Flüchtlinge in Niedersachsen Von Dr
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8-9/2005 Niedersachsen - vom Grenzland zum Land der Mitte von Peter Hoffmann Flüchtlinge in Niedersachsen von Dr. Dieter Brosius Sonderdruck zum Jubiläum 100 Jahre Niedersächsischer Heimatbund e.V. in Hannover am 7./8. Oktober 2005 Grußwort zum Jubiläum 100 Jahre Niedersächsischer Heimatbund Der Niedersächsische Heimatbund feiert am 7./8. Oktober 2005 sein 100jähriges Jubiläum. Zu diesem Geburtstag gratulieren der Niedersächsische Städtetag und die in ihm zusammengeschlossenen 131 Städte, Gemeinden und Samtgemeinden recht herzlich. Der Niedersächsische Heimatbund hat in den 100 Jahren intensiv das Heimatbewusstsein der Menschen gefördert. Insbesondere in den letzten Jahrzehnten wurden zahlreiche Aktionen durchgeführt, die sich mit der vielfältigen Geschichte und dem kulturellen und landschaftlichen Reichtum unseres Landes befassen. Beispielhaft zu erwähnen sind die Veranstaltungen, die von den Fachgruppen des Niedersächsischen Heimatbundes auf allen Gebieten der Geschichte, Kultur und Landschaft durchgeführt wurden. Bundesweite Anerkennung hat die „Rote Mappe“ des Niedersächsischen Heimatbundes gefunden. Unter intensiver Mitarbeit der Mitglieder, aber auch der Bürgerinnen und Bürger, beschreibt die „Rote Mappe“ kritisch, aber auch wohlwollend die Entwicklung der Heimatpflege in Niedersachsen. Mit dieser Veröffentlichung hat der Niedersächsische Heimatbund in besonderer Weise die Aufmerksamkeit der Menschen auf die Bedeutung der Heimat gerade in der modernen Welt gerichtet. Es ist eine gute Tradition, dass die „Rote Mappe“ auf der Festversammlung des Niedersachsentages vom Präsidenten des Niedersächsischen Heimatbundes dem Ministerpräsidenten überreicht wird. Auch die Städte, Gemeinden und Samtgemeinden, von denen viele Mitglieder im Niedersächsischen Heimatbund sind, benutzen die „Rote Mappe“ als ideenreiche Zusammenstellung von Initiativen, die, trotz vieler kritischer Anmerkungen, auch der örtlichen Selbstverwaltung dienen. Wegen der Bedeutung der Geschichte unseres Landes für die Entwicklung eines eigenen Landesbewusstseins hat der Niedersächsische Städtetag bereits zum 84. Niedersachsentag des Niedersächsischen Heimatbundes in Duderstadt einen Sonderdruck veröffentlicht, in dem ein Kenner der niedersächsischen Geschichte, Prof. Dr. Hans-Heinrich Seedorf, unter dem Titel „Niedersachsen vom Bardengau zum Bundesland“ die Geschichte Niedersachsens bis zum Jahr 1945 anschaulich beschrieben hat. Zum 100jährigen Jubiläum überreicht der Niedersächsische Städtetag als Anerkennung der Arbeit des Niedersächsischen Heimatbundes einen weiteren Sonderdruck, in dem Peter Hoffmann die Geschichte Niedersachsens vom Jahr 1945 bis zur Gegenwart beschreibt. Da Niedersachsen außerdem in der Kriegs- und Nachkriegszeit ca. 3 Mio. Flüchtlinge und Vertriebene zumindest vorübergehend aufgenommen hat, ist in dieser Veröffentlichung auch der am 7. April 2005 zum “Tag der Landesgeschichte” im Niedersächsischen Landtag gehaltene Vortrag von Dr. Dieter Brosius enthalten, in dem der Autor die vielfältigen Probleme beschreibt, die mit der Aufnahme und Integration dieser Menschen verbunden waren. Dieser Sonderdruck des