Deutschen ihre Stärken gut aus- Innovationen beruht. Die OECD hat in die- können. spielen können: eine breite technologische sem Bereich sehr viele Studien durchgeführt Basis, innovative Produktionsprozesse und und macht auf die globale Dimension der In- hoch qualifizierte Arbeitnehmer. Ich habe novationen bei der Verlängerung und Frag- mir einmal die Anzahl der erteilten Patente mentierung von internationalen Wertschöp- in unterschiedlichen Wirtschaften und Län- fungsketten für Güter und Dienstleistungen dern angeschaut. Die Statistik stammt von aufmerksam. der OECD. Sie besagt, dass 2005 in Deutsch- Innovation ist eine treibende Kraft für land 21.960 Patente angemeldet worden globale Integration und ist darüber hinaus sind. Das ist zweieinhalbmal so viel wie die auch von zentraler Bedeutung für die Bereit- Anzahl der französischen Patente und fünf- stellung von globalen Gütern, die notwendig mal so viel wie die Zahl der britischen Pa- sind, um weltweite Probleme wie Klimaver- tente. Deutschland wurde nur von den USA änderungen oder Epidemien zu bekämpfen. und von Japan übertroffen. Zwischen diesen Ich kann mir nichts Besseres vorstellen, als Ländern gab es aber keine so großen Unter- dass deutsche Technologieunternehmen schiede. China hat in diesem Zeitraum 1.400 und chinesische Energieproduzenten zu- Patente angemeldet, Indien 516. sammenkommen, um die saubere Kohle- Das ist meiner Meinung nach von gro­ technologie zu entwickeln, die notwendig ßer Bedeutung, denn wir sehen eine Verän- ist, um Klimaveränderungen zu verhindern

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oder zumindest abzuschwächen. Deutschland einen hohen Preis zahlen wür- Für die künftige Entwicklung sind zwei de, weil seine Wettbewerbsfähigkeit unter Beobachtungen wesentlich: Der schnelle der neuen Währung leiden könnte. Nach Rückgang der Kosten für Computer und strengen wirtschaftlichen Maßstäben lagen Kommunikation hat dazu geführt, dass das sie mit dieser Meinung sogar richtig. Doch Internet zu der entscheidenden Plattform niemand hat vorhergesehen, dass die Wett- für die Bereitstellung von Daten geworden bewerbsfähigkeit des Landes auf der Grund- ist. Daher definiert das Internet die Zukunft lage einer starken Produktivität seiner Indus- der Globalisierung. trie so schnell verbessert werden könnte. Ferner wird die Prosperität von entwi- Es gibt keinen Zweifel, dass das Fort- ckelten Wirtschaften in der Hauptsache von schreiten der Globalisierung tiefgreifende Die Prosperität wird vor allem von handelbaren handelbaren Dienstleistungen herrühren. Veränderungen hervorrufen wird. Wir se- Dienstleistungen her­ Der Dienstleistungsbereich macht in den hen nicht nur eine zuvor nicht gekannte rühren. meisten entwickelten Ländern ungefähr Integration der Weltwirtschaft, sondern wir 70 % des Bruttoinlandsprodukts aus. Die sehen auch eine Reihe von geopolitischen moderne Informations- und Kommunika­ und wirtschaftlichen Eruptionen, die größer tionstechnologie, die sich immer mehr aus- sind als das, was wir seit dem Beginn der weitet, verstärkt dabei die Bedeutung jener Industrialisierung erlebt haben. Dienstleistungen, die in einem Land be- Vor weniger als 200 Jahren, nämlich reitgestellt und in anderen Ländern online 1820, kam ein Drittel der Weltproduktion abgerufen werden können. Das Internet ist aus China, ungefähr 15 % kamen aus Indien. grenzenlos. Die vier größten europäischen Wirtschaf- Alle diese Trends sind gut für eine pro- ten hatten zu dieser Zeit einen Anteil von duktive, auf Hochtechnologien basierende nur 17 %. Die USA lagen gerade einmal bei Wirtschaft wie jene in Deutschland. Ihr Erfolg knapp 5 %. beruht seit 50 Jahren darauf, sich gegenüber 1970, nach 150 Jahren des beständigen anderen Märkten zu öffnen. Ludwig Erhard, Abschwungs, lag der Anteil Chinas bei 5 % der Vater des deutschen Wirtschaftswun- und der Indiens bei 3 %. Vor dem Hinter- ders, war ein Pionier der Handelsliberalisie- grund der derzeitigen Tendenzen wird der rung. Er war sich bewusst: Auch wenn an- Anteil der Produktion aus China bis zum dere ihre Märkte nur langsam öffnen, wird Jahre 2025 auf 25 % steigen, jener von In- Deutschland daraus seinen Nutzen ziehen. dien auf 11 %, während der Anteil der USA – Die Entwicklung hat ihm recht gegeben. nach einem Höchstwert von 27 % in den Als sich vor zehn Jahren die Einführung fünfziger Jahren – auf 18 % sinken wird. des Euro abzeichnete, haben die meisten Alle diese Zahlen müssen natürlich Wirtschaftswissenschaftler gedacht, dass mit Vorsicht genossen werden. Es sind

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extrapolierte Zahlen. Die Weltbank über- durch den Anstieg der Wirtschaftskraft in prüft diese Angaben gerade noch einmal. Asien, durch neu entwickelte Technologien Doch selbst wenn diese Statistiken nicht ex- und durch kostengünstige Kommunikations- akt erfassen, welche Veränderungen wir in mittel. Diese Welt kann man nicht erläutern, den nächsten Jahrzehnten zu erwarten ha- ohne auch auf Peking, Neu-Delhi, Schanghai ben, die Grundrichtung stimmt sicherlich. und Mumbai Bezug zu nehmen. Manchmal vergleiche ich die Welt, in Die Achsen, die meine Generation be- der ich aufgewachsen bin, mit jener Welt, stimmten, nämlich der kapitalistische Wes­ die meine Kinder bald als junge Erwachsene ten und der kommunistische Osten, der Die alten Achsen sind erleben werden. Diese Welten unterscheiden wohlhabende Norden und der arme Süden, zur Beschreibung der sich in jeder Hinsicht. Meine Welt war defi- sind als Kompass zur Beschreibung der globalen Landschaft von heute nicht niert durch die Macht der Amerikaner, durch globalen Landschaft von heute nicht mehr mehr geeignet. die Konfrontation mit der Sowjetunion wäh- geeignet. In der neuen Ordnung sehen wir rend der Zeit des Kalten Krieges und durch Chancen durch den globalen Wohlstand und eine offensichtlich mühelose Hegemonie durch den wissenschaftlichen Fortschritt. der westlichen Kulturen und Wirtschaften. Wir sehen aber auch Risiken, dass man in ei- Ost-West beschrieb die Konfrontation mit ne Rivalität der Mächte zurückfällt und dass dem Kommunismus, Nord-Süd beschrieb die sich ein globaler Terrorismus ausweitet. Teilung zwischen dem reichen Norden und Die Klimaveränderung ist zu einer exis- dem armen Süden. tenziellen Bedrohung geworden, so wie da- Meine Generation, die Generation der mals der nukleare Krieg. Wie alle Eltern, so Babyboomer, ist aufgewachsen in der Erwar- habe auch ich Sorge um die Zukunft meiner tung lebenslanger Jobs, umfassender Wohl- Kinder. Dennoch habe ich den Eindruck, dass standssysteme und gesicherter Pensionen es nicht nur neue Unsicherheiten gibt, son- am Ende des Arbeitslebens. Natürlich gab es dern auch Chancen, die man sich in meiner auch in dieser Welt Bedrohungen, sogar die Generation noch nicht vorstellen konnte. sehr existenzielle Bedrohung durch einen Meine Kinder können auch erwarten, dass Nuklearkrieg. Es war aber eine Welt, in der sie ein längeres und ein gesünderes Leben das Risiko der gegenseitigen Vernichtung haben werden. offensichtlich eine gewisse Stabilität zu- er Der Fortschritt durch die Globalisie- zeugen schien. Die Bezugspunkte dieser rung ist natürlich nicht unumkehrbar. Man Welt waren Washington, Moskau und ein muss sich nur einmal vorstellen, wie es in geteiltes Berlin. London zu Zeiten König Edwards vor dem Schauen wir uns einmal die Welt an, die Zweiten Weltkrieg aussah, um zu verstehen, meine Kinder erleben werden. Ihre Zukunft was passieren kann. Damals sagten die Ban- ist determiniert durch die Globalisierung, ker: Es kann keinen Krieg geben, wir haben

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einfach zu viel Nutzen vom Handel. Aber wir treter Frankreichs dazu verleiten, Protektio- wissen ja, was passiert ist. Wir müssen ver- nismus in das Gewand eines so genannten stehen, was passieren kann, wenn neue und wirtschaftlichen Patriotismus zu hüllen. alte Mächte um Vorteile ringen. Ich meine nicht, dass die Globalisie- Momentan scheinen sich die Wirt- rung ohne Probleme, ohne Umbrüche da- schaftskräfte der Globalisierung ebenso herkommt. Kurzfristig werden Ungleich- zu verstärken wie die dagegen gerichteten heiten vertieft werden, und unsere sozialen politischen Kräfte. Ich war letzte Woche in Systeme werden vor Schwierigkeiten gestellt Washington und war erstaunt über die pro- sein. Aber – damit bin ich bei meinem zwei- tektionistische Haltung, die sich dort ausbrei- ten Punkt – die Kosten einer Flucht in den tet. Das Handelsdefizit, die Unsicherheiten Protektionismus wären wesentlich größer. in den Mittelschichten, die politischen und Man kann die Globalisierung nicht strategischen Befürchtungen gegenüber sanft abfedern, indem man hier und dort den Aktivitäten von staatlich kontrollierten ein Hindernis errichtet und dann glaubt, Fondsgesellschaften – all dies scheint den man könnte damit die Kräfte der internati- politischen Konsens der neunziger Jahre onalen Integration aufhalten. Wettbewerb aufzubrechen, der damals zugunsten des und Innovation warten nicht auf uns. Wenn offenen Marktes herrschte. wir uns ausschließen, wenn wir uns isolie- Viele in Washington sehen China als ren, dann werden ganz sicher andere unsere einen unvermeidbaren Gegner an. Hinter Position einnehmen. dieser Sorge steht die verspätete Erkenntnis, Wenn die Globalisierung zu einem Still- dass die Globalisierung nicht mehr allein in stand käme, geschähe dies aufgrund eines den Händen der USA liegt. Die Globalisie- wirtschaftlichen oder geopolitischen Kon- rung des 21. Jahrhunderts hat, so haben wir flikts oder auf der Basis beider Konfliktarten. gelernt, ein asiatisches Gesicht. Ich bin mir Der Hightech-Produzent aus Deutschland, Die Globalisierung des 21. Jahrhunderts hat ein nicht sicher, ob alle Politiker dies wirklich der seine Schaltkreise in China produzieren asiatisches Gesicht. verstanden haben. Aber ich bin sehr sicher, lässt, wäre davon genauso hart betroffen dass sie es zumindest noch nicht ausrei- wie der Verbraucher, der sich an qualitativ chend ihrer jeweiligen Bevölkerung vermit- hochwertige und preisgünstige Kleidung telt haben. aus Asien gewöhnt hat. Deutschland und Der Anpassungsdruck ist natürlich nicht Europa werden in einer geschlossenen Welt auf die Vereinigten Staaten beschränkt. Im- keinen Wohlstand erreichen können. mer wenn ich in Frankreich bin, freue ich Damit komme ich zu meinem dritten mich über den Charme, die Eleganz und die Punkt. Die Herausforderung besteht da- Lebensqualität dort. Dennoch sehe ich auch rin, die Globalisierung zu steuern, ihr ein die Befürchtungen, die die politischen Ver- Gesicht zu geben. Hier müssen wir zwei

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Dimensionen betrachten: eine auf der natio- aber auch an der Spitze bessere Leistungen nalen und eine auf der europäischen Ebene. erzielen, um genau diejenigen Mathemati- Die Globalisierung muss nicht der Feind des ker, Wissenschaftler und Ingenieure hervor- sozialen Zusammenhalts sein. EU-Kommissar zubringen, die wirtschaftliche Innovationen Peter Mandelson nennt jene, die meinen, und Wachstum fördern werden. dass wir unsere Wohlfahrtsstaaten vor dem Deutschland könnte hier besser ab- Hintergrund liberaler Märkte aufgeben schneiden. Chris Patten, der neue Kanzler der müssten, die „Hyperglobalisierer“. Sie liegen Universität von Oxford, weist auf Folgendes falsch, denn ein solches Vorgehen würde zu hin: Vor einem Jahrhundert haben viele der unakzeptablen Ungleichheiten führen und besten amerikanischen Universitäten nach zu einem politischen Rückschlag, mit der Deutschland geschaut, um die dortige hoch- Folge jenes Protektionismus, von dem ich wertige Universitätsausbildung nach Amerika eben sprach. zu importieren. Sieht man sich heute die Dann gibt es auch jene, die sagen, Liste der global wichtigen Universitäten an, dass wir neue Handelsbarrieren aufbauen wird man unter den 50 Spitzenpositionen müssten. Sie liegen genauso falsch. Wir keine deutsche Universität mehr finden. können nicht erwarten, dass wir die Früchte Darüber würde ich mir, wenn ich Deutscher der Globalisierung ernten und gleichzeitig wäre, ernsthaft Gedanken machen. Ich will andere aus unseren Märkten ausschließen damit nicht prahlen, aber unter den besten können. zehn Hochschulen weltweit befinden sich Was wir auf nationaler Ebene tun kön- immerhin vier britische Universitäten. nen und tun müssen ist, unsere Wohlfahrts- Auch die statistischen Daten zum Bil- systeme an die neuen Herausforderungen dungssektor geben Anlass zur Sorge. So hat der Wirtschaft anzupassen. Ich weiß, es ist die OECD berechnet, dass in den Vereinigten Wir können nicht ein Klischee, aber unser zukünftiges Wohl- Staaten im Hochschulbereich 24.000 US-$ die Früchte der ergehen ist unauflöslich mit der Bildung pro Jahr und Student ausgegeben werden. Globalisierung ernten und gleichzeitig andere und Erziehung unserer Kinder verbunden. Dabei handelt es sich um privates und öf- aus unseren Märkten Diejenigen, die gegenüber den schnellen fentliches Geld. Die Schweiz gibt 26.000 $ ausschließen. Umbrüchen der Globalisierung am anfäl- aus, Kanada 20.000 $. Deutschland gibt nach ligsten sind, sind jene mit einer schlechten diesen Angaben 11.500 $ aus. Das ist weni- Ausbildung. ger als die Hälfte dessen, was in den USA Unsere Schul- und Universitätssysteme aufgebracht wird. Obwohl es noch immer in Europa dürfen daher keine schlecht aus- dem europäischen Durchschnitt entspricht, gebildeten Jugendlichen ins Leben entlas- ist das viel zu wenig, um den technolo- sen. Das können wir uns einfach nicht leis­ gischen Spitzenplatz Deutschlands in der ten. Wir müssen das Bildungsniveau der Welt zu behaupten. gesamten Bevölkerung anheben, müssen Es gibt noch weitere Dinge, die nationale

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Regierungen tun können. Sie müssen etwa Fähigkeit, internationale Finanzmärkte zu die Wohlfahrtssysteme umstrukturieren, die verwalten, zurzeit noch nicht mit der Ge- noch für ein anderes Zeitalter konstruiert schwindigkeit der Globalisierung Schritt wurden. Diese Systeme sind zumeist passiv hält. Das Gleiche kann hinsichtlich der Un- angelegt, denn sie sollen Unterstützung für gleichgewichte gesagt werden, die sich in Menschen in seltenen Zeiten der Arbeits- den gegenwärtigen Währungskursen aus- losigkeit gewähren. Heute müssen sie zu drücken. aktiven Systemen umgestaltet werden und Ein Gedanke zum Abschluss: Wir so strukturiert sein, dass sie Arbeits­losen sollten gelernt haben, dass wir den gege- Bildung anbieten können, um sie auf neue benen Bedingungen auf diesem Planeten Wettbewerb zu Hause ist das richtige Rezept Industrien vorzubereiten. nicht einfach entfliehen können. Die Welt für einen Erfolg auf der Das hat nichts mit einer Schwächung ist kleiner geworden. Sie hat Unordnung globalen Ebene. des europäischen Sozialmodells zu tun, son- gebracht, Migration, Terrorismus. Dies alles dern mit seiner Stärkung. Flexibilität und ist näher an uns herangerückt. Die Antwort soziale Gerechtigkeit werden oftmals als darauf kann nicht sein, neue Mauern zu Gegensätze angesehen. Das ist aber nicht errichten, sondern wir müssen stattdessen unbedingt der Fall. Schauen wir uns einmal die Verbreitung von Wohlstand fördern. Je die nordischen Länder und deren Erfolge an, gerechter die Welt wird, desto weniger ge- dann wissen wir, wie so etwas funktionieren fährlich wird sie sein. kann. In Anlehnung an seine Rede anlässlich Flexible einheimische Märkte sollten seiner Amtseinführung vor einem dreiviertel mit Maßnahmen auf der europäischen Ebe- Jahrhundert würde der berühmte amerika- ne zur Förderung von Innovation und Wett- nische Präsident Franklin Roosevelt heute bewerb kombiniert werden. Wir können auf wohl sagen: Was wir hinsichtlich der Globa- den Europäischen Binnenmarkt stolz sein, lisierung wirklich fürchten sollten, ist, sie zu aber er ist noch nicht vollständig errichtet. fürchten. Wir müssen mit der Liberalisierung der Netz- werkindustrien, der Telekommunikations- industrie, bei Post und Energie fortfahren. Denn Wettbewerb zu Hause ist das richtige Rezept für einen Erfolg auf der globalen Ebene. Die Europäische Union sollte auch wei- tere Fortschritte im Zusammenhang mit der Global Governance machen. Die derzeitige Kreditkrise erinnert uns schmerzhaft daran, dass es hier noch Lücken gibt, und unsere

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Leitung: Dr. Wolfram Weimer Chefredakteur, Cicero, Berlin

Statements: Dieter Althaus, MdL, Ministerpräsident des Freistaates Thüringen, Erfurt Rainer Brüderle, MdB, Stv. Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, Berlin Reinhard Bütikofer, Bundesvorsitzender, Bündnis 90/Die Grünen, Berlin Joachim PoSS, MdB, Stv. Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, Berlin

Dr. Wolfram Weimer: Nachdem wir uns heute Morgen mit Herrn Spengler gewisser- maßen in der „Bibliothek“ der feinsinnigen Kulturgeschichte aufgehalten haben, danach im „Kontor“ der klarsichtigen wirtschaftlichen Praxis waren und soeben im englischen „Kamin- zimmer“, kommen wir nun in den politischen „Salon“ der offenen Debatte. Ich darf die vier Kollegen aus der Politik bitten, sich möglichst kurz zu halten, denn wir wollen ja in eine offene Debatte eintreten. Als Erinnerung der alte Witz, der zu diesem Thema seit hundert Jahren in Berlin kursiert: Als ein Wettbewerb ausgeschrieben wurde, man solle etwas Kluges zum Thema China sagen, kam der Engländer nach einer Stunde und hatte ein Blatt vollgeschrieben mit der Überschrift „How to win China; eine kurze Ge- brauchsanweisung“. Der Franzose kam nach einem Monat mit dem Werk „L’ amour chineoise, eine Romantrilogie“. Der Deutsche kam nach einem Jahr und hat ein Buch veröffentlicht „China – die historische, die wirtschaftliche, die soziale und die kulturelle Dimension – ein enzyklopädisches Gesamtwerk“. Ich bitte darum, es heute einmal englisch zu machen: kurz, präzise und unterhaltsam. Herr Ministerpräsident Althaus, Sie haben als Erster das Wort. Dieter Althaus: Vielen Dank für die Möglichkeit, wieder einmal hier zu sein und in die Diskussion mit einzugreifen. Gleich vorweg möchte ich sagen: Auch der 9. November 1989 war eine Folge der Globalisierung. Der Mauerfall war nicht nur der Ausgangspunkt für die Einheit, sondern war infolge der Globalisierung zwangsläufig. Es sei dahingestellt, ob es an diesem Tag sein musste oder auch ein anderer Tag dafür infrage kam. Diese Entwicklung zeigt uns, dass Gesellschaften, die versuchen, sich vom Globalisierungstrend abzukoppeln oder ihn für sich in kleinen Räumen zu organisieren, scheitern müssen. Ich glaube zum Zweiten, dass in den letzten 17 Jahren die Globalisierung an Dynamik gewonnen hat, weil, wie Herr Stephens sagte, die technologische Entwicklung der beson- dere Treiber ist. Deswegen unterstreiche ich, was gesagt wurde, füge aber hinzu, dass diese Dynamik und diese Mobilität regional und national politisch kaum steuerbar sind, zumindest nicht mit den heutigen ordnungspolitischen Regeln, die wir so eingeübt haben.

