4. Ottmar Hitzfeld

4.1. Vita

Wenn Sie nur ein klein wenig mit Fußball zu tun hatten, dann ist es praktisch unmöglich, den Namen "Ottmar Hitzfeld" nicht zu kennen. Hier ein paar Auszüge aus seiner Vita:

Ottmar Hitzfeld (* 12. Januar 1949 in Lörrach) ist ein ehemaliger deutscher Fußballspieler und -trainer. Wäh- rend seiner Zeit als Spieler studierte Hitzfeld Mathematik und Sport auf Lehramt.

Ottmar Hitzfeld wuchs als jüngstes von fünf Geschwis- tern im südbadischen Lörrach (Stetten), unmittelbar an der Grenze zur Schweiz, auf. Sein Vater war Zahnarzt. Seinen Vornamen erhielt er in Anlehnung an Ottmar Walter, den Fußballspieler des 1. FC Kaiserslautern.

Ottmar Hitzfeld war Jugendspieler beim TuS Stetten und spielte später beim FV Lörrach. 1971 wechselte er zum Schweizer Nationalligisten FC Basel, mit dem er unter Trainer Helmut Benthaus in den Saisons 1971/72 und 1972/73 Schweizer Meister wurde. 1972/73 wurde er auch Torschützenkönig in der Schweiz. Im Jahr 1973 schloss er sein Lehramtsstudium an der Pädagogischen Hochschule in Lörrach mit dem Staatsexamen in Ma- thematik und Sport für das Lehramt an Realschulen ab.

Im Olympischen Fußballturnier 1972 spielte er in der deutschen Olympiaauswahl unter anderem mit Uli

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OTTMAR HITZFELD

Hoeneß zusammen. Dort wurde er fünfmal von Beginn an eingesetzt und schoss in jedem dieser Spiele ein Tor. Insgesamt kam Ottmar Hitzfeld auf acht Einsätze bei Amateur-Länderspielen. Am 14. November 1972 bestritt er sein einziges Länderspiel für die B- Nationalmannschaft, die in Winterthur gegen die Aus- wahl der Schweiz mit 3:1 gewann – auch hier war er mit einem Tor erfolgreich.

1975 wechselte Ottmar Hitzfeld vom FC Basel zum VfB Stuttgart, der gerade aus der 1. abgestiegen war. In zwei Jahren in der 2. Bundesliga wurde er in 55 Spielen eingesetzt und erzielte dabei 33 Tore. In der Saison 1976/77 war er mit 22 erzielten Toren Teil des sogenannten „100-Tore-Sturms“ (der VfB Stuttgart hatte ein Torverhältnis von 100:36) und leistete einen ent- scheidenden Beitrag zum Wiederaufstieg des Vereins. Seine sechs Tore beim 8:0-Sieg gegen den SSV Jahn Regensburg stellen bis heute einen Rekord im deut- schen Profifußball dar. In der Saison 1977/78 spielte er 22-mal für Stuttgart in der Bundesliga und erzielte fünf Tore. Anschließend ging er wieder zurück in die Schweiz, wo er zunächst beim FC Lugano und dann beim FC Luzern in der Nationalliga spielte. 1983 been- dete er seine Karriere als Spieler.

Nach seiner Spielerlaufbahn wollte Ottmar Hitzfeld ei- gentlich das Referendariat für die Realschule mit den Fächern Mathematik und Sport beginnen, doch das Staatliche Schulamt verlangte eine zusätzliche Nachprü- fung, da sein Studium schon zu lange her sei. Aus Ärger

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OTTMAR HITZFELD darüber beschloss Ottmar Hitzfeld, eine professionelle Trainerlaufbahn zu beginnen.

Vereine in der Schweiz

1983 wurde Ottmar Hitzfeld Trainer beim SC Zug, den er in der zweitklassigen Nationalliga B übernahm und direkt in die höchste Liga, die Nationalliga A, führte. Trotz des Aufstiegs verließ er den Verein nach nur einem Jahr und wechselte zum FC Aarau in die Nationalliga A, mit dem er im ersten Jahr Vizemeister wurde und am Ende der gleichen Saison 1984/85 den Schweizer Cup gewann. Im selben Jahr wurde er zum Schweizer Fußballtrainer des Jahres gewählt. 1988 wechselte er zum Grasshop- per Club Zürich, mit dem er zwischen 1988 und 1991 fünf nationale Titel holte, darunter die Schweizer Meis- terschaften der Saisons 1989/90 und 1990/91.

Borussia Dortmund

Zu Beginn der Saison 1991/92 wurde Ottmar Hitzfeld als Nachfolger von Horst Köppel Trainer von Borussia Dortmund und führte die Mannschaft nach mäßigem Start überraschend zur Vize-Meisterschaft. Als Tabel- lendritter in den letzten Spieltag gegangen, führte der BVB ab dem Tor in Duisburg in der 9. Minute die Tabelle an, bis dem VfB Stuttgart in der 86. der Siegtreffer in Le- verkusen gelang, der ihm die Meisterschaft brachte. Bei- de profitierten von der Niederlage des bisherigen Tabel- lenführers Eintracht Frankfurt.

