GERD DRESSLER UND THERESIA KÜNSTLER

Die Alte von Bornhöved nach – eine kulturhistorische Landschaftsbetrachtung

Name für Bornhöved, wo 798 die mit den Geschichtsträchtiger Fluss mit folgen- Franken verbündeten Abodriten die trans- schwerer Verwechslung elbischen Sachsen schlugen. In den Wiesen In den amtlichen topografischen Karten ist am Grimmelsberg bei Tarbek nahe Born - dem Namen in Klammern höved liegt die Quelle des heiligen Flusses die Bezeichnung Kührener Au beigefügt, (Sventine), der nach dem heiligen Feld (Sven - unter dem sie in ihrem Unterlauf allgemein tana) der siegreichen Schlacht benannt wur - bekannt ist. de. Der Husumer Bürgermeister und Univer - In den Auseinandersetzungen zwischen salwissenschaftler Caspar Danckwerth ver - Sachsen und Wenden um die Vorherrschaft zeichnete 1652 in der „Neuen Landesbe - in Wagrien wurde in karolingischer Zeit der schreibung der zwei Herzogtümer Schleswig Sachsenwall geschaffen, der an den Ost - und “ die Quelle der Schwentine am grenzen und Stormans in seinem , wohl in der Vorstellung, der äl - nördlichen Bereich der Alten Schwentine testgenannte Fluss in den Herzogtümern von Bornhöved bis Preetz als natürlicher Schleswig und Holstein müsse auch am Grenze folgte. Allerdings war der Limes Sa - höchsten Berg des Landes entspringen. Der xoniae mehr eine Demarkationslinie als ein heutzutage vorherrschenden Auffassung zu - durchgehender Verteidigungswall, deren folge ist jedoch aufgrund frühgeschichtlicher Schutzfunktion in schwer durchdringbaren Überlieferungen Sventana der wendische Gewässern und Sumpf- und Feuchtgebieten

Abb. 1: Quellstein bei Tarbek (Bornhöved)

65 Pohnsdorfer Klostermühle Stauung e se Preetz

t s o P Lanker

Postfeld Kührener Kühren See Kührenerbrücke Mühle e n i t

n K 19 e

Löptin w h c S e t l A

L 67 Gut Depenau

B 404 Depenauer Mühle

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r Stolpe e p l o t Gut Perdoel S Wanken- Perdoeler Mühle dorf K 42

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S Alte Koppel r e

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B Vier Schm alensee Bornhöveder See Bornhöved

Abb. 2: Übersichtskarte Alte Schwentine, verkleinerte Darstellung eines Kartenausschnittes im Maßstab 1:75.000

66 durch die Belauburg, heute ein Erdwall am Vierer Weg. Sie konnten aber die Kolonisa - tion ihres Siedlungsgebietes unter den Schauenburger Grafen in der Folgezeit nicht verhindern. An einem Hang am Westufer des Schma - lensees liegt der Ortsteil Vier der Gemeinde Ruhwinkel. Die holsteinischen Gaue waren viergeteilt, vermutlich den Bedürfnissen der militärischen Aushebung geschuldet. Der militärisch-politischen Bedeutung des Fal- dera-Gaues als Grenzgau entsprach die Wahl des Viert bei Bornhöved als Versamm - lungsort der gesamten Ritterschaft des Lan - des bis zum Spätmittelalter. Heute weist ein Gedenkstein auf die historische Bedeutung dieses Ortes als Vorläufer der späteren Landtage hin, der einen eindrucksvollen Blick über die Seenlandschaft bietet. Abb. 3: Gedenkstein auf dem Viert/Ruhwinkel bestand. Im Verlaufe der Ostkolonisation im Kloster, Gutshöfe, Wassermühlen und 13. Jahrhundert errichteten hier Holsten Dörfer und Stormarner Turmhügelburgen, von denen aus sie das Land beherrschten. Die Im Mündungsbereich der Alten Schwentine Slawen sicherten ihrerseits die Grenze zwi - liegt seit dem 13. Jahrhundert das Adelige schen dem Schmalen- und dem Belauer See Kloster Preetz. Das Ensemble mit der präch -