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Die Aufgabe, der Politik ist es, die Wohl- treten, bestimmen dann auch die politische standspartizipation zu sichern. Ich glaube, Standortsituation. dass die Ausdifferenzierung der Gesellschaft Ich glaube, dass wir in Deutschland nach oben und nach unten weder gelernt stärker darauf achten müssen, dass die ent- noch akzeptiert ist. Sie stellt die größte scheidende Solidaraufgabe der Gesellschaft Herausforderung für die Politik dar. die Bildung ist. Das ist gleichzeitig auch als Die Unsicherheiten werden wohl noch Elitebildung zu verstehen. Es geht darum, zunehmen. Insofern muss sich die Politik sowohl die Bildungsinvestitionen für jeden – sehr darum bemühen, dass wieder Sicher- und damit die Partizipation für jeden – zu heiten geschaffen werden. Die Sicherung erhöhen, als auch gleichzeitig die Elitebil- der Zukunft der Familie stellt für mich eine dung und damit die Auslese zu verstärken, existenzielle Herausforderung dar, ebenso um in der Globalisierung, in der Technolo- die Frage, wie wir es schaffen, die Hand- gieentwicklung ebenfalls, immer mit Treiber lungsfähigkeit und die Akzeptanz der de- zu sein, wie es ja auch in den letzten Jahren mokratischen Strukturen zu festigen. Demo- und Jahrzehnten der Fall war. Letztlich ist die Heraus­- kratie lebt ja von einem gewissen Vertrauen, Dazu ist es notwendig, dass Deutsch- forderung, die an­- das die Menschen haben. Wenn sie dieses land mehr Mut zum nationalen Wettbewerb steht, eine kulturelle Herausforderung. Vertrauen verlieren, dann haben sie auch die und zum regionalen Wettbewerb unter den Handlungsfähigkeit der Demokratie nicht Ländern aufbringt, damit aus diesem Wett- ausreichend im Blick und wenden sich von bewerb heraus auch Unterscheidung sicht- ihr ab. Die neuen Länder geben ein Beispiel bar wird und damit auch Entwicklungsdyna- dafür, wie sich diese Muster in die beiden mik verbunden ist. Extreme hinein entwickeln. Letztlich ist für mich die Herausforde- Vorhin wurde gesagt, die Globalisie- rung, die ansteht, eine kulturelle Herausfor- rung sei von den Politikern nicht genügend derung, die wir bestehen müssen. Ob wir sie vermittelt worden. Ich denke, das ist nicht mit der heutigen politischen Struktur und nur die Aufgabe der Politikerinnen und mit der heutigen politischen Handlungs­ Politiker, sondern auch der Medien, der überzeugung bestehen, ist noch nicht erwie- Wissenschaft. Wenn in der Gesellschaft sen; diese Frage wird erst in den nächsten kein Konsens zur Globalisierung existiert Jahren beantwortet werden können. Unab- – und er existiert nicht –, dann wird es hängig davon glaube ich aber, dass wir als sehr schwer, weil in der inhaltlichen Aus- Deutsche alle Chancen haben, wenn wir uns einandersetzung dann immer diejenigen zu einem nationalen Konsens durchringen. gewinnen, die eher beschwichtigen und Das bedeutet: Wenn wir uns zur Globalisie- scheinbar einfache Lösungen anbieten. rung bekennen, unser Wohlfahrtssystem an Diejenigen, die eine solche Meinung ver- die Zeit anpassen, die Regeln so verändern,

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 52 07.03.2008 9:17:14 Uhr dass Ungleichheiten zwar möglich bleiben, das nicht? Ich bin fest davon überzeugt: Sie aber bewältigt werden können und wir da- kann es nicht. Sie muss entweder die Strö- rüber hinaus mehr Kraft für den Wettbewerb mungen mitnehmen oder aufnehmen und und für eine Differenzierung in der Bildung für sich nutzbar machen, oder sie wird in haben. den nächsten Jahren zu einer absteigenden Dr. Wolfram Weimer: Die Tonlage Ihrer Nation. Ich plädiere dafür, dass wir den Äußerung hat etwas Skeptisches, fast Me- Veränderungsprozess als Herausforderung lancholisches. Herr Müller hat heute Mor- annehmen und dass wir mit unserer Stärke gen mit freundlicher Klarheit darauf hinge- in Technologie und Entwicklung auch eine wiesen, dass es in der Wirtschaft Sorge vor Stärke bei der politischen Umgestaltung be- einem Rollback der Reformpolitik gibt. wirken. Nun ist die CDU auf dem Parteitag in Das bedeutet, konsequent ordnungs- Leipzig angetreten, Deutschland wirtschafts- politisch weiter zu reformieren. Das heißt, liberal zu reformieren. Stück für Stück davon unseren Sozialstaat umzubauen, hin zu wurde zurückgenommen. Inzwischen hat einem Sozialstaat, der die Existenz sichert, man das Gefühl, dass die Fahne, die damals der dabei die wirtschaftliche Profitabilität gehisst wurde, ganz eingezogen wurde. Was nicht hemmt, der mehr Menschen beteiligt, entgegnen Sie dem? aber auf unterschiedlichem Niveau, der also Dieter Althaus: Warum soll ich dem die Ausdifferenzierung nicht als Problem der etwas entgegnen? Das hat ja wohl keine Gerechtigkeit ansieht, sondern als Heraus- Mehrheit in Deutschland gefunden. Ich ha- forderung für die Gerechtigkeit. be gesagt: Es muss einen Konsens in der Rainer Brüderle: Der Bankenverband Gesellschaft geben, dass eine kluge, ausdif- hat ein zentrales Thema unserer Tage zum ferenzierende Wirtschaftspolitik die beste Zentrum seiner Beratungen gemacht. Es hat Grundlage für Wohlfahrt und Sozialstaat in auch etwas mit dem zu tun, was zur gleichen Wenn wir uns der ver­ änderten Welt nicht der Zukunft ist. Dieser Konsens existiert in Zeit im Deutschen bei der Bera- anpassen, verlieren wir. Deutschland nicht. Deswegen macht man tung des Bundeshaushalts, der ja ein in Zah- nun kleine Schritte. Man muss darauf ach- len gegossenes Programm ist, stattfindet. ten, dass diese kleinen Schritte wenigstens Die Globalisierung ist vorhanden, sie wird in die richtige Richtung führen. voranschreiten. Sie wird nicht auf Deutsch- Es ist richtig, dass wir hier und über- land warten. all in der Gesellschaft die Debatte über die Herr Stephens hat deutlich gemacht: Frage führen: Kann eine Nation diesen Ent- Wir sind dabei; bisher sind wir Profiteure, wicklungstrend, den wir erleben, sozusagen wir gewinnen davon. Wenn wir uns der ver- national brechen und eine andere Entwick- änderten Welt nicht anpassen, verlieren wir. lungsrichtung einschlagen, oder kann sie So einfach lautet die Grundregel.

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Sicherlich sind die Absorptionsfähig- tig und notwendig, nunmehr die richtigen keiten der Länder unterschiedlich. Das gilt Schlussfolgerungen zu ziehen. Aber das ge- auch für die Bereitschaft, dafür einzutreten. schieht nicht. Ich schätze Herrn Althaus sehr, aber ich teile Der Bundeshaushalt bringt keine kraft- seine Analyse nicht, dass es 2005 nicht mög- volle Umstrukturierung, sondern er wird lich gewesen wäre, mit einem Reformkon- bei 50 Mrd € Mehreinnahmen um über 4 % zept eine Wahl zu gewinnen. Man muss es vergrößert. Deutschland ist dabei, den An- allerdings anders anstellen. Man kann ein passungsprozess zu verpassen oder ihn in Konzept auch falsch verkaufen, obwohl man einem zu geringen Tempo anzugehen. Das inhaltlich richtig liegt. Aber darüber will ich hat exakt mit denjenigen Punkten zu tun, Wir müssen in mich jetzt nicht näher auslassen. die derzeit in diesem Land entschieden unserer Gesellschaft Wir müssen in unserer Gesellschaft werden. Darüber muss man reden können. Veränderungen vor­ nehmen. Veränderungen vornehmen. Wir brauchen Wenn wir nicht mehr darüber reden, ist der mehr Flexibilität. Aber das Gegenteil ge- Denkprozess ausgeschlossen. schieht. Im Bundestag wird von den Partnern Es gibt bei uns die Diskussion über die der Regierungskoalition über einen Mindest- Staatsfonds. Das scheint mir nur noch eine lohn diskutiert, über die Begrenzung von Debatte zwischen Finanz- und Wirtschafts- Managergehältern, über die Fortsetzung ministerium zu sein, ob man das Außenwirt- von monopolistischen Strukturen etwa im schaftsgesetz verschärft, oder ob man neue Postmarkt. Es wird nicht debattiert über eine Kapitalsammelstellen organisiert, um den Öffnung, über eine Deregulierung, über ei- Einstieg ausländischer Staatsfonds zu ver- nen umfassenden Abbau von Bürokratie. Es hindern. Das ist falsch. Das geht in Richtung gab zwar Mittelstandsentlastungsgesetze, Protektionismus. In Frankreich erleben wir die haben eine bescheidene Rückführung teilweise protektionistische Tendenzen. Die von bürokratischen Lasten bewirkt, aber „Neue Zürcher Zeitung“ hat die Rede des bri- allein die Vorverlegung der Zahlung der tischen Premierministers Brown in Brighton Sozialabgaben hat eine Mehrbelastung von analysiert: Er hat 89-mal den Begriff „british“ 4 Mrd € zur Folge. als Adjektiv hinzugefügt. Die Strukturen werden eben nicht an- Natürlich gibt es Anpassungsprozesse, gepasst. Wir befinden uns in einer Phase, die auch wehtun. Es ist die Aufgabe der in der wir eine gute wirtschaftliche Ent- Politik, die Menschen mitzunehmen, ihnen wicklung haben. Jeder kleine Häuslebesitzer Ängste zu nehmen, gleichzeitig aber auch weiß: Wenn die Sonne scheint, kann man Flexibilitäten und Zukunftsinvestitionen in das Dach am besten reparieren. Technisch Bildung und Forschung zu ermöglichen. geht es auch bei Regen, aber es ist dann Die Politik sollte sich auf die Ordnungs- ungleich schwieriger. Deshalb wäre es rich- politik, die ja der tiefere Sinn der Marktwirt-

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 54 07.03.2008 9:17:15 Uhr schaft ist, konzentrieren und weniger das Barrieren müssen niedergerissen werden. Es tun, was schon damals die Gründungsväter dürfen keine neuen Mauern mit scheinhei- der Marktwirtschaft befürchteten. Eucken ligen Argumenten aufgebaut werden. sprach vom Punktualismus, von Eingriffen Dr. Wolfram Weimer: Herr Brüderle, des Staates in Einzelstrukturen. Das führt bevor Herr Bütikofer das Wort erhält, eine immer zu Verzerrungen und Fehlentwick- kurze Gegenfrage. Herr Althaus hat darauf lungen. hingewiesen: Es geht immer auch um Ak- Deutschland muss sich die Frage stel- zeptanz. Als Vertreter einer Volkspartei ar- len: Haben wir die Kraft – das muss kein gumentiert er so. Das trifft Sie aber auch. Konsens sein, der alle erfasst; es genügt eine Sie sprachen eben von Mehrheiten. Nur: Mehrheit –, die Weichen so zu stellen, dass Die Mehrheiten für die von Ihnen postu- Es dürfen keine neuen Mauern mit scheinhei­ wir uns in der neuen Phase der Globalisie- lierte Politik schwinden. Sie selber haben ligen Argumenten auf­ rung, der technologischen Revolution und beschrieben, wie der Protektionismus zu- gebaut werden. des Internets verändert aufstellen können, rückkehrt. Man hat fast den Eindruck, als sei um damit weiterhin an der Spitze zu mar- die wirtschaftsliberale Gedankenwelt in die- schieren, oder haben wir diese Kraft nicht ser Nische der Weltgeschichte vom Fall der und gehen ängstlich in die Strukturen von Mauer bis zum 11. September 2001, als die gestern und vorgestern zurück? Wirtschaftsliberalen noch die intellektuelle Diese spannende Frage muss das Land Deutungsmacht hatten, verloren gegangen. beantworten. Ich plädiere für Öffnung, für Wie reagieren Liberale eigentlich auf konsequentes marktwirtschaftliches Han- den globalen Trend, dass das Pendel nun deln, nicht für Protektionismus, nicht für wieder zurückschlägt? Schart man sich als Angst. Häuflein der Aufrechten zusammen? Oder In den vergangenen vier Jahren haben variiert man sein liberales Programm? deutsche Unternehmen für 14 Mrd € in Chi- Rainer Brüderle: Ich glaube, man muss na investiert. Die Chinesen haben in den zu seiner Überzeugung stehen. Im Zweifel vergangenen vier Jahren nur 200 Mio € in muss man immer für die eigene Überzeu- Deutschland investiert. Ich habe große Zwei- gung kämpfen. Aber man braucht Mitstrei- fel, ob die Chinesen überhaupt ein starkes ter, Mitkämpfer. Eine Demokratie funktio- Interesse daran haben, in Deutschland ein- niert nur mit Demokraten, die sich einbrin- zusteigen. Das wird sich erst noch erweisen. gen, die sich engagieren. Bei uns aber wird, indem quasi eine neue Ich habe den Eindruck: Momentan sind gelbe Gefahr an die Wand gemalt wird, eine wir eher in der Gefahr, von den Mitläufern Politik betrieben, die einen Schutzzaun für des Populismus, des Protektionismus und manchen Dax-Vorstand darstellen könnte. des lauen Badens erdrückt zu werden. Mit Deshalb plädiere ich für Mut und Offenheit. ein paar Pflastern werden wir die Probleme

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nicht lösen. Wir müssen Mut haben. Wenn Ich möchte das Augenmerk auf die Fra- wir diesen Mut nicht aufbringen, wird die ge richten: Können wir beispielsweise relativ Entwicklung ihr Urteil sprechen. schnell zu einem globalen CO₂-Handel auf Dr. Wolfram Weimer: Herr Bütikofer, der Basis von gleichen Pro-Kopf-Zuteilungen Sie sehen das naturgemäß ganz anders? von Emissionen kommen? Wäre das ein Reinhard Bütikofer: Ich möchte einige Weg? Wenn es kein Weg ist, welcher denn außenpolitische Aspekte der asiatischen He- dann? rausforderung beleuchten, wobei ich mich, Jedenfalls scheint mir diese ökologische weil ich mich damit ein bisschen beschäftigt Dimension noch unterbelichtet, obwohl sie habe, vor allem auf China konzentrieren meines Erachtens für unseren Wettbewerb will. Zunächst eine Anekdote von Mahatma mit Asien wichtiger ist als vieles andere. Gandhi. Er ist einmal gefragt worden, ob Dabei spielt natürlich auch die Ausei- er glaubt, dass Indien jemals den gleichen nandersetzung um Rohstoffe eine gewisse Reichtum erreichen könnte wie Großbritan- Rolle. Beim deutsch-chinesischen Dialog­ Eine gewisse Gefahr nien. Die Antwort lautete: Großbritannien forum ist auch über Afrika gesprochen wor- sehe ich in der Haltung musste, um diesen Reichtum zu erwirtschaf- den. Man hat sich vorgenommen, dieses einer moralischen Überlegenheit. ten, die halbe Welt ausbeuten. Wie viel Thema einmal gemeinsam zu diskutieren. Welten würden wir wohl für Indien brau- Wenn über Afrika gesprochen wird, haben chen? wir zuallerletzt Grund zu einer selbstge- In einer Zeit der dramatischen ökolo- rechten Haltung. Wenn ich mich recht ent- gischen und klimapolitischen Herausforde- sinne, ist die europäische Politik in Afrika nie rungen ist das – mit einer gewissen Überset- ausschließlich vom Prinzip des Humanismus zung – eine ganz aktuelle Fragestellung. Mit geprägt gewesen. Blutdiamantenhandel ha- Sicherheit werden die aufstrebenden Länder ben nicht die Chinesen betrieben. Asiens nicht auf unserem Weg zu einem fort- Eine gewisse Gefahr sehe ich in der geschrittenen Reichtum kommen; es bedarf Haltung der moralischen Überlegenheit. einer Transformation zu einer ökologischen Herr Spengler hat von einer moralischen Zivilisation, um den Weg nach vorn, eine Kanonenbootpolitik gesprochen. Das ist weitere Entwicklung und die ökologischen meines Erachtens nicht zu drastisch. Auch Verantwortungen kompatibel zu machen. wenn Grüne gemeinhin als Experten für die Ich glaube, wir sollten, wenn wir über die Moralisierung der Außenpolitik gelten, will wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Eu- ich da doch ein bisschen gegen den Strich ropa und Asien reden, viel stärker über die- bürsten. sen Aspekt sprechen. Bob Zoellick tut das Ich will nicht um den aktuellen Konflikt sehr gern. Und ich glaube, er hat recht da- zwischen China und Deutschland, den es mit, das immer wieder zu betonen. wegen des Empfangs des Dalai Lama durch

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 56 07.03.2008 9:17:15 Uhr die Kanzlerin gibt, herumreden. Ich glaube, der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Ich finde, es war nicht falsch, dass die Kanzlerin mit wir sollten in Deutschland eine gründlichere dem Dalai Lama gesprochen hat. Ich glaube öffentliche Debatte darüber führen. aber, dass es völlig falsch war, wie, wo und Richtig ist, dass wir uns öffnen müssen wann sie dies getan hat und was sie dabei für einen breiteren Blick nach Asien und uns an Botschaften vermittelt hat. Es ist schwie- nicht nur auf China konzentrieren können. rig, das öffentlich zu diskutieren, vor allem, Falsch ist, wenn dieser richtige Satz kontami- nachdem Gerhard Schröder in dieser Sache niert wird mit dem neokonservativen Geist Frau Merkel in einer merkwürdigen Art und eines Containments gegenüber China. Ich Weise kritisiert hat. Ich halte es aber für glaube, das ist leider der Fall. eine Irreführung, wenn man jetzt so tut, Ich erinnere mich, dass es noch vor als müsse man sich entscheiden zwischen kurzer Zeit in Washington einen Thinktank einer wertorientierten Außenpolitik und namens PNAC gab: Project for the New wirtschaftlichen Interessen. American Century. Er hat inzwischen seine In Wirklichkeit geht es um etwas an- Arbeit eingestellt. Derjenige, der diese Idee deres: So, wie die Kanzlerin verfahren ist, verfolgt hat, ist inzwischen beim American nützt es weder den Menschenrechten noch Enterprise Institute untergekommen. Ich den ökonomischen Interessen noch sons­ glaube, diese Illusion wird nicht noch einmal tigen Interessen unseres Landes. Als Stich- aufleben. Wir laufen im 21. Jahrhundert auf worte nenne ich nur Darfur, Iran oder Bali. eine Situation zu, bei der mehrere Pole das Dass sie sich konfrontativer verhalten Weltgeschehen bestimmen. hat als Präsident Bush, ist eine Tatsache. Die Frage ist, ob zwischen diesen Polen Dass sie sich anschließend auch noch als eine Polarisierung stattfindet – das ist nicht Lehrmeisterin der Chinesen angeboten hat, notwendig – oder ob eine multilaterale Ko­ hat die Sache nicht besser gemacht. operation die Beziehungen prägt. Ich glau- An dieser Stelle lässt sich exemplarisch be, dass der Westen, das heißt die Europäer zeigen, wie nah beieinander eine Politik und die Amerikaner, angesichts seines großen Jetzt kann der Westen die richtigen der Partnerschaft mit Asien – in diesem Fall ökonomischen und politischen Gewichts in Weichenstellungen mit China –, die gemeinsame Probleme, der Weltpolitik derzeit noch die richtigen noch vornehmen. gemeinsame Interessen, unsere Werte und Weichenstellungen vornehmen kann. Im möglichst weitgehend gemeinsame Werte Jahre 2020 werden sich die Schwergewichte ins Zentrum rückt, und eine Politik, die un- verschoben haben. Wenn wir es bis dahin ter dem Etikett von Menschenrechtspolitik nicht erreicht haben, die Grundlagen einer einen konfrontativen Stil betreibt, liegen. kooperativen Entwicklung in der Welt zu Dafür, dass das nicht nur ein Einzelfall ist, schaffen, wird das Echo für Europa und die spricht meines Erachtens das Asienkonzept USA nicht freundlich sein.

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Heute wurde hier mit Recht von vielen könnten auch in die andere Richtung gehen. zum Ausdruck gebracht: Wir gehören bisher Welche Signale haben Sie auszusenden? zu den Gewinnern der Globalisierung und Reinhard Bütikofer: Mein Signal ist können auch in Zukunft zu den Gewinnern ganz einfach: Wir werden weder da noch Wir gehören bisher gehören. Unsere Verantwortung begrenzt dort die Rolle des Beiboots suchen. Wir zu den Gewinnern der sich jedoch nicht darauf, zu analysieren, ob werden uns, wenn wir gescheit sind – ich Globalisierung und können auch in Zukunft es sich für uns um ein Positivsummenspiel hoffe, wir sind gescheit –, nicht in einLa- zu ihnen gehören. handelt, sondern die Verantwortung er- ger zwängen oder zwängen lassen, sondern streckt sich auch auf die Frage, welche Rolle versuchen, sehr nüchtern diejenigen Fragen wir für die Gestaltung der Grundlinien der zu identifizieren, an denen sich eine- ver internationalen Politik spielen wollen. Ich nünftige und zukunftszugewandte Politik glaube, da stehen wir in Deutschland gegen- auszuweisen hat. Dazu gehören die Fragen wärtig vor einer Weichenstellung. der ökologischen Verantwortung, dazu ge- Dr. Wolfram Weimer: Besonders über- hören auch die Fragen der sozialen Verant- raschend und klar war Ihre Stellungnahme, wortung. Herr Bütikofer, hinsichtlich des Dalai Lama. Natürlich kann man mit Leichtigkeit ei- Das ist für einige deshalb überraschend, ne Menge gegen grüne Parteitagsbeschlüsse weil Sie damit bei einer Menschenrechts- ins Feld führen und auch polemisieren. Aber frage die Kanzlerin gewissermaßen rechts ob ausgerechnet die Grünen den Linksruck realpolitisch überholen. Das wirft für mich in Deutschland in einer Situation vertreten, folgende grundsätzliche Frage auf: Man in der die Union und die SPD die Zahlung scannt Ihre Partei im Moment danach ab, ob des Arbeitslosengeldes I verlängern wollen sie sich tendenziell weiter nach links neigt und wir sagen, dies ist ein Fehler, man sollte oder mehr in den bürgerlichen Raum hinein. es lieber so lassen, wie es ist, weiß ich nicht. Nach den tektonischen Verschiebungen in Ob man ausgerechnet die Grünen als Ver- unserer Parteienarchitektur haben wir ja die treter des Linksrucks in einer Situation iden- Konstellation: Bei zwei linken Parteien und tifizieren sollte, in der ich in Bezug auf den zwei bürgerlichen Parteien sind auf einmal Protektionismus eher bei der Position von die Grünen der entscheidende Faktor in der Herrn Brüderle bin als bei der Position der Mitte. Wenn man die Personalie Metzger Großen Koalition, weiß ich auch nicht. Ich oder die Beschlüsse auf Ihrem Parteitag an- stelle das anheim. sieht, hat man den Eindruck: Die Grünen ori- Hinsichtlich der Außenpolitik habe ich entieren sich wieder ins linke Lager. Wenn versucht, eine klare Differenzierung vorzu- man auf die Wahl in Hamburg vorausblickt, nehmen. Aber gut gemeint ist auch nicht wo möglicherweise eine schwarz-grüne unbedingt deshalb gut gemacht, weil es die Regierung ansteht, denkt man: Die Signale Kanzlerin gemacht hat. Wer nicht begreift,

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 58 07.03.2008 9:17:15 Uhr dass die Geschichte Chinas vom Opiumkrieg ständigen müssen, wie man es bezüglich bis zum Koreakrieg durch über 100 Jahre des Umgangs mit Staaten hält, in denen die ausländische Aggression geprägt ist und Menschenrechte nach unseren Maßstäben dies noch heute in der Selbstwahrnehmung nicht so eingehalten werden, wie wir das Chinas ein ziemlich zentrales Problem ist, erwarten. Ich meine, dass eine solche Ver- Wie hält man es mit Staaten, in denen kommt möglicherweise zu der Einschät- ständigung in der Großen Koalition relativ die Menschenrechte zung: Ich unterstütze den Dalai Lama bei bald geleistet werden müsste. Das ist not- nicht einge­halten werden? seinem Engagement für mehr kulturelle und wendig wegen der Orientierung und nicht religiöse Autonomie in Tibet. zuletzt auch wegen wirtschaftlicher Interes- Dass so etwas in China an dieser Stel- sen. Man kann ganz offen und ungeschminkt le meines Erachtens zu Recht mehr als nur sagen, dass man eine klare Orientierung eine leichte Reaktion auslöst, wird man ver- braucht, um Irritationen, die ja entstanden stehen, wenn man die Geschichte Chinas sind – ich will das gar nicht bewerten und studiert hat. Das würde man als deutsche auch nicht an Personen festmachen –, mög- Bundeskanzlerin oder als deutscher Bundes- lichst auszuräumen. kanzler nicht in Bezug auf irgendein anderes So viel zu dem, was Herr Bütikofer hier Land sagen. Übersetzen Sie diesen Satz ein- zur Sprache gebracht hat, was ein wich- mal in Bezug auf Tschetschenien oder in Be- tiger Aspekt ist, weil wir hier ja nicht the- zug auf die Ojibwa-Indianer in den Vereinig­ oretisch über die Globalisierung und ihre ten Staaten, dann wird es sofort jedem klar. Konsequenzen diskutieren, sondern tag- An der Stelle lautet die Alternative nicht, ob täglich damit zu tun haben – die Praktiker, Menschenrechte eine Rolle in der Außenpo- die heute Morgen gesprochen haben, mehr litik spielen oder nicht, sondern es geht um als die Politiker, die sicherlich auch noch die Frage, in welcher Weise die Menschen- an inhaltlicher Tiefe gewinnen müssen, rechte eine Rolle in der Außenpolitik spie- wie Herr Stephens angemerkt hat. Das gilt len oder ob sie zum Cover-up für eine Politik aber nicht nur für die Politiker, sondern, der Konfrontation benutzt werden. Letzteres wie ich glaube, für alle Akteure in diesem darf nicht sein; Menschenrechtspolitik muss Prozess, in dem es oft mehr Fragen als Ant- sein. worten gibt. Joachim Poß: Nicht in allem, was Herr Ich will dieses bürgerliche Forum, um Bütikofer gesagt hat, hat er Unrecht. Ich will diesen Begriff aufzunehmen, nutzen, um vermeiden, hier innenpolitische Debatten dem Präsidenten des Bundesverbandes deut- oder Haushaltsdebatten zu führen. Auch ich scher Banken, Herrn Klaus-Peter Müller, für glaube etwas selbstkritisch, dass die Große sein großartiges Engagement in der Bewäl- Koalition, die noch zwei Jahre regieren wird, tigung kleiner und größerer Krisen, die uns sich in der ganz zentralen Frage wird ver- in den letzten Monaten beschäftigt haben,

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herzlich zu danken. Das hat ja auch etwas In diesen Sätzen ist die Ambivalenz mit Vorgängen zu tun, die unter der Über- beschrieben, mit der wir es zu tun haben. schrift dieses Forums diskutiert werden. Diese Ambivalenz macht auch deutlich, dass Es ist die Frage, ob es sich bei dem man keinerlei Sicherheit bezüglich dessen Wettbewerb unter dem Stichwort der Glo- hat, was vor uns liegt, weil wir uns mitten in balisierung und der Wirtschaftsstandorte der Entwicklung befinden. um ein Nullsummenspiel handelt, wie es der Die Existenz des Wettbewerbs ist unbe- Titel des Buches von Gabor Steingart „Welt- stritten. Das haben die Vorredner bereits er- krieg um Wohlstand“ nahelegt, bei dem je- wähnt. Die Frage ist, welche Konsequenzen dem Gewinner ein Verlierer gegenüberste- wir konkret daraus ziehen, soweit wir die hen muss, weil der Gewinn des einen durch Entwicklung überhaupt beeinflussen kön- die Niederlage des anderen ermöglicht wird. nen. Ich denke, dass die Sozialdemokraten Ich teile die Auffassung von Herrn Bütikofer, in der Regierungsverantwortung sowohl dass man diese Polarisierung nicht zulassen mit Bundeskanzler Schröder als auch jetzt sollte, sondern vielmehr versuchen sollte, mit Bundeskanzlerin Merkel die richtigen die Vorteile des Wettbewerbs im Hinblick Konsequenzen daraus gezogen haben. Wir auf mögliche Effizienz-, Produktivitäts- und haben zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um Wettbewerbssteigerungen zu nutzen. unser Land, unser Wirtschaftssystem und die Da Sie sehr wahrscheinlich nicht jeden Menschen, die hier leben, besser auf diesen Tag mit den Inhalten des Grundsatzpro- Wettbewerb einzustellen. Ich nenne hier das gramms der SPD konfrontiert werden, möch- Stichwort der Agenda 2010: Neuordnung te ich die Gelegenheit nutzen, kurz daraus der Arbeitsmarktpolitik, Anstrengungen im einige Sätze zu zitieren, mit denen sich die Bereich von Erziehung, Bildung und Aus- SPD in ihrem neuen Programm zur Globali- bildung. Nach allen Untersuchungen, die Das 21. Jahrhundert ist sierung geäußert hat. Folgende Feststellung uns täglich auf den Tisch kommen, wissen das erste wirklich glo­ wird wohl unbestritten sein: „Das 21. Jahr- wir, dass diese Anstrengungen lange nicht bale Jahrhundert. hundert ist das erste wirklich globale Jahr- ausreichen. Unsere Ziele sind formuliert, hundert.“ Weiter heißt es: „Nie zuvor waren beispielsweise 3 % Wachstum für Forschung die Menschen weltweit so sehr aufeinander und Entwicklung. Ich glaube, dass wir da angewiesen. (…) Dieses Jahrhundert wird insgesamt besser unterwegs sind, als es teil- entweder ein Jahrhundert des sozialen, öko- weise in der typisch deutschen sehr selbst- logischen und wirtschaftlichen Fortschritts, kritischen Diskussion anerkannt wird. der allen Menschen mehr Wohlfahrt, Ge- Ich nehme für die SPD in Anspruch – rechtigkeit und Demokratie eröffnet oder es das tun die Grünen sicherlich auch –, dass wird ein Jahrhundert erbitterter Verteilungs- wir schon lange vor der jetzigen Situation kämpfe und entfesselter Gewalt.“ explodierender Rohölpreise Anreize für ei-

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 60 07.03.2008 9:17:16 Uhr nen effizienteren Umgang mit Energie und Wir haben Gestaltungsmöglichkeiten für eine stärkere Nutzung erneuerbarer Ener­- auf nationaler Ebene. Ich nenne hier das gien gesetzt haben. Das haben wir in den Thema Unternehmensbesteuerung, das in letzten Jahren gemeinsam getan. Das traf diesem Kreis sicherlich nicht ganz unum- oft nicht auf die Zustimmung der Wirtschaft. stritten ist. Mit der Unternehmensbesteu- Aber ich glaube, es war manche weitsichtige erung haben wir eine gewisse Konsequenz Entscheidung von Rot-Grün dabei. aus einem verschärften Wettbewerb gezo- Neben der Vorbereitung auf den Wett- gen. Wir haben Gestaltungsmöglichkeiten bewerb stellt sich die Frage: Wie soll der auch auf der europäischen Ebene, die wir Wettbewerb vonstatten gehen? Wir setzen sicherlich auch noch nicht optimal nutzen. auf einen fairen Wettbewerb. Herr Bütiko- Wir sind strategisch in Europa noch nicht fer hat die ökologischen Aspekte betont, aufgestellt, auch was den Umgang mit dem und zwar zu Recht. Ich möchte die sozialen asiatischen Raum angeht. Ich glaube, auch Aspekte besonders unterstreichen. Wir kön- da brauchen wir größere Klarheit. nen die Probleme nur lösen, wenn wir eine Es gibt darüber hinaus weltumspan- weitgehende Akzeptanz, auch eine weitge- nende Institutionen wie den Internationa- hende soziale Akzeptanz, haben. Jeder, der len Währungsfonds – da gibt es aktuell Dis- meint, er könne ohne diese Akzeptanz Ver- kussionen; ich denke, da muss die Effizienz änderungen vornehmen, irrt. größer werden –, die Vereinten Nationen, Das war ein Problem für meine Partei. die Weltbank, die Welthandelsorganisation Die SPD hat deshalb so viel bluten müssen, oder die Internationale Arbeitsorganisa­ um es einmal umgangssprachlich auszu- tion ILO. Das sind mögliche Ansatzpunkte, drücken, weil die Akzeptanz für diese Maß- um die erforderlichen Voraussetzungen für nahmen nicht vorhanden war und weil wir einen fairen und funktionierenden Wettbe- es kommunikativ nicht geschafft haben, werb zu etablieren. manches Richtige auch richtig darzustellen. Als weitere Stichworte nenne ich die Wer meint – ganz unabhängig davon, Arbeitsbedingungen, die soziale Sicherung, Den Wettlauf um die geringsten Löhne kön­ wer regiert –, es könnten ohne eine solche die Ökologie, den ordnungspolitischen Rah- nen wir nicht gewinnen. Akzeptanz die notwendigen Veränderungen men für die Finanzmärkte und einen wirk- vorgenommen werden, wird scheitern. Bei samen Schutz von geistigem Eigentum. der Frage der Akzeptanz müssen wir nach- Natürlich müssen wir in unserem eige- legen. Den Wettlauf um die geringsten Löh- nen Interesse um einen wirksamen Schutz ne, um die nachlässigste soziale Sicherung kämpfen. Ich glaube, dabei handelt es sich und um die geringsten ökologischen Anfor- nicht um protektionistische Maßnahmen. derungen können wir nicht gewinnen. Wir Man muss vorsichtig mit dem Vorwurf des sollten es deshalb erst gar nicht versuchen. Protektionismus umgehen, wenn es darum

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geht, legitime Interessen zu formulieren. Ich glaube, auf Ihrer Seite liegt das Di- Das Grundgesetz verpflichtet uns Abge- lemma zwischen Akzeptanz und Evidenz. Die ordnete, die legitimen Interessen unseres SPD war ja über lange Jahrzehnte hinweg Volkes zu wahren. Darum geht es auch bei die Verkörperung auch eines Modernisie- dem Thema der Staatsfonds. Auch da will ich rungsanspruchs. Sie war die Partei des Au- jetzt nicht konkreter werden. Der Referen- tobahnbaus, sie war die Partei der Kernkraft. tenentwurf ist noch gar nicht geschrieben. Sie hatte immer auch eine avantgardistische Was soll man da spekulieren? Ich will keine Verheißung. Spekulationen anheizen, ob man über 20 Wenn jemand wie Herr Stephens von oder 25 % reden soll. Auch die Frage, was außen zu uns kommt und fragt „Wo ist eure strategisch wichtige Bereiche sind, wird uns avantgardistische Verheißung, seid ihr noch in der Diskussion noch beschäftigen. Ange- stark genug, das zu leben?“, dann ist das sichts der nicht zu leugnenden Bedeutung auch eine Frage an Ihre Partei. dieser Fonds, die es bereits gibt, finde ich Joachim Poß: Ich glaube, Herr Ste- Angesichts der Bedeu­ es legitim, dass darüber auch bei uns – und phens hat in seinem eigenen Land genug tung der Staatsfonds ist nicht nur bei uns – gesprochen wird. mit den Modernisierungsverheißungen es legitim, dass darüber gesprochen wird. Derjenige, der solche Rahmenbedin- zu tun. Zu dieser Überzeugung muss man gungen fordert, wie ich sie angedeutet ha- kommen, wenn man sich die Realitäten in be, ist nicht wettbewerbsfeindlich, sondern Großbritannien anschaut, beispielsweise ist bereit, sich einem fairen Wettbewerb zu hinsichtlich der Infrastruktur, und nicht nur stellen. Das ist eine Aufgabe, die uns noch den Blick auf die City of London richtet, was viele Jahre beschäftigen wird. in der Finance Community vielleicht nahe- Dr. Wolfram Weimer: Eine kurze Nach- liegt. Ich fand die Ausführungen von Herrn frage meinerseits. Mir macht es Spaß, auf Stephens interessant. Aber darum kann es gewisse Dilemmata hinzuweisen. Sie haben ja nicht gehen. zu Recht auf die Akzeptanz gerade bei der Was Ihren Begriff des „Rollback“ an- Thematik eines Rollback der Reformpolitik geht, Herr Weimer, halte ich ihn schlicht- hingewiesen. Da hat interessanterweise weg für falsch. Es ist ja auch nicht einfach, Herr Stoiber so etwas wie ein ungewolltes genau zu sagen, was links und was rechts Schlusswort gesprochen. Er äußerte, er kön- ist. Zu den verschiedenen Positionierungen ne gut verstehen, dass die SPD diesen Schritt hat Herr Bütikofer vorhin auch schon etwas nach links getan habe, denn wir bräuchten gesagt. Die Verlängerung der Zahlung des eine starke Volkspartei auf der linken Seite Arbeitslosengelds I um ein halbes Jahr ist so des Parteienspektrums und die SPD könne lange unschädlich, wie Sie eine Brandmau- schließlich nicht alles an Herrn Lafontaine er gegen die Frühverrentung, die wirklich verlieren. unheilvoll war, errichten können. Ich gehe

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 62 07.03.2008 9:17:16 Uhr davon aus, dass wir bei der sukzessiven Dirk Martin: Ich muss der Politik ein Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf wenig den Vorwurf machen, dass sie sich 67 Jahre auch durch Missbrauchsvorschriften immer damit herausredet, die Bevölkerung diese Brandmauer errichtet haben und dass gehe nicht mit, wenn man über die Globali- es nicht gelingt, an die Praxis der Frühver- sierung spricht. Ich bin der festen Überzeu- rentung anzuknüpfen. gung, dass es nicht daran liegt, sondern an Ansonsten gibt es nirgendwo ein Roll- der Tatsache, dass wir einfach nicht den Mut back, das ich erkennen könnte, sondern es haben, gewisse Dinge umzustrukturieren. geht sicherlich auch um Maßnahmen der Ich nenne beispielhaft die Bildung. Wir sozialen Akzeptanz. Der Begriff „Rollback“ alle sind der Meinung – ich glaube, dafür ist sicherlich falsch, weil wir lange Entwick- gibt es in Deutschland eine Mehrheit –, dass lungslinien haben, die nach vorn zeigen. wir mehr in die Zukunft und insbesondere Über sie sind wir im Allgemeinen einig, bei- in die Bildung investieren müssen. Aber was spielsweise was die Bedeutung der Bildung passiert im jetzigen Haushalt? Es erfolgt nur angeht. eine marginale Veränderung. Die Subven- Ich glaube auch, dass die Weichenstel- tionen bleiben – bis auf marginale Abwei- lungen der Agenda 2010 im Prinzip unbe- chungen – gleich. Es gibt in Deutschland Die Weichenstellungen der Agenda 2010 sind stritten sind. Wir brauchen Fortentwick- auch eine Mehrheit für die Auffassung, dass im Prinzip unbestritten. lungen der verschiedensten Art. Für mich ist die Subventionen weiter reduziert werden der Zugang zur Bildung und zur Erwerbsar- könnten. beit zentral. Ich halte den Ansatz der Grünen, Der erste Vorwurf lautet also: Man ist im Grunde genommen in einen Wettbewerb dort nicht mutig genug. Der zweite Vorwurf über höhere Transferleistungen einzutre­- ist ganz pragmatisch begründet. Gerade der ten – auch ich bin für ausreichende Transfer- Mittelstand braucht hinsichtlich der Arbeits- leistungen –, für nicht richtig. Das Entschei- kräfte einen Austausch mit Asien. Um heut- dende für unser Land wird sein, dass wir die zutage einen Inder einstellen zu können, Menschen zu auskömmlichen Bedingungen muss dieser mindestens 80.000 € im Jahr in die Erwerbsarbeit bekommen. Das ist die verdienen. So sehen die gesetzlichen Rege- zentrale Herausforderung. Es geht um das lungen aus. Ich glaube, es wäre überhaupt Fördern – wahrscheinlich kann man noch nicht mutig, wenn Sie endlich diese Rege- intelligenter fördern, als es in den letzten lung kippen würden, sodass Mitarbeiter, die zwei Jahren gelungen ist; auch da lernt man aus Ländern außerhalb der Europäischen jeden Tag hinzu –, aber eben auch um das Union kommen, auch bei einem Jahresein- Fordern. Ein Rollback in dem Sinne, wie Sie kommen von 40.000 € eingestellt werden das beschrieben haben, Herr Weimer, sehe können. ich aber nicht. Das fordern wir von Seiten des Bundes-

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verbandes Junger Unternehmer schon seit Aber das leben wir in Deutschland nicht. Wir Monaten, aber wir sehen keine Reaktion. haben jahrzehntelang in eine andere Rich- Deshalb muss ich der Politik den Vorwurf tung geblickt; wir haben in vielen Bereichen machen, gerade auch bei dieser Regelung, einen regulierenden Staat organisiert, um dass es nicht um Mehrheiten innerhalb der den Eindruck zu vermitteln, man könne sich Gesellschaft geht, die dem womöglich nicht dem Markt widersetzen oder ihn bändigen. zustimmen, sondern schlichtweg darum, Wir brauchen aber einen aktivierenden dass sich die Politiker des Themas nicht an- Staat. Dazu gehört beispielsweise die Bil- nehmen wollen. Herr Müntefering hat mir dung. Wir brauchen auch für die Wirtschaft auf einen Brief geantwortet, wenn die Sum- einen aktivierenden Staat. Dazu gehören die me von 80.000 € reduziert würde, würden alten marktwirtschaftlichen Überzeugungen. die Unternehmen von der Verpflichtung be- Wenn wir die entsprechenden Erkenntnisse freit, selber auszubilden. Das ist der größte in Deutschland mehrheitlich hätten, könnten Schmarren, den ich je gehört habe. Gerade wir auch handeln. Da wir aber ein Erkennt- eigentümergeführte Unternehmen bilden nisproblem haben bzw. Probleme, die ge- stärker aus als alle anderen Unternehmen. wonnenen Erkenntnisse zu akzeptieren, ist Das ist für mich ein ganz klares Indiz die Politik nicht mutig genug, diese umzu- dafür, dass Globalisierung und internationa- setzen. Vielfach versucht sie einfach nur, ler Wettbewerb in den Köpfen der Politiker von einer Stunde zur anderen oder von ei- leider noch reifen müssen. Ich muss den ner Legislaturperiode zur nächsten kurzfris­- Politikern den Vorwurf machen, dass sie zu tige Regelungen zu finden. Die Politik ist oft wenig an die jüngere Generation denken, Das reicht aber nicht, weil die Globali- nicht mutig genug, die diesen Wettbewerb noch die nächsten sierung ein Sturmwind ist. Sie kommt nicht die gewonnenen Erkenntnisse umzu­ 40 Jahre über bestehen muss. als laues Lüftchen, sondern sie wird sich setzen. Dieter Althaus: Herr Martin, wenn ich in den nächsten Jahren noch verstärken. Ihnen recht gebe, nutzt das nichts. Wenn Sie Deshalb sind nationale Politiken gehalten, recht haben – und Sie haben recht –, muss schneller zu agieren. Ich meine, man muss man auch sagen, warum das so ist. Wir ha- über die Frage diskutieren: Wie können wir ben in Deutschland ein Erkenntnisproblem; das erreichen? ich glaube, das ist aus den Statements ganz Ich bleibe dabei: Wir benötigen einen deutlich geworden. Oder wir haben das Pro- Grundkonsens, dass nur die marktwirt- blem, die Erkenntnisse, über die wir verfü- schaftliche Ordnung in der Lage ist, sowohl gen, in Politik umzusetzen. die Vorteile der Globalisierung mitzuneh- Wir müssten stärker dem Grundsatz men als auch im Ergebnis Gerechtigkeit zu Geltung verschaffen: Wer sich gegen den sichern – aber nicht eine Verteilungsgerech- Markt stemmt, erzeugt Arbeitslosigkeit. tigkeit, sondern eine Gerechtigkeit, die die

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 64 07.03.2008 9:17:16 Uhr Unterschiede in der Gesellschaft benennt kenkuckucksheim zu beschreiben, sondern und Sorge dafür trägt, dass keiner in exis- die Realitäten anzuerkennen. Dann können tenzielle Not gerät. wir auch mutig werden. Aber in einer sol- Deswegen kann man hinsichtlich der chen Situation sind wir noch nicht. Arbeitslosigkeit auch nicht so locker sagen: Reinhard Bütikofer: Ich möchte kurz Wir sind aus dem Schneider. Auch ich freue etwas zu den Ausführungen von Herrn Mar- mich über die Zahlen, die heute vermittelt tin sagen. Zur Zulassung von ausländischen worden sind, auch für Thüringen, aber wir Arbeitnehmern auf dem deutschen Markt: dürfen nicht verkennen, dass 6,9 Millionen Das, was Sie fordern, haben wir im Deut- Menschen Arbeitslosengeld II erhalten, von schen Bundestag beantragt. Es hat leider denen über fünf Millionen arbeitsfähig sind, keine Mehrheit gefunden. Ich schließe mich dass sich die Statistiken in den letzten Jah- Ihrer Aufforderung an. ren fundamental geändert haben, dass etwa Zu den Investitionen in die Bildung: zwei Millionen Menschen in den Statistiken Hier muss man sozusagen ein Preisschild gar nicht mehr auftauchen. anbringen und sagen: Wenn wir den glei- Wenn man sich die Entwicklung der chen Anteil am Bruttoinlandsprodukt wie Sockelarbeitslosigkeit in Deutschland seit die fortgeschrittensten OECD-Länder in- 1970 anschaut, kann man feststellen, dass vestieren wollen, kostet uns das 35 Mrd € sie ständig gestiegen ist, unabhängig von zusätzlich. Man muss darüber diskutieren, jeder konjunkturellen Welle. Das müssen wir wie man das finanziert. Man kann sich nicht erkennen, damit wir uns von den rosaroten jedes Mal, wenn eine solche Zahl genannt Beschreibungen deutscher Politik oder deut- wird, auf die Sonntagsrede zurückziehen scher Politikergebnisse lösen. und erklären: Bildung ist wichtig, aber dafür Damit will ich nicht dem Pessimismus gezahlt wird nicht. das Wort reden, sondern ich befürworte ei- Dritter Punkt. Ich sehe es nicht so nega- Wenn die Politik eine Verheißung enthält, nen optimistischen Ansatz. tiv, dass die Bevölkerung nicht mitgeht. Sie geht die Bevölkerung Im nächsten Jahr feiern wir die Einfüh- geht mit. Wenn die Politik eine Verheißung auch mit. rung der Marktwirtschaft durch Ludwig Er- enthält, geht die Bevölkerung auch mit. Auf hard vor 60 Jahren, am 20. Juni 1948. Allein Ihre Frage, Herr Weimer, wo denn diese pro- dieses Datum macht deutlich: Darüber hat gressive Verheißung zu finden ist, lautet mei- nicht eine demokratische Struktur entschie- ne Antwort: Sie liegt in einer ökologischen den, sondern ein Mann, der davon über- Innovation. Interessanterweise sagen die zeugt war, dass eine marktwirtschaftliche Umfragen aus: Die Bevölkerung ist reform- Ordnung die Grundlage für soziale Gerech- willig. Ich füge als meine Meinung hinzu: Ich tigkeit ist. Wir sollten uns in Deutschland in glaube, die Bevölkerung ist reformwilliger, diesem Jubiläumsjahr anstrengen, kein Wol- als es die Regierung derzeit ist.

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Rainer Brüderle: Bildung ist auch ei- eben keine kräftige Umstrukturierung, son- ne Frage des Geldes, aber nicht nur des dern allenfalls eine in homöopathischen Do- Geldes, sondern auch der Organisation. Ich sen. Das ist aber zu wenig im Wettbewerb bin froh, dass wir noch einen Föderalismus um Zukunftsfähigkeit. haben, denn es gibt ein erhebliches Gefälle Joachim Poß: Herr Martin, ich glaube, zwischen Nord und Süd, zwischen den ein- wir können keine konkreten Fortschritte zelnen Bundesländern. Wenn Bremen den erzielen, wenn wir diese klassische Feind- deutschen Einheitsstandard setzen würde, bildpflege betreiben, in der Sie sich geübt stünde es um das deutsche Bildungssystem haben. Ich könnte Ihnen entgegenhalten: noch schlechter. Durch unterschiedliche Schauen Sie sich doch einmal die konkreten Werte, durch den Wettbewerb haben wir Zahlen an, welchen Beitrag die Wirtschaft wenigstens noch in Teilen Inseln des Fort- dazu leistet, damit wir das Ziel von 3 % im Durch den Wettbewerb schritts, die wir stärken müssen. Wir müs- Jahre 2010 erreichen. Dann werden Sie fest- haben wir wenigstens sen den Hochschulen mehr Autonomie ge- stellen, dass es da erhebliche Lücken gibt. noch in Teilen Inseln des Fortschritts. währen, sie in den Wettbewerb stellen. Man Wenn Sie von der Ausbildung spre- muss ihnen auch Einnahmemöglichkeiten chen, müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass eröffnen. Man muss Studiengebühren als Fi- nur ungefähr 23 bis 25 % der Betriebe aus- nanzierungsinstrument einführen. Wer kein bilden. Wenn man sich über solche Dinge Geld hat, bekommt die Studiengebühren er- unterhält, ist die Kenntnis von Fakten nicht lassen oder erhält ein Darlehen. Keiner soll von Nachteil. am Studium gehindert werden, aber es muss Das gilt auch hinsichtlich des Bundes- auch dort eine Werthaltigkeit geben. haushalts. Sie wissen – Kollege Brüderle hat Berlin ist ein Negativbeispiel für eine darauf hingewiesen –, wie in unserem Föde- besonders lange Studiendauer, gerade für ralismus die Zuständigkeiten durch die Ver- Lehramtskandidaten. Ich glaube, Lehramts- fassung festgelegt sind. Die Länder haben kandidaten brauchen im Durchschnitt in Ber- bei der Föderalismusreform ausdrücklich lin 17,5 Semester für Fächer wie Erdkunde Wert darauf gelegt, dass der Bund nicht stär- und Sport. ker ins Obligo gerät. Das mussten wir akzep- Hier bedarf es der Anstrengungen der tieren. Das haben wir auch getan. Jetzt geht Länder – das ist nicht nur eine Aufgabe des es darum, das Beste daraus zu machen. Bundes –, andere Prioritäten zu setzen. Kolle- Wir stützen die Anstrengungen der ge Poß hat vorhin über den Bundeshaushalt Länder mit Geld. Das haben wir in den letz- gesprochen. Aber dort erfolgt bei 50 Mrd € ten Jahren bereits getan, Frau Schavan tut Mehreinnahmen eben keine schnellere Kon- dies jetzt auch wieder. Es läuft die Exzellenz­ solidierung. Man könnte den Haushalt ohne initiative, wir haben auf diesem Gebiet eine Neuverschuldung ausgleichen. Es erfolgt enorme Haushaltssteigerung. Deshalb kön-

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 66 07.03.2008 9:17:17 Uhr nen wir momentan auch nicht stärker kon- für die Oberschicht, Vorteile haben. solidieren, weil wir dort ebenso wie bei den Prof. Dr. Hermann Simon: Mir platzt Investitionen große Steigerungen haben. der Kragen. Die Themen hier lauten Asien Damit will ich zum Ausdruck bringen: und Globalisierung. Bitte gewöhnen Sie sich Wir sind wirklich besser unterwegs, als das doch einmal an, zum Thema zu reden. Jetzt manchmal von außen her wahrgenommen haue ich noch einmal in die Kerbe von Herrn wird. Wir sind natürlich gern bereit, als Ge- Martin, auf dessen Ausführungen es keine sprächspartner zur Verfügung zu stehen. Antwort gab. Ich hatte vor Kurzem eine Ta- Aber Ihre Behauptung war mir etwas zu gung mit 350 Weltmarktführern in Bonn. einfach. Dort wurde als das größte Problem der Zu- Prof. Dr. : Ich glau- kunft im Hinblick auf die Globalisierung und Das größte Problem der Zukunft im Hinblick auf be, die Politik allein ist überfordert, wenn es die Entwicklung globaler Managementteams die Globalisierung ist: um das Thema geht: Ist Deutschland bereit, die Gewinnung von High Potentials aus dem Wie können wir High Potentials gewinnen? sich den Reformen der Globalisierung zu Ausland dargestellt. Jeder akzeptiert, dass stellen? Nach meiner Erfahrung versagen man eine gute Bundesligamannschaft nur die Eliten insgesamt dabei, den Bürgern zusammenbekommt, wenn man die besten klarzumachen, dass für ein Exportland wie Spieler der Welt anheuert. Deutschland hat Deutschland Asien eine riesige Herausforde- da ein Riesenproblem. rung ist. In den Medien bekommt das Buch Herr Althaus, das hat absolut nichts mit von Herrn Steingart „Weltkrieg um Wohl- sozialer Gerechtigkeit zu tun. Das hat viel- stand“ einen Preis nach dem anderen. Für mehr mit Weltfremdheit der Politiker zu tun. mich macht der Titel des Buches schon klar, Ein Beispiel: Das Indian Institute of Techno- dass die Bürger in eine defensive Haltung logy hat 4.000 Absolventen pro Jahr, die aus gedrängt werden. 200.000 Bewerbern ausgesucht werden. Wo, Wenn große Dax-Firmen – nicht Fami- glauben Sie, sitzen die am Tag nach ihrem lienunternehmen –, um bestimmte Dinge Examen? Die sitzen alle im Flugzeug in die durchzusetzen, damit drohen „Sonst gehen USA, keiner sitzt im Flugzeug nach Deutsch- wir nach China!“, darf man sich doch nicht land. Das ist die Realität. Ich weiß nicht, ob wundern, wenn die Bürger Angst bekom- die Realität bei Ihnen nicht angekommen ist, men. Das ist – auch in den USA – nicht nur weil Sie die Auslandserfahrung typischerwei- in den Unterschichten so. Auch die bürger- se nicht haben. Ich bitte um eine konkrete lichen Mittelschichten in den westlichen Län- Antwort zu diesem Kernthema der Heraus- dern, auch in Frankreich, haben eine absolut forderungen der Zukunft. ablehnende Haltung, weil die Eliten nicht in Dr. Jürgen Heraeus: Herr Simon ist mir der Lage sind, zu übersetzen, dass internati- zuvorgekommen. Wir haben hier Ausfüh- onaler Handel und Arbeitsteilung, nicht nur rungen zur Innenpolitik gehört, aber das ist

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nicht unser Thema. Es wird bedauert, dass Deutschen, wir Europäer sind offen für den die Ungleichheiten in Deutschland zuneh- Weltmarkt und für die Globalisierung, aber men. Schauen Sie einmal auf die Ungleich- wir erwarten Reziprozität, also Marktzugang heiten in der erweiterten Europäischen Uni- und Lösungen bei der Frage des geistigen on. Schauen Sie ein bisschen weiter, nach Eigentums. Asien, und sehen Sie sich dort die Ungleich- Gestern hat Herr Barroso, der Präsident heiten an. Jeden Tag kommt ein Armutsbe- der Europäischen Kommission, vor einer richt aus Deutschland. Alle, die unter dem chinesischen Parteischule erklärt: In Europa Jeden Tag gibt es einen Durchschnitt liegen, sind irgendwie arm. wächst die Angst vor der Globalisierung, Armutsbericht. Alle, die Wenn wir über Menschlichkeit und denn die Chinesen exportieren dreimal so unter dem Durchschnitt liegen, sind irgendwie Menschenrechte reden und den anderen viel nach Europa wie die Europäer nach Chi- arm. gleichzeitig den Zugang zu mehr Lebens- na. Das Handelsdefizit beträgt 170 Mrd €. standard verweigern, dann sind wir einfach Bei uns Deutschen sieht es etwas besser nur innenpolitisch konzentriert und haben aus: Wir importieren für rund 21 Mrd € aus nicht verstanden, dass die Globalisierung China und exportieren für rund 27 Mrd € eine Herausforderung ist und dass wir den nach China. Menschen klarmachen müssen: Wenn je- Meine Herren Politiker, wie Herr Ver- mand nichts lernt und keinen Schulabschluss heugen und jetzt auch Herr Barroso – Herr hat, wenn jemand keine Lehre absolviert Mandelson übrigens auch – angedeutet hat, wenn jemand durch Millionen anderer haben, wird die EU reagieren. Ich hätte von Menschen in der Welt ersetzbar ist, die am Ihnen gern gewusst: Was können und sollen Tag zwei oder drei Dollar verdienen, dann wir tun? wird es ihm auch in Deutschland schlechter Prof. Dr. Klaus-Werner Schatz: Ich gehen. Auch das ist ein Teil der Wahrheit, möchte gern von Herrn Poß wissen, welche die vermittelt werden muss. Man darf nicht konkreten Gefahren er von ausländischen immer nur die wachsende Ungleichheit und Investoren in Deutschland erwartet. Die Ungerechtigkeit beklagen. Diskussion begann mit den Staatsfonds. Folker Streib: Herr Bütikofer, nur als Inzwischen sind wir bei ausländischen In- Statement und nicht als Wertung zu ver- vestoren angelangt. Wenn man sich die stehen: Der Dalai Lama ist vor Frau Merkel Situation genauer anschaut, stellt man von 27 anderen Staats- und Regierungschefs fest, dass die genau das tun, was wir frü- empfangen worden. her immer verlangt haben. Bei der ersten Seit gestern tagt in Peking der EU-Chi- Erdölpreiserhöhung hatten wir die große na-Gipfel. Auf der Asien-Pazifik-Konferenz Sorge: Wie kann man das Recycling der Anfang Oktober hat Herr Verheugen von Einnahmen der arabischen Staaten aus der EU-Kommission offiziell gesagt: Wir den Erdölverkäufen bewerkstelligen, also

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 68 07.03.2008 9:17:17 Uhr den Rückfluss in die hoch entwickelten winnt aus der Sicht ausländischer Investoren Länder? sicherlich nicht an Güte mit dieser Gesetz­ Was tun diese Länder eigentlich? Der gebung, die jetzt in der Pipeline ist. Großteil der Einnahmen der ausländischen Dieter Althaus: Ich bin Herrn Hauss- Investoren oder Staatsunternehmen stammt mann dankbar für seine Ausführungen. Das aus dem Verkauf von Rohstoffen. China ist war aber auch ein Plädoyer von mir. Ich habe eine Ausnahme. Diese Länder versuchen zu gesagt: Wir brauchen einen Konsens in der diversifizieren. Es macht wirklich keinen Sinn, Gesellschaft, wenn die Politik handeln soll, die Einnahmen aus den Rohstoffverkäufen – das kann die Politik nicht allein. Es ist auch ich denke hier auch an Russland – in den eine Herausforderung für die Eliten insge- Ländern selbst zu investieren. Wir hatten in samt. Libyen eine Zeit lang eine Investitionsquote Herr Professor Simon, die Tagung steht von 50 %. Dort wurden Kathedralen in der unter dem Thema: „Ein asiatisches Jahr- Wüste gebaut. Das wollen diese Länder ver- hundert? Deutschland vor neuen Heraus- meiden. Deshalb gehen sie in die westlichen forderungen“. Wir müssen im Lande die Länder, also auch nach Deutschland. Früher Herausforderungen bestehen, damit wir die haben wir das dankbar begrüßt. Entwicklung der Globalisierung für die Men- Wir sehen hier wie so häufig: Von der schen in Deutschland wie in Europa ge­stalten Politik werden Ängste in der Bevölkerung können. Das sind innenpolitische Herausfor- Ökonomisch gesehen gibt es keinen Grund, geschürt, und anschließend beutet die Po- derungen, die wir zu bestehen haben. sich über ausländische litik diese Ängste für ihre Zwecke aus. Öko- Dass wir die Globalisierung beschrei- Inves­toren aufzuregen. nomisch gesehen gibt es überhaupt keinen ben, ist selbstverständlich. Aber welche in- Grund, sich hier über ausländische Inves­ nenpolitischen Antworten wir geben, ist die toren aufzuregen. Aber vielleicht steckt entscheidende Frage. Von Herrn Stephens dahinter auch ein völliges Unverständnis wurde erklärt, es sei beispielsweise ein an- bei der Politik. Was soll ein ausländischer deres Sozialstaatssystem erforderlich, um Investor, der im Hamburger Hafen investiert die wachsenden Ungleichheiten in eine Ba- oder ihn kauft, denn tun? Soll er ihn nach lance der Gerechtigkeit zu bringen. Das ist Russland tragen? Soll er nur noch russische eine innenpolitische Aufgabe. Schiffe zulassen? Das wäre dumm. Aber ein- Wir müssen im Stream der Globalisie- mal angenommen, er täte es: Das könnten rung mit dabei sein. Das heißt, wir brauchen wir mit dem heute geltenden Wettbewerbs- exzellente ordnungspolitische Anziehungs- recht sofort untersagen. Dazu bedarf es kei- werte, beispielsweise in der Steuerpolitik. ner neuen Gesetzgebung. Dazu braucht man Auch das ist eine innenpolitische Herausfor- keine ausländischen Investoren aufs Korn derung. zu nehmen. Der Standort Deutschland ge- Wir müssen Vorsorge gegen die Wech-

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selfälle des Lebens treffen, deren Zahl- zu durch auch große Einkommensunterschiede nehmen wird. Die Dynamik wird viel stärker organisiert. Sie können in Deutschland je- werden: Arbeit, keine Arbeit, neuer Beruf, den Tag erleben, wie in den Medien die so anderer Beruf. Dies alles muss geordnet wer- genannten „Reichen“ vorgeführt werden. den. Das ist eine Herausforderung für den Diese Neidgesellschaft ist ein politisches deutschen Arbeitsmarkt und für das deut- Problem, weil sie immer dazu verleitet, sche Bildungssystem. Gleichheitsorientierungen zu organisieren. Insofern fand ich das, was Sie gesagt ha- Das funktioniert aber nicht. Eine Marktwirt- ben, polemisch und pauschal. Wenn wir uns schaft lebt von der Ungleichheit. Eine Marktwirtschaft nicht einig werden, dass wir innenpolitische Deshalb sollte man, wie Herr Hauss- lebt von der Ungleich­ Hausaufgaben zu machen haben, sollten wir mann es gesagt hat, darüber nachdenken: heit. uns zu einer Veranstaltung treffen, bei der Wie kann man zunächst einmal einen Kon- wir die Globalisierung nur beschreiben. Das sens über die Erkenntnisse, die vorhanden reicht aber nicht. Ich sage noch einmal: Die sein müssen, erzielen? Wie kann man in Globalisierung ist ein Sturmwind. Entweder einem zweiten Schritt ein politisches Klima sind wir dabei, diesen Sturmwind gut für entwickeln, das zu Mehrheiten führt, die die Menschen und das Land zu nutzen, oder entsprechend handeln? Deshalb bin ich der nicht. Da müssen wir Hausaufgaben im Lan- Meinung: Weder ist die Erkenntnis durch- de erledigen. gängig konkret vorhanden noch ist das poli- Ich habe die Ungleichheiten nicht be- tische Klima für eine Veränderung gegeben, dauert, sondern gesagt: Sie sind ein Fakt. die den Strom der Globalisierung maximal Aber in Deutschland werden daraus keine aufnimmt. Das sollte gelingen, und dann Konsequenzen gezogen. Tagtäglich können kann die Politik auch handeln. wir viel Rhetorik hören, wie man die Un- Reinhard Bütikofer: Es ist nicht das gleichheiten möglichst einebnet. In Deutsch- erste Mal, dass ich an den Schönhauser Ge- land wird ständig eine Debatte über die Ver- sprächen teilnehme. Ich war aber noch nie teilung von oben nach unten geführt. der Auffassung, dass selbstgerechtes Politik- Ich bedauere die Ungleichheit nicht, Bashing irgendeinem Dialog hilft. Herr Si- aber man muss sie natürlich gesellschaftlich mon, das will ich schon sagen. Ich habe zu gestaltbar halten. Diejenigen, die sich am der Frage von Herrn Martin konkret Positi- unteren Ende befinden, bestimmen natür- on bezogen. Es mag ja sein, dass es Ihnen lich genauso politische Strukturen und po- nicht passt, dass ausgerechnet der Grüne die litische Entscheidungen mit. Position des BJU teilt, aber dann die Politik Die spannende Frage lautet, wie man pauschal zu beschimpfen, ist unterhalb der Gerechtigkeit und Existenz sichert, aber ge- Debattenebene. nauso gleichzeitig die Eliten fördert und da- Herr Heraeus, ich stimme Ihren Aus-