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OTTMAR HITZFELD

In der Folgesaison erreichte Ottmar Hitzfeld mit Dort- mund das UEFA-Pokal-Finale, das in zwei Spielen ge- gen Juventus Turin verloren wurde. Das mit dem Errei- chen der Finalspiele eingenommene Geld stellte Dort- mund größtenteils seinem Trainer für Spielertransfers zur Verfügung. Nach den Neuverpflichtungen von unter anderem , Stefan Reuter, Karl-Heinz Riedle, Andreas Möller und ab 1995 Jürgen Kohler (alle spielten zuvor in Italien) wurde

Ottmar Hitzfeld mit Dortmund in den Saisons 1994/95 und 1995/96 Deutscher Meister und gewann die UEFA Champions League der Saison 1996/97 – im Finale er- neut gegen Juventus Turin. Nach dem Gewinn dieses Ti- tels erklärte Ottmar Hitzfeld seinen Rücktritt als Trainer und wurde Sportdirektor bei Borussia Dortmund. Mit dem neuen Trainer Nevio Scala gewann der Verein im Herbst 1997 den Weltpokal.

Bayern München

Am 1. Juli 1998 wurde Ottmar Hitzfeld Trainer des FC Bayern München. Mit diesem Verein gewann er in sechs Spielzeiten die deutschen Meisterschaften der Saisons 1998/99, 1999/2000, 2000/01, 2002/03 und den DFB- Pokal der Saisons 1999/2000 und 2002/03, die UEFA Champions League der Saison 2000/01 sowie den Welt- pokal des Jahres 2001.

Ottmar Hitzfelds bis 2005 laufender Vertrag wurde vor- zeitig zum 30. Juni 2004 vom FC Bayern aufgelöst,

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OTTMAR HITZFELD nachdem die Mannschaft in der Saison 2003/04 keinen Titel gewonnen hatte. Die Art und Weise der Entlassung wurde in den Medien sowie innerhalb des Vereins kont- rovers diskutiert. Ottmar Hitzfelds Nachfolger wurde Fe- lix Magath. Im November 2011 gab Ottmar Hitzfeld in ei- ner Fernsehsendung des Senders Sport1 zu, dass er nach der sechsjährigen Bayern-Zeit kurz vor einem Burnout gestanden habe. Er habe selbst keine Kraft mehr gehabt, das Arbeitsverhältnis im Jahr 2004 zu be- enden.

Nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der Europameisterschaft 2004 lag Ottmar Hitzfeld ein Angebot des DFB vor, als Nachfolger des zurückgetre- tenen Rudi Völler Trainer der deutschen Nationalmann- schaft zu werden, was er jedoch am 1. Juli 2004 ablehn- te. Da er sich vor der EM 2004 selbst als potenziellen Nachfolger Völlers ins Gespräch gebracht hatte, wurde er für die überraschende Absage heftig kritisiert. Schließ- lich wurde der Posten mit dem Ex-Spieler Jürgen Klins- mann besetzt.

Ottmar Hitzfeld arbeitete ab Mitte 2004 zunächst nicht mehr als Fußballtrainer. Stattdessen analysierte er als Experte für den Pay-TV-Sender Premiere Bundesliga-, Champions-League- und WM-Spiele.

Im Dezember 2006 verkündete Ottmar Hitzfeld, dass er seine Pause vom Trainerberuf beenden möchte und zur Saison 2007/08 wieder als Fußballtrainer arbeiten wolle. Anfragen des Hamburger SV und seines ehemaligen

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OTTMAR HITZFELD

Vereins Borussia Dortmund für ein sofortiges Engage- ment als Cheftrainer zu Beginn der Rückrunde der Sai- son 2006/07 lehnte Ottmar Hitzfeld ab.

Zweites Mal Bayern München

Am 1. Februar 2007 trat Ottmar Hitzfeld die Nachfolge seines am Tage zuvor beurlaubten eigenen Nachfolgers als Trainer beim FC Bayern München an. Als Co-Trainer stand ihm erneut Michael Henke zur Sei- te, der Ottmar Hitzfeld auch schon in der Vergangenheit bei Borussia Dortmund und beim FC Bayern assistiert hatte. Ursprünglich wollte Ottmar Hitzfeld die Tätigkeit als Trainer nur bis zum Saisonende ausüben, unter- schrieb jedoch am 15. März 2007 einen über die Saison 2006/07 hinausgehenden Vertrag, der bis zum 30. Juni 2008 datiert war. Am 2. Januar 2008 bestätigte Ottmar Hitzfeld die Aussage von Bayern-Manager Uli Hoeneß, dass er seinen Vertrag nicht nochmals verlängern wer- de. Die Saison 2007/08 beendete er mit dem Gewinn des Doubles für den FC Bayern München. Sein Nachfol- ger wurde Jürgen Klinsmann.

Nationalmannschaft Schweiz

Ab Sommer 2008 – nach der Europameisterschaft – trainierte Ottmar Hitzfeld die Schweizer Nationalmann- schaft. Dazu verlegte er seinen Wohnsitz wieder in seine Heimatstadt Lörrach. Der Vertrag mit dem Schweizer Fußballverband lief zunächst zwei Jahre bis nach der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika und wurde im Au-

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OTTMAR HITZFELD gust 2009 bis Mitte 2012 und im März 2011 vorzeitig bis 2014 verlängert.