Abb. 4: Konventualinnenhäuser im Preetzer Kloster

67 tig erhaltenen Kirche im hochgotischen Stil und den Konventualinnen-Häusern ist eine kleine Welt für sich und einen Rundgang wert. Die reichliche Ausstattung der Kirche lässt die sakralen Liturgien zur Zeit der Be - nediktinernonnen und später der adeligen Stiftsdamen nachempfinden, die seit der Reformation den Damenstift bewohnen. Heute wird die Klosterkirche auch als Ort klassischer Sommer- und Orgelkonzerte ge - nutzt. Zum Kloster gehörten 41 Dörfer im Gebiet der Probstei, die bis 1542 der Grund- und Gebietsherrschaft des Klosterpropstes un - terstanden. Es ist bedeutsam, dass der Propst als Grundherr seinen Kolonisten ihre Landstellen als freies Eigentum überlassen hat. So sind die Probsteier freie Bauern ge - blieben und nicht Leibeigene geworden wie die Untergebenen der umliegenden adeli - gen Güter. Abb. 5: Obelisk und Inschriften Heute sind von den einst umfangreichen Ländereien in der Probstei noch etwa 1600 ha Land und Wald im Klosterbesitz geblie - ben, die von der Klosterverwaltung bewirt - schaftet werden. Vor dem Torhaus erinnert ein Obelisk an den Preetzer Klosterpropst Friedrich Graf von Reventlou. Als Mitglied der Provisori - schen Regierung unterzeichnete er die Proklamation von 1848 für die Aufrechter - haltung der historisch entstandenen Lan- desrechte der Herzogtümer und stritt gegen die schleichende Vereinnahmung durch Dänemark. Von der ehemaligen Klostermühle sind die Turbinenkammern mit ihren Kreuzgewöl - ben im Flussbett unter der Straßenbrücke Abb. 5a: Vorderseite geblieben. Dem imposanten Bauwerk droht der Abriss, da Mittel für die Sanierung fehlen. Im Harderpark mündet die Alte Schwentine, die im Preetzer Stadtgebiet Mühlenau genannt wird, nach 25 km in die Bungsberg-Schwentine ein. Ritterschaft und Adel haben die Siedlungs - geschichte der Neuzeit in durch Ausbildung bäuerlicher Leibeigenschaft als Folge der Gutsherrschaft maßgeblich ge - prägt. Die beiden Güter Depenau und Per - doel an der Alten Schwentine spiegeln die Adelsgeschichte bekannter holsteinischer Geschlechter wider. Perdoel geht auf das 13. Jahrhundert zurück und hat seinen Ur - sprung in einer Turmhügelburg (Motte) im Abb. 5b: Rückseite

68 1735 erbaut und frei zugängig; das Gut De - penau dagegen ist in Privatbesitz. Dem adeligen Gutsherrn stand die ab 1524 verbürgte Patrimonialgerichtsbarkeit zu. Sie gehörte zum Wesen der Leibeigenschaft wie das Schollenband (keine Freizügigkeit), der Frondienst (Hand- und Spanndienste) so - wie der Heiratskonsens (keine Heirat ohne Zustimmung des Gutsherrn). Den Pflichten der Untergebenen stand die Konservations - pflicht des Gutsherrn gegenüber, also dessen Verpflichtung zur Daseinsfürsorge für seine Insten, Kätner und Hufner. Die Wassermühlen waren Zwangsmühlen und Dienstleistungszentren; ihre angeglie - derten Schankwirtschaften regionale Treff - punkte. Der Landgasthof in der Perdoeler Mühle an der Nordspitze des Belauer Sees ist zurzeit geschlossen; das imposante De - penauer Mühlengebäude am Nordende des Stolper Sees geht einer gründlichen Reno - vierung entgegen. Als vierte Mühle verdient die spätmittelal - terliche Wassermühle des Gutes Kühren Be - achtung, die 1435 erstmals erwähnt wird. Sie wurde durch das Wasser eines 3 km lan - Abb. 6: Turbinenkammer gen Grabens, der von Kührenerbrücke zum verläuft und dort aufgestaut Stolper See. Depenau fiel 1551 infolge Erb- wurde, gespeist. reglung auf Perdoel an den Bruder des Erb - Ab Mitte des 17. Jahrhunderts wurde in Per - berechtigten. Das Torhaus in Perdoel ist doel eine Glashütte betrieben, in der 15 Ar -

