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Die Populären

Die Mischtypen

Rudolf Minger Willi Ritschard Jean-Pascal BGB/BE SVP/BE SP/SO CVP/AG Delamuraz 1930–1940 1988–2000 1974–1983 2006–2018 FDP/VD 1984–1998 Mit Witz, Charme und Emotionen

Gesellig, extrovertiert, charisma- ihre Ausstrahlung und auf ihre ist noch heute ein stehender tisch und charmant: Das sind die Emotionen zurück. Andererseits Begriff. Ebenfalls zu den Populä- Eigenschaften eines Bundesrats- sind sie oft aufgrund ihrer Bio- ren gehören Doris Leuthard typus, der in neuerer Zeit immer gra ie wichtige Integrations- und () und Jean-Pascal häu iger auftaucht. Identi ikations iguren ür weite Delamuraz (). Gegen Elisabeth Kopp, FDP/ZH Angehörige dieser Gruppe sind Teile der Bevölkerung. Ende seiner Amtszeit trägt 1984–1989 in der Regel erfolgreiche Wahl- Ein weiteres Merkmal dieser auch der Solothurner und Abstimmungskämpfer und Gruppe: Über die Populären () in seiner knorrig- überdurchschnittlich oft präsent kursieren noch heute zahlreiche beharrlichen Art gewisse Züge in den Medien. Politisch verste- Anekdoten und Witze. Bestes dieses Typs. hen sich die Populären eher als Beispiel da ür ist Adolf Ogi Weitere Vertreter sind Nello Gestalterin denn als Verwalter. (), der hohen Staats- Celio () und Willi Sie rücken die Menschen und gästen jeweils einen Bergkristall Ritschard (), der das deren Bedürfnisse ins Zentrum aus dem Berner Oberland über- Image des ersten Arbeiters im ihrer Politik und versuchen sie reichte. Seine Neujahrsanspra- Bundesrat trug und pflegte. direkt anzusprechen, mit einer che  mit einem Tannen- Davor zählte volksnahen Sprache und einem baum vor dem Lötschberg-Nord- () zu den Populären leutseligen, schlagfertigen portal ist legendär. Sein Ausruf sowie (– Auftreten. Ihre hohe Beliebtheit «Freude herrscht» anlässlich ), der vielen Menschen ganz im Volk geht einerseits auf ihre des ersten Weltraumflugs des einfach als der Bauern-Bundes- Christoph Blocher, SVP/ZH gewinnende Persönlichkeit, Schweizers Claude Nicollier rat galt. Adrian Vatter 2004–2007 Auf besondere Die Intellektuellen Art im Amt

Nicht alle Bundesräte lassen sich nur einem Pro il zuordnen. Die beiden bekanntesten Misch- typen aus der jüngeren Zeit sind Elisabeth Kopp und Christoph Blocher, deren Werdegang und Amtszeit ungewöhnlich war. Elisabeth Kopp ist im Prinzip eine Konkordanzpolitikerin, die sich bis zu ihrem unfreiwilligen Rücktritt stets um den Ausgleich

FOTOS: KEYSTONE FOTOS: im Kollegium bemühte. In ihrer Rolle als erste Frau im Bundesrat zählt sie aber auch zur Gruppe der Populären und genoss viel Aufmerksamkeit der Medien und eine hohe Akzeptanz im Volk. Über grosse Popularität und Volkstümlichkeit ver ügt zwei- fellos auch Christoph Blocher. Daneben gehört er zum Typus der Regenten, der gestalten und im Kollegium dominieren wollte. Selbst als Bundesrat war Georges-André Giuseppe Lepori Moritz Hans-Rudolf Merz Stefano Franscini er aber stets SVPIdeologe und Chevallaz KVP/TI Leuenberger FDP/AR Mitte [Lib. /TI Partei ührer, was wiederum FDP/VD 1955–1959 SP/ZH 2004–2010 1848–1857 nicht zum Typus des Regenten 1974–1983 1995–2010 passt. Adrian Vatter Ich denke, also regiere ich

Sie interessieren sich nicht nur scher im Sinne von Platons Phi- tik austauschen sollte. Auch ür Verwaltungsaufgaben in losophenkönig, der sein Leben Hans-Rudolf Merz () Das Buch Die perfekte ihrem Departement, sondern der Weisheit widmete. ist zu dieser Gruppe zu zählen. auch ür übergeordnete staats- In der Bevölkerung sind sie Er trug stets die Bibel und politische und staatsphilosophi- weniger populär als andere Bun- Goethes «Faust» in seiner Hintergründiges sche Fragen. Die Leitlinie ihres desratsmitglieder, werden aber Aktentasche und verfasste noch zum Bundesrat Handelns bildet ihre persönliche von den Medien überdurch- vor seiner Regierungszeit Überzeugung, die eher von poli- schnittlich beachtet. Sie sind den den Roman «Der Landammann». Adrian Vatter, 55, ist Professor tischen Grundprinzipien als vom schönen Seiten des Lebens zu- Als Intellektuelle gelten auch für Politikwissenschaft an der Parteibuch geprägt ist. geneigt, stark an Literatur, Kunst Georges-André Chevallaz (– Uni Bern und kommentiert Die Gruppe der Intellektuellen und Kultur interessiert und ) und Giuseppe Lepori als Experte für das Schweizer im Bundesrat gilt als gewissen- hegen eine besondere Vorliebe (), den ein Schlaganfall Fernsehen die Bundesrats- haft, eher extrovertiert, intelli- dazu, Bücher zu schreiben. früh zum Rücktritt zwang. Auch wahlen. Seine Typologie findet gent und offen ür Neues. Sie Ein prominenter Vertreter () und sich in seinem neuen Buch ver ügen in der Regel über eine dieser Gruppe ist Moritz Leuen- (), die «Der Bundesrat», das am kom- sehr gute akademische Ausbil- berger (), der bereits hier dem Typus des Konkordanz- menden Freitag im Verlag Wie viele Machtpolitiker erträgt der Bundesrat? Wie wichtig sind Medienstars? dung, legen Wert auf ihre öffent- in seiner Amtszeit Reden in politikers zugeordnet wurden, NZZ Libro erscheint. Es han- lichen Auftritte und investieren Buchform veröffentlichte und tragen Züge dieses Typs. Ein delt sich um das erste sozial- Und wie sieht die ideale Zusammensetzung unserer Regierung aus? Der Politikwissenschafter viel Zeit in ausgefeilte Reden zuweilen seinen Missmut durch- Beispiel aus den An ängen des wissenschaftliche Werk zur und Ansprachen. Idealerweise blicken liess, wenn er sich mit Bundesstaates ist Stefano Fran- Schweizer Regierung. Adrian Vatter hat erstmals alle Bundesräte sozialwissenschaftlich vermessen. sehen sie sich als die guten Herr- Journalisten über die Tagespoli- scini (). Adrian Vatter