Ottmar Hitzfeld hatte bei der Schweizer Nationalmann- schaft einen durchwachsenen Start in die Qualifikation für die WM 2010: Einem 2:2-Unentschieden in Tel Aviv gegen Israel nach einer 2:0-Führung für die Schweiz folgte eine 1:2-Heimniederlage gegen Luxemburg. An- schließend aber steigerte sich die Mannschaft unter der Leitung von Ottmar Hitzfeld kontinuierlich und qualifizier- te sich als Gruppenerster direkt für die Weltmeisterschaft 2010. Dort gewann die Schweiz in ihrem ersten Grup- penspiel überraschend mit 1:0 gegen den amtierenden Europameister und späteren Turniersieger Spanien, kam dann nach einer Niederlage und einem Unentschieden nicht über die Gruppenphase hinaus.

In der Qualifikation für die EM 2012 wurde die Schweiz Gruppendritter hinter England und Montenegro und qua- lifizierte sich damit nicht für die Europameisterschaft. Er- folgreicher war Ottmar Hitzfeld mit der Nationalmann- schaft in der Qualifikation für die WM 2014. Die Mann- schaft blieb in ihrer Gruppe unbesiegt und stand bereits eine Runde vor Ende der Qualifikation als Endrunden- Teilnehmer fest. Zudem wurden in Freundschaftsspielen Deutschland und Brasilien besiegt. Die Schweiz belegte damit im Juni 2014 Platz 6 der FIFA-Weltrangliste.

Am 17. Oktober 2013 kündigte Ottmar Hitzfeld das Ende seiner Trainerkarriere nach der Weltmeisterschaft 2014 an. Bei der WM belegte die Schweiz in der Vorrunde hin-

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ter Frankreich den zweiten Gruppenplatz und erreichte somit erstmals seit 2006 das Achtelfinale, wo sie aller- dings Argentinien in der Verlängerung unterlag. Mit die- sem Ausscheiden beendete Ottmar Hitzfeld am 1. Juli 2014 seine Trainer- und Fußballkarriere. 2015 trainierte er wegen des Sky-Spiel des Lebens den Gewinner TSV Juist.

Erfolge als Trainer

International

• Weltpokal: 2001 (FC Bayern München) • Champions-League-Sieger: 1997 (Borussia Dort- mund), 2001 (FC Bayern München) • Zweimalige Qualifikation zur Fußball-WM mit der Schweiz: 2010 und 2014

Schweiz

• Meister: 1990, 1991 (Grasshopper Club Zürich) • Pokalsieger: 1985 (FC Aarau), 1989, 1990 (Grasshopper Club Zürich) • Supercup: 1989 (Grasshopper Club Zürich)

Deutschland

• Meister (7×): 1995, 1996 (Borussia Dortmund), 1999, 2000, 2001, 2003, 2008 (FC Bayern Mün- chen)

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• DFB-Pokal: 2000, 2003, 2008 (FC Bayern Mün- chen) • Supercup: 1995, 1996 (Borussia Dortmund) • Ligapokal: 1998, 1999, 2000, 2007 (FC Bayern München) • Hallenpokal: 1992 (Borussia Dortmund)

Ehrungen als Trainer

• UEFA Trainer des Jahres: 2001 • Weltclubtrainer laut IFFHS: 1997, 2001 • Fußballtrainer des Jahres (Deutschland) laut IFFHS: 1994, 1995, 1996, 1999, 2000 • Trainer des Jahres laut World Soccer: 1997 • Fußballtrainer des Jahres (Schweiz): 1985, 2014 • Fußballtrainer des Jahres (Deutschland): 2008 • Kicker-Trainer des Jahres: 1993, 1996, 1999, 2000, 2001, 2008 • „Persönlicher Preis des Bayerischen Ministerpräsi- denten“: 2008 (im Rahmen der Verleihung des Bayerischen Sportpreises) • „Ehrenpreis der Bundesliga“: 2010 (Würdigung als bisher erfolgreichster Bundesliga-Trainer aller Zei- ten) • Walther-Bensemann-Preis 2014 verliehen von der Akademie für Fußball-Kultur

Sonstiges

Ottmar Hitzfeld ist einer von fünf Trainern, denen es ge- lang, die UEFA Champions League bzw. den Europapo-

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kal der Landesmeister mit zwei verschiedenen Vereinen zu gewinnen – neben , , und José Mourinho; aber nur Hitzfeld schaffte es mit zwei Vereinen aus dem gleichen Land.

Er ist hinter der zweiterfolgreichste Trai- ner in der Bundesliga nach durchschnittlichen Punkten pro Spiel. Zudem fungierte er zwischen 1997 und 1998 als Sportdirektor von Borussia Dortmund.

Ottmar Hitzfeld unterstützte das Sozialprojekt "Wir helfen Afrika" zur Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika.

Die Walliser Gemeinde Staldenried taufte ihr neues, auf über 2000 Metern Höhe gelegenes Stadion mit Kunstra- senfeld im Weiler Gspon in „Ottmar Hitzfeld Gspon Are- na“. Der Platz ist der höchstgelegene Fußballplatz in Eu- ropa (2008 m).

Seit Juli 2008 ist Ottmar Hitzfeld als Experte für den Pay- TV Sender Sky (ehemals Premiere) tätig. Dies war er bereits zuvor von September 2004 bis Februar 2007.

Ottmar Hitzfeld wird wegen seiner sachlichen Art „Gene- ral“ genannt. Ottmar Hitzfeld ist Neffe des Generals Otto Hitzfeld.

Auf einem speziell für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 hergestellten, international zugelassenen Turnier- fußball aus fairer Produktion ist Ottmar Hitzfelds Aussa- ge zu lesen: „Ich schöpfe aus der Kraft des positiven

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Denkens und dem täglichen Gespräch mit Gott.“ Er war 2014 in einer modernen Weihnachtskrippe in der Jesui- tenkirche Heidelberg zu sehen.