Abb. 7: Torhaus Gut Perdoel

69 Abb. 8: Depenauer Mühle beiter unter Anleitung eines Glasmeisters das Rohmaterial zur Glasherstellung. Ar - Waldglasflaschen und Gebrauchsglas her - chäologische Funde aus dieser Periode sind stellten. Die Buchen wurden der Holzung im „Museum des Kreises Plön mit nord - Bockhorn entnommen, ihre Pottasche lie - deutscher Glassammlung“ zu sehen. ferte gemeinsam mit regionalem Quarzsand

Abb. 9: Perdoeler Mühle

70 Kruse (1865 –1926), der durch idyllische No - vellen aus seiner holsteinischen Heimat Be - kanntheit erlangte. Heute schreibt auf Hof Wittmaaßen bei Stolpe der Bio-Milchbauer Matthias Stührwoldt humorvolle Episoden aus dem Leben eines Landwirtes („Verliebt Trecker “), die sich überregionaler Be - liebtheit erfreuen.

Landschaft und Landwirtschaft im Wandel Der dänische Major Gustav Adolf von Va - rendorf fertigte von 1789 –96 ein sehr in - haltsreiches Kartenwerk anhand von Karten und Zeichnungen des Schleswigschen In - fanterieregiments. Der abgebildete Kartenausschnitt der Preet - zer Postseefeldmark (Abb. 21) zeigt sehr deutlich die angelegten Knicks und Redder Abb. 10: Grenzstein aus dänischer Zeit bei Löptin des eingekoppelten Landes. Die Verkoppe - lungsverordnung von 1771 leitete in den Herzogtümern eine Flur-Neueinteilung ein. Liebschaften und Kulturschaffende Damit wurden die Nachteile des Flurzwan - Um 1700 war das Gut Perdoel im Besitz der ges überwunden, der den Bauern bis dahin Gräfin Marie Aurora von Königsmarck, auf ein rationelles Wirtschaften erschwert hatte. Gut Depenau wuchs zur gleichen Zeit Anna Sie erhielten per Los oder Zuteilung Land in Constantia von Brockdorff auf; beide waren über Jahre Mätressen Augusts des Starken von Sachsen. Erstere wurde später Priörin des Stiftes Quedlinburg; Anna Constantia avancierte zur Reichsgräfin Cosel, verfiel aber wegen ihrer Eigenwilligkeit in Un - gnade und wurde 50 Jahre lang bis zu ihrem Tod auf einer Festung gefangen gehalten. Einblick in ihre mögliche Gedankenwelt während ihrer 50-jährigen Festungshaft und retrospektive Szenen aus ihrem Leben ver - mittelt der Roman „Die Frau im Turm“ von Viola Roggenkamp (Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2009). Im idyllisch gelegenen Ortsteil Altekoppel in Ruhwinkel zwischen Fuhlen- und Schieren - see ist der Landschaftsmaler Charles Ross (1818 –1858) aufgewachsen, der sich in der Schleswig-Holstein-Frage um 1850 ge - gen Dänemark positionierte. Am Wegesrand von Depenau nach Löptin erinnert noch heute ein Grenzstein aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts („LÖPTIEN GRÄNS“) daran, dass das Herzogtum Hol - stein Teil des dänischen Gesamtstaates war. Abb. 11: Ein für die Landschaft typischer Spur - Ebenfalls in Ruhwinkel beheimatet ist Iven plattenweg

