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Thüringer Landtag Drucksache 6/3656 6

Thüringer Landtag Drucksache 6/3656 6

Thüringer Landtag Drucksache 6/3656 6. Wahlperiode 23.03.2017

Kleine Anfrage des Abgeordneten Bühl (CDU) und

Antwort des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales

Mitbestimmungsmöglichkeiten von jungen Menschen in kommunalen Gremien

Die Kleine Anfrage 1758 vom 16. Dezember 2016 hat folgenden Wortlaut:

Kinder und Jugendlichen frühzeitig eine aktive Teilhabe an der Gestaltung von demokratischen Prozessen zu ermöglichen bleibt ein wichtiges Ziel, in dem vor allem Kommunen als erste politische Ebene eine wich- tige Bedeutung haben. In vielen Orten gibt es bereits Kinder- und Jugendbeiräte oder Jugendparlamente. Auch in meiner Heimatstadt werden Kinder und Jugendliche über einen Beirat beteiligt. Die örtli- che Ausgestaltung einer solchen Beteiligung ist dabei stark unterschiedlich.

Ich frage die Landesregierung:

1. In welchen Thüringer Gemeinden und Orten haben Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, auf kommu- nalpolitische Prozesse Einfluss zu nehmen und auf welche Arten?

2. Wie sind die Gremien der Mitbestimmung für junge Menschen in den Thüringer Gemeinden dabei zu- sammengesetzt (welche Altersstruktur und wie viele Mitglieder haben die Gremien aufgeführt nach Kom- munen, wann sind sie entstanden?)

3. Wie schätzt die Landesregierung die Arbeit der bestehenden Kinder- und Jugendbeiräte oder Parla- mente ein?

4. Plant die Landesregierung die kommunalrechtlichen Möglichkeiten zur Beteiligung junger Menschen auszubauen? Wenn ja, wie?

5. In welchen kommunalen Bereichen sollten junge Menschen nach Auffassung der Landesregierung be- sonders beteiligt werden?

6. Wie unterstützt die Landesregierung Jugendverbände und Jugendparlamente bei der Mitwirkung an de- mokratischen Prozessen?

7. Wie befördert die Landesregierung die Gründung und den Aufbau von aktiver kommunaler Mitbestim- mung durch Kinder und Jugendliche?

Druck: Thüringer Landtag, 13. April 2017 Drucksache 6/3656 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode

Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Landesre­ ­ gierung mit Schreiben vom 21. März 2017 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Der Thüringer Landesregierung liegt keine umfängliche und belastbare Übersicht zu den durch die Frage- stellung in Bezug genommenen Daten vor. Gleichwohl gibt es nach Kenntnis der Landesregierung in nach- folgenden kommunalen Gebietskörperschaften Kinder- und Jugendbeteiligungsstrukturen, durch die Kinder und Jugendliche ihre Interessen gegenüber Kommunalpolitik und Verwaltung vertreten können.

Gemeinde/Landkreis Beteiligungsstruktur Jugendforum Altenburg Jugendrat Bad Frankenhausen Kinder- und Jugendstadtrat Dingelstädt Jugendparlament Kinder- und Jugendforum Gotha Jugendparlament Heilbad Heiligenstadt Ilmenau Kinder- und Jugendbeirat Ilmenau Leinefelde-Worbis Jugendforum Leinefelde/Worbis Kinder- und Jugendstadtrat Meiningen Mühlhausen Schülerparlament der Stadt Mühlhausen Kinder- und Jugendausschuss Saalfeld Jugendparlament in Gründung Kinder- und Jugendbeirat Jugendbeirat Sömmerda Kinder- und Jugendparlament Sömmerda Steinach Kinder- und Jugendbeirat Weida Kinder- und Jugendparlament Weida Zella-Mehlis Jugendbeirat Landkreis Gotha Kinder- und Jugendparlament Gotha Landkreis Nordhausen Kinder- und Jugendparlament Landkreis Saale-Holzland-Kreis Jugendbeirat der Saale-Holzland-Region Landkreis Sonneberg Jugendparlament Sonneberg Stadt Kinderbeauftragte Landeshauptstadt Beteiligungsstruktur und Schülerparlament in Gründung Stadt Jugendrat Gera Stadt Jugendparlament Jena Stadt Kinderbüro

Darüber hinaus gibt es weitere Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche auf kommunalpolitische Prozes- se Einfluss zu nehmen:

Mit der Änderung des Thüringer Kommunalwahlgesetzes wurde es Jugendlichen ermöglicht, ab ihrem 16. Lebensjahr bei Kommunalwahlen sowie bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden ihre Stimme ab- zugeben. Ferner ist die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen im Achten Buch Sozialgesetzbuch fest- geschrieben. Somit gehört in den meisten Kinder- und Jugendeinrichtungen, ganz besonders in den Ju- gendverbänden aber auch in der schulbezogenen Jugendsozialarbeit, der Jugendarbeit und im Bereich der Hilfen zur Erziehung die Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen zum Selbstverständnis und viel- fach schon zum Alltag.

