Fritz Engbarth Von der Ludwigsbahn zum Integralen Taktfahrplan

160 Jahre Eisenbahnverkehr in der Pfalz

Teil 1

Hrsg.: Zweckverband SPNV Rheinland-Pfalz Süd Vorwort

Es braute sich was zusammen, vor 160 Jah- Im 19. Jahrhundert wurde so der Grundstein ren. Ein schwarzes Ungetüm fegte mit uner- für ein erfolgreiches Mobilitätskonzept ge- hörter Geschwindigkeit durch die Pfalz – ge- legt, den Rheinland-Pfalz-Takt. Nahezu alle gen alle Einwände amtlicher und nichtamt- Strecken werden an allen Wochentagen im licher Bedenkenträger. Man kann von Glück Stundentakt bedient, oft ist das Angebot Einfach sprechen, dass die Ingenieure, allen voran noch dichter. Heute sind bereits viele Paul Denis, in ihren Bestrebungen nicht nach- Regionalverkehrszüge klimatisiert und gelassen und beharrlich für alle Probleme barrierefrei, die Stationen werden runder- auf dem Weg zur ersten Eisenbahn in der neuert und als attraktive Visitenkarten für hin und Pfalz eine Lösung gefunden hatten. Denn die Städte und Gemeinden ausgestaltet. die Realisierung eines so großen Projektes Auch der Rheinland-Pfalz-Takt startete – im war ein schwieriges Unternehmen. Mit den Jahr 1994 – in der Pfalz. Die Region zwi- weg ersten 37 Kilometern Schienenstrecke von schen Saar und Rhein schwang sich erneut Ludwigshafen nach Neustadt und zur Avantgarde für eine neue Verkehrspolitik Mit den Bussen und Bahnen der 60 im VRN schafften unsere technikbegeisterten und auf. fortschrittsorientierten Vorfahren gleichwohl zusammengeschlossenen Verkehrsunternehmen den Durchbruch – nur zwölf Jahre nach der Ich bin überzeugt, dass es aus der Pfalz kommen Sie überall entspannt an. Einweihung der ersten deutschen Eisenbahn weiterhin wichtige und wegweisende zwischen Nürnberg und Fürth. Die Eisen- Impulse für die Weiterentwicklung des Rund 300 Millionen Fahrgäste nutzen jährlich das bahn in der Pfalz und in Deutschland war Rheinland-Pfalz-Taktes und der Verkehrs- komfortable Angebot. Mehr unter www.vrn.de oder einer der Bausteine für die damals visionäre politik des Landes geben wird. Deshalb freue 01805 – 876 4636 (14 Cent je angefangene Minute aus Deutsche Einheit, für Demokratie und ich mich, dass die Pfälzer ihr Eisenbahn- dem Festnetz, aus Mobilfunknetzen ggf. abweichende Preise) wirtschaftlichen Aufschwung. jubiläum ordentlich feiern. Mit Dampflok- sonderfahrten, einem Fest und diesem Der Bau der neuen Verkehrswege war müh- kleinen Büchlein als Festschrift. sam – vieles musste in entbehrungsreicher Einfach hin und weg. Handarbeit erledigt werden. Manchmal Und wünsche allzeit gute Fahrt mit der Bahn spielten militärische Gesichtspunkte eine – denn gäbe es die Eisenbahn nicht, müssten große Rolle bei der Wahl der Route, doch wir sie erfinden. den größten Nutzen hatte die Zivilbevölke- rung. Ländliche Räume wurden erschlossen, der wachsenden Industrie öffneten sich neue Absatzmärkte. Hendrik Hering Minister für Wirtschaft, Verkehr, Verkehrsverbund Rhein-Neckar Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz

1 Vorwort Inhalt

Am 11.6.2007 war es genau 160 Jahre Durch die Einführung eines umfassenden, 1 Vorwort des Ministers für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft her, dass auf dem Gebiet des heutigen angebotsorientierten, öffentlichen Mobilitäts- und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz Hendrik Hering Rheinland-Pfalz – nur wenige Jahre nach konzeptes, den Rheinland-Pfalz-Takt, ist es 2 Vorwort des Vorstehers des Zweckverbandes der Eröffnung der ersten Eisenbahnstrecke ab 1994 gelungen, diesen Trend zu stoppen Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Süd in Deutschland – Dampfzüge rollten. und umzukehren. Zahlreiche Strecken- Landrat Dr. Winfried Hirschberger reaktivierungen, moderne Bahnhöfe und 3 Inhalt Der Zweckverband Schienenpersonennah- Fahrzeuge sowie das länderübergreifende 4 Einleitung verkehr Rheinland-Pfalz Süd nimmt daher Erfolgsmodell S-Bahn Rhein-Neckar haben dieses Jubiläum zum Anlass, um mit einem dazu beigetragen, dass viele Neukunden 5 Einst ideal für Liebespaare und Kohletransporte – großen Bahnhofsfest am 29./30. September gewonnen werden konnten – ein Trend die pfälzische Ludwigsbahn von Bexbach nach Ludwigshafen 2007 in Neustadt a. d. Weinstr. einerseits an der bis heute anhält. 8 Der Ausbau des pfälzischen Eisenbahnnetzes dieses bedeutende historische Ereignis zu 16 Eisenbahnkarte der Pfalz von 1940 erinnern und andererseits die Zukunfts- Ich bin zudem davon überzeugt, dass der 18 Zwischen Weltkriegen und Kaltem Krieg perspektiven des Rheinland-Pfalz-Taktes öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in 22 Vom Wiederaufbau bis zum Rückzug aus der Fläche aufzuzeigen. den kommenden Jahren noch erheblich an 30 In den 70er Jahren wenig beachtet – der Dampfbetrieb in der Pfalz Bedeutung gewinnen wird: So ist es für eine Ausgehend von der Ludwigsbahn, die in moderne Kommune heute wieder ein 37 Autoteile, Chemie, Rüben und Schotter – mehreren Etappen von Ludwigshafen, der wichtiger Standortfaktor, einen leistungs- Gütertransporte auf pfälzischen Gleisen damaligen „Rheinschanze“, über Kaisers- fähigen ÖPNV-Anschluss zu besitzen. Die 41 Kennwort Lindwurm: Der Abtransport der chemischen Waffen lautern nach Bexbach zwischen 1857 – 1859 Diskussion über den Klimawandel und die im September 1990 eröffnet wurde, entwickelte sich bis zu in diesem Zusammenhang notwendigen 44 Mit der Bahn durch die Pfalz Beginn des 20. Jahrhunderts ein dichtes Alternativkonzepte sowie steigende Mobili- 46 Vom Holland-Express über den TEE Netz von Bahnstrecken, das viele Jahr- tätskosten für den motorisierten Individual- zum ICE – Fernverkehr durch die Pfalz zehnte die Hauptlast des Verkehrs bewältig- verkehr werden ebenfalls zu einer wachsen- 53 Von der Dampfrenaissance im Alsenztal te. Die zunehmende Motorisierung nach den Fahrgastnachfrage führen. zum Plandampf im Rheinland-Pfalz-Takt dem zweiten Weltkrieg führte jedoch zu 60 Ein Land spart Zeit – Neue Mobilität mit dem Rheinland-Pfalz-Takt einem starken Bedeutungsverlust des Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist die Eisen- öffentlichen Personennahverkehrs, der bahn daher wieder auf dem besten Weg das 74 Mit der Bahn durch die Pfalz insbesondere an zahlreichen Streckenstill- zu werden, was sie bereits Anfang des 19. war: 76 Abgelöst – Das Ende der V 100 in der Pfalz legungen deutlich wurde. ein modernes und innovatives Verkehrsmittel. 82 S-Bahn Rhein-Neckar – die Erfolgsstory geht weiter 94 Die Fußballbahn – mit dem Zug zur WM 2006 99 Draisinen- / Museumsbahnen / Radwege Dr. Winfried Hirschberger 102 Mit dem Aniliner über die Ludwigsbahn - Verbandsvorsteher des Zweckverbandes Schienenpersonennahverkehr 108 Die pfälzischen Eisenbahnen heute Rheinland-Pfalz Süd - 127 Quellenangaben – Impressum

2 3 Einleitung Einst ideal für Liebespaare und Kohletransporte

Mit Dampflokfahrten und Jubiläums- Dank Ihnen allen und auch jenen, die ich Einst ideal für Liebespaare feierlichkeiten in Neustadt/W wird am vergessen habe zu erwähnen. 29. und 30. September die Inbetriebnahme und Kohletransporte – die pfälzische der Ludwigsbahn und damit der ersten Vielleicht finden kritische Leser die Gescheh- 160 Jahre Eisenbahnverkehr in der Pfalz nisse in Kaiserslautern und der West- bzw. Ludwigsbahn von Bexbach gefeiert. Ich habe gerne die Aufgabe über- Nordpfalz überrepräsentiert. Doch der nommen, aus diesem Anlass einige Aspekte Bahnverkehr in dieser Region ist ein Teil nach Ludwigshafen der Eisenbahngeschichte zwischen Rhein meiner Biographie, und zwar (fast lücken- und Saar darzustellen. los) vom ersten Lebensjahr bis heute. Dies erleichtert naturgemäß den Zugang zum Alleine war diese Festschrift nicht zu Quellenmaterial. Das gut sortierte Stadtar- Für eine besondere Form Frau im trügerischen Schutz ten die Bahnbefürworter in bewältigen. Michael Heilmann vom Zweck- chiv in Kaiserslautern und die immer hilfs- der Eisenbahnromantik war der dann doch zu kurzen den 1840er Jahren. Heute verband Schienenpersonennahverkehr bereiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – sie wie geschaffen. Zwölf Tunnels heimlich küssten. nimmt die Kohle den um- Rheinland-Pfalz Süd und Werner Schreiner auch hier ein herzliches Dankeschön – Tunnel, einige davon mit gekehrten Weg: Sie wird ins als Geschäftsführer des Verkehrsverbundes taten ein Übriges. respektablen Längen. Ande- Natürlich wurde die pfäl- Saarland gebracht. Rhein-Neckar haben insbesondere die aktu- re hingegen entlarvend kurz. zische Ludwigsbahn vor ellen Beiträge Korrektur gelesen und berei- Das vorliegende Büchlein sollte ursprünglich Vor allem nach der raschen nun 160 Jahren nicht für Letztlich wurde weder chert. Wolfgang Löckels wahrhaftig wunder- nur eine kleine Festschrift werden. Aber Durchfahrt des Franzosen- Liebespaare gebaut, son- die eine noch die andere volles Archiv und seine ermunternde Unter- auch mit 128 Seiten kann es keine voll- woogtunnels sahen sich dern vor allem zum Trans- Variante, sondern die stützung waren eine unersetzliche Hilfe. ständige Dokumentation der pfälzischen manche Liebespaare eng port der Kohle aus den Gru- Strecke über Homburg Georg Dollwet, Wolfgang Feuerhelm, Martin Eisenbahngeschichte sein. Dies muss an umschlungen den ungläu- ben der damals pfälzisch- gebaut. Aus Zweibrücken Kissler, Michael Lange, André Sinn, anderer Stelle geleistet werden. Aufbauend bigen Blicken der Mitreisen- preußischen Bergbauregion kam der wenig überraschen- Zolobczuk, der Eisenbahn-Kurier-Verlag, das auf dem einzigartigen Standardwerk von den ausgesetzt. Manchmal um Bexbach/Neunkirchen. de Vorschlag, die künftige Stadtarchiv Ludwigshafen und das Eisen- Heinz Sturm von 1967 (das nun, mit Hilfe waren die Schmetterlinge im Darum sollte auch die Strecke nach Süden hin zu bahnmuseum Neustadt/W (Horst Kayser) von pro message und dem Bildarchiv von Bauch nicht nur sichtbar: Linienführung an Homburg verschwenken, um die stellten historische Fotos zur Verfügung. Wolfgang Löckel, in einer erstklassig auf- „Wenn nun einer hellhörig vorbei führen – in direkter frühere Residenzstadt anzu- Beim Layout bewies Dieter Meyer große gemachten Neuauflage vorliegt) sind erste war, konnte er vielleicht ein Linie von Bexbach nach schließen. Konflikte gab es Geduld und Übersicht – trotz extrem Schritte getan. Nach weiteren gründlichen leises Schmatzen verneh- Landstuhl und weiter über natürlich um den Anschluss knapper Zeitplanung. Letztlich ermöglicht Recherchen wird sich wohl ein ganzes men“, so umschrieb es im Kaiserslautern – Neustadt in von Speyer. Die Domstadt wurde dies alles durch den Zweckverband Autorenteam dieser Aufgabe widmen. Februar 1939 ein Redakteur Richtung Rhein. „Als beson- wollte einen vollwertigen Schienenpersonennahverkehr Rheinland- einer pfälzischen Tageszei- ders vortheilhaft für die Anschluss. Doch die Pfalz Süd mit Verbandsdirektor Christian Ich freue mich darauf, daran mitwirken zu tung. Und berichtete dabei Bahn muss noch angeführt „provinciellen Interessen“ Siemer an der Spitze. Ohne den ‘ZSPNV’ können. aus der Frühzeit der Eisen- werden, dass die Neigung wurden als nachrangig wäre die Realisierung dieser Jubiläums- bahnen, als die Züge noch des Neustadter Thales in betrachtet, „die Verkehrser- schrift kaum zu schaffen gewesen. Großen Kaiserslautern, im September 2007 mit unbeleuchteten Wagen Hauptrichtung des Güterzu- leichterung zwischen Fritz Engbarth fuhren und sich Mann und ges liegt“, so argumentier- Saarbrücken, Mannheim