71 zusammenhängenden Stücken, die mit Acta betreffend „bestimmter Zustände in Knicks (Wallhecken) einzufrieden waren. den Dörfern Stolpe und ": Die Knicks verhinderten Viehschäden durch In den Güterdistrikten waren von der Kata - Einbruch in benachbarte Felder und schütz - strophe biblischen Ausmaßes (Anm.d.V.: ten vor Winderosion. So entstand das für Hungersnot durch Missernte ) vorwiegend unsere Landschaft so typische Knicknetz, Landarbeiter ohne Besitz betroffen, die durch und diese umwälzende Agrarstrukturver - die Segnungen der Aufhebung der Leibeigen - änderung hatte den Aufschwung der bäu - schaft 1805 zwar nunmehr frei geworden, erlichen Landwirtschaft zur Folge. doch damit auch zu einem Großteil ihrer an - Die Flurbereinigung nach dem Zweiten gestammten Arbeit verlustig gegangen wa - Weltkrieg tat der fortschreitenden Motori - ren. Die Hufner, die zuvor von den Gutsher - sierung der landwirtschaftlichen Betriebe ren zu Hofdiensten verpflichtet waren und Genüge und bewirkte weitere Flächenzu - zu diesem Zweck Knechte und Mägde über sammenlegungen, denen viele Knicks wei - den eigenen Bedarf auf ihren Höfen gehalten chen mussten. In der intensivierten Land- hatten, bewirtschafteten die ihnen nunmehr wirtschaft werden sie vielfach als lästig em- in Erbpacht gegebenen Stellen mit nur noch pfunden. Sie sind als schützenswerte Bio - rund der Hälfte an Personal. Die andere, frei - tope unter Naturschutz gestellt, schaffen ein gesetzte Hälfte verdingte sich den Sommer wachstumsfreundliches Mikroklima und über so gut es eben ging als Zeitarbeiter/ bieten Tieren und Pflanzen Schutz und Le - Tagelöhner in der Landwirtschaft oder zog bensraum. Eine Luftaufnahme der Postsee - als Arbeiter mit dem Straßen- und Eisen - feldmark aus dem Jahr 2009 lässt im Ver- bahnbau. Der erarbeitete Lohn musste dann gleich mit der Varendorf-Karte (Abb. 21) die während des Winters, wenn die Arbeit ruhte, Strukturen noch erkennen, zeigt aber auch, für die Ernährung der Familie reichen. dass viele Knicks nicht mehr vorhanden sind. Armut und Teuerung zogen Einbruch und Die Entlassung der Bauern aus der Leibei - Diebstahl nach sich, waren aber auch Folgen genschaft verlief um die Wende vom 18. ins des gesellschaftlichen Umbruchs. 19. Jahrhundert; ein Prozess, der sich nicht nur über Jahrzehnte hinzog, sondern auch die Gutsbesitzer entzweite. Mit Hans Graf Regionaler Eisenbahnverkehr von Rantzau auf Gut fand die „Bauernbefreiung von oben“ einen ihrer Das Eisenbahnzeitalter in Schleswig-Hol - wichtigsten Protagonisten im hiesigen stein war durch den Bau der Strecke Al - Raum. Gemeinsam mit dem ersten nicht- tona – 1844 im dänischen Gesamtstaat adeligen Besitzer des Gutes Perdoel, Georg von nationalem Enthusiasmus geprägt. In Ludwig Bokelmann, vertrat er in dieser der Diskussion um weitere Strecken bemüh - Frage einen weitblickenden Ansatz. Auch ten sich Gemeinden und Gutsbesitzer ei - Nikolaus Graf von Luckner auf Gut De - nerseits aus wirtschaftlichen Gründen um penau, der 1794 in Paris guillotiniert wurde, eine Anbindung, andererseits bewirkten und sein Sohn Ferdinand sahen wegen der Ängste vor den Feuerrössern, dass Halte - vielen Aufstände der Bauern in Depenau punkte von den Ansiedlungen ferngehalten eine dauerhafte Problemlösung nur in einer wurden. Die Altonaer-Kieler Eisenbahn-Ge - Entlassung ihrer Untertanen aus der Leibei - sellschaft nahm 1866 die Strecke Neumüns- genschaft. ter –Ascheberg –Neustadt in Betrieb. Die Die 1805 per Gesetz verordnete Befreiung einsam gelegenen Stationen Perdoel und der Bauern ging einher mit der Über - Kalübbe geben Zeugnis für die Vorbehalte, führung von Acker- und Weideland aus während Wankendorf in zentraler Lage als adeligem Grundbesitz in bäuerliches Eigen - späterer Kreuzungspunkt mit der Klein - tum, zumeist in Erb- oder Zeitpacht. Doch bahn Kiel –Segeberg (1911 –1961) gleich zwei damit waren längst nicht alle sozialen Pro - Bahnhöfe hatte. bleme gelöst. Die Situation 1844 –1845 auf Die Konkurrenz des motorisierten Straßen - dem Lande wird im Jahrbuch für Heimat - verkehrs bewirkte 1985 die Einstellung des kunde im Kreis Plön 2002 wie folgt be - Personenverkehrs der Linie Neumünster – schrieben: Ascheberg, zehn Jahre später folgte der Gü -