Niedersächsischen Städtetages wird in einer Auflage von 1.000 Exemplaren veröffentlicht und soll das Geschenk unseres Verbandes zum 100jährigen Geburtstag sein. Außerdem sind die Beiträge dieses Sonderheftes sowie der Aufsatz von Prof. Dr. Hans-Heinrich Seedorf ab 9. Oktober 2005 im Internet unter www.nst.de veröffentlicht. Alle im Rahmen der Reihe “Landesgeschichte im Landtag” gehaltenen Vorträge finden Sie im Übrigen unter “www.landtag-niedersachsen.de”. Damit erhalten alle Bürgerinnen und Bürger unseres schönen Bundeslandes die Möglichkeit, sich über unsere Geschichte und die Vielfalt des Landes zu informieren. Zugleich wollen wir damit insbesondere den Schulen, aber auch anderen Bildungseinrichtungen, die Möglichkeit eröffnen, Informationen über die Geschichte unseres schönen Landes zu erhalten. Martin Biermann Dr. Wolfgang Schrödter Präsident Hauptgeschäftsführer Sonderdruck „100 JahreSCHULE, Niedersä cKULTURhsischer UNDHeim aSPORTtbund“ Niedersachsen – vom Grenzland zum Land in der Mitte von Peter Hoffmann1 Zwei Generationen misst die Zeit, die Beachtung. Doch Gestapo und SS britische Militärverwaltung mit der amt- seit dem Ende des Zweiten Weltkrie- mordeten mancherorts weiter. So wur- lichen Bezeichnung „Militärregierung ges vergangen ist. Für die noch leben- den u.a. am Anfang April auf dem Deutschland - Britisches Kontrollge- den Zeitzeugen sind die letzten Kriegs- Seelhorster Friedhof in Hannover 154 biet“, die nach der Kapitulation der tage und die ersten Nachkriegsjahre russische Kriegsgefangene erschos- Deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 erlebte - meistens leidvolle - Geschich- sen und bei Soltau 269 politische KZ- für das nordwestdeutsche Besat- te, für die Mehrzahl der Nachgebore- Häftlinge auf einem Transport nach zungsgebiet zuständig war, stellte vor- nen bereits ferne Vergangenheit, die Bergen-Belsen erschlagen. Leiden übergehend die früheren Länder Ol- gelegentlich in Erzählungen von Eltern musste auch die Bevölkerung von Uel- denburg, Braunschweig und Schaum- und Großeltern oder an Gedenktagen zen, das von Wehrmachts- und SS-Ein- burg-Lippe wieder her. in Erinnerung gerufen und damit parti- heiten gegen britische Truppen erbit- Schaumburg-Lippe gliederte die Mili- ell nacherlebbar wird. Für die Men- tert verteidigt wurde, die ihrerseits die tärregierung zunächst dem Bereich der schen zwischen Ems und Elbe, zwi- Stadt mit starkem Artilleriefeuer beleg- Region Westfalen ihrer Besatzungszo- schen Nordsee und Harz brachte der ten. Dabei wurden von den fast 4500 ne ein. Die Schaumburg-Lipper sahen 8. Mai 1945 nicht nur den Neuaufbau Wohnungen 644 total zerstört, 470 sich jedoch historisch mehr Hannover in Demokratie und Humanität, sondern stark und weitere 2700 leicht beschä- als Westfalen verbunden. Deshalb un- auch eine neue territoriale Ordnung, digt. terstellte die britische Militärregierung das Land Niedersachsen. Das Ende der Kampfhandlungen auf am 15. Mai 1946 das Land Schaum- Die letzten Tage des Krieges in niedersächsischem Boden kam burg-Lippe der Aufsicht des Oberprä- Niedersachsen schließlich mit der Teilkapitulation sidenten von Hannover, soweit dieser sämtlicher deutscher Streitkräfte in den damals zentrale Reichsaufgaben wahr- Anfang