4 5 Einst ideal für Liebespaare und Kohletransporte Einst ideal für Liebespaare und Kohletransporte

Am Bahnhof Lambrecht stellten sich um das Jahr 1890 die Eisenbahner um die die Lok „Quirnbach“ stolz dem Fotografen. Diese, älteste bekannte Aufnahme einer Pfalzbahnlok zeigt die Lok „Denis“ vor der Lokremise Kaiserslautern um das 1850. Foto: Slg. W. Löckel Foto: Slg. Stadtarchiv Ludwigshafen

und “ war wichtiger. Speyer bekam Mit der Eisenbahnromantik war es schon gegen legte sich sogar mit dem Bundes- tet. So bleibt es bei einem Hinweis auf das deshalb in Schifferstadt einen Abzweig in früher vorbei. 1870/71 gab es den deutsch- verkehrsminister an, weil sie eine solche im Jahre 1987 erschienene Buch des Form einer Stichbahn. Am 11. Juni 1847 französischen Krieg. 1914 hatten die deut- Ausstellung nicht wollte). Der kürzlich ver- historischen Vereins der Pfalz. fuhren die ersten planmäßigen Züge, und schen Soldaten Blumen in den Gewehr- storbene Historiker Raul Hilberg hat in zwar von Ludwigshafen nach Neustadt läufen, als sie mit dem Zug durch die Pfalz seinem Buch „Sonderzüge nach Auschwitz“ Heute ist die Ludwigsbahn das Rückgrat des und Speyer. Zum 25. August 1849 war die in die Gräber von Verdun geschickt wurden. dieses dunkle Kapitel der deutschen Bahn- pfälzischen Eisenbahnverkehrs, mit flinken gesamte Strecke bis Bexbach fertig gestellt Zwischen 1939 und 1945 war die Reichsbahn geschichte einer breiten Öffentlichkeit S-Bahnzügen und windschnittigen ICE. und am 15. Dezember 1852 waren erst- ein unverzichtbarer Bestandteil der Logistik zugänglich gemacht. An normalen Werktagen fahren westlich mals durchgehende Züge von Ludwigshafen der nationalsozialistischen Gewalt- und von Neustadt rund 380 Züge, davon sind nach möglich. Vier Jahre später folgte Terrorherrschaft. Ab November 1943 beför- Die Geschichte der pfälzischen Ludwigs- 120 Güterzüge. das zweite Gleis der Ludwigsbahn. derte sie dabei 11 000 Kinder aus Frankreich bahn und der von ihr abzweigenden Linien in den sicheren Tod nach Ausschwitz – mit wäre unvollständig, ohne ihren Erbauer Die beschriebene Romantik ist in vielfacher Zweibrücken erhielt seinen Anschluss dem Zug DA 901 und einem fahrplan- nicht wenigstens zu nennen. Denn die Hinsicht auf der Strecke geblieben, durch an die Linie Paris – Wien schon acht Jahre mäßigem Halt nachts um drei Uhr in Kai- Biografie des Eisenbahningenieurs und den Erfolg des Rheinland-Pfalz-Taktes darf nach Fertigstellung der Ludwigsbahn – serslautern. (Hierzu gab es eine Ausstellung Oberbaurat im Dienste der bayerischen man das Leben gelegentlich in vollen Zügen um ihn etwa 140 Jahre später wieder zu auf den Bahnhöfen der SNCF: Enfants juifs Regierung Paul Camille von Denis wurde genießen. Und sich dabei zu Küssen, ist verlieren. déportés de France, die hin- von Werner Schreiner intensiv ausgeleuch- sowieso erlaubt.

6 7 Der Ausbau des pfälzischen Eisenbahnnetzes Der Ausbau des pfälzischen Eisenbahnnetzes

Der Ausbau des pfälzischen Speyer und Wörth mussten viele Jahre Schiffsbrücken Eisenbahnnetzes für die Verbindung der links- und rechtsrheinischen Bahn- linien ausreichen. Beide wur- Nach dem Bau der pfälzischen Ludwigsbahn Schnellzüge zwischen Holland und der den erst 1938 durch feste folgten rasch weitere Linien. Die Wichtigste Schweiz nutzten die kürzeste linksrheinische Bauwerke ersetzt. Damit war die Strecke von Ludwigshafen über Nord-Süd-Verbindung über Kreuznach und waren alle pfälzischen Worms nach . Sie wurde im Jahr 1853 Neustadt. Die Strecke Saarbrücken – Zwei- Hauptstrecken mit den be- in Betrieb genommen und umgehend für brücken – Landau – Germersheim wurde nachbarten Ländern ver- Kohletransporte und Schnellzüge nach 1874/1875 eröffnet und sollte den Weg der knüpft. Kurz vor der Ausmusterung stand die 43 Jahre alte Maffeilok „Zweybrücken“, als sie am 10. Oktober 1890 in Eisenberg fotografiert wurde. Paris genutzt. Zwei Jahre später folgte die Kohletransporte aus den Gruben rund um Foto: Slg. Hofmann/W. Löckel Maximiliansbahn von Neustadt/W nach die Saar in Richtung Süddeutschland ver- Die darüber hinaus noch ge- Wissembourg bzw. . Auf deren kürzen. Die Saarbrücker Zeitung berichtete bauten Strecken hatten, mit Ausnahme der In einigen Fällen machten sich die Bahnbe- Abzweig nach Wörth/Karlsruhe fuhren 1864 1879 außerdem über einen von militärstrategisch bedeutsamen Glantal- fürworter allerdings falsche Hoffnungen: die ersten Züge. Die Alsenzbahn zwischen München über Metz nach Brüssel durch das bahn, fast ausschließlich lokalen Charakter. Die pfälzische Nordbahn von Neustadt nach Bad Münster und Hochspeyer wurde Queich- und Schwarzbachtal. Die Verlänge- Ihr Bau erfolgte vielfach nach bayerischem Monsheim stellt zwar mit den rheinhessi- zwischen 1870 und 1871 fertig gestellt und rung der Speyerer Linie der Ludwigsbahn Recht als Vizinal-, Sekundär- oder Lokalbah- schen Anschlusslinien nach Bingen und erlangte, gemeinsam mit der Maximilians- in Richtung Lauterbourg – Strasbourg war nen. Grundlagen waren die entsprechenden Mainz die kürzeste Verbindung zwischen der bahn, um die Jahrhundertwende eine be- ab 1876 in voller Länge befahrbar und wurde Gesetze aus den Jahren 1864 und 1882. Das Haardt und dem Mittelrheintal dar. Es ent- sondere Bedeutung: Mehrere wichtige noch kurz vor Kriegsbeginn 1914 für fünf Netz wurde dicht geknüpft und sogar durch wickelte sich jedoch zu keiner Zeit ein bedeutende Express- und mehrere Schmalspurbahnen, hauptsächlich nennenswerter Durchgangsverkehr. D-Zugpaare genutzt. Der im Bereich der Vorderpfalz, ergänzt. (Eine zweigleisige Ausbau der ausführliche Statistik der Streckeneröff- Für die Lokomotiv- und Wagenunterhaltung Hauptstrecken fand 1906, nungen in der Pfalz findet sich in: Heinz waren an den wichtigsten Knotenbahnhöfen wiederum mit der Strecke Sturm, Die pfälzischen Eisenbahnen). Wartungsanlagen erforderlich. An erster Speyer – Strasbourg, seinen Stelle sind dabei die großen Werke in Lud- vorläufigen Abschluss. Die aus vier Gesellschaften hervorge- wigshafen und Kaiserslautern zu nennen. gangene und zunächst private Pfalzbahn Sie wurden gleich zu Beginn des Bahnbaus Der Rhein als natürliche konnte bis zu ihrer Verstaatlichung im in den Jahren 1845 und 1846 errichtet und, Grenze wurde erstmals 1867 Jahr 1909 mit ihren Lokalbahnen rund 4,5% in Ludwigshafen in den Jahren 1872 (Wagen- mit der Brücke zwischen Rendite und so einen beachtlichen Gewinn werkstatt) bzw. 1895/96 (Lokomotivwerk- Mannheim und Ludwigsha- erwirtschaften. Die Rendite der rechts- statt) bzw. in Kaiserslautern 1879, durch fen überwunden. 10 Jahre rheinischen bayerischen Lokalbahnen lag im größere Anlagen ersetzt. Das für die Loko- Am 25. Februar 1867 fuhr zur Eröffnung der Ludwigshafener Rheinbrücke später war die Querung bei Vergleich dazu mit 1,5% bis 3% deutlich motiven zuständige Bahnbetriebswerk (Bw) ein Sonderzug. Foto: Slg. Stadtarchiv Ludwigshafen Germersheim fertig. Bei niedriger. in Kaiserslautern wurde nach dem ersten

8 9 Der Ausbau des pfälzischen Eisenbahnnetzes Der Ausbau des pfälzischen Eisenbahnnetzes

Weltkrieg neu errichtet, ging 1932 vollständig neu. Weniger erfreulich waren die Kriegsjah- wird nur an Wochenenden bedient. Die gab es noch die im Volksmund als in Betrieb und ist nach mehreren Moderni- re: Durch Luftangriffe wurden 1944 70% der Dampfzüge des Kuckucksbähnel (Strecke „Schneck“ bezeichnete Straßenbahn sierungen heute für die Wartung moderner Anlagen zerstört, außerdem wurden, ab Lambrecht – Elmstein, eröffnet 1909) fahren durch die Weindörfer am Haardtrand Dieseltriebwagen der DB Regio AG verant- 1941, zahllose Zwangsarbeiter ausgebeutet unter der Regie des DGEG-Eisenbahnmu- von Neustadt nach Landau. Alle wurden, wortlich. Das Bw Ludwigshafen wurde im oder gar in den Tod getrieben. Viele Jahre seums in Neustadt/W, das die früheren zum Teil abschnittsweise, bis 1956 still- Zusammenhang mit der Inbetriebnahme war das AW für Dampfloks und Güterwagen Anlagen des Bahnbetriebswerks einschließ- gelegt. des neuen Durchgangsbahnhofs Ende der zuständig und beschäftigte in der Nach- lich des original Pfalzbahn-Lokschuppens 1960er Jahre neu gebaut und war nach 1986 kriegszeit knapp 2 000 Mitarbeiter. Die übernommen hat. Die nordpfälzische Als einzige pfälzische Schmalspurbahn hat zunächst ein reines Wagenwerk. Seit 2003 Dampflokunterhaltung endete am Schmalspurbahn zwischen Alsenz und die 1913 eröffnete Rhein-Haardtbahn über- ist es für die im Rhein-Neckar-Raum einge- 30. September 1960. Glücklicherweise blie- Obermoschel wurde nach 33 Betriebsjahren lebt. Sie ist heute voll in den Straßenbahn- setzten Regionalverkehrszüge der Bau- ben damals verschiedene dampflokspezifi- sogar schon 1936 wieder eingestellt. Eben- verkehr von Ludwigshafen und Mannheim reihen 425 und 628 sowie der 40 S-Bahn- sche Anlagen erhalten, sie sollten 25 Jahre falls schon lange verschwunden sind die integriert und bildet eine unersetzliche Nah- Triebwagen der Baureihe 425.2 zuständig. später eine kurze, aber wichtige Reaktivie- Meterspurstrecken zwischen Meckenheim verkehrsverbindung im Rhein-Neckar-Raum. rung erfahren (vgl. Seite 51). Heute ist das und Ludwigshafen, Ludwigshafen und Die von Beginn an elektrifizierte Bahn ge- Neben diesen beiden großen Betriebswer- Werk in privaten Händen. Großkarlbach über Frankenthal sowie hört(e) von Anfang an den kommunalen ken errichteten die pfälzischen Bahngesell- zwischen Neustadt und Speyer. Außerdem Gebietskörperschaften entlang der Strecke. schaften bzw. die Reichsbahn noch kleinere Das Werk in Ludwigshafen war schon in den Betriebswerke in Landau (1921), Neustadt 1930er Jahren nur noch eine Betriebsabtei- (1860), Homburg (1900) und Zweibrücken lung des AW Kaiserslautern – dort wurde (1914), denen wiederum kleine Lokstationen übrigens 1935 der Tender für den Adlernach- wie in Grünstadt, Lauterecken oder Pirma- bau gefertigt. Es wurde jedoch am 1. April sens als Außenstellen zugeordnet wurden. 1937 dem AW Darmstadt zugeschlagen.