72 Abb. 12: Ehemaliges Eisenbahnkreuz in Wankendorf

Abb. 13: Naturschutz 1: Schutz der Uferrandstreifen

73 terverkehr. Eisenbahnfreunde versuchen gleiten den Fluss in dem von ihm eiszeitlich zurzeit, das behördliche Entwidmungsver - geprägten Tunneltal. Während der Eiszei - fahren zu stoppen, um die Trasse für eine ten haben Eis- und Gletschermassen dicke spätere Reaktivierung verfügbar zu halten. Geröllschichten als Grundmoränen zurück - 1910 erfolgte die Inbetriebnahme der Klein - gelassen und die Landschaft geformt; rie - bahn –Preetz –Lütjenburg, de- sige Toteisblöcke lagen in den Talmulden. ren Linienführung unter dem Einfluss der Der Abschmelzvorgang schuf die Seen der Gutsbesitzer nicht allgemeinwirtschaftlicher Alten Schwentine, die nach dem Durch - Zielsetzung entsprach und die bis zu ihrer bruch der Kame am Ort der späteren De - Stilllegung 1938 unter erheblichen finanzi - penauer Mühle (heute „Nadelloch“) das ellen Schwierigkeiten operierte. In Bre - Wasser des Seengebietes in die Ostsee ab - deneek bei Preetz ist auf freiem Feld eine führte. Markante Hänge und tief eingebet - Brücke der Bahnlinie über die Spolsau er - tete Seen, Feuchtflächen, Hoch- und Nie - halten; der Preetzer Kleinbahnhof diente bis dermoore, Kleingewässer, Bruchwälder, zu seinem Abriss einige Jahre als Jugend - Grün- und Ackerflächen mit Knicks sind herberge. Heute lassen die Unterführung heute in den Landschaftsschutz einbezogen. des Bahnkörpers der Strecke Kiel –Lübeck Die jahrhundertalte Entwicklung zur Kul- im Mühlenaupark und der Wanderweg die turlandschaft und ihre intensive Nutzung einstige Trasse erkennen. Der Kleinbahn - durch den Menschen haben die Region damm über die Sieversdorfer Brücke teilt nachhaltig geprägt. den Postsee in zwei Teile und ist ein vielge - Heute leiden die Binnenseen unter zu nutzter Weg durch Spaziergänger, Radfah - hohen Nährstoffeinträgen aus ihrem Ein - rer und Naturfreunde. zugsgebiet und damit unter Überdüngung mit Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen. In der Bornhöveder Seenplatte galt der Stol - per See lange als Problemfall; jüngste Un - Landschafts- und Gewässerschutz tersuchungen weisen jedoch eine Abnahme Nebenstraßen und Wanderwege im Gebiet seiner Eutrophierung auf. Sein ökologisches der Alten Schwentine verlaufen durchgän - Potenzial und das des Belauer Sees werden gig in Landschaftsschutzgebieten und be - im aktuellen Monitoring mit „mäßig“, Born -

