Gebäude des ehemaligen Bezirksgerichtes Saaz in der Schönfeldgasse, heute Sonderschule in der Dvořáková (Foto: Förderverein Saaz)

54 Die Verhöre der parlamentarischen Untersuchungskommission​ Saaz 30./ 31. Juli 1947 AUS DEM TSCHECHISCHEN VON HERBERT VOITL

Eine Woche nach dem Ministeriumsbericht vom 2. Juli 1947 beschloss auf Vorschlag des Innenministers Václav Nosek der Sicherheitsausschuss der Verfassunggebenden Nationalversammlung (ÚNS) die Gründung einer parlamentarischen Unter- suchungskommission, die sich aus fünf Abgeordneten aus den Fraktionen der Volksfrontregierung, sechs Beratern aus den Ministerien und von der Volkspolizei sowie drei Geheimdienstleuten zusammensetzte 1. Den Vorsitz hatte der Abgeordnete Dr. Bohuslav Bunža 2 von der Volkspartei (Lidová strana). Von den Verhören dieser Kommission am 30. und 31. Juli 1947 in Saaz gibt es im Archiv des Innenministeriums zwei unterschiedliche Protokolle: ein stenografisches Protokoll, in dem das gesamte Verhör wortwörtlich wiedergegeben wird, und eine kürzere Zusammenfassung 3. Im Folgenden wird die Langfas- sung wiedergegeben, die in vollem Umfang bisher nur auf Deutsch gedruckt wurde 4.

[Titelblatt, gestempelte Seitennummer 1, maschinenschriftlicher Titel, handschriftliches Aktenzeichen 300-27-5] Stenografisches Protokoll über das Verfahren der Untersuchungskommission des Sicherheitsausschusses der ÚNS 5 in den Räumen des Bezirksgerichtes in Saaz in den Tagen 30. bis 31. Juli 1947 [Maschinenschriftlicher Text, maschinenschriftliche Seiten 1-138, gestempelte Seiten 2-139]

[30. Juli 1947] BUNŽA: Wann ist die mi- litärische Einheit hierher Antonín Rožka gekommen, die von Haupt- mann Černý, Čupka Aussage des Antonín Rožka, Spediteur in Saaz Nr. 1057 und Petrov 7 Abgeordneter Dr. BUNŽA [hiernach kurz: BUNŽA] /Nach angeführt wurde? Ermahnung [zur Wahrheit] und Feststellung der Persona- ROŽKA: Černý und Čupka lien/: Herr Rožka, Sie waren der Vorsitzende der Verwal- kenne ich überhaupt nicht tungskommission in Saaz? und weiß nicht, wer sie wa- ROŽKA: Ja, gleich des ersten Revolutionsausschusses. ren. Petrov kam etwa Ende Wir nahmen unsere Tätigkeit am 7. Mai 1945 auf, als wir Mai hierher, vielleicht um die deutsche Polizei übernahmen. Dann wurde die Ver- den 20. Mai, genauer weiß JUDr. Bohumír Bunža, Vorsitzen- waltungskommission eingerichtet. ich es nicht mehr. der der Untersuchungskommis- BUNŽA: Wann trat die Verwaltungskommission in Funk- sion 1947 (Foto: Förderverein BUNŽA: Wann wurde mit Saaz) tion? der Aussiedlung (odsunová- ROŽKA: Später, Ende Juni, an das genaue Datum erinne- ní) [der Deutschen] begonnen? re ich mich nicht. Das würde Dr. Petrášek wissen. Ich war ROŽKA: Die erste Konzentrierung war am 3. Juni. hier auf der Grundlage von Wahlen bis zum 5. Oktober BUNŽA: Wer hat sie angeordnet? 1945, als es zum neuen Nationalausschuss (národní výbor) nach dem Grundsatz der paritätischen Vertretung kam. ROŽKA: Angeordnet hat sie Herr Petrov. Er kam zu mir BUNŽA: Wann kam Dr. Petrášek hierher? und fragte, ob ich wolle, dass Saaz tschechisch wird. Ich sagte: Selbstverständlich, darauf warten wir schon drei- ROŽKA: Später, um den 15. Mai, etwa 14 Tage nachdem hundert Jahre. wir in Funktion getreten waren. Wir verwendeten aus mangelnder Sachkenntnis den Stempel des ONV [Be- BUNŽA: Wie erfolgte die Konzentration? zirksnationalausschuss] 6. Dr. Petrášek verfügte die Auflö- ROŽKA: Gleich am Morgen besetzten sie Saaz und fingen sung des örtlichen Nationalausschusses und wurde später an, die Leute auf den Ringplatz zu treiben. Es ging um Vorsitzender der Verwaltungskommission. Das war unge- eine Ansammlung von Männern von 14 bis 65 Jahren. fähr am 16. Mai. BUNŽA: Wohin gingen sie dann mit ihnen?

55 ROŽKA: Ich habe keine Ahnung. Nach dem, was geredet ROŽKA: Ich wurde nicht davon in Kenntnis gesetzt und wurde, führten sie sie nach Postelberg ab. Dann brauch- wusste nicht, was ich zuerst machen soll. ten wir aber Arbeitskräfte und verlangten, dass sie sie uns BUNŽA: Das ist eine Kleinigkeit, zu melden, dass Leute schickten. dort erschossen werden. BUNŽA: Kamen sie aus Postelberg zur Arbeit her? ROŽKA: Der Bezirk funktionierte nicht, so dass es dort ROŽKA: Ja. schwer war, etwas einzuleiten. Die Sache war in den Hän- BUNŽA: Wann war die zweite Konzentration? den des Militärs, und das Militär ließ sich von uns nichts befehlen. ROŽKA: Um eine Woche oder zehn Tage später. Das wa- ren nur Frauen. BUNŽA: Wie viele Leute sollen dort erschossen worden BUNŽA: War das wieder auf Anordnung von Petrov? sein? ROŽKA: Das war in Vereinbarung mit dem Nationalaus- ROŽKA: Das kann ich nicht sagen. Aus Saaz mögen das schuss. Es ging um Frauen, gegebenenfalls mit Kindern, etwa 1.200 Leute gewesen sein. Der Transport wurde auf bis zu 60 oder 65 Jahren. dem Ringplatz zusammengestellt. BUNŽA: Wer blieb danach noch von den Deutschen hier? BUNŽA: Waren dort auch Frauen und Kinder? ROŽKA: Die Deutschen waren in Lagern, und sie entlie- ROŽKA: An Frauen und Kinder erinnere ich mich nicht. ßen sie wieder nach Hause. BUNŽA: Waren Sie mit Petrov [= Zícha] oft in Kontakt? BUNŽA: Zuerst war also die Konzentrierung der Männer ROŽKA: Ja. und dann die der Frauen. Blieb da noch jemand hier, als BUNŽA: Wer hat den Leuten in Postelberg den Befehl zur die Frauen weggingen? Wohin haben sie die Frauen abge- Erschießung erteilt? führt? ROŽKA: Das kann ich nicht sagen. Ich bin dort nicht hin- ROŽKA: Die Frauen führten sie in die hiesige Kaserne ab. gekommen. Ich sage, was ich weiß, weil ich kein Interesse Weil ihre Zahl groß war – es waren 14.000 Frauen und Kin- habe, etwas zu verdecken. der – und da das Lager dafür nicht eingerichtet war, wur- BUNŽA: Ist auch hier geschossen worden? den den ganzen Tag lang die Personalien ermittelt (prově- řovalo se), und am Abend ließ man die Frauen nach Hause ROŽKA: Soweit ich weiß, vielleicht auf dem Friedhof, wie gehen. Wir wiesen darauf hin, dass es [das Essen] nicht mir der Totengräber sagte. ausreicht. Daraufhin wurden in Eile Kessel aufgestellt und BUNŽA: Wie viele Leute sollen dort sein? Lebensmittel aufgetrieben. Uns sagte man, dass wir Saaz ROŽKA: Nur einige. bis zum 10. Juni sauber haben wollten, und danach verfuhr BUNŽA: Wissen Sie nichts davon, dass Petrov einige Leu- man. Es ging um ein militärisches Diktat. Man gab eine te auf dem Ringplatz erschossen haben soll? Anordnung nach der anderen heraus, uns respektierten sie nicht und bezeichneten uns als die Selbsternannten. ROŽKA: Auf dem Ringplatz weiß ich nicht, aber unten, Mich führten sie mit einer Maschinenpistole ab, ebenso unter dem Brankator wurde vielleicht ein Mensch er- den Versorgungsreferenten, und drohten uns mit Erschie- schossen, der nicht schnell lief 8. ßung. Sie sagten uns, wir hätten uns dort hineingedrängt. BUNŽA: Wissen Sie nichts Näheres von dieser Exekution? Ich sagte ihnen offen, dass ich ein Tscheche bin, und falls ROŽKA: Ich weiß nichts Näheres. sie dächten, dass wir davon etwas haben wollten, würden BUNŽA: Welches Kriterium galt bei der Überprüfung? Wa- wir ihnen alles sofort übergeben. ren Sie daran auch beteiligt? BUNŽA: Es ist bekannt, dass es hier zur Liquidation einer gewissen Anzahl von Deutschen gekommen ist, und zwar ROŽKA: Ja. Das Verfahren wurde vor dem Rathaus durch- in Postelberg. Wann haben sie davon erfahren? geführt. Wer sich nicht mit irgendeinem Papier ausweisen konnte, wurde unter die Deutschen eingereiht. Als Beleg ROŽKA: Davon erfuhr ich im Lauf der Woche nach der diente der Personalausweis, das Arbeitsbuch oder der Konzentrierung, der vom 3. Juni. Während dieser Woche Heimatschein. kamen die Leute dorthin, die in unserem Auftrag Lebens- mittel hinschafften, und die kamen mit Nachrichten zu- BUNŽA: Wehrten sich manche, die keinen Nachweis hat- rück. Manches konnte man glauben. Ich kümmerte mich ten, dagegen, unter die Deutschen eingereiht zu werden? aber nicht darum, da ich ja keine Anordnungen erteilt ROŽKA: Das konnte vorkommen. hatte. BUNŽA: Sie waren nicht Mitglied der Überprüfungskom- BUNŽA: Meldung haben Sie keine gemacht? Warum? mission?

56 Titelblatt des stenografischen Protokolls des Verfahrens der Untersuchungskommission (Foto: Archiv des Innenministeriums)

57 ROŽKA: Wir wurden dafür nicht hinzugezogen. Ein Teil Abgeordneter Dr. KOKEŠ [im Folgenden ohne Amt und von den Überprüften, die unter die Deutschen eingereiht Titel]: Sie waren während der ganzen Zeit der Okkupation wurden, wurde nach Postelberg abgeführt. Manche kehr- hier? ten am Abend zurück, andere wurden später zum Arbei- ROŽKA: Ja. ten hergebracht. KOKEŠ: Kannten Sie daher alle Tschechen, die hier geblie- BUNŽA: Wie viele waren es ungefähr? ben waren? ROŽKA: Männer waren es etwa 1.200. ROŽKA: Nicht ganz alle. Saaz hatte 40.000 Einwohner. BUNŽA: Was ist mit dem Rest geschehen, der dort ver- KOKEŠ: Aber die Alteingesessenen kannten Sie? blieb? ROŽKA: Den Großteil von ihnen kannte ich. ROŽKA: Der Überrest verblieb dort in Vorbereitung auf die Abschiebung. Etwa nach einer Woche oder vierzehn KOKEŠ: Als die Deutschen abgeführt wurden, kam es da Tagen wurden sie mit der Bahn ausgesiedelt. vor, dass jemand von diesen Alteingesessenen mit ihnen abgeführt wurde? BUNŽA: Wer, glauben Sie, hatte unter den Soldaten das entscheidende Wort? ROŽKA: Ob von den Alteingesessenen, weiß ich nicht. Es waren einige, die ich nicht kannte. Um sein Leben kam ROŽKA: Nach meiner Einschätzung hatte die höchste ein gewisser Zeman. Ein gewisser Herr Šedivý 12 von den Funktion Oberleutnant Zícha. Alteingesessenen kam nachher zurück und beklagte sich, BUNŽA: Könnten Sie uns in dieser Sache noch sagen, was dass er an seiner Gesundheit geschädigt und verprügelt Sie für wichtig halten? worden sei. Ich kenne nur diese zwei Fälle. Zeman kannte ROŽKA: Ich stand ständig mit einem Bein im Grab. So ich vor dem Krieg nicht. Wir stellten ihm eine besondere wurde ich zum Beispiel auf eine militärische Dienststelle Bestätigung aus, und das Rote Kreuz holte ihn mit dem gerufen, dort zog der Mensch einen Ochsenziemer heraus Auto ab. Dann starb er. Er hinterließ eine Witwe. und nahm in die andere Hand einen Revolver, ich muss- KOKEŠ: Kannten Sie sie aus der früheren Zeit? Waren sie te Habtachtstellung einnehmen, und er bedrohte uns. gute Tschechen? Er ordnete an, dass wir uns um 6 Uhr bei Major Langer 9 melden sollten. Ich machte ihnen klar, was wir hier durch- ROŽKA: Šedivý kannte ich, aber Zeman nicht. gemacht hatten, dass ich zwei Jahre einen Prozess gegen KOKEŠ: Wann haben Sie von Šedivý erfahren? die Partei (partaji = NSDAP) geführt habe, und dass es uns ROŽKA: Ungefähr nach einer Woche, und ich unternahm fern liegt, irgendeine Macht an uns zu reißen. Unsere Po- Schritte, dass er entlassen würde. sition war sehr erschwert. Nach diesem Gespräch begriff KOKEŠ: Ledvina oder Zázvorka aus Lippenz kannten Sie Major Langer, dass wir keine ungebetenen Machtergrei- nicht? fer und Eindringlinge sind. Dass ich zu dieser Funktion gekommen bin, dafür kann ich nichts. Der damalige deut- ROŽKA: Zázvorka war bei der Hilfspolizei. Sonst kannte sche Bürgermeister Dietl flüchtete. Um 10 Uhr abends ich sie nicht. teilten uns die Deutschen mit, dass sie uns die Macht KOKEŠ: Šedivý und Zeman waren aus gemischten Ehen? übergeben wollten, dass jedoch jemand für die Ordnung ROŽKA: Ja. verantwortlich sein muss. Damals sagten sie, dass Rožka KOKEŠ: Sie haben gesagt, dass sie zu Major Langer vor- das schaffen wird. geführt worden sind. Außer unserer Armee war hier aber BUNŽA: Waren hier Ende Mai und Anfang Juni Schieße- auch die sowjetische Armee. Die tschechoslowakische Ar- reien mit Deutschen? mee hatte hier ihren Kommandanten und die sowjetische ROŽKA: Die Deutschen gehorchten wie die Uhr 10. Schie- gleichfalls? ßereien gab es oft, und es bestand Lebensgefahr. Ich war ROŽKA: Ja, aber es dauerte sehr lange, bis wir das erfuh- zum Beispiel persönlich beteiligt, als ein Transport deut- ren. Vom Beginn der Revolution an war hier als Komman- scher Soldaten hier herkam. Es führte sie ein Unteroffizier dant ein gewisser Major Duřt. Ich habe darüber Aufzeich- der tschechoslowakischen Armee, sie kamen abends und nungen. wollten Nachtquartier. Da alles voll war, wiesen wir sie in BUNŽA: Könnten Sie uns diese Aufzeichnungen darüber das Schießhaus ein. Dabei war damals Hás 11. Wir sahen bringen, wie die Kommandanten aufeinander folgten? sie uns an und fanden aus den 200 Leuten neun SS-Män- ner heraus, obwohl sich vorher, als wir sie aufforderten, ROŽKA: Ich werde sie finden und Ihnen schicken oder 13 die SS-Männer sollen sich melden, niemand gemeldet bringen . hatte. Sie wurden in das Gericht abgeführt, und als dann KOKEŠ: War Oberleutnant Petrov [= Zícha] Kommandeur die Russen kamen, holten sie sie zur Arbeit. irgendeiner Formation?