Seit Oktober 2016 ist Ottmar Hitzfeld Botschafter der Sepp-Herberger-Stiftung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB)1

4.2. Kontaktaufnahme

Ich habe Ottmar Hitzfeld am 16. April 2018 angeschrieben. Bereits am 6. Mai 2018 reagierte er via Email. Das, was mir dabei besonders aufgefallen ist, war die Freundlichkeit und Höflichkeit, die in seinen Worten mitschwang.

Ich will nicht verhehlen, dass ich Ottmar Hitzfeld immer als ei- nen außerordentlich höflichen und respektvollen Menschen empfunden habe. Bereits während seiner Trainerzeit bei Borussia Dortmund habe ich ihn für sein jederzeit besonders geradezu würdevolles Auftreten geschätzt. Nun bestätigte sich dieser Eindruck nachhaltig, auch in der nachfolgenden Kom- munikation.

Wir verabredeten uns für den 30. Mai 2018 um 14.00 Uhr im Swissotel Le Plaza2 in Basel. Es wurde abgestimmt, dass ich zum Treffen meine Ehefrau mitbrachte. Zur Einführung in den Inhalt des Gesprächs schickte ich ihm einen ersten Grobent-

1 https://de.wikipedia.org/wiki/Ottmar_Hitzfeld 2 https://www.swissotel.de/hotels/basel/ 27

OTTMAR HITZFELD

wurf von Band 1 "Der Counselor - Du bist, was Du denkst, also denke doch, was Du willst" als pdf zum Download.

4.3. Das Treffen

Am 29. Mai 2018 fuhr ich mit meiner Frau im Cabrio, den Son- nenschein genießend, Richtung Basel. Wir übernachteten bei Freunden in Stein (Aargau)3 und fuhren am nächsten Tag ent- spannt zum Treffpunkt.

Um kurz vor 14.00 Uhr wartete ich vor dem Haupteingang des Hotels, um Ottmar Hitzfeld persönlich zu empfangen. Er kam auf die Minute pünktlich, was für mich keine Überraschung war, bestätigte es doch meine Einschätzung von ihm, denn "Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige".

Was mir als erstes auffiel, war der federnde, flotte Schritt mei- nes Gesprächspartners. Dieser Mann sollte in acht Monaten 70 Jahre alt werden? Kaum zu glauben.

Nach einer freundlichen Begrüßung betraten wir gemeinsam das Foyer des Hotels und gingen zu meiner Frau, die im Auf- enthaltsbereich auf uns wartete. Es wurde, wie erwartet, eine sehr höfliche Begrüßung, mit Ottmar Hitzfeld als einem Gent- leman der alten Schule.

Als kleines Dankeschön überreichten wir unserem Ge- sprächspartner eine Erinnerung an seine "alte Heimat" in

3 https://de.wikipedia.org/wiki/Stein_AG

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Dortmund, sowie etwas, von dem wir über alte Kontakte bei Borussia Dortmund wussten, dass wir damit seinen Ge- schmack treffen, zwei gute Rotweine.

Ottmar Hitzfeld war sichtlich überrascht, dass wir ihm eine kleine Aufmerksamkeit mitgebracht haben, aber ich erklärte ihm, dass so etwas für uns eine Selbstverständlichkeit ist, denn schließlich nimmt er sich die Zeit, mit uns zusammenzu- sitzen. Und was gibt es Wertvolleres als die Lebenszeit eines Menschen?

4.4. Die Technik

Ursprünglich hatte ich vor, das komplette Gespräch mit der hierfür passenden Infrastruktur aufzuzeichnen, damit ich alle Gesprächsinhalte wortwörtlich wiedergeben kann. Ich bin von dieser Überlegung abgerückt, weil es dazu geführt hätte, da- von bin ich zumindest überzeugt, dass mein Gesprächspartner sehr darauf geachtet hätte, was genau er sagt, um keinesfalls einen falschen oder missverständlichen Gedanken zu äußern.

Stattdessen entschied ich mich dazu, Stichworte unseres Ge- sprächs schriftlich zu notieren. Dies tat ich aber nicht während des Treffens, sondern erst anschließend, um den Gesprächs- fluss nicht zu unterbrechen. Mir lag daran, ein flüssiges und im Laufe der Zeit vertrauensvolles Miteinander zu schaffen.

4.5. Der Gesprächseinstieg

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Zu Beginn unseres Treffens verhielt sich mein Gegenüber zu- rückhaltend und vorsichtig, gerade so, als würde er "auf der Hut sein", was der Inhalt unseres Miteinanders sein könnte. Es war offensichtlich und für mich absolut nachvollziehbar, dass Ottmar Hitzfeld in Tausenden von Interviews gelernt hatte, wie er sich möglichst wenig angreifbar macht und was er wie sa- gen kann, um jedweden möglichen Missverständnissen aus dem Weg zu gehen.