Für aufwändigere Instandhaltungsmaß- Sieht man von der Biebermühlbahn zwi- nahmen entstanden in Ludwigshafen und schen Kaiserslautern und Pirmasens Nord Kaiserslautern zwei Zentralwerkstätten, aus (eröffnet in den Jahren 1904 und 1913) ab, denen später Ausbesserungswerke (AW) war das pfälzische Streckennetz des heu- wurden. Der Bau des AW Kaiserslautern tigen Rheinland-Pfalz-Taktes mit der Inbe- startete 1914, zwei Jahre später wurde die triebnahme der Lautertalbahn am 15. No- Wagenhalle, 1920 die Lokhalle in Betrieb vember 1883 komplett. Fast alle danach genommen. Herausragend war 1935 der gebauten Strecken wurden ab 1954 wieder betriebsfähige Nachbau des Adlers, der stillgelegt. Die beiden in den Jahren 1895 ersten deutschen Lokomotive. Dessen und 1904 fertiggestellten Verbindungsstrek- Original wurde nach wenigen Betriebsjahren ken im Bereich St. Ingbert gehören seit verschrottet, für das 100-jährige Jubiläum dem Ersten Weltkrieg zum Saarland. Die Im RAW Kaiserslautern wurde im Jahre 1935 die Schnellzugdampflok 18 434 ausgeachst und repariert. der Deutschen Eisenbahnen erstand die Lok südpfälzische Wieslauterbahn (eröffnet 1911) Foto: Kron/ Slg. W. Löckel

10 11 Der Ausbau des pfälzischen Eisenbahnnetzes Der Ausbau des pfälzischen Eisenbahnnetzes

Im Werksgelände der BASF wurde der werkseigene Wittfelder Batterietriebwagen Ordentlich gekracht hatte es um die Foto: Slg. Helmut Griebl/W. Löckel Tenderlok 98 7502 fuhr im Jahr 1934 den P 1042 nach Heidelberg über die Speyerer am 27. Juni 1927 fotografiert. Foto: Slg. Klaus Decker/W. Löckel Jahrhundertwende in Ludwigshafen. Schiffsbrücke. Foto: (in Speyer) Bellingrodt/Slg. EK – W. Löckel

Nach dem ersten Weltkrieg behinderten die benannt. Die Vollendung der Bahnlinie nach Mit Ausnahme der, unfreiwillig an das Saar- tung beseitigt. Der passive Widerstand ge- Siegermächte den Verkehr (beispielsweise Volmunster im Bereich des südwestpfälzi- gebiet abgetretenen, Landkreise St. Ingbert gen die französische Besetzung der links- wurden die badisch-pfälzischen Eisenbahn- schen Hornbachtals fiel zusammen mit ihrer und Homburg gehörte die Pfalz weiterhin zu rheinischen Gebiete verzögerte die Verlänge- brücken über den Rhein erst am 18. Dezem- geplanten Verlängerung zur Strecke nach Bayern. Dennoch wurden ab 1926 die bis da- rung der Eistalbahn nach Enkenbach. Ende ber 1919 uneingeschränkt für den öffentli- Bitche dem Versailler Vertrag zum Opfer. Die hin weiß-blauen Schrankenbäume an Bahn- 1927 lagen die Gleise bis Ramsen auf der chen Verkehr freigegeben) und der Bahnbau Rückgabe des besetzten Reichslandes Elsaß- übergängen in die reichseinheitlich genutz- östlichen und weiter als Alsenborn auf der kam weitgehend zum Erliegen. Nur noch die Lothringen machten diesen Bahnbau ebenso ten Farben rot-weiß umlackiert. Ausschließ- westlichen Seite des Eiswoogs. Auch nach westpfälzische Bachbahn nach Reichenbach entbehrlich wie eine geplante direkte Verbin- lich aus Gründen der Verkehrssicherheit, dem Durchschlag des Stempelkopftunnels sowie die Güterbahn von Oggersheim zur dung zwischen dem Dahner Felsenland mit betonte der Berichterstatter in der Tages- im gleichen Jahr vergingen noch fünf weitere BASF wurden fertiggestellt, außerdem er- der Maximiliansbahn entlang der Wieslauter. presse: „Es wäre völlig verfehlt, eine Spitze Jahre bis zur Eröffnung am 6. November hielt 1926 der Güterverkehr zwischen Kai- Auch die Strecke Landstuhl – Zweibrücken gegen Bayern zu erblicken.“ Auch die aus 1932. Weder damals noch zu einem späteren serslautern und Einsiedlerhof zwei eigene über Wallhalben und die sogenannte Sicking- Organisationsstrukturen der bayerisch- Zeitpunkt eröffnet wurde der schon in den Gleise. Die parallel dazu verlaufende Strecke er Höhe unterblieb, weil, so die Einschätzung pfälzischen Bahnverwaltung wurden auf- 1920er Jahren diskutierte Saar-Pfalz-Kanal. Kaiserslautern – Landstuhl wurde zum 1. Ja- der Reichsbahn im Jahr 1927, „wohl niemand gelöst: Die Reichsbahn teilte Anfang 1937 Er hätte weitgehend parallel zur heutigen nuar 1927 um einen Haltepunkt Kennelgar- den großen Zuschuss wird aufbringen wol- das Gebiet der pfälzischen Direktion Lud- Autobahn A 6 verlaufen sollen. Berechnun- ten direkt an der neuen Kaiserslauterer Ei- len“. Die kürzeste Lebensdauer alle pfälzi- wigshafen unter den beiden Direktionen in gen aus dem Jahr 1927 zufolge hätte er der senbahnersiedlung Bahnheim ergänzt. Sieht scher Strecken hatte die 14 Kilometer lange Saarbrücken und Mainz auf. Nur die Strecke Bahn täglich die Fracht von rund 13 Güterzü- man von der Eröffnung der überwiegend Wasgauwaldbahn zwischen Bundenthal und Maxau – Wörth – Winden mit den davon gen abgenommen. Für die Jahre 1926/1927 bahndienstlichen Haltepunkte entlang des einem Militärlager bei Ludwigswinkel. 1921 abzweigenden Linien nach Berg/Grenze, liegen genauere Zahlen über den Bahnver- Rangierbahnhofes Einsiedlerhof ab, waren als Materialbahn in Betrieb genommen, dien- Kapsweyer/Grenze und Bad Bergzabern kehr in der Pfalz vor. So wurden 17 Millionen damit die Bahnstationen an der Ludwigs- te die Strecke mit der Spurweite von 600 mm wurden der Reichsbahndirektion Karlsruhe Fahrkarten verkauft, täglich fuhren 53 Schnell- bahn komplett. Der Bahnhof Mutterstadt nur zwischen 1924 und dem 1. November übertragen. Damit war, nach fast 100 Jahren, bzw. Eilzüge sowie zwischen 606 und 669 wurde allerdings noch in Limburgerhof um- 1930 dem Personen- und Holztransport. die eigenständige pfälzische Bahnverwal- Personenzüge einschließlich Triebwagen-

12 13 Der Ausbau des pfälzischen Eisenbahnnetzes Der Ausbau des pfälzischen Eisenbahnnetzes

fahrten. Im Güterverkehr wurden, bei leicht wegsbahnhöfen auch in der Pfalz eingesetzt Nach dem Kriegsbeginn war von dieser An den südlichen Tunnelportalen treffen die steigender Tendenz, über 4,57 Mio. Tonnen wurden. Nachgewiesen sind sie zum Bei- Dichte nur noch wenig übrig: Um über die beiden Strecken wieder zusammen. Die alte Fracht versandt. Damit wurden zumindest spiel für die Stationen Böhl-Iggelheim, Hälfte musste die Reichsbahn den Verkehr Strecke wurde schon 1875 in Betrieb genom- 97% der Transportleistung des letzten Vor- Göllheim-Dreisen, Kreimbach, Lambsheim, einschränken. Ab dem 8. Oktober 1939 men und weist einen Steilstreckenabschnitt kriegsjahres 1913 erreicht. Auch im Perso- Münchweiler, Ramstein, Rockenhausen, verließen Kaiserslautern planmäßig nur im Tunnel auf. Für sie kaufte die Pfalzbahn- nenverkehr lag die Anzahl der Kunden noch Schopp, Wachenheim, Wolfstein und noch 39 Reisezüge. Gesellschaft vier Stück der starken pfälzi- unter dem Niveau der Vorkriegszeit. Für die Winnweiler. schen T 5, die dem Lokbahnhof Biebermühle 30er Jahre liegen Dank der unermüdlichen Zwischen 1934 und 1938 wurden letztlich zugeteilt wurden. Die neue Strecke erlebten Forschungen von Hans-Wolfgang Scharf die Eine pfälzische Spezialität waren die Akku- noch die Strecke Kusel – Türkismühle und die Loks nicht mehr, sie wurden 1926 aus- Lokomotivbestände der pfälzischen Direkti- mulatorentriebwagen. Schon in der Kaiser- die sich daran anschließende Ostertalbahn gemustert. Eine davon, die Nummer 307, on Ludwigshafen vor. So waren im Jahr 1933 zeit, ab dem Jahr 1897, kamen die ersten in Betrieb genommen. Den vorläufigen wird im Eisenbahnmuseum Neustadt/W das Bw Kaiserslautern für 105, das Bw Lan- Fahrzeuge auf den Strecken rund um Lan- Abschluss des Eisenbahnbaus in der Pfalz erhalten. Heute ist nur noch die Bergstrecke dau für 42, das Bw Ludwigshafen für 95, das dau und Neustadt sowie zwischen Speyer, bildete die zweite Strecke von Biebermühle in Betrieb, die Überlegungen zur Reaktivie- Bw Neustadt für 51 und das Bw Zweibrücken Ludwigshafen und Worms zum Einsatz. In (heute Pirmasens Nord) bis zum Pirmasen- rung der stillgelegten Talstrecke im Zuge des immerhin für 21 Dampflokomotiven zustän- den Folgejahren bedienten sie von Kaisers- ser Hauptbahnhof im Jahr 1939. Sie steigt Rheinland-Pfalz-Taktes wurden nicht weiter dig. Herausragend bei diesen insgesamt lautern und Homburg aus die Strecken in sofort nach der Ausfahrt aus dem Pirmasen- verfolgt. Es sollte anschließend fast 60 Jahre 314 Loks waren die bayerisch/pfälzischen der Westpfalz. Ab 1927 fuhren auf den pfäl- ser Nordbahnhof an und überquert mittels dauern, bis in der Pfalz eine neue Eisen- Schnellzugdampfloks der Baureihe 18.4 im zischen Reichsbahnstrecken die moderneren gemauerter Viadukte zwei Taleinschnitte. bahnstrecke eingeweiht werden konnte. Bw Ludwigshafen, die damals brandneuen Wagen der Bauart Wittfeld. Diese, mit ihren Tenderloks der Baureihe 64 in Landau und langen Vorbauten für die Batterien sehr die schweren Rangierloks der Baureihen 93.5 markanten Fahrzeuge, lösten die Altbau- bzw. 94.5 in Kaiserslautern und Zweibrücken fahrzeuge ab und fuhren sogar ins elsäs- für den Rangierbahnhof Einsiedlerhof und sische Lauterbourg. In Kaiserslautern wur- die Rampe nach Pirmasens. Dort wurden sie den sie im damals dichten Nahverkehr zum später sogar durch die gigantischen Dampf- Einsiedlerhof eingesetzt – mit 23 Zugpaaren loks vom Typ 95 unterstützt, für die das bot die Reichsbahn dort im Jahr 1929 sogar Bw Zweibrücken zuständig war. Zwei Jahre einen angenäherten Stundentakt an – fast später wurden die zehn Ludwigshafener 18.4 rund um die Uhr. Den letzten überhaupt von neuen Einheitsloks der Baureihe 03 gebauten Wittfeld-Triebwagen kaufte im Jahr unterstützt. In allen Bw nahm der Lokomo- 1922 die BASF für ihren Werksverkehr. tivbestand leicht zu, so dass in der Pfalz nun 336 Dampfloks beheimatet waren. Im Jahr 1937 verzeichnete beispielsweise die Nicht erfasst sind dabei die kleinen Diesel- Abfahrtstafel des Kaiserslauterer Haupt- Rangierlokomotiven, die ab den 30er Jahren bahnhofs 88 abfahrende Züge, davon fuhren

zur Auslieferung gelangten und für den auf der Ludwigsbahn 21 Züge in Richtung Nur 20 Jahre alt wurde die von Maffei gebaute Pfälzische Schnellzuglok P 4 „von Ulmer“ . Güterwagenverschub auf kleineren Unter- Homburg und 18 in Richtung Neustadt. Foto: Slg. W. Löckel

14 15 Der Ausbau des pfälzischen Eisenbahnnetzes Der Ausbau des pfälzischen Eisenbahnnetzes

Zu keiner Zeit waren alle jemals gebauten Eisenbahnstrecken in der Pfalz gleichzeitig in Betrieb. Diese Karte aus dem Jahr 1940 zeigt das Netz zumindest fast vollständig. Selbst die schon 1935 abgebaute Schmalspurbahn nach Obermoschel ist noch eingezeichnet.