58 Blatt 2 (Ausriss) des stenografischen Protokolls des Verfahrens der Untersuchungskommission (Foto: Archiv des Innenministeriums)

59 ROŽKA: Das kann ich nicht sagen. Er stellte sich mir als Gefangenen in die Gruppen hätten geraten können, die Oberleutnant Petrov vor, und ich hatte den Eindruck, dass abgeführt wurden? er befahl, weil die Soldaten seine Anordnungen befolgten. ROŽKA: Ich bezweifle, dass das hätte geschehen können, KOKEŠ: Waren Sie Soldat? weil sowohl die Franzosen als auch die Polen mit uns zu- ROŽKA: Ja. sammenarbeiteten. KOKEŠ: Dann wissen Sie, dass ein Oberleutnant einem BUNŽA: Wie war das mit den Sachen, wurden Protokolle Major keine Befehle erteilen kann. Der Standortkomman- angefertigt? dant war nicht Oberleutnant Petrov. Auf welche Weise er ROŽKA: Was auf der Verwaltungskommission abgegeben die Dinge regelte und über wen – wer sie ausführte, das wurde, davon haben wir Protokolle, und das wurde auch ist eine andere Sache. Wie war das mit den Juwelen, die in die Nationalbank überführt. Ich konnte mich um diese eingesammelt waren? War da die Verwaltungskommissi- Sache jedoch nicht kümmern. on beteiligt? Dr. LUKEŠ, Vertreter des Ministeriums des Inneren [im ROŽKA: Daran wirkten zwei Vertreter der Verwaltungs- Folgenden ohne Titel]: Hier wird behauptet, dass bei der kommission mit. Auch Soldaten waren dabei tätig. Ich Konzentration am 3. Juni zwei Deutsche erschossen wor- war nicht dabei, ich war auf dem Rathaus, von wo ich ein den sein sollen. Wissen Sie davon etwas? halbes Jahr nicht nach Hause kam. ROŽKA: Wie ich schon sagte, ist das möglich, aber ich er- KOKEŠ: Was ist mit den Sachen geschehen? innere mich nicht daran. ROŽKA: Am Abend wurde alles in die Nationalbank LUKEŠ: Wer hat die Konzentration veranstaltet? überführt. ROŽKA: Die Soldaten. KOKEŠ: Ist mit diesen Dingen Oberleutnant Petrov in Be- HOLUB: Als Sie von den Dingen in Postelberg erfuhren, rührung gekommen? was haben Sie davon gehalten? ROŽKA: Soweit ich weiß, fungierten dort zwei Mitglieder ROŽKA: Auf uns wirkte das peinlich, besonders die Art der Verwaltungskommission. und Weise, wie man das ausführte. Wir mussten jedoch KOKEŠ: Hat die Verwaltungskommission darüber irgend- still sein. eine Beglaubigung? HOLUB: Es wird davon gesprochen, dass in den Kasernen ROŽKA: Die Sammlung war eine Sache der Militärverwal- Leute gequält und gefoltert worden sind. Haben Sie da- tung, wir haben sie nicht durchgeführt. von gehört? KOKEŠ: Wer hat es abtransportiert? ROŽKA: Ich habe das gehört, aber ich konnte nicht ein- ROŽKA: Das kann ich nicht genau sagen. Ich erinnere schreiten, wir wurden seit dem 8. Mai als Eindringlinge mich, dass die Mitglieder der Kommission die Herren betrachtet. Ich habe Major Langer darauf aufmerksam Minařík und Pechanec waren. gemacht. KOKEŠ: Wurden die Sachen direkt in die hiesige National- Dr. STEHLÍK [im Folgenden ohne Titel]: Nach der Über- bank überführt? prüfung wurden hier einige Antifaschistenausweise aus- gestellt, von einer Sonderkommission. Waren in dieser ROŽKA: Ja. Kommission auch Ing. Reizer [Reiser] 14 und Hás [Haas]? KOKEŠ: Als Vorsitzender der Verwaltungskommission ROŽKA: Ich glaube, ja. sind Sie damit nicht in Berührung gekommen? KOKEŠ: Sie hatten jedoch kein Recht, irgendwelche Aus- ROŽKA: Nein. weise auszustellen. KOKEŠ: Können Sie nicht sagen, dass etwa Petrov damit ROŽKA: Ich bestätigte diese Ausweise, machte aber dar- in Berührung kam? auf aufmerksam [wohl gemeint: dass sie kein Recht hat- ROŽKA: Mit ihm war das rätselhaft. Ich hatte den Ein- ten]. Sie sagten aber, sie seien gut. Der Nationalausschuss druck, dass er einen Spezialauftrag hatte, und er hat das setzte daher seinen Stempel darunter und ich meine Un- auch angedeutet. terschrift, obwohl ich damit nicht einverstanden war. Ich KOKEŠ: Ist Ihnen bekannt, dass bei den hiesigen Aktionen vollzog den Willen des Volkes. In der Kommission waren einige Tschechen erschossen worden sind? Deutsche und einige tschechische Leute, die das machten. ROŽKA: Das kann ich nicht sagen. KOKEŠ: Geben Sie zu, dass die Bezeichnung Antifaschis- Abgeordneter HOLUB [im Folgenden nur HOLUB]: In die- ten auch unwürdigen Leuten zuerkannt wurde? sem Zusammenhang sprach man auch von alliierten Ge- ROŽKA: Ja, es waren das auch Faschisten und Feinde der fangenen. Schließen sie die Möglichkeit aus, dass diese Republik.

60 Abgeordneter Dr. KÁCL [im Folgenden ohne Titel] 15: Es PETRÁŠEK: Ich kannte niemand, und sie machten ohne wurde mir gesagt, dass unter den internierten Deutschen meine Kenntnis, was sie wollten. auch ein hoher kirchlicher Würdenträger höheren Alters BUNŽA: Diese meldeten sich bei Ihnen? war, der auch zur Arbeit ging und einmal dabei zusam- PETRÁŠEK: Die, die ich genannt habe, meldeten sich, an- menbrach. Einmal sei er zusammengebrochen, und der dere nicht. Wachmann habe Petrov gefragt, was er mit ihm machen soll, und dieser solle gesagt haben, er solle erschossen BUNŽA: War hier Oberleutnant Petrov [= Zícha]? werden. Auf diesen Befehl hin sei dieser kirchliche Wür- PETRÁŠEK: Dass es ihn hier gab, wusste ich, aber es war denträger erschossen worden. Wissen Sie davon etwas? mir nicht bekannt, welche Mission er hatte. ROŽKA: Das weiß ich nicht. BUNŽA: Von Leutnant Čupka haben Sie nicht gehört? PETRÁŠEK: Von dem weiß ich nichts. Ich kannte ihn nicht. JUDr. Jaroslav Petrášek BUNŽA: Sind Sie mit Petrov zusammengetroffen? Aussage JUDr. Jaroslav PETRÁŠEK, Jurist in Saaz PETRÁŠEK: Nach dem 6. Juni vielleicht zweimal, und Nr. 1442 16 zwar, als wir die Konzentration der Deutschen aus dem BUNŽA /nach Verwarnung und Feststellung der Personali- Saazerland in das Arbeitszentrum durchführten. Damals en/: Herr Doktor, Sie waren in Saaz schon vor dem Krieg? war er bei mir und teilte mir mit, dass er die Konzentrie- rung machen würde. PETRÁŠEK: Ich war hier 1926 bis 1938, dann in Laun wäh- rend der ganzen Zeit der Okkupation. BUNŽA: Wie viele dieser Konzentrationen gab es? BUNŽA: Wann sind Sie nach der Okkupation hierher ge- PETRÁŠEK: Ich weiß es nicht sicher, etwa zwei oder drei. kommen? Aus der Stadt kamen ungefähr 10.000 Leute in ein Lager. PETRÁŠEK: Am 9. Mai 1945. BUNŽA: Wann fand diese Konzentration statt? BUNŽA: Auf wessen Anordnung? PETRÁŠEK: Anfang Juni 1945. Bei der Konzentration half unser SNB 17 [Volkspolizei], damals Gendarmerie, das wa- PETRÁŠEK: Auf Anordnung des OVN [Bezirksnational- ren ungefähr zwanzig Leute. Die Deutschen gaben da- ausschuss] in Laun, ich sollte den Nationalausschuss or- mals zum einen Juwelen, zum anderen Sparbücher ab. Al- ganisieren. Am 26. Mai ging ich wegen Misshelligkeiten les wurde in Kisten gepackt und dann an die Nationalbank wieder weg und kam erst am 6. Juni wieder zurück. Dann abgeliefert. fungierte ich weiter bis zum 4. Juli 1946. Ich war hier der Vorsitzende der Verwaltungskommission, und dann wa- BUNŽA: War davor noch eine Konzentration? ren ordentliche Wahlen. PETRÁŠEK: Ich habe gehört, dass irgendeine Konzen­ BUNŽA: Veränderten Sie in dieser Funktion den National- tration nach Postelberg stattgefunden habe, aber damals ausschuss? war ich nicht hier. PETRÁŠEK: Am 19. Mai kam ich auf das Rathaus und sah, BUNŽA: Wann haben Sie erfahren, dass ein Teil der Grup- dass die Mitglieder des Ausschusses und der Kommissio- pe, die Anfang Juni konzentriert wurde, liquidiert werden nen Deutsche sind. Daher löste ich alles auf und errichtete sollte? die Verwaltungskommission. Ich kannte sie aus der frühe- PETRÁŠEK: Das habe ich irgendwann Ende Juni oder An- ren Zeit. Daraufhin traten Leute gegen mich auf, warfen fang Juli gehört. Es kam zu mir ein pensionierter Direktor mir Knüppel zwischen die Beine, und ich resignierte. Man Čada aus Prag, der hier hinter irgendeinem Jagdrevier her schritt im Innenministerium gegen mich ein. Die Interven- war. Der sagte mir, dass sich dort in Postelberg Gräber öff- tion gegen mich führte ein gewisser Hás an, der ebenfalls neten, dass aus diesen Gestank aufsteige, und wir sollten Mitglied der Verwaltungskommission war. in der Sache etwas tun. Damals rief ich die Division in Po- BUNŽA: Sie waren hier Vorsitzender der Verwaltungs- stelberg an, damit sie Soldaten einsetzten und die Gräber kommission vom 6. Juni 1945 an. Wie sah das hier aus mit zudeckten. der militärischen Führung, wer von den Soldaten war hier? BUNŽA: Forschten Sie nicht nach den näheren Umstän- PETRÁŠEK: Damals war hier Oberstleutnant Duřt, der den? Standortkommandant, nach ihm kam Major Langer, da- PETRÁŠEK: Das war nicht meine Sache, es war hier der nach dann Major Fišera. militärische Nachrichtendienst [OBZ], warum sollte BUNŽA: Wer war hier noch außer diesen Soldaten? War ich mich da einmischen. Ich habe dem überhaupt nicht hier jemand vom OBZ [Abwehrnachrichtendienst] oder nachgespürt und kenne auch keine Einzelheiten. Wer das irgendwelche Nachrichtenleute? durchführte, weiß ich nicht.

61 BUNŽA: Wissen Sie etwas davon, dass es in Saaz zu ir- BUNŽA: Wie äußerte sich die Einwohnerschaft über Fol- gendwelchen Exekutionen gekommen sei? Es wurden terungen im Lager? hier angeblich einige Deutsche erschossen? PETRÁŠEK: Die wurden verurteilt. Farkaš war allgemein PETRÁŠEK: In der Zeit, als ich hier war, weiß ich von bekannt. In Saaz hatte er einen sehr schlechten Ruf. Sonst nichts. Ich erinnere mich, dass hier am 3. Juni etwas ge- kannte ich ihn aber nicht. wesen sein soll. KOKEŠ: Ist Ihnen nicht bekannt, dass irgendein Tscheche BUNŽA: Was soll hier am 3. Juni gewesen sein? erschossen worden sei, den Sie persönlich gekannt hät- PETRÁŠEK: Es hieß, dass auf dem Ringplatz jemand flie- ten? hen wollte und angeblich erschossen wurde. PETRÁŠEK: Das ist mir nicht bekannt, nur geredet wurde BUNŽA: Welche Gründe wurden damals gegen Sie aufge- davon. Sonst haben wir das nicht festgestellt. führt, bevor Sie resignierten? KOKEŠ: Von den Juwelen, die den Deutschen abgenom- PETRÁŠEK: Dass ich ein Diktator sei. men wurden, wird behauptet, sie seien nicht abgegeben worden. KÁCL: Wer regierte in der Zwischenzeit, als Sie wegge- gangen waren? PETRÁŠEK: Bei den Konzentrationen der Deutschen leis- tete das SNB [Volkspolizei] und unsere zivilen Organe Bei- PETRÁŠEK: Niemand. Es war da ein einziger tschechi- stand, und alles wurde in Kisten gelagert und versiegelt scher Beamter namens Trojan. und die Kisten in Begleitung von Gendarmen in die Natio- BUNŽA: Wurde Ihnen damals nach der Konzentrierung nalbank gefahren. nicht gemeldet, dass einige Personen liquidiert worden KOKEŠ: Hat mit den Juwelen Oberleutnant Petrov zu tun sind? bekommen? PETRÁŠEK: Nichts wurde mir gemeldet. Im Lager war ir- PETRÁŠEK: Der hatte nichts damit zu tun, das weise ich gendein Leutnant Farkaš, der mit ihnen schlecht umgegan- entschieden zurück. Ich war dabei und habe es gesehen. gen sein soll. Wie mir gesagt wurde, ließ er zum Beispiel die Frauen sich nackt ausziehen. Weiter ein gewisser Marek, BUNŽA: Kannten Sie Ing. Reiser (Reizer) 18, der abgescho- Gemeindepolizist aus Leneschitz (Lenešice). Diese beiden ben wurde? Namen habe ich gehört: Farkaš [Farkač] und Marek. PETRÁŠEK: Ich ließ ihn verhaften, wir stellten ihn vor BUNŽA: Haben Sie das Verteidigungsministerium darauf Gericht, aber wie er dann in die Zentralstelle für Abschie- aufmerksam gemacht? bung gelangt ist, weiß ich nicht. Er gab sich als Tscheche aus, aber wir stellten fest, dass alle seine Ausweispapiere PETRÁŠEK: Wir haben in Prag darauf hingewiesen. falsch waren. Reiser wirkte hier nach der Revolution und KÁCL: Bei dieser Entkleidung bis zur Nacktheit, sind dabei war sogar in der Kommission, die Antifaschistenausweise angeblich einigen Deutschen die Brüste abgeschnitten ausgab. Er fing an gegen mich zu hetzen. Er war auch Re- worden? ferent für die Verwaltung jüdischen Eigentums. PETRÁŠEK: Das weiß ich nicht. Von irgendwelchen ande- BUNŽA: Wann wurde er abgeschoben? ren Folterungen habe ich keine Meldungen erhalten. PETRÁŠEK: Das weiß ich nicht. BUNŽA: Wo haben sie das in Prag gemeldet? BUNŽA: Den Karel Hás kannten Sie? PETRÁŠEK: Mündlich habe ich das beim Hauptstab ge- meldet, wem weiß ich heute nicht mehr, und zwar im Juni PETRÁŠEK: Den kannte ich, das war ein Tscheche. oder Juli. BUNŽA: Wie war sein Ruf? BUNŽA: Davon, dass eine Exekution stattfand, ist hier un- PETRÁŠEK: Der war nicht gut. Nach der Revolution ter der Bevölkerung sicherlich gesprochen worden. Wel- machte er sich zum Polizeireferenten. Er kam aus Raud- chen Eindruck machte das auf die Einwohnerschaft? nitz (Roudnice) hierher. PETRÁŠEK: Man fasste das als einen revolutionären Akt BUNŽA: Arbeitete er mit Reiser zusammen? auf. Günstig. Ich kannte viele von diesen Leuten, das wa- PETRÁŠEK: Das weiß ich nicht. Er schrieb Drohbriefe an ren alles Nazis. Hier [in Saaz] war die Grundlage des Na- verschiedene öffentliche Funktionäre. zismus, hier begann Henlein seine Tätigkeit. BUNŽA: Als ihr am 6. Juni eure Tätigkeit aufnahmt, muss- BUNŽA: Sie sagen, dass die Leute das als eine selbstver- ten Sie als Vorsitzender der Bezirksverwaltungskommissi- ständliche Sache hinnahmen. Wurde nicht davon gespro- on einen Überblick über die Ereignisse haben, die sich hier chen, dass darunter einige Tschechen waren? abspielten. Gab es hier irgendeine Unruhe? PETRÁŠEK: Ich habe gehört, dass dort irrtümlich irgend- PETRÁŠEK: Unruhe gab es hier. Unsere Wache wurde auf ein Tscheche erschossen wurde, der keine Belege hatte. der Brücke überfallen.

62 BUNŽA: Wissen Sie, dass die Täter Deutsche waren? PETRÁŠEK: Dazu kann ich mich nicht äußern. Was die PETRÁŠEK: Ja, sie wurden gefangen. Es gab hier Werwölfe 19. Leute reden, darauf gebe nicht nichts. BUNŽA: Bei welcher Aktion wurden Werwölfe als Täter HOLUB: Könnten Sie nicht einmal sagen, wer die Nazis ermittelt? aussuchte? PETRÁŠEK: Sie versammelten sich, die Leute beobach- PETRÁŠEK: Es wurde von Čupka und Marek gesprochen. teten sie und die Polizei drang dort ein. Sie machten so- Von Petrov war nicht die Rede. Gesprochen wurde zum 21 gar Übungen. Es waren das Deutsche, die abgeschoben Beispiel auch von Dr. Freier [richtig: Freyer] , dass er in wurden 20. Postelberg erschossen worden sei. Jetzt schreibt er aus Deutschland, wohin er abgeschoben wurde, und er steht BUNŽA: Brände gab es hier nicht? dort bei Gericht in Dienst. PETRÁŠEK: Im Jänner 1946 brannte hier eine Mühle in der KOKEŠ: Wer hatte hier den Haupteinfluss bei der Sicher- Nacht aus, als die Feuerwehrleute einen Ball hatten. Das stellung des deutschen Eigentums? Feuer soll die ehemalige Besitzerin gelegt haben, die ne- benan wohnte. PETRÁŠEK: Der örtliche Nationalausschuss. BUNŽA: Die behaupten aber wieder, dass es die Soldaten KÁCL: Herr Zeuge, Sie sind zweimal offiziell und viele gemacht haben. Male inoffiziell mit Oberleutnant Petrov in Kontakt ge- kommen. Wohnte er hier oder kam er von auswärts her- PETRÁŠEK: In den Wohnungen führte das zu Beginn gefahren? das Militär durch. Als die Garnison auszog, ordnete ich an einem Sonntag an, die Straßen zu sperren. Viel half PETRÁŠEK: Er kam hergefahren. das nicht, weil die Sachen über die Felder weggetragen KÁCL: Wann ging er von Saaz weg? wurden. PETRÁŠEK: Irgendwann im Juni oder Juli 1945. KOKEŠ: Uns geht es darum, ob das, was auf der Verwal- KÁCL: Würden Sie ihn noch heute erkennen? tungskommission zusammengetragen wurde, auch abge- PETRÁŠEK: Ich kannte ihn. Er ist hier im Dienst als Vor- führt wurde, damit niemand behaupten kann, dass es die sitzender des ONV [Bezirksnationalausschuss], und sein eine Funktion ausübenden Mitglieder getan hätten [näm- richtiger Name ist Zícha. lich einen Diebstahl]. LUKEŠ: Herr Doktor, Sie haben uns gesagt, dass aus Po- PETRÁŠEK: Bis zum letzten Stück wurde alles abgeführt. stelberg eine Menge Leute nach Saaz zurückgekehrt sind. Es war hier auch die Münzsammlung von Dr. Zinke, die der Könnte man daraus schließen, eine wie große Anzahl un- zentralen Staatskasse übergeben wurde. gefähr dort geblieben ist? BUNŽA: Wer übernahm weiterhin das Eigentum und stell- PETRÁŠEK: Ich habe gehört, dass nach Postelberg 10.000 te es sicher? Männer gebracht worden sind. In Saaz waren jedoch ins- PETRÁŠEK: Das machte das SNB [Volkspolizei]. Sofern gesamt keine 10.000 Männer. es um die Sicherung des Eigentums bei der Abschiebung LUKEŠ: Wie viele können nach Ihrer objektiven Einschät- (při odsunu) ging, machte das anfänglich das Militär, als es organisiert war, war das SNB dabei. Wenn der Be- zung in Postelberg ums Leben gekommen sein? werber kam, übergab die Polizei die Wohnung, alles war PETRÁŠEK: Das kann ich nicht sagen. Zurückgekehrt sind angemeldet. Der Bewerber aber fuhr zum Beispiel weg, ungefähr 2.000 Leute. Wie viele Männer abgeschoben um die Familie zu holen, und bevor er zurückkam, wur- und wie viele von ihnen dort erschossen wurden, das lässt de ihm alles leer gestohlen. Damals waren hier sehr un- sich überhaupt nicht abschätzen. erfreuliche Zustände. Es gab keine Disziplin. So kam zum LUKEŠ: Sie erwähnten, dass in Postelberg bekannte Nazis Beispiel Oberst Freitag hierher, um diese Dinge richtig zu liquidiert wurden? untersuchen. Er begegnete einem Leutnant mit einem PETRÁŠEK: Ich sagte, dass sie dorthin abgeführt, nicht, deutschen Mädchen. Sie saßen irgendwo auf einer Bank. dass sie liquidiert wurden. Dieser Leutnant stand nicht einmal auf, um zu grüßen. Ich selbst konnte zu einer bestimmten Zeit nicht auf die Stra- LUKEŠ: Wenn Sie hier schon so lange leben, wird es Sie ße gehen. Militärische Disziplin gab es nicht, Schießerei- sicher interessiert haben, wer liquidiert wurde. en waren an der Tagesordnung, so dass es sehr gefährlich PETRÁŠEK: Aus Postelberg kamen sie in die Arbeitslager, war, sich frei zu bewegen. Die Ortskommandantur erließ meist in die Brüxer Gegend, von wo sie abgeschoben wur- ein Ausgehverbot für die Zeit nach 9 Uhr. Das Verbot be- den, so dass sie hierher nicht mehr zurückkehrten. traf auch die tschechischen Einwohner. Die Soldaten lie- LUKEŠ: Uns geht es besonders darum, wie viele Personen fen jedoch nachts in den Gassen herum und raubten die dort liquidiert wurden und welche Personen das waren. Wohnungen aus. Ich hatte täglich 200 bis 250 Besucher.

63 Von früh bis abends war ich auf der Behörde. Es herrschte BUNŽA: Wer ordnete die Erschießungen an? hier eine Atmosphäre allgemeiner Angst. Ich brach nerv- MAREK: Oberleutnant Petrov [= Zícha]. Damals ordnete lich völlig zusammen und lag einige Zeit im Krankenhaus. Oberleutnant Zelenka an, dass ich ihm für drei Tage zu- Als ich dann am 11. Juli den Dienst [wieder] antrat, wurde geteilt bin. die ganze Nacht auf den Straßen geschossen BUNŽA: Bis wann waren Sie in dieser Funktion? Bohuslav Marek MAREK: Ich habe darüber eine Bescheinigung /er zeigt sie vor/: vom 18. Mai bis 17. Juni. Dann kam ich zurück. Wir Aussage des Bohuslav Marek, Oberledererzeuger in Ko- führten die Sicherung auf dem Land durch und zwar in motau Nr. 736/ 46 22. Ferbenz (Rvenice), Wischkowa (Výškov) und Weberschan BUNŽA /nach Ermahnung zur Wahrheit und Feststellung (Břvany). der Personalien/: Herr Marek, wo waren Sie während der BUNŽA: Wie haben Sie das vollzogen? Okkupation? MAREK: Das ganze Dorf wurde eingekreist, und die Leute MAREK: Von 1929 bis 1938 war ich als Polizist in Postel- mussten hinaus. berg. In das Protektorat gelangte ich 1939. Ich wurde da- BUNŽA: Wie viele Leute waren das? mals vom Innenministerium nach Leneschitz (Lenešice) MAREK: In Ferbenz (Rvenice)] waren es ungefähr über zugeteilt. Als die Polizei aufgelöst wurde, wurde ich den 500, in Wischkowa (Výškov) ungefähr 800 und in Weber- zivilen Diensten zugeteilt. Im Jahre 1943 wurde ich ver- schan (Břvany) über 600. Mir befahlen sie, erst zu dolmet- haftet und von einem deutschen Volksgericht wegen schen, es sollten diejenigen hervortreten, die Funktionäre Schwarzschlachtungen zu 14 Monaten Gefängnis verur- der Partei, Angehörige der SS und ähnlich waren. Diese teilt. Am 1. November 1944 kam ich zurück und ging ins wurden getrennt aufgestellt. Was die übrigen betrifft, Krankenhaus, wo ich bis zur Revolution blieb. wurde dem Vorsitzenden des Nationalausschusses befoh- BUNŽA: Sind Sie Mitglied des Verbandes der nationalen len, sie in irgendeinem Hof zusammenzufassen, um sie Revolution oder waren Sie am Widerstand beteiligt? unter Aufsicht zu halten. Die ersteren wurden abgeführt. MAREK: Nein. BUNŽA: Wie viele wurden aus den einzelnen Gemeinden BUNŽA: Nach der Befreiung waren Sie in Postelberg. Wie abgeführt? sind Sie dahin zurückgekehrt? MAREK: Aus Ferbenz 15, Wischkowa 25, Ferbka (Vrbka) MAREK: Oberleutnant [d. R.] Zelenka 23 forderte mich auf, ungefähr 5 und aus Weberschan ungefähr 25. Die übrigen den Dienst in Postelberg am 9. Mai anzutreten. Ich orga- mussten von den Nationalausschüssen ernährt und be- nisierte dort den Sicherheitsdienst [Polizeidienst], und in schäftigt werden. Die Abgeführten gingen in die Kaserne dieser Funktion verblieb ich, bis in Postelberg die Konzen- in Postelberg und wurden dort hingerichtet. tration der Deutschen durchgeführt wurde. BUNŽA: Wie wurde die Einteilung in Postelberg durchge- BUNŽA: Wann wurden die Deutschen dort konzentriert? führt? MAREK: Es war das vom 13. bis 18. Mai. MAREK: Die Frauen standen beim Tor und wurden von BUNŽA: Wer hat Sie dorthin übernommen? dort in die Garage geschickt. Dort waren zwei Mädchen aus Postelberg, die die Untersuchung der Frauen vornah- MAREK: Oberleutnant Petrov; sein wirklicher Name ist men. Es war dort Leutnant Čupka, und als am Schluss alles Zícha. beschlagnahmt war, trug er alles zum OBZ [Abwehrnach- BUNŽA: Mit welcher Funktion wurden Sie betraut? richtendienst]. Als ich in die Kaserne kam, sagte Haupt- MAREK: Ich fungierte als Dolmetscher und als Kenner der mann Černý zu mir: Kümmern Sie sich darum. Die ganze Gegend. Die Konzentration wurde über die Rundfunk­ Zeit war ich bei der Durchsuchung und schickte die Leute anlage [Drahtfunk] verkündet, und am zweiten Tag beim in das Lager. An­treten trennte ich Männer und Frauen. Die Frauen BUNŽA: Wer führte sie dorthin? schickten wir in den Fasanengarten ins Lager, während die MAREK: Zur Verfügung stand die Revolutionsgarde. Männer im Alter von 13 bis 65 Jahren in die Kaserne gingen. BUNŽA: Blieben dort irgendwelche Frauen zurück? BUNŽA: Wie viele Leute konnten das sein? MAREK: Alle Frauen gingen in den Fasanengarten. MAREK: In den Fasanengarten gingen ungefähr 1.700 Leute. Černý gab mir Wachen. Dort wurde BUNŽA: Was geschah mit den Männern? ein von der SNB [Volkspolizei] dazu MAREK: Oberleutnant Petrov kam und ordnete an, ich bestimmt, das [Lager] zu übernehmen. Wie viele in die solle hundert Schaufeln und hundert Hacken beschaffen. Kaserne gingen, weiß ich nicht, aber es waren über 500. Im Gericht [Gerichtsgefängnis] waren die Hauptfunktio-

64 näre. Die wurden zuerst hingerichtet. Die gruben Gräber MAREK: Nein. Ich meldete nur, dass alles bereitgestellt für sich im Fasanengarten aus und wurden dort abge- ist, und um mehr habe ich mich nicht gekümmert, und am knallt. Hingerichtet hat sie ein Zug des OBZ. Diese Funk- [nächsten] Morgen erfuhr ich, dass alle, die in Postelberg tionäre wurden vor der Konzentrierung hingerichtet. Ein waren – es ging um die Männer – hingerichtet waren. Verzeichnis von ihnen habe ich. Hier ist es. /Er legt es vor/. BUNŽA: Wie viele waren es? Angelegt hat es der Beamte Egermayer. MAREK: Die, die abgeteilt wurden, waren 500. Wie ich BUNŽA: Im Verzeichnis stehen 44 Personen. Wurden sie erfuhr, war dort ein Panzerabwehrgraben, in den die alle hingerichtet? Hingerichteten gelegt wurden. In der Früh ging ich unter der Kaserne entlang und begegnete einem Kutscher des Gutsbesitzers Malecký, der Totengräber in Postelberg ist. Der sagte mir, dass dort geschossen wurde [worden war], dass er um den Graben herumgegangen sei und dass dort Füße (nohy, auch „Beine“) von Toten zu sehen seien. Ich ging hin und sah, dass noch nicht der ganze Graben zuge- schüttet ist. Es regnete nämlich und das Wasser spülte die oberste Schicht weg, so dass die Füße herausragten. Ich ging sofort zu Petrov, um ihm das zu melden, der mir den Befehl gab, aus dem Lager im Fasanengarten zwanzig Leute zu nehmen, die das zuschütten sollten. Diese Leute wussten jedoch nicht, worum es ging. BUNŽA: Wie groß war dieser Graben? MAREK: Er war etwa vierzig Meter lang, fünf Meter breit und vier Meter tief. Die Hälfte dieses Grabens war voll. Ehemalige Reiterkaserne in Postelberg, im Mai/ Juni 1945 Wie viele Leichen es waren, weiß ich nicht. Ich war daran Internierungslager für Deutsche aus Postelberg, Saaz und Umgebung nicht beteiligt, niemand sagte uns, wann sich das zugetra- (Foto: Privatarchiv) gen hatte, vor uns wurde nur getuschelt. MAREK: Es wurden nicht alle hingerichtet. Nur die ers- BUNŽA: Gab es dann dort noch andere Hinrichtungen? ten 24. MAREK: Dann gab es die Hinrichtungen der Konzentrier- BUNŽA: Waren Sie an der Überprüfung der Personen auf ten aus Saaz. dem Marktplatz beteiligt? BUNŽA: Wodurch wissen Sie von diesen Hinrichtungen? MAREK: Am Tag vor der Konzentrierung habe ich verkün- MAREK: Weil wieder nach Hacken und Schaufeln gesucht det, dass sich alle Deutschen auf dem Marktplatz einfin- wurde. den und eine Decke mit einem Höchstgewicht von 25 kg BUNŽA: Um wie viel Zeit nach der Postelberger Hinrich- mitbringen müssen. tung kam es zu diesen Hinrichtungen? BUNŽA: Wurden diese Deutschen überprüft (prověřo- MAREK: Das Datum weiß ich nicht. Ich habe aber einen váni)? Vermerk über das Datum, wann ich die Konzentrierung in MAREK: Ja, in der Kaserne. Ich wusste nicht einmal, wo- Saaz verkündet habe. hin sie sie schicken. Am Abend kam eine Ehefrau von ei- BUNŽA: Sie haben das auch in Saaz wieder verkündet? nem zu mir und sagte, dass ihr Mann in der Kaserne sei. MAREK: Ja, als Verbindungsmann zum OBZ. Ich ging zu Petrov, der mir für ihn einen Passierschein BUNŽA: Um wie viel Zeit nach dieser Hinrichtung in Pos­ (propustku) gab, die Wache rief ihn zu mir, und dieser telberg kam es zur Konzentration der Deutschen in Saaz? Mann konnte nach Hause gehen. Außerdem griff ich noch für zwei andere ein, damit diese zwecks Übergabe der Ei- MAREK: Es dauerte etwa fünf bis sechs Tage. Oberleut- gentumsverwaltung entlassen würden. nant Petrov [= Zícha] sagte zu mir: ‚Heute fahren wir nach Saaz.‘ Es fuhren damals drei Fahrzeuge. Es fuhren die BUNŽA: Als Petrov [= Zícha] Sie zu sich rief und Ihnen Hauptfunktionäre: Oberleutnant Petrov und Čupka. Wir sagte, dass er hundert Schaufeln und hundert Hacken fuhren nach Saaz zum Nationalausschuss. Worüber dort braucht, wohin haben Sie sie nach deren Beschaffung ge- verhandelt wurde, weiß ich nicht. Als der Oberleutnant bracht? zurückkam, sagte er mir, dass wir am nächsten Tag früh MAREK: In das Schulgebäude. um 5 Uhr wieder nach Saaz fahren würden. Als wir dort BUNŽA: Waren Sie auch am Vollzug (výkonu) beteiligt? ankamen, war niemand beim Nationalausschuss [d. h. im

65 Rathaus]. Es war dort nur ein Pförtner. Petrov befahl mir MAREK: Nur die Männer. Die Konzentrierung war schon zu verkünden, dass sich alle Deutschen versammeln soll- gegen 8 Uhr [abgeschlossen]. Da kam Hauptmann Černý ten. Ich verkündete das in Zeitabständen bis 8 Uhr. Tags zu mir und sagte: „Sie werden sie zu 250 bis 300 Mann ab- zuvor unterwegs erzählte Petrov dem Čupka, dass er auf zählen, und sie werden nach Postelberg abgeführt.“ Die der Standortkommandantur war, wo ihm der Major [Duřt] Tschechen standen getrennt und wurden überprüft. sagte, dass er keinen Befehl zur Konzentration erhalten BUNŽA: Wer führte die Überprüfungen durch? habe und dass er also ohne Befehl nichts tun würde. Pe- MAREK: Zwei fremde Offiziere aus dem OBZ [Abwehr- trov sagte zu Čupka, dass dieser Major ihm nicht gehor- nachrichtendienst]. chen wolle und er also dafür gesorgt hätte, dass ein ande- BUNŽA: Wo waren Černý und Petrov? MAREK: Eine Weile oben, eine Weile unten, sie spazierten herum. BUNŽA: Wie viele Personen waren auf dem Marktplatz? MAREK: Nach Postelberg mögen etwa 7.000 gegangen sein. Wenn eine Gruppe von 200 bis 300 zusammen war, gab ich den Befehl zum Abmarsch. BUNŽA: Was geschah mit denen, die überprüft (prověřo- vání) waren? MAREK: Die Überprüften erhielten Passierscheine (pro- pustky). BUNŽA: Wie hießen die Offiziere, die die Überprüfung durchführten? MAREK: Sie hießen Ehrenhaft und Löwenbein. Die Eintei- lung (třídění) und der Abschub (odsun) dauerte den gan- zen Tag bis um 7 Uhr abends. Um 7 Uhr abends rief ich Pet- rov an, dass wir die Personen übernehmen, die im Gericht [Gerichtsgefängnis] waren. BUNŽA: Als Sie alle Personen in der Kaserne hatten, was geschah dann weiter? Skizze der Postelberger Kaserne im Mai/ Juni 1945 von Rudolf Fischer MAREK: Die Verurteilten wurden im Bereich SV 24 unter- aus der Erinnerung (1950) gebracht, der im hinteren Trakt war. Sie wurden weiter untersucht, ob sie tätowiert oder Gestapo-Leute oder rer Standortkommandant herkäme. So ist es dann auch Parteifunktionäre waren. wirklich geschehen. Sie sprachen vor mir von allem, so dass ich das alles weiß. BUNŽA: Wie lange dauerte das? 25 BUNŽA: Welche Maßnahme wurde bei der Konzentrie- MAREK: Es dauerte bis zum Mittag : rung getroffen? BUNŽA: Wie haben Sie die Funktionen ermittelt? MAREK: Die Besatzung [Garnison] stellte die Mannschaft, MAREK: Ich gab bekannt, dass sich diejenigen melden Saaz wurde umzingelt, es waren zwei Panzerzüge da, die sollten, die Funktionen hatten. Diese meldeten sich zum Fußtruppe bezog Stellung und trieb die Leute aus den Teil von selbst, zum Teil beschuldigte der eine den ande- Gassen auf den Ringplatz. Dabei bestand der Befehl, dass ren. Nachmittags kam der Oberleutnant Petrov [= Zícha] jeder, der sich widersetzt, auf der Stelle zu erschießen und sagte, dass die für den Gang der Wirtschaft Wichtigen sei. Es wurde dann auch ein Deutscher auf dem Markt- nach Saaz zurückgeschickt werden mussten, damit der platz erschossen. Den Befehl gaben Hauptmann Černý Verwaltungsapparat nicht zum Erliegen käme. und Oberleutnant Petrov [= Zícha]. Als wir hier ankamen, BUNŽA: Wann wurde hingerichtet? war schon alles besetzt. Ich begann mit der Verkündung MAREK: Hingerichtet wurde ungefähr am 4. oder 5. Tag gegen 6 Uhr. Der Rundfunk [wohl Drahtfunk] war nur auf nach der Sicherstellung in Saaz. Jeden Tag wurde klassifi- dem Marktplatz zu hören. In den Gassen und Straßen ziert, und ich fragte jeden einzelnen, ob er bei der Partei musste die Bevölkerung [aus den Häusern] herausgetrie- war, was für Funktion er hatte. Petrov [= Zícha] gab den ben werden. Befehl, Österreicher zu entlassen. Auch wurden einige in BUNŽA: Da wurden nur die Männer herausgetrieben? den Bezirk Laun geschickt. Vor der Beendigung der Akti-

66 on kam Petrov und zwang den Befehl auf, dass einige zur [auf den Hintern] verdienten, aber er sagte nein, erschie- Landarbeit in den Bezirk Laun gingen, wo sie der Launer ßen! Und sein Befehl wurde auch auf der Stelle ausge- Bezirkshauptmann angefordert hatte. führt. Sie wurden auch in der Kaserne begraben. Dabei BUNŽA: Wie viele Leute wurden im Lewanitzer Fasanen- waren die übrigen Deutschen auf dem Hof versammelt, garten hingerichtet? damit sie es ansehen sollten. MAREK: Ungefähr 500. Es kam eine Wache und teilte mir BUNŽA: Warum läuft gegen Sie ein Strafverfahren? mit, dass sie Befehl hätten, ich müsse ihnen hundert Leu- MAREK: Es war das die Rache des (štábního te herausgeben, die graben würden. Wie sie mir sagten, kapitána) Kouba. Es ging darum, dass ich vier Leute nicht wurden sie in der Nacht danach in die Gräben (šachty, hinrichten ließ, weiter um Missbrauch der Amtsgewalt, Schächte, auch: Massengräber) getrieben und dort zu- weil ich angeblich nicht berechtigt gewesen sei, Passier- sammengeschossen. Dann war noch irgendeine weite- scheine zu unterschreiben, obwohl ich der Kommandant re Hinrichtung, ich weiß nicht genau wann. Es kam ein des Lagers war. Vom 19. Juni bis 18. August 1945 war ich Transport aus Komotau, ungefähr 300 Männer, lauter SS- auf Befehl von Hauptmann Kouba verhaftet, weil ich an- Leute. Die wurden auch hingerichtet, ungefähr am 7. oder geblich unberechtigt eine Waffe trug. 8. Tag. Aus Komotau wurden sie der Kommandantur des BUNŽA: Sie waren auch an irgendwelchen Misshandlun- OBZ übergeben. Dort ging ich jedoch nicht hin. Die Ange- gen von Frauen beteiligt. Wie sah es damit bei Farkaš und hörigen des OBZ schnitten dort den SS-Leuten die Ohren den übrigen Herren aus? ab, sprangen ihnen auf der Brust herum und machten mit ihnen schreckliche Dinge. Wann diese SS-Leute hinge- MAREK: Ich sage die reine Wahrheit, weil mir an der Sache richtet wurden, weiß ich nicht. Wann immer ich jedoch nichts liegt. Wir hatten im Lager auch unsere Vertrauens- auf dem Gang entlangging, lagen dort Leute, die bis zur leute. Von Ehrenhaft [OBZ-Offizier] bekam ich die Anord- Unkenntlichkeit zerschlagen waren. Abends wurden sie nung, mir vier verlässliche Frauen auszusuchen. Es hieß, dann abgeknallt (odprásknutí). diese würden Passierscheine bekommen und würden uns Nachrichten zutragen müssen. Eines Tages meldeten sie BUNŽA: Wo erschossen und begruben sie sie? mir, dass sie [die Frauen] im Lager filmten und fotografier- MAREK: Das weiß ich nicht. ten und Verzeichnisse machten, wie viele Schmuckstücke BUNŽA: Wie viele Eisenbahner, Leute aus den Wasser- abgenommen worden waren. Ich meldete das dem Kom- werken und anderen wichtigen Betrieben kehrten nach mandanten des Lagers, und der ordnete eine Durchsicht Saaz zurück? der gesamten Kleidung an. Der Farkaš kam MAREK: Das weiß ich nicht einmal annähernd, es lässt mit dem Befehl, dass eine Durchsuchung durchzuführen sich aber feststellen. Für alles müssen Verzeichnisse vor- sei. Im Lager wurde angekündigt, dass wir umziehen wür- handen sein. Bevor diese 500 Deutschen hingerichtet den, damit sie mit allem [allen Besitztümern] kämen. Bei wurden, lehnten sie sich dagegen auf. Mir meldete das der Durchsuchung waren Offiziere und der am Morgen die Wache, als ich in die Kasernen kam. Un- SNB [Volkspolizei] anwesend, und alles erfolgte unter der sere Wache wurde dabei verletzt. Als ich das Hauptmann Aufsicht von Unterleutnant Farkaš. Zuerst dolmetschte Černý meldete, sagte er, dass sie hingerichtet würden. ich, sie [die Frauen] sollten Juwelen oder [Foto-] Appa- rate abgeben, falls sie solche haben. Ich sah eine Frau im BUNŽA: Wer gab die Befehle, Černý oder Petrov [= Zícha]? Hemd, die unter dem Büstenhalter Juwelen versteckt hat- MAREK: Beide gaben Befehle, und beide galten gleich. te. Die Juwelen wurden beschlagnahmt. Als Dr. Petrášek BUNŽA: Unter diesen 500 waren nur Angehörige der SS kam und fragte, wie die Durchsuchung ausgeführt wurde, oder auch Funktionäre der Partei und ihrer Gliederungen? sagte ich, auf anständige Weise. Es gab kein Abschneiden MAREK: Auch Angehörige der NSDAP und ihrer Gliede- der Brüste. Diese Durchsuchung dauerte den ganzen Tag. rungen. Nach der Durchsuchung wurde bis Mitternacht gekocht, BUNŽA: Wissen Sie bestimmt, dass außer denen, von de- damit die ganze Besatzung zu essen bekam, weil es den nen Sie gesprochen haben, keine weiteren Personen mehr ganzen Tag nichts zu essen gegeben hatte. Ich selbst hingerichtet wurden? hatte die Befürchtung, dass mich die Russen erschießen würden, die oft in das Lager kamen und nach Frauen ver- MAREK: Andere Personen als diese wurden nicht hinge- langten. Ich gab sie ihnen nicht und sagte, dass im Lager richtet; das weiß ich bestimmt. In der Kaserne ließ Haupt- niemand etwas zu suchen habe. mann Černý fünf Buben im Alter zwischen 14 und 15 Jah- ren erschießen. Alle waren Angehörige der Hitlerjugend. KOKEŠ: Wer war der Vorsitzende der Verwaltungskom- Sie flohen, aber die Wache fing sie ein 26. Es kam Haupt- mission in Postelberg, als die Hinrichtungen stattfanden? mann Černý, zu dem ich sagte, dass sie Fünfundzwanzig MAREK: Oberleutnant Zelenka, Reserveoffizier.

67 KOKEŠ: Wusste er davon, dass in der Kaserne hingerich- BUNŽA: Von irgendwelchen Folterungen außer denen an tet wurde? den SS-Männern ist Ihnen nichts bekannt? Besonders so- MAREK: Zu Beginn wusste das niemand von uns. fern es um Internierungslager geht? KOKEŠ: Es geht darum, ob es die Organe der Volksverwal- MAREK: Als ich Lagerkommandant in Saaz war, hatte ich tung (lidové správy) wussten? beim Tor Widerwärtigkeiten. Es bedrohte mich ein rus- sischer Offizier, der mich erschießen wollte. Ich rief den MAREK: Bevor die Postelberger sichergestellt wurden, [Standortkommandant] Major Fišer, der mich aus dieser erfolgte die Besetzung der Stadt. Die Stadt war wäh- Situation befreite. rend der Zeit, da die Sicherstellung durchgeführt wurde, hermetisch abgeschlossen. Die Verwaltungskommission STEHLÍK: Wurden in Postelberg irgendwelche Kinder er- durfte da nicht hineinreden. Zelenka sagte mir selbst: schossen? „Warum führen sie die Leute da ab?“ Ich sagte ihm: „Da- MAREK: Überhaupt nicht. Erschossen wurde nur eine für kann ich nichts, das sind die Soldaten.“ Ich selbst sagte Frau, Gattin eines höchsten Funktionärs. Ihr Mann floh zu Hauptmann Černý, dass mir das nicht gefällt. Darauf nach Karlsbad, kehrte dann aber zurück, und wir nahmen sagte er zu mir, dass er einen Befehl aus der höchsten ihn fest. Kommandantur des OBZ habe, möglichst viele Deutsche BUNŽA: Wie war das mit der Beschwerde von Petrov zu erschießen. [= Zícha] über den Standortkommandanten in Saaz? Was KOKEŠ: Wurden nach Ihrer Überzeugung auch irgendwel- sagte er zu Čupka? che Tschechen hingerichtet? MAREK: Als wir fuhren, um in Saaz die Konzentrierung MAREK: Ganz bestimmt nein. Ob vielleicht unter den Po- der Deutschen durchzuführen, beschwerte sich unter- stelbergern, dafür kann ich nicht garantieren, weil ich dort wegs Oberleutnant Petrov gegenüber Leutnant Čupka, er die Einteilung nicht durchgeführt habe, aber was die Saa- habe den Standortkommandanten [Duřt] in Saaz ersucht, zer betrifft: ganz bestimmt nein. an der Konzentrierung der Deutschen mitzuwirken. Dar- KOKEŠ: Sie sind also von Ihrem Nein bestimmt über- auf antwortete der Standortkommandant im Rang eines zeugt? Majors, er werde nichts dergleichen durchführen, weil er dafür keinen Befehl vom Verteidigungsministerium habe, MAREK: Es wurde von zweien gesagt, sie seien Tsche- und er werde ihm nicht gehorchen. Darauf sagte Čupka chen. Ein gewisser Parpela, der mit den 300 SS-Leuten zu Petrov, er müsse in dieser Sache nach Prag gehen. Ich aus Komotau kam. Er war jedoch Deutscher und Angehö- weiß, dass Petrov nach Prag fuhr und dass der örtliche riger der SS. Dann sprach man von Ledvina und Zázvorka, Standortkommandant ausgewechselt wurde. 27 die Deutsche waren und nach Laun ausgeliefert wurden. HOLUB: Was für eine Funktion hatte Leutnant Čupka? HOLUB: Kennen Sie nicht den Namen Karel Holý, der hin- gerichtet worden sein soll? MAREK: Ich kam mit ihm nicht viel in Berührung. Für mich war das ein notorischer Trinker. Er hielt große Disziplin MAREK: Der Name ist mir bekannt, aber ich kann mich [unter seinen Leuten], die unter ihm dienenden Soldaten nicht erinnern. sagten, dass sie nicht einmal einen Knopf nehmen [steh- HOLUB: Die Brüder Karban? len] durften. Auf der anderen Seite jedoch brachte er aus MAREK: Irgendein Karban war mit einer Deutschen ver- Prag Wein herangefahren, und wenn es zum Hinrichten heiratet, und als wir die Konzentrierung verkündeten, er- ging, waren diese Leute nicht mehr normal. hängte er sich vor dem Morgen. KÁCL: Herr Marek, warum ließ Sie der örtliche National- HOLUB: Řička? ausschuss in Leneschitz (Lenešice) im Jahre 1945 festneh- MAREK: Řička war Deutscher. men? HOLUB: Renner? MAREK: Festgenommen war ich drei Tage, und vom Volksgericht (lidovým soudem) wurde ich freigesprochen. MAREK: Das war ein Deutscher. KÁCL: Wann erhielten Sie ein Zeugnis der nationalen Zu- HOLUB: Eiselt, politischer Häftling? verlässigkeit? MAREK: Eiselt gab es eine Menge. Diesen kenne ich MAREK: Bisher habe ich es nicht. nicht. Als die Konzentrierung angekündigt wurde, gab es bis zum Morgen allein in Postelberg 33 Selbstmorde. BUNŽA: Warum haben sie abgelehnt, es Ihnen zu er­ Die Leichen der Selbstmörder wurden ordentlich begra- teilen? ben und das Ableben ordnungsgemäß in den Matrikeln MAREK: Ich habe es gar nicht beantragt. Erst jetzt, nach eingetragen. dem Verfahren beim Volksgericht.

68 KÁCL: Warum haben Sie die Bibliothek in Leneschitz ver- entbinde ich Sie jeglicher soldatischer Geheimhaltungs- brannt? pflicht. MAREK: Die Bibliothek sollte ich übernehmen. Es war ZÍCHA: Von der 4. Tschechoslowakischen Brigade wurde das zur Zeit des Protektorats. Bürgermeister Zeman wies ich in die 1. Tschechoslowakische Division in Prag über- mich an, aus der Bibliothek einige Sachen zu entfernen, nommen, wo ich zum Vertreter des Chefs der zweiten damit Leneschitz verschont würde. Aufklärungs- und Nachrichteneinheit gemacht wurde. In KÁCL: Verbrannten Sie die Bücher? dieser Funktion wurde ich Ende des Monats Mai, am 28. oder 29., nach Postelberg geschickt. Die erste Einheit war MAREK: Sie beschuldigten mich, ich habe sie verbrannt, bewaffnet, bestehend aus einer Reiterschwadron und ich habe sie jedoch nach dem Befehl des Bürgermeisters einem Zug mit Panzerwägen. Die zweite war die Aufklä- beseitigt. rungs- und Nachrichteneinheit. Diese Einheit vertrat ich STEHLÍK: Wann ist diese Klage gegen Sie geführt wor- bei der vorgeschobenen Division und zwar unter dem den? Pseudonym Oberleutnant Petrov. Dieses Pseudonym MAREK: Kurz bevor das Retributionsverfahren beendet wurde mir bei der 4. Tschechoslowakischen Brigade zu- war. Es wurde gegen mich ein Strafverfahren beim Volks- gewiesen. Bei der dritten Brigade gab es einen Abwehr- gericht in Brüx (Most) durchgeführt, das jedoch in diesem dienst, der unabhängig von diesen zwei Einheiten in Pos­ Jahr eingestellt wurde. telberg eintraf. Die führte Leutnant Čupka. /Verhandlung unterbrochen um 13.45 Uhr./ BUNŽA: Wie waren diese drei Einheiten räumlich verteilt? /Verhandlung wieder aufgenommen 15.10 Uhr./ ZÍCHA: Diese drei Einheiten bildeten den vorgeschobe- nen Stab der Division. Der Hauptstab der Division war in Jan Zícha (alias Oberleutnant Petrov) Prag. Ihr vorgeschobener Stab war in Postelberg. Ihr Kom- Aussage des Jan Zícha, Hauptmann (štábní kapitán) in mandant war der Oberstleutnant im Generalstab Buda. Saaz und Vorsitzender des ONV [Bezirksnationalaus- Der kam nach Postelberg gefahren und gab dieser Einheit schuss] ebendort 28 Befehle. Ich persönlich bekam die Befehle vom Chef der zweiten Abteilung, weil diese unabhängig arbeitete, und BUNŽA /nach Aufforderung zur Wahrheit und Feststel- zwar von einem Hauptmann Steiner, der sich jetzt Slovák lung der Personalien/: Herr Hauptmann, wo haben Sie bis nennt 31. Ende des Jahres 1938 gewirkt? BUNŽA: Wann kamen Sie nach Postelberg? ZÍCHA: An der [tschechischen] Minderheitenschule in Ober­leutensdorf (Horní Litvínov), dann in Habersbirk (Ha- ZÍCHA: Nach Postelberg kam ich am 28. oder am 29. Mai bertov) bei Falkenau (Falknov, später Sokolov), in Königs- abends. Oberstleutnant Buda kam anfangs nach Postel- berg an der Eger (Kynšperk na Ohří), in Tachau (Tachov) berg gefahren, später ließ er sich in Postelberg nieder. und Müglitz i. Schönhengstgau (Mohelnice). Ab 1. Sep- BUNŽA: Ab wann war Buda ständig in Postelberg? tember 1938 trat ich zum Dienst an der tschechoslowa- ZÍCHA: Etwa vom 4. oder 5. Juni 1945 an. kischen Auslandsschule in Rumänien an, kehrte während BUNŽA: Sie führten dann irgendeine Konzentrierung von der Mobilisierung am 28. September zurück, am 11. Okto- Deutschen beziehungsweise deren Abschub (odsun) durch. ber desselben Jahres heiratete ich und kehrte erneut nach Wann kam es zur ersten Konzentration (soustředění)? Rumänien zurück, wo ich an der tschechischen Auslands- schule tätig war. Am 1. Dezember 1939 meldete ich mich ZÍCHA: Dazu kam es gleich am Morgen, nachdem wir in zur Auslandsarmee bei General Píka 29 in Bukarest an. Postelberg angekommen waren. Die Einheit, die vor mir Von da an wirkte ich als Nachrichtenoffizier bei General angekommen war, gab mit dem Vorsitzenden der örtli- Píka. Ich ging in den Mittleren Osten, von da nach Indi- chen Verwaltungskommission [Zelenka] die Anordnung en, zurück nach Palästina. In die Sowjetunion kam ich am heraus, dass die Deutschen sich versammeln sollten. 1. Dezember 1944, war Offizier in der Ostarmee, mit der BUNŽA: Dort half Ihnen der Polizist Marek? ich über die Slowakei nach Prag zurückkehrte. Nach Prag ZÍCHA: Der kommt später an die Reihe. kamen wir um den 11. bis 12. Mai 1945. BUNŽA: Am nächsten Tag kam es zu der Konzentrierung? BUNŽA: Wann kamen Sie nach Saaz? ZÍCHA: Ja. ZÍCHA: Herr General, ich bitte, von der militärischen Ge- BUNŽA: Wie ist diese Konzentrierung verlaufen? heimhaltungspflicht entbunden zu werden. ZÍCHA: Die Deutschen bekamen den Befehl, 5, 6 oder General BROŽ [im Folgenden immer BROŽ] 30: Herr 7 kg Gepäck mitzunehmen und sich auf dem Marktplatz Hauptmann, für die Dauer Ihres Verhörs in diesem Raum zu versammeln. Aus ihnen wurden diejenigen herausge-

69 nommen, die für die Aufrechterhaltung der öffentlichen ZÍCHA: Das weiß ich nicht. Als wir diese Vorkommnisse Verwaltung und der Wirtschaft der Stadt unentbehrlich meldeten und die unkluge Durchführung dieser Angele- waren, die übrigen marschierten dann in die ehemalige genheiten, wurde ein Hauptmann Sommer dort hinge- Kaserne ab. schickt, der dort gemeinsam mit Čupka war, und der ar- BUNŽA: Wie viele Menschen waren dort auf dem Markt- beitete sich ein. platz versammelt? Das waren nur Männer? BUNŽA: Wie viele Hingerichtete gab es? ZÍCHA: Es waren dort Männer und Frauen. Die Frauen gin- ZÍCHA: Das weiß ich nicht. Ich habe nur eine einzige Sa- gen gemeinsam in die Kaserne, wurden dann zurückge- che gemeldet, von der ich wusste. In Postelberg schlief ich schickt, und es blieben dort nur Männer. zwei- oder dreimal. In einer Nacht konnte ich nicht schla- BUNŽA: Wie viele Männer blieben dort ungefähr zurück? fen, weil geschossen wurde. Früh traf ich bei der Schule ZÍCHA: Das ist schwer abzuschätzen. Ich müsste mich ir- mit dem Vorsitzenden der örtlichen Verwaltungskommis- ren, wenn ich irgendeine Zahl sagte. Vielleicht ließe sich sion zusammen, dem Schulleiter Zelenka, der mir zeigte, das aus den Verzeichnissen und Anmeldungen feststellen. dass neben der Schule irgendwelche Deutsche vergraben Es war angeordnet, dass sich alle Männer versammeln waren, die in der Nacht hingerichtet worden waren. Da mussten. das ein unpassender Platz war, meldete ich diesen Um- stand dem Hauptmann Steiner. KOKEŠ: Auch eine annähernde Zahl lässt sich nicht an­ geben? KÁCL: Schriftlich haben Sie das gemeldet? ZÍCHA: Ich würde sagen 600-700, aber garantieren kann ZÍCHA: Ich glaube sogar schriftlich. ich das nicht. BUNŽA: Die Exekution vollzog wahrscheinlich die Ein- KÁCL: Das war die gesamte männliche Bevölkerung von heit des OBZ, deren Kommandant Leutnant Čupka war. Postelberg? Sie führten irgendeine Konzentrierung in Wischkowa ZÍCHA: Ja. (Výškov), Ferbenz (Rvenice) und anderen Gemeinden durch? BUNŽA: Führten Sie in der Kaserne die Klassifizierung der Männer durch? ZÍCHA: Selbst erinnere ich mich an eine Konzentrierung in Wischkowa. Dort wurden die Deutschen zusammenge- ZÍCHA: Die Kaserne stand unter der Zuständigkeit des fasst und in die Kaserne in Postelberg abgeführt. Gleich Abwehrnachrichtendienstes [OBZ]. Unsere und spezi- danach, am zweiten oder dritten Tag, fuhr ich nach Saaz ell meine Aufgabe war es, die Konzentrierung vorzu- ab, um hier eine weitere Konzentrierung vorzubereiten. bereiten und dann später den Abschub. In der Kaserne Gleichzeitig war auch Ferbenz dabei, wo noch vor Wisch- bewachten Soldaten des Abwehrnachrichtendienstes kowa konzentriert wurde. die Deutschen, und dort wurde auch die Auswahl derer vorgenommen, die in der Stadt gebraucht wurden. Der BUNŽA: Könnten Sie noch etwas über die Gruppe in Pos­ Abwehrnachrichtendienst sonderte auch die aus, die der telberg sagen? Was geschah mit ihr? Was geschah mit den Mitgliedschaft bei der SS, SA usw. verdächtig waren. Frauen? Und genau hier tritt der Mann namens Marek in Erschei- ZÍCHA: Die Frauen in Postelberg blieben in den Woh­ nung, den sich der Abwehrnachrichtendienst als Infor- nungen. manten ausgesucht hatte. BUNŽA: Marek sagte, dass für sie im Fasanengarten ein BUNŽA: Wie sind sie auf ihn gekommen? Lager eingerichtet wurde. ZÍCHA: Er war Polizeireferent [bei der MSK] in Postelberg. ZÍCHA: Das war später. Ursprünglich waren sie in der Ka- BUNŽA: Bei der Einteilung wurden manche in ihre Berufs- serne. Dann errichtete der örtliche Nationalausschuss im tätigkeit zurückgeschickt. Was geschah mit dem Rest? Fasanengarten aus irgendeinem Lager eine Zentralsam- ZÍCHA: Das ist Sache des Abwehrnachrichtendienstes. melstelle (sběrné středisko). Es war dort ein Angehöriger des SNB [Volkspolizei], der das Sammellager verwaltete. BUNŽA: Ist Ihnen bekannt, dass sie erschossen wurden? Dorthin wurden die Frauen verlegt. In diese Unterkünfte ZÍCHA: Ja. wurden später die in der Kaserne gebliebenen Männer BUNŽA: Wer gab dazu den Befehl? verlagert, als die Kaserne nach der Konzentrierung der ZÍCHA: Unsere Aufgabe war es nicht, sich dafür zu inter- deutschen Bevölkerung von Saaz freigemacht werden essieren. musste. Dr. VANĚK [im Folgenden ohne Titel] 32: Wer war dort der BUNŽA: Sie führten dann die Konzentrierung in Saaz Kommandant des Abwehrnachrichtendienstes? durch?

70 ZÍCHA: Ich glaube, gleich am zweiten Tag nach der Kon- und die, die bei der Überprüfung nicht [als Tschechen] an- zentrierung in Postelberg traf Herr Oberst Čermák von der erkannt wurden, traten an und wurden nach Postelberg in 1. Division, jetzt Kommandeur in Kaaden (Kadaň), dort die freigeräumte Kaserne abgeführt, wo sie der Abwehr- ein, und mit ihm zusammen fuhr ich nach Saaz ab. Der nachrichtendienst übernahm. brachte alle Instruktionen darüber mit, wie der Abschub in BUNŽA: Wie viele von ihnen gingen nach Postelberg? Vereinbarung mit dem Befehlshaber in der sowjetischen ZÍCHA: Das ist schwer zu sagen. Zone durchgeführt werden sollte. Wir fuhren nach Saaz BUNŽA: Gingen Sie mit ihnen in die Kaserne? ab, und hier bereiteten wir mit der Standortkommandan- tur – der Kommandant war hier Oberstleutnant Duřt – und ZÍCHA: Dorthin fuhr ich erst am Abend, weil ich mit der mit der örtlichen Verwaltungskommission [unter Antonín Arbeit auf dem Rathaus beschäftigt war. Rožka] die Konzentrierung der Deutschen in Saaz vor. BUNŽA: Hier im Gefängnis waren einige Deutsche, es wa- BUNŽA: Als Sie nach Saaz fuhren, war da Leutnant Čupka ren ungefähr 54, die auch mitgenommen und nach Pos­ mit Ihnen zusammen? telberg abgeführt wurden. Erinnern Sie sich daran nicht? ZÍCHA: Der fuhr erst bei der Konzentrierung hin, keines- ZÍCHA: Davon weiß ich nichts. wegs zu dieser Verhandlung. Damals fuhr weder Čupka BUNŽA: Gaben Sie keine Befehle? noch Marek mit uns. Damals hatte Saaz zwei Standort- ZÍCHA: Ich habe überhaupt keine Befehle gegeben. Als kommandanten und zwar einen tschechoslowakischen ich später in die Kaserne fuhr, um einige Sachen zu erle- und einen sowjetischen. Es war dort der Sitz, ich weiß nicht digen, wie die Rückholung einiger Deutscher nach Saaz, welches Truppenteils, und dessen Kommandeur war zu- die die örtliche Verwaltungskommission anforderte, und gleich Standortkommandant. Weil wir durch die Konzen- ähnliches, traf ich jedesmal mit Marek zusammen, der trierung in den Bereich des sowjetischen Kriegsgebietes Kommandant der Kaserne geworden war. eingegriffen hätten, musste die Sache mit dem Komman- BUNŽA: Wie verlief die ganze Sache weiter? Was geschah danten des gorod [russisch: „Standort“] erörtert werden. mit diesen Männern? Der Kommandant gab seine Zustimmung zur Durchfüh- rung der Konzentrierung und gab seinen Einheiten den ZÍCHA: Ich nehme an, dass sie die überprüften. Sie befah- Befehl, sich für einige Tage aus Saaz zu entfernen, damit len ihnen, die Hemden auszuziehen, sie suchten SS-Män- es hier nicht zu irgendwelchen Konfliktsituationen käme, ner. Die, die überprüft waren, kehrten nach Saaz zurück, die der tschechoslowakische Standortkommandant nicht wo ein zentrales Sammellager errichtet war. hätte beherrschen können. Deswegen gingen auch die BUNŽA: Manche wurden nach Brüx geschickt? sowjetischen Soldaten für eine Woche aus Saaz weg, und ZÍCHA: /stimmt zu/. wir vereinbarten mit der örtlichen und der Bezirksverwal- BUNŽA: Manche wurden erschossen. tungskommission, dass diese Konzentrierung im Lauf von ZÍCHA: Das ist möglich, aber davon weiß ich nichts, in zwei, drei, bis zu vier Tagen durchgeführt würde. Diese Pos­telberg war ich nämlich nicht mehr. Dort fuhr ich nur Dinge mussten wir mit der örtlichen Verwaltungskommis- [ab und zu] hin. sion erörtern, weil das im Interesse der Stadt erforderlich BUNŽA: Erstatteten Sie darüber nicht Meldung? war. Die Stadt musste ein Verzeichnis vorbereiten, welche Kräfte sie dringend benötigte, der Plan für die Konzentrie- ZÍCHA: Nein, weil ich nichts davon wusste. rung musste vorbereitet werden, ebenso für ein zentrales BUNŽA: Nicht einmal Čupka sagte Ihnen, wie viele von ih- Sammellager, was alles eine bestimmte Zeit erforderte. nen sie erschossen haben? Ich glaube, innerhalb einer Woche sind wir erneut hier- ZÍCHA: Von den Soldaten habe ich gehört, dass sie im Fa- her [nach Saaz] aufgebrochen, und ich meine, dass auch sanengarten erschossen worden sein sollen, aber Näheres Čupka und Marek mit uns fuhren. Es waren alle Deutschen ist mir davon nicht bekannt. männlichen Geschlechts versammelt. Man verfuhr dabei BUNŽA: Hat Marek dabei mitgewirkt? ähnlich wie in Postelberg. Die Versammelten wurden im Saazer Rathaus überprüft. ZÍCHA: Der war ständig dort. BUNŽA: Agierten dort die zwei Offiziere vom OBZ,Ehren - BUNŽA: Wer gab die Anweisungen, wie das selektiert (se- haft und Löwenbein? skupovat, „gruppiert“) werden soll? ZÍCHA: Das weiß ich nicht. Bei der Organisation auf dem ZÍCHA: In der Kaserne richtete sich das ausschließlich der Rathaus bemühten wir uns, die Leute tschechischer Ab- OBZ ein. Was Saaz betrifft, vollzog ich Interventionen, stammung nicht warten zu lassen, zugleich sorgte jedoch wenn jemand herausgeholt werden musste. die militärische Einheit, die Saaz absicherte, dafür, dass BUNŽA: Sie gaben niemandem Passierscheine? Hier wird niemand weglief. Sie hatte hier einen gepanzerten Zug, nämlich behauptet, dass Marek sich bei Ihnen zugunsten

71 irgendeines Kutschers und irgendeines Verwalters aus der ZÍCHA: Um die Wahrheit zu sagen, als wir ihn mit Oberst Brauerei eingesetzt habe, damit sie freigestellt würden? Čermák besuchten, machte er auf uns keinen guten Ein- ZÍCHA: Es ist möglich, dass ich geschrieben habe, sie soll- druck. Es war der Oberstleutnant Duřt. Auch bei der Ver- ten sie freistellen. In diesen Dingen wandten sie sich oft handlung mit dem sowjetischen Ortskommandanten an mich. Speziell erinnere ich mich an die hiesige [Saazer] stellten wir fest, dass Duřt mit ihm kein gutes Verhältnis Brauerei, die mir verdankt, dass sie ihre Tätigkeit aufneh- hatte. So sagte zum Beispiel dieser bei der Unterredung men konnte. Für sie ließ ich eine Reihe von Leuten frei- mit diesem unseren Kommandanten, dass sie sich nicht stellen. kennen. Um sich kennenzulernen, musste der russische Kommandant zur Vorstellung kommen. Wir mussten mel- BUNŽA: In welchem Verhältnis standen Sie zu Čupka? den, dass diese Zusammenarbeit von [Seiten des] Oberst- ZÍCHA: In keinem, ich kam mit ihm nur dienstlich in leutnant Duřt nicht klappt. Sonst hatten wir mit ihm keine Kontakt. Differenzen. BUNŽA: Zu Hauptmann Černý? BUNŽA: Hatten Sie eine Auseinandersetzung mit irgend- ZÍCHA: Mit dem war ich bekannt und hatte mit ihm im einem Kommandanten, weil er Ihnen die Besatzung nicht Ganzen ein freundschaftliches Verhältnis. zur Verfügung stellen wollte? BUNŽA: In welchem Ruf stand Čupka? ZÍCHA: Herr Oberstleutnant Duřt brachte dazu keine gro- ZÍCHA: Er hatte viele dienstliche Unannehmlichkeiten. Als ße Lust zum Ausdruck. Soldat war gegen ihn nichts einzuwenden. Was sein Ver- halten und die lockeren Sitten der ihm zugeteilten Solda- HOLUB: Hauptmann Černý konnte in die Angelegenhei- ten betrifft, gab es gegen ihn Vorbehalte, und sie brachten ten von Leutnant Čupka eingreifen? ihm viele Unannehmlichkeiten ein. Sein soldatisches Auf- ZÍCHA: Der stand mit ihm in einem sehr guten Verhältnis. treten war gut. Čupka war sehr hart. BUNŽA: Hier wurden einige Personen bei der Konzentrie- HOLUB: Hier hat uns jemand gesagt, dass Černý den Be- rung erschossen. fehl zur Erschießung von ungefähr vier Buben in Postel- ZÍCHA: Ich hörte von irgendeiner Erschießung (postřílení, berg gegeben hat. „Schießerei“) während der Konzentrierung. Ich selbst war ZÍCHA: Das ist möglich. aber die ganze Zeit hindurch im Rathaus, wiewohl später anonyme Schreiben gegen mich geschickt wurden, wo- BUNŽA: Weiter war dort auch ein gewisser Unterleutnant nach ich irgendjemand erschossen haben soll. Hätte ich Farkaš. das getan, würde ich mich dazu bekennen, weil ich einen ZÍCHA: Den kannte ich. Ich lernte ihn in Saaz kennen. Er Grund fände, warum ich es getan hätte. Ich hatte jedoch war beim Abwehrnachrichtendienst und wurde später, ich nichts damit zu tun, weil ich während der ganzen Dauer weiß nicht genau wann, Kommandant des hiesigen zent- der Konzentrierung im Rathaus war und auch keinen Be- ralen Sammellagers in Saaz. fehl zu einer Erschießung gegeben habe. BUNŽA: Der soll sich Misshandlungen deutscher Frau- BUNŽA: Wissen Sie nichts darüber, dass nach Postelberg en zuschulden kommen lassen haben. Wissen Sie davon Angehörige der SS aus Komotau zugeführt worden sein nichts? sollen und dass sie dort brutal misshandelt und gefoltert und dann erschossen worden sein sollen? ZÍCHA: Ich weiß, die Sache haben wir untersucht. Es wurde gemeldet, dass er bei der Durchsuchung zwecks ZÍCHA: Der Bereich der 1. Division erstreckte sich weiter Sicherstellung dessen, was diese Frauen bei sich hatten als heute und kreuzte sich mit der Grenze der 12. Divi- – es ging um irgendwelche Fotoapparate –, im Verdacht sion in Leitmeritz (Litoměřice). Auch Tetschen (Děčín) stand, er habe die Frauen sich ausziehen lassen, während und Aussig (Ústí nad Labem) gehörten teilweise unter er die Durchsuchung dieser Frauen durchführte. Dagegen die Abwehrnachrichtentätigkeit von Čupka, und es ist erhoben einige zivilen Organe aus Saaz Einspruch. Auf- gut möglich, und ich weiß, dass Čupka diese Bereiche grund dieser Berichte wurde Unterleutnant Farkaš sofort befuhr, aber dass sie irgendwelche Deutschen [von dort] seiner Funktion entbunden. hier hergebracht hätten, davon weiß ich nichts. BUNŽA: Von irgendwelchen Misshandlungen oder Ge- BUNŽA: Auch davon wissen Sie nichts, dass sie gefoltert walttätigkeiten wissen Sie nichts? und erschossen wurden? ZÍCHA: Davon weiß ich nichts. ZÍCHA: Im Einzelnen weiß ich davon nichts. BUNŽA: Wie kommen Sie mit dem hiesigen Ortskom- BUNŽA: Bekamen Sie etwas heraus, als Sie die Sache un- mandanten aus? tersuchten?

72 ZÍCHA: Ich erinnere mich, dass Farkaš das damit begrün- BUNŽA: Gaben Sie Marek den Befehl, hundert Schaufeln dete, dass Apparate gefunden wurden und er eine norma- und hundert Hacken zu beschaffen? le Durchsuchung machte. ZÍCHA: Auf keinen Fall. LUKEŠ: Herr Vorsitzender [des Bezirksnationalausschus- BUNŽA: Wissen Sie nicht, wer einen solchen Befehl gab? ses], wie war Ihr dienstliches Verhältnis zu Marek? ZÍCHA: Davon ist mir nichts bekannt. ZÍCHA: Im Ganzen gab es ein dienstliches Verhältnis gar BUNŽA: Als Saaz zum Zwecke der Konzentrierung be- nicht, weil aus nichts eines herzuleiten war. Aus nach- setzt wurde, drang die Fußtruppe in die Gassen ein, und richtendienstlicher Sicht bestand ein Aufsichtsverhältnis es soll der Befehl ausgegeben worden sein, dass wer sich [Aufsicht durch Zícha]. widersetzt, erschossen werden soll. Wurde ein solcher Be- LUKEŠ: Er behauptet, er sei Oberleutnant Petrov [also fehl erteilt? ihm, Zícha] zugeteilt worden, und Sie hätten ihm Befehle ZÍCHA: Es ist möglich. erteilt. BUNŽA: In Saaz waren irgendwelche Personen im Be- ZÍCHA: Er wurde mir nicht zugeteilt. Ihm war die Organi- zirksgericht untergebracht, es waren das irgendwelche sation nicht klar. Amtsträger der Organisation NSDAP. Diese Personen LUKEŠ: Er sagt, dass Sie ihm während der Durchführung sollten gleichzeitig herausgenommen und auf Ihren Be- der Konzentrierung in Saaz den Befehl gegeben hätten, fehl angeblich nach Postelberg abgeführt werden. Schlie- dass jeder, der sich auflehnte, zu erschießen sei. ßen Sie das aus oder erinnern Sie sich daran nicht? ZÍCHA: Ihm war die Organisation nicht klar, und ich teilte ZÍCHA: Ich schließe das nicht aus. Wenn der Befehl laute- doch keinesfalls Herrn Marek die militärische Organisa­ te, dass sich alle männlichen Parteiangehörigen versam- tion des Stabes der vorgeschobenen Division mit. meln sollten, dann galt das gewiss auch für die im Gefäng- LUKEŠ: Welchen Eindruck hatten Sie von ihm? nis eingesperrten. ZÍCHA: Am Anfang hatten wir einen sehr guten Eindruck, BUNŽA: Haben Sie von niemandem gehört, dass unter aber dann erkannten wir, dass manche Einmischungen den Personen, die erschossen wurden, auch eine Person und Ratschläge sich aus seinem Aufenthalt in dieser Ge- tschechischer Nationalität gewesen wäre? gend ergaben. Wir kannten die Leute nicht und hatten ZÍCHA: Es ist möglich, das gestehe ich zu. an ihnen kein Interesse. Er fügte dem einen Schaden zu, den anderen hob er hervor [half ihm]. Beweisbar ist das BUNŽA: Aus welchem Grund gestehen Sie das zu? jedoch nicht. Das, was ich sage, ist mein persönlicher ZÍCHA: Es geschah alles in einem großen Chaos, und ich Eindruck. persönlich nahm nie an, dass die Überprüfung, die durch- BUNŽA: Marek sagte uns, dass die Konzentrierung in Pos­ geführt wurde, vollständig und gründlich war, und machte telberg auf Ihren Befehl hin erfolgte. deswegen darauf aufmerksam. ZÍCHA: In Saaz hatte ich für die Konzentrierung zu sorgen, BUNŽA: Konkret wissen Sie von nichts? aber in Postelberg war ich nicht damit befasst. Dorthin ZÍCHA: Das weiß ich nicht. Auf der anderen Seite schlie- kam ich erst am Schluss gefahren, als die Sache schon er- ße ich jedoch die Möglichkeit aus, weil bei der Konzen- ledigt war. trierung alle aufgefordert wurden, dass die, die sich zur BUNŽA: Man sagt, dass die Leute dorthin irgendwelche tschechischen Nationalität bekennen, hervortreten soll- Sachen mitbrachten. Sie nahmen auch Wertgegenstän- ten, und die wurden an einer anderen Stelle versammelt. de mit, wurden in die Kaserne getrieben, und es war eine Falls es zu diesem Fehler gekommen sein sollte, dann ging Durchsuchung, bei der Wertsachen eingesammelt wur- es in keinem Fall um eine Person, die sich stets offen zur den. Was ist mit diesen Wertsachen danach geschehen? tschechischen Nationalität bekannt hätte. Dann war das mit Sicherheit ein strittiger Fall. Wie in Postelberg so auch ZÍCHA: Es übernahm sie der Abwehrnachrichtendienst. hier [in Saaz] und noch bei der Abschiebung praktizierte BUNŽA: Sie waren nicht dabei? man es so, dass die tschechische Nationalität immer be- ZÍCHA: Ich war nicht dabei. tont wurde und dass immer gesagt wurde, dass Personen BUNŽA: Wirkten Sie dabei mit, als hier irgendwelche mit tschechischer Nationalität sich melden sollten. Schmuckstücke eingesammelt werden sollten? BUNŽA: Marek sagte, dass man das nach den Dokumen- ZÍCHA: Die Sachen wurden eingesammelt und in Kis- ten feststellte. ten abgeliefert. Während die Konzentrierung in Saaz im ZÍCHA: Nach dem Heimatschein oder anderen Papieren, Gange war, trat in Postelberg der Chef des Generalstabs, und wer nichts hatte, der wurde nach Anhören von Altein- Oberstleutnant Buda auf, der alle diese Dinge ordnete. gesessenen beurteilt. Das waren erstklassige Tschechen.

73 LUKEŠ: Wer war das? KOKEŠ: Es wurde hier davon geredet, dass hier Wertsa- ZÍCHA: Ich wüsste mich schwer zu erinnern, aber ich weiß, chen angesammelt waren, und dabei wurde auch von dass sie daran beteiligt waren. Ihrer Person gesprochen. Kamen Sie mit diesen Dingen BUNŽA: Geschah dasselbe auch in Postelberg? irgendwie in Berührung? ZÍCHA: Selbstverständlich. Dort wurde Herr Marek hin- ZÍCHA: Das weise ich ganz und gar zurück und verlange zugezogen, der die Verlässlichkeit der Postelberger be- eine Sicherheitskommission des Parlaments, damit die, zeugte. Hier [in Saaz] war damals Herr Rožka. Einige die an der Verbreitung solcher Nachrichten beteiligt wa- Tage später, und in Saaz zum Beispiel schon am nächsten ren, gerecht bestraft werden. Wenn hier jemand solche Tag nach der Konzentrierung und Abschiebung der Deut- Nachrichten abgeladen hat, muss er sie aus irgendeiner schen nach Postelberg, wurden Verzeichnisse von Anti­ Quelle haben. faschisten vorgelegt und die Antifaschisten nach Saaz BUNŽA: Wir bekommen Nachrichten als Abgeordnete, zurückgeschickt. und die Verhandlung wird geheim und vertraulich geführt. KÁCL: Die vorher verhörten Zeugen betonten die Zu- ZÍCHA: Erlauben Sie, dass ich dazu sage, dass wir uns stimmung der Bürgerschaft zum Abschub der Deutschen, hier das ganze Jahr abrackern, und heute sieht jeder die aber sie verwiesen auf die Nichtzustimmung zu der Art Ergebnisse unserer Arbeit. Auf einmal fängt man hier mit und Weise der Durchführung. Der eine Zeuge unterstrich der nachrevolutionären Zeit an, die Leute öden uns mit das mehr, der andere weniger. Und nun zur Rückkehr der derartigen Nachrichten an, schicken anonyme Briefe an unentbehrlichen Leute in das Berufsleben. Nach Ihrer das Innenministerium, den ZNV (Zemský Národní Výbor, Aussage, Herr Hauptmann, wurden die Benötigten vorher „Landesnationalausschuss“), die Kanzlei des Präsidenten ermittelt und schon hier in Saaz belassen. Nach der Aus- der Republik. Wie wollen Sie, dass ein Mensch dann hier sage eines vorhergehenden Zeugen wurde die gesamte arbeiten soll? Einwohnerschaft zusammengetrieben und nach Postel- BUNŽA: Dafür ist diese Kommission hier. berg geschafft, und erst als sich hier in Saaz ein dringen- ZÍCHA: Aber der Eindruck bleibt immer. Auch wenn Sie der Bedarf herausstellte, wurden die für den Betrieb er- erklären, dass Sie die Verhandlung geheim durchführen, forderlichen Kräfte zurückgebracht. Es ist das zwar nichts kann ich Ihnen versichern, dass die ganze Stadt Saaz mit Wesentliches, aber es ist interessant, dass zwei Zeugen Interesse den Vorsitzenden des Bezirksnationalausschus- dieselbe Sache so unterschiedlich schildern können. ses [ONV] beobachtet hat, wie er zum Bezirksgericht ZÍCHA: Ich würde das nicht ausschließen. Ich habe nicht schreitet und überall erzählt wird, dass sie diesen Vor- behauptet, dass es hier zu irgendeinem Chaos gekommen sitzenden in Handschellen abführen. Solange dabei nur sei. Aus dem Postelberger Fall sammelten wir Erfahrun- die Funktion des Vorsitzenden des Bezirksnationalaus- gen. Dort sind Fehler passiert. Auf die wurde aufmerksam schusses berührt ist, ist das eine Sache der Partei. Mich gemacht und betont, dass es bei der Konzentrierung nö- berührt diese Sache jedoch auch persönlich. Wenn ich an tig ist, Rücksicht zu nehmen auf Fragen wirtschaftlicher irgendwelchen Übergriffen gegenüber Deutschen betei- Natur, auf die öffentliche Verwaltung und ähnliches. Hier ligt gewesen wäre, dann würde ich das eingestehen. Das in Saaz legten manche Betriebe Verzeichnisse vor. Wenn Gewissen würde mich nicht schmerzen. Aber es liegt nicht irgendein Industriebetrieb jemand benötigte, gab er mir in meiner Natur, solche Dinge zu begehen. Mich schmerzt eine Liste, und ich veranlasste in Postelberg, dass diese die Sache, die Herr Abgeordneter Dr. Kokeš erwähnt hat. Leute freigestellt wurden. Das ist eine persönliche Sache. KÁCL: Wurden die Betriebe vorher aufgefordert, Ver- KOKEŠ: Deshalb sind wir hier, damit wie diese Angele- zeichnisse vorzubereiten? genheit untersuchen, damit diejenigen, die beschmutzt ZÍCHA: Wir besprachen die Sache und setzten bestimmte wurden, Genugtuung bekommen, und damit wir danach Punkte fest. einen Punkt machen können. KÁCL: Ich hörte von Tschechen, dass sie auf den Markt- BUNŽA: Es geht uns um die hingerichteten Deutschen, platz getrieben wurden und dort bis zum Abend standen, weil die Tuschelei aus diesen Dingen eine große Num- bevor sie an die Reihe kamen. Den ganzen Tag standen sie mer macht (rozvádí do velikých čísel). Wir wollen die Sa- und wussten nicht, was mit ihnen geschehen würde. che erfassen, damit wir sagen können, dass wir die Sache ZÍCHA: Stellen Sie sich vor, dass sich hier einige tausend untersucht haben und dass die Sachlage so und so aus- Leute versammeln, davon einige hundert Tschechen. Die sieht. Wenn hier die Veruntreuung staatlichen Eigentums Leute kennen sich nicht, denn unter ihnen waren viele erwähnt worden ist, so ist das nicht der Zweck dieser Leute aus dem Landesinneren. Und nun sollte schnell eine Untersuchung. Das sind allgemeine Strafsachen, die wir Überprüfung durchgeführt werden. nicht ermitteln werden, nur vielleicht in dem Zusammen-

74 hang, dass jemand eine bestimmte Anzahl Deutscher ge- vor und verlangte, dass auf Veranlassung der Militärver- schnappt (sebral) und ihnen ihr Eigentum weggenommen waltung eine Untersuchung eingeleitet würde. hätte. Ich verstehe, dass Sie von Ihrer Funktion her betrof- BUNŽA: Wie sollte nach Ihrem Ersuchen die Militärver- fen sind. waltung die Untersuchung durchführen? KOKEŠ: Ist Ihnen vielleicht bekannt oder haben Sie ge- ZÍCHA: Zum einen ersuchte ich die Militärverwaltung, hört, dass jemand, der an den Hinrichtungen beteiligt zum anderen den Abwehrnachrichtendienst [OBZ], und war, etwa sein Süppchen kochte und seinen persönlichen zwar persönlich. Ich war beim Landesnationalausschuss Feind beseitigen ließ? [ZNV] und beim Referat des Innenministeriums und er- ZÍCHA: Nein suchte um eine Untersuchung. Von Oberst Reicin 35 wurde KOKEŠ: Es wurde behauptet, dass dabei persönliche mir mitgeteilt, dass beim Innenministerium Beratungen Rechnungen beglichen wurden. stattfinden, nach denen nicht nur Saaz, sondern -die Er ZÍCHA: Genauso so, wie ich es über Marek gesagt habe, eignisse im ganzen Grenzland auf irgendeine rechtliche war es noch charakteristischer im Fall Reiser 33. Ing. Reiser Grundlage gestellt werden sollten, ich sollte abwarten, kam aus Polen hierher, war ursprünglich Pole, konnte aber Saaz würde in den Rahmen perfekt Tschechisch sprechen und gewann großes Ver- der Arbeiten einer Untersu- trauen bei der örtlichen Verwaltungskommission. Dieser chungskommission einbezo- Mensch war der selbsternannte Leiter der Volkspolizei (ná- gen, die eingerichtet würde. rodní bezpečnosti) in Saaz, und später wurde er Leiter der BUNŽA: Hier wurde die Fra- sog. Sammelzentralstelle (sběrných středisek), wo er über ge gestellt, ob Sie etwas die Unterbringung der Deutschen zu entscheiden hatte. davon wissen, dass in Saaz Dieser Mensch ist Meldungen zufolge Sekretär von Herrn irgendein höherer Geistli- [Wenzel] Jaksch 34 in Frankfurt am Main in Deutschland cher 36 auf Ihre Anordnung und arbeitet dort in dessen Stab. Er ist Morphinist und ar- erschossen wurde. Wissen beitet im Stab für Flüchtlinge (uprchlíků) und hilft Jaksch, Sie davon etwas? Nachrichten aufzutreiben. In der letzten Zeit fingen wir ei- ZÍCHA: Davon weiß ich nige Briefe ab, aufgrund deren die Staatssicherheit (státní nichts. Das schließe ich völlig bezpečnost) eingeschritten ist. In diesen Briefen wird of- aus. Ich bin selbst römischer fen über irgendwelche Eingriffe der Militärverwaltung in Katholik, und mein Erstes Brüx, Saaz und Prerau (Přerov) geschrieben. Dieser Mann in Postelberg war es, dass wurde von unseren Organen verhaftet und in das Gefäng- ich aus den versammelten nis des Bezirksgerichts verbracht. Ich weiß nicht, warum Deutschen römisch-katholi- er später freigelassen wurde. In der Haft verabreichten sie Oberstleutnant Bedřich Reicin sche Geistliche aussonderte. als OBZ-Kommandant (Foto: VÚA) ihm Morphium, damit er nicht stirbt. Nach der Revolution Ein solcher Geistlicher wurde hat er es hier bunt getrieben. Er ist ehemaliger SS-Mann, von mir auf dem Marktplatz auf rätselhafte Weise gelangte er in die Abschiebung (do aus der ganzen Menschenmenge ausgesondert. Schon odsunu) und somit nach Deutschland. Ich habe den Ein- aus der Aufgabenverteilung (rozvrstvení, „Verteilung“) druck, dass dieser Kerl solche Dinge [wie die Begleichung unter den Einheiten, die es in Postelberg gab und wei- offener Rechnungen] bewirken und so sein Süppchen ko- ter in Funktion blieb, ist klar, dass ich, selbst wenn ich es chen konnte. Ansonsten kannten sich die Soldaten mit gewollt hätte, diesen Befehl nicht geben konnte. Ich war solchen Dingen nicht aus und hatten zu niemandem [von der Nachrichtenoffizier der zweiten Abteilung, hatte kei- den Einheimischen] irgendeine persönliche Beziehung. ne Vollzugsgewalt, keine Möglichkeit zu befehlen, hatte KOKEŠ: Sie sind über diese Dinge verhört worden, einmal keinerlei Truppe für die Exekutive,­ höchstens vielleicht von den Militärbehörden, zum anderen von den Organen die Möglichkeit, beratend zu wirken. Das alles konnten des Innenministeriums. Hauptmann Černý oder Leutnant Čupka durchführen. ZÍCHA: Organe des Innenministeriums, teilweise auch; BUNŽA: Sprachen Sie nach der Hinrichtung in Postelberg sofern es um den anonymen Brief ging, von der Militär- mit Černý oder mit Čupka? verwaltung. ZÍCHA: Ich sprach darüber mit Černý, und sofort danach KOKEŠ: Dem Inhalt nach sind die Protokolle [der Verhöre] fuhr ich nach Prag, wo wir die Sache mit [Hauptmann] mit Ihnen unvollständig? Steiner durchsprachen und uns darauf einigten, dass eine ZÍCHA: Ich fühlte mich durch das Militärgeheimnis gebun- solche Sache auf keinen Fall in der Zukunft [nochmals] ge- den. Ich begab mich zum Hauptstab, trug dort die Sache schehen darf.

75 BUNŽA: Trotzdem hat sie sich in Saaz wiederholt. schusses in Saaz gewählt und bin hier auch die Garnison. ZÍCHA: Das ist schwer zu erklären. Die Einheit vom Ab- Abschließend bitte ich darum, dass die Parlamentskom- wehrnachrichtendienst war unabhängig. Niemand hatte mission nach Beendigung des Verfahrens über die Sache das Recht, sie einzuschränken, sie wurden direkt geleitet, einen Bericht herausgibt. bekamen ihre Befehle von ihren übergeordneten Kom- BUNŽA: Der Bericht wird herausgegeben. mandeuren. BUNŽA: Als Sie mit dieser Vorgehensweise nicht einver- Josef Heinrich Baukhabe standen waren – es geht um internationale Gründe, wir Aussage des Josef Heinrich BAUKHABE, Katechet in Po- fassen das auch so auf, dass man diese Methoden nicht stelberg Nr. 364. anwenden kann –, warum wirkten Sie nicht darauf hin, /deutsch/ dass sich das nicht wiederholt? Sie hätten doch einschrei- ten können, damit sich das nicht mehrmals wiederholt. KOKEŠ: /nach Ermahnung zur Wahrheit und Feststellung Marek sagt uns hier, dass fünf Tage danach 500 bis 600 der Personalien/: Sagen Sie uns alles, was Sie von den Er- Leute erschossen worden sind. Warum hat man dem nicht eignissen wissen, die in Postelberg in den Monaten Juni Einhalt geboten? und Juli 1945 geschehen sind. Der Herr Abgeordnete Dr. Bunža hat Sie als Zeugen vorgeschlagen. Wir wollen er- ZÍCHA: Das ist schwer zu sagen. Als Nachrichtenoffizier mitteln, was dort geschehen ist und wie es geschehen ist. hatte ich kein Weisungsrecht. BAUKHABE: Anfang Mai 1945 schickte uns unsere vor- BUNŽA: Ich denke, dass es hier eine gewisse Konsequenz gesetzte Behörde aus Leitmeritz (Litoměřice) einen war, dass man nichts tat, dass man nicht zu [Oberstleut- Flüchtling namens Dr. von Hülsen als Administrator nach nant im Generalstab] Buda sagte: „Ordne an, dass Černý Postelberg. Dr. Hülsen übernahm sein Amt am Abend, und Čupka das nicht tun“. bevor die russischen Soldaten eintrafen. Dr. Hülsen war ZÍCHA: Das folgte schnell aufeinander. Wenn ich das heu- Administrator bis Anfang November 1945. Ende Mai 1945 te zu tun hätte, würde ich es besser machen. Stellen Sie kam ich in das Internierungslager in Postelberg, obwohl sich das Chaos bei der Prager Division vor, die den gan- ich während des Hitler-Regimes 13 Monate im Konzen­ zen Abschnitt bis Tetschen (Děčín) und Karlsbad (Karlovy trationslager in Karlsbad (Karlovy Vary) eingesperrt war. Vary) hatte. Da gab es viele Sorgen, bis es Buda gelang, Als Katechet war ich damals schon in Pension und hatte es in die Hand zu bekommen. Es war am 5. bis 6. Juni und daher mit der Sorge um die Angehörigen der römisch- unmittelbar danach, dass sich Buda entschied, nach Pos­ katholischen Kirche nichts zu tun. Im Internierungslager telberg zu gehen und die Dinge am Zügel zu halten. In war ich bis Hälfte Juli 1945, und zwar im Postelberger Fa- Pos­telberg war auch General Procházka. sanengarten. Was sich während dieser Zeit in Postelberg BUNŽA: Da war Čupka noch in Funktion? ereignete, weiß ich nicht. Als ich entlassen wurde, war al- ZÍCHA: Er war noch in Funktion, aber es war dort [Haupt- les ruhig. Wer es einrichtete, dass ich entlassen wurde, ist mann] Sommer, von dem man erwartete, dass er es über- mir nicht bekannt. Ich vermute, dass es durch eine Ent- nehme. Nach der Konzentrierung in Saaz fuhr ich auf Ur- scheidung des örtlichen Nationalausschusses geschah. laub nach Südböhmen zu meiner Mutter und kehrte nach Als ich aus dem Internierungslager zurückkehrte, stellte etwa einer Woche zurück. Während dieser Zeit waren ich fest, dass meine Wohnung von tschechoslowakischen schon in Postelberg sowohl [Oberstleutnant] Buda wie Offizieren besetzt war, und deshalb ließ ich mich auf der auch General Procházka und Hauptmann Steiner. Nach Dechanei nieder. meiner Rückkehr widmete ich mich der nachrichtendienst- KOKEŠ: Was können Sie uns über die Ereignisse in Pos­ lichen Arbeit und richtete ein Netz in diesem Abschnitt ein. telberg sagen? Am 12. Juli 1945 wurde ich als Adjutant zum Chef des Ge- BAUKHABE: Was in Postelberg im Lager geschehen sein neralstabes Boček [im Verteidigungsministerium] gerufen, soll, davon ist mir aus eigener Beobachtung nichts be- und damit beendete ich hier meine Karriere. kannt. Was die Erzählungen der Leute betrifft, kann man BUNŽA: Seit wann sind Sie Vorsitzender des Bezirksnatio- diesen Reden nicht glauben, denn viele Gerüchte sind nalausschusses [ONV]? eben nur Gerüchte, und ich kann daher nichts anführen, ZÍCHA: Nach Saaz kehrte ich im April 1946 zurück, als was auf Aussagen glaubwürdiger Leute beruhen würde. meine Familie aus Palästina anreiste. Hier brachte ich KOKEŠ: Kam es im Lager zu irgendwelchen Ungebühr- sie unter. Ich wollte bei der Familie sein und richtete es lichkeiten? deswegen so ein, dass ich als Verbindungsoffizier für den BAUKHABE: Ich wurde dort geschlagen. Eines Tages Abschub der Deutschen eingeteilt wurde. Ab 1. Juli 1946 nachmittags blieb ich im Lager. Ich stand in der Baracke, wurde ich zum Vorsitzenden des Bezirksnationalaus- und wir unterhielten uns. Ich erzählte dem Administrator

76 Dr. von Hülsen und dem Notar Ješta von meiner Reise DUŘT: Es war hier noch eine russische Kommandantur nach Rom und davon, wie ich, als ich im Petersdom war, mit einem Oberstleutnant an der Spitze, an dessen Na- mit einem Amerikaner zusammentraf. Als ich von diesem men ich mich nicht erinnere. Amerikaner sprach, erschienen plötzlich neben mir zwei BUNŽA: Wie sind Sie mit dem Oberstleutnant ausge- Zivilisten, deren Namen ich nicht kenne, ich weiß je- kommen? doch, dass sie aus Leneschitz (Lenešice) sein sollen, und als diese hörten, dass ich von einem Amerikaner sprach, DUŘT: Sehr gut. schnauzten sie mich sofort an, wiesen mich an, meine BUNŽA: Wann sind Sie dem damaligen Oberleutnant Pet- Hose auszuziehen, und schlugen mich mit der Peitsche rov begegnet, der jetzt Vorsitzender des ONV [Bezirksna- einige mal über das Hinterteil. tionalausschuss] ist und dessen richtiger Name Zícha ist? KOKEŠ: Was für einen Anzug hatten Sie an? DUŘT: Irgendwann Ende Mai. Damals kamen zu mir zwei BAUKHABE: Ich war mit dem Priestergewand gekleidet, Offiziere aus einer höheren Kommandantur und legten in dem ich hier bin. Ein andermal passierte mir, dass mir mir einen Plan für die Evakuierung von Saaz vor. ein Soldat befahl, mit einer großen Kaffeekanne, die ich BUNŽA: Haben Sie sich darüber verständigt? auf dem Rücken trug, durch die ganze Stadt mit ihm in die DUŘT: Verständigt haben wir uns, dass die Aktion durch- Küche zu gehen und von dort die mit Kaffee gefüllte Kan- geführt wird und ich Leute stellen werde, damit Saaz ne zurück in das Lager zu tragen. Es war mir peinlich, und umringt und die Konzentrierung der männlichen Bevölke- Leute, die mich kannten, bemitleideten mich bei der Be- rung vollzogen werden kann. gegnung. Nie habe ich gesehen, dass Aufsichtspersonen BUNŽA: Ging diese Einigung glatt vonstatten? im Lager Zivilpersonen misshandelt hätten. Dr. Hülsen, bei dem ich wohnte, blieb in Postelberg bis zum Juli 1946, DUŘT: Es war das der Befehl einer höheren Kommando- als er wegging. stelle, die mir eine Anordnung erteilte. Als Untergebener der höheren Kommandantur gehorchte ich dem Befehl. KOKEŠ: Ist Ihnen bekannt, dass der Nationalausschuss ir- Eine Verständigung gab es nur darüber, wie wir die Sache gendwelche Schlechtigkeiten begangen hätte? ausführen. BAUKHABE: Nach meiner Entlassung aus dem Internie- BUNŽA: Waren Sie an der Konzentrierung beteiligt? rungslager waren es gerade Tschechen, die sich um mich DUŘT: Als Zuschauer bei der Kommandantur. kümmerten und mich unterstützten. Weder seitens des Nationalausschusses noch eines anderen Organs wurde BUNŽA: Wie wurde dabei vorgegangen? mir irgendein Unrecht zugefügt. DUŘT: Am Morgen wurde Saaz umstellt. Die Aktion be- KOKEŠ: Ist Ihnen bekannt, dass die Deutschen vor der Re- gann um 5 Uhr. Damals begannen die Einheiten, sich auf volution in Postelberg Tschechen hingerichtet haben? die Mitte der Stadt zuzubewegen, und in allen Häusern forderten sie die männliche Einwohnerschaft über 15 Jah- BAUKHABE: Dr. Hülsen, der in der Kaserne in Postel- ren auf, sich auf den Marktplatz zu begeben. Wie sie bei berg unter den konzentrierten Deutschen männlichen der Austreibung der Bewohner in den einzelnen Häusern Geschlechts war, wurde deswegen entlassen, weil er rö- vorgingen, ist mir nicht bekannt. Die Aktion war gegen 11 misch-katholischer Geistlicher war. Es ist mir nichts davon oder halb 12 Uhr beendet. Die Leute wurden nach Postel- bekannt, dass in der Zeit vor der Ankunft der Roten Armee berg abgeführt. die Deutschen in Postelberg Tschechen hingerichtet hät- ten, und dass an einem Ort, den man Weinberg (na Vinice) BUNŽA: Waren Sie bei der Überprüfung? nennt, ein Galgen aufgestellt worden wäre. Sonst kann DUŘT: Dabei war ich nicht anwesend. Ich stand in dieser ich zur Sache nichts anderes angeben. Zeit ungefähr zwei Stunden auf dem Marktplatz mit dem jetzigen Oberst Čermák. Ich war in der Nähe meiner Kom- Antonín Duřt mandantur, damit mich, falls mich jemand suchte, meine Organe finden konnten. Aussage von Oberstleutnant Duřt aus Niemes (Mimoň) BUNŽA: Was geschah mit den Leuten weiter im Lager in BUNŽA /nach Ermahnung und Feststellung der Personali- Postelberg? en/: Herr Oberstleutnant, wann kamen Sie nach Saaz? DUŘT: Davon ist mir nichts bekannt. Am ersten Tag kehrte DUŘT: Das war um den 10. oder 12. Mai, und zwar in der ein bestimmter Teil nach Saaz zurück und wurde im Bara- Funktion eines Standortkommandanten. Ich war hier bis ckenlager untergebracht. Nach zwei oder drei Tagen ka- zum 12. Juni. men weitere und wurden beim Schießhaus konzentriert. BUNŽA: War hier außer Ihnen noch eine andere Kom- Die Bewachung führte die hiesige Polizei durch, die soge- mandantur? nannten Kriminaler.

77 BUNŽA: Wann erfuhren Sie, dass einige Deutsche in der PETERKA: Was in der Postelberger Kaserne stattfand, Postelberger Kaserne liquidiert wurden? weiß ich nicht. Ich war dort nur einmal. Ich suchte den DUŘT: Man redete hier davon, aber wie das vor sich ging Hauptmann Černý. Es waren dort eine Unmenge Deut- und wer es getan hat, weiß ich nicht. Wahrscheinlich ge- sche, vielleicht einige tausend, es waren das nur Männer. schah das gleich am zweiten Tag. BUNŽA: Haben Sie nicht gehört, dass dort etliche er- BUNŽA: Mit Oberleutnant Petrov [= Zícha] sind Sie da- schossen wurden? nach nicht in Berührung gekommen? PETERKA: Ja, das sagten unsere Wachen. Direktiven gab DUŘT: Es ist möglich, dass er irgendwann danach hier mir Hauptmann Černý, zu dem ich gerufen wurde. Wir war, aber in keiner ähnlichen Funktion. sperrten die Straßen für den Fall eines Angriffs von außen BUNŽA: Kannten Sie den Unterleutnant Farkaš? ab, und das vor und nach den Hinrichtungen. DUŘT: Den kannte ich nicht. BUNŽA: Wussten Sie nicht, dass Hinrichtungen durchge- führt wurden? BUNŽA: Ist Ihnen nicht bekannt, dass es in den Internie- rungslagern zu Rohheiten, Misshandlungen u. ä. gekom- PETERKA: Davon wusste ich nichts. Auf der Station waren men sein soll? wir zu zwölft, nach und nach wurde unsere Zahl erhöht, bis wir schließlich vierzig waren. DUŘT: Davon ist mir nichts bekannt, und es wurde mir auch nichts gemeldet. BUNŽA: Wann haben Sie von der Schießerei erfahren? PETERKA: Gleich am zweiten [nächsten] Tag. Jan Peterka BUNŽA: Wie viele von ihnen sollen erschossen worden Aussage des J. PETERKA, Gendarmerieoberwachtmeis- sein? ter in Postelberg PETERKA: Das wurde mir nicht gesagt. Unsere Wachen BUNŽA /nach Ermahnung und Feststellung der Persona- standen in den Straßen und hörten das Schießen. Nur die lien/: Herr Oberwachtmeister, seit wann sind Sie in Pos­ Deutschen sagten, dass geschossen wird, und sie waren telberg? in Panik. PETERKA: Seit 24. Mai 1945. BUNŽA: Wer hatte die Leitung? BUNŽA: Sie erlebten dort die erste Zusammenfassung PETERKA: Nach meiner Ansicht hatte die Leitung mit al- der Deutschen. Wie wurde das ausgeführt? ler Wahrscheinlichkeit Hauptmann Černý. PETERKA: Der Vorsitzende der örtlichen Verwaltungs- BUNŽA: Kannten Sie Čupka? kommission [Zelenka] teilte mir mit, dass von der Kom- PETERKA: Ich sah ihn hie und da auf der Straße, aber ge- mandantur der Division eine Konzentrierung angeordnet sprochen habe ich mit ihm nie. sei. Er ersuchte mich, ihm auszuhelfen, weil er eine solche BUNŽA: Wissen Sie nichts von der Art und Weise der Aus- Sache nicht machen würde. Für diese Aufgabe bestimmte führung der Exekution, davon, dass einige geschrien ha- ich den Pelc. ben: „Es lebe die Republik“? BUNŽA: Versammelten sich alle? PETERKA: Das habe ich von Zeugen gehört. Es beteilig- PETERKA: Vor dem Rathaus sollte sich die gesamte Ein- ten sich daran Zivilisten. Sie können den Arbeiter Nasvetr wohnerschaft deutscher Nationalität versammeln. Jeder verhören, der Dachdecker in Postelberg ist. konnte 3 kg Lebensmittel mitnehmen, aber darauf wurde BUNŽA: Wer sagte Ihnen, dass die Hingerichteten nicht geachtet, so dass sie mehr mitbrachten. schrien? BUNŽA: Wer hatte die Leitung? PETERKA: Da wurde so allgemein geredet, dass irgend- PETERKA: Marek leitete das Ganze. einer schrie, dass er noch nicht erschossen sei, und dass BUNŽA: War dort nicht irgendein Offizier vom OBZ [Ab- sie ihn mit der Taschenlampe suchten. Ein anderer wie- wehrnachrichtendienst]? der schrie angeblich: „Grüßt Beneš und die Republik“. Ich PETERKA: Es war dort kein Offizier. Alle reihten sich so habe untersucht, ob ein gewisser Tscheche namens Led- ein, wie sie ankamen. Wir führten sie in den Postelberger vinka hingerichtet wurde, aber der war in Wirklichkeit kein Fasanengarten. Dort war ich schon nicht mehr. Ich über- Tscheche. In der ersten Republik war er Tscheche, wäh- gab an den Wachtmeister Pelc, den ich zum Kommandan- rend der Okkupation meldete er sich zu den Deutschen ten des Zentrums bestimmte. Manche wurden von dort in und war ein sehr reger Deutscher. die Postelberger Kaserne abgeführt. BUNŽA: Die Postelberger waren nicht gut eingegraben. BUNŽA: Wer führte dort die Selektion (třídění, wörtlich PETERKA: Das wurde so gemacht, dass man heute 250 „Einteilung“) durch? Leute nahm und am nächsten Tag wieder 250 Leute, und

78 es jeweils mit einer Schicht zudeckte. Die Hinrichtung Nach meiner Ansicht bereitete Černý die Exekution vor, fand nicht in einer einzigen Nacht statt, sondern schritt- aber die Hinrichtungen leitete irgendein Unterfeldwebel. weise. KOKEŠ: Wie sah Černý aus? BUNŽA: Marek sagt, dass das in einer Nacht vollzogen PETERKA: Er hatte schwarze Haare und etwa die gleiche wurde. Statur wie ich. PETERKA: Das ist nicht möglich, in einer Nacht 500 Leute BUNŽA: Wie sah das in dem Lewanitzer Fasanengarten zu erschießen. Sie führten sie aus der Kaserne zu je fünf- aus? Wissen Sie darüber nichts Näheres? zehn zur Hinrichtungsstätte, das sind jeweils 10 bis 15 Mi- nuten. PETERKA: Ich weiß nur so viel, dass sie die dort hinführ- ten, aber wie sie das durchführten, weiß ich nicht. Nach BUNŽA: Wieso wissen Sie, dass sie je fünfzehn mit­ einigen Monaten, vielleicht nach einem Jahr, war das [die nahmen? Leichen] schlecht vergraben. Ich machte damals eine PETERKA: Das wurde so erzählt. In einer Stunde konnten Meldung, damit es besser vergraben würde. Nach meiner sie höchstens fünfzig erschießen. Schätzung wurden im Lewanitzer Fasanengarten unge- BUNŽA: Wer hat Ihnen das gesagt? fähr 350 Leute vergraben. PETERKA: Da müsste ich mehrere Leute benennen. BUNŽA: Wie viele wurden bei der Schule vergraben? BUNŽA: Wer könnte das gesehen haben? Sicher waren PETERKA: Höchstens etwa 500. Im Postelberger Fasa- doch Leute dort dabei. nengarten machte es der OBZ auf eigene Faust. /Weiter KOKEŠ: Uns geht es darum, dass die Leute, die von diesen legte er eine briefliche Anfrage vor, aus der hervorgeht, Dingen sprechen können, uns sagen, was sie wissen. dass hinter Postelberg in Richtung auf die Gemeinde Ferbka (Vrbka) vier Gräber festgestellt wurden, in denen BUNŽA: Niemandem kann etwas geschehen. sich etwa 4 bis 6 Leichen befinden. Die Meldung wurde PETERKA: Ich habe keine Angst, auszusagen, aber ich zu dem Zweck gemacht, dass die Leichen ausreichend kann nicht sagen, wer mir das erzählt hat. Ich nenne Nas- bedeckt würden, denn sie ragten heraus und verbreiteten vetr deswegen, weil er auf einer Sitzung geäußert hat, er einen fauligen Geruch. Um welche Leichen es sich handel- würde wissen, wer die Deutschen erschossen hat. Daraus te und um welche Aktion es ging, ließ sich bis zum heu- schließe ich, dass Nasvetr unter ihnen war, dass er etwas tigen Tage nicht feststellen. Es ist nicht ausgeschlossen, sagen könnte. dass es Personen tschechischer Nationalität sind, die von BUNŽA: Marek sagt, dass alle in einer Nacht erschossen den Deutschen hingerichtet wurden. Als über Postelberg wurden. ein Hungermarsch (hladový pochod) [von KZ-Häftlingen] 37 PETERKA: Die Straßen haben wir mehrmals abgesperrt. ging, hinterließ dieser eine Menge Leichen, die exhumiert wurden. Es waren ihrer ungefähr 22./ KOKEŠ: Waren Sie nicht bei der Schule? LUKEŠ: Marek, der vor Ihnen verhört wurde, sagte aus, PETERKA: Ich war dort vorher und sah eine leere Mul- dass er nach den Anordnungen der Offiziere arbeitete, de. Dann war ich dort etwa einen Monat nach der Exe­ denen er zugeteilt war. Sie jedoch sagten, dass Marek die kution. ganze Konzentrierung organisierte. KOKEŠ: Ihre Kollegen gaben Ihnen davon keine Nachrich- ten? PETERKA: Es ist offensichtlich, dass das auf Befehl der Di- vision so war. PETERKA: Sie sagten, dass dort Deutsche erschossen werden. Warum geschossen wird, das wusste ich nicht. KOKEŠ: Wer gab Ihnen Befehle? Ich meldete das nicht, weil ich das für eine Aufgabe der 1. PETERKA: Wir arbeiteten auf Ersuchen des Vorsitzenden Division hielt. Hauptmann Černý rief mich zu sich und sag- des örtlichen Nationalausschusses. te mir, dass bestimmte Maßnahmen getroffen würden. BUNŽA: Bei wem sollten Sie sich melden? Wer war dort Weiter sagte er: Was sich ereignen wird, erzählen Sie nir- für die örtliche Verwaltungskommission? gends und sprechen Sie von nichts. Ich habe das eingehal- PETERKA: Marek war dort. Er war Mitglied der örtlichen ten. Das war vor der Exekution. Auf die Kommandantur Verwaltungskommission, aber die Durchführung lag beim wurde ich drei- bis viermal gerufen. Wenn Sie irgendeinen Vorsitzenden. Sie ging aus seinem Amt hervor. Er bekam Menschen festnahmen und gegen ihn ermittelten, dann die Anweisung von der Division und führte sie aus. Der Vor- riefen sie mich hin. sitzende gab die Anordnungen. Vor dem Rathaus fungier- BUNŽA: Mit Petrov haben Sie nicht gesprochen? te Marek. Er gab Befehle, sich in Viererreihen aufzustellen, PETERKA: Ich habe mit ihm gesprochen, aber die Unter- und schrie, dass jeder erschossen würde, der zu fliehen redung betraf nachrichtendienstliche Angelegenheiten. versuchte. Er wusste die Disziplin aufrechtzuerhalten.

79 LUKEŠ: Es wurde auch von den Gepäckstücken gespro- KOČÍ: Als die Männer abgeführt wurden, gingen wir nicht chen. Waren Sie dabei, als die Gepäckstücke sortiert mit, weil wir nicht wussten, was geschehen wird. Als die wurden? Ist Ihnen bekannt, wohin die Sachen abgeliefert Frauen auf dem Marktplatz abgeführt wurden, kam im- wurden? mer jemand und sagte, dass sich dort jemand erhängt PETERKA: Dabei war ich nicht, aber alles ging auf die Ver- habe. Ich ging die Häuser durchsehen, weil in ihnen viele waltungskommission. Als die Deutschen aus ihren Woh- Leichen von Erhängten waren, die wir abnahmen und in nungen weggingen, schlossen sie sie ab und behielten die den Fasanengarten fahren ließen. Schlüssel bei sich. BUNŽA: In der Kaserne sollen Deutsche erschossen wor- BUNŽA: Wissen Sie mit Sicherheit, dass die Sachen ein- den sein? gesammelt und auf die örtliche Verwaltungskommission KOČÍ: Davon wusste ich nichts. Dann wurde ich zum geschafft wurden? Aufseher der Häftlinge gemacht. Die Deutschen wurden PETERKA: Das weiß ich nicht, Kommandant des Lagers in Postelberg interniert. Man brachte sie von auswärts war Pelc und der war dafür verantwortlich. dorthin, und die Soldaten und Gendarmen führten sie LUKEŠ: Gab es im Verlaufe der Konzentrierung irgend- wieder ab. welche Selbstmorde? BUNŽA: Bis wann waren Sie Aufseher im Gefängnis? PETERKA: Ja, jeder Fall ist gesondert gemeldet. Wir KOČÍ: Ungefähr bis 10. August, vielleicht auch bis 15. haben das der Bezirksverwaltungskommission in Saaz BUNŽA: Gaben Sie ordentliche Verzeichnisse ab, wenn bekanntgegeben. An einem Tag gab es etwa 38 Selbst- Sie Leute abgaben? morde. Die Deutschen vermuteten, dass es nach Sibirien geht. Sie waren falsch (špatně) informiert. KOČÍ: Die übergaben wir. LUKEŠ: Was haben sie als Dienststellenleiter für Informa- BUNŽA: Erinnern Sie sich an dieses Verzeichnis /er zeigt tionen über Marek? es/? PETERKA: Er kam gleichzeitig mit mir nach Postelberg. KOČÍ: Nein. Wenn ich über ihn eine Meldung abgeben müsste, wür- KOKEŠ: Seit wann waren Sie beim Gericht? de ich schreiben, dass er nicht vertrauenswürdig ist und KOČÍ: Ich kam dorthin Ende Juni. In das Internierungsla- dass er ein gefährlicher Mensch ist. Bei der tschechi- ger Fasanengarten ging ich zum Mittagessen. schen Bevölkerung genoss er keinen guten Ruf. Aber er BUNŽA: Wissen Sie davon, dass irgendwelche Deutschen ist zäh. erschossen wurden? František Kočí KOČÍ: Im Grunde habe ich nichts gesehen, so dass ich nichts sagen kann. Als sie die Saazer nach Postelberg Aussage von František Kočí, Autobusfahrer der ČSD brachten, kam jemand und sagte, dass dort irgendwo drei [Staatsbahn] in Postelberg Nr. 297 Kühe lägen. Wir fuhren sie holen, und abends kam ich erst BUNŽA: /nach Ermahnung zur Wahrheit und Feststellung gegen acht Uhr zurückgefahren. Ich sah, wie die Saazer der Personalien/: Als die Konzentration der Deutschen in abgeführt wurden. Sie waren in der Kaserne in Postel- Postelberg stattfand, waren Sie da im Konzentrations­ berg. Am nächsten Tag ging ich hin um zu schauen und lager? Waren Sie an der Konzentration der Deutschen auf sah, wie Protokolle geschrieben und die Männer einge- dem Marktplatz beteiligt? teilt wurden. Dann kamen dort Autobusse und Lastautos KOČÍ: Im Ganzen ja und nein, weil es die Soldaten für sich angefahren und nahmen Leute mit, weil sie sie für den allein machten. Wir bewachten die Straßen. Betrieb brauchten. BUNŽA: Waren Sie im Fasanengarten? BUNŽA: Wissen sie nichts davon, dass etliche erschossen KOČÍ: In den Fasanengarten bin ich nicht gekommen. wurden? BUNŽA: Waren Sie in der Kaserne? KOČÍ: So etwas habe ich nicht gesehen. KOČÍ: In der Kaserne war ich, aber dort durfte ich nur bis HOLUB: Den Haufen hinter der Schule haben Sie nicht zum Tor. Ich ging dort aus Neugier vorüber, weil ich dort gesehen. wohnte. KOČÍ: Darauf war ich nicht neugierig. BUNŽA: Uns interessiert die Konzentrierung der Deut- HOLUB: Bei der Kaserne standen Sie und schauten neu- schen. gierig und jetzt wollen Sie nicht neugierig sein.

80 Josef Tomášek BUNŽA: Wurden die Frauen nicht in den Fasanengarten geführt? Aussage von Josef TOMÁŠEK, Vorsitzender des örtlichen TOMÁŠEK: An diesem Tag nicht. Das war erst am Diens- Nationalausschusses in Postelberg tag früh. Nach zwei Tagen war nämlich das Antreten aller BUNŽA /nach Ermahnung zur Wahrheit und Feststellung Deutschen – es war das um 7 Uhr früh –, und sie wurden der Personalien/: Wann wurden Sie Vorsitzender des Ver- in den Fasanengarten abgeführt. Ich war Vorsitzender der waltungsausschusses in Postelberg? landwirtschaftlichen Kommission, und der Vorsitzende TOMÁŠEK: Im August 1945. Nach Postelberg kam ich im der Verwaltungskommission wies mich an, das Vieh si- Mai desselben Jahres. cherzustellen, wozu ich zwei Tage brauchte. Danach wa- BUNŽA: Waren Sie nicht an der Durchführung der Kon- ren dort keine Deutschen mehr. zentration der Deutschen beteiligt? BUNŽA: Was geschah mit den Männern, die in die Kaser- TOMÁŠEK: Nicht direkt. Als die Deutschen konzentriert ne kamen? wurden, schrieb ich Passierscheine (propustky). Damit TOMÁŠEK: Gerüchten zufolge sollen sie verschwunden war ich voll beschäftigt. sein, wurden erschossen. BUNŽA: Wer leitete die Konzentrierung und wer gab dazu KOKEŠ: Wurde auch irgendein Tscheche erschossen? den Befehl? TOMÁŠEK: Es wird davon gesprochen, dass auch ein TOMÁŠEK: Das weiß ich nicht. Tscheche erschossen wurde, aber mit Bestimmtheit kann BUNŽA: Kannten Sie Marek? ich das nicht sagen. Ich erwähne einen gewissen Řička, der von tschechischen Eltern stammte und tschechisch TOMÁŠEK: Ich kannte ihn. sprach, aber wahrscheinlich unter dem Druck der dama- BUNŽA: Welchen Ruf genoss er? ligen Verhältnisse war der Vater gezwungen, ihn in die TOMÁŠEK: Während der ersten Republik hatten wir mit deutsche Schule zu schicken. Bis zum Jahre 1938 bekann- ihm Konflikte. Er hatte ein Disziplinarverfahren. Einmal te er sich zur deutschen Sozialdemokratie. Während der fand er eine Geldtasche, und in der war ein bestimmter Zeit der Okkupation war er jedoch deutscher Nationali- Geldbetrag. Als die Frau, die sie verloren hatte, sich mel- tät. Der Gesinnung nach war er Antifaschist. Von ihm sagt dete, war die Tasche leer. Dafür wurde ihm eine Rüge er- man, dass er verschwunden sei. teilt, und dann wurde gegen ihn ein Disziplinarverfahren BUNŽA: Könnten Sie uns nicht sagen, wer die Exekutio- eröffnet. In einem besonders guten Ruf stand er bei uns nen ausführte, auf wessen Befehl, und wie viele hingerich- Tschechen nicht. Wir waren überzeugt, dass er den Hen- tet wurden? lein-Leuten Informationen hinterbringt. So ließen wir uns TOMÁŠEK: Ich kann nichts Genaues sagen. Ich habe nicht zum Beispiel Wählerverzeichnisse anfertigen und sagten einen einzigen Fall gesehen. zu ihm, er solle es machen. Er machte es und verkaufte sie dann für 50 Kronen auch den Henlein-Leuten. Als ich BUNŽA: Ist Ihre Ehefrau Tschechin oder Deutsche? am 14. Mai nach Postelberg kam und Marek sah, sagte ich TOMÁŠEK: Meine Frau ist Deutsche, aber seit dem Jahr gleich: „Was habt Ihr denn da für einen Menschen?“ Der 1921 bekennt sie sich als Tschechin. Im Jahr 1930 meldete Vorsitzende sagte mir, dass sie für den Polizeidienst sonst sie sich als Tschechin, ebenso während der Okkupation, niemand hätten. Dann kam die Konzentrierung, der OBZ und sie bezog tschechische Lebensmittelkarten. [Abwehrnachrichtendienst der Armee] machte sich ihn /Die Verhandlung wurde um 20.15 Uhr beendet./ sogleich zunutze. Er stellte sich ihnen zur Verfügung und 31. Juli 1947 blieb dort eine gewisse Zeit. Der örtlichen Verwaltungs- kommission kündigte er damals. Wir hatten damals eine /Beginn der Verhandlung um 8.15 Uhr/ Sitzung, und er sagte, dass er in die Dienste des Abwehr- nachrichtendienstes übertritt und nach Saaz geht. Dann Jan Čupka (Čubka) war er ausschließlich in deren Diensten und führte die Aussage des Jan Čupka aus Rosendorf (Růžové vsi), Bezirk Konzentrierung durch. Tetschen (Děčín) 38 BUNŽA: Was geschah mit den Leuten bei der ersten Kon- BUNŽA /nach Ermahnung und Feststellung der Personali- zentrierung? en/: Herr Čupka, wo waren Sie während der Okkupation? TOMÁŠEK: Die Männer standen auf dem Marktplatz und ČUPKA: Bis zum Jahr 1942 war ich in der Slowakei. Seit die Frauen wurden in die Kaserne beordert. dem Jahr 1940 war ich in der slowakischen Armee. 1942

81 41 fuhr ich mit der slowakischen Sicherungsdivision (zajiš- ČUPKA: Wir hatten ein eigenes Gebäude . ťovací divise) nach Russland. Dort war ich bei der Siche- BUNŽA: Aber ein bestimmter Teil der Männer wurde nach rungsdivision in Schitomir (Žitomír). Dann bekam ich der Konzentrierung in der Kaserne zusammengezogen. einen dreiwöchigen Urlaub, und nach Rückkehr aus dem ČUPKA: Das weiß ich nicht. Ich wohnte nicht in der Urlaub floh ich zu den weißrussischen Partisanen. Das war Kaserne. Soviel ich weiß, waren alle im Lager. im Jahr 1943. Ich floh mit zehn Soldaten im Dorf Swole- BROŽ: Herr Čupka, für die Dauer des Verfahrens und so- witschi (Svoleviči) im Bezirk Minsk. Dort war ich elf Mo- lange Sie in diesem Raum sind, entbinde ich Sie von der nate. Es kam die Front, woraufhin ich nach Moskau zu Pflicht, amtliche Geheimnisse zu wahren. General Píka 39 gelangte. Dann war ich bei der Armee bis zum 15. April 1946. BUNŽA: Für uns steht fest, dass die Männer aus Postel- berg in die Kaserne abgeführt wurden [und] die Frauen in BUNŽA: Sie gelangten [also] in Ihrer soldatischen Funk- das Lager im Fasanengarten kamen. Was ist mit ihnen in tion auch in diesen Raum. Wann kamen Sie nach Postel- der Kaserne geschehen? berg? ČUPKA: Herr Vorsitzender, ich war Offizier des OBZ ČUPKA: Daran erinnere ich mich nicht genau. Es war im [Abwehrnachrichtendienstes]. Ich hatