Perspektivenwechsel
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05 • 2019 Kassenärztliche Vereinigung Sachsen Perspektivenwechsel: Eigenverantwortung des Patienten? Fehlanzeige! Bilder: © alphaspirit, titicaca – www.fotosearch.de eTerminservice – Modellprojekt gestartet: Bekanntmachung des Überweisungssteuerung Augenärztliche Telesprechstunde Landesausschusses Seite 8 Seite 9 Seite I Auch im Internet Ihre KVS-Mitteilungen aktuell und informativ www.kvsachsen.de > Mitglieder > KVS-Mitteilungen Bilder: © bloomua, runLenarun – www.fotosearch.de Bilder: © bloomua, runLenarun – Inhalt Editorial Nachrichten 2 Perspektivenwechsel: Eigenverantwortung des Patienten? 12 Gesundheitsuntersuchung: Übergangsfrist vereinbart Fehlanzeige! 13 Qualitäts management in der ambulanten Versorgung auf neuem Niveau Standpunkt 14 Gute Perspektiven und Fördermaßnahmen für 4 Ein langer Weg zu leistungsgerechterer ärztlicher junge Ärzte Vergütung 15 Krisennachsorge: Ärzte werden bei der Akutbetreuung Nachwuchsförderung Hinterbliebener unterstützt 6 Junge Mediziner für Tätigkeit auf dem Land gewinnen 16 „Zimmer eins – das Patientenmagazin“ erscheint jetzt doppelt so oft 7 Kliniken und Arztpraxen gründen „Weiterbildungsverbund Ostsachsen“ 17 SpiFa fordert: Keine Streichung bei Disease-Management- Programmen Online-Angebote Zur Lektüre empfohlen / Impressum 8 eTerminservice – Überweisungssteuerung 18 Nachrichten In eigener Sache 9 Modellprojekt gestartet: Mit augenärztlicher Telesprechstunde Praxisabläufe optimiert 20 Verdacht des Leistungsbezugs ohne Krankenversicherung Informationen IN DER HEFTMITTE ZUM HERAUSNEHMEN Zulassungsbeschränkungen Vertragswesen I Bekanntmachung XV Änderungen in den DMP Asthma bronchiale, Diabetes mellitus und KHK Abrechnung XVI Neue Untersuchungsmöglichkeiten zu IX Behandlung von Patienten mit Europäischer Begleiterkrankungen bei Hypertonie Krankenversicherungskarte (EHIC) X Ablauf der Behandlung von Patienten mit Qualitätssicherung Europäischer Krankenversicherungskarte XVII Qualitätszirkelarbeit Veranlasste Leistungen Fortbildung XII Verordnungsfähigkeit von Antihistaminika und XVIII Fortbildungsangebote der KV Sachsen im Juni, Juli nasalen Glukokortikoiden zu Lasten der GKV und August 2019 XIV Häusliche Krankenpflege-Richtlinie: Verordnungsmöglichkeiten für psychiatrische Personalia Krankenpflege erweitert XX In Trauer um unsere Kollegen 11 Nachruf für Dr. med. Wolfram Strauß Schutzimpfungen XIV Herpes zoster-Impfung ist ab Mai Kassenleistung Beilage KV Hessen aktuell 1/2019 KVS-Mitteilungen Heft 05/2019 INHALT 1 EDITORIAL Perspektivenwechsel: Eigenverantwortung des Patienten? Fehlanzeige! Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines muss man der großen Koalition in Berlin lassen: Seitdem sie sich zusammenge- rauft hat, purzeln die Gesetzesvorhaben nur so und sind oft – zu schnell – beschlossene Sache. Auch die Kreativität bei der Namensgebung stellt alles bisher Bekannte in den Schatten. Das „Gute Kita“-Gesetz und nun das „Faire Kassenwahl“-Gesetz, um nur mal zwei zu nennen, austariert nach SPD und Union … Mal sehen, welche Hochglanzbroschürenüberschriften wir noch zu erwarten haben, und vor allem, was verbirgt sich wirklich dahinter? Auch unserem Bundesgesundheits- minister („Mr. Agilo“) kann man keinen Müßiggang unterstellen. Aber, wenn auch man- che seiner Anliegen im Grundsatz berechtigt sind: Um im Bild zu bleiben, nur nicht so schön blumig wie die Namen der Gesetze, es geht schon in einigen Bereichen zu wie mit der Brechstange. Ohne Rücksicht auf Verluste werden Gesetze durchgepaukt, der Dr. Stefan Windau kurzfristig vorzeigbare Erfolg steht im Vordergrund, die eigentlich gewünschten Lang- Vorsitzender der zeiteffekte, so scheint es zumindest mir, sind eher fraglich. Vertreterversammlung Im „Faire Kassenwahl“-Gesetz geht es um einen knallharten Machtkampf zwischen Bund und Ländern. Mit Fairness gegenüber den Versicherten hat das im Kern nichts zu tun. Wenn im Ergebnis dieses Spahnschen Vorhabens die regionalen AOKen bald bundes- weit geöffnet würden, dann entzieht das den Ländern und Regionen Gestaltungsmög- lichkeiten und befördert langfristig die Tendenz zu einer Einheitskasse. Das sollte uns allen klar sein. Darüber kann auch der euphemistische Name des Gesetzesvorhabens nicht hinwegtäuschen. Es ist dem Minister zu wünschen, dass er trotz seines Ehrgei- zes und seiner unbestreitbaren offenen und verdeckten Kampfkünste mit dieser Idee Schiffbruch erleidet. Bei der Reform des Risikostrukturausgleichs der Krankenkassen hat Spahn aus taktischen Gründen etwas Tempo herausgenommen. Es dürfte ihm klargeworden sein, dass dieses Thema bei den in den neuen Ländern in diesem Jahr anstehenden Landtagswahlen nicht gerade ein Wahlkampfschlager werden dürfte, je- denfalls nicht für die Regierenden in Bund und Land. Klar sein dürfte, dass der Minister sein Vorhaben aber weiterverfolgen wird, nur eben etwas später. Nun haben wir das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), es ist beschlossen und wird sicher im Mai 2019 in Kraft treten. Jetzt müssen wir als Ärzte und Psychothera- peuten noch mehr Kraft, Mühe und Zeit aufwenden. Auch auf die Gefahr hin, dass ich Sie nerve, sage ich es wieder: Unser zweifelsfrei hoch sachkundiger Gesundheitsminister – und das meine ich hier nicht ironisch – und die große Koalition im Bund haben wieder einmal die Chance vergeben, grundsätzliche Re- formen vorzunehmen – und es zeichnet sich nicht ab, dass der Kurs korrigiert wird. Wie- der wird an Symptomen herumgedoktert. Wieder wird ganz überwiegend das Angebot an Leistungen erweitert, mundgerecht serviert, garniert mit weiterer Bürokratie – und als 24-Stunden-Menü angepriesen, Abgabe kostenfrei. Strukturierung der Versorgung? Bestenfalls in minimalen Ansätzen. Stärkung der Eigenverantwortung des Patienten? Fehlanzeige! 2 EDitORIAL KVS-Mitteilungen Heft 05/2019 Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich war „Wieder wird das Angebot an kürzlich einige Wochen in Australien. Da erschienen mir die Nachrichten aus Leistungen erweitert, mund- Deutschland noch einmal in einem an- deren Lichte, was nicht nur an der dort gerecht serviert, garniert mit allgegenwärtigen Sonne gelegen haben dürfte. Mir ist klar, dass man den Schein weiterer Bürokratie – und als nicht für das Wesen nehmen darf, aber die Australier wirken durchweg zufriede- 24-Stunden-Menü angepriesen, ner, zumindest entspannter, auch wenn viele mehrere Jobs haben und eine so Abgabe kostenfrei.