16 17 Zwischen Weltkriegen und Kaltem Krieg Zwischen Weltkriegen und Kaltem Krieg

Zwischen Weltkriegen und Kaltem Krieg des Kalten Krieges entfiel die Vorhaltung aus militärischen Gründen und sie wurden, so- fern kein regelmäßiger Verkehr stattfand, stillgelegt. Zurückgebaut sind auch die An- schlussgleise zu den früheren Anlagen der Die Bahngeschichte in der Pfalz ist untrenn- und der früheren Reichsgrenze im damals amerikanischen Streitkräfte in der Südwest- bar mit den beiden Weltkriegen und der besetzten Lothringen. pfalz, wie z.B. zum ehemaligen Hospital Phase des kalten Krieges verbunden. Vor Münchweiler oder zum Tanklager bei Dahn. allem die Entstehung der Glantalbahn ist Fast schon eine Laune der Geschichte war Einem Denkmal gleich erinnern die Viaduktreste bei mit den militärstrategischen Planungen des es, dass sie im März 1945 den amerikani- Marnheim an den Krieg und die zerstörte Bahnstrecke Die vielen Militärstandorte sorgten für regen nach Alzey Kaiserreiches verknüpft. Nur im ersten und schen Befreiungstruppen fast unversehrt in Verkehr, das Betriebswerk Kaiserslautern zweiten Weltkrieg wurde die Strecke stark die Hände fiel. Während das übrige pfälzi- musste über Jahrzehnte hinweg Reserveloks befahren. Gemeinsam mit den Verbindungs- sche Streckennetz zum Ende des Krieges an Corps die zweigleisige Strecke durch das für Truppenzüge vorhalten. Außerdem war kurven rund um Mainz, der Bliestalbahn und über 60 Stellen unterbrochen und damit Glantal nutzen und mit bis zu 120 Zügen das Bw für die vier grünen Lazaretttrieb- der Verbindungskurve südlich von Sarregue- weitgehend unpassierbar war (sowohl durch täglich den Zusammenbruch der Nazi- wagen der Baureihe VT 08 verantwortlich. mines (dt.: Saargemünd) in Lothringen ent- Bombenabwürfe wie auch Sprengungen diktatur etwas beschleunigen. Diese, von manchen Eisenbahnern wenig stand eine sehr schnelle und leistungsfähige durch flüchtende - und SS- respektvoll „Tripper-Express“ genannten Rollbahn zwischen dem Rhein-Main-Gebiet Einheiten), konnte das US-Transportation Auch nach dem Krieg wurden viele Strecken Züge dienten ausschließlich der US-Army für das Militär genutzt. Der Bund zahlte und wurden 1973 ausgemustert. Darüber der Bahn im Rahmen des Verkehrssicher- hinaus fuhren die französischen Soldaten stellungsgesetzes einen Ausgleich dafür, der Standorte Speyer, Landau, Neustadt/W dass Verbindungsstrecken und mögliche und Kaiserslautern über Jahrzehnte hinweg kriegswichtige Zweigstrecken erhalten blie- mit speziellen Schnellzügen ins Wochen- ben. Betroffen waren nicht nur Teile der Glantalbahn, sondern unter anderem auch die Bachbahn nach Reichenbach, die Strecken Graben-Neudorf – Germers- heim – Landau –Zweibrük- ken, (Bingen –) Monsheim – Neustadt/W – Landau sowie Monsheim- Langmeil und deren kürzeste Verbindung

Szene am Hauptbahnhof von Kaiserslautern nach einem Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg. nach Kaiserslautern über Im Jahr 1958 warteten am Landauer Hauptbahnhof französische Soldaten Foto: Slg. Georg Dollwet Eselsfürth. Nach dem Ende auf die Fahrt ins Wochenende. Foto: Freitag/Slg. Hünerfauth

18 19 Zwischen Weltkriegen und Kaltem Krieg Zwischen Weltkriegen und Kaltem Krieg

Mit einem Militärzug nach Kusel war im Jahr 1988 eine Kaiserslauterer V 100 bei Rehweiler unterwegs.

ende. Geschichte sind auch die Bahnaus- den Hangars. Diese fanden ein tragisches flugszüge vom Flugplatz Ramstein aus in die Ende mit dem Absturz einer italienischen nähere und fernere Gegend. Sonderzüge mit Flugschaustaffel am 28. August 1988: dem Wagen „Rollender Weinkeller“ und 70 Menschen starben und zahlreiche der anderen Gesellschaftswagen starteten in mehrere hundert Verletzte leiden noch heute den 60er und 70er Jahren mehrfach von der an den Folgen. Airbase aus – und umgekehrt durfte die deutsche Zivilbevölkerung einmal pro Jahr Heute sind in der Pfalz lediglich die ameri- das am Bahnhof Kaiserslautern-Einsiedler- kanischen Standorte rund um den Flugplatz hof abzweigende Anschlussgleis nutzen. Sie Ramstein vorhanden. Gelegentlich fallen besuchten die, für die damalige Zeit spek- dabei Materialtransporte in Containern takulären Flugplatzfeste mit amerikani- zwischen den Lägern Eselsfürth und schem Eis und Max Greger-Konzerten in Hauptstuhl an.

Mitte rechts: Heute fallen fast nur noch Containerzüge im Bereich Kaiserslautern an. Unten: Zwei Kaiserslauterer 218 schleppten im Jahr 1990 einen schweren Panzerzug bei Rodalben durch die Südpfalz.

20 21 Vom Wiederaufbau zum Rückzug aus der Fläche Vom Wiederaufbau zum Rückzug aus der Fläche

Vom Wiederaufbau zum Rückzug aus der Fläche

Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Be- schuppen und das alte Bahnwärterhaus auf seitigung der Kriegsschäden und die Wieder- der badischen Seite der Speyerer Rhein- herrichtung der Strecken die wichtigsten brücke erinnern noch heute an die früheren Ziele. Nur die Speyerer Rheinbrücke und der Schienenstränge. Auf Anordnung der fran- Viadukt bei Marnheim wurden nicht wieder zösischen Verwaltung verlor die Verbindung aufgebaut. Damit waren die Bahnverbindun- über Zweibrücken, Landau und Germers- gen Speyer – Schwetzingen und (Kaisers- heim das zweite Gleis. Weil gleichzeitig der lautern –) Marnheim - Kirchheimbolanden Wiederaufbau der Germersheimer Rhein- (- Mainz) für immer unterbrochen – die brücke vorläufig unterblieb, wurde die Kon- Viaduktreste im Pfrimmtal sowie der Lok- zentration des Verkehrs auf die Ludwigs- Im Juli 1958 war die Zweibrücker 86 721 mit einem Abteilwagenzug zwischen Germersheim und Speyer unterwegs. Foto: Freitag/Slg. Hünerfauth

bahn beschleunigt. Seit 1. Juli 1947 waren die Batterietriebwagen abgelöst. Bis zum Ein- pfälzischen Strecken in der Generaldirektion satz einer großen Diesellok, der späteren der Südwestdeutschen Eisenbahnen (SWDE) Standardtype V 100, mussten die pfälzi- mit Sitz in Speyer zusammengefasst. Die schen Eisenbahner aber noch zehn Jahre Modernisierung der Strecken, der Bahnhöfe warten. Und wieder war das Bw Landau und des Lokomotiv- bzw. Wagenmaterials Vorreiter. blieb jedoch der 1949 gegründeten Bundes- bahn vorbehalten. Herausragend war zu- Doch zuvor wurde der erste elektrische Zug nächst der Einsatz der legendären roten in der Pfalz begrüßt. Nach knapp zwei Jah- Schienenbusse. Mit Teilen aus dem Omni- ren Bauzeit konnten ab 29. Mai 1958 zwi- busbau konnten, gegenüber den Dampfloks, schen Ludwigshafen, Mainz und Remagen die Produktions- und Betriebskosten deut- Elloks fahren. Auf der Ludwigsbahn dauerte lich gesenkt werden. Die ersten der „roten es etwas länger: Nach einer Probefahrt mit Brummer“ kamen schon 1952 zum Bw Lan- E 41 120 am 24. Mai 1961 wurde, vom Saar- dau. Innerhalb von fünf Jahren konnte die land kommend, der Abschnitt zwischen Bundesbahn die Dampflokleistungen im Kaiserslautern und Homburg in Betrieb

Zwischen 1920 und 1963 fuhren die pfälzischen Lokführer meist gerne auf der berühmten P 8. Reisezugverkehr um über 20 Prozent sen- genommen. Als erster Zug startete D 1118 in Am 19. Juli 1958 erreichte 38 2217 Kaiserslautern Hbf. mit E 520. Foto: Hans Schmidt/EK ken. Außerdem wurden die altertümlichen der Nacht vom 27. auf 28. Mai um 23.51 am

22 23 Vom Wiederaufbau zum Rückzug aus der Fläche Vom Wiederaufbau zum Rückzug aus der Fläche

Die neue Rheingoldlok E 10 1268 zog den Eröffnungszug zur Elektrifizierung der pfälzischen Ludwigsbahn. Am 6. Juni 1953 lagen im südlichen Vorfeld des Landauer Hauptbahnhofes noch jede Menge Gleise. Foto in Neustadt/W: BD Mainz/Slg. W. Löckel Foto: Slg. Hünerfauth

Kaiserslauterer Hauptbahnhof. Der Umbau sollte auch die damals geplante Elektrifizie- Standort leicht verändert. Weitere neue, neuen S-Bahn-Station südlich der Stadtmitte im Pfälzer Wald westlich von Neustadt/W rung der Alsenzbahn ermöglichen. Diese nicht unbedingt schöne Gebäude wurden in beseitigt. gestaltete sich wesentlich aufwändiger: Die Investition war aus heutiger Sicht umsonst. Landau, Edenkoben, Frankenthal, Schiffer- zwölf Tunnel galten als die engsten im Bun- Abgesehen von der Elektrifizierung der stadt und Wörth errichtet. Zwei Jahre zuvor noch wurde ein anderer desbahnnetz und mussten tiefer gelegt wer- Strecke Karlsruhe – Wörth für den Güterver- Kopfbahnhof entbehrlich: Der Westbahnhof den, um Platz für die Oberleitung zu schaf- kehr Mitte der 1970er Jahre wurden in der Zweifellos herausragend war die Umge- in Kaiserslautern. Fortan hielten die Züge an fen. In einigen Fällen wurden die Portale er- Pfalz keine weiteren Strecken überspannt. staltung der Bahnanlagen in Ludwigshafen. einem Haltepunkt westlich des Empfangsge- neuert. Am 1. März 1964 wurde die Oberlei- Erst die Stadt- und S-Bahnsysteme für Wörth Der alte Kopfbahnhof in der Stadtmitte bäudes und die zeitraubende Stichfahrt für tung eingeschaltet, am 7. März fuhr, erneut und den Rhein-Neckar-Raum haben daran bedeutete für haltende Züge einen erheb- die Züge aus dem Lautertal entfiel. Außer- mit einer eher unscheinbaren Personenzug- etwas geändert. lichen Zeitverlust, außerdem beanspruchten dem konnte am 23. Oktober 1967 endlich die lok der Baureihe E 41, ein Probezug. Am die Anlagen kostbare Fläche für die Stadt- zweigleisige Rheinbrücke bei Germersheim 12. März schließlich gab es den Festakt ein- Die Modernisierung der Bahnhöfe be- entwicklung. Nach dem Vorbild des neuen in Betrieb genommen werden – der über- schließlich einer Sonderfahrt des damals schränkte sich in den meisten Fällen auf die Heidelberger Hauptbahnhofes wurde ein regionale Verkehr verblieb trotzdem auf brandneuen Rheingolds in den schicken Neuerrichtung kriegszerstörter Empfangs- Durchgangsbahnhof westlich der Innenstadt der Ludwigsbahn. Die Beschädigung der creme-blauen Farben: Nun war der durch- gebäude. Die Hauptbahnhöfe für Kaisers- geplant, der 1969 in Betrieb genommen Maxauer Brücke durch ein havariertes Schiff gehende elektrische Betrieb von Mannheim lautern und Pirmasens wurden zu Beginn wurde. Trotzdem fahren heute fast alle führte im Sommer 1987 zu zahlreichen bis Saarbrücken möglich. Das am Rangier- der 1950er Jahre eingeweiht, in der südpfäl- Fernzüge in Ludwigshafen durch. Der Makel Umleiterzügen über Landau, Germersheim bahnhof Einsiedlerhof errichtete Unterwerk zischen Schuhmetropole wurde sogar der der abseitigen Lage wurde erst mit der und Graben-Neudorf. Seit 1994 wird nur

24 25 Vom Wiederaufbau zum Rückzug aus der Fläche Vom Wiederaufbau zum Rückzug aus der Fläche

