Funktionen Von Inseln in Der Limnischen Kulturlandschaft

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Funktionen Von Inseln in Der Limnischen Kulturlandschaft Funktionen von Inseln in der limnischen Kulturlandschaft Norddeutschlands – Vorbericht zu einem interdisziplinären Forschungsprojekt an der Chistian-Albrechts-Universität zu Kiel Functions of islands in the limnic cultural landscape of Northern Germany – preliminary report on a interdisciplinary research project at the Christian-Albrechts-Universität Kiel RALF BLEILE, ULRICH MÜLLER, WALTER DÖRFLER, FLORIAN HUBER, PHILLIP LÜTH, Ines REESE und Magdalena. WIECKOWSKA Zusammenfassung Begehungen, Tauchuntersuchungen, Bohrungen und Ausgrabungen auf und vor mehr als 30 Inseln in einem 20 x 30 km großen Seegebiet in Schleswig-Holstein lieferten Hinweise auf die Einbindung dieser abgelegenen Orte vor allem in die steinzeitliche und slawenzeitliche jedoch ebenso in die bronzezeitliche und eisenzeitliche Kulturlandschaft. Studien zur Siedlungsentwicklung im gesamten Untersuchungsgebiet und die im Rahmen dieses Projektes erstellten Wasserspiegelkurven sollen es in der Zukunft ermöglichen, naturräumliche und kulturelle Faktoren herauszuarbeiten, die sowohl die ermittelten kontinuierlichen als auch die diskontinuierlichen Inselnutzungen beeinflussten. Ziel des Projektes ist es schließlich, prägende Faktoren der Inselnutzungen zu erkennen und diese Orte als strukturelle Komponente der limnischen Kulturlandschaft herauszustellen. Zusammenfassung Begehungen, Tauchuntersuchungen, Bohrungen und Ausgrabungen auf und vor mehr als 30 Inseln in einem 20 x 30 km großen Seegebiet in Schleswig-Holstein lieferten Hinweise auf die Einbindung dieser abgelegenen Orte vor allem in die steinzeitliche und slawenzeitliche jedoch ebenso in die bronzezeitliche und eisenzeitliche Kulturlandschaft. Studien zur Siedlungsentwicklung im gesamten Untersuchungsgebiet und die im Rahmen dieses Projektes erstellten Wasserspiegelkurven sollen es in der Zukunft ermöglichen, naturräumliche und kulturelle Faktoren herauszuarbeiten, die sowohl die ermittelten kontinuierlichen als auch die diskontinuierlichen Inselnutzungen beeinflussten. Ziel des Projektes ist es schließlich, prägende Faktoren der Inselnutzungen zu erkennen und diese Orte als strukturelle Komponente der limnischen Kulturlandschaft herauszustellen. Einleitung Noch immer besteht allerdings gegenüber den traditionsreichen Forschungen zu neolithischen Seit jeher zieht es den Menschen an Seen und und bronzezeitlichen Seeufersiedlungen des Al- Flüsse: sie bieten Nahrungsressourcen, sind penraumes (MENOTTI 2004) oder den irischen Wege für Kommunikation und Gütertausch, und schottischen lake-settlements und crannogs heilige Orte, Siedlungs- und Rückzugsregionen. (HALE 2004; O´SULLIVAN 1998) Nachholbe- Durch ihre vielfältige Nutzung entstanden lim- darf. nische Kulturlandschaften. Im Gegensatz zur Das Forschungsprojekt „Funktionen von In- maritimen Kulturlandschaft des Nord- und seln in den Binnengewässern der holozänen Ostseeraumes, die spätestens seit den program- Siedlungslandschaft Schleswig-Holsteins“ am matischen Schriften Christer Westerdahls (zu- Lehrstuhl für frühgeschichtliche Archäologie sammenfassend: 1997) Gegenstand diachroner