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 70 07.03.2008 9:17:18 Uhr führungen zu, dass es wesentlich stärkerer Das ist für eine Gesellschaft mit geheimen Anstrengungen bedarf. Ich würde beispiels- und freien Wahlen nur dann akzeptabel, weise gern die Schulen stärker dafür verant- wenn Chancengerechtigkeit besteht. Das be- wortlich machen, welche Leute sie auf den deutet offene Märkte, gute Bildungschancen Arbeitsmarkt entlassen, damit man nicht auf und Vorbildfunktion der Eliten und der Wirt- dem Arbeitsmarkt mithilfe der Bundespoli- schaft, nicht hier und da Maßlosigkeit. Handel funktioniert nur in beide Richtungen. tik dann nachjustieren muss, was die Länder Drittens. Zum Europa-China-Gipfel: Er kann keine Einbahn­ konkret mit der Schulpolitik verschlampt ha- Handel kann immer nur in beiden Rich- straße sein. ben. Ich glaube, da gibt es eine ganze Reihe tungen funktionieren. Er kann keine Ein- von Punkten, an denen man ansetzen kann. bahnstraße sein. Die Reziprozität ist die Die Zeit erlaubt es mir nicht, dazu nähere Grundlage eines vernünftigen Handels. Man Ausführungen zu machen. muss sich gegenseitig Chancen einräumen. Schließlich noch zur Staatsfondsde- Es gibt seitens der WTO Spielregeln, gegen batte. Ich beklage hier eine Tendenz zum die gelegentlich verstoßen wird. Darüber ökonomischen Nationalismus. Ich fände muss man engagiert und offen reden. Wenn es einen Fortschritt, wenn wir zum Thema das keine Konsequenzen hat, kann man Re- Staatsfonds wenigstens einmal über eine torsionsmaßnahmen nicht ausschließen. europäische Ebene reden würden, nicht nur Meine vierte Bemerkung bezieht sich über eine deutsche. auf die ausländischen Investitionen. Ich Rainer Brüderle: Es waren vier Fra- halte bei Wettbewerbsmärkten Investitionen gen, auf die ich vier kurze Antworten geben für völlig unbedenklich. Wenn Wettbewerb möchte. Erstens zur Gewinnung von High besteht, existieren Alternativen. Bei natür- Potentials für Deutschland: Es besteht die lichen Monopolen gibt es Probleme, etwa Aufgabe, die Standortbedingungen so at- bei Leitungsnetzen, ob nun im Bahn- oder traktiv zu machen, dass diese High Potentials im Energiebereich. Gegebenenfalls muss zu uns kommen. Dabei geht es nicht nur um man hier regulierend eingreifen. Großbri- die Ausgestaltung von Steuersystemen, son- tannien ist ein Beispiel insofern – das hat dern es geht auch um die gesellschaftliche Herr Stephens angesprochen –, als die Lon- Debatte beispielsweise über die Gentechnik, doner City durch Offenheit möglicherweise ob man für neue Wege offen ist oder ob der Wall Street die globale Führungsrolle man nur in ideologischen Strukturen darü- abjagt. Die Londoner City ist im Dienstleis­ ber debattiert. tungssektor außerordentlich erfolgreich. In Zweite Bemerkung. Herr Heraeus, na- Großbritannien regt sich niemand auf, wenn türlich ist auch eine Konsequenz der Globali- sich deutsche Stromkonzerne auf dem eng- sierung, dass sich stärker eine soziale Schere lischen Energiemarkt einkaufen. Man regt öffnet, zumindest zu Beginn des Prozesses. sich allenfalls auf, wenn ein deutsches Fuß-

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ballteam gegen Großbritannien gewinnt. mindest viel besser erkannt – es wird auch Aber damit kann man leben. darauf reagiert –, als das noch vor zehn oder Bei uns ist die Empfindungslage an- auch fünf Jahren der Fall war. ders: Beim Fußball ertragen wir es, bei den Bezüglich der High Potentials ist ja ei- Märkten kommt eine Mischung aus Rena- ne Lösung gefunden worden, die ein wenig tionalisierung und Protektionismus ans Ta- Öffnung bietet, die Ihnen allerdings nicht geslicht, vom Gewerkschaftslager bis hin zu ausreicht. Das Thema wird nicht vom Tisch Vorständen, die besser damit leben, wenn es sein. Man will einen gewissen Druck, was Offenheit hat uns nur einen reduzierten Wettbewerb gibt. die Ausbildungsleistungen der Wirtschaft stark gemacht, nicht Das ist eine merkwürdige Melange. Ich angeht, aufrechterhalten. Da bitte ich um Ängstlichkeit. kann nur dafür plädieren, für Offenheit zu ein gewisses Verständnis. kämpfen. Offenheit hat uns stark gemacht, Ein Wort zu den Staatsfonds. Herr nicht Ängstlichkeit. Schatz, ich will jetzt nicht näher Ihre Ein- Joachim Poß: Wenn innenpolitische schätzung der Politik, die angeblich Ängste Fragen gestellt werden, muss man auf diese in der Bevölkerung schürt, kommentieren. Fragen auch eingehen. Wir sind auf die Fra- Es gibt Politiker, die Ängste in der Bevölke- ge von Herrn Martin eingegangen; insofern rung schüren; das ist richtig. Das können verstehe ich manchen Vorwurf nicht, wir hät- Sie jedoch nicht allen verantwortlichen Po- ten hier Innenpolitik gemacht. Wir sprechen litikern vorwerfen, die sich um Gestaltung doch über die Frage: Was muss auch natio- bemühen. Letzteres nehme ich für mich in nal geschehen, um mit den Konsequenzen Anspruch und weise deshalb Ihre Ausfüh- der Globalisierung fertig zu werden? Das ist rungen ganz klar zurück. Ich schüre keine ja auch eine zentrale Handlungsebene, wie Ängste in der Bevölkerung. Ich muss aber ich eingangs betont habe. Insofern führt es Ängste in der Bevölkerung zur Kenntnis neh- nicht weiter, sich Weltfremdheit vorzuwer- men. Täte ich das nicht, wäre ich ignorant. fen. Ich könnte mit dem Vorwurf der sozia­ Man muss damit umgehen. len Ignoranz antworten. Dies würde aber Bei der Frage, die Sie angeschnitten ha- wiederum ignorieren, dass die Problematik ben, geht es nicht generell um ausländische der Schulabbrecher inzwischen viel schärfer Investoren. Aber es muss doch erlaubt sein, wahrgenommen wird als vor zehn Jahren darüber zu debattieren, wenn es konkret um und entsprechend auch konkrete Maßnah- vom Staat gelenkte Fonds geht, die sozu­ men ergriffen werden. Wir haben regelrechte sagen teilweise Monopole repräsentieren. Defizite, und wir sind dabei, mit besonderen Wir haben noch keine Lösung, weil man bei Maßnahmen in Richtung Qualifizierung usw. der Abgrenzung auf viele Schwierigkeiten konkret darauf einzugehen. Das Problem, stößt. Aber die Debatte darüber muss doch das Sie geschildert haben, ist inzwischen zu- erlaubt sein. Das darf nicht gleich mit dem

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 72 07.03.2008 9:17:18 Uhr Verdikt des Protektionismus belegt werden. Ich weiß nicht, seit wann es die entspre- chenden Regelungen in den USA gibt. Aber die USA praktizieren es schon lange. Es zer- stört, wie ich glaube, nicht den Charakter eines offenen und liberalen Welthandels, wenn man gewisse Gefahren, die es geben kann, in den Blick nimmt und versucht, dafür Regelungen zu finden. Dr. Wolfram Weimer: Ich bedanke mich bei allen Beteiligten für die Diskussi- on. Es gehört zum Charakter dieser Veran- staltung, dass es nicht darum geht, einen Kuschelkonsens zu erzeugen, sondern man will eine offene Debatte führen. Ich glaube, das ist in einer Brandbreite vom Dalai Lama bis zu ungeklärten Wettbewerbsfragen ge- lungen. Jürgen Habermas hat einmal gesagt: Die Wirtschaft ist die Sphäre der Evidenz, die Politik ist die Sphäre der Akzeptanz. Es gibt zwischen beiden Sphären oft Gräben. Finden sie zusammen, dann könnte die Kraft der Potenz entstehen. Ich denke, von diesem Potenzial ist hier einiges sichtbar geworden.

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S. E. Ma Canrong Botschafter der Volksrepublik China, Berlin

Meine Damen und Herren! Es ist mir eine große Ehre und Freude, an der heutigen Veranstaltung teilnehmen und vor Ihnen sprechen zu dürfen. Für diese freundliche Einladung möchte ich mich ganz herz- lich bei Herrn Präsident Müller bedanken. Wir haben eben eine wirklich sehr interessante Diskussion gehört. Die heutige Welt befindet sich gerade in einem Umbruch- und Anpassungsprozess. Das Streben nach Frieden, die Suche nach Entwicklung und die Förderung der Zusammenarbeit sind bereits eine unaufhaltsame Strömung der Zeit geworden. Die Multipolarisierung der Welt ist unumkehrbar. Die wirtschaftliche Globalisierung entwickelt sich tiefgehend weiter. Die wissenschaftlich-technische Revolution schreitet beschleunigt voran. Globale und regi- onale Zusammenarbeit ist mehr denn je gefragt. Gleichzeitig brechen immer wieder lokale Konflikte auf. Das Ungleichgewicht der globalen Wirtschaft verschärft sich. Das Nord-Süd- Gefälle wird immer größer. Konventionelle und nicht konventionelle Sicherheitsbedrohungen sind miteinander ver- flochten. Frieden und Entwicklung in der Welt stehen einer Reihe von Schwierigkeiten und Herausforderungen gegenüber. Angesichts dieser Situation ist es das gemeinsame Anliegen der Völker aller Länder, sich diesen Herausforderungen gemeinsam zu stellen und gemeinsame Teilhabe an Entwick- lungschancen zu realisieren. Als Wiege der alten Zivilisationen sind Asien und Europa wichtige Kräfte in einer mul- tipolarisierten Welt und wichtige Teilnehmer an der Globalisierung. In den letzten Jahren ist die asiatisch-europäische Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen in Politik, Wirt- schaft und Handel, Kultur und Bildungswesen ständig ausgebaut worden. Zurzeit hat ASEM 45 Mitgliedstaaten, die knapp 60 % der Weltbevölkerung, 60 % des Welthandelsvolumens und über 50 % der Weltwirtschaftsleistung repräsentieren. Die für das 21. Jahrhundert konzi- pierte neue Partnerschaft zwischen Asien und Europa wird Schritt für Schritt mit Leben erfüllt und sieht einer reiferen Zukunft entgegen. Asien ist derzeit die wirtschaftlich dynamischste Region, wo politische und sicherheits- politische Dialoge sowie wirtschaftliche Kooperationen erfolgreich durchgeführt werden. Die Europäische Union ist die größte entwickelte Volkswirtschaft der Welt, mit großem Abstand führend in Wissenschaft und Technik. Die europäische Integration ist in eine neue Phase eingetreten. In der internationalen Politik und Wirtschaft spielt die Europäische Union eine immer wichtigere Rolle. Die asiatisch-europäische Partnerschaft der Gleichberechtigung und des gegenseitigen

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Nutzens weist großes Potenzial und gute international wettbewerbsfähiger Produkte Perspektiven auf und wird der wirtschaft- und die gemeinsame Erschließung von neu- lichen Entwicklung in den asiatischen und en Märkten aktiv voranzutreiben. den europäischen Ländern neue Impulse Drittens nenne ich die tatkräftige Um- geben. setzung des Aktionsplans zur Förderung Seit einigen Jahren wird in Europa sehr des Handels (TFAP) und des Aktionsplans viel über den Aufstieg Asiens diskutiert. zur Förderung der Investitionen (IPAP) so- Manche betrachten es als Bedrohung für wie die Vertiefung der Kooperationen zwi- Europa, während die anderen darin große schen mittelständischen Unternehmen. Die Chancen sehen. Meines Erachtens sollte Zusammenarbeit zwischen den Regierungen man sich lieber über diese „Bedrohung muss gestärkt werden, um mittelständische oder Chance“-Diskussion hinwegsetzen und Unternehmen bei ihrem internationalen das Augenmerk auf eine wichtigere Frage Engagement zu unterstützen. Die nicht- Wie können wir noch richten, nämlich wie Asien und Europa durch amtlichen Institutionen sollten zur Gel- engere asiatisch-euro­ Zusammenarbeit den Herausforderungen tung gebracht werden. Das Handelsforum päische Wirtschafts­- beziehungen aufbauen? gemeinsam begegnen können. Wie können Asien-Europa sollte als eine Brücke für die wir noch engere und stabilere asiatisch- Kooperation zwischen mittelständischen europäische Wirtschafts- und Handelsbezie- Unternehmen fungieren. Den mittelstän- hungen aufbauen? Ich glaube, folgende vier dischen Unternehmen sollte ein besseres so- Aspekte sind sehr wichtig: ziales Dienstleistungssystem zur Verfügung Erstens die Erhöhung der Wettbe- gestellt werden. Konsultation und Koopera- werbsfähigkeit und der Fähigkeit zur Risiko- tion zwischen Regierungen und Unterneh- abwehr. Bei der wirtschaftlichen Umstruktu- men müssen ausgebaut werden. rierung sollten alle Staaten Fragen wie so- Viertens geht es darum, Konsultations- ziale Instabilität und Wirtschaftssicherheit mechanismen zu errichten und zu vervoll- angemessen und behutsam angehen, den ständigen. Die bestehenden Mechanismen Dialog und die politische Koordinierung sollten in vollem Maße zur Geltung gebracht miteinander verstärken und sich gemeinsam werden. Wir sollten durch freundschaftliche um die Beseitigung des Ungleichgewichts in Konsultationen die Anliegen der jeweils der Weltwirtschaft bemühen. anderen Seite und die Differenzen unter- Zweitens muss die Zusammenarbeit auf einander mit Sorgfalt behandeln, um eine dem Gebiet der Hochtechnologie verstärkt Verschärfung zu vermeiden. Wir müssen mit werden. Neben dem traditionellen Güter- voller Kraft den Protektionismus und eine handel, dem Technologietransfer und den Politisierung der Handelsfrage verhindern. Investitionen gilt es, gemeinsame Hightech- Die chinesische Regierung legt stets forschung wie gemeinsame Entwicklung großen Wert auf die freundschaftliche und

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für beide Seiten vorteilhafte Zusammen­ Auch chinesische Unternehmen haben an- arbeit zwischen Asien und Europa. Seit lan- gefangen, in Deutschland zu investieren. Es gem unterhält China enge politische und gibt zurzeit mehr als 600 chinesische Unter- wirtschaftliche Beziehungen zu den asia- nehmen in Deutschland. Die meisten davon tischen und europäischen Ländern. Die EU, sind kleine Unternehmen. Das Investitions- ASEAN, Japan und Südkorea gehören zu den volumen beträgt insgesamt 300 Mio €. Es zehn größten Handels- und Investitionspart- wird – davon bin ich überzeugt – im Zuge nern Chinas. Im Jahre 2006 betrug das ge- der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas wei- samte Handelsvolumen zwischen China und ter steigen. Die Wirtschaften unserer beiden den ASEM-Mitgliedsländern mehr als 800 Länder ergänzen sich in hohem Maße. Chi- Mrd US-$, knapp die Hälfte des ganzen Au- na und Deutschland können sich auf vielen ßenhandelsvolumens Chinas. Die real in Chi- Gebieten gegenseitig helfen und unterstüt- na getätigten Investitionen aus den ASEM- zen. Dass die beiden Länder ihre Zusammen­ Mitgliedstaaten betrugen 17,3 Mrd US-$ und arbeit in Wirtschaft und Handel weiterent- machten 28 % der gesamten ausländischen wickeln und ausbauen, liegt sicherlich im Investitionen in China aus. Auf das siebte grundlegenden und langfristigen Interesse ASEM-Gipfeltreffen, das im nächsten Jahr beider Seiten. in Beijing stattfinden wird, freut sich China Im Augenblick gibt es zwar einige Pro- schon heute sehr. Die Vorbereitungen dafür bleme in Bezug auf das Handelsdefizit, den sind bereits gut angelaufen. Schutz des geistigen Eigentums usw. Es ist An dieser Stelle möchte ich kurz auf aber durchaus möglich, alle diese Probleme die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen durch offene Dialoge, freundschaftliche Kon- zwischen China und Deutschland eingehen. sultationen und intensivierten Austausch Während Deutschland seit Jahren der größ- zu lösen. Ich bin mir ganz sicher, dass die te Handelspartner Chinas in Europa bleibt, chinesisch-deutsche Zusammenarbeit in ist China seit drei Jahren der größte Han- Wirtschaft und Handel bei gemeinsamen delspartner Deutschlands in Asien. Im letz- Anstrengungen über gute Perspektiven ver- Bis 2020 wird das Bruttoinlandsprodukt ten Jahr erreichte das chinesisch-deutsche fügt. Chinas voraussichtlich Handelsvolumen 78,2 Mrd US-$ und wird Meine Damen und Herren, die ge- über 4 Bio US-$ erreicht haben. in diesem Jahr sicherlich die Summe von 90 genwärtige chinesische Wirtschaft hält ei- Mrd US-$ überschreiten. Zurzeit sind mehr ne positive Entwicklungstendenz aufrecht. als 2.000 deutsche Unternehmen in China Bis 2020 wird das Bruttoinlandsprodukt vertreten. Die Gesamtinvestitionen belaufen Chinas voraussichtlich über 4 Bio US-$ er- sich auf 15 Mrd US-$. reicht haben. Das jährliche Importvolumen Eine neue Entwicklungstendenz hat wird dann bei etwa 1 Bio US-$ liegen. Die sich in den letzten Jahren abgezeichnet: rasante Entwicklung in der Küstenregion

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Chinas, das Vorantreiben der Erschließung in Blick auch auf die Zukunft richten. China Westchina, die Belebung der traditionellen wird einen Entwicklungsweg gehen, der auf Industriebasis in Nordostchina, die Olym- Wissenschaft und Technik, wirtschaftliche piade 2008 in Beijing und die Weltausstel- Effizienz, niedrigen Ressourcenverbrauch, lung 2010 in Schanghai werden asiatischen geringe Umweltbelastung und volle Entfal- und europäischen Unternehmen große Ge- tung der günstigen menschlichen Ressour- schäftsmöglichkeiten bieten. cen setzt. China braucht für seine Entwicklung die Auf den zuvor erwähnten Gebieten Welt, die Welt braucht für ihre Prosperität verfügt Europa über reichliche Erfahrungen auch China. Bei der Weiterentwicklung Chi- und sehr fortgeschrittene Ideen. China ist China braucht für seine nas werden wir den bisherigen wirtschaft- willens, auf allen diesen Gebieten die enge Entwicklung die Welt, lichen Entwicklungsmodus verändern und Zusammenarbeit mit den europäischen Län- die Welt braucht auch China. das sozialistische Marktwirtschaftssystem dern einschließlich Deutschland auszubau- vervollkommnen. Das heißt, China wird den en, um das Ziel des gegenseitigen Nutzens neuen Industrialisierungsweg chinesischer und eine Win-win-Situation zu erreichen. Prägung gehen und die Inlandsnachfrage, Meine Damen und Herren, hier sind vor allem den Konsumbedarf der Bevölke- viele wichtige Mitwirkende und treibende rung, erweitern. China wird vom bisherigen Kräfte in der Weltwirtschaft versammelt. Wirtschaftswachstum, das hauptsächlich Viele von Ihnen haben seit langem die durch immer mehr Investitionen und Ex- wirtschaftlich-technische Zusammenarbeit porte, durch mehr Industrie und mehr mit asiatischen Ländern einschließlich Chi- Ressourcenverbrauch zustande kommt, zu na aktiv aufgenommen und ausgebaut. Die einem Wirtschaftswachstum übergehen, das Ergebnisse haben bewiesen, dass diese Zu- sich auf eine koordinierte Entwicklung von sammenarbeit in unserem gemeinsamen In- Konsum, Investition und Export, auf eine ko- teresse liegt. Es ist sehr zu begrüßen, dass ordinierte Entwicklung der Landwirtschaft, Sie Ihre Zusammenarbeit mit Asien und Ihr Industrie und Dienstleistung, auf wissen- Engagement dort verstärkt fortsetzen, den schaftlich-technische Fortschritte, auf eine „Kuchen“ weiter vergrößern und noch grö- bessere Qualifikation der Arbeitnehmer und ßere Beiträge zur Wahrung des Weltfriedens auf das innovative Management stützt. und zur Förderung der gemeinsamen Ent- China sieht sich auf dem Weg der Ent- wicklung leisten. Ich danke für Ihre Geduld. wicklung mit vielen großen Herausforde- rungen konfrontiert, wie zum Beispiel Ener- gie- und Ressourceneinsparung und Schutz der ökologischen Umwelt. China wird sich auf die Gegenwart konzentrieren und den

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01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 79 07.03.2008 9:17:23 Uhr „Das Nationale ist nur eine Dimension der Zugehörigkeit, der Identität, nicht selbstverständlich die erste. (...) Ethnise, regionale, individualistische Elemente werden bedeutsamer.“

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Schlusswort

Klaus-Peter Müller Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, Berlin, und Sprecher des Vorstandes der Commerzbank AG, Frankfurt am Main

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! „Die Zukunft ist offen.“ Mit dieser Feststellung beginnt nicht nur das neue SPD-Grund­ satzprogramm, sondern so lautet auch der Titel einer Abhandlung, die Karl Popper und Konrad Lorenz gemeinsam 1985 publiziert haben. Ich räume ein: Auch am Ende der 15. Schönhauser Gespräche hat die Feststellung nichts von ihrer Gültigkeit verloren: Die Zukunft bleibt offen – wie sollte es auch anders sein? Gewiss wird auch jeder von uns unterschied- liche Eindrücke und Einsichten mit nach Hause nehmen. Die Zukunft ist offen. Für den Pessimisten heißt dies: Unser Schicksal ist ungewiss, die Menschen sind dem Zufall und allerhand Unbill ausgesetzt. Optimisten jedoch – und ich bin einer – sind überzeugt: Wir können unsere Zukunft gestalten. Das ist der Geist, in dem wir die vor uns liegenden Aufgaben angehen sollten. Wir jedenfalls, die privaten Banken, wollen das tun. Meine Damen und Herren, asiatische Weisheiten helfen ja fast in allen Lebenslagen weiter. Für den Erfolg im Wettbewerb – aber auch für das sich nun anschließende Buffet – empfehle ich Ihnen diese Maxime: „Liebe deine Gegner, aber sei schneller als sie.“ Doch bevor Sie das nun aus­probieren, möchte ich allen danken, die zum Gelingen dieser Veranstal- tung beigetragen haben: Zunächst den Mitarbeitern des Bankenverbandes, die diese Veran- staltung auf die Beine gestellt haben. Ein besonderes Wort des Dankes gilt Herrn Professor Bürklin als dem zuständigen Geschäftsführer des Bankenverbandes. Er hat in den letzten zehn Jahren für die Schönhauser Gespräche verantwortlich gezeichnet und geht zum Ende des Jahres in den Ruhestand. Über den Dank hinaus, Herr Bürklin, begleiten Sie unsere guten Wünsche für den neuen Lebensabschnitt. Nachfolgerin von Herrn Professor Bürklin wird Frau Inge Niebergall, die vielen von Ihnen bereits bestens bekannt ist. Mein Dank gilt natürlich besonders auch den Rednern des heutigen Tages; den Mitglie- dern unseres Beirates für ihre Arbeit bei der Vorbereitung und Ihnen allen für Ihre engagierte Teilnahme. Ich würde mich sehr freuen, Sie auch im nächsten Jahr, bei den 16. Schön­hauser Gesprächen, wieder begrüßen zu können.