Schwerste Handarbeit war der Gleisbau im Jahr 1954, als eine P8 (Baureihe 38) durch den Bahnhof Kandel fuhr. Auch die moderne Diesellok V 29 konnte die pfälzischen Schmalspurbahnen nicht mehr retten. Im März 1953 fuhr ein Foto: Freitag/Slg. Hünerfauth Personenzug durch Mutterstadt. Foto: Bellingrodt/Slg.– W. Löckel/EK

noch eines der beiden Gleise über den Rhein Fahrkartenverkauf, wenn dies bislang vom eines Fahrdienstleiters. Die Bahnhöfe Altenbamberg an der Alsenzbahn gibt es zur genutzt. Fahrdienstleiter miterledigt wurde. Landau, Edenkoben und Godramstein wer- technischen Sicherung des höhengleichen den im Jahr 2009, der Bahnhof Winden ein Bahnübergangs am Bahnsteig sogar noch Neben der Modernisierung der Bahnhöfe Aktuell weisen nur noch die pfälzischen Jahr später an das Neustadter ESTW an- zusätzlich ein Flügelsignal. und Züge stellte die Bahn auch in der Knotenbahnhöfe Germersheim, Wörth, geschlossen. Lediglich in den großen Bahn- Sicherungstechnik die Weichen auf Zukunft. Winden, Landau und Pirmasens Nord die höfen Kaiserslautern und Ludwigshafen Ein besonders trauriges Kapitel der Rationa- Dominierte in den 1950er Jahren das mecha- alte Technik auf, außerdem noch ein paar werden auf absehbare Zeit örtliche Be- lisierung ist die Stilllegung von Eisenbahn- nische Stellwerk mit Flügelsignalen und Stationen in deren Umfeld. Selbst die Druck- dieneinrichtungen erhalten bleiben. strecken. Zunächst zögerlich, dann, mit der Spannwerken, ist computergesteuerte Elek- tastenstellwerke sind auf dem Rückzug, aufkommenden Motorisierung immer stär- tronik auf dem Vormarsch. Zunächst aber Zug um Zug werden alle pfälzischen Außerdem wurden in den letzten Jahren fast ker stellte die Bundesbahn mit Rückende- ersetzte die Bundesbahn die personal- Anlagen an die elektronischen Stellwerke alle örtlich bedienten mechanischen Schran- ckung der Politik Bahnlinien auf Busverkehr intensiven mechanischen Anlagen mit den (ESTW) mit Bedieneinrichtungen in Karlsru- kenanlagen auf zuggesteuerte Anlagen umge- um. In der Pfalz traf es als erste die ohnehin schweren Hebeln durch kleine bedienfreund- he (Fern- und Ballungsnetz) oder Neustadt stellt. Nach der Umrüstung im Lautertal ver- amputierte Strecke von Alzey nach Kirch- liche elektrische Drucktastenstellwerke. In (Regionalnetze in der Pfalz und in Rheinhes- fügt die Deutsche Bahn auf dem pfälzischen heimbolanden. Schon am 20. Mai 1951 einigen Fällen war damit die Fernsteuerung sen) angeschlossen und fernbedient. So Streckennetz nur noch über zwei Anlagen wurde der Personenverkehr eingestellt. von Weichen und Signalen von benachbar- wurde das Stellwerk des Bahnhofs Hoch- mit Seilzug, Spannwerken und Kurbel. In Sie erfuhr fast genau 48 Jahre später eine ten Bahnhöfen verbunden. So verloren die speyer dem ESTW Karlsruhe zugeschlagen, Godramstein bedient der Fahrdienstleiter Reaktivierung. Die Bundesbahn stellte Still- betroffenen Stationen häufig den örtlichen am 30. April 2007 war dort die letzte Schicht eine mechanische Schranke. Am Haltepunkt legungen als Wert an sich dar: In einer Ab-

26 27 Vom Wiederaufbau zum Rückzug aus der Fläche Vom Wiederaufbau zum Rückzug aus der Fläche

Oben: Am 30. Mai 1986 stellte Toni Jockel vom Bahnhof Odernheim das letzte Mal das Um das Jahr 1960 erreichte ein damals moderner Schienenbus das südpfälzische Steinfeld. Einfahrsignal. Kurz darauf fuhr der letzte Foto: Slg. Hünerfauth planmäßige Personenzug im Glantal.

Mitte: Im April 1987 startete der Abriss der handlung über die frühere Bundesbahn- (-abschnitten) mit einer Länge von oberen Glantalbahn bei Elschbach.

direktion (BD) Mainz aus dem Jahre 1957 150,9 Kilometern die Umstellung auf Unten: Letzte Züge im Glantal waren die freute sich deren damaliger Präsident, dass Busverkehr vollzogen wurde, leisteten umweltfreundlichen Batterietriebwagen der Baureihe 515, hier im Bahnhof Odernheim. auf zwei Nebenbahnen der gesamte Betrieb Bundesbahn und Bundesregierung (sie eingestellt werden konnte. musste Stilllegungen genehmigen) danach ganze Arbeit: Zwischen 1972 und Mai 1989 Dennoch: Die größte Stilllegungswelle für wurde der Personenverkehr auf 15 pfälzi- den Personenverkehr wurde erst nach schen Strecken (-abschnitten) mit einer Auflösung der, für alle Bahnstrecken in der Gesamtlänge von 226,5 Kilometern ein- Pfalz zuständigen BD Mainz (schrittweise gestellt. Als letzte trafen es zwei Abschnitte bis zum 30. April 1972) wirksam. Nach und der Glantalbahn in den Jahren 1985 und nach kam nun das Aus für den Personen- 1986 sowie die saar-pfälzische Verbindung verkehr in der Fläche, ganz im Einklang mit Homburg – Zweibrücken im Jahr 1989. dem, offiziell verworfenen, Konzept des be- Unter heutigen Vorzeichen hätte man triebswirtschaftlich optimalen Netzes des zumindest diese Strecken modernisiert Bundesbahnvorstandes aus den 1970er anstatt stillgelegt. Sie konnten leider nicht Jahren. Während innerhalb von knapp mehr von der, kurz darauf einsetzenden, 19 Jahren bis Ende 1971 bei 13 Strecken Renaissance der Schiene profitieren.

28 29 Wenig beachtet – der Dampfbetrieb in der Pfalz Wenig beachtet – der Dampfbetrieb in der Pfalz

Wenig beachtet – Die Bundesbahn wollte in den 70er Jahren ihre Dampfloks so schnell wie möglich los- der Dampfbetrieb in der Pfalz werden. Deshalb waren Emden, Gelsenkir- chen, Ottbergen und Rheine wegen der schweren Güterzugloks sowie Crailsheim Vor über 30 Jahren, am 27. September 1975, verließen die letzten und Hof wegen der Personen- und Schnell- zugloks Anfang der 70er beliebte Ziele der Dampfloks vom Bahnbetriebswerk Kaiserslautern die Pfalz. Modernere Dampflokfreunde. Kaiserslautern und die Pfalz hatte kaum einer auf seiner Liste. Dort Diesel- und Elloks, aber auch der wachsende Straßenverkehr hatten die hatte sich aber bis zum Herbst 1975 ein bescheidener, aber feiner Dampfbetrieb ge- rauchenden Ungetüme entbehrlich gemacht. halten. Besonders im Nordpfälzer Bergland fuhren die 50er und 23er des Bahnbetriebs- werkes Kaiserslautern Güter- und Personen- züge aller Gewichtsklassen. Die Zeit der P 10 vor den Pariser Schnellzügen war natürlich längst vorbei, doch bei Ausfall einer V 200 donnerte schon mal eine 23er Richtung Frankfurt/M.

Die erste Lokomotivwerkstatt Kurz vor dem Dampfende im Jahr 1975 stand Uli Mihlan an in Kaiserslautern der Eiswoogstrecke, um 052 323 mit einem Nahgüterzug aus Eisenberg aufzunehmen. Gleich mit dem Baubeginn der Ludwigsbahn durch den Pfälzer Wald im Jahre 1845 wurde Leiter des Bahnbetriebswerkes, Josef Ternes, eine erste Werkstatt in Kaiserslautern errich- dass die kleine Werkstatt schon bald nicht tet. Überlieferungen zufolge soll die erste mehr ausreichte und angebaut wurde. 1908 Werkstatt direkt am damaligen Bahnhof Kai- fanden 650 Eisenbahner Arbeit als Lokperso- serslautern errichtet worden sein, der schon nal und in der Lokomotivwerkstatt. 1879 durch ein repräsentatives Gebäude am heutigen Platz ersetzt wurde. Eine kleine „König Dampf“ regiert Dampfmaschine mit gerade einmal 8 PS Ab Mitte der zwanziger Jahre wurden die An- erzeugte die nötige Energie für Drehbänke, lagen durch ein modernes neues Bahnbe- verschiedene Maschinen und den Ventilator triebswerk ersetzt. Als es 1932 komplett dem für die Schmiedefeuer. In einer kleinen Fest- Betrieb übergeben wurde, betreuten rund

Im Mai 1974 drückte Roland Zolobczuk in Enkenbach auf den Auslöser, schrift zum 150jährigen Jubiläum der deut- 800 Eisenbahner ca. 120 Dampfloks. 1936 als 23 010 mit einem Personenzug aus dem Alsenztal vorbei fuhr. schen Eisenbahnen schrieb der frühere stieg der Personalbestand auf 850 Mitarbei-

30 31 Wenig beachtet – der Dampfbetrieb in der Pfalz Wenig beachtet – der Dampfbetrieb in der Pfalz

Nördlich von Enkenbach wartete Wolfgang Löckel einen Berufsverkehrszug mit gleich zwei 50ern an der Spitze Auf dem sogenannten Eierfelsen bei Rockenhausen im Alsenztal konnte Dr. Wolfgang Feuerhelm 1974 die Begegnung und einigen dreiachsigen Umbauwagen ab. zweier Güterzüge beobachten.

ter. Mit dem Bau des West- wurden im Rangierbahnhof fuhren die neuartigen roten stadt wurde 1963 zur Außen- listen archiviert, die einen sogar noch zehn der legen- walls zur Vorbereitung des täglich etwa 2 500 Güterwa- „Schienenbusse“ in der stelle von Ludwigshafen de- Vergleich zum Bestand der dären P 10, die für Schnell- Angriffskrieges gegen Frank- gen zu Güterzügen zusam- Pfalz, später kamen die gradiert und später ebenfalls 30er Jahre zulassen. Das züge benötigt wurden. Zwei reich stieg die Anzahl der zu mengestellt, wofür kräftige ersten richtigen großen aufgelöst. Am längsten hielt Bw Ludwigshafen verlor der Wittfeldbatterietriebwa- betreuenden Loks auf rund Loks benötigt wurden. Es Dieselloks. Vor den Schnell- sich das Bw Landau: Schon zwar 1962 die Schnellzug- gen, fünf Dieselrangierloks 170, um die sich 1 100 Eisen- gab natürlich auch richtige zügen aus Paris machte sich am 7. August 1963 fuhr die dampfloks der Baureihe 03, der Baureihe V 60 sowie die bahner kümmerten. Die Schnellzugdampfloks: Eisen- ab 1965 die berühmte Die- letzte der legendären P 8, war aber immerhin noch für vier Lazaretttriebwagen der Nähe des nach dem ersten bahnfreunde bekommen bei sellok V 200 nützlich, die die Einstellung der Dampf- 31 Dampfloks und 16 Ran- US-Army gab es auch noch. Weltkrieg fertig gestellten Nummern wie „01“ und „03“ deshalb am 28. Mai 1967 lokunterhaltung folgte am gierdieselloks zuständig. Den drei verbliebenen pfäl- Rangierbahnhofes Einsied- sowie der „P 10“ (spätere 39) vom Bw Limburg nach Kai- 1. Juni 1967. Die Abstufung In Landau hatte sich die zischen Betriebswerke waren lerhof setzte den Schwer- leuchtende Augen. Für die serslautern umbeheimatet zur Karlsruher Außenstelle Werkstatt um 29 Dampfloks, also insgesamt 223 Fahrzeu- punkt bei der Vorhaltung der Personenzüge gab es die wurden. Für leichtere Züge kam zum 3. Juni 1984. Nach 13 Dieselloks, 4 Eiltriebwa- ge zugeteilt. Loktypen. Neben verschie- „P 8“, eine nahezu unver- gab es die V 100 oder die Einstellung des Schienen- gen aus der Vorkriegszeit denen kleineren Loks für die wüstliche Personenzuglok V 160. Damit wurden auch busverkehrs in der Südpfalz und 26 der neuen Schienen- Nicht vergessen sind die Züge ins Glan- und Lautertal aus Kaiser Wilhelms Zeiten. die kleineren benachbarten im Juli 1993 wurde es end- busse zu kümmern. Unbe- einzigen, jemals in Kaisers- waren die Männer im Bw Betriebswerke entbehrlich: gültig aufgegeben. strittene Dampfhochburg lautern beheimateten Elloks. hauptsächlich für Rangier- „König Dampf“ regierte Die Bw Zweibrücken und war (noch) das Bw Kaisers- Die riesigen „Jumbos“ oder und Güterzugloks zustän- unangefochten – bis in die Homburg wurden 1962 bzw. Für den 31. Dezember 1962 lautern: Hier waren 93 Dampf- „Heuwender“ genannten dig. Mitte der 20er Jahre 1950er Jahre. Zunächst 1967 aufgelöst das Bw Neu- sind detaillierte Bestand- loks beheimatet, darunter Loks der Baureihe 152 wogen

32 33 Wenig beachtet – der Dampfbetrieb in der Pfalz Wenig beachtet – der Dampfbetrieb in der Pfalz

140 Tonnen und hatten Spätestens zu diesem Zeit- gebracht, es blieben noch werkes standen mehrere Stangenantrieb. Ihre Behei- punkt zeichnete sich auch wenige „23er“ für Personen- Hundert Bahnarbeiter dicht matung sollte den Arbeits- das Ende der Lauterer züge und ein gutes Dutzend gedrängt auf dem Bahnsteig platzabbau im Bw Kaisers- Dampfrösser ab. Ihnen ver- „50er“ für Güterzüge. – es schien, eine ganze lautern als Folge des Struk- blieben hauptsächlich die Stadt würde einsteigen. Die turwandel genannten Ab- Güterzüge nach Bingerbrück Besonders gut in Erinnerung lange Schlange aus vielen schieds von der Dampflok und einzelne Personen- bleibt der nachmittägliche kurzen, dreiachsigen grünen abmildern. Erste Einsätze züge ins Glan, Lauter- und „AW-Zug“ – damals ein im- Wagen hatte ein hohes Ge- gab es Ende Juli 1966, die Alsenztal. Die letzte Ran- posanter Personenzug von wicht und forderte Maschine letzte Maschine (152 014) gierdampflok auf dem Ein- Kaiserslautern nach Kusel. und dem Heizer alles ab. „Do hosche mit dem Holzhammer de Hauptschalter ausgeschla´“, erinnerte wurde im August 1972 aus siedlerhof wurde schon am Bei der Ankunft am Halte- Mit bellenden Auspuffschlä- der frühere Lokleiter Roland Schwehm (verst.). 152 034 stand am 1. Oktober 1971 im Bw Kaiserslautern und sollte noch vor den Dampfloks ausgemustert werden. dem Betrieb genommen. 1. Juni 1971 nach punkt des Ausbesserungs- gen setzte sich der Dampf- Foto: Ottmar Zink/Slg. Löckel zug in Bewegung und schien doch kaum vom Fleck zu kommen. Immerhin arbeite- ten damals über 1 100 Men- schen im „AW“ – heute ha- ben dort nur noch knapp 100 Mitarbeiter beim priva- ten Nachfolgeunternehmen SRS Süddeutsche Rail Ser- vice GmbH Beschäftigung und bangen permanent um ihren Arbeitsplatz.