“ gute soziale Absicherung wie bei uns nicht annähernd gegeben ist. Allerdings ist die Lebenserwartung dort nicht geringer als bei uns. Das hat natürlich viele Ursachen. Aber eines haben die Australier, und nicht nur diese (!), vielen Bürgern unseres Landes voraus: Sie übernehmen für sich – und das selbstverständlich – Verantwortung, und das in allen Lebensbereichen. Keiner wür- de dort mit einem Schnupfen in die Notaufnahme gehen, schon deshalb nicht, weil er das bezahlen müsste. Keiner käme auf die Idee, sich wegen einer Bagatelle einen AU-Schein ausstellen zu lassen, was nun künftig bei uns bald auf Bestellung und per E-Mail oder WhatsApp möglich sein dürfte. Nun möchte ich unser Gesundheits- und Solidarsystem im Kern nicht in Frage stellen. Aber – es ist doch grotesk, dass trotz unseres Rundum-Sorglos-Pakets in vielen Berei- chen die Unzufriedenheit hier größer ist als in vielen anderen nahen und fernen Län- dern. Je mehr gegeben wird, desto selbstverständlicher wird es (hin)genommen, desto weniger wird es geschätzt, umso respektloser wird damit umgegangen – und umso mehr wird gefordert. Wann werden unsere Politiker diese Spirale begreifen, die sie mit Inbrunst anfeuern, deren Opfer sie aber selbst zu werden drohen? Aus der Perspektive vom anderen Ende der Welt betrachtet – und manchmal hilft Ab- stand – wird mir immer klarer, dass wir so unser Gesundheitssystem an die Wand fahren. Erleben Sie in Ihrer Praxis, abgesehen von der Anspruchsmentalität, nicht auch den zu- nehmenden Mangel an Eigenverantwortung und die teils geradezu absurde anerzogene Hilflosigkeit? Und das trifft nicht nur auf Patienten zu, sondern es findet sich in vielen Berei- chen des gesellschaftlichen Miteinanders. Es hilft nicht, den Kopf in den Sand zu stecken. Ein Perspektiven- und Paradigmenwechsel täte uns gut, gerade auch unseren Regie- renden. Sie müssten ja nicht gleich nach Australien fliegen, denn wer weiß, wo dann die Regierungs maschine wieder einmal zwischenlanden müsste … Einen entspannten Sommer wünsche ich Ihnen, oder – wie die Australier sagen würden: „No worries!“ Ihr Stefan Windau KVS-Mitteilungen Heft 05/2019 EDitORIAL 3 STANDPUNKT Ein langer Weg zu leistungsgerechterer ärztlicher Vergütung Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kollege Windau hat einige Licht- und Schattenseiten Vergütung von Neupatienten, von Terminvermitt- des TSVG im Editorial dargestellt. Ich schließe mich lungsfällen, von nach Vermittlung durch den Haus- diesen Ausführungen an, wobei die Redensart „Wo arzt erbrachten fachärztlichen Leistungen und von Licht ist, ist auch Schatten“ bzw. umgekehrt trotz ih- in offener Sprechstunde erbrachten Leistungen mit rer Phrasenhaftigkeit das TSVG meines Erachtens gut Sicherheit zu einem Zufluss zusätzlicher Mittel in kennzeichnet. Dies gilt natürlich insbesondere für die vermutlich zweistelliger Millionenhöhe für Sachsen Vorschriften zur außerbudgetären Vergütung. führen wird. Eine Bereinigung der RLV der einzelnen Praxis ist aber unvermeidbar, sodass der arztindividu- Außer- bzw. extrabudgetäre Vergütung – ein Wohl- elle Mehrgewinn, in Abhängigkeit von der individuel- klang für die Ohren der niedergelassenen Kollegen len Quote, aber insgesamt überschaubar bleibt, nicht wie kaum