Eingangs erläuterte ich ihm, dass es mir in unserem Gespräch nicht darum gehen würde, zu erfahren, welche Erfolge er in seiner Spieler- und Trainer-Karriere erreicht hatte. Diese In- formationen kann man in vielen Fußball-Statistiken oder auch bei Wikipedia nachlesen. Stattdessen, so führte ich aus, ging es mir darum, zu erfahren, wie er, möglicherweise unbewusst, unterbewusste und subliminale Techniken genutzt hat, um die Menschen für sich zu gewinnen und so überaus erfolgreich zu werden. Dazu, so ergänzte ich, war mir wichtig zu erfahren, inwieweit möglicherweise eine Beziehung zu unserem Schöp- fer eine Rolle in seinem Leben und bei seiner Tätigkeit ge- spielt haben kann. An dieser Stelle, so hatte ich den Eindruck, habe ich mein Gegenüber irritiert. Ich weiß nicht, was er dach- te, hatte aber den Eindruck, als wenn er in diesem Moment besonders vorsichtig wurde.

4.6. Der Gesprächsverlauf

Tatsächlich entwickelte sich das Gespräch anders, als man nach den ersten zwei Minuten hätte erwarten können. Mit zu- nehmender Dauer wurde Ottmar Hitzfeld immer aufgeschlos-

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OTTMAR HITZFELD sener und offener. Es entwickelte sich, zumindest war dies mein Empfinden, ein sehr "intimes" (von lat. intimus: Freund, Vertrauter) Gespräch, das immer spannender wurde. Ich ver- mute, mein Gesprächspartner hat recht schnell gemerkt, dass er es mit einem aufrichtigen Charakter zu tun hat, der ein wirk- liches Interesse an ihm bzw. an der Seele "Ottmar Hitzfeld" hatte und hat.

Wir sprachen über sein Elternhaus, seine Schulzeit, seine Ausbildungszeit und den von ihm eingeschlagenen Weg vom Spieler zum Trainer, sowie seine Verhaltensweisen und seine Erfahrungen während dieser Zeit.

Ottmar Hitzfeld ist gut bürgerlich, sein Vater war Zahnarzt, im beschaulichen Lörrach aufgewachsen, man kann ruhig sagen "behütet". Vier ältere Geschwister, er war also das männliche Nesthäkchen, haben sicherlich zu einer Prägung beigetragen. Auf der einen Seite genießen Nesthäkchen oftmals Privilegien und müssen sich nicht alles selbst erkämpfen, wie dies bei Erstgeborenen der Normalfall ist, auf der anderen Seite ist man als "der Kleinste" immer darauf aus, die Geschwister zu übertrumpfen, gerade damit man nicht mehr "der Kleine" ist.

Sehr schnell zeigte es sich, dass Ottmar Hitzfeld ein besonde- res Talent in die Wiege gelegt wurde. Früh entwickelte er ein großes Interesse daran, möglichst viel Fußball zu spielen, und dies mit großem Erfolg. Über TUS Stetten über den FV Lörrach wechselte er als 22-jähriger zum FC Basel und wurde mit dem FC Basel auf Anhieb Schweizer Meister. In der Fol- gesaison wurde er mit diesem Verein erneute Schweizer Meis-

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ter und auch Torschützenkönig. Das war der Anfang einer be- sonderen Karriere.

Parallel schloss Ottmar Hitzfeld im Jahr 1973 ein Lehramts- studium an der Pädagogischen Hochschule in Lörrach mit dem Staatsexamen in Mathematik und Sport für das Lehramt an Realschulen ab. Ein solcher Anschluss parallel zu einer Profi-Karriere als Fußballer ist sicher etwas Besonderes. Res- pekt!

Zehn Jahre später wurde Ottmar Hitzfeld Trainer, anfänglich beim SC Zug, ab 1984 beim FC Aarau, wo er 1985 sofort den Pokal gewann und zum "Trainer des Jahres" gewählt wurde, ab 1988 dann beim Grasshopper Club Zürich, wo er innerhalb von drei Jahren fünf nationale Titel gewann.

1991 erhielt Ottmar Hitzfeld das Angebot, Trainer von Borus- sia Dortmund zu werden. Sein Vater riet ihm davon ab, gemäß dem Motto "Lieber ein Spatz in der Hand, als eine Taube auf dem Dach". Trotzdem nahm er das Angebot an und erklärte seinem Vater, dass er den Sprung nach Deutschland wagen "muss", wenn er ein großer Trainer werden will. Ottmar Hitz- feld folgte seiner Berufung und wurde in der Folge einer der erfolgreichsten Trainer der Welt.

Dass diese Karriere außergewöhnlich war, ist bekannt. Mich interessierte jedoch der Teil, der nicht offensichtlich ist, das Unterbewusste.

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4.7. Die Fragen

In unserem Gespräch wurde deutlich, dass sich mein Ge- sprächspartner mit den Fragen, die ich im Kapitel "Zum Inhalt" aufgeführt habe, bisher noch nicht beschäftigt hatte. Warum auch? Es hat sich aber gezeigt, dass das Diskutieren dieser Fragen für mein Gegenüber spannend war. Dies wurde mir insbesondere ein paar Tage nach unserem Gespräch klar, da- zu später mehr.

Was glauben Sie, wie sich Ihre frühesten Kindheitserfahrun- gen auf Ihren späteren Lebensweg ausgewirkt haben?

Ottmar Hitzfeld, so wie fast alle Menschen, konnte und kann sich natürlich nicht an jede Einzelheit aus seiner Kindheit erinnern. Die Dinge, über die wir gesprochen haben, möchte ich an dieser Stelle nicht offenbaren. Es liegt aber, dessen waren wir uns einig, auf der Hand, dass die frühesten Kleinkinderfahrungen entscheidend dazu beigetragen haben, dass Ottmar Hitzfeld sich - überwiegend unbewusst - genau so verhalten hat, wie es für ihn auf seinem Weg zu einem überragenden Erfolg hilfreich war. Besonders auffällig, dies haben wir im Ge- spräch thematisiert, war und ist für mich sein überaus höfliches und respektvolles Verhalten und Auftreten, das er ganz früh gelernt und verinnerlicht hat.