Das Ende der Dampfloks Im September 1975 war An der Bekohlungsanlage in Kaiserslautern stand am 16. März 1974 Schluss mit dem Dampf- die Lauterer 051 414. Foto Uli Mihlan/Slg. W. Löckel betrieb in der Pfalz. Es gab eine festlich geschmückte fuhren mit der Lok 051 832 Kaiserslauterer Industrie- Abschiedsfahrt nach Pirma- am 26. September 1975: geschichte. Tags darauf sens – eine „50er“ Güterzug- Der mittägliche Personen- wurden die drei Dampfloks lok wurde zur Feier des zug nach Lauterecken und nach Saarbrücken gebracht. Tages sogar vor den ein Nahgüterzug bei der Im Bahnbetriebswerk Kai- André Sinn konnte am 1. August 1974 diese wunderschöne Szene mit der 051 832 im Schuppen des Bw Kaiserslautern aus Würzburg gespannt. Rückfahrt beendeten eine serslautern gab es fortan aufnehmen. Die allerletzten Dampfzüge bedeutende Epoche in der nur noch Dieselloks, die

34 35 Wenig beachtet – der Dampfbetrieb in der Pfalz Autoteile, Chemie, Rüben und Schotter

nun, über 30 Jahre später, bis auf wenige Ausnahmen, selbst Autoteile, Chemie, Rüben und Schotter – durch moderne Triebwagen abgelöst oder verschrottet sind. Gütertransporte auf pfälzischen Gleisen In Saarbrücken wurden sie schon wenige Monate später, am 29. Mai 1976 nach zwei großen Abschiedsfahrten aufs Abstellgleis geschoben. Mit Dampfloks vor Nostalgiezügen Über Jahrzehnte hinweg wurde die Beta vul- industrie und Bundesbahn und andere Ur- machte die Bundesbahn im September 1977 kurzen Prozess: garis, die Zuckerrübe, über die Schiene zu den sachen haben Kramer/Schötz ein aufschluss- Sie verbot kurzerhand alle Dampflokfahrten auf ihren Zuckerfabriken in der Rheinebene gebracht. reiches Buch geschrieben (Rübenzüge/Trans- Gleisen. Von Odernheim in der Nordpfalz bis Ixheim press-Verlag). Deshalb nur die Anmerkung: und Kapsweyer an der französischen Grenze, Am Schicksal des Rübenverkehrs zeigt sich von Bruchmühlbach im Westen bis Ludwigs- das Dilemma der Bahnpolitik. Alle waren hafen im Osten. Ob eine einzelne oder gar gegen die Verlagerung, keiner verhinderte über 1 000 Wagenladungen pro Jahr: Im sie. Privaten Bahnen ist es zu verdanken, Herbst wurden die Verladeanlagen an den dass einzelne Rübentransporte in Deutsch- Ladegleisen entrostet, die Bahn fuhr Rüben. land wieder zur Schiene zurückverlagert Viele Zweigstrecken, vor allem jene zwischen werden konnten. In der Pfalz geht das nicht Rheinebene und Pfälzerwald, verdankten der mehr: Die Ladegleise sind abgebaut, einzel- süßen Fracht ihr (vorläufiges) Überleben. ne Strecken sogar stillgelegt. Die unverzicht- Doch im Dezember 1992 kam das Aus für baren Abstellgleise für die Zwischenabstel- den saisonalen Verkehr. Über die wechselsei- lung der Rübenwagen in Grünstadt nahe der tigen Schuldzuweisungen zwischen Zucker- Zuckerfabrik Offstein sind längst Geschichte.

Schluß aus Ende für 023 011 und 23 008 im Dezember 1974. Wolfgang Löckel fotografierte im Bw Kaiserslautern. Nachschub für die Zuckerfabrik Offstein: Im Herbst 1988 zogen zwei 218 des Bw Karlsruhe einen Rübenzug bei Herxheim a. Berg in Richtung Grünstadt.

36 37 Autoteile, Chemie, Rüben und Schotter Autoteile, Chemie, Rüben und Schotter

Eine funkferngesteuerte Rangierlok rangierte im Sommer Eine Class 66 der privaten ERS hatte im Juni 2001 einen 2000 zwei Güterwagen in das damals noch vorhandene Güterzug ins Terminal Germersheim geschoben. Auch hier Ladegleis von Wolfstein im Lautertal. soll künftig die Elektrifizierung den durchgehenden Einsatz von Elloks ermöglichen. Für den Verschub der Schotterwagen genügten einfachste Rangierlokomotivchen. Heute ist die Schotterverladung auf die Bahn in Theisbergstegen Geschichte. Geschichte ist auch der klassische Wagenla- schiebebahnhöfen wie Landau, Neustadt dungsverkehr der Bahn in der Fläche. Wo und vor allem Einsiedlerhof zu teuer. Ab den Schiene endgültig den Garaus: Als Folge einst einzelne Güterwagen beladen und mit 1960er Jahren wurden die Ladestellen und von MORA C, dem sogenannten markt- einer Gleiswaage gewogen wurden, wuchert Tarifpunkte verstärkt geschlossen, zum Teil orientierten Angebot Cargo wurden ab 2001 heute Unkraut: Blühende Landschaften im auch dann, wenn der tägliche Güterzug die alle Zweigstrecken vom Güterverkehr befreit. Westen. Der Bahn war das Rangieren auf Strecke weiterhin bediente. Die Bahn AG Abseits der Ludwigsbahn gibt es in der Pfalz den Unterwegsbahnhöfen und in den Ver- machte dann der Feinverteilung auf der nur noch entlang der Rheinschiene (insbe- sondere rund um Ludwigshafen, Speyer, Germersheim bzw. Wörth) und nach Landau Güterzüge. Sowie Schottertransporte aus dem Glantal.

Einst besaß die Bahn sogar selbst Stein- brüche, vor allem im Landkreis Kusel. Noch in den 1970er und -80er Jahren fuhren schwerste Schotterzüge von Kreimbach-Kaulbach, Rammelsbach, Bedesbach-Patersbach und Theisberg- stegen zu den Gleisbaustellen in ganz Deutschland. In Einsiedlerhof wurde von Dampf und Diesel auf Ellok umge- spannt. Heute sind alle Steinbrüche verkauft und nur noch in Rammelsbach Hier fahren jetzt Raddraisinen: Am 24. April 1987 schleppt 211 stellt eine kleine Werkslok Schotterzüge 082 vom Bw Kaiserslautern eine lange Schlange leerer Tiger-Alarm im Alsenztal: Weil die eigenen Loks defekt waren, lieh sich die BASF-Werksbahn für den Kalkzug aus Stromberg Schotterwagen zur Beladung nach Bedesbach. der bei Bahnfreunden berühmte „Blue Tiger“ aus. Die Rarität wurde unterhalb der Altenbaumburg erwartet – und ‘erlegt’. zusammen.

38 39 Autoteile, Chemie, Rüben und Schotter Kennwort Lindwurm

Autoteile aus Kaiserslautern, Chemiepro- auch der Entlastung des Saarbrücker Kennwort Lindwurm: Der Abtransport dukte von und zur BASF sowie der kombi- Rangierbahnhofes. Das mittlerweile private nierte Wagenladungsverkehr der Terminals Containerterminal wird nur noch selten zum der chemischen Waffen im September 1990 Ludwigshafen, Germersheim und Wörth Straße-Schiene Umschlag genutzt. Haupt- machen jetzt den Löwenanteil des pfälzi- kunde ist das amerikanische Militär. schen Schienengüterverkehrsaufkommens Zwischen dem 12. und 19. September 1990 Diese wurden dann auf Paletten verschnürt aus. Der allergrößte Teil ist aber Durch- Doch keine Regel ohne Ausnahme: Nach hatte die wohl einen und in die grünlackierten Container gestellt, gangsverkehr ins Saarland und darüber dem der Grenzübergang Lauterbourg allen- der heikelsten Transportaufträge ihrer Ge- welche auch bei den normalen Munitionszü- hinaus über die französische Grenze. Der falls durch die Atomtransporte bekannt schichte zu bewältigen: Den Transport von gen Verwendung finden. Bevor es soweit zwischen 1913 und 1921 errichtete Rangier- wurde, wird er seit ein paar Jahren wieder 102 000 Giftgasgranaten, gefüllt mit je ca. war, liefen bei der Bundesbahn umfangrei- bahnhof Einsiedlerhof dient heute überwie- regelmäßig für den normalen Güterverkehr 400 Tonnen Nervengas, vom pfälzischen che Planungsarbeiten. gend dem lokalen Aufkommen in und um genutzt. Neben der BASF übergibt auch US-Depot Miesau bis zum Nordseehafen Kaiserslautern. Wobei das direkt benach- die ebenfalls private Güterbahn Rail4Chem Nordenham. Voraus gegangen waren jahre- Um bei Oberleitungsstörungen netzunab- barte Opelwerk tägliche mehrere Ganzzüge in der elsässischen Kleinstadt ihre Züge an lange Proteste gegen die Lagerung chemi- hängig zu sein, sollten die Züge auf voller auf die Reise schickt. Gelegentlich dienen die SNCF. scher Waffen auf deutschem Boden. Nach- Länge mit einer Doppeltraktion der Baureihe die Anlagen vor den Toren Kaiserslauterns dem im Jahr 1986 der Abzug auf Regierungs- 218 gefahren werden. Der erhöhte Lokbedarf ebene ausgehandelt wurde, begannen die musste durch Lokhilfemaßnahmen aufge- Planungen für deren Abtransport. Er sollte fangen werden. Das Bw Kaiserslautern, wel- unter dem Kennwort „Lindwurm“ in die chem die Bespannung ab Lager Miesau ob- Geschichte eingehen. lag, erhielt Lokomotiven aus den Direktio- nen Karlsruhe, München und Nürnberg. Als Startort der Giftgaszüge wurde das US- Umfangreiche Fahrplanarbeiten waren zu Depot Miesau ausgewählt. Es ist über ein erledigen, weil die Züge Begegnungsverbot bei Hauptstuhl abzweigendes, ca. drei km mit lademaßüberschreitenden und gefahr- langes Anschlussgleis direkt mit dem Stre- gutbefördernden Zügen erhielten. Drei, mit ckennetz der DB verbunden. Der Straßen- den Farben rot, grün und blau bezeichnete transport vom ursprünglichen Lagerort Routen wurden vollständig durchgeplant. Clausen bei Pirmasens erfolgte an 28 Tagen Die Beiden durch das Ruhrgebiet wurden im August. Zur Umgehung von Kaiserslau- nicht benutzt. Alle Züge fuhren die Route rot tern wurde extra ein Stück der zukünftigen über Ludwigshafen, Worms, Darmstadt, A 62 bei Landstuhl provisorisch hergerich- Aschaffenburg, Gießen, Kassel (dort war der tet. Nach einer kurzen Zwischenlagerung planmäßige Lokwechsel auf 218 des Bw begann die Verladung der Granaten auf die Hagen vorgesehen), Löhne und Bremen. Bahn. Hierzu wurden die Granaten in gas- Nachschub für die Großbaustellen der Bahn: 218 364 und eine Schwestermaschine schleppten einen schweren Schotterzug dichte Spezialkapseln gepackt, welche wie- Die Abfahrt der Züge in Miesau war für ca. von den Steinbrüchen im Glantal zum Rangierbahnhof Einsiedlerhof, hier am Einfahrsignal von Rehweiler. derum in Stahlbehältern Aufnahme fanden. 17 Uhr geplant, wobei die drei Züge in kur-

40 41 Kennwort Lindwurm Kennwort Lindwurm

Der Lindwurm unterwegs: Am 14. September 1990 fuhr einer der Giftgastransporte durch die Vorderpfalz südlich von Frankenthal. Am Haltepunkt Neustadt-Böbig fährt der erste der Giftgaszüge am 12. September vorbei.