Ein weiteres Mitwirkungsgremium sind die Jugendhilfeausschüsse. In folgenden Jugendhilfeausschüssen haben junge Menschen per Satzung eine beratende Stimme (als Vertreter der Schülervertretungen oder Jugendverbände oder des örtlichen Jugendgremiums):

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• Erfurt: Kreisschülervertretungen der Regelschulen, Gymnasien sowie Förderschulen sowie Stadtjugendring • Gera: Kreisschülervertretung • Jena: Kinder- und Jugendparlament • Saalfeld-: Kreisschülervertretungen der Regelschulen, der Gymnasien, Förderschulen sowie Berufsbildenden Schulen • : Kinder- und Jugendbeirat (soweit besetzt), Stadtjugendring

Zu 2.: Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor.

Zu 3.: Mit den bestehenden Jugendgremien in Thüringen können Kinder und Jugendliche ihre Umgebung und Le- bensrealität mitgestalten und bei gesellschaftlichen und politischen Prozessen mitentscheiden. Damit wer- den sie zu Experten in eigener Sache und können auf Prozesse und Entscheidungen, die Auswirkungen auf ihre Lebensrealität und ihre Zukunftschancen haben, Einfluss nehmen.

Die durch den Landesjugendhilfeausschuss Thüringen in 2015 beschlossenen "Qualitätsstandards für die Beteiligung von jungen Menschen in der Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit sowie in Kommunen" bie- ten mit den allgemeinen Standards für die Kinder- und Jugendbeteiligung eine Anleitung und Orientierung zur Selbsteinschätzung.

Zu 4.: Im Rahmen der derzeit laufenden Erarbeitung einer Landesstrategie zur Mitbestimmung junger Menschen wird durch die Landesregierung geprüft, welche Regelungen Einfluss auf die Wahrnehmung von Mitbestim- mungsrechten junger Menschen haben und ob es verbindlicher Regelungen bedarf, um Strukturen der Kin- der- und Jugendbeteiligung in Thüringen zu stärken.

Darüber hinaus sieht die Thüringer Landesregierung die im Rahmen der Thüringer Kommunalordnung ent- haltenen Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme von Interessensgruppierungen am demokratischen Meinungs- bildungsprozess als ausreichend an. Danach können Gemeinden und Landkreise aufgrund ihres Selbstorga- nisationsrechts im eigenen Wirkungskreis neben den in § 26 Abs. 4 Thüringer Kommunalordnung erwähnten Ausländerbeiräten auch Beiräte oder anders benannte Mitwirkungsformen für bestimmte andere Bevölke- rungsgruppen einrichten. Auf dieser Grundlage können auch kommunale Jugendparlamente mitwirken.

Zu 5.: Grundsätzlich wird jegliche Teilhabe junger Menschen am demokratischen Meinungsbildungsprozess in- nerhalb der örtlichen Gemeinschaft positiv bewertet. Als Expertinnen und Experten in eigener Sache sollen junge Menschen an allen Prozessen und Entscheidungen, die sie betreffen und dementsprechend Auswir- kungen auf ihre Lebensrealität und ihre Zukunftschancen haben, beteiligt werden.

Zu 6.: Die überregionale Arbeit der im Landesjugendring Thüringen zusammengeschlossenen Jugendverbände wird unter Berücksichtigung ihrer Tätigkeit, Struktur und Größe im Rahmen des Landesjugendförderplans gefördert. Über die Richtlinie "Örtliche Jugendförderung" wird die Arbeit der Jugendverbände auf der Örtli- chen Ebene unterstützt. Darüber hinaus finden regelmäßige Beratungen zwischen dem Thüringer Ministe- rium für Bildung, Jugend und Sport sowie den Vertretern und Vertreterinnen der Thüringer Jugendverbän- de und ihrer Zusammenschlüsse statt.

Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport fördert ferner den einmal jährlich stattfindenden landesweiten Jugendgremienkongress (Treffen der Jugendparlamente, Kinder- und Jugendräte sowie wei- terer Kinder- und Jugendgremien). Darüber hinaus entsteht derzeit mit Beratung und Unterstützung der Landesregierung eine kommunale Vernetzung aller Thüringer Jugendgremien.

Zu 7.: Der Aufbau von aktiver kommunaler Beteiligung wird durch verschiedene Maßnahmen unterstützt. Dies sind unter anderem. • die Förderung von Projekten über den "Länderfonds des Freistaats Thüringen und des Deutschen Kinder- hilfswerkes (DKHW)", • die Ausbildung von Moderatoren und Moderatorinnen für Kinder- und Jugendbeteiligungsprozesse,

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• die Förderung von Konzepten der außerschulischen Jugendbildung mit dem Thema Partizipation im Rah- men des Landesjugendförderplanes, • die fachliche Begleitung bei der Etablierung von Jugendforen in den lokalen Partnerschaften für Demo- kratie durch die NaturFreunde Thüringen e. V., • die Erarbeitung der Landesstrategie Mitbestimmung junger Menschen in Thüringen.

Dr. Poppenhäger Minister

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