Deutschland Archiv 2015 Deutschland Archiv 2015 Schriftenreihe Band 1664 Deutschland Archiv 2015 Bonn 2016

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Deutschland Archiv 2015 Deutschland Archiv 2015 Schriftenreihe Band 1664 Deutschland Archiv 2015 Bonn 2016 Deutschland Archiv 2015 Deutschland Archiv 2015 Schriftenreihe Band 1664 Deutschland Archiv 2015 Bonn 2016 © Bundeszentrale für politische Bildung Adenauerallee 86, 53113 Bonn Lektorat und Redaktion Print- und E-Book-Ausgabe: Johannes Piepenbrink, Mitarbeit: Lena Röllicke Redaktion »Deutschland Archiv« Online: Katharina Barnstedt, Dr. Clemens Maier-Wolthausen (]init[ AG für digitale Kommunikation) Diese Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung der Bundeszentrale für poli- tische Bildung dar. Für die inhaltlichen Aussagen tragen die Autorinnen und Auto- ren die Verantwortung. Umschlaggestaltung und Satzherstellung: Naumilkat – Agentur für Kommunikation und Design, Düsseldorf Umschlagfoto: © ddp images/Berthold Stadler Druck: Druck- und Verlagshaus Zarbock GmbH & Co. KG Sämtliche Einzeltexte stehen – mit Ausnahme der Bilder – unter einer Creative Commons Lizenz vom Typ Namensnennung-NichtKommerziell-KeineBearbeitung 3.0 Deutschland. ISBN: 978-3-8389-0664-5 www.bpb.de/deutschlandarchiv Inhalt Vorwort 7 Anna Joskowski und Irmhild Schrader l Mauerfall mit Migra tions hintergrund 9 Dirk Moldt l Die frohe Botschaft des Widerstands. Aufarbeitung von SED-Unrecht. Erfolge, Meta morphosen, Katastrophen, Auswege. 19 Interview mit Rainer Eppelmann und Markus Meckel l »Wer kann das, alltäglich ein Held sein?« 29 Stefanie Endlich l Projekte für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal in Berlin und Leipzig 51 Dariusz Wojtaszyn l Fußball verbindet? Hertha BSC (West-Berlin) und der 1. FC Union (Ost-Berlin) vor und nach 1990 63 Tom Thieme l Sind wir ein Volk? Zur demografischen Entwicklung in Deutschland seit der Wiedervereinigung 72 Marcus Böick l »Not as Grimm as it looks«? Transatlantische Medienperspektiven auf die Treuhandanstalt und den deutschen Wirtschaftsumbau nach 1990 82 Helmut Müller-Enbergs l Die Stasi nutzte neben den »inoffiziellen Mitarbeitern« auch »Auskunftspersonen« – Der Fall Saalfeld 95 Udo Grashoff l Suizide in Haftanstalten: Legenden und Fakten 109 Inhalt Jörg Baberowski l Verwüstetes Land: Die Sowjetunion nach Holocaust und Krieg 123 Julia Reuschenbach l » Tempel des Antifaschismus«? – Die Na tionalen Mahn- und Gedenkstätten der DDR 133 Christoph Lorke »Soziale Ungleichheit und soziale Ungerechtigkeit«: Kinderreiche Familien in der DDR 146 Peter Boeger Kampf gegen »Professionalisierung und Kommerzialisierung« im Sport. Wie die DDR dennoch zu einem Adidas-Land wurde 156 Enrico Brissa Dokumenta tion: Zu einer möglichen Spionagetätigkeit von Franz Josef Strauß für das Office of Strategic Services (OSS) 176 Christopher Nehring Alter Wein in neuen Schläuchen. Wie Franz Josef Strauß zum Agent (gemacht) wurde 204 Enrico Brissa Die »Agenten-Diskussion« um Franz Josef Strauß: Wissenschaftlicher Diskurs oder Meinungsaustausch? 