Funktionen von Inseln in der limnischen Kulturlandschaft Norddeutschlands – Vorbericht zu einem interdisziplinären Forschungsprojekt an der Chistian-Albrechts-Universität zu Kiel

Functions of islands in the limnic cultural landscape of Northern – preliminary report on a interdisciplinary research project at the Christian-Albrechts-Universität Kiel

Ralf Bleile, Ulrich Müller, Walter Dörfler, Florian Huber, Phillip Lüth, Ines Reese und Magdalena. Wieckowska

Zusammenfassung Begehungen, Tauchuntersuchungen, Bohrungen und Ausgrabungen auf und vor mehr als 30 Inseln in einem 20 x 30 km großen Seegebiet in Schleswig- lieferten Hinweise auf die Einbindung dieser abgelegenen Orte vor allem in die steinzeitliche und slawenzeitliche jedoch ebenso in die bronzezeitliche und eisenzeitliche Kulturlandschaft. Studien zur Siedlungsentwicklung im gesamten Untersuchungsgebiet und die im Rahmen dieses Projektes erstellten Wasserspiegelkurven sollen es in der Zukunft ermöglichen, naturräumliche und kulturelle Faktoren herauszuarbeiten, die sowohl die ermittelten kontinuierlichen als auch die diskontinuierlichen Inselnutzungen beeinflussten. Ziel des Projektes ist es schließlich, prägende Faktoren der Inselnutzungen zu erkennen und diese Orte als strukturelle Komponente der limnischen Kulturlandschaft herauszustellen.

Zusammenfassung Begehungen, Tauchuntersuchungen, Bohrungen und Ausgrabungen auf und vor mehr als 30 Inseln in einem 20 x 30 km großen Seegebiet in Schleswig-Holstein lieferten Hinweise auf die Einbindung dieser abgelegenen Orte vor allem in die steinzeitliche und slawenzeitliche jedoch ebenso in die bronzezeitliche und eisenzeitliche Kulturlandschaft. Studien zur Siedlungsentwicklung im gesamten Untersuchungsgebiet und die im Rahmen dieses Projektes erstellten Wasserspiegelkurven sollen es in der Zukunft ermöglichen, naturräumliche und kulturelle Faktoren herauszuarbeiten, die sowohl die ermittelten kontinuierlichen als auch die diskontinuierlichen Inselnutzungen beeinflussten. Ziel des Projektes ist es schließlich, prägende Faktoren der Inselnutzungen zu erkennen und diese Orte als strukturelle Komponente der limnischen Kulturlandschaft herauszustellen.

Einleitung Noch immer besteht allerdings gegenüber den traditionsreichen Forschungen zu neolithischen Seit jeher zieht es den Menschen an Seen und und bronzezeitlichen Seeufersiedlungen des Al- Flüsse: sie bieten Nahrungsressourcen, sind penraumes (Menotti 2004) oder den irischen Wege für Kommunikation und Gütertausch, und schottischen lake-settlements und crannogs heilige Orte, Siedlungs- und Rückzugsregionen. (Hale 2004; O´Sullivan 1998) Nachholbe- Durch ihre vielfältige Nutzung entstanden lim- darf. nische Kulturlandschaften. Im Gegensatz zur Das Forschungsprojekt „Funktionen von In- maritimen Kulturlandschaft des Nord- und seln in den Binnengewässern der holozänen Ostseeraumes, die spätestens seit den program- Siedlungslandschaft Schleswig-“ am matischen Schriften Christer Westerdahls (zu- Lehrstuhl für frühgeschichtliche Archäologie sammenfassend: 1997) Gegenstand diachroner des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der und synchroner Studien ist, sind die Binnenge- Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, das wässer Norddeutschlands erst in jüngerer Zeit seit 2007 von der DFG gefördert wird, leistet mit Blick auf Inselnutzungen und die Ent- sowohl einen Beitrag zur interdisziplinären Um- wicklung von Flusslandschaften in den Fokus weltforschung, als auch zur Kulturlandschafts- gerückt (zusammenfassend: Gringmuth-Dal- forschung, indem es archäologische, historische, lmer 2007; Biermann 2007; Bleile 2008). palynologische und pedologische Methoden 15 NAU 15 2009

ten den Zeitraum einer Inselnutzung, sondern zielten meist auf die Analyse spätglazial-holo- zäner Entwicklungen (z.B. Kaiser 2001; Lo- renz 2007). Sie sind häufig aus der Perspektive der Inselnutzungen nur bedingt aussagekräftig, da die betreffenden Perioden selten hochauflö- send herausgearbeitet wurden. In diesem Forschungsprojekt geht es vorran- gig darum, Fundplätze auf Inseln in Binnen- gewässern zu lokalisieren, zu datieren, zu cha- rakterisieren und in die Siedlungslandschaft einzuordnen. Palynologische, pedologische und archäologische Informationen flossen in die Er- stellung von Wasserspiegelkurven ein. Durch den Vergleich der gewonnenen Erkenntnisse mit ähnlichen Erscheinungen im circumbaltischen Raum, im Alpenraum und in der irischen und schottischen Seenlandschaft werden prägende Faktoren einer Inselnutzung eingegrenzt und Abb. 1: Ostholsteinische Seenplatte mit Darstellung der wichtigsten Seen im Arbeitsge- biet (Grafik Ph. Lüth, Kiel) diese Orte als strukturelle Komponente der lim- nischen Kulturlandschaft herausgestellt.

Mehr als 360 Seen prägen die Jungmoränen- und Quellen bündelt und unter den zentralen Landschaft Schleswig-Holsteins besonders in Fragestellungen nach den holozänen Wasser- den Landkreisen Ostholstein, Plön und Segeberg spiegelschwankungen und der Nutzung von (Stähr 1998). Sie sind zumeist im Spätglazial Inseln auswertet1. Hauptziel der diachron an- entstanden, als die Gletscher der Weichselkalt- gelegten Untersuchung ist es, Ursachen für die zeit abschmolzen. Gletscherzungenbecken, Tot- Nutzung von Inseln anhand exemplarischer Ge- eislöcher und ausgekolkte Schmelzwasserrinnen wässerregionen herauszuarbeiten und diejenigen füllten sich seit dem Präboreal mit Wasser. Kriterien zu erfassen, die Aufschlüsse über die Mit dem Boreal beginnt ein bis heute anhal- Funktion der Inselnutzungen geben können. tender Seespiegelanstieg, der im Atlantikum Die Konzeption des Projektes basierte auf den eine Geschwindigkeit von 1–2 m pro Jahrtau- vielfältigen Hinweisen zu Inselnutzungen im send erreichte. Waren bis zum Subatlantikum Verlaufe des Holozäns, die durch die Feuchtbo- Klimaschwankungen und geomorphologische den- und Unterwasserarchäologie in Europa zu- Veränderungen für sinkende oder steigende See- tage gefördert wurden. So spiegeln beispielsweise spiegel verantwortlich, so sind spätestens ab die- die slawischen Inselburgen in Norddeutschland, sem Abschnitt auch die Folgen anthropogener die Crannogs in Irland und Schottland oder Landnutzung daran beteiligt. Einen direkten die Inselsiedlungen des Alpenraumes kulturelle Eingriff in die Gewässerlandschaft durch den Reaktionen auf ökonomische, ökologische und Menschen ist allerdings in Norddeutschland soziologische Prozesse, die in der Gewässerland- erst mit dem Bau von Wassermühlen seit dem schaft einen Niederschlag gefunden haben. Sie späten 12. Jahrhundert nachweisbar (Kaiser sind signifikante Bestandteile einer limnisch 2001; Lorenz 2007). geprägten Kulturlandschaft. Wie bei der inter- Als Kernzone des Forschungsprojektes wurde nationalen Tagung „Inseln in der Archäologie“ ein etwa 20 x 30 km großes Gebiet mit dem deutlich wurde, fehlt es allerdings nicht nur in Großen Plöner See im Zentrum ausgewählt. In Norddeutschland an einer diachronen Zusam- diesem Areal, das sowohl Teile der Ostholstei- menführung solcher Befunde (Inseln 2000). nischen als auch der Wankendorfer Seenplatte Paläohydrologische Studien fokussierten sel- erfasst, befinden sich mehr als 100 Seen und Teiche (Abb. 1). In 16 Seen gibt es insgesamt 63 Inseln, allein 25 im Großen Plöner See. Alle 1 Antrag DFG Mu 1077/9-2 durch U. Müller (Kiel), R. Seen sind an das Gewässersystem der Schwen- Bleile (Schleswig), W. Dörfler (Kiel). Siehe auch uberH / tine angeschlossen, die bei Kiel in die Ostsee Lüth/Wieckowska 2009a; dies. 2009b; Wieckowska/ einke üth Lüth/Huber 2009 sowie www.inselnutzungen.uni-kiel. mündet (R 1996; L 2010 i. Dr.). Das de. Einzugsgebiet der besteht aus der