Abb. 14: Naturschutz 2: Extensive Beweidung mit Robustrindern

74 Lebensraum für Tiere und Pflanzen dar, wo sich einzelne Kranichpaare angesiedelt und mit unterschiedlichem Erfolg gebrütet haben. Auf den Feuchtwiesen der Stiftung Natur - schutz Schleswig-Holstein oberhalb Kühre- nerbrücke fördert der Entwässerungsstopp die Regeneration der Niedermoore. Die Stif - tung managt gemeinsam mit Partnern die Preetzer Postseefeldmark, wo Robustrinder eine halboffene Weidelandschaft pflegen, und beabsichtigt zudem die Vernässung des Stolper Moores. Der Gewässerunterhal - tungsverband Schwentine projektiert an den drei ehemaligen Wassermühlen Sohlgleiten, um die Durchgängigkeit des Flusslaufes für Wasserlebewesen zu bewirken, und plant die natürliche Entwicklung der Niederun - gen südlich des Postsees. An den Fließgewässerabschnitten ist der Eisvogel heimisch. Der „fliegende Diamant“ bevorzugt saubere Gewässer, nistet an Steil - hängen und erbeutet kleine Wasserlebewe - sen durch Stoßtauchen. Dabei macht eine

Abb. 15: Ein fliegender Diamant: der Eisvogel (Foto: Michael Neubauer) höveder-, Schmalen- und Postsee hingegen mit „unbefriedigend“ bewertet (Quelle: Ökologische Zustandsbewertung der größe - ren Seen in Schleswig-Holstein nach EU- Wasserrahmenrichtlinie, Stand 08/2009, MLUR). Hecht, Barsch, Zander, Aal, Rotauge, Karp - fen, Brasse, Schleie, Plötze und Maräne bil - den die Grundlage der fischereiwirtschaftli - chen Nutzung und des Angelsports in den Seen der Region. Der Stolper See ist im Be - sitz des Landessportfischereiverbandes; die übrigen Seen sind an Binnenfischereibe - triebe verpachtet, die dieses traditionsrei - che Handwerk ausüben. Durch Extensivierung des Landbaus und der Viehhaltung in ufernahen Bereichen werden die Nährstoffeinträge in die Ge - wässer reduziert. Naturschützer und -nut - zer arbeiten gemeinsam an Maßnahmen, die der Renaturierung zusammenhängen - der Biotopverbunde dienen. Die Flächen der Schrobach-Stiftung in der Pohnsdorfer Stauung westlich des Postsees stellen nach Abb. 16: Vogel des Glücks: der Kranich ihrer Wiedervernässung einen wertvollen (Foto: Christopher Engelhardt)

75 Abb. 17: Begegnung im Frühsommer zunehmende Verkrautung die Nahrungssu - wüssten. Nicht nur der Fluss steht im Schat - che zum Problem. ten der großen Schwester, auch sein Ein - Der kleine Fuhlensee nahe Ruhwinkel ist zugsgebiet vermag von der nahe gelegenen als Naturschutzgebiet ausgewiesen; der Tourismusregion Holsteinische Schweiz verlandende See ist von Erlenbruchwald nicht recht zu profitieren. So bezeichnet sich umgeben und dient seltenen Pflanzen und Preetz zwar als „Tor zur Holsteinischen Tieren als Lebensraum. Die sehr alte und Schweiz“, bleibt aber in der touristischen imposante Kattholzeiche mit ca. 13 m Um - Wahrnehmung hinter der Akzeptanz ge - fang nahe der Perdoeler Mühle ist ein ein - genüber dieser zurück. Dass im Einzugsge - getragenes Naturdenkmal, und knorrige biet der Alten Schwentine kaum Konflikte alte Eichen säumen beiderseits die Straße zwischen Landschafts- und Naturschutz bei Gut Perdoel. Von der „Liebeseiche“ und hohem Urlauberaufkommen auftreten, führt eine altehrwürdige Eichenallee zum erweist sich als Standortvorteil für Urlaubs - ehemaligen Meierhof Diekhof und weiter gestaltung und erlaubt sanften Tourismus nordwärts zum tief eingeschnittenen zugunsten von Natur und Landschaft. Drömlingsee und erlaubt einen Blick auf Die Fließgewässerabschnitte oberhalb des die ehemals adeligen Güter Horst und Stolper Sees sind für Wasserwanderer nur Bundhorst am Wegesrand. schwer zu befahren, da sie sehr mit Wasser - pflanzen durchwachsen sind; der Abschnitt von der Depenauer Mühle bis in den Post - see dagegen kann nahezu mühelos befahren Perspektiven der Kultur- und Naturland - werden. Während Belauer See und südli - schaft cher Postsee nur für Durchfahrten genutzt Wohnen, wo andere Urlaub machen; ein werden dürfen, sind die anderen Seen frei Motto, das die Bewohner dieser Gegend befahrbar. Übersetzmöglichkeiten für Boote auch für sich gern in Anspruch nähmen, an den drei Wassermühlen stehen im Zuge wenn denn Urlauber um den Reiz des der Errichtung von Sohlgleiten zur Diskus - Landschaftsraumes der Alten Schwentine sion. Campingplätze am Bornhöveder