216 Autorinnen und Autoren 220 Bildnachweis 222 Themenschwerpunkte l 25 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit l Transformationsprozesse l Un-Rechts-Staat DDR l Erinnern und Gedenken ohne Schwerpunktsetzung Vorwort Seit dem 3. Oktober 1990 ist Deutschland wieder vereint. Ein freudiges Ereignis, Folge des Aufbegehrens der Menschen in der DDR und das Er ­ gebnis intensiver Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und der ersten demokratisch legitimierten Regierung der DDR. Natürlich blickte auch das »Deutschland Archiv« 2015 auf die Ereignisse vor 25 Jahren zu ­ rück sowie auf das, was seitdem geschehen ist. So haben wir einige wich­ tige Akteure dazu befragt, was sich von den damaligen Wünschen erfüllt hat und was noch verwirklicht werden sollte. Auch die Formen des Erin­ nerns und Gedenkens haben uns beschäftigt. Wie im Vorjahr setzen sich die Beiträge in diesem Band intensiv mit den Transforma tions prozessen auseinander, die der staatlichen Einheit folgten. Dabei liegt der Fokus nicht immer auf den großen Institu tionen der parla­ mentarischen Demokratie. Das Land musste auch im Alltäglichen zusam­ menwachsen: kulturell, wirtschaftlich und sportlich. Ob das gelungen ist, wird durchaus unterschiedlich bewertet. Dazu gehört auch, dass – eine Genera tion nach seinem Ende – für manche Menschen die Frage nach dem »Unrechtsstaat« DDR nicht abschließend beantwortet ist. Daher genießt dieser Schwerpunkt weiterhin die Aufmerksamkeit der DA­Redak tion. Die Bundesrepublik erfährt nicht zum ersten Mal in ihrer Geschichte, was es bedeutet, viele Menschen aufzunehmen, die auf der Flucht sind. 2016 wird sich das »Deutschland Archiv« mit den historischen Migra tions­­­ bewegungen beschäftigen, in beide und zwischen beiden deutschen Staa­ ten, sowie mit ihren Auswirkungen. Wir freuen uns schon jetzt auf interes­ sante Beiträge und wünschen Ihnen eine anregende Lektüre! Dr. Clemens Maier-Wolthausen Redak tion »Deutschland Archiv« Berlin, Dezember 2015 7 Demonstration in Berlin, April 1990. Anna Joskowski und Irmhild Schrader Mauerfall mit Migrationshintergrund Einwanderung war ein gesellschaftliches Phänomen in der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland. Wenn von den gesellschaftlichen Umbrüchen 1989 die Rede ist, finden die Sicht­ weisen von Einwanderinnen und Einwanderern jedoch nur selten Eingang in die Gedenkfeierlichkeiten und Geschichtsbücher, obwohl sich mit dem Fall der Mauer auch ihre Lebensbedingungen drastisch veränderten. Szenenwechsel April 1990, Berlin, Gedächtniskirche: Am Rande einer Demonstra tion hält ein – vielleicht türkeistämmiger – Mann ein selbstgemaltes Schild in die Höhe: »WIR SIND AUCH DAS VOLK«. Der Fotograf Andreas 9 Deutschland Archiv 2015 l 25 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit Schoelzel drückt auf den Auslöser und hält die Szene fest. Entstanden ist ein Foto, das bis heute als Ikone für ein verdrängtes Kapitel der deutschen Vereinigung steht: die Folgen des Mauerfalls für die Einwanderer in Ost und West. Oktober 2014, Historisches Museum Hannover. Ein bunt gemischtes Publikum hört interessiert zu, wie Menschen aus Magdeburg, Dessau und Hannover den Mauerfall erlebt haben. Eigentlich nichts Besonderes im 25. Jahr da­­nach. Doch viele sind erstaunt, denn es sind Erfahrungen von Menschen, die als Arbeitskräfte, Studierende oder Flüchtlinge in die DDR oder in die Bundesrepublik gekommen sind und dort eine neue Heimat gefunden haben. Eine Erinnerungswerkstatt Warum sind diese Perspektiven nicht Teil des kollektiven Gedächtnisses über den