16 Funktionen von Inseln in der limnischen Kulturlandschaft Norddeutschlands

Alten Schwentine im Westen und der Bungs- prospektiert werden. Bei der Begehung wurden berg-Schwentine im Norden und Osten. Durch zunächst die Morphologie der Insel, die Vegeta- zahlreiche Wehre und Mühlenstaus des Mittel- tion und die Beschaffenheit des Ufers protokol- alters und der Neuzeit (Karstens 1990) ist die liert sowie Lesefunde erfasst. Aufgrund rezenter hydrologische Situation sowohl der Fließgewäs- metallischer Abfallhäufung war eine Begehung ser als auch der Seen heute stark anthropogen mit Metalldetektor oftmals nicht erfolgreich. überprägt (Abb. 2). Insgesamt entwässert das Die Anzahl der anschließenden Bohrungen System eine Fläche von 72.800 ha, davon 8000 mit einem Pürckhauer-Bohrschwert richtete ha Seefläche (Muuss/Petersen/König 1973). sich nach Größe und Morphologie der Insel. Die Seenkette der Alten Schwentine ist darüber Sie dienten der Klärung der Zusammensetzung hinaus von Bedeutung, als sie Teil des früh- und des Inselkörpers und dem Auffinden von Torf- hochmittelalterlichen war und somit die Grenze zwischen sächsischem und sla- 114,5m wischem Siedlungsgebiet markiert. Im Zuge der 40 Sterndorfer See hochmittelalterlichen Transformationsprozesse Sterndorfer See Gr. Eutiner See Eutiner Gr. Sibbersdorfer See Gr. Eutiner See Eutiner Gr. Sibbersdorfer See Kellersee Kellersee Behler See Dieksee Behler See Dieksee Gr. Plöner See Plöner Gr. gehört dieses Gebiet zu denjenigen Regionen in See Plöner Gr. Kronsee Kronsee Kl. Plöner SeeKl. Plöner Kl. Plöner SeeKl. Plöner Lanker See Lanker See Fulensee Fulensee Kirchsee Kirchsee Schleswig-Holstein, in denen der Landesausbau 20 früh erfolgte.

Ostsee 0 Außer der flächendeckenden und alle holozä- Mühle Fissauer Malenter Mühle Malenter Rastorfer Mühle

nen Perioden erfassenden Fundplatzkartierung Mühle Wahlstorfer -20 anhand der archäologischen Landesaufnahme Kiel–Neumühlen Oppendorfer Mühle sowie dem Sammeln aller bekannten Infor- Fegetasche Wassermühle Wassermühle, Lübecker Straße Lübecker Wassermühle, mationen zur Gewässerentwicklung in diesem -40 Gebiet standen Feldforschungen auf den Inseln 60 50 40 30 20 10km mNN im Vordergrund (Abb. 3). Durch Begehungen, Bohrungen und Sondagegrabungen waren Nut- zungsphasen zu ermitteln und die Erhaltung von Kulturschichten zu verifizieren. Die syste- Abb. 2: Rezente Seespiegelhöhen und Quelle, Grimmelsberg Quelle, matische Beprobung der Bohrungen und auf- Grimmelsberg Quelle, Bornhöveder See Bornhöveder Bornhöveder See Bornhöveder Belauer See Belauer See Staustufen im Ver- Schmalensee Stolper See Stolper geschlossener Stratigraphien war die Basis für See Stolper 30 Mündung in die „Neue“ Schwentine lauf der - Mündung in die „Neue“ Schwentine Postsee Postsee palynologische Studien, die sowohl den Kennt- Schwentine und der 20

nisstand zu den Nutzungsphasen erweiterten Alten Schwentine Mühle 10

(Grafik H. Diete- Depenauer Kiel–Neumühlen Kiel–Neumühlen als auch in vergleichende Untersuchungen zur Mühle Perdöhler rich, Kiel). Klostermühle 0 Ermittlung wechselnder Wasserstände einflos- 40 30 20 10km mNN sen. Die Methodik der von November 2007 bis Oktober 2008 andauernden Geländearbeiten ist als amphibisch zu bezeichnen, denn es wa- ren sowohl die rezenten Geländeoberflächen der Inseln zu erfassen als auch die subaquatischen Areale davor. Bei den Geländearbeiten waren zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen. Einige Inseln werden bewohnt oder durch Viehweide genutzt. Die meisten Inseln im Arbeitsgebiet ge- hören zu Natur- und Landschaftsschutzgebieten mit Betretungsverbot oder eingeschränktem Be- tretungsrecht, dass sich nicht nur auf den terres- trischen Bereich, sondern auch auf das Gewässer ausdehnt. Insbesondere Teile des Großen Plöner Sees stehen unter sehr striktem Naturschutz, der eine Begehung der Inseln nur etwa vier Wochen im Jahr ermöglicht. Die Sondierungen mussten aus diesem Grund überwiegend in den Herbst- und Wintermonaten erfolgen. Trotzdem konn- ten insgesamt 34 der 65 Inseln des Arbeitsge- biets nach einem schematisierten Vorgehen Abb. 3: Fundstellen auf Inseln im Arbeitsgebiet (Grafik Ph. Lüth, Kiel). 17 NAU 15 2009

und Kulturschichten, die anhand des Bohrgutes Fallbeispiele eingemessen und für Pollenanalysen und 14C- Datierungen beprobt wurden. Die Flachwasser- Nachfolgend werden einige Resultate dieser gebiete sind bis etwa 0,5 m Tiefe mit Hilfe eines Feldarbeiten vorgestellt, wobei keine Vollstän- so genannten Guckkastens (PVC-Kasten mit digkeit in der Befund- und Fundbeschreibung Plexiglasboden) beobachtet worden. Bis etwa 2 erzielt werden soll, sondern vielmehr die teilwei- m Wassertiefe kam lediglich ABC-Ausrüstung se überraschenden Resultate im Vordergrund zum Einsatz. Erst ab dieser Tiefe und bei der Do- stehen. Es ist außerdem darauf hinzuweisen, kumentation lokalisierter Befunde erfolgte der dass die Auswertung der Befunde und Funde Taucheinsatz mit autonomem Leichttauchgerät noch andauert. Auch die Einordnung und Be- durch Forschungstaucher der Arbeitsgruppe für wertung der Resultate wird zu einem späteren maritime und limnische Archäologie (AMLA). Zeitpunkt erfolgen (Lüth i. Vorb.; Wieckows- In über 200 Tauchgängen konnten 22 Inseln in ka i. Vorb.). acht Seen prospektiert und zum Teil untersucht werden. Dazu wurden die Inseln in Wassertiefen zwischen 2–8 m systematisch umrundet, Funde Großer Plöner See und Befunde mittels Lasertachymeter oder GPS eingemessen, foto- und videografiert sowie rele- Das Seensystem des Großen Plöner Sees umfasst vante Messdaten erhoben. neben dem namengebenden See den Bischofssee

Abb. 4: Zeit-Tiefen-Diagramm mit dem rekonstruierten Seespiegel des Großen Plöner Sees, Schleswig-Holstein (Grafik H. Dieterich, Kiel).