des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der und synchroner Studien ist, sind die Binnenge- Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, das wässer Norddeutschlands erst in jüngerer Zeit seit 2007 von der DFG gefördert wird, leistet mit Blick auf Inselnutzungen und die Ent- sowohl einen Beitrag zur interdisziplinären Um- wicklung von Flusslandschaften in den Fokus weltforschung, als auch zur Kulturlandschafts- gerückt (zusammenfassend: GRINGMUTH-DAL- forschung, indem es archäologische, historische, LMER 2007; BIERMANN 2007; BLEILE 2008). palynologische und pedologische Methoden 15 NAU 15 2009 ten den Zeitraum einer Inselnutzung, sondern zielten meist auf die Analyse spätglazial-holo- zäner Entwicklungen (z.B. KAISER 2001; LO- RENZ 2007). Sie sind häufig aus der Perspektive der Inselnutzungen nur bedingt aussagekräftig, da die betreffenden Perioden selten hochauflö- send herausgearbeitet wurden. In diesem Forschungsprojekt geht es vorran- gig darum, Fundplätze auf Inseln in Binnen- gewässern zu lokalisieren, zu datieren, zu cha- rakterisieren und in die Siedlungslandschaft einzuordnen. Palynologische, pedologische und archäologische Informationen flossen in die Er- stellung von Wasserspiegelkurven ein. Durch den Vergleich der gewonnenen Erkenntnisse mit ähnlichen Erscheinungen im circumbaltischen Raum, im Alpenraum und in der irischen und schottischen Seenlandschaft werden prägende Faktoren einer Inselnutzung eingegrenzt und Abb. 1: Ostholsteinische Seenplatte mit Darstellung der wichtigsten Seen im Arbeitsge- biet (Grafik Ph. Lüth, Kiel) diese Orte als strukturelle Komponente der lim- nischen Kulturlandschaft herausgestellt. Mehr als 360 Seen prägen die Jungmoränen- und Quellen bündelt und unter den zentralen Landschaft Schleswig-Holsteins besonders in Fragestellungen nach den holozänen Wasser- den Landkreisen Ostholstein, Plön und Segeberg spiegelschwankungen und der Nutzung von (STÄHR 1998). Sie sind zumeist im Spätglazial Inseln auswertet1. Hauptziel der diachron an- entstanden, als die Gletscher der Weichselkalt- gelegten Untersuchung ist es, Ursachen für die zeit abschmolzen. Gletscherzungenbecken, Tot- Nutzung von Inseln anhand exemplarischer Ge- eislöcher und ausgekolkte Schmelzwasserrinnen wässerregionen herauszuarbeiten und diejenigen füllten sich seit dem Präboreal mit Wasser. Kriterien zu erfassen, die Aufschlüsse über die Mit dem Boreal beginnt ein bis heute anhal- Funktion der Inselnutzungen geben können. tender Seespiegelanstieg, der im Atlantikum Die Konzeption des Projektes basierte auf den eine Geschwindigkeit von 1–2 m pro Jahrtau- vielfältigen Hinweisen zu Inselnutzungen im send erreichte. Waren bis zum Subatlantikum Verlaufe des Holozäns, die durch die Feuchtbo- Klimaschwankungen und geomorphologische den- und Unterwasserarchäologie in Europa zu- Veränderungen für sinkende oder steigende See- tage gefördert wurden. So spiegeln beispielsweise spiegel verantwortlich, so sind spätestens ab die- die slawischen Inselburgen in Norddeutschland, sem Abschnitt auch die Folgen anthropogener die Crannogs in Irland und Schottland oder Landnutzung daran beteiligt. Einen direkten die Inselsiedlungen des Alpenraumes kulturelle Eingriff in die Gewässerlandschaft durch den Reaktionen auf ökonomische, ökologische