Welche unterbewussten Glaubenssätze haben Sie nach Ihrer Einschätzung mit auf Ihren Weg genommen?

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OTTMAR HITZFELD

Diese Frage kann man fast nie für sich selbst beantwor- ten. Woher weiß man üblicherweise selbst, welche Glaubenssätze man verinnerlicht hat. Um dies herauszu- finden, ist das "auseinandersetzen" und "in die Tiefe ge- hen" mit einem Coach eine zielführende Möglichkeit. Das, was wir in diesem Erstgespräch herauskitzeln konnten, war, dass Ottmar Hitzfeld ganz sicher ein tiefes Urvertrauen aus seinem Elternhaus mit auf seinen Le- bensweg genommen hat. Selbst als sein Vater Vorsicht walten lassen wollte, nämlich bei der Überlegung, die Schweiz zu verlassen, um Trainer in Deutschland zu werden, hat Ottmar Hitzfeld an sich geglaubt und sich gegen den Rat seines Vaters entschieden, um ein gro- ßer Trainer werden zu können. Dieses Vertrauen in die eigene Stärke, das eigene Können und die Zuversicht, es überall schaffen zu können, war die Grundlage in das Nachfolgende.

Welche Ihrer Eigenschaften halten Sie für Ihren Erfolg für be- sonders wichtig?

Diese Frage habe ich Ottmar Hitzfeld beantwortet, und er hat mir in der Folge nach unserem Gespräch bestä- tigt, dass ich mit meiner Einschätzung richtigliege. Das, was mir an Ottmar Hitzfeld als erstes und anschließend immer wieder aufgefallen ist, ist sein äußerst höfliches, wertschätzendes und respektvolles Verhalten. In unse- rem Gespräch haben wir einige Situationen diskutiert, bei denen diese Charaktereigenschaft der Schlüssel zum Erfolg war. Ohne dass ich an dieser Stelle Namen von beteiligten Dritten nennen möchte, hat sich Ottmar

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OTTMAR HITZFELD

Hitzfeld immer intern, also innerhalb des Vereins hinter geschlossenen Türen, mit Spielern oder Verantwortli- chen auseinandergesetzt, ohne seine Position in der Öf- fentlichkeit zu erläutern, geschweige denn sich zu ver- teidigen. Er hat dadurch bei allen Beteiligten, insbeson- dere auch bei seinen Spielern, enormen Respekt ge- wonnen. Es wird wohl kaum einen Spieler geben, der sich im Nachhinein negativ über Ottmar Hitzfeld äußern würde, ganz im Gegenteil. Seine in meinen Augen her- ausragende Kompetenz ist: Ottmar Hitzfeld ist ein Men- schenfänger in seiner positivsten Perspektive.

Wie schätzen Sie sich als Menschen (Seele) in Ihrem Verhal- ten gegenüber anderen Menschen ein?

Diese Frage betrifft seine äußerst offensichtliche Kompe- tenz, als Menschenfänger Menschen für sich zu gewin- nen. Man möchte, wenn man Ottmar Hitzfeld kennenler- nen durfte, möglichst viel mit ihm zu tun haben. Seine of- fene, ehrliche und wertschätzende Art machen ihn zu ei- nem Menschen, den man gerne um sich hat. Andere Menschen (Seelen) spüren, falls sie für eine solche posi- tive Rückmeldung nicht zu verschlossen sind, dass man Ottmar Hitzfeld vertrauen und auf ihn bauen kann. Es zeigte sich, dass mein Gesprächspartner meine Wahr- nehmung und Einschätzung dankbar aufnahm. In einer Folge-Nachricht via Whatsapp bedankte sich Ottmar Hitzfeld dafür, dass er durch unser Gespräch erkennen durfte, warum er in seinem Leben einige Dinge genau so getan hatte, wie er es tat.

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Whatsapp-Nachricht vom 31. Mai 2018, 16:55 Uhr

Welche Dinge, glauben Sie, haben Sie unbewusst getan, die dazu geführt haben, dass Sie besonders überzeugend auf Ihre Partner/Mitarbeiter/Spieler usw. gewirkt haben?

Auch bei dieser Frage hat Ottmar Hitzfeld nicht spontan eine persönliche Bewertung abgeben können, da er sich bisher mit diesem Themenkomplex wenig beschäftigt hatte. Wir sind jedoch im Gespräch zu der gemeinsamen Einschätzung gelangt, dass mein Gesprächspartner ins- besondere deshalb überzeugend auf seine Partner/ Mit- arbeiter/Spieler gewirkt hat, weil er unbewusst ganz be- sonders höflich und respektvoll agiert hat. Er hat zwar Leistung erwartet und eingefordert, aber dies immer in einer Art und Weise getan, die dazu geführt hat, dass "man" Leistung bringen "wollte". Ottmar Hitzfeld hat z.B. Kritik immer intern geäußert und Spieler niemals bloßge- stellt, selbst dann, wenn er von Spielern öffentlich kriti-

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siert wurde. Ein solch respektvolles Verhalten ist heutzu- tage selten geworden, weshalb es umso mehr auffällig ist.