18 Funktionen von Inseln in der limnischen Kulturlandschaft Norddeutschlands und den Stocksee; zum Seensystem des Klei- nen Plöner Sees gehört der Trammer See. Alle 10 -10 0

Seen sind Teil des Flusssystems der Bungsberg- -10

10 Schwentine. Der Große Plöner See bedeckt 0 eine Fläche von 28,4 qkm; seine maximale -10 10

Tiefe beträgt 58 m, wobei er mit einer durch- 10 0 Olsborg schnittlichen Tiefe von rund 13,5 m durchaus 20

20 -10

tief ist. Mit einem Einzugsgebiet von etwa 382 10 20 10 0

10 qkm (Teileinzugegebiet: 196 qkm) hat der als 10 kalkreicher, geschichteter Tieflandsee geltende 10

0

Große Plöner See ein relativ kleines Einzugsge- 10 biet. Die lang gezogene Prinzeninsel trennt den 0 See in einen Ost- und einen Westteil. Durch un- 0 terseeische Erhebungen stark gegliedert, besteht -10 10 10 r e rd a

er aus zwei Hauptbecken – dem Plöner und dem W

20 r 10 e n e b le h 10 20 u Ascheberger Teil. Die Schwentine durchfließt R den nördlichen Teil des Sees von Osten nach 0 Westen. Der Wasserspiegel hat in der Vergan- 500 m genheit mehrfach geschwankt beziehungsweise Abb. 5: Bathymetrie des ist verändert worden (Kiefmann 1978). Eine nordöstlichen Großen Auswertung aller zur Verfügung stehenden Plöner Sees (Grafik Quellen hat zu einer detaillierten Seespiegelkur- Die Bathymetrie des Großen Plöner Sees ist I. Reese, Kiel). ve geführt. So sind einerseits die Höhenlagen recht kompliziert; auf der Basis von Tiefenlo- fossiler Kliffs und Uferterrassen berücksichtigt tungen aus dem Jahr 1973, Flachwassermes- worden, andererseits wurden unterseeische Tor- sungen der Universität Hamburg aus 2007 und fe und über dem heutigen Wasserstand erhaltene eigenen Erhebungen konnte ein Tiefenmodell Seesedimente vermessen und datiert, um ehe- generiert werden, dass als Grundlage für die malige Wasserstände zu rekonstruieren. Durch Berechnungen der Seespiegelschwankungen die Pollenanalyse konnte sowohl eine Ansprache des Großen Plöner Sees dienen wird2. Beson- des Ablagerungsmilieus als auch eine grobe Da- ders die 2007 von der Universität Hamburg, tierung erzielt werden. Viele Torfe sind zudem Arbeitsgruppe Populationsökologie, Nutzpflan- 14C-datiert und einige Hölzer dendrochrono- zenbiologie und Ökologie aufgenommen Flach- logisch. Daneben gibt es archäologische Funde wasserdaten boten im Bereich von 0–6 m eine und Befunde sowie historische Quellen über höhere Auflösung. Sie bestehen aus 50 000 Mes- Aufstauungen und Absenkungen, die als relativ spunkten in den Bereichen um 0–6 m Tiefe und gut datierte Marken in eine Wasserstandskurve punktuellen Profilen in tieferen Seebereichen. eingetragen werden konnten (Dörfler 2009). Weitere Grundlagen für die Bearbeitung lagen All diese Quellen haben zur Aktualisierung der in Form der Isobathen-Karte von Kiefmann Wasserstandskurve für den Großen Plöner See (Kiefmann/Müller 1977) vor, und Krambeck beigetragen (Abb. 4). Die Zusammenstellung (1979) publizierte eine weitere Isolinien-Kartie- zeigt, dass neben Schwankungen im Neolithi- rung des Großen Plöner Sees. Beide wurden für kum und der Römischen Kaiserzeit häufig auch Ausgleich- und Analysezwecke herangezogen. Überflutungen aufgetreten sind, die als Einzele- Die über 160 analog aufgezeichneten Scans und reignisse Sandschichten abgelagert haben. Profile der Lotfahrten der 1970er Jahre wur- Der Kleine Plöner See, dessen maximale Tiefe den digitalisiert und in UTM und bzw. GK rund 31 m und dessen mittlere Tiefe rund 9 m DHDN3 ausgegeben, wobei für das aktuelle beträgt, weist mit 399 qkm ein im Vergleich Modell insgesamt 117 Lotprofile benutzt werden zum Großen Plöner See recht großes Einzugsge- konnten (Abb. 5). Nicht für jede Tiefenmessung biet auf. Die Seen sind auch heute noch erheb- lichen Wasserstandschwankungen unterworfen. So lagen die Höchstwasserstände im Zeitraum 2 Für die Bereitstellung der Daten der Flachwassermes- 1997/2007 bei 21,39 m üNN (Großer Plöner sungen danken wir Dipl.-Geogr. Wiebke Schönberg, Universität Hamburg, Department Biologie, Bio- See) und 20,58 m üNN (Kleiner Plöner See). zentrum Klein Flottbek, Abt. Pflanzenökologie und Die niedrigsten Wasserstände wurden bei 20,75 Nutzpflanzenbiologie. Die Umrechnung der Daten der 1970er Jahre wurde von Sebastian Salz, Institut für Ur- m üNN (Großer Plöner See) und 19,19 m ü. und Frühgeschichte, CAU Kiel vorgenommen, wofür NN (Kleiner Plöner See) gemessen. wir ihm herzlich danken. 19 NAU 15 2009

