Staatlichkeit in Der Schweiz

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Staatlichkeit in Der Schweiz LUCIEN CRIBLEZ, CHRISTINA ROTHEN, THOMAS RUOss (HG.) STAATLICHKEIT IN DER SCHWEIZ REGIEREN UND VERWALTEN VOR DER NEOLIBERALEN WENDE STAATLICHKEIT IN DER SCHWEIZ IN DER STAATLICHKEIT Staatlichkeit in der Schweiz Historische Bildungsforschung herausgegeben von Patrick Bühler, Lucien Criblez, Claudia Crotti und Andreas Hoffmann-Ocon Band 2 Lucien Criblez, Christina Rothen, Thomas Ruoss (Hg.) Staatlichkeit in der Schweiz Regieren und verwalten vor der neoliberalen Wende Publiziert mit Unterstützung des Schweizerischen National- fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung im Rahmen des Pilotprojekts OAPEN-CH. Weitere Informationen zum Verlagsprogramm: www.chronos-verlag.ch Umschlagbild: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv LBS_SR03-09435-08 © 2016 Chronos Verlag, Zürich ISBN 978-3-0340-1363-5 5 Inhalt Vorwort 7 LUCIEN CRIBLEZ, CHRISTINA ROTHEN, THOMAS RUOSS Der Wandel von Staatlichkeit in der Schweiz aus interdisziplinärer Perspektive. Zur Einleitung 11 THOMAS RUOSS, CHRISTINA ROTHEN, LUCIEN CRIBLEZ Staatlichkeit als Praxis Vermarktlichung des Gemeinnützigen? Neuordnungen des public-private mix in der Altersvorsorge Ende des 20. Jahrhunderts 31 MATTHIAS RUOSS Entwicklungshilfe im Innern. Die Heimpolitik des Bundes im Zeichen sich wandelnder Staatlichkeit, 1960–1990 57 URS GERMANN Der moderne Gesellschafts- und Bundesvertrag. Steuerpolitik im Kontext von sozioökonomischem Wandel und föderalistischer Staatlichkeit 85 GISELA HÜRLIMANN Expertenempfehlungen und politische Zielsetzungen. Zu den Diskussionen um einen Verfassungsartikel für Konjunkturpolitik Anfang der 1970er-Jahre 115 SIMONE CHIQUET Rechenschaft, Planung, Information. Prozesse, Formen und Inhalte der Luzerner Staatsverwaltungsberichte 143 FLAVIAN IMLIG Kontingentierung von Migration. Zur Soziologie einer Regierungstechnik 171 MICHAEL MÜLLI Transformationen des Gesundheitswesens seit den 1960er-Jahren. Die Beispiele der Aids- und der Drogenthematik 193 PETER-PAUL BÄNZIGER 6 Transformationen durch Wissen und Bildung Sanfter Etatismus. Weiterbildungspolitik in der Schweiz 219 MICHAEL GEISS Bundesstaatliche Förderung und föderalistische Verantwortung. Zur Neuregelung der Stipendienpolitik in den 1960er- und 1970er-Jahren 247 LUCIEN CRIBLEZ Eine neue Politik für eine neue Generation. Zum Wandel des Politikfelds Jugend in der Schweiz, 1960–1980 271 RAHEL BÜHLER Zwischen Innovation und Administration. Genese der wissenschaftlich orientierten Bildungsplanung in Zürich, Bern und Neuenburg, 1960–1990 297 CHRISTINA ROTHEN Viel Diskurs – wenig Steuerung. Schweizer Wissenschaftspolitik in der Mehrebenenrealität 317 THOMAS GEES Der Talent-Turn und seine staatliche Begleitmusik. Migration und die Politik der Hochqualifizierung 341 GANGA JEY ARATNAM Diskussion und Ausblick Gab es in der Schweiz eine neoliberale Wende? Ein Kommentar 369 DANIEL SPEICH CHASSÉ Die Transformation von Staatlichkeit in der Schweiz 1960–1990 aus bildungshistorischer Perspektive 385 LUCIEN CRIBLEZ Wandel von Staatlichkeit in der Schweiz in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Eine politikwissenschaftliche Perspektive 403 THOMAS WIDMER Autorinnen und Autoren 419 7 Vorwort Was «der Staat» zu sein hat beziehungsweise welche Aufgaben und Funktio- nen er übernehmen (oder eben gerade nicht übernehmen) soll, war schon in der antiken politischen Philosophie Gegenstand öffentlicher Diskussionen und wissenschaftlicher Reflexionen. Aber nicht nur die politische Philosophie, son- dern auch andere wissenschaftliche Disziplinen beschäftigten sich immer wie- der von Neuem und in immer neuen Kontexten mit dieser Frage: Staats- und Verwaltungsrecht, Volkswirtschaft, Politikwissenschaft, Soziologie – um nur die wichtigsten zu nennen. Insbesondere durch den Aufstieg der Sozialwissen- schaften in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die normative und idealistische durch eine empirische Perspektive auf den Staat ergänzt: Welche Aufgaben nimmt der Staat beziehungsweise nehmen Staaten auf welche Weise mit welchen Instrumenten wahr? Und welche Akteure, institutionellen Rege- lungen und Funktionsmechanismen sind eigentlich gemeint, wenn vom «Staat» gesprochen wird? Mit solchen und vielen andern empirischen Fragen waren und sind oft historische Perspektiven verbunden, wenn Veränderungen von Staatlichkeit und Staatsaufgaben in den Blick genommen werden. Warum aber geben eine Vertreterin und zwei Vertreter der Erziehungs- wissenschaft beziehungsweise der historischen Bildungsforschung einen Band zur Veränderung von Staatlichkeit in der Schweiz heraus? Auf diese Frage gibt es zwei allgemeine und eine spezifische Antwort. Erstens scheint uns das Ver- dikt von Axel Honneth, dass sich politische Philosophie und Pädagogik «von Herzen gleichgültig» geworden sind, eine zutreffende