April 1945 erreichten erste alli- Niederlanden und in Norddeutschland nahm. Den Status eines selbständi- ierte Truppen niedersächsisches Terri- am 4. Mai 1945 im Zeltlager des briti- gen Landes behielt Schaumburg-Lip- torium. Ihr operatives Konzept sah vor, schen Feldmarschalls Sir Bernard pe jedoch weiterhin. Die ehemalige das Land in drei Stoßrichtungen zu er- Montgomery in der Gemeinde Häck- preußische Provinz Hannover blieb obern. Während die 1. Kanadische Ar- lingen bei Lüneburg. Diese auf Zeitge- zunächst erhalten. An ihre Spitze wur- mee mit Unterstützung durch eine pol- winn zur Rückführung des Flüchtlings- de am 18. September 1945 Hinrich nische Panzerdivision nach Ostfries- stroms aus dem Osten angelegte poli- Wilhelm Kopf als Oberpräsident be- land vorrückte, stieß die 2. britische tische und militärische Initiative ging rufen. Armee im Zentrum nach Nordosten vor. der bedingungslosen Gesamtkapitu- Teile dieser Armee besetzten Olden- Im Herbst 1945 rief die Besatzungs- lation der Deutschen Wehrmacht, die burg, während weitere Kräfte in Rich- macht den Gebietsrat Niedersachsen am 9. Mai in Kraft trat, voraus. tung Lüneburg rollten. Im südlichen ins Leben. Er sollte der Zusammenar- Abschnitt nahm die 9. US-Armee Han- Der Krieg forderte den Niedersachsen beit und Abstimmung des Verwal- nover, Hildesheim und Braunschweig schwere Opfer ab. Nahezu 300.000 tungshandelns in den staatlichen Ge- ein, um sich dann in Richtung Harz zu Soldaten waren gefallen, die Zahl der bietskörperschaften dienen. An ihn er- wenden. Dabei leisteten die schwa- zivilen Bombenopfer sowie der ermor- ging auch die Aufforderung der briti- chen deutschen Truppenteile ange- deten Juden betrug ca. 350.000. Dazu schen Militärregierung, Vorschläge zur sichts der Übermacht der Alliierten kamen die Zehntausende Menschen, Neugliederung der britischen Besat- kaum Widerstand und ergaben sich die in Konzentrationslagern auf dem zungszone zu erarbeiten. Gleichzeitig oftmals kampflos. Gebiet Niedersachsens um Leben ge- waren in großer Zahl Verwaltungsbe- kommen waren. Neben den vielen To- amte vom Bürgermeister bis zum Ober- In dieser Phase fanden auch letzte ten zählte man mit Ende des Krieges präsidenten hinauf als allein ausführen- Durchhalteparolen von nationalsozia- in Niedersachsen rund 175.000 unbe- de Organe ohne eigene Entschei- listischen Parteifunktionären, wie z.B. wohnbar gewordene Wohnungen - in dungskompetenz ernannt worden. Die die des Gauleiters von Südhannover- Wilhelmshaven 58,4 Prozent, in Emden Demokratie sollte von unten, in den Braunschweig, Hartmann Lauterba- 50 Prozent, in Hannover 47,5 Prozent, Kommunen beginnen, und so fanden cher, bis auf wenige Ausnahmen kaum in Hildesheim 40,7 Prozent, in Braun- im September und Oktober 1946 die schweig 34,6 Prozent und in Osna- ersten Kommunalwahlen statt. Vorher 1 Dipl.-Soz. Peter Hoffmann, geboren 1943 in Landau/Pfalz, 1962 Abitur in Holzminden, Zeit- brück 28,7 Prozent aller Wohnungen. war nach britischem Vorbild die zwei- gleisige kommunale Leitung - d.h. die soldat, Studium der Soziologie, Volkswirtschaft Neuordnung der Länder in der und Neueren Geschichte in Hamburg und Ber- Trennung in eine hauptamtliche Verwal- britischen Besatzungszone