lag der Tagespegelstand vor, daher wurde dann und/oder limnisch prospektiert. Neben der mit- von einem mittleren Wasserstand von 21,01 m telslawischen Anlage von Scharstorf am Schar- ausgegangen. Da der bei den Messfahrten tiefste see liegen mit den slawenzeitlichen Fundplätzen gemessene Pegel 20,78 m über NN betrug, liegt von Bosau-Bischofswarder und der Olsborg im der maximal Höhenfehler für ein Profil bezogen Großen Plöner See zwei wichtige Zentralplät- auf dieses Kriterium bei +23 cm. Für die Erstel- ze des 8.–12. Jahrhunderts vor, die archäolo- lung des Tiefenmodells in Form eines TIN wur- gisch als gut untersucht gelten können (zuletzt: den sechs Shapes verwendet: Müller/Kleingärtner 2010). Der Burgwall • ein Shape mit den Punkten der Flachwas- und die beiden Flachsiedlungen von Bosau-Bi- servermessung, schofswarder standen in den 1970er Jahren im • die verbliebenen 117 Lotfahrten (beides Blickpunkt eines Teilprojektes des „Sonder- Massenpunkte), forschungsbereiches 17“, in dem diachron die • in den Bereichen ohne Beobachtung die frühgeschichtliche Siedlungsentwicklung im dort passenden Tiefenlinien der digitalisierten östlichen Schleswig-Holstein untersucht wurde. Kiefmann-Isobathenkarte (Massenpunkte). Während die Siedlung Bosau-Möhlenkamp fast Die Abgrenzung der Inseln im See erfolgte über vollständig ergraben wurde, ist von der suba- Uferpunktshapes und Uferlinien. Zur Eingren- quatisch liegenden Siedlung Bischofswarder- zung der Interpolation wurde ein auf 21 m ü. „Slawendorf“, über einige Holzbefunde hinaus, NN gesetztes Uferpolygon des Großen Plöner kaum etwas bekannt. Mit Dendrodaten aus dem Sees verwendet. Für die Karte in Abbildung 4 ersten Drittel des 8. Jahrhunderts ist Bosau-Bi- wurde aus Darstellungsgründen eine Äquidis- schofswarder für die frühslawische Siedlungsge- tanz von 3 m für die Isolinien gewählt, für die schichte jedoch von großer Bedeutung (zuletzt: Flachwasserbereiche können weit höhere Auf- Dulinicz 2006). In unmittelbarer Nähe zu dem lösungen gewählt werden (bis 0,2 m), die in frühslawischen Siedlungsplatz gelegen, konnten kleineren Kartenausschnitten eine individuelle auf der Insel Olsborg südöstlich der heutigen Bearbeitung z.B. einzelner Inselkörper wie der Stadt Plön Reste einer slawischen und frühdeut- Olsborg ermöglicht (Abb. 6). Dies ist vor allen schen Siedlung aufgedeckt werden (Abb. 7.1). Dingen vor dem Hintergrund wichtig, dass sich Der Platz ist sehr wahrscheinlich mit dem ins- einige Beträge der Seespiegelschwankungen nur besondere durch Helmold von Bosau erwähnten um 20 cm unterscheiden und eine Visualisie- „Castrum Plunense“ identisch, auch wenn Hin- rung besonders in den flachen Uferbereichen weise auf eine Burganlage bislang fehlen (Bleile des Großen Plöner Sees Auswirkungen zeigen u.a. 2009; Müller/Kleingärtner 2010). Die würden. Olsborg stand über kleinere Sondagen in den 1950er Jahren hinaus in den Jahren 2004–2009 Im Rahmen des Projektes wurden von den 25 im Mittelpunkt von Grabungen (Friedland Inseln im Großen Plöner See 19 terrestrisch 2009; Müller i. Dr. 2010). Weiterhin fanden Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jah- re taucharchäologische Untersuchungen an einer spätslawenzeitlichen Brücke statt, die im Nordosten die Insel mit dem Festland verband (Wilke 2009). Die Inselsiedlung bestand vom frühen 10. Jahrhundert bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts und war zumindest in spätslawi- scher Zeit über eine Brücke mit dem Festland verbunden. Nach Ausweis der Befunde (Brücke; differenzierte Bebauung mit Pfostenbauten und thermischen Anlagen; möglicher Kultplatz) so- wie des hochwertigen Fundmaterials kann der Platz als spätslawische Zentralburg überregio- naler Bedeutung im Grenzbereich des Limes Saxoniae charakterisiert werden. Zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert hat er einen Struktur- wandel durchlaufen. Über die Befunde auf der Insel und der Brücke (Abb. 7.2) hinaus konnten Abb. 6: Großer Plöner See, Kr. Plön. Berechnete Bathymetrie des durch taucharchäologische Untersuchungen an Umfeldes der Insel Olsborg (Grafik I. Reese, Kiel). der Westseite der Insel 80 Holzpfähle entdeckt

20 Funktionen von Inseln in der limnischen Kulturlandschaft Norddeutschlands werden (Abb. 7.1), die in einer Reihe an der Abbruchkante der Insel in 4–1 m Wassertiefe verliefen. Bei den Pfählen handelte es sich um Hölzer unterschiedlicher Durchmesser (4–21 cm). Einige Pfähle ragten mehrere Dezimeter aus dem Grund, andere nur noch wenige Zen- timeter. Im unmittelbaren Bereich des Pfahlver- laufs konnten diverse Knochen und Keramik geborgen werden. Zu Datierungszwecken wur- den zwei Pfähle geborgen. Eine dendrochrono- logische Untersuchung in Hamburg erbrachte keine Ergebnisse, die 14C-Untersuchung am Leibniz-Labor für Altersbestimmung und Iso- topenforschung der CAU Kiel datiert die Höl- zer in den Zeitraum 1063–1155 cal. AD (KIA 37081). Im Vergleich mit den, von Wilke vor- gelegten, dendrochronologischen Datierungen der Brücken, die vom späten 10. bis ins späte 11. Jahrhundert reichen, bildet diese Datierung die späteste Phase der Inselnutzung ab (vgl. Wilke 2009, 135 Abb. 8). Nach derzeitiger Einschät- zung dürfte es sich bei der Pfahlreihe um eine slawenzeitliche Uferbefestigung handeln. Die Lage parallel zur heutigen Ausdehnung des Abb. 7.1: Olsborg, Kr. Plön. Insel und Holzpfähle im Südwesten (Grafik P. Lüth, Kiel). Flachwasserbereiches lässt darauf schließen, dass die Insel in slawischer Zeit, also vor dem Auf- stauen des Großen Plöner Sees, deutlich größer als heute gewesen ist. Darauf weisen auch die Ergebnisse der Wasserstandsrekonstruktionen (Dörfler 2009) sowie der Bohrungen auf der Olsborg (Müller i. Dr. 2010) hin. Das Ergeb- nis erstaunt in vielerlei Hinsicht, da die Struk- turen vor einem Inselbereich liegen, der nach Ausweis der Bohrungen kaum anthropogen überformt worden ist. Soweit bekannt, scheint der Schwerpunkt der Besiedlung im Bereich der Inselmitte sowie im Nordosten der Insel gelegen zu haben. Allerdings ist durch die mittelalter- liche und neuzeitliche Überstauung in nicht unerheblichem Maße mit Erosion zu rechnen, die die Fundüberlieferung und das heutige Bild Abb. 7.2: Olsborg, nachhaltig überformt hat. Kr. Plön. Östlicher Bereich der Insel mit Verlauf der Brücke (Grafik I. Großer Eutiner See Reese, Kiel, nach Wilke 2009, 132 Der Große Eutiner See, in der Holsteinischen Abb. 4). Schweiz nordöstlich der Stadt Eutin gelegen, ist 230 ha groß und bei einer durchschnittlichen Wassertiefe von rund 5 m bis zu 17 m tief (Abb. 8). Mit einer Uferlänge von 11,3 km und einem fließt die Schwentine ein und nur wenig weiter Einzugsgebiet von 56,2 qkm kann der See als westlich wieder aus. Unterhalb des Schwentine- kalkreicher, ungeschichteter Tieflandsee mit re- ablaufs befindet sich der Standort einer Mühle. lativ großem Einzugsgebiet charakterisiert wer- Das Staurecht wurde ursprünglich zum Betrei- den. In den durch die Bebensundbrücke abge- ben der Kornwassermühle vergeben, die Besitzer trennten Westteil des Sees, der Fissauer Bucht, lassen sich bis in das 16. Jahrhundert zurückver- 21 NAU 15 2009