Feststellung.1 Es ist uns deshalb ein Anliegen, das Verhältnis von Bildung und Erziehung zu Staat, De- mokratie und Politik immer wieder und unter unterschiedlichen Perspektiven zu thematisieren. Zweitens stellten wir fest, dass die Veränderung von Staat- lichkeit in der Schweiz bislang nur punktuell bearbeitet worden ist, so zum Beispiel für den Übergang vom Ancien Régime zu den liberalen Staatsverfas- sungen der 1830er-Jahre, aber kaum für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Drittens gab uns eines unserer Forschungsprojekte Anlass, uns mit dem Thema eingehender zu beschäftigen. Im vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Projekt «Bildung in Zahlen»2 werden einerseits historische Langzeitreihen bildungsstatistischer Daten inventarisiert und öffentlich zugänglich gemacht,3 andererseits thema- 1 Die Zeit, 14. Juni 2012. 2 SNF 100017_146239; Laufzeit 2010–2016. 3 www.bildungsgeschichte.uzh.ch. 8 Lucien Criblez, Christina Rothen, Thomas Ruoss tisch fokussierte Analysen durchgeführt. Das Interesse bei den historischen Analysen zur politischen Funktion von Bildungsstatistik gilt insbesondere der Bedeutung statistischer Daten für die Strukturierung der öffentlichen Auf- merksamkeit und für die Legitimation politischer Interventionen. Im Verlauf des Projekts zeigte sich, dass in den 1960er- bis 1980er-Jahren in dieser Hin- sicht massgebliche Veränderungen nachzuweisen sind. Nicht nur stiegen die (wissenschaftlichen) Ansprüche an die Bildungsstatistik und entstanden im Kontext der Bildungsexpansion neue Bedürfnisse nach statistischen Daten, sondern es traten auch neue Akteure auf – und zwar auf kantonaler, interkan- tonaler und auf Bundesebene, dies nicht zuletzt, weil Politik und Verwaltung Entscheide stärker auf wissenschaftliche Ergebnisse abzustützen versuchten. Regierung und Verwaltung auf allen Ebenen des politischen Systems übernah- men neue Aufgaben und Rollen. Aus der Perspektive eines Politikfeldes, der Bildungspolitik, drängten sich Fragen nach der Spezifität des Bildungsbereichs und nach den Entwick- lungen in andern Politikfeldern auf. Mit solchen Fragen musste die disziplinäre Perspektive auf ein einzelnes Politikfeld überwunden werden. Wie veränder- ten sich Staat und Staatlichkeit generell und in andern Politikfeldern? Und wie werden diese Veränderungen aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven empirisch, analytisch und theoretisch gefasst? Antworten auf diese Fragen suchten wir, indem wir Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen Diszi- plinen aufforderten, sich mit einem Beitrag an einem Sammelband zu beteili- gen. Die Interessierten trafen sich am 16. März 2015 an der Universität Zürich zur Diskussion erster Skizzen und am 8. und 9. April 2016 zur Diskussion der Beiträge. Die Ergebnisse des Unterfangens liegen nun, ergänzt um drei synthe- tisierende Beiträge, als Sammelband vor. Ein Sammelband kommt nicht zustande ohne das Mitwirken vieler. Unser Dank gilt zunächst den Autorinnen und Autoren, die sich auf das Thema einge- lassen haben. Der Band deckt durch die unterschiedliche disziplinäre Herkunft der Autorinnen und Autoren wesentliche, wenn auch nicht alle Politikfelder und disziplinären Perspektiven ab. Die Kommentatoren an den beiden Tagun- gen in Zürich, Andreas Hoffmann-Ocon (Pädagogische Hochschule Zürich), Daniel Speich Chassé (Universität Luzern) und Thomas Widmer (Universi- tät Zürich), haben immer wieder sowohl aus disziplinärer Sicht als auch aus übergeordneter Perspektive auf Widersprüche und Ungereimtheiten hingewie- sen, gemeinsame Perspektiven für den Sammelband angemahnt und kritisch zur Weiterentwicklung der vertretenen Thesen aufgefordert – herzlichen Dank dafür. Christa Bühler, Carmen Flury und Alba Blatter haben uns bei der Ta- gungsorganisation unterstützt und ihnen ist auch die rasche Fertigstellung des Manuskripts zu verdanken. Der Chronos-Verlag hat uns im Entstehungspro- Vorwort 9 zess des Sammelbands unterstützend begleitet und mit seinem Gesuch an den Schweizerischen Nationalfonds im Rahmen einer spezifischen Publikations- förderung die Finanzierung der Drucklegung ermöglicht. Die Herausgeberin und die Herausgeber sind sich bewusst, dass der Sam- melband nur eine Auswahl von Themen und möglichen Perspektiven auf die Veränderung von Staatlichkeit versammelt. Er eröffnet eine Diskussion und schliesst sie nicht ab. Zürich, im September 2016 Lucien Criblez, Christina Rothen, Thomas Ruoss 11 Der Wandel von Staatlichkeit in der Schweiz aus interdisziplinärer Perspektive Zur Einleitung THOMAS RUOss, ChristiNA ROTHEN, LUCIEN CRIBLEZ «Entsprechend dem Ausbau der Verwaltung muss auch die parlamentarische Kontrolle der Verwaltung ausgebaut werden. Erst dann sind die Dinge wieder in dem von der Verfassung vorgeschriebenen Gleichgewicht.»1 Diese Lagebe- urteilung zum Macht-«Gleichgewicht» zwischen
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