zem Abstand zueinander verkehren sollten. so wurde der Brand des Zuges, das Ziehen ein auffälliges Bild. Denn die Zugbildung einmal gestört: Wegen eines Öldruckabfalls In der Regel fuhren die beiden Munitionszü- der Notbremse sowie der Überfall durch war recht ungewöhnlich: Den Lokomotiven an einer der beiden 218 erhielten die Züge ge vor dem Begleitzug. Auf Unterwegsbahn- Terroristen simuliert. folgten zwei Begleitwagen mit Soldaten und zwei Stunden Verspätung, bei Kassel wurde höfen durften nur unter bestimmten Be- Polizei, ein blauer Beobachtungswagen der eine Bombenattrappe gefunden und in dingungen Rangiermanöver durchgeführt Bestens gerüstet startete dann am 12. Sep- Gattung Pwg mit Aussichtskanzel (Umbau Bremen fuhr ein mutmaßlicher Selbstmör- werden. Die Ankunft in Nordenham war für tember der erste Lindwurm. Dessen Fahrt aus einem dreiachsigen Umbauwagen der der zur planmäßigen Durchfahrzeit mit etwa 5 Uhr vorgesehen. Auch der Zulauf der war aber nicht störungsfrei. Eine Bremsstö- Reihe B3yg), ein Flachwagen mit einem Be- seinem PKW an einem Bahnübergang in benötigten Wagengarnituren sowie deren rung am Begleitzug brachte den Lindwurm gleitfahrzeug, zehn Containerwagen mit je einen anderen Güterzug. Rücküberführung von Nordenham nach zum Stillstand, so dass die Züge mit einer zwei Containern, ein Reisezug und Gepäck- Miesau musste organisiert werden. Deshalb Stunde Verspätung in Nordenham eintrafen. wagen, ein Flachwagen mit einem Feuer- Am 18. September 1990 um 19.09 Uhr war fanden unter Beteiligung der Transportgrup- Die Sicherung der Strecke wurde in den ein- wehrfahrzeug, ein leerer Containertrag- Rheinland-Pfalz giftgasfrei. Der Abtransport pe der US-Army zuvor umfassende Bespre- zelnen Bundesländern unterschiedlich ge- wagen, 10 weitere beladene Containerwagen vom Midgard-Hafen in Nordenham verzö- chungen statt. Mit Loks der Baureihe 140 handhabt – während auf dem pfälzischen sowie am Zugschluss nochmals zwei Reise- gerte sich noch um wenige Tage, weil starke bespannt, kehrten die Munitionsleerzüge in Abschnitt quasi meterweise BGS-Beamten zugwagen. Die Begleitzüge bestanden aus Stürme das Auslaufen der Schiffe verhinder- der Nacht in die Pfalz zurück, der Begleitzug die Route abschotteten, war im hessischen mehreren speziellen Reisezugwagen, z.T. mit te. Anlässlich des Beendigung der Aktion traf schon am Abend wieder in Miesau ein. Bereich fast keine Polizei zu sehen. Anson- Antenne ausgestattet sowie mindestens zwei „Lindwurm” lud der Bundeskanzler alle Weil die Rücküberführung der sechs Loko- sten säumten sehr viele Schaulustige die Packwagen der Gattung MD und mehreren Soldaten, Polizisten, zivile Helfer und die motiven in Form eines Lokzuges vorgesehen Strecke, nur im Bremer Hauptbahnhof mit Einsatzfahrzeugen (Spähpanzer, Uni- Bevölkerung von Clausen am 21. September war, mussten die verschiedenen, in Frage wurden die Bahnsteige geräumt. mog, Feuerwehrfahrzeug) beladenen Flach- zu einem großem Fest unter freiem Himmel kommenden Strecken zuerst auf die zu- wagen. ein. Die beteiligten Eisenbahner mussten lässige Achslast hin überprüft werden. Die wohl zu dieser Zeit bekanntesten Züge sich allerdings mit einem Dankesfernschrei- der DB – die exakte Route der Züge wurde Während die weiteren Transporte ohne ben der Hauptverwaltung begnügen: Mit Wochen vor dem Fahrtermin wurden dann im Rahmen der Verkehrshinweise im Radio nennenswerte Zwischenfälle verliefen, wurde Ausnahme der Bahnpolizei waren sie zu auf US-Gelände alle Eventualfälle geprobt, bekannt gegeben – boten auch für den Laien der vorletzte „Lindwurm“ dann doch noch dem Fest nicht eingeladen.

42 43 Mit der Bahn durch die Pfalz Mit der Bahn durch die Pfalz

44 45 Vom Holland-Express über den TEE zum ICE Vom Holland-Express über den TEE zum ICE

Vom Holland-Express über den TEE zum ICE

„Vorsicht an Gleis Drei: Es hat Wenige Sekunden später erscheint in der Ferne eine schmucke blaue Lok in ungewöhn- Einfahrt TEE von Frankfurt lichem Design. Es ist eine der neuartigen Mehrsystemloks der Bundesbahn der Bau- nach Paris Est über Saarbrücken, reihe 181, mit der die Expresszüge nach Frankreich ohne Lokwechsel bis Metz fahren Forbach, St. Avold und Metz, plan- können. Sie kommt genau in Höhe des speziellen Metallschildes zum Stehen, das mäßige Abfahrt 17 Uhr 51. Dieser den Kunden der, so die Aufschrift, „TEE- 03 275 war im Jahr 1960 mit E 520 bei Neustadt unterwegs. Foto: Helmut Röth Zugspitze“ markieren soll. Dahinter fünf bis Zug führt nur die erste Klasse. Bitte sechs der legendären schicken französi- nur in Mannheim, Saarbrücken, Forbach Fernverkehr nach Paris war von Anfang an schen Mistralwagen aus rostfreiem Stahl für die Grenzkontrolle, St. Avold sowie wichtig für die Ludwigsbahn. Schon 1854 Vorsicht an der Bahnsteigkante bei und der lila Generatorwagen für die Strom- Metz, wo der Zug die Richtung wechselte. gab es die ersten direkten Züge von Mainz versorgung. 652 Kilometer von Frankfurt Und natürlich in Kaiserslautern. Am an die Seine. Damit war aber schon 1860 der Einfahrt des Zuges“. bis Paris in weniger als sechs Stunden, Halte 31. Mai 1970 begann in der Pfalz das Schluss: Die neu eröffnete Nahebahn über TEE-Zeitalter. Kreuznach war kürzer. Weil nach dem Krieg 1870/71 das Elsass von Deutschland an- Die Pfalz wollte den Zug, aber nicht den nektiert wurde und gleichzeitig die Alsenz- Goethe, sondern eine Madeleine. SNCF und bahn fertig wurde, ergaben sich ganz neue DB waren anderer Meinung und so blieb es Möglichkeiten für die pfälzischen Eisen- beim Namen des wortgewaltigen deutschen bahnen. In Konkurrenz zur badischen Dichters. Gewaltig beim Zug war allenfalls Staatsbahn wurden linksrheinisch mehrere der Aufwand, aber nicht die Nachfrage. Die Expresszüge über Mainz/Ludwigshafen oder mondäne Verbindung überlebte nur fünf Bingerbrück/Neustadt nach Strasbourg und Jahre. Zuletzt 50 Reisende waren den beiden weiter in Richtung Schweiz gefahren. Sie Staatsbahnen zu wenig. Am 31. Mai 1975 war fuhren an Kaiserslautern vorbei und nutzten alles wieder vorbei. Kein Wunder, fuhr doch die Kurve östlich von Hochspeyer. Um die fast zeitgleich ein Schnellzug die gleiche aufstrebende Industriestadt nicht abzu- Strecke. Der brauchte zwar wesentlich hängen, hielten manche der Schnellzüge Über 30 Jahre prägten die schicken blauen Loks der Baureihe 181 das Bild der Fernzüge nach Paris. Am Rangierbahnhof länger, hatte aber dafür auch die zweite kurzerhand in Enkenbach, wo Anschlüsse Einsiedlerhof war im Sommer 1989 ein Schnellzug nach Frankfurt unterwegs. Klasse. hergestellt wurden.

46 47 Vom Holland-Express über den TEE zum ICE Vom Holland-Express über den TEE zum ICE

Fast war die Illusion perfekt: Wie einst bis 1969 fuhr an Pfingsten 1987 ein Schnelltriebwagen der Baureihe Vt 08 auf Sonderfahrt im Alsenztal am Schrankenposten bei Hochstätten vorbei.

Ein damals nagelneuer Schnelltriebwagen der SNCF hielt im Jahr 1958 als D 1101 in Kaiserslautern Hbf. Lauterer Zeitungsmacher – sechs Monate von Strasbourg nach Mainz nahm ebenfalls Foto: Slg. Hünerfauth später waren die Späße vorbei. Teile der – wie einst – die linksrheinische Route. Auch Pfalz wurden evakuiert, weil das Naziregime über die Alsenzbahn fuhren nun, in der Nacht Nach dem ersten Weltkrieg war es mit dem Frankfurt/M (über Worms), Neustadt und das Morden und Plündern auf die benach- bzw. am frühen Morgen, zwei Schnellzug- Luxusverkehr durch die Pfalz erst einmal Homburg. Außerdem fuhr wieder ein D-Zug barten Staaten ausdehnte. Die in dieser Zeit paare. Eines davon sogar weiter über die vorbei und der Fernverkehr wurde zeitweise von und nach Köln über die Alsenzbahn eingerichteten Fernzugverbindungen durch Maximiliansbahn und Karlsruhe Richtung auf das Nötigste reduziert. Das hieß, es fuhr einschließlich der Kurve östlich von Hoch- die Pfalz hatten mit den Erfordernissen des Konstanz. Außerdem gab es einen Eilzug beispielsweise während der französischen speyer. Und wie vor dem ersten Weltkrieg, Zivilverkehrs nichts zu tun. Plötzlich gab es von Pirmasens nach Köln – und zurück. Regiebahnen 1923/24 als Folge der Be- mit Halt in Enkenbach. Schnellzüge nach Wien oder Irun in Nord- satzung, auf manchen Hauptstrecken wie spanien. Für den Sommerfahrplan ab 1941 Der Schnellzugverkehr von und nach Paris der Alsenzbahn gar kein Schnellzug mehr. Nichts wurde es leider mit dem „Fliegenden berichtete die Pfälzer Presse sogar von wurde nun zunehmend auf die Alsenzbahn Im Jahr 1930 zogen die Franzosen wieder ab Lauterer“: Einer der neuartigen Dieselschnell- einem Schnellzugpaar zwischen und verlegt. Über die Zellertalbahn fuhr – ohne und die Bahn konnte sich neu aufstellen. Für verkehrstriebwagen sollte in Form eines Madrid über Paris. Bemerkenswert ist, dass Halt - ein französischer Triebwagen aus den die Ludwigsbahn liegen mehrere Abfahrt- Fisches (wie im Stadtwappen der Barbaros- während des Krieges die Alsenzbahn, im Ge- elsässischen De Dietrich Werken zwischen pläne von Kaiserslautern vor. Beispielsweise sastadt) zum Anhalter Bahnhof in Berlin gensatz zur Strecke über Monsheim/Worms, Frankfurt und Bar-le-Duc bzw. Paris als na- verließen im Sommerfahrplan für 1937 fünf fahren. Erster Verkehrstag: Der 1. April 1939. vollkommen vom Fernverkehr befreit war. mensloser Fernschnellzug (Ft 1101/Ft 1124). Schnellzugpaare den Bahnhof in Richtung Das Ganze war natürlich ein Aprilscherz der Ab 31. Mai 1959 fuhr das Zugpaar als nor- Nach dem Krieg normalisierten sich die maler D-Zug über Mannheim, die SNCF Verhältnisse auch im Fernverkehrsangebot. schickte dafür ihren neuen Fernschnell- Nach und nach fuhren auf allen Haupt- triebwagen RGP 825. Die Ludwigsbahn strecken wieder Schnellzüge – sogar, aber trug die Hauptlast des Schnell- und Eilzug- nur zwischen November 1945 und Anfang verkehrs – sieht man von dem kurzen Oktober 1946 – auf der Glantalbahn. 1949 pfälzischen Abschnitt der Strecke Mainz – fuhr ein Fernschnelltriebwagen von Koblenz Mannheim ab, über den, bis vor wenigen Der neue Schnelltriebwagen des Jahres zum 1. April 1939 (Quelle: Slg. Stadtarchiv Kaiserslautern). nach Baden-Baden über Speyer, ein D-Zug Jahren, traditionell der gesamte Fernver-

48 49 Vom Holland-Express über den TEE zum ICE Vom Holland-Express über den TEE zum ICE

dungen ins Ruhrgebiet und nach Wester- wurden alle Züge zwischen Paris und Frank- land/Sylt, nach Berlin und Warschau, Prag furt/M in Eurocity umgewandelt. Ab 1991 und . Der „Krefelder“, nahm die aus war die Ludwigsbahn Teil des Interregio- heutiger Sicht kuriose Fahrtroute Köln – Zugsystems. Forderungen an die Bundes- Bad Münster – Kaiserslautern – Landau – bahn, diese schicken blau-weißen Fernreise- Karlsruhe – Basel und führte einen Büffet- züge auch über die Alsenzbahn und die Süd- wagen. Dazu gab es auf der Alsenzbahn pfalzstrecke zu schicken, verhallten unge- noch fünf Schnellzugpaare zwischen Paris hört. Sie beließ es mit einer eindrucksvollen Starleistungen der Lauterer Dampf- und Dieselloks waren die Schnellzüge von und nach Paris durch das Alsenztal. Am 31. Mai und Frankfurt/M. Eilzüge von Pirmasens Demonstrationsfahrt am 16. März 1991 über 1985 fotografierte Martin Kissler den von der 218 372 gezogenen D 255 bei Münchweiler. nach Frankfurt/M fuhren über die Strecke Landau und Zweibrücken. Und strich kurz Langmeil – Monsheim, in Zweibrücken und darauf die letzten Eilzugverbindungen durch kehr aus dem Ruhrgebiet/Köln in Richtung auf die modernen VT 08/VT 12.5-Triebwagen Pirmasens Nord hielten Eilzüge zwischen das Queichtal. Schweiz abgewickelt wurde. Selbst Franken- mit der charakteristischen Eierkopfform um- Trier und Tübingen sowie eine Kurswagen- thal hatte bis in die 50er Jahre hinein gestellt – diese Zugleistung über die Alsenz- verbindung aus Salzburg. Ab 1973 gab es Auch der Interregio ist Geschichte, im De- Schnellzughalte. bahn hielt sich bis zum Sommer 1969. Die die City-D-Züge (DC). Sie sollten die, da- zember 2002 fuhr der letzte durch die Pfalz. sechziger und siebziger Jahre wiesen, ab- mals ausschließlich erste Klasse führen- Angeblich waren die Wagen veraltet. Doch 1959 erhielt die Ludwigsbahn eine Kurswagen- seits der Rheinschiene, die vielfältigste Fern- den, Intercity ergänzen und erreichten als die gleichen Fahrzeuge sind auch heute verbindung nach Rom. Im Jahr 1961 wurde verkehrsanbindungen für die Pfalz auf. Es „Pfälzerland“ bzw. „Frankenland“ Hof bzw. noch im Einsatz, nur als Intercity, deshalb die Schnelltriebwagenverbindung nach Paris gab direkte Züge oder Kurswagenverbin- Nürnberg. Die DC hielten sich nicht lange, weiß lackiert und natürlich zuschlagpflich- auch die Kurswagenverbindungen wurden tig. Außerdem wesentlich seltener, den sukzessive eingestellt. Dafür gab es am stündlichen Saar-Pfalz-Takt hat die Bahn AG 27. Mai 1979 den ersten Intercity auf der nämlich gleich mit beerdigt. Heute gibt es Ludwigsbahn: Der Saar-Kurier fuhr in Tages- einzelne Intercity-Züge nach Stuttgart und randlage zwischen Saarbrücken und Mün- Salzburg, der ICE kommt aus Frankfurt, chen und brachte erstmals den damals un- und Hamburg. Der letzte Zug nach bestrittenen Star auf Deutschlands Schienen, Paris verlässt Kaiserslautern um 18.30 Uhr die legendäre Baureihe 103, in die Westpfalz und erreicht die Metropole an der Seine und das Saarland. 1985 wurde der Saar-Pfalz- schon um 21.15 Uhr. Von Frankfurt nach Takt eingeführt: Täglich schnelle stündliche Paris in vier Stunden. Ab 9. Dezember 2007 Verbindungen von Saarbrücken, Kaisers- fünf mal pro Tag. Die Schnellbahn durch lautern und Neustadt/W zum IC-Knoten in Lothringen und die nördliche Champagne Mannheim. Im Gegenzug entfielen nun suk- macht es möglich, der ICE fährt 320 km/h zessive die letzten D-Züge über die Alsenz- Spitze. Die Züge sind klimatisiert, haben bahn. Eines der nun über Mannheim fahren- ein Bistro und 2. Klasse. Und halten auf dem den Zugpaare wurde herausgehoben und Weg an die Seine weder in Neustadt/W Eine überflüssige Show bot die Bundesbahn am 16. März 1991 mit einer Interregio-Fahrt durch die Südpfalz. Es war nie geplant, dass die schicken blauen Züge planmäßig am Trifels bei Annweiler fahren würden. vorübergehend als FD bezeichnet. Später noch in Homburg.

50 51 Vom Holland-Express über den TEE zum ICE Dampfrenaissance im Alsenztal

Von der Dampfrenaissance im Alsenztal zum Plandampf im Rheinland-Pfalz-Takt

Mit den Worten „Die Faszination des Systems Eisenbahn

ist auch über 150 Jahre nach seiner Erfindung ungebrochen“ legte

Bahnchef Dürr rechtzeitig zum 150-jährigen Jubiläum der Deutschen

Eisenbahnen im Jahr 1985 das absurde Dampflokfahrverbot

Oben: Kultlok der 90er Jahre war unbestritten die 103. Mit einem Intercity nach Frankfurt/M fuhr 103 146 am frühen Morgen des 05. August 1998 am Rangierbahnhof Einsiedlerhof vorbei. auf Gleisen der Bundesbahn zu den Akten. Unten: Heute prägen die Neigetechnik- und Mehrsystem-ICE, wie hier bei Weidenthal, den Fernverkehr auf der Ludwigsbahn. Die Eisenbahner im AW Kaiserslautern starteten durch: Sie holten 1984 die frühere Saarbrücker und Lauterer Dampflok 23 105 aus dem Neustädter Museum und richteten sie betriebsfähig her. Wir erinnern uns: Nach der Auf- gabe der Lokomotivunter- haltung blieben wichtige Maschinen erhalten. Diese wurden reaktiviert und leg- ten den Grundstein für eine kleine Sensation auf Schie- nen. Keine zehn Jahre nach dem Ende des Dampfbetrie- bes in Kaiserslautern dampf- te 23 105 am 12. Dezember 1984 zur ersten Probefahrt ins Alsenztal. Eine zweite

52 53 Dampfrenaissance im Alsenztal Dampfrenaissance im Alsenztal

Oben: Die erste Fahrt einer Bundesbahndampflok nach dem Dampflokverbot: 23 105 bei Münchweiler/Alsenz Mit einer endlosen Wagenschlange verlies 23 105 am 30. Dezember 1984 den Bahnhof Ebernburg. auf dem Weg nach Bad Münster.

Unten: Pause in Rockenhausen vor dem alten Pfalzbahn-Wasserturm. erfolgreiche Probefahrt folgte. Endlich, am 1999 den ersten rheinland-pfälzischen 30. Dezember 1984 war es soweit: Hunderte Plandampf organisierten, gemeinsam Eisenbahnfreunde aus dem In- und Ausland finanziert von Eisenbahnfreunden und dem kamen in die Pfalz, als die Bundesbahn mit SPNV-Zweckverband für das nördliche einem richtigen Dampfloksonderzug nach Rheinland-Pfalz. Dessen Erfolg gab den Bad Münster am Stein ihrem beliebten Startschuss für weitere Aktionswochenen- Nostalgiefahrtenprogramm einen fulminan- den in der südlichen Pfalz (Oktober 2000), ten Start spendierte. Und so die Basis für im Westerwald und Lahntal (Oktober 2002) eine herausragende rheinland-pfälzische und in der südlichen Rheinpfalz unter dem Marketingspezialität schuf: Den Plandampf. Motto „Tempo, Takt und Dampf“ im Ok- tober 2005. Entgegen früheren Konzepten Nach dem Jubiläumsjahr 1985 gab es zu- wurde nun der Mehraufwand komplett nächst nur Sonderfahrten mit recht hohen durch die öffentliche Hand bezahlt: Dampf- Fahrpreisen. Ab 1990 erfanden Eisenbahn- lokfahrten als Werbe- und Sympathieträger freunde dann den Plandampf: Die Bahn für den Rheinland-Pfalz-Takt. In einer bespannte planmäßige Personen- und Diplomarbeit wurde nachgewiesen, dass Güterzüge mit den schwarzen Giganten und die öffentlichen Zuschüsse in Höhe von die Eisenbahnfreunde sorgten dafür, dass ca. 150 000 – 300 000 € eine sinnvolle die anfallenden Mehrkosten bezahlt wurden. Investition darstellten. Selbst aus USA, Dieses Konzept stand Pate, als die Enthusia- England oder gar Australien kamen Hunder- sten vom Revierdampf-Team in der Eifel te von Dampflokfans und sorgten für aus-

54 55 Dampfrenaissance im Alsenztal Dampfrenaissance im Alsenztal

gebuchte Hotels und Privatpensionen. örtliche Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ trug Tausende Tagestouristen ließen sich das ihren Teil zum Erfolg bei: Eine ganze Seite Spektakel nicht entgehen und fuhren in den widmete sie der Dampflokzeit in der Pfalz teilweise überfüllten Zügen mit. Selbst am und kündigte so die Dampfzüge an. Auch verregneten Plandampfwochenende im die Eisenbahnfreunde entdeckten doch noch Oktober 2005 war der Andrang kaum zu ihre Zuneigung für die Alsenzbahn – einst bewältigen. Die haupt- und ehrenamtlichen hatten sie die Strecke meist verschmäht. Eisenbahner leisteten Unglaubliches. Sie Und sie sollten belohnt werden. machten aus dem Plandampf endgültig ein unverwechselbares, erfolgreiches Marketing- Von der Verspätung instrument des Rheinland-Pfalz-Taktes. Und zum furiosen Finale legten nach Ende der offiziellen Veranstal- Vor jeder Fahrt wurde die 23er über die Mit Volldampf in der Westpfalz unterwegs: Im April 1988 war 50 622 zu Gast im Glan- und Lautertal. tung noch eine Schippe drauf. Gleisdreiecke bei Bingen und Hochspeyer Die Aufnahme oben zeigt den Sonderzug bei der Ausfahrt aus Odenbach, unten einen Tag später in voller Fahrt nördlich von Katzweiler. gedreht, sie sollte jeweils vorwärts fahren. Dampfspektakel im Alsenztal Doch das letzte Wasserfassen in Binger- dunkel war, standen die Menschen winkend an den Bahnhöfen. Bei der An fast alles hatten die Organisatoren ge- brück klappte nicht so recht. Obwohl die Ankunft in Kaiserslautern gab es „Standing Ovations“ für das Personal: dacht: An stilechte Wagen, passende Loks Drehfahrt gestrichen wurde, stand der Zug Trotz Rückwärtsfahrt wurde die Fahrzeit fast eingehalten. Eine bessere und eine passende Strecke. 50 2740 zog erst 30 Minuten verspätet zur Abfahrt bereit. Empfehlung für die Ausrichtung weiterer Plandampfveranstaltung einen Güterzug mit einem Dutzend alter Rückwärtsfahren bedeutete, statt 110 km/h konnte es nicht geben. Güterwagen, die Darmstädter Museumslok nur 85 km/h schnell fahren zu dürfen. Über- 23 042 machte sich vor 3 alten Vorkriegs- legungen des Zugpersonals, die Leistung eilzugwagen nützlich. Die Strecke war sorg- mit einem schon bereitstehenden Talent zu fältig ausgewählt: Die pfälzische Alsenzbahn tauschen, wurden schnell verworfen. „Wir und ihre Fortsetzung nach Bingerbrück ent- fahren“ hieß es kurz und knapp. Und wie! lang der Nahe sollte sowohl Kulisse wie Schon die Abfahrt in Bingerbrück lies er- auch Bühne für den Ausklang des Plan- ahnen, was sich die folgenden 90 Minuten dampfes 2005 sein. Denn fast auf den Tag auf der Alsenzbahn abspielen sollte. Das genau fuhren 30 Jahre zuvor die letzten Personal fuhr, als ob der Teufel hinter ihm Lauterer Dampfloks durch die Nordpfalz. her wäre. Normalerweise „schnaufen“ Nur das Wetter machte auch am 4. Oktober Dampfloks, doch diese 23er knallte, bellte nicht so recht mit – von goldenem Herbst und keuchte. Mit einem infernalischen war beim Plandampf in der Pfalz nichts zu Radau donnerte der Zug von Halt zu Halt sehen. Der Bevölkerung war das Schnuppe. und gab dem Plandampf in der Pfalz ein Die Schulkinder stürmten begeistert den furioses Finale. Die Bevölkerung wartete Dampfzug, der anstelle der üblichen Talente geduldig auf den Zug – egal ob als Reisende (Baureihe 643) vier Kurse übernahm. Die oder Zaungäste. Auch als es schon stock-

56 57 Dampfrenaissance im Alsenztal Dampfrenaissance im Alsenztal

Ein furioses Finale bot der Plandampf 2005 im Alsenztal mit 23 042 – der abfahrbereite Nahverkehrszug in Altenbamberg.

Beim Plandampf 2005 stand 50 2740 in Bad Bergzabern abfahrbereit

50 2740 musste den dampfgeführten Personenzug abwarten - nun ist die Durchfahrt durch den Mit Volldampf nach Neustadt/W: Ein Plandampfregionalexpress verlies mit Starlok 01 1100 an der Spitze Haltepunkt Altenbamberg möglich. den Bahnhof Winden.

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