bestanden habe, die anhand einer slawischen Scherbe in das 10. Jahrhundert datiert wurde. Im Jahre 2008 wurde der Bereich der westlichen Fasaneninsel sowie der Schlosshalbinsel unter- wasserarchäologisch prospektiert. Der Befund in 3–4 m Wassertiefe bestand aus einer Vielzahl waagerechter Hölzer unsystematischer Lage so- wie zwei Reihen senkrecht in den Seeboden ge- rammter Pfähle von etwa 20 cm Durchmesser (Abb. 9). Der Abstand der beiden Pfostenreihen beträgt ca. 5,60 m. Dazwischen lagen verstreut große und kleine waagerechte Hölzer. Der Be- fund zog in direkter Linie von der Halbinsel des Eutiner Schlosses in Richtung Fasanenin- Abb. 8: Bathymetrie des Eutiner Sees (Grafik P. Lüth, Kiel). sel. Durch die starke Sedimentation konnte der weitere Verlauf des Befundes nicht vermessen, sondern lediglich in der weichen Mudde ertastet werden. War bereits in den 1970er Jahre ein aus der Konstruktion geborgenes Holz allgemein in die Slawenzeit datiert worden (780–1030 cal AD), so konzentrieren sich die beiden durch das Leibniz-Labor für Altersbestimmung und Isoto- penforschung der Universität Kiel angefertigten 14C-Daten auf die spätslawische Zeit. Die so- wohl bei den Begehungen als auch taucharchäo- logischen Prospektionen geborgene Keramik ist spätslawischen Typs, und die Brückenanlage so- wie die Funde aus slawischer Zeit können in den weiträumigeren Horizont von Brückenbauten im westslawischen Raum eingeordnet werden (Wilke 2000). Ob Parallelen zur Insel Olsborg Abb. 9: Eutiner See, Kr. Ostholstein. Befunde zwischen Fasaneninsel und Festland im Großen Plöner See bestehen, muss im Wei- (Grafik P. Lüth, Kiel). teren untersucht werden. Neben den limnischen Arbeiten erfolgten auf folgen. Die heutigen Wasserstände (1997/2007) der Insel Begehungen, Bohrungen und eine schwanken zwischen 27,03 m üNN (Maximum) geomagnetische Prospektion. Während die Ge- und 26,45 m üNN (Minimum). Der Eutiner See omagnetik insbesondere Befunde zur Neuzeit besitzt mit der Fasaneninsel und der Liebesinsel erbracht hat, haben die Bohrungen über den zwei Inseln. Untersuchungen auf der Fasanen- Inselaufbau hinaus wichtige Erkenntnisse zur insel haben wichtige Ergebnisse zur spätslawi- Landschaftsstruktur und Paläoumwelt erbracht. schen Zeit erbracht. Bereits Helmold von Bosau Die insgesamt neun Bohrungen wurden entlang stellt die Bedeutung des Platzes „Utin“ heraus eines Transektes durchgeführt. Der Transekt (Müller/Kleingärtner 2010; Lüth/Huber begann unmittelbar am Südwestufer, wo einst 2010 i. Dr.). eine slawische Brücke die Insel mit dem Fest- Taucher der DLRG Eutin führten 1976 zwischen land verband und setzte sich in dem vermoorten Schlosshalbinsel, dem so genannten Wassertem- Nordosten der Insel fort. Bezüglich des Aufbaus pel, und Fasaneninsel Tauchgänge durch, die der Insel ist zu erkennen, dass ihr südwestlicher eine mögliche Verbindung zwischen dem Fest- Teil einen glazialen Kern besitzt, während der land und der Insel klären sollten. Im Bereich des nordöstliche Inselabschnitt aus holozänen Abla- Wassertempels konnte eine Aufschüttung aus fest gerungen aufgebaut ist, die unter Wasserbede- gelagertem Kies, einige wenige Holzpfähle, ein ckung entstanden sein müssen. Die gegenwär- flach im Schlamm liegendes Holz sowie einige tigen palynologischen Ergebnisse weisen darauf Fundstücke (Knochen und Keramik) beobach- hin, dass der Seespiegel des Großen Eutiner Sees tet bzw. geborgen werden. Dies ließ den Schluss am Übergang vom Boreal zum Atlantikum im- zu, dass eine Verbindung zwischen Festland und mer noch am fallen war. Während des Atlanti- Fasaneninsel in Form eines Damms oder Brücke kums lag der Wasserstand etwa 1,5 bis 2 m tiefer

22 Funktionen von Inseln in der limnischen Kulturlandschaft Norddeutschlands als der heutige. Zu dieser Zeit finden sich nur extrem eutrophen Sees einmündet. Der Stolper wenige Indizien für anthropogene Aktivität auf See besitzt eine Fläche von 1,32 qkm bei einer der Fasaneninsel. Dennoch sprechen Nachweise durchschnittlichen Tiefe von 6,9 m (Maximum von Holzkohlepartikeln für die Anwesenheit 14,6 m). Das Gewässer kann als kalkreicher, des Menschen. Sehr wahrscheinlich nutzten me- geschichteter Tieflandsee mit relativ großem solithische Jäger und Fischer die Insel als Jagd- Einzugsgebiet (58,99 qkm) bezeichnet werden. gebiet oder als Fischfanggründe. So zeichnet Mitte der 1970er Jahre wurde die Bodentopo- sich zur gleichen Zeit auf der Fasaneninsel die graphie des Sees echographisch aufgenommen Verfügbarkeit von Wild durch hohe Mengen an (Müller 1985). Die Auswertung der Tiefenpro- coprophilen Pilzsporen aus. Im Verlauf des Sub- file ergab, dass sich im südlichen Seeteil (Barsch- boreals scheinen die Seespiegelstände auf noch berg) ein isolierter, bis 1,8 m unter die Wassero- ein niedrigeres Niveau gefallen zu sein. Bei den berfläche (Bezugswasserstand NN +27,5 m) Untersuchungen der Torfprofile zeigte es sich, reichender Hügel befindet. Dieser Hügel misst dass ein Hiatus in der Torfakkumulation auf- an seiner Basis ca. 110 x 75 m, seine Längsachse tritt. Da Torfe ausschließlich unter feuchten Be- erstreckt sich in west-östlicher Richtung (Abb. dingungen gebildet werden und hier eine Lücke 10). Seine Oberfläche ist uneben und steigt von in der Torfbildung vorhanden war, weist das auf Ost nach West um ca. 1,5 m an. Anhand der eine besonders trockene Periode hin. Das Fehlen Vermessungs- und Bohrergebnisse kann sicher von Archivmaterial aus dem Subboreal lässt es ausgeschlossen werden, dass es sich bei der Er- leider nicht zu, Aussagen über die Ausdehnung höhung um eine anthropogene Aufschüttung des menschlichen Einflusses aus pollenanaly- handelt (Müller 1985, 449). Vielmehr muss tischem Gesichtspunkt zu machen. die Entstehung des Hügels im Zusammenhang Angaben zum Ausmaß menschlicher Tätig- mit glazifluvialen Prozessen gesehen und die keiten können erst im mittleren Subatlantikum Erhöhung als so genannte Kame angesprochen gemacht werden als es wieder zur Torfakkumula- werden. Neben der Bathymetrie wurde der Hü- tion kommt. Der anthropogene Einfluss ist sehr gelbereich in den späten 1970er Jahren tauchar- stark von diesem Zeitpunkt an. Menschliche chäologisch untersucht, wobei zahlreiche Pfos- Präsenz ist deutlich fassbar während der Slawen- ten angetroffen wurden. Aufgrund der schlech- zeit. Zu dieser Zeit werden Teile der Insel unter ten Sichtverhältnisse war eine Dokumentation anderem als Weideland genutzt. Danach folgt des Pfostenfeldes nicht möglich. Die geborgene ein kurzer Abschnitt geringerer Siedlungsinten- Keramik datiert in das 13. Jahrhundert, und so sität. Ein starker Anstieg von Siedlungszeigern deutet O. Harck (1985, 442) den Befund aus und Holzkohlepartikeln schließt sich diesem dem Stolper See unter Vorbehalt als Kemlade. an. Die hohen Holzkohle-Anteile sprechen für Drei Flintbeile, deren Geschlossenheit nicht ge- Abb. 10: Bathymetrie des tiefgreifende menschliche Rodungstätigkeiten Stolper Sees (Grafik bzw. Aktivitäten unter Einsatz von Feuer. Mög- Ph. Lüth, Kiel). licherweise ist hier das Ende der slawischen Zeit und der darauf folgende, mit umfangreichen Rodungen verbundene frühdeutsche Landes- ausbau fassbar. Doch am stärksten wurde die Insel insbesondere in den letzten Jahrhunderten genutzt, unter anderem für den Anbau von Buchweizen. Diese Zeit der intensiven Nutzung ist durch einen höheren Wasserstand als heute gekennzeichnet.

Stolper See

Der Stolper See bildet zusammen mit Schieren- see, Belauer See, Schmalensee und Bornhöveder See die Wankendorfer Seenplatte (Abb. 10). Die Alte Schwentine mündet im Südosten in den Stolper See und verlässt ihn im Norden in der Nähe der Depenauer Mühle. Ein weiterer Zu- fluss ist die Schierenseer Au, die im Süden des 23 NAU 15 2009

einem Seespiegelanstieg kam. Die heute unter Wasser liegende Oberfläche des Kame wird zur Zeit seiner Benutzung im ausgehenden 12. und beginnenden 13. Jahrhundert etwas über dem damaligen Wasserspiegel gelegen haben. Die im Pfostenfeld geborgene weiche und harte Grauware lässt sich in das ausgehende 12. und beginnende 13. Jahrhundert datieren. Das chro- nologisch homogene Fundgut und die zum Teil verbrannten Eichenpfähle lassen darauf schlie- ßen, dass die Anlage relativ kurz in Gebrauch war und möglicherweise durch eine Kampf- handlung zerstört wurde. Unter Berücksichti- gung der Dendrodaten könnten die Befunde möglicherweise mit dem Konflikt zwischen Graf Adolf III. und Heinrich dem Löwen in Zusam- menhang gebracht werden. Durch die für 1180 überlieferten Auseinandersetzungen verlor Adolf III. seine Besitzungen in Plön und Segeberg. Mit Hilfe des Kaisers Friedrich I., dem er sich ange- schlossen hatte, gelang es ihm aber, diese schon im folgenden Jahr 1181 wieder zurückzuero- bern. Aufgrund der Datierung der hölzernen Anlage in das späte 12. Jahrhundert ist die von O. Harck (1985, 442) vorgeschlagene Funktion als klassische Kemlade nicht haltbar. Aus histo- rischen Quellen ist bekannt, dass der Bau dieser Abb. 11: Bathymetrie des im Wasser stehenden Wohntürme auf die zweite Lanker Sees (Grafik Ph. Hälfte des 14. Jahrhunderts beschränkt blieb Lüth, Kiel). sichert ist, ordnet er einem neolithischen Depot (Mayr 1999, 30ff.). Vielmehr muss in diesem zu (ebd. 440). Zusammenhang an eine hölzerne Turmhügel- Wegen der dichten, jedoch unklaren Befund- burg, eine Motte (château à motte) oder aber an lage wurde das Pfahlfeld in einer Wassertiefe eine Übergangs- oder Mischform beider Bauar- von 2–4 m im Zuge des Projektes an fünf Ein- ten gedacht werden. satztagen im Februar und März 2008 erneut betaucht. Die Sichttiefe betrug zum Zeitpunkt der Betauchung etwa 1–2 m. Insgesamt konnten Lanker See 25 massive Pfahlstümpfe auf dem kaum Mud- deschichten aufweisenden Hügel lokalisiert und Der Lanker See ist rund 3,7 qkm groß und bis die noch erhaltene Höhe sowie der Durchmes- zu 21 m tief, wobei er mit einer mittleren Tie- ser ermittelt werden. Dabei betrug die Höhe der fe von rund 3,6 m recht flach ist (Abb. 11). Er Pfähle über dem Sediment zwischen 3 und 112 ist unterteilt in einen größeren Nord- und einen cm, der Durchmesser lag zwischen 11 und 20 kleineren Südteil, die durch eine wenig mehr cm. Vier geborgene Eichenhölzer ließen sich als 1 m tiefe Schwelle voneinander getrennt zeitlich in das späte 12. Jahrhundert einordnen, sind. Neben der Schwentine im Süden bei Gut und durch eine Probe mit Waldkante ergibt Wahlstorf erhält der See Wasser über Zuflüsse sich das Winterhalbjahr 1180/81 als Fällungs- aus dem Kührener Teich, dem Kolksee, dem zeitpunkt. Einige der geborgenen Pfähle weisen Scharsee und dem Wielener See. Auch ein ca. Brandspuren auf, die an ein gewaltsames Ende 3 km langer Mühlengraben, der Wasser von der Anlage denken lassen. Neben dem Pfahlfeld der Alten Schwentine abzweigt, mündet bei der wurden Steinkonzentrationen aufgefunden und Kührener Mühle in den Lanker See. Der kalk- zahlreiche Fundstücke insbesondere des hohen reiche, ungeschichtete Tieflandsee mit großem und späten Mittelalters geborgen. Man wird Einzugsgebiet von rund 445 qkm bildet durch davon ausgehen können, dass es spätestens im mehrere Halbinseln und Buchten sowie sieben Zusammenhang mit dem Bau der Depenauer Inseln ein stark gegliedertes Gewässer mit einer Mühle kurz nach 1551 (Karstens 1990) zu Uferlänge von rund 15 km.

24 Funktionen von Inseln in der limnischen Kulturlandschaft Norddeutschlands

Die Topografie der Insel Probstenwerder (Abb. se über frühere Seespiegelstände zu gewinnen. 12.1) ist durch eine etwa 2–2,5 m hohe Erhe- Die palynologischen Studien konzentrierten bung geprägt. Diese erstreckt sich hufeneisen- sich dabei auf die Analyse zahlreicher Torflagen förmig auf etwa 500 m Länge und 270 m Breite aus Sondagebohrungen, zweier Torfprofile aus in ost-westliche Richtung und weist in ihrem insularen Kesselmooren und eines limnischen Zentrum eine nach Osten geöffnete Senke auf, Sedimentprofils. Torfe als Marker tiefer liegen- die aufgrund von Bohrungen als etwa 4,4 m der Wasserstände traten kleinräumig auf Inseln tiefes Toteisloch identifiziert werden konnte. in mehreren Seen auf. Darüber hinaus boten Die Insel geriet durch zahlreiche Funde spät- Torfe aus isolierten Toteislöchern auf den In- slawisch/frühdeutscher Scherben, die bei der seln, z.B. auf dem Probstenwerder im Lanker Begehung der Oberfläche aufgesammelt wur- See und dem Groten Warder im Trammer See, den, in den Fokus des Projektes. Eine auf einer ein großes Potential, um detaillierte Aussagen Fläche von 2400 qm durchgeführte geomagne- zur Art und Umfang anthropogener Nutzung tische Prospektion erbrachte allerdings, ebenso der Inseln selbst sowie zur Paläohydrologie des wie eine anschließende Sondagegrabung, keine Gewässers zu gewinnen. Die pollenanalytische eindeutigen Ergebnisse über eine mögliche Be- Untersuchung eines etwa 24 m mächtigen See- bauung. Für zukünftige Untersuchungen von sedimentprofils aus dem Großen Eutiner See lie- Bedeutung sind dagegen die Daten der Prospek- ferte zudem ein neues zeitlich hoch auflösendes tion im Flachwasserbereich. Im Zuge der Unter- sowie gut datiertes Standarddiagramm als Basis. suchungen stießen wir in den nördlichen Ufer- Damit ist die regionale Siedlungsgeschichte für randbereichen der Insel als auch im gegenüber- das Ostholsteinische Gebiet dokumentiert. liegenden Flachwasserbereich auf ein Pfahlfeld von mindestens 12 Spaltbohlen mit deutlichen Bearbeitungsspuren (Abb. 12.2). Das Pfahlfeld war auf einer Länge von vier Metern zweireihig in südöstliche Richtung gesetzt. Die dendro- chonologische Untersuchung von zehn Hölzern erbrachte Fälljahre zwischen 818 und 848. Für eines der Hölzer kann das Fälljahr 700 angege- ben werden. Fünf der Hölzer wiesen eine Wald- kante auf, wodurch die Anfangs- und Enddaten gesichert sind. Die Bathymetrie zeigt in diesem Bereich einen lang gezogenen Sporn, der insel- seitig auf das Festland zuläuft. Genauere Daten werden die Untersuchungen mit dem Sediment- sonar erbringen, die im Oktober 2010 durchge- führt werden, doch scheint der Befund auf ei- nen slawenzeitlichen Inselzugang zu deuten, wie er auch von anderen Plätzen bekannt ist. Für die ostholsteinische Region ist die frühe Datierung bedeutsam, denn unabhängig von der genauen Abb. 12.1: Insel Probsten- werder, Lanker See, Kr. Interpretation zeigt sich, dass der Landesausbau Plön. Geomagnetik, des 8. Jahrhunderts weitaus differenzierter ab- Bohrpunkte sowie Lage gelaufen sein wird, und Plätzen wie Bosau-Bi- des Pfahlfeldes (Grafik Ph. schofswarder weitere an die Seite gestellt werden Lüth, Kiel). müssen (Dulinicz 2006; Ruchhöft 2008).