76 Abb. 18: Wasserwandern

Abb. 19: Die „Mühlenau” in Preetz

77 Freibad und an der Perdoeler Mühle sowie über eine Brücke führte. Heute ist eine Um - Badestellen an den Seen stehen für Freizeit - rundung des südlichen Postsees nur auf der gestaltung am Wasser zur Verfügung. Landstraße über Kührenerbrücke möglich, Der Fluss lässt sich über große Strecken bei - die keinen Fuß- und Radweg hat. derseitig auf Rad- und Wanderwegen be - Die Anzahl der Landgaststätten ist weiter - gleiten, allerdings zumeist in gehörigem hin rückläufig, und Einkaufsmöglichkeiten Abstand, was seiner Biosphäre zugute - für Radfahrer, Wanderer und Kanuten ent - kommt. Lediglich an den Mühlen und lang der beschriebenen Strecken sind kaum Brücken wird die Alte Schwentine für Be - vorhanden, sodass diesbezüglich Ausflüge trachter sichtbar. und Touren vorgeplant werden müssen. Landschaftlich und verkehrsberuhigt emp - Mit Austritt aus dem verlässt fehlenswert sind die Wege vom Freibad die Alte Schwentine den Kreis Segeberg und Bornhöved über Altekoppel, Stolpe, De - verbleibt auf ihrem Weg zur Mündung im penau, Löptin und bis nach Preetz Kreis Plön. Sie durchläuft die Ämter Bok - (über den Kleinbahndamm). Nach der Er - horst-Wankendorf und Preetz-Land sowie neuerung der maroden Brücke an der De - die Stadt Preetz. Die ländlichen Strukturen penauer Mühle führt ein Wanderweg und die faszinierende Landschaft bieten wieder zur Eichenallee Richtung Diekhof. Möglichkeiten der Wertschöpfung über Die Ausschilderung der Radwege ist vor - Wirtschaft und Landwirtschaft hinaus. Mit bildlich und lässt kaum Irritationen zu. Der der vielfältigen Natur- und Kulturland - Radweg an der L 67 aus Ascheberg endet an schaft verfügt die Region über ein Potenzial, der Abzweigung zum Gut Horst und sollte das seinen Bewohnern Zukunftsperspekti - bis Depenau weitergeführt werden, um ven vermitteln kann. diese Lücke im Radwegenetz zu schließen. Eine Identifizierung mit der Region Alte Kurz vor der Einmündung in den Postsee Schwentine durch die betroffenen Gemein - kreuzt der Fluss den alten Kirchsteig von den und ihre Bewohner kann ein Verständ - Postfeld nach Preetz, der in früheren Zeiten nis für sanften Tourismus entwickeln, um

Abb. 20: Zusammenfluss der beiden Schwentinen in Preetz

78 Abb. 21: Postseefeldmark, Ausschnitt einer Reproduktion der „Topographisch Militärischen Charte des Her - zogtums Holstein“ (1789 –1796), Teil 22, Kiel-Ost/Preetz, aufgenommen unter der Direktion des Majors Gustav Adolf von Varendorf durch Offiziere des Schleswigschen Infanterie-Regimentes Herausgegeben vom Landesvermessungsamt Schleswig-Holstein 1986, Maßstab 1:25.000 das Kapital dieser Landschaft zu erhalten Mündung in Preetz eine zusammenhän - und zu nutzen. gende kulturhistorische Landschaft, deren Die Alte Schwentine durchläuft von der Liebreiz dem der Holsteinischen Schweiz Quelle bei Bornhöved über das Wanken - nicht nachsteht und den es zu entdecken dorfer Seengebiet und den Postsee bis zur gilt.

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