Haben Sie z.B. Dinge umgesetzt, die zu einer subliminalen zielführenden Beeinflussung Ihrer Partner/Mitarbeiter/Spieler etc. beigetragen haben?

Diese Frage konnte nicht nachhaltig geklärt werden, da Ottmar Hitzfeld keine - zumindest nicht bewusst - subli- minalen Techniken und Hilfsmittel angewendet hat. Un- sere Gesprächszeit war nicht lange genug, um dieser Frage auf den Grund zu gehen. Ich bin aber davon über- zeugt, dass mein Gesprächspartner eine ganze Reihe subliminaler Techniken und Hilfsmittel genutzt hat, um bei seinen Partnern/Mitarbeitern/Spielern "das" heraus- zukitzeln und zu erreichen, was er beabsichtigt hat.

Optional (falls Sie es erlauben): Haben Sie eine Beziehung zu Gott (ich spreche meist von Schöpfer)? Hat Ihnen diese Be- ziehung auf Ihren und auf Ihrem Weg geholfen?

Bei dieser Frage reagierte Ottmar Hitzfeld im ersten Moment perplex und vorsichtig. Kein Wunder, denn schließlich ist eine solche Frage bisher sicher kein The- ma in einem Interview gewesen. Nachdem ich ihm je- doch meine Ansicht und meine Überzeugung dargelegt habe, entspannte mein Gesprächspartner und ging so- gar ausführlich auf meine Frage ein. Ottmar Hitzfeld ist ein gläubiger Mensch, der eine enge Beziehung zu un- serem Schöpfer pflegt (soviel darf ich dazu sagen). Wir

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OTTMAR HITZFELD

haben in diesem Punkt einige Gemeinsamkeiten feststel- len dürfen. Auch ich bin zu 100% davon überzeugt, dass wir nicht durch eine zufällige Ansammlung und Verknüp- fung von Aminosäuren entstanden sind, sondern dass es einen Schöpfer für "alles" gibt. Unser Vertrauen in die- sen Schöpfer bildet die Basis für unser Denken und Handeln. Ottmar Hitzfeld gehört in dieser Beziehung ganz sicher zu den Menschen, die in meinen Augen das große Glück haben, "zu vertrauen".

4.8. Nach dem Gespräch

Es war ein äußerst angenehmes Kennenlernen, meine Frau und ich fühlten uns in der Gegenwart von Ottmar Hitzfeld sehr wohl. Nach dem Treffen verabschiedeten wir uns herzlich, oh- ne zu versäumen, noch ein paar Fotos von Ottmar Hitzfeld und mir machen zu lassen. Anschließend fuhren meine Frau und ich bei strahlendem Sonnenschein zurück nach Dort- mund.

4.9. Einschätzung

Ottmar Hitzfeld ist nach meiner festen Überzeugung, so habe ich ihn in jedem Moment wahrgenommen, eine liebevolle und fürsorgliche Seele mit der Tendenz, die Bedürfnisse anderer vor die seiner selbst zu stellen. Er ist verantwortungsbewusst und vertrauenswürdig mit einer hohen Empathie für Gerech- tigkeit und Ehrlichkeit. Die Pflicht wird ihm, das ist mein Ein- druck, sein ganzes Leben lang folgen und ihn manchmal ein

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OTTMAR HITZFELD wenig belastet haben. Aber auch in schwierigen Situationen hatte und hat Ottmar Hitzfeld glücklicherweise, davon bin ich überzeugt, immer ein Ass im Ärmel, nämlich, dass Menschen in seinen warmen und liebevollen Ausdruck gezogen wurden.

Ottmar Hitzfeld hat, davon war ich schon immer überzeugt, ein tief verwurzeltes intuitives Gefühl für Respekt, Höflichkeit und Wertschätzung. Er ist nach meiner Wahrnehmung unbewusst oftmals richtige Wege gegangen, ohne die Entscheidungen und das eigene Verhalten bewusst zu hinterfragen. Stattdes- sen fühlte es sich für ihn auf einer ihm unbewussten Ebene richtig an, die ihm anvertrauten Menschen, insbesondere die Spieler während seiner Trainerkarriere, zu fördern, zu schüt- zen und zu unterstützen, ohne sich hierbei selbst in den Vor- dergrund zu rücken, geschweige denn sich selbst zu überhö- hen.

Ottmar Hitzfeld wirkte auf mich selbstaufopfernd, beschützend und loyal. Er verkörperte nach meinem Gefühl die Qualitäten der Fürsorge, des Teilens, der Toleranz und des Mitgefühls. Die Sensibilität für die Gefühle und Sorgen anderer half ihm, so meine Überzeugung, intime, lohnende Beziehungen aufzu- bauen.

Ottmar Hitzfeld hat, das ist zumindest mein Verdacht, auch ei- ne künstlerische Seite. Harmonie und Schönheit stehen ganz oben auf seiner Prioritätenliste. Er hat nach meiner Einschät- zung die Gabe des Selbstausdrucks in Bereichen wie Schrei- ben, Poesie oder Kommunikation. Auch die darstellenden Künste ziehen ihn nach meiner Meinung an.

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Wahrscheinlich hat er sogar ein musikalisches Talent, aber die kreativen Talente blieben womöglich manchmal unentwickelt oder wurden unterdrückt, weil er dazu neigte, seine Zeit und sein Vergnügen dem Dienst an anderen zu "opfern". Trotzdem war er nach meinem Gefühl sehr kreativ in allen Lebensberei- chen, insbesondere im visuellen Bereich.