Palynologie

Die Aufgaben der naturwissenschaftlichen Un- tersuchungen in dem Forschungsprojekt fokus- sierten sich auf die Umweltrekonstruktion zur Abb. 12.2: Insel Probsten- werder, Lanker See, Kr. Zeit der Inselnutzung. Es galt den Umfang und Plön. Detailkarte des den Charakter des menschlichen Einflusses auf Pfahlfeldes (Grafik Ph. den Inseln zu verzeichnen sowie Rückschlüs- Lüth, Kiel). 25 NAU 15 2009

Abb. 13: Slawische Fundstellen im Arbeitsgebiet. Quellen: Datenerhebung ALSH durch A. Klammt u. Ph. Lüth (Grafik I. Reese, Kiel).

Torflagen, die sich heutzutage unter Wasser be- kannten Wasserstandsschwankungen des Groß- finden bzw. auf einer Insel von anderen Sedi- en Plöner Sees (Dörfler 2009), zeigen aber auch menten überlagert sind, deuten einen geringeren kurzfristige Schwankungen an, z.B. während der Wasserstand in früheren Zeiten an, was für eine Vorrömischen Eisenzeit. Die Ergebnisse der pa- größere Ausdehnung einer Insel sprechen kann. läoökologischen Studien ermöglichten die Iden- Mit Hilfe von Bohrungen wurden deshalb Torf- tifizierung von mehreren markanten Seespiegel- schichten im Flachwasserbereich und/oder im schwankungen im Verlaufe des Holozäns mit Inselkörper lokalisiert. Mittels der Pollenstrati- niedrigen Wasserständen während des älteren graphie wurde dann der Zeitraum der Torfbil- Atlantikums, des mittleren Subboreals sowie dung ermittelt. Eine zusätzliche Analyse der mi- des älteren Subatlantikums. Von da an wird ein neralischen und aller sonstiger organischer Sedi- kontinuierlicher Seespiegelanstieg verzeichnet, mentkomponenten aus den Bohrungen konnte allerdings mit dazwischen liegenden Perioden außerdem Aussagen über den Aufbau und zum mit stagnierendem Wasserstand (Römische Kai- Genesezeitpunkt einer Insel liefern. So konnte serzeit, Slawenzeit). Hohe Seespiegelstände wer- festgestellt werden, dass die Inseln eines Sees den am Übergang Atlantikum/Subboreal und eine ganz unterschiedliche Genese durchlaufen Subboreal/Subatlantikum sowie im Verlauf des haben können. Mittleren Subatlantikums (entspricht etwa der Mit der vergleichbar großen Anzahl von Inseln Völkerwanderungszeit) und im jüngeren Subat- und damit einhergehend der höchsten Quellen- lantikum erfasst. Der menschliche Einfluss auf grundlage, bot der Große Plöner See die beste den Inseln wird dabei während der Phasen der Basis für die Rekonstruktion der ehemaligen niedrigen Seespiegelstände am deutlichsten fass- Seespiegelstände. Die Ergebnisse aus den Pollen- bar. Die neu erarbeiteten Pollendiagramme der profilen der insularen Kesselmoore im Trammer insularen Moore zeigen umfangreiche mensch- und Lanker See vervollständigten dabei das Bild liche Aktivitäten in der Älteren Bronzezeit, der für das Untersuchungsgebiet. Diese neuen Daten Römischen Kaiserzeit und der Slawenzeit. Aus bestätigen das generelle Muster der bislang be- diesen Abschnitten gibt es eindeutige Nachweise

26 Funktionen von Inseln in der limnischen Kulturlandschaft Norddeutschlands für die Nutzung der Inseln als Viehweide sowie Diese wird aber eher vor dem Hintergrund des zu agrarischen Zwecken, z.B. für den Anbau Forschungsstandes zu werten sein. von Getreide. Die Ergebnisse sprechen ebenfalls Die chronologische Verteilung der entdeckten dafür, dass niedrige Seespiegelstände während Fundplätze entspricht dem aus Mecklenburg- der Vorrömischen Eisenzeit vorherrschten. Es Vorpommern bekannten Muster: es sind vor deutet jedoch auch einiges darauf hin, dass zur allem stein- und slawenzeitliche Funde und Be- gleichen Zeit Seespiegelschwankungen bzw. funde, die sich heute auf Inseln befinden. Auch einzelne starke Hochwasserereignisse innerhalb die Art der Befunde überrascht zunächst nicht. einer kurzen Zeitspanne tief greifende Erosion Opferungen oder Brückenreste haben zahlreiche zur Folge hatten. Ein hoher Anteil an minera- Parallelen in den Gewässern der norddeutschen lischer Substanz in einigen Bohrprofilen aus Tiefebene und sind als weitere Belege überre- dieser Zeitspanne verweist darauf, dass Sand of- gionaler Phänomene zu bewerten. Allerdings fensichtlich vom Inselkörper ausgewaschen und liefern die neuen subaquatischen Befunde für anschließend in der Uferzone abgelagert wurde. einzelne Perioden, wie die Slawenzeit, wichtige Bisher gibt es keine archäologischen Funde oder Indizien, die beispielsweise zur Neubewertung Befunde aus der Vorrömischen Eisenzeit von In- der Siedlungsentwicklung in der Siedlungskam- seln innerhalb des Untersuchungsgebietes. Pol- mer um Plön führen werden. Bis in jüngste Zeit lenanalytisch konnte jedoch die Anwesenheit hinein ist hier das Modell dreier Zentralplät- des Menschen nachgewiesen werden. Dieses ze favorisiert worden, die sich ausgehend von Phänomen der fehlenden archäologischen Bosau über Scharstorf bis zur Olsborg zeitlich Nachweise menschlicher Präsenz kann vielleicht und funktional ablösen (Müller/Kleingärt- dadurch erklärt werden, dass sich die Fundstel- ner 2010). Der Stellenwert dieser Plätze bleibt len in tieferen Bereichen als die Flachwasserzone nicht zu bezweifeln, jedoch wird man angesichts befinden. Starke „Zusedimentation“ in Folge der neuen Befunde und Daten von Plätzen wie des Seespiegelanstiegs ist vielleicht der Grund Probstenwerder sowie einer detaillierten Ana- für das Nichtauffinden der potenzialen Spuren. lyse der LIDAR-Daten im Zusammenhang Dazu sollen die immer noch laufenden Untersu- mit der Landesaufnahme (Lüth i. Vorb.; Abb. chungen mehr Licht ins Dunkel bringen. 13) den Prozess vorsichtiger beurteilen müs- sen. Gut untersuchte Plätze wie Bosau, Schar- storf und Olsborg verstellen den Blick auf die Ausblick Vielschichtigkeit der slawischen Siedlungszu- sammenhänge. Der Flusslauf der Schwentine Die systematische Prospektion auf und im Um scheint als verbindendes Element im Raum um feld von Inseln in den Binnengewässern des Un- den Großen Plöner See eine wichtige Rolle ge- tersuchungsgebietes hat in beeindruckender Wei- spielt zu haben. Vor allem die Siedlung Eutin- se die hohe Wahrscheinlichkeit archäologischer Fasaneninsel könnte dabei als wichtiger Kno- Relikte auf Plätzen vor Augen geführt, die als tenpunkt zwischen Schwentine und Schwartau peripher innerhalb ur- und frühgeschichtlicher gedient haben, über den eine Verbindung zum Kulturlandschaften gelten (Abb. 3). Die Inseln Zentralort Alt-Lübeck hergestellt werden konn- in den Binnenseen Norddeutschlands erweisen te (Lüth 2010 i. Dr.). Mit den Funden von der sich im Sinne eines „predictiv mapping“ als die- Insel Probstenwerder liegt ein Fundplatz vor, jenigen Orte, die mit größter Wahrscheinlichkeit dessen Besiedlung mit der frühesten Phase der archäologisch kontaminiert sind. Eine ähnlich Landnahme zusammenzufallen scheint. Wäh- hohe Trefferquote ist lediglich in den mittelal- rend die weitere Nutzung der Insel in der späten terlichen Stadtkernen zu erwarten, die im Ge- Slawenzeit gesichert ist, bleibt die Nutzung des gensatz zu den insularen Plätzen allerdings als Fundplatzes im dazwischen liegenden Zeitraum anthropogene Einflussgebiete leicht zu erkennen unklar. Neben den bekannten Fundplätzen, sind. Von 31 der 34 untersuchten Inseln wurden deren herausragende Stellung in der Slawenzeit Artefakte geborgen. Zehn Fundplätze datieren nicht zu bezweifeln ist, treten weitere, vorher in die Steinzeit, zehn in die Slawenzeit. Es gibt kaum bekannte Fundstellen, deren Bedeutung aber auch drei bronzezeitliche, drei eisenzeit- innerhalb des slawischen Siedlungsgefüges nicht liche und chronologisch unbestimmte Plätze. geklärt ist. Die archäologischen Befunde schei- Dabei sind chronologisch aufeinanderfolgende, nen diesen Fundstellen, insbesondere Probsten- aber auch diskontinuierlich genutzte Plätze fest- werder und die Fasaneninsel, eine ähnliche zustellen. Nur in wenigen Fällen (8) liegt eine Stellung wie den ergrabenen Zentralplätzen ein- auf kurze Zeiträume beschränkte Nutzung vor. zuräumen. Dabei sei darauf hingewiesen, dass 27 NAU 15 2009