und Menschen ist allerdings in Norddeutschland soziologische Prozesse, die in der Gewässerland- erst mit dem Bau von Wassermühlen seit dem schaft einen Niederschlag gefunden haben. Sie späten 12. Jahrhundert nachweisbar (KAISER sind signifikante Bestandteile einer limnisch 2001; LORENZ 2007). geprägten Kulturlandschaft. Wie bei der inter- Als Kernzone des Forschungsprojektes wurde nationalen Tagung „Inseln in der Archäologie“ ein etwa 20 x 30 km großes Gebiet mit dem deutlich wurde, fehlt es allerdings nicht nur in Großen Plöner See im Zentrum ausgewählt. In Norddeutschland an einer diachronen Zusam- diesem Areal, das sowohl Teile der Ostholstei- menführung solcher Befunde (Inseln 2000). nischen als auch der Wankendorfer Seenplatte Paläohydrologische Studien fokussierten sel- erfasst, befinden sich mehr als 100 Seen und Teiche (Abb. 1). In 16 Seen gibt es insgesamt 63 Inseln, allein 25 im Großen Plöner See. Alle 1 Antrag DFG Mu 1077/9-2 durch U. Müller (Kiel), R. Seen sind an das Gewässersystem der Schwen- Bleile (Schleswig), W. Dörfler (Kiel). Siehe auch UBERH / tine angeschlossen, die bei Kiel in die Ostsee LÜTH/WIECKOWSKA 2009a; dies. 2009b; WIECKOWSKA/ EINKE ÜTH LÜTH/HUBER 2009 sowie www.inselnutzungen.uni-kiel. mündet (R 1996; L 2010 i. Dr.). Das de. Einzugsgebiet der Schwentine besteht aus der 16 Funktionen von Inseln in der limnischen Kulturlandschaft Norddeutschlands Alten Schwentine im Westen und der Bungs- prospektiert werden. Bei der Begehung wurden berg-Schwentine im Norden und Osten. Durch zunächst die Morphologie der Insel, die Vegeta- zahlreiche Wehre und Mühlenstaus des Mittel- tion und die Beschaffenheit des Ufers protokol- alters und der Neuzeit (KARSTENS 1990) ist die liert sowie Lesefunde erfasst. Aufgrund rezenter hydrologische Situation sowohl der Fließgewäs- metallischer Abfallhäufung war eine Begehung ser als auch der Seen heute stark anthropogen mit Metalldetektor oftmals nicht erfolgreich. überprägt (Abb. 2). Insgesamt entwässert das Die Anzahl der anschließenden Bohrungen System eine Fläche von 72.800 ha, davon 8000 mit einem Pürckhauer-Bohrschwert richtete ha Seefläche (MUUSS/PETERSEN/KÖNIG 1973). sich nach Größe und Morphologie der Insel. Die Seenkette der Alten Schwentine ist darüber Sie dienten der Klärung der Zusammensetzung hinaus von Bedeutung, als sie Teil des früh- und des Inselkörpers und dem Auffinden von Torf- hochmittelalterlichen Limes Saxoniae war und somit die Grenze zwischen sächsischem und sla- 114,5m wischem Siedlungsgebiet markiert. Im Zuge der 40 Sterndorfer See hochmittelalterlichen Transformationsprozesse Sterndorfer See Gr. Eutiner See Eutiner Gr. Sibbersdorfer See Gr. Eutiner See Eutiner Gr. Sibbersdorfer See Kellersee Kellersee Behler See Dieksee Behler See Dieksee Gr. Plöner See Plöner Gr. gehört dieses Gebiet zu denjenigen Regionen in See Plöner Gr. Kronsee Kronsee Kl. Plöner SeeKl. Plöner Kl. Plöner SeeKl. Plöner Lanker See Lanker See Fulensee Fulensee Kirchsee Kirchsee Schleswig-Holstein, in denen der Landesausbau 20 früh erfolgte. Ostsee 0 Außer der flächendeckenden und alle holozä- Mühle Fissauer Malenter Mühle Malenter Rastorfer Mühle nen Perioden erfassenden Fundplatzkartierung Mühle Wahlstorfer -20 anhand
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