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Who will run the 21st century?

Mark Leonard

Dinner Speech am Vorabend der 5. Schönhauser Gespräche, 28. November 7, Hotel Adlon, Berlin

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Mark Leonard Executive Director of the European Council on Foreign Relations, London

Ladies and Gentlemen! In my remarks this evening I would like to do two things. The first is to ponder a little on the question, who will run the 21st century? The second is to talk about the Chinese model of globalization – drawing on my research over the last few years. The answer matters because I believe that the shift of economic power in the world will be overlaid with an ideological struggle over the shape of world order. The honest answer to the question about who will prevail is that it depends on who you ask. The United States favours a world order with a balance of power that favours democ- racy. It has the dollar, a technological and military edge, Hollywood, and an attractive way of life. And what is more – much as people hate America, every region hates its challengers even more. If you speak to neo-cons like Charles Krauthammer and Robert Kagan, you will discover that the unipolar moment will continue for a long time because rising regional powers will always be more scary than the United States. Look at what is happening in the Middle East, Europe and East Asia they say. Iran’s rise has driven Sunni Arab states back into America’s embrace. In East Asia, China’s rise is scaring Japan, Australia and India into reaf- firming their links with Washington. And in Europe, Putin may yet revive the transatlantic relationship with his aggressive tactics towards the EU. In Moscow, a different perspective is taking hold. Sergei Karaganov, an influential thinker on the foreign policy scene, predicts that the next few years will be what he calls a “new epoch of confrontation” between Russia and the West. But he says that the epoch will eventually give way to an era of great power co-operation. He thinks the 21st century will be run by four great powers: Russia – of course – China, the United States, and India. There will be a concert of great powers, but unlike the 19th century one, European powers will be in the global second division. A few years ago I decided to enter the debate myself and argued that Europe will run the 21st century. I did not mean that Europe’s economy or military spending would be the largest in the world – but that the European Union is a model of historical significance. Eu- rope shows how nations can live together in peace by creating deep interdependence and resolving disputes through the rule of law. I argued that Europe has developed a new kind of power – which I called “transformative power” that allowed it to bring about the biggest process of regime change in history in Central and Eastern Europe. I argued that the Euro- pean model would spread to the European neighbourhood – sucking in up to two billion people into a eurosphere; I argued that European rules will shape international institutions on issues like climate change and market regulation; and finally I argued that the European

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model would be copied in other parts of the In the spring of 2007, Hu Jintao proud- world such as Africa with the African Union, ly announced the creation of a new Special Latin America with Mercosur and Asia with Economic Zone complete with the winning an East Asian Community. As this process un- combination of export subsidies, tax-breaks folds, I believe the 21st century could come and investments in roads, railways and ship- to be seen as the “new European century.” ping. However, this is a Special Economic Not because the EU will run the world as an Zone with a difference: it is located in Afri- empire, but because the European way of ca. China is literally transplanting its growth Looking at the long- doing things will become the world’s. model into the African continent by building term, many people But looking at the long-term, many a series of industrial hubs with tax incentives think this will be China’s century. people think this will be China’s century. that will be linked by rail, road and shipping I have spent the last few years trying to an- lanes to the rest of the world. Along with swer the question: “What does China think?” these hubs there is also the spread of a new Because I think that China’s rise does not just economic model – the Beijing Consensus mean that we need to deal with a vast new that stands in contrast to the Washington market or even a military power. We need Consensus. to get used to a whole new way of thinking The allure of the Chinese model extends about world order. So how will China affect beyond Africa. Government research teams the world? from Iran to Egypt, Angola to Zambia, Ka- My starting point is that the first thir- zakhstan to Russia, India to Vietnam and Bra- ty years of China’s rise have been mainly zil to Venezuela have been crawling around about China joining the world; and accom- the Chinese cities and countryside in search modating itself to what the American jour- of lessons from Beijing’s experience. Coun- nalist Thomas Friedman has called the “flat tries are copying Beijing’s activist industrial world” – a world where all nation states are policy that uses public money and foreign losing control of their fates: pushed out of investment to build capital-intensive indus- the economic sphere by privatization, out of tries. Just like China, they are maintaining the political sphere by democratization, and control over sectors of the economy said to out of the foreign policy realm by the state- be vital to the national interest. Just as at- less forces of capital, terrorism and trade. The tractive as Chinese growth is the way that story of the next thirty years will be about Beijing has been able to resist interference how a more self-confident China reaches of Western development agencies and finan- out and offers an alternative to the “flat cial institutions. For many years, developing world”. I will talk briefly about what that might countries were uncomfortable with the “flat mean in the economic sphere, in the realm of world” philosophy of the Washington Con- politics and also in the realm of geopolitics. sensus. However, it was not until recently

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that they had a proven alternative of com- In the West, Fang Ning argues, multi- bining gradualist economic reforms with the party elections are still the central part of state control and social priorities. Globaliza- our political process, but they have been tion was supposed to mean the worldwide supplemented by a vast array of these new triumph of the market economy, but China types of deliberation like citizens’ juries, is showing that state capitalism is one of its public consultations and referendums. Chi- biggest beneficiaries. na, he claims, will do things the other way The second area I will touch on is po- around. The government is increasingly find- litical reform. In the 1970s Chinese students ing ways of involving the people in its major built a “democracy wall” in Beijing by creat- decisions about policy. Public consultations, ing big character posters that called for free expert meetings and surveys are becoming a elections. In the 1980s, they would argue central part of Chinese decision-making. over which political system China should em- We used to think that the end of the brace when it eventually became a democ- Cold War was the victory of democracy, but racy. But since Tiananmen the hope of China now we can see that it was capitalism that Free market ideas do not always bring moving towards multi-party elections has all won. Free market ideas do not always bring liberal democracy in but disappeared. Today reform is seen less liberal democracy in their wake. their wake. through the prism of human rights and free- Many people argue over whether Chi- dom than the question of how to increase na is actively promoting autocracy around the legitimacy of the ruling Communist Party. the world, or whether it simply has a mo- Instead of trying to develop a Chinese vari- rally neutral approach that puts its national ant of liberal democracy, many intellectuals interest first. Either way, through its politi- are looking for a different model altogether. cal and economic links with problematic I call it “deliberative dictatorship”. regimes – in Zimbabwe, Uzbekistan, Burma, Fang Ning, a political scientist at the Sudan – China has emerged as the biggest Chinese Academy of Social Sciences, ex- champion of autocracy around the world. plains this with a simple metaphor. He The pressure group Human Rights Watch compares democracy in the West to a fixed- complains that “China’s growing foreign aid menu restaurant where customers can select program creates new options for dictators the identity of the chef – French, German, who were previously dependent on those British – but have no say in what dishes he who insisted on human rights progress”. chooses to cook. Chinese democracy, on It is hard to imagine advisers to Napo- the other hand, always involves the same leon, Lord Palmerston, Bismarck, or even chef – the Communist Party – but the policy George Bush drawing up complex charts to dishes which are served up can be chosen rank their own country’s economic, political “à la carte”. and military power against the competition.

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But that is precisely what the Chinese are try- defined by an approach that includes the ing to do in our seminar. Measuring CNP – pooling rather than the protecting of sov- short for Comprehensive National Power ereignty – have found their matches in the – has become a national obsession. Every Chinese-inspired East Asian Community major foreign policy think-tank has devised and Shanghai Co-operation Organization. its own index to give a numerical value to Through these organizations, China is reas- each nation’s power. In this era of globali- suring its neighbours of its peaceful intent zation and universal norms, they have an and creating a new community of interest unashamed focus on “national” power. The that excludes the USA. The former US of- idea of recapturing sovereignty from global ficial Susan Shirk draws a parallel between economic forces, companies and groups of China’s multilateral diplomacy and her own individuals such as terrorists is a revolution- country’s after the Second World War: “The ary element of the Chinese world view. United States was […] able to convince other At the beginning of the 21st century, countries that it would not threaten them by Western governments and their citizens, creating multilateral global institutions and influenced by genocide in Rwanda, terrorist submitting itself to the authority of these in- camps in Afghanistan and nuclear prolifera- stitutions. By binding itself to international tion in Iran, began to feel a responsibility to rules and regimes, the United States success- intervene in countries that threaten human fully established a hegemonic order. Could rights and international security. However, China’s participation in global and regional Beijing is determined to defend an older multilateral institutions have the same re- idea of sovereignty and international com- sult, enabling China to rise to power without munity, based around the sovereign rights provoking a concerted effort to contain it?” of states. Its rules include not invading other The golden thread that links China’s The golden thread that countries, not trying to overthrow regimes, emerging ideas about globalization is a links China’s emerging and above all not interfering in the internal quest for control. Chinese thinkers want to ideas about globali­ zation is a quest for affairs of other states. create a world where national governments control. China is promoting this agenda inter- can be masters of their own destiny rather nationally through its new-found interest in than subject to the whims of global capi- multilateralism. By supporting the United tal and American foreign policy. They want Nations and creating new regional organi- investment, technology and market access zations, Beijing is not only changing the bal- from the rest of the world, but they do not ance of power in many parts of the world, want to absorb Western values. Their goal is but also ensuring the importance of respect not to cut China off but rather to allow China for national sovereignty. Western creations to engage with the world on its own terms. such as the European Union and NATO – The 21st century will not be a Chinese

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century where McDonald’s is replaced by fail in practice. And until the very moment mantou (steamed buns), CNN is subordi- that it collapsed, the Soviet Union embodied nated by CCTV, or Hollywood by the Chinese an alternative model that challenged West- New Wave. But China will join the USA and ern liberal democracy. Beijing’s ascent has al- the European Union as a shaper of world or- ready changed the balance of economic and China’s path to super­ power status will not der, challenging Western influence in Africa, military power, and it is now changing the be smooth. Asia, the Middle East, Latin America and the world’s ideas about politics, economics and former Soviet Union with a different model order. Those who argued that the People’s of globalization. Republic would become more Western with If China continues to grow, it is possi- its growing wealth have been proven wrong. ble to imagine that, demonstrators outside For the first time since the end of the Cold the World Trade Organization will complain War, Europe and America face a formidable about the Beijing Consensus as well as the alternative: the Chinese model. Washington Consensus. They may tune into the Chinese president’s address to the National People̕s Congress as well as the American “State of the Union”. The political struggle between Xi and Li could be as over- reported as the contests between Ségolène Royal and Nicolas Sarkozy, or Rudi Giuliani and Hillary Clinton. The world’s media may become as obsessed with the Chinese neo- coms’ plans for Central Asia, as they were with the American neo-cons’ designs for the Middle East. And when pop stars like Bono and Bob Geldof next attempt to save Africa, they may hold their largest concert in Bei- jing’s Olympic Stadium rather than London’s Hyde Park. China’s path to superpower status will not be smooth. It is possible that Beijing’s formula of state capitalism, open markets and a closed political system will not last, of course. However, it is worth noting that it took three generations for a Soviet economic model that did not work in theory to actually

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Die Redner

Dieter Althaus, geboren 1958 in Heiligenstadt, studierte Physik und Mathematik im Lehramt an der Pädagogischen Hochschule Erfurt. Von 1983 bis 1989 war er Lehrer an der Polytech- nischen Oberschule Geismar, ab 1987 deren stellvertretender Direktor. Im Jahr 1990 wurde er zum Kreisschulrat des Landkreises Heiligenstadt berufen und anschließend zum Dezernenten für Schule, Jugend, Kultur und Sport. Althaus ist seit 1990 Mitglied des Thüringer Landtages und war bis 1999 Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion. Von 1992 bis 1999 gehörte er der Thüringer Landesregierung als Kultusminister an und wurde 1999 zum Ministerpräsidenten gewählt. Althaus ist Landesvorsitzender der CDU Thüringen und Mitglied im CDU-Bundes- vorstand.

Dr. Hans D. Barbier, geboren 1937 in Mönchengladbach, studierte Nationalökonomie in Saarbrücken und fand nach der Promotion zum Journalismus. Fünf Jahren Korrespondenten- tätigkeit bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung folgten zwölf Jahre bei der Süddeutschen Zeitung. 1986 kehrte Dr. Barbier zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung zurück und leitete bis 2002 das Ressort Wirtschaftspolitik. Seit Januar 2002 ist er Vorsitzender der Ludwig- Erhard-Stiftung. Der Nationalökonom hat zahlreiche Auszeichnungen für seine ordnungs- politischen Kommentare erhalten, u. a. die Bernhard-Harms-Medaille des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, den Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik und den Karl-Bräuer-Preis des Bundes der Steuerzahler. Dr. Barbier ist Mitglied des im September 2006 von der Bun- desregierung eingesetzten Normenkontrollrates.

Rainer Brüderle, geboren 1945 in Berlin, studierte Volkswirtschaft, Jura, Publizistik und Poli- tische Wissenschaften an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Nach dem Examen zum Diplom-Volkswirt arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Von 1975 bis 1987 hatte Brüderle leitende Ämter bei der Stadt Mainz inne und wurde 1987 Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr und später auch für Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz. Von 1988 bis 1998 war er stell- vertretender Ministerpräsident. Seit 1998 ist Brüderle Mitglied des Deutschen Bundestages und stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, seit 1999 zudem deren Wirt- schaftspolitischer Sprecher.

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 90 07.03.2008 9:17:28 Uhr Reinhard Bütikofer, geboren 1953 in Mannheim, studierte Philosophie und Geschichte in Heidelberg. Von 1984 bis 1988 war er Mitglied des Heidelberger Stadtrates. 1988 wurde Bütikofer in den Landtag von Baden-Württemberg gewählt und widmete sich dort insbesondere der Finanz- und Haushaltspolitik. 1997 übernahm er den Landes­ vorsitz von Bündnis 90/Die Grünen in Baden-Württemberg und 1998 das Amt des Poli- tischen Geschäftsführers. Ende 2002 wurde Bütikofer Bundesvorsitzender von Bündnis 90/­ Die Grünen und in dieser Funktion 2004 sowie 2006 bestätigt.

Jürgen Fitschen, geboren 1948 in Harsefeld/Niedersachsen, studierte nach seiner Ausbil­ dung zum Groß- und Außenhandelskaufmann Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hamburg. Nach dem Abschluss zum Diplom-Kaufmann begann er seine Karriere im Firmen- ­­kundengeschäft der Citibank, in deren Geschäftsleitung er 1983 berufen wurde. Nach seinem Wechsel zur Deutschen Bank im Jahr 1987 folgten Stationen in Thailand und Japan. 1993 übernahm Fitschen die Leitung des Firmenkundengeschäfts für die Region Asien mit Sitz in Singapur. 2001 wurde er Mitglied des Konzernvorstandes für den Bereich „Corporate & Investment Banking“. Als Mitglied des Group Executive Committee ist Fitschen heute für das Regional Management weltweit zuständig. Zudem ist er Vorsitzender des Management Committee Deutschland.

Dr. Jürgen Heraeus, geboren 1936 in Hanau, studierte Betriebswirtschaftslehre an der Uni- versität München und wurde 1963 promoviert. Nach einem längeren Aufenthalt in den USA war Dr. Heraeus für verschiedene Tochtergesellschaften der Heraeus-Holding tätig, bevor er 1970 in die Geschäftsleitung berufen wurde. Seit 2000 ist er Vorsitzender des Aufsichtsrates der Heraeus Holding GmbH und Vorsitzender des Gesellschafterausschusses. Dr. Heraeus ist Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Vorsitzender des Ar- beitskreises China im Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft und stellvertretender Vorsitzender des Hochschulrates der Technischen Universität Darmstadt.

Mark Leonard, geboren 1974 in London, absolvierte an der Cambridge Universität sein Studium der Philosophie, der Sozial- und Politikwissenschaften. Er weilte zu Forschungs- aufenthalten in China und den USA, war Direktor für Außenpolitik am Centre for European Reform und Direktor des Foreign Policy Centre London. Seit Oktober 2007 ist Leonard Geschäftsführender Direktor des neu gegründeten European Council on Foreign Relations. Darüber hinaus ist er auch als Autor und Essayist tätig. Sein Buch „Warum Europa die Zukunft gehört“ publizierte er 2005, sein jüngstes, erst kürzlich erschienenes Buch trägt den Titel „Was denkt China?“.

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S. E. Ma Canrong, geboren 1945 in Jiangsu, begann nach der Universitätsausbildung seine diplomatische Karriere in der Westeuropa-Abteilung des chinesischen Außenministeriums. Bereits in den Jahren 1973 bis 1981 arbeitete er in der Botschaft der Volksrepublik China in der Bundesrepublik Deutschland. Es folgten weitere Aufgaben in der Westeuropa-Abteilung des Außenministeriums sowie im diplomatischen Dienst. Von 1999 bis 2001 war Ma Canrong Assistierender Minister des Außenministeriums der Volksrepublik China. Seit 2002 ist Ma Canrong Botschafter der Volksrepublik China in Deutschland.

Klaus-Peter Müller, geboren 1944 in Duppach/Eifel, absolvierte seine Ausbildung beim Bank- haus Friedrich Simon in Düsseldorf. 1966 wechselte er zur Commerzbank. Nach mehreren Stationen u. a. in Düsseldorf, Duisburg und New York wurde er 1982 Mitleiter der Filiale in New York. Von 1986 bis 1990 war Müller generalbevollmächtigter Leiter Zentrale Abteilung für Firmenkunden. Im Jahr 1990 wurde er Leiter Zentrale Abteilung „Aufbau Ost“ und Mit- glied des Vorstandes. Seit 2001 ist er Sprecher des Vorstandes der Commerzbank. Im Jahr 2004 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Finanzakademie der Russischen Föderation ver- liehen. Klaus-Peter Müller ist seit 2005 Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken.

Joachim Poß, geboren 1948 in Westerholt/Westfalen, war nach Eintritt in die Beamten­ laufbahn in den siebziger Jahren Stadtinspektor und Stadtrat in Gelsenkirchen, führte die Geschäfte des Falkenbildungswerkes und war später Verwaltungsleiter des Sozialistischen Bildungszentrums Haard. Poß ist seit 1980 Mitglied des Deutschen Bundestages und Mit- glied des Bundesvorstandes der SPD. Als Bundestagsabgeordneter widmet er sich vor allem Themen der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Von 1988 bis 1999 war Poß Finanz­politischer Sprecher und seit 1999 ist er stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion.

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 92 07.03.2008 9:17:28 Uhr Die Teilnehmer 28. und 29. November 2007

Albath,Afheldt, Dr. Dr. Andreas Heik, ehem., Vorsitzender Herausgeber, des Vor- Bischoff,Bertsch, Jürgen Prof. , Dr.Geschäftsführer, Sonja, FB Betriebswirt - standes,Der Tagesspiegel, Telegate AG,Berlin Martinsried schaftslehre,Baden-Badener Universität Unternehmergespräche, für Wirtschaft und Politik,Baden-Baden Hamburg Althaus,Ahls, Peter Dieter, Vorsitzender, MdL, Ministerpräsident des Vorstandes, desBankenverband Freistaates Thüringen, Schleswig-Holstein Erfurt e. V., Kiel Bittermann,Betz, Dr. Joachim Rainer, Präsident,, Abteilungsleiter Wirtschaft,Deutscher Führungskräfteverband Deutschlandfunk, Köln (ULA), Arndt,Anders, Franz Rolf-,Josef Chefredakteur,, Geschäftsführer, Dow Jones Berlin BankenvereinigungNews GmbH – VWD, Nordrhein-Westfalen, Eschborn Blankart, Prof. Dr. Charles B., Wirtschafts­­ Düsseldorf wissenschaftlicheBierbaum, Detlef ,Fakultät, Mitinhaber Institut und für Andreae, Kerstin, Mitglied des Deutschen Öpers.ffentliche haft. Gesellschafter, Finanzen, Humboldt-Universität Asmussen,Bundestages, Jörg Berlin, Ministerialdirektor, zuSal. Berlin Oppenheim jr. & Cie. KGaA, Köln Leiter der Abteilung Nationale und Interna- tionaleArnold, Finanzmarkt- Dr. Wolfgang und, ehem. Währungspolitik, Stv. Haupt- Böllhof,Bischoff, Christian Prof. Dr., VorsitzenderSonja, Fakultät der für Bundesministeriumgeschäftsführer, Bundesverband der Finanzen, deutscher Berlin Geschäftsführung,Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Prognos AG, Basel Banken, Berlin Universität Hamburg Bahr, Daniel, Mitglied des Deutschen Bortenlänger, Dr. Christine, Geschäfts­ Bundestages,Bahr, Daniel, BerlinMitglied des Deutschen führerin,Bittermann, Börse Rainer München, Abteilungsleiter Bundestages, Berlin Wirtschaft, Deutschlandfunk, Köln Barbier, Dr. Hans D., Vorsitzender, Ludwig- Bühe, Daniela, Geschäftsführerin und Erhard-Stiftung,Barbier, Dr. Hans Bonn D., Vorsitzender, Gesellschafterin,Blankart, Prof. Dr. salaction Charles publicB., Wirtschafts - Ludwig-Erhard-Stiftung e. V., Bonn relationswissenschaftliche GmbH, Hamburg Fakultät, Institut für Baring, Prof. Dr. Arnulf, Historiker und Öffentliche Finanzen, Humboldt-Universität Publizist,Baring, Prof. Berlin Dr. Arnulf, Historiker und Burkhardt,zu Berlin Dr. Katrin, Mitglied der Publizist, Berlin Geschäftsführung, Bundesverband Baule, Bernward, Leiter des Referats deutscherBlessing, Martin Banken,, Mitglied Berlin des Vorstandes, PolitischeBartels, Dr. Grundsatzfragen, Hans-Peter, Mitglied Kommunikation des Commerzbank AG, Frankfurt am Main undDeutschen Strategisches Bundestages, Controlling, Berlin Bundes­ Bürklin, Prof. Dr. Wilhelm, Mitglied der ministerium für Ernährung, Landwirtschaft Geschäftsführung,Blickenstorfer, Dr. ChristianBundesverband, Botschafter, undBeck, Verbraucherschutz, Karoline, Bundesvorsitzende, Berlin deutscherSchweizerische Banken, Botschaft, Berlin Berlin Bundesverband Junger Unternehmer Beckerder ASU-Melching, e. V., Berlin Markus, Leiter Verbin- Busch,Böllhoff, Dr. ChristianHans-Werner, Vorsitzender, Hauptgeschäfts der - dungsstelle Parlament, Bundesverband führer,Geschäftsführung, Gesamtverband Prognos der metallindustriAG, Basel - deutscherBecker-Melching, Banken, MarkusBerlin , Bundesverband ellen Arbeitgeberverbände e. V., Berlin deutscher Banken, Berlin Borggreve, Hendrik, Mitglied des Vor- Bellstedt, Dr. Hans, Geschäftsführender Büsselberg,standes, ABN Wolfgang AMRO BANK, ehem. (Deutschland) Vorstands AG,- Gesellschafter,Benrath, Gerd ,Plato Hauptgeschäftsführer, GmbH, Berlin vorsitzender,Frankfurt am BankenverbandMain Niedersach- Arbeitgeberverband des privaten Bankge- sen e. V., Hannover Benrath,werbes e. Dr. V., GerdBerlin, Hauptgeschäftsführer, Bortenlänger, Dr. Christine, Geschäfts­ Arbeitgeberverband des privaten Claussen,führerin, Börse Matthias München, Geschäftsführender Bankgewerbes,Birg, Prof. Dr. Herwig Berlin , Institut für Gesellschafter, C. Melchers GmbH & Co., Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik, BremenBrabänder, Bernd, Mitglied der Geschäfts- Berndt,Universität Rolf Bielefeld, Geschäftsführendes Vor- führung, Bundesverband deutscher Banken, standsmitglied, Friedrich-Naumann- Berlin Stiftung, Potsdam

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Breitenbücher, Richard, Mitglied des Vor- Dewitz, Marc-Aurel von, Mitglied der standes, UBS Deutschland AG, Geschäftsleitung, Private Wealth Frankfurt am Main Management, Deutsche Bank AG, Berlin

Brüderle, Rainer, Stv. Vorsitzender der Diekmann, Carl Hermann, Wirtschafts­ FDP-Bundestagsfraktion, Mitglied des redakteur, ARD-Ratgeber Geld, Bayerischer Deutschen Bundestages, Berlin Rundfunk, München

Bühe, Daniela, Geschäftsführerin und Dietlmaier, Peter, Head of Corporate Gesellschafterin, salaction public relations Communications, Swiss Re, Zürich GmbH, Hamburg Dombret, Dr. Andreas R., Head of Bürklin, Prof. Dr. Wilhelm, Mitglied der Germany, Austria and Switzerland, Vice Geschäftsführung, Bundesverband deut- Chairman GIB EMEA, Bank of America scher Banken, Berlin National Association, Frankfurt am Main

Bury, Hans Martin, Staatsminister a.D., Dubois, Paul, Botschafter, Botschaft von Lehman Brothers Bankhaus AG, Kanada, Berlin Frankfurt am Main Dyckmans, Mechthild, Deutscher Bütikofer, Reinhard, Bundesvorsitzender, Bundestag, Berlin Bündnis 90/Die Grünen, Berlin Eichel, Hans, Bundesminister a.D., Mitglied Bütler, Hugo, Chefredakteur, Neue Zürcher des Deutschen Bundestages, Berlin Zeitung, Zürich Eick, Gabriele, Executive Communications, Caroli, Mario, Pers. haft. Gesellschafter, Beratung für Synchronisierte Unterneh- Bankhaus Ellwanger & Geiger KG, Stuttgart menskommunikation, Frankfurt am Main

Dahlmanns, Dr. Gert, Stv. Kuratoriums­ Eickhof, Prof. Dr. Norbert, Wirtschafts- vorsitzender, Zeppelin University, und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Friedrichshafen Universität Potsdam

Dautzenberg, Leo, Mitglied des Deutschen Eilfort, Prof. Dr. Michael, Vorstand, Bundestages, Berlin Stiftung Marktwirtschaft, Berlin

Decker, Ernst, Rechtsanwalt, Leiter des Eisenach, Harald, Vorsitzender der Ge- Zentralbereichs Zentralsekretariat, schäftsleitung Firmenkunden Deutschland, BHF-BANK Aktiengesellschaft, Region Nordost, Deutsche Bank AG, Berlin Frankfurt am Main Elsner, Klaus J., Geschäftsführer, Bankenver- Deter, Dr. Anne, CDU/CSU-Fraktion, band Hessen, Frankfurt am Main Deutscher Bundestag, Berlin

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 94 07.03.2008 9:17:29 Uhr Fahrenschon, Georg, Staatssekretär, Hardieck, Dr. Thomas, Ministerialrat, Leiter Bayerisches Staatsministerium der Referat Geld und Kredit/Immobilienwirt- Finanzen, München schaft, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Berlin Fischer, Prof. Dr. Jens-Uwe, Leiter Sanierungsmanagement, Deutsche Bahn AG, Haßkamp, Dr. Peter, Senior Advisor, EGC Berlin Eurogroup Consulting GmbH, Düsseldorf

Fitschen, Jürgen, Mitglied des Group Hauser, Hansgeorg, Parl. Staatssekretär Executive Committee, Deutsche Bank AG, a.D., Beauftragter des Vorstandes, Verbin- Frankfurt am Main dungsbüro Berlin, Commerzbank AG, Berlin

Flecken, Walter, Vorsitzender des Vor- Haussmann, Prof. Dr. Helmut, Bundes- standes, Bankenverband Niedersachsen, minister a.D., Vice President, Capgemini Hannover Deutschland GmbH, Berlin

Frehse, Dr. Michael, Ministerialdirigent, Heise, Prof. Dr. Michael, Chefvolkswirt, Leiter der Abteilung Internationale Entwick- Dresdner Bank AG, Frankfurt am Main lungen, Bundesministerium des Innern, Berlin Henke, Hans Jochen, Generalsekretär, Wirtschaftsrat der CDU, Berlin Frick, Prof. Gisela, Berlin Heraeus, Dr. Jürgen, Vorsitzender des Auf- Friedhofen, Rolf, Mitglied des Vorstandes, sichtsrates, Heraeus Holding GmbH, Hanau Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG, München Herkenhoff, Heiner, Mitglied der Geschäftsführung, Bundesverband Friedrich, Dr. Stefan, Teamleiter Asien, deutscher Banken, Berlin Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin Hesse, Tim, Assistent des Vorstands­ Friedrich, Dr. Wolfgang, Leiter der Fern- sprechers, Commerzbank AG, sehredaktion Wirtschaft und Soziales, Frankfurt am Main Bayerischer Rundfunk, München Heusgen, Dr. Christoph, Außenpolitischer Fürstenwerth, Dr. Jörg Freiherr Frank von, Berater der Bundeskanzlerin, Bundeskanz- Geschäftsführendes Mitglied des leramt, Berlin Präsidiums und Hauptgeschäftsführer, Gesamtverband der Deutschen Versiche- Heydebreck, Dr. Tessen von, Vorsitzender rungswirtschaft, Berlin des Vorstandes, Deutsche Bank Stiftung, Berlin Geleyn, Mark, Botschafter, Botschaft des Königreichs Belgien, Berlin Höche, Thorsten, Mitglied der Geschäfts- führung, Bundesverband deutscher Banken, Berlin

Bankenverband 94 95

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 95 07.03.2008 9:17:29 Uhr die teilnEhmer

Höfer, Max A., Geschäftsführer, Initiative Kiep, Dr. Walther Leisler, International Neue Soziale Marktwirtschaft, Köln Consultant, Frankfurt am Main

Höhler, Prof. Dr. Gertrud, Beraterin, Kießler, Dr. Kerstin, Staatsrätin, Bevoll- Wirtschaft und Politik, Berlin mächtigte der Freien Hansestadt Bremen beim Bund und für Europa, Berlin Holtz, Joachim, Zweites Deutsches Fernsehen, Berlin Kießler, Dr. Richard, Chefredakteur, Neue Ruhr Zeitung, Essen Höning, Heinz, Vorsitzender des Vor- standes, Bankenverband Rheinland-Pfalz, Kley, Max Dietrich, Präsident des Vor- Mainz standes des Deutschen Aktieninstituts e. V., Mitglied des Aufsichtsrates, BASF AG, Horn, Dr. Karen, Institut der deutschen Ludwigshafen am Rhein Wirtschaft, Berlin Klüber, Achim P., Vorsitzender des Vor- Irion, Dieter A., Geschäftsführer und standes, Verband der Auslandsbanken in Gesellschafter, salaction public relations Deutschland, Frankfurt am Main GmbH, Hamburg Kluge, Prof. Dr. Jürgen, Mitglied des Share- Jung, Christian, Bundesverband deutscher holders Council, McKinsey Deutschland, Banken, Berlin Düsseldorf

Jung, Matthias, Sprecher des Vorstandes, Knobloch, Bernd, Vorsitzender des Vor- Forschungsgruppe Wahlen, Mannheim standes, Eurohypo Aktiengesellschaft, Eschborn Jungen, Peter, Geschäftsleiter, Peter Jun- gen Management Holding GmbH, Köln Koch, Prof. Dr. Burkhard, Geschäftsführer, IQ International Incubator AG, Berlin Jüsten, Dr. Karl, Prälat, Leiter des Katho- lischen Büros, Kommissariat der deutschen Kohlhaussen, Dr. h. c. Martin, Vorsitzen- Bischöfe, Berlin der des Aufsichtsrates, Commerzbank AG, Frankfurt am Main Jütten, Herbert, Mitglied der Geschäfts­ führung, Bundesverband deutscher Banken, Kollatz-Ahnen, Dr. Matthias, Vizepräsident, Berlin Europäische Investitionsbank, Luxemburg

Karasu, Dr. Ibrahim, Mitglied der Ge- Kollmann, Dagmar, Vorsitzende des Vor- schäftsführung, Bundesverband deutscher standes, Morgan Stanley Bank AG, Frank- Banken, Berlin furt am Main

Kenne, Ulrich von, Mitglied der Geschäfts- Kopper, Hilmar, ehem. Vorsitzender des führung, Bundesverband deutscher Banken, Aufsichtsrates, Deutsche Bank AG, Berlin Frankfurt am Main

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 96 07.03.2008 9:17:29 Uhr Korsch, Marija, Partner, B. Metzler seel. Lauk, Prof. Dr. Kurt J., Präsident, Sohn & Co. KGaA, Frankfurt am Main Wirtschaftsrat der CDU, Berlin

Kostecki, Dr. Zbigniew, Botschaftsrat, Leberling, Dr. Heiner, Vorsitzender des Botschaft der Republik Polen, Berlin Vorstandes, Bankenvereinigung Nordrhein- Westfalen, Düsseldorf Kranzmaier, Helmut, Senior Consultant, CNC – Communications & Network Leonard, Mark, Executive Director, European Consulting AG, Berlin Council on Foreign Relations, London

Kreft, Dr. Heinrich, Außenpolitischer Liebe, Thomas, Leiter der Niederlassung, Berater, CDU/CSU-Fraktion, Deutscher Sal. Oppenheim jr. & Cie. KGaA, Berlin Bundestag, Berlin Liechtenstein, Stefan Prinz von und zu, Kremsner, Dr. Michael, Vorstand, K&C Botschafter, Botschaft des Fürstentums Kremsner & Consultants Unternehmens­ Liechtenstein, Berlin beratung AG, Frankfurt am Main Limbourg, Peter, Chefredakteur, N24 - Kropatscheck, Fritz E., Mitglied der Ge- GmbH, Berlin schäftsleitung, Deutsche Bank AG, Berlin Lindemann, Dr. Beate, Geschäftsführende Krumrey, Henning, Leiter der Parlaments- stv. Vorsitzende, Atlantik-Brücke, Berlin redaktion, FOCUS Magazin Verlag GmbH, Berlin Lips, Richard, Leiter Kommunikation, Commerzbank AG, Frankfurt am Main Kubbetat, Klaus, Vorsitzender des Vor- standes, Ostdeutscher Bankenverband, Lüdecke, Frank, Geschäftsführer, Lausitzer Berlin Rundschau, Cottbus

Kühne, Dr. Hartmut, Bundesministerium Lütgerath, Dr. Henneke, Sprecher der für Wirtschaft und Technologie, Berlin Geschäftsleitung, Bankhaus Löbbecke AG, Berlin Lamby, Frank, Sprecher des Vorstandes, Hypo Real Estate Bank International Aktien- Lütkestratkötter, Dr. Herbert, Vorsitzender gesellschaft, München des Vorstandes, HOCHTIEF AG, Essen

Lange, Prof. Dr. Thomas A., Sprecher des Ma, Canrong, Botschafter, Botschaft der Vorstandes, NATIONAL-BANK AG, Essen Volksrepublik China, Berlin

Langguth, Prof. Dr. Gerd, Institut für Maleki, Dr. Nader, Präsident, International Politische Wissenschaft und Soziologie, Bankers Forum, Frankfurt am Main Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Manteuffel, Hans J. M., Herausgeber, vid Vereinigte Informationsdienste, Langenfeld

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01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 97 07.03.2008 9:17:29 Uhr die teilnEhmer

Marin, Udo, Geschäftsführer, Verein Müller, Klaus-Peter, Präsident des Bundes- Berliner Kaufleute und Industrieller, Berlin verbandes deutscher Banken, Berlin, und Sprecher des Vorstandes, Commerzbank AG, Marsh, David, Chairman, London & Oxford Frankfurt am Main Capital Markets Plc, London Müller, Prof. Dr. Sigrid, Direktorin, Institut Martens, Dr. Claus-Peter, Rechtsanwalt, für Finanzierung, Humboldt-Universität zu Murawo Rechtsanwälte und Notare, Berlin Berlin

Martens, Jane, Legal, Banking & Business Müller, Theo, Geschäftsführer, Translations, Berlin Molkerei Alois Müller GmbH & Co. KG, Fischach-Aretsried Martin, Dirk, Vorsitzender, Bundesverband Junger Unternehmer der ASU, Berlin Müller-Vogg, Dr. Hugo, Publizist, Berlin

Massenberg, Dr. Hans-Joachim, Stv. Haupt- Nehring, Dr. Sighart, Staatssekretär a.D., geschäftsführer, Bundesverband deutscher Leiter der Repräsentanz, Allianz SE, Berlin Banken, Berlin Nehring-Kleedehn, Bärbel, Ministerin a.D., Matern, Michael, Ressortleiter Unterneh- Nehring Consulting, Berlin men, Dow Jones News GmbH, Frankfurt am Main Niebergall, Inge, Leiterin des Büros des Geschäftsführenden Vorstandes, Bundes- Matuszczak, Boris, Mitglied der Geschäfts- verband deutscher Banken, Berlin leitung, Filiale Berlin, SEB AG, Berlin Noack, Dr. Harald, Stv. Hauptgeschäfts- Matysik, Norbert, Präsident, Deutsche führer, Bundesverband deutscher Banken, Bundesbank Hauptverwaltung Berlin Berlin

Meister, Dr. h. c. Edgar, Rechtsanwalt, Nolte, Prof. Dr. Paul, Fachbereich Ge- Haarmann Partnergesellschaft, Frankfurt schichts- und Kulturwissenschaften, Fried- am Main rich-Meinecke-Institut, Freie Universität Berlin Mirow, Dr. Thomas, Staatssekretär, Bundesministerium der Finanzen, Berlin Oberreuter, Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich, Direktor, Akademie für Politische Bildung, Mühlfenzl, Dr. Isabel, Freie Journalistin, Tutzing Seefeld Oelgarth, Achim, Leiter des Brüsseler Müller, Hildegard, Mitglied des Deutschen Büros, Bundesverband deutscher Banken, Bundestages, Berlin Brüssel

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 98 07.03.2008 9:17:29 Uhr Oppenheim, Christopher Freiherr von, Rall, Peter, Kohl PR & Partner Unterneh- Pers. haft. Gesellschafter, mensberatung für Kommunikation GmbH, Sal. Oppenheim jr. & Cie. KGaA, Köln Berlin

Ossig, Dr. Christian, Mitglied der Ge- Rohmann, Katrin, Partnerin, Deloitte & schäftsleitung, Head of Financial Institu- Touche GmbH Wirtschaftsprüfer und tions Group Germany, Austria and Switzer- Steuerberater, Berlin land, Bank of America National Association, Frankfurt am Main Rohr, Joachim, Vorsitzender des Vorstandes, Bankenverband Schleswig- Paulsen, Dr. Thomas, Projektleiter Berge- Holstein, Kiel dorfer Gesprächskreis, Leiter des Haupt- stadtbüros, Körber-Stiftung, Berlin Sandschneider, Prof. Dr. Eberhard, Otto-Wolff-Direktor der Deutschen Gesell- Peucker, Henriette, Head of European schaft für Auswärtige Politik e. V., Berlin Public Affairs, Deutsche Börse AG, Berlin Sarrazin, Dr. Thilo, Senator, Senatsverwal- Piepenschneider, Dr. Melanie, Leiterin tung für Finanzen, Berlin der Akademie, Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin Schaap, Heinz-Udo, Mitglied der Geschäfts- führung, Bundesverband deutscher Banken, Pies, Prof. Dr. Ingo, Lehrstuhl für Wirt- Berlin schaftsethik, Martin-Luther-Universität Halle Schäfers, Dr. Manfred, Redakteur Wirt- Poppe, Christoph, Präsident, Deutsche schaft, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Bundesbank Hauptverwaltung Leipzig Berlin

Porwollik, Ulrich, Head of Media Relations, Schatz, Prof. Dr. Klaus-Werner, Leiter des Dresdner Bank AG, Frankfurt am Main Hauptstadtbüros, Institut der deutschen Wirtschaft, Berlin Poß, Joachim, Stv. Vorsitzender der SPD- Bundestagsfraktion, Mitglied des Deut- Schellhorn, Dr. Kai, Senior Advisor, schen Bundestages, Berlin Aspen Institut, Berlin

Povel, Andreas, Xchanging Transaction Schily, Dr. Konrad, Mitglied des Deutschen Bank GmbH, Frankfurt am Main Bundestages, Berlin

Prinz, Prof. Detlef, Verleger, Herausgeber Schipanski, Prof. Dr. Dagmar, Präsidentin des Hauptstadtbriefs, Berlin Verlagsgesell- des Thüringer Landtages, Thüringer Land- schaft mbH, Berlin tag, Erfurt

Rahmsdorf, Dr. Detlev, Leiter Konzernstra- Schirmacher, Albrecht F., Geschäftsführer tegie Kommunikation, Deutsche Bank AG, und Herausgeber, Der Platow Brief, Frankfurt am Main Frankfurt am Main

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01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 99 07.03.2008 9:17:30 Uhr die teilnEhmer

Schlögl, Dr. Herwig, ehem. Stv. General­ Stähler, Friedrich, Vorsitzender des Vor­ sekretär, Organisation for Economic standes, Bankenverband Baden-Württem­ Co-operation and Development, Paris berg, Stuttgart

Schmid, Dietmar, Vorsitzender des Steffens, Prof. Dr. Udo, Präsident und Vorstandes, Bankenverband Hessen, Vorsitzender des Vorstandes, Frankfurt Frankfurt am Main School of Finance & Management, Frankfurt am Main Schmidt, Dr. Dr. h. c. Albrecht, ehem. Vor­ sitzender des Aufsichtsrates, Bayerische Stehle, Prof. Richard, Leiter des Instituts Hypo- und Vereinsbank AG, München für Bank-, Börsen- und Versicherungswesen, Humboldt-Universität zu Berlin Scholz, Prof. Dr. Rupert, Bundesminister a.D., Institut für Politik und Öffentliches Recht, Steinberg, Prof. Dr. Rudolf, Präsident, Ludwig-Maximilians-Universität München Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Schönbohm, Jörg, MdL, Minister, Minis­ terium des Innern des Landes Brandenburg, Stephens, Philip, Associate Editor, Potsdam The Financial Times, London

Schuster, Dr. Stephan, Managing Director, Stölzl, Prof. Dr. Christoph, Mitglied der Grundsatz Kapitalmarkt, Deutsche Bank AG, Geschäftsführung, Villa Grisebach Aukti­ Frankfurt am Main onen, Berlin

Seidel, Prof. Dr. Martin, Senior Fellow, Streib, Folker, Member Advisory Board, Zentrum für Europäische Integrationsfor­ Otto Bock Firmengruppe, Berlin schung, Rheinische Friedrich-Wilhelms- Universität Bonn Strenger, Christian, Mitglied des Aufsichts­ rates, DWS Investment GmbH, Seidel, Regina, Präsidentin, Verband deut­ Frankfurt am Main scher Unternehmerinnen (VdU), Berlin Strube, Prof. Dr. Jürgen, Vorsitzender des Simon, Prof. Dr. Hermann, Vorsitzender Aufsichtsrates, BASF AG, Ludwigshafen am der Geschäftsführung, Simon - Kucher & Rhein Partners, Bonn Strutz, Prof. Wolfgang, Präsident, Spengler, Dr. Tilman, Publizist, Starnberg Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum, Frankfurt am Main Spiller, Jörg-Otto, Vorsitzender der Arbeits­ gruppe Finanzen der SPD-Bundestagsfrak­ Stürmer, Prof. Dr. Michael, Chefkorrespon­ tion, Mitglied des Deutschen Bundestages, dent, Die Welt, Berlin Berlin Sulong, Zakaria, Botschafter, Botschaft von Malaysia, Berlin

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 100 07.03.2008 9:25:42 Uhr Sur, Etienne, Erster Sekretär für Wefers, Angela, Leiterin der Berliner Außenpolitik, Botschaft der Französischen Redaktion, Börsen-Zeitung, Berlin Republik, Berlin Weimer, Dr. Wolfram, Chefredakteur, Swenson, Tyler, The Economic Observer, Cicero Magazin für politische Kultur, Berlin Bay Weitershausen, Ottheinrich Freiherr von, Tempel, Peter, Ministerialdirektor, Leiter Geschäftsführer, Walter-Raymond-Stiftung, der Europaabteilung, Auswärtiges Amt, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeit- Berlin geberverbände, Berlin

Theil, Stefan, European Economics Editor, Westerhoff, Prof. Dr. Horst-Dieter, Newsweek, Berlin Geschäftsführender Vorstand, Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer Fragen, Thomas, Eckhart, Verleger, P. Keppler Berlin Verlag GmbH & Co. KG, Heusenstamm Weyandt, Theo, Leiter der Niederlassung Tolckmitt, Jens, Geschäftsführer, Verband Berlin, Eurohypo Aktiengesellschaft, Berlin der Auslandsbanken in Deutschland, Frankfurt am Main Wieland, Dr. Beate, Ministerialdirigentin, Leiterin der Abteilung Forschung und Turner, Prof. Sebastian, Partner, Vorsitzen- Technologie, Ministerium für Innovation, der des Vorstandes, SCHOLZ & FRIENDS AG, Wissenschaft, Forschung und Technologie Berlin des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf Viermetz, Kurt F., Vorsitzender des Aufsichtsrates, Deutsche Börse AG, Wiesheu, Gerhard, Partner, B. Metzler seel. Frankfurt am Main Sohn & Co. KGaA, Frankfurt am Main

Vollmer, Dr. Antje, ehem. Vizepräsidentin, Wilhelm, Dr. Michael, Ministerialdirigent, Deutscher Bundestag, Berlin Bevollmächtigter des Freistaates Sachsen beim Bund, Berlin Wagner-Wieduwilt, Klaus, Geschäfts­ führendes Vorstandsmitglied, Zawadzky, Karl, Leiter der Wirtschaftsre- Ostdeutscher Bankenverband, Berlin daktion DW-Radio, Deutsche Welle, Bonn

Weber, Prof. Dr. Manfred, Geschäftsführen- Zelioli, Luca, Botschaftsrat, Botschaft der der Vorstand, Bundesverband deutscher Italienischen Republik, Berlin Banken, Berlin Ziesemer, Bernd, Chefredakteur, Wedell, Michael, Leiter Corporate Affairs, Handelsblatt GmbH, Düsseldorf Communication & Marketing, Dresdner Bank AG, Berlin

Bankenverband 100 101

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 101 07.03.2008 9:17:30 Uhr Die Schönhauser Gespräche ­– bisherige Veranstaltungen

Wissenschaftlicher Beirat Dr. Hans D. Barbier Prof. Dr. Arnulf Baring Wolfgang G. Gibowski Prof. Dr. Paul Nolte Prof. Dr. Michael Stürmer

 Was hält die Deutschen noch zusammen? Die Wiederentdeckung des Gemeinwohls

Entfremdung zwischen Ost und West Über die psychologischen Schwierigkeiten der Einheit Monika Maron, Publizistin

Auf dem Weg zur Einheit Gemeinwohl versus Gruppeninteressen Dr. Bernhard Vogel, Ministerpräsident von Thüringen

Deutschland in der neuen Weltordnung Bedingungen der Handlungsunfähigkeit Prof. Dr. Michael Stürmer, Leiter des Forschungsinstituts für internationale Politik und Sicherheit, Ebenhausen

Macht die Einheit Deutschland stark? Deutschlands Wirtschaft aus internationaler Sicht Kurt F. Viermetz, Vice Chairman der J. P. Morgan Bank, New York

Haben wir das Gemeinwohl wiederentdeckt – oder nur die Notwendigkeit der Wiederentdeckung? Dr. Hanns Christian Schroeder-Hohenwarth, Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrates der Berliner Handels- und Frankfurter Bank AG, Frankfurt am Main

 Sozialstaat und Bürgerfreiheit Müssen Staat und Bürger ihr Verhältnis neu bestimmen?

Sonderbarer Sozialstaat Notizen aus dem gesellschaftlichen Leben Dr. Renate Merklein, Publizistin

Die konfiszierte Freiheit Die Krise des Steuerstaates und die Grenzen der Machbarkeit Dr. Otto Graf Lambsdorff, MdB

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 102 07.03.2008 9:17:30 Uhr Die verkannte Wirklichkeit Opportunismus und Selbstbetrug in unserer Gesellschaft Prof. Dr. Arnulf Baring, FU Berlin

Die Wiederentdeckung der Bürgertugenden Ein neues Rollenverständnis zwischen Bürger und Staat Prof. Dr. Richard Schröder, Humboldt-Universität zu Berlin

Wie geht es weiter? Dr. Klaus von Dohnanyi, Bundesminister a. D.

 Deutschland im Umbruch Die politische Klasse und die Wirklichkeit

Die deutsche Politik und die Wirklichkeit Realitätsverfehlung als deutsches Erbteil Dr. Klaus von Dohnanyi, Bundesminister a. D.

Die Lehre aus der Vergangenheit Deutschland im Konzert der Welt Dr. h.c. Helmut Schmidt, Bundeskanzler a. D.

Wirtschaft und Ideologie im Widerstreit Dr. Eberhard von Kuenheim, Vorsitzender des Aufsichtsrates der BMW AG, München

Der deutsche Geist und die politische Realität Herkunft und Wirkung eines Intellektuellen-Stereotyps Prof. Dr. Hermann Lübbe, Universität Zürich

Wie geht es weiter? Zusammenfassung und Ausblick Prof. Dr. Fritz Stern, Columbia-Universität New York

 Europa – warum? Der alte Kontinent auf der Suche nach Gemeinsamkeit

Wer ist eigentlich Europäer? Das Problem: Vielfalt in der Einheit Henryk M. Broder, Publizist

Handlungsfähigkeit für Europa Weltmacht statt nationaler Ohnmacht Prof. Dr. Henry A. Kissinger, Außenminister a. D.

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01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 103 07.03.2008 9:17:30 Uhr Schönhauser Gespräche

Stärkt Europa die Wirtschaft? Erwartungen, Besorgnisse und neue Orientierungen Dipl.-Ing. Jürgen E. Schrempp, Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG, Stuttgart

Vision Europa Neue Perspektiven für alte Nationalstaaten Senator Jean François-Poncet, Paris

Vision & Wirklichkeit Zusammenfassung und Ausblick Dr. Richard von Weizsäcker, Bundespräsident a. D.

 Modell Deutschland: Verlust der Balance Wie reformfähig ist die Bundesrepublik?

Deutsche Seelenlagen Zwischen Traum und Katzenjammer Dr. Cora Stephan, Publizistin

Modell Deutschland Verlust der Balance oder Modellverschleiß Prof. Dr. Wilhelm Hennis, Universität Freiburg

Ein neues Bürgerbild Maßstäbe und Imperative für die Gesellschaft Prof. Dr. Berthold Leibinger, Geschäftsführender Gesellschafter der TRUMPF GmbH & Co., Ditzingen

Ein neues Leistungsbild Maßstäbe und Imperative für die Wirtschaft Hilmar Kopper, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Deutschen Bank AG, Frankfurt am Main

Zusammenfassung und Ausblick Prof. Dr. Fritz W. Scharpf, Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, Köln

 Dem Land Richtung geben: Führung – Eigenverantwortung – Wettbewerb

Deutschland – ein Verein zur Risikovermeidung? Peter Schneider, Publizist, Berlin

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 104 07.03.2008 9:17:30 Uhr Führung und Wandel: Die Herausforderung annehmen Peter D. Sutherland, Chairman, Goldman Sachs International, London

Politik braucht Respekt vor Eigenverantwortung Prof. Dr. Michael Blumenthal, Direktor, Jüdisches Museum, Berlin

Wettbewerb als Lebensform Dr. h.c. Tyll Necker, Vizepräsident, Bundesverband der Deutschen Industrie, Köln

Was zu tun ist: Das Beispiel Arbeitsmarkt – I Patrick M. Liedtke, Club of Rome, Wirtschaftsbüro Liedtke, Giesheim

Was zu tun ist: Das Beispiel Arbeitsmarkt – II Prof. Dr. Manfred J. M. Neumann, Direktor, Institut für internationale Wirtschaftspolitik, Bonn

Am Vorabend: The architecture of the Reichstag and German unity Sir Norman Foster, Foster and Partners, London

 Bilanz und Ausblick am Ende des Jahrhunderts: Deutschland auf dem Weg in die „Berliner Republik“

Erfahrungen mit Deutschland Cees Nooteboom, Schriftsteller, Amsterdam

Bilanz am Ende unseres Jahrhunderts Prof. Dr. Arnulf Baring, Historiker und Publizist, Berlin

Deutschland, was nun? Dr. Gustav Seibt, Berliner Zeitung, Berlin

Auf dem Weg in die „Berliner Republik“? Dr. Michael Naumann, Staatsminister für Angelegenheiten der Kultur und der Medien, Berlin Dr. Josef Joffe, Leiter des Ressorts Außenpolitik, Süddeutsche Zeitung, München Dr. Hans D. Barbier, Leiter der Wirtschaftsredaktion, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt am Main

Zusammenfassung und Ausblick Dr. Mathias Döpfner, Chefredakteur, Die Welt, Berlin

Am Vorabend: Deutschlands Rolle in der Welt – wie neu, wie wichtig? Dr. Christoph Bertram, Direktor, Forschungsinstitut der Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen

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01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 105 07.03.2008 9:17:30 Uhr Schönhauser Gespräche

 Handlungsfähigkeit zurückgewinnen: Deutschland zwischen Globalität und nationalen Blockaden

Deutschland im internationalen Wettbewerb: Die Innenansicht Dr. h.c. Lothar Späth, Ministerpräsident a. D. und Vorsitzender des Vorstandes, Jenoptik AG, Jena

Deutschland im internationalen Wettbewerb: Die Außenansicht Dr. Herwig Schlögl, Stv. Generalsekretär, OECD, Paris

Nationale Blockaden: Zur Neudefinition der Rolle des Staates Prof. Dr. Norbert Walter, Chefvolkswirt, Deutsche Bank Gruppe, Frankfurt am Main

Wie kann Deutschland Handlungsfähigkeit zurückgewinnen? Wolfgang Clement, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf

Perspektive Europa: Teil der Lösung oder Teil des Problems? , Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, Deutscher Bundestag, Berlin

Zusammenfassung und Ausblick Stefan Baron, Chefredakteur, Wirtschaftswoche, Düsseldorf

Am Vorabend: Parteien – Dinosaurier in der Mediendemokratie? Dr. Hugo Müller-Vogg, Herausgeber, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt am Main

 Die Zukunft der Nation: Wer sind wir Deutschen? Was müssen wir sein?

Impressionen zur Nation Prof. Dr. Peter Sloterdijk, Rektor der Staatlichen Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe

Deutschland im postnationalen Zeitalter Prof. Dr. Gesine Schwan, Präsidentin der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)

Deutscher Patriotismus: zulässig, zeitgemäß Prof. Dr. Arnulf Baring, Historiker und Publizist, Berlin

Erwartungen an Deutschland Brigitte Sauzay, Beraterin des Bundeskanzlers für die deutsch-französischen Beziehungen, Bundeskanzleramt, Berlin

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 106 07.03.2008 9:17:31 Uhr Chancen und Grenzen der Nation Dr. Susanne Gaschke, Die Zeit, Hamburg

Die Deutschen und die Nation Prof. Dr. Jürgen W. Falter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Mainz

Die Medien und die Nation Wolfgang G. Gibowski, Pressesprecher der Stiftungsinitiative Deutsche Wirtschaft „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, Berlin

Ausblick Jörg Schönbohm, Minister des Inneren des Landes Brandenburg, Potsdam

Am Vorabend: Von unseren Identitäten György Konrád, Präsident der Akademie der Künste, Berlin

 Nach der Wahl: Deutschland im Aufbruch?

Wo steht Deutschland nach der Wahl? Dr. Klaus von Dohnanyi, Bundesminister a. D., Hamburg

Erfolgreiche politische Reformen … Per Westerberg i. V. von Carl Bildt, Ministerpräsident a. D., Stockholm­ Wim Kok, Ministerpräsident a. D., Den Haag

… und ihre Übertragbarkeit auf Deutschland. Diskussion mit einleitenden Statements Prof. Dr. h.c. Roland Berger, Chairman, Roland Berger Consultants, München Jürgen Peters, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, Frankfurt am Main Dr. Renate Köcher, Geschäftsführerin, Institut für Demoskopie, Allensbach

Von der Erkenntnis zur Umsetzung: Die politischen Reformen anpacken! Prof. Dr. Roman Herzog, Bundespräsident a. D., München

Diskussion mit einleitenden Statements Hildegard Müller, MdB, Mitglied des Präsidiums der CDU, Berlin Nina Hauer, MdB, Berlin , MdB, Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen, Berlin , MdB, Berlin

Zusammenfassung und Ausblick Dr. , Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Berlin

Am Vorabend: Europe – unfinished business Rt. Hon. Peter Mandelson, Member of Parliament, London

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01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 107 07.03.2008 9:17:31 Uhr Schönhauser Gespräche

 Atlantische und europäische Brüche: Vor einer neuen Weltunordnung?

Sind die Europäer willens, Europäer zu sein? Prof. Dr. André Glucksmann, Philosoph, Paris

Deutsche Interessen Dr. Christoph Bertram, Direktor, Stiftung für Wissenschaft und Politik, Berlin

Die amerikanische Sicht der Welt Richard Perle, Resident Fellow, American Enterprise Institute, Washington

Die Zukunft der transatlantischen Beziehungen Dr. Peter Struck, MdB, Bundesminister der Verteidigung, Berlin

Die Zukunft der transatlantischen Beziehungen Dr. , MdB, Vorsitzende der CDU Deutschlands und der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Berlin

Zusammenfassung und Ausblick Dr. h.c. Horst Teltschik, Präsident, Boeing Deutschland, Berlin

Am Vorabend: Europa und Amerika in einer globalisierten Welt Dr. Wolfgang Schäuble, MdB, Stv. Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Berlin

4 Deutschland altert – die demographische Herausforderung annehmen

Befindlichkeiten einer alternden Gesellschaft Dr. Susanne Gaschke, Die Zeit, Hamburg

Die wirtschaftlichen Folgen: Ende von Wachstum und Prosperität? Prof. Dr. Dr. h. c. Horst Siebert, Em. Präsident des Instituts für Welt­wirt­schaft, Kiel, und Jelle Zijlstra Research Fellow, Netherlands Institute for Advanced Study, Wassenaar

Generationengerechtigkeit schaffen – Reformen für ein zukunftsfähiges Deutschland Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio, Richter am Bundesverfassungsgericht, Karlsruhe

Deutschland braucht mehr Kinder , Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin

Was eine kluge Familienpolitik leisten kann Dr. Ursula von der Leyen, Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit des Landes Niedersachsen, Hannover

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 108 07.03.2008 9:17:31 Uhr Statements , MdB (Bündnis ̕90/Die Grünen) , MdB (CSU) Daniel Bahr, MdB (FDP)

Resümee und Ausblick Prof. Dr. Jürgen W. Falter, Institut für Politikwissenschaft, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Am Vorabend: Alternde Öffentlichkeiten Dr. Frank Schirrmacher, Herausgeber, FAZ, Frankfurt am Main

2005 Die Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft – Politik, Wirtschaft und Bürger in der Verantwortung

Nach der Wahl: Richtungsentscheidung, aber wohin? Prof. Dr. Paul Nolte, Professor für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte, Freie Universität Berlin

Ethik und Marktwirtschaft – tatsächlich Gegensätze? Prof. Dr. Dr. Karl Homann, Lehrstuhl für Philosophie und Ökonomik, Ludwig-Maximilians-Universität München

Ist der Markt unsozial? Michael Sommer, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Berlin

Die Verantwortung des Bürgers in der Gesellschaft Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, Präsident des Bundesverfassungs­gerichtes, Karlsruhe

Die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen Prof. Dr. h. c. Reinhold Würth, Vorsitzender des Unternehmensbeirates, Adolf Würth GmbH & Co. KG, Künzelsau

Die Verantwortung der Politik Dieter Althaus, MdL, Ministerpräsident des Freistaates Thüringen, Erfurt

Statements Reinhard Bütikofer (Bündnis ‘90/Die Grünen) Dr. Rainer Wend, MdB (SPD) , MdB (FDP)

Ausblick Dr. Klaus von Dohnanyi, Bundesminister a. D., Hamburg

Am Vorabend: Die Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft Dr. Otto Graf Lambsdorff, Bundesminister a. D., Bonn

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01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 109 07.03.2008 9:17:31 Uhr Schönhauser Gespräche

2006 Europa als Chance begreifen – Herausforderung für Wirtschaft, Politik und Kultur

Kulturelle Identitäten: Was hält Europa zusammen? Prof. Dr. Dr. h. c. Otfried Höffe, Leiter der Forschungsstelle Politische Philosophie, Eberhard Karls Universität Tübingen

Die wirtschaftliche Bilanz Europas Prof. Dr. Beatrice Weder di Mauro, Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Wiesbaden

Zwischen Protektionismus und freien Märkten Prof. Dr. Helmut Merkel, Mitglied des Vorstandes, KarstadtQuelle AG, Essen, und Präsident des Handelsverbandes BAG, Berlin

Führung und Steuerung in der erweiterten Union Dr. Franz Fischler, ehem. Mitglied der Europäischen Kommission, Absam

Europas weltpolitische Mitverantwortung Prof. Dr. Dr. h. c. Werner Weidenfeld, Direktor, Centrum für angewandte Politik- forschung, München

Europa auf dem Weg zur politischen Union? Dr. Richard von Weizsäcker, Bundespräsident a. D., Berlin

Am Vorabend: Patriotismus in Europa – ein Widerspruch? Matthias Matussek, Leiter des Kulturressorts, Der Spiegel, Hamburg

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 110 07.03.2008 9:17:31 Uhr Bankenverband 110 111

01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 111 07.03.2008 9:17:31 Uhr 01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 112 07.03.2008 9:17:31 Uhr Ute Helmbold studierte Kommunikations­design an der Universität Essen (ehemals Folkwang). Seit  arbeitet sie freiberuflich als Illustrato- rin für zahlreiche Verlage, Unter­nehmen und Institutionen. Seit  hat sie die Professur für konzeptionelle Bilder­fin­dung an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig inne. Sie lebt und arbeitet in Essen.

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01610007_Dokum_2007_A4_RZ.indd 113 07.03.2008 9:17:32 Uhr Das Forum Die Schönhauser Gespräche, benannt nach dem früheren Veranstaltungsort Schloss Schönhausen, zielen als das gesellschaftspolitische Forum der privaten Banken auf Dialog. Im Mittelpunkt steht der freie Aus­tausch von Meinungen, Argumenten und Infor­ma­tionen zu den Problemen unserer Zeit. Zum Gespräch eingeladen sind alljährlich hohe Repräsen­tanten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Das Thema In einer Mischung aus Faszination und Beunruhi- gung blickt die Welt auf den asiatischen Konti- nent. Der dynamische Aufstieg Asiens, für den China aufgrund seiner besonders erfolgreichen Wirtschaftsentwicklung als Chiffre steht, verdient Respekt und Anerkennung. Gleichzeitig aber wird dieser Aufstieg für viele Deutsche zum Fokus dif- fuser wirtschaftlicher Ängste, weil Unter­nehmen aus den asiatischen Schwellenländern immer häufiger als Konkurrenten auf den Weltmärkten in Erscheinung treten.

Das Entstehen neuer Wachstumszentren im asiatischen Raum verändert die Weltwirtschaft. Doch muss dies auch bedeuten, dass die alten Wirtschaftsnationen daraus nur Nachteile zu befürchten haben? Eröffnet die Einbindung der asiatischen Volkswirtschaften in die internationale Arbeitsteilung nicht auch enorme Chancen für Deutschland und Europa? Profitieren am Ende gar die alten Industrie- und Finanzstandorte weit- aus mehr von den großen neuen Absatzmärkten, die in vielen Ländern Asiens entstehen?

Was bedeutet die „asiatische Herausforderung“ für Deutschland, für Unternehmen und Bürger, Impressum ganz konkret? Wie müssen sich Politik und Wirt­­- schaft auf die neue Herausforderung einstellen, damit die vorhandenen Chancen auch genutzt Herausgeber: Bundesverband deutscher Banken, Berlin werden können? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der Schönhauser Gespräche 2007. Redaktion: christian Jung,  - Gestaltung: FLASKAMP AG, Berlin Illustrationen: ute Helmbold Druck: kÖNIGSDRUCK GmbH

Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Herausgebers.

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