das Verhältnis von Burgen zu den Umlandsied- Literatur

lungen in Ostholstein bislang weitgehend un- Biermann 2007: F. Biermann, Flüsse und andere geklärt geblieben ist. Auch der oft konstatierte Binnengewässer als Grenzen, Besiedlungs- Siedlungswandel von der frühen in die späten und Kommunikationslinien im slawischen Abschnitte der Slawenzeit ist bisher weitgehend Siedlungsgebiet. In: F. Biermann/Th. Kersting unerforscht. Hier liegen noch große Potenziale (Hrsg.), Siedlung, Kommunikation und Wirtschaft im westslawischen Raum. Beitr. Ur- u. Frühgesch. für die Slawenforschung in Ostholstein. Inseln Mitteleuropas 46 (Langenweissbach 2007) 1–11. scheinen aber im Verlauf dieser Prozesse zu allen Bleile 2008: R. Bleile, Quetzin. Eine spätslawische Zeiten eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Burg auf der Kohlinsel im Plauer See. Befunde und Ebenfalls von großer Bedeutung für die zukünf- Funde zur Problematik slawischer Inselnutzungen in tige Forschung sind die dendrochronologischen Mecklenburg-Vorpommern. Beitr. Ur- u. Frühgesch. Datierungen der Pfähle aus dem Stolper See. Da Mecklenburg-Vorpommerns 48 (Schwerin 2008). aus Ostholstein zumindest eine vergleichbare Bleile u.a. 2009: R. Bleile/W. Dörfler/S. Klein- Anlage bekannt ist, deren Pfähle an eine Kemla- gärtner/U. Müller/O. Nelle, Das Projekt Ols- de erinnern, deren Funde aber spätslawenzeitlich borg. Untersuchungen auf einer Insel im Großen Plöner See. In: U. Müller/S. Kleingärtner/F. Hu- sind (Pönitzer See), kommt der Identifikation ber (Hrsg.), Zwischen Nord- und Ostsee. Zehn des Burgentyps und seiner Funktion durchaus Jahre Arbeitsgruppe für maritime und liminische überregionale Bedeutung zu. Archäologie (AMLA). Universitätsforsch. Prähist. Letztlich bestätigen die palynologischen Ergeb- Arch. 165 (Bonn 2009) 109–128. nisse den interdisziplinären Ansatz des Projektes. Dörfler 2009: W. Dörfler, Seespiegelschwankungen Es zeigt sich, dass Wasserspiegeländerungen des Großen Plöner Sees im Licht alter und neuer Siedlungsschichten zerstört haben können, Daten. In: U. Müller/S. Kleingärtner/F. Hu- weshalb nach archäologischem Quellenstand ber (Hrsg.), Zwischen Nord- und Ostsee. Zehn Jahre Arbeitsgruppe für maritime und liminische insulare Fundplätze der Bronzezeit und der Ei- Archäologie (AMLA). Universitätsforschungen zur senzeit sehr selten sind. Palynologisch sind aber Prähistorischen Archäologie 165 (Bonn 2009) 143– auch während der älteren Bronzezeit und der 156.

Römischen Kaiserzeit menschliche Aktivitäten Dulinicz 2006: M. Dulinicz, Frühe Slawen im auf den Inseln nachweisbar. Gebiet zwischen unterer Weichsel und Elbe. Eine So unscheinbar die oftmals kleinen Inseln heute archäologische Studie. Studien zur Siedlungsgeschichte auch sein mögen, sie bergen noch immer zahl- und Archäologie der Ostseegebiete 7 (Neumünster 2006). reiche unbekannte Hinweise auf die vor- und frühgeschichtliche Kulturlandschaftsentwick- Friedland 2009: N. Friedland, „In quo Plunie civitas lung. Die Seen selbst gelten als einzigartige Ar- sita est“: Die Insel Olsborg im Großen Plöner See zur Zeit der slawischen Besiedlung. In: F. Biermann/K. chive der Klima- und Landschaftsentwicklung. Kersting/A. Klammt (Hrsg.), Siedlungsstrukturen Insel- und Seeentwicklung zusammenzuführen und Burgen im westslawischen Raum. Beitr. Ur- und in einem interdisziplinären Forschungspro- u. Frühgesch. Mitteleuropas 52 (Langenweißbach jekt zu untersuchen hat sich als sinnvoll und er- 2009) 105–120. tragreich erwiesen. Es sind nicht nur die neuen Gringmuth-Dallmer 2007: E. Gringmuth-Dall- 3 Wir danken Dr. Angelika Fundplätze und naturwissenschaftlichen Datie- mer, Das Odergebiet in ur- und frühgeschichtlicher Abegg-Wigg, Schleswig, rungen, sondern auch modifizierte Fragen, die Zeit – ein Wirtschafts- und Kommunikationsraum? für die redaktionelle Be- Siedlungsforschung 25, 2007, 57–74. arbeitung des Aufsatzes. wir diesem Projekt verdanken3. Hale 2004: A. G. C. Hale, Scottish marine Cran- nogs. BAR 369 (Oxford 2004). Anschriften der VerfasserInnen Harck 1985: O. Harck, Submarine Archäologie in Schleswig-Holstein. Offa 42, 1985, 431–446.

Dr. Ralf Bleile: Huber/Lüth/Wieckowska 2009a: Florian Huber Archäologisches Landesmuseum / Philip Lüth / Magdalena Wieckowska, Auf einer in der Stiftung einsamen Insel… Archäologische Nachrichten aus Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schleswig-Holstein 15, 2009, 34–37. Schloss Gottorf D 24837 Schleswig Huber/Lüth/Wieckowska 2009b: F. Huber/ Ph. Lüth/M. Wieckowska, Besiedlung und Nutzung von Prof. Dr. Ulrich Müller; Dr. Walter Dörfler; Dipl. Inseln in den Seen der Ostholsteinischen Seenplatte Prähist. Phillip Lüth; Ines Reese MA, Dipl. Biol. – Ein Beitrag zur Gewässerforschung in Schleswig- Magdalena Wieckowska Holstein. Starigard 9, 2008/09, 48–56. Institut für Ur- und Frühgeschichte Christian Albrechts Universität Inseln 2000: Bayerische Gesellschaft für Unter- Kiel, D 24098 Kiel wasserarchäologie e.V. in Zusammenarbeit mit

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