Mein Verdacht ist, dass Ottmar Hitzfeld sogar eine (der Allge- meinheit unbekannte) natürliche Gabe hat, mit Blumen, Gärten und Tieren umzugehen. Speziell vermute ich eine große Liebe zu Kindern. Ich würde ihn als Idealisten beschreiben, vor allem in Bezug auf Ehe, Freundschaft und Menschlichkeit.

Wahrscheinlich ist Ottmar Hitzfeld befähigt, Gegensätze in Einklang zu bringen. Womöglich ist er einzigartig qualifiziert, mit Widersprüchen umzugehen und sie in sich zu integrieren, um einen Frieden zwischen gegensätzlichen Standpunkten oder inneren Konflikten innerhalb des Selbst schaffen.

Während Ottmar Hitzfeld nach meinem Eindruck sehr idealis- tisch sein kann, kann es sein, dass er sich vor aufdringlichen Verhaltensweisen, z.B. von Fans, schützen muss. Umgekehrt kann er wahrscheinlich sehr schnell das Problem eines ande- ren Menschen verstehen, sich in dessen Situation hineinfühlen und eine kreative Lösung finden.

Seine angeborene Fähigkeit, Komfort und Wärme zu geben, kann verletzte Gefühle wie ein heilender Balsam glätten. Er zieht in enormem Maße Liebe und Wertschätzung an. Und das zu Recht, denn er gibt umgekehrt das Gleiche auffällig herzlich und nachhaltig.

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OTTMAR HITZFELD

Ottmar Hitzfeld wäre ein hervorragender Lehrer (vor allem für kleine Kinder oder in der Sonderpädagogik) geworden, aber letztendlich wurde er das auch, nämlich Fußball-Lehrer. Er kann definitiv geschäftlich erfolgreich sein, vor allem im Um- gang mit Menschen.

Ottmar Hitzfeld liebt nach meinem Eindruck "eine gute Zeit". Er wirkt auf mich im Allgemeinen glücklich, freundlich und kon- taktfreudig. Er inspiriert und unterhält Menschen. Ich behaupte sogar, er wird von vielen als ein großartiger Begleiter betrach- tet. Zu seinem Glück hat er als Fußballtrainer ein gutes menta- les und emotionales Gleichgewicht, und es gibt, glaube ich, wenig, was ihn aus der Bahn werfen könnte.

Ottmar Hitzfeld benötigt Disziplin, um seine Fähigkeiten voll auszuschöpfen. Zu oft kann er ansonsten, so mein Verdacht, seine Energien in viele Richtungen streuen, Projekte begin- nen, die nicht abgeschlossen werden. Sein Erfolg hängt von seiner Fähigkeit ab, sich für seine Arbeit zu engagieren und sie bis zur Vollendung zu begleiten. Er hat so viel Kreativität und inspirierende Aufwärtsenergie, dass er nach meiner Ein- schätzung einen Anker nutzen "musste". Harte Arbeit und Dis- ziplin dienten diesem Zweck und brachten das Beste aus ihm heraus.

Ottmar Hitzfeld hat ganz sicher das Potenzial, ein sehr erfüll- tes und erfolgreiches Leben zu führen, dank seines Talents für (künstlerischen) Selbstausdruck. Der Schlüssel zu seinem Er- folg war die Balance zwischen den kreativen Kräften und der Selbstdarstellung.

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OTTMAR HITZFELD

Ottmar Hitzfeld kann man zweifelsfrei als attraktiv bezeichnen. Er ist voller Leben, wirkt erhebend, inspirierend und charmant. Sein wahres naturell ist positiv, man mag in seiner Nähe sein. Er schätzt feine Kleidung und Schmuck und genießt es, sich ein wenig zu verkleiden. Wahrscheinlich mag er - etwas ver- steckt - Glamour und wirkt auf Frauen anziehend. Ich denke, er ist ein Romantiker, der gerne gibt und liebevoll ist.

Er hatte nach meiner Einschätzung, auch wenn ich dies nicht vollumfänglich beurteilen kann, eine ausgeprägte "Glücks- strähne", die ihm sein ganzes Leben lang viele Chancen gebo- ten hat. Wahrscheinlich war und ist er auch ein talentierter Geschäftsmann und kann methodisch an der Verwirklichung seiner Ziele arbeiten. Er hat nach meiner Meinung die Gabe, sich selbst zu fördern und andere zu inspirieren. Mit harter Ar- beit war dies die Grundlage für seinen "garantierten" Erfolg, der ihm von nahezu allen Menschen, die ihn auf seinem Weg begleiten durften, von Herzen gegönnt wurde und wird.

4.10. Danke

Ich darf mit Fug und Recht behaupten, dass dieses Treffen mit Ottmar Hitzfeld einen bleibenden Eindruck bei meiner Frau und mir hinterlassen hat. Ich möchte Ottmar Hitzfeld aus tiefs- tem Herzen für das angenehme, spannende und liebevolle Treffen danken. Ein wirklich mehr als angenehmer Mensch, der uns mit seiner höflichen, respektvollen, wertschätzenden und liebenswürdigen Art sehr beeindruckt hat.

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OTTMAR HITZFELD

Thomas Martin Windelschmidt und Ottmar Hitzfeld im Swissotel Le Plaza in Basel am 30. Mai 2018

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