Mauerfall? Wie entwickeln wir eine erweiterte deutsch­deutsche Geschichte, die na tional geprägte Denkmuster reflektiert und damit Ras­ sismus und Ausgrenzung entgegenwirkt? Diese Fragen sind Leitmotiv eines seit 2008 arbeitenden Werkstattpro­ jekts, in dem das Thema »Geteilte Geschichte – Erinnerungen von Einge­ wanderten aus Ost und West« in seinen verschiedenen Facetten beleuchtet wird. Mit diesem Beitrag zeichnen wir die Geschichte dieser Ost­West­ Annäherung nach und machen deutlich, wie die Beteiligten damit gleich­ zeitig ein Zusammenwachsen konkret gestalten.1 Die Arbeit der Erinnerungswerkstatt verläuft auf zwei Ebenen, die mit­ einander verwoben sind: Forschung zum Themenkomplex »Einwande­ rung, Erinnerung und Zugehörigkeit« und Koopera tion mit außeruniver­ sitären interkulturell arbeitenden Personen und Institu tionen, aus der sich Impulse für weitergehende Initiativen entwickeln. In einem partizipativ organisierten und bundeslandübergreifenden Prozess fanden verschiedene Veranstaltungsformate unter Beteiligung spezifischer Mitwirkender statt. Drei Thesen: Warum die Einwanderer nicht zu Wort kommen Ausgangspunkt war die These, dass die Konstruk tion von Differenz auch konstituierender Bestandteil des »Geschichte­Machens« ist. Die Perspek­ tiven von »Ethnisch­Anderen« werden in der herrschenden Geschichts­ schreibung kaum berücksichtigt. Der Mauerfall diente uns als aktueller 10 Anna Joskowski und Irmhild Schrader, Mauerfall mit Migrationshintergrund Anlass für die Erkenntnisgewinnung. Zitate wie »Die Deutschen freuen sich!« oder »Wir sind auch das Volk!« belegen die Stimmung, die in der Wendezeit bei vielen Menschen aus Einwandererfamilien vorherrschte. Sie standen am Rand, der rechtliche Status, die ökonomische Situa tion, auch die zunehmend na tional­orientierte öffentliche Meinung v erursachten Un sicherheit und Angst. 1. Wir sind kein Einwanderungsland. Die Staatsphilosophie und das Selbstverständnis waren in beiden Ländern von völkischen Kategorien geprägt. Die DDR­Staatsbürgerschaft wurde durch Abstammung, Geburt auf dem Territorium oder Verleihung, auch auf Antrag, erworben, wenn es dem staatlichen Interesse diente. In der Bundesrepublik galt das »Ius sanguinis«, also das Abstammungsprinzip, eine Einbürgerung war bis 1990 nur in Ausnahmefällen und nach langjäh­ rigem Aufenthalt möglich. Diese Regelungen änderten sich erst mit dem Staatsangehörigkeitsgesetz von 1999. Beide deutsche Staaten verstanden sich nicht als Einwanderungsland. Dennoch gab es hier wie dort Ausländerinnen und Ausländer, die aus unterschiedlichen Motiven und unter spezifischen Rahmenbedingungen gekommen waren. An dieser Stelle soll ein kurzer Blick auf die Migra­ tions­­prozesse nach dem Zweiten Weltkrieg ausreichen. Einwanderung in der DDR war gekennzeichnet durch den Gedanken des Interna tionalismus und der Solidarität mit anderen sozialistischen Staa­ ten und postkolonialen Befreiungsbewegungen. Dies beinhaltete jedoch nicht die Vorstellung einer multikulturellen Gesellschaft: eine Integra­ tion der Neuankömmlinge lag nicht in der Absicht der DDR­Führung. Die Vertragsarbeit wurde als Qualifizierungsmaßnahme unter Verbünde­ ten deklariert und schnell zum bedeutendsten Migra tions­­faktor. Als Zei­ chen der Völkerfreundschaft
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