Sozialistische Alternative Ddr 89 Die Initiative Für Eine Vereinigte Linke in Texten Und Dokumenten Inhalt

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Sozialistische Alternative Ddr 89 Die Initiative Für Eine Vereinigte Linke in Texten Und Dokumenten Inhalt MATERIALIEN Christoph Kelz, Hendrik Mayer und Erhard Weinholz SOZIALISTISCHE ALTERNATIVE DDR 89 DIE INITIATIVE FÜR EINE VEREINIGTE LINKE IN TEXTEN UND DOKUMENTEN INHALT Editorial 2 Christoph Kelz, Hendrik Mayer und Erhard Weinholz EineGeschichtelinkerAlternativen 4 Vorbemerkungen zum Thema Vereinigte Linke Erhard Weinholz UnserlinkesDing 7 Ein Rückblick auf die VL Christoph Kelz BasisdemokratischerfreiheitlicherSozialismusDDR1989 31 Initiative «Vereinigte Linke» Rostock Hendrik Mayer «UnserKopfistrund,damitdasDenkendieRichtungändernkann» 47 Werkstattbericht zur Aufarbeitung von Materialien der Vereinigten Linken Rostock QuellenundLiteratur 66 Dokumentenanhang 68 Appell 94 Für eine Sammlung von Materialien der VL! Autoren 95 2 Editorial EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser, Leider ist vieles davon auf dem Weg in die deutsche Einheit auf der Strecke geblieben. 30 Jahre danach sind viele Geschichten über Einige Mitstreiter*innen aus der Zeit der re- die politische Wende in der DDR und insbe- volutionären Um- und demokratischen Auf- sondere über den Weg in die deutsche Einheit brüche in der DDR sind auch heute noch ak- noch immer nicht erzählt. Dabei stehen indivi- tiv, andere haben sich, oft enttäuscht von den duelle Erfahrungen weiterhin nicht selten im Möglichkeiten realer Einflussnahme, zurück- Gegensatz zum offiziellen Erinnerungsdiskurs. gezogen. Die damaligen Friedens-, Umwelt- Ich erinnere mich beispielsweise an das da- und Menschenrechtsgruppen gehörten zu malige Tempo der gesellschaftlichen Verän- den politischen Hauptakteuren in der Wen- derung und dass es manchmal schwerfiel, dezeit und viele von ihnen sind im offiziellen Schritt zu halten. Ich erinnere mich an die vie- «Einheits-Gedächtnis» als Bürgerbewegun- len neuen Parteien und Bewegungen, die in gen weiterhin präsent. dieser Zeit entstanden sind und die heute kei- Nicht so die Initiative für eine Vereinigte Linke ne oder kaum noch eine Rolle spielen. Ich er- (VL), die ab Herbst 1989 aktiv war. Sie trat für innere mich an die Runden Tische, an denen eine Reform des Sozialismus unter Beibehal- die unterschiedlichsten politischen Akteu- tung des gesellschaftlichen Eigentums an den re um den künftigen Weg stritten und neue Produktionsmitteln ein und lehnte den Beitritt Demokratieerfahrungen sammelten. Ich er- der DDR zur BRD ab. Sie kämpfte sozusagen innere mich an die Aufbruchsstimmung, die sowohl gegen Politbüro als auch gegen Kapi- Stefan Heym bereits auf der großen Demons- talherrschaft. Ihr Ziel war ein basisdemokra- tration auf dem Berliner Alexanderplatz am tisch verfasstes sozialistisches Gemeinwesen. 4. November 1989 in die Worte fasste, es war, Ich erinnere mich noch an die engagierten «als habe einer die Fenster aufgestoßen nach Beiträge von Thomas Klein, der für die VL in all den Jahren der Stagnation, der geistigen, der letzten DDR-Volkskammer saß. wirtschaftlichen, politischen, den Jahren von Heute, 30 Jahre später, sind die Initiative für Dumpfheit und Mief, von Phrasengewäsch eine Vereinigte Linke, ihre Forderungen und und bürokratischer Willkür, von amtlicher Aktivitäten nur noch wenigen bekannt. Im Blindheit und Taubheit». Es gab eine kurze Unterschied zu den Bürgerbewegungen, die Zeit, in der alles möglich schien – sogar ein de- zum großen Teil in den etablierten Parteien des mokratischer Sozialismus. bundesdeutschen Systems aufgingen, ist von Wie engagiert an den Runden Tischen und der VL nur wenig überliefert. Durch glückliche später in der letzten Volkskammer der DDR Umstände hat eine größere Anzahl Dokumen- um Mehrheiten gerungen wurde, habe ich te der Vereinigten Linken in Rostock die Zeit selbst miterlebt. Die Atmosphäre und das überdauert. Sie wurden jetzt gesichtet, zu- Arbeitspensum, das die Abgeordneten bis sammengestellt und bilden den Grundstock zum 3. Oktober 1990 bewältigten, sind heu- für die vorliegende Publikation, die das loka- te kaum vermittelbar. Dabei wäre es durchaus le und regionale Wirken der VL in Mecklen- lohnenswert, wissenschaftlich zu ergründen, burg-Vorpommern in den Vordergrund rückt. welche Formen politischer Meinungsbildung, Dieses Materialienheft gibt einen kleinen Ein- Demokratie und Partizipation in den Aufbrü- blick in die Aktivitäten und den Wandel der chen 1989/90 erfolgreich ausprobiert wurden. Sammlungsbewegung, in die vielen Diskus- Editorial 3 sio nen, Aufrufe und Hoffnungen, in die Suche te die Rosa-Luxemburg-Stiftung an die VL nach alternativen Wegen. Die hier veröffent- und ihre Geschichte erinnern, zur histo - lichten Dokumente – Plakate, Zeitungsaus- risch-kritischen Aufarbeitung des letzten Jah- schnitte, Texte und Artikel – stammen aus der res der DDR beitragen und neue Debatten be- Zeit zwischen September 1989 und Oktober fördern. 1990 vorrangig aus Rostock und Umgebung. Ich danke den drei Autoren für die Arbeit an Ihre Dagmar Enkelmann, Vorstandsvorsit- diesem Projekt. Mit dieser Publikation möch- zende der Rosa-Luxemburg-Stiftung 4 EinE GEschichtE linkEr altErnativEn Christoph Kelz, Hendrik Mayer und Erhard Weinholz EINE GESCHICHTE LINKER ALTERNATIVEN VORBEMERKUNGEN ZUM THEMA VEREINIGTE LINKE Sie hören heute zum ersten Mal, dass es hier- Immerhin könnte sich die Forschung anhand zulande eine «Initiative für eine Vereinigte veröffentlichter Materialien den Grundzügen Linke» (VL) gegeben hat? Oder haben nie so der VL und ihrer Geschichte widmen. Sie stün- recht verstanden, allenfalls vermuten können, de mit solchen Untersuchungen thematisch in was für Menschen sich damals, im Herbst einer guten Tradition: Vor bald 60 Jahren hat 1989, in dieser Gruppierung zusammenge- der in Marburg lehrende Wolfgang Abend roth funden haben? Verwunderlich wäre es nicht: mehrere Dissertationen zur Geschichte linker Mehr über die Vereinigte Linke zu erfahren, Organisationen veranlasst, von Zwischen- als sich dem Wikipedia-Eintrag entnehmen gruppen wie der Sozialistischen Arbeiterpar- lässt, erweist sich als mühsames Geschäft. tei (SAP) zum Beispiel und der sich als inner- In gewissem Maße liegt das an der Eigenart parteiliche Opposition verstehenden KPD (O), dieser Organisation: Die VL war vor allem lo- die sich in den 1920er Jahren von den großen kal tätig, sodass sich ein großer Teil ihrer Ent- linken Parteien getrennt hatten und neue An- wicklung als Mosaik der Geschichte einzelner sätze verfolgten. Ihm ging es darum, über die Basisgruppen darstellt. Zwar waren es nur Aneignung linker Geschichte die Ideen des etwa drei Dutzend Gruppen, von denen die Sozialismus und der Emanzipation zu ver- meisten nicht länger als zwei, drei Jahre tä- binden und lebendig zu halten. Denn Ende tig waren, dennoch wäre es schon Mitte der der 1950er Jahre hatte die SPD dem Sozialis- 1990er Jahre schwierig gewesen, eine Ge- mus abgeschworen, KPD und SED boten aus samtgeschichte der VL zu schreiben. Heu- Abendroths Sicht trotz der auf dem XX. Partei- te gilt das erst recht: Die Beteiligten, die uns tag der KPdSU begonnenen Entstalinisierung sagen können, was einst gedacht und getan keine wirkliche Alternative zur Sozialdemokra- wurde, sind oft nicht mehr auffindbar oder tie. Parallelen zu Abendroths Bestrebungen außerstande, das Geschehen einigermaßen finden sich bei der damaligen Neuen Linken, vollständig aus der Erinnerung zu rekonstru- die ebenfalls aus dieser Konstellation heraus ieren. Und die schriftlichen Unterlagen, die entstanden ist und sich für einen freiheitli- über ihr Wirken Auskunft geben könnten, sind chen, demokratischen Sozialismus eingesetzt zumeist längst verschollen. Auch das wenige, hat. Ebendiesem Ziel folgte 30 Jahre später das zentral, beim DDR-Sprecherrat, an Mate- auch die VL. Das Wirken dieser Initiative vor rialien anfiel, wurde nie zusammenhängend dem Vergessen zu bewahren und, wenn mög- archiviert. In Rostock aber haben glückliche lich, für die Gegenwart fruchtbar zu machen Umstände eine größere Menge an VL-Doku- ist wiederum Ziel unserer Veröffentlichung. menten vor allem aus der dortigen Gruppe Das Bemühen, Geschichte im Interesse lin- die Jahre überdauern lassen, Dokumente, die ker Politik zu erkunden, war allerdings in der jetzt auch gesichtet und geordnet wurden. Ei- akademischen Forschung die meiste Zeit die niges davon, aber bei Weitem nicht alles, ist große Ausnahme, und das ist heute nicht an- in den Dokumentenanhang eingegangen; in ders. Doch auch die Historiker*innen aus der bisherigen Dokumentationen zum Thema VL PDS bzw. der Partei DIE LINKE und ihrem Um- haben regionale oder lokale Materialien näm- feld, bei denen man ein stärkeres Interesse am lich kaum eine Rolle gespielt. Schicksal der VL vermuten könnte, haben sich EinE GEschichtE linkEr altErnativEn 5 aus Gründen, die wir nicht kennen, im Lau- Beitrag «Basisdemokratischer freiheitlicher fe der letzten drei Jahrzehnte wenig oder gar Sozialismus DDR 89. Die Initiative ‹Vereinigte nicht mit dieser Gruppierung befasst. In der Linke› Rostock» und Hendrik Mayers «Unser regionalgeschichtlichen Literatur hingegen Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung sind hier und da Aspekte der VL-Geschichte wechseln kann» betitelter «Werkstattbericht angesprochen worden (siehe dazu den Bei- zur Aufarbeitung von Materialien der Vereinig- trag Hendrik Mayers). Das kann zwar organi- ten Linken in Rostock» aufzeigen, war für die sationsgeschichtliche Darstellungen nicht er- Verhältnisse in Rostock zum Beispiel eine en- setzen, doch gibt es zumindest den Hinweis, ge Zusammenarbeit der Bürgerbewegungen dass da mal etwas war, mit dem zu beschäfti- im publizistischen Bereich kennzeichnend, gen sich lohnen könnte. Das meiste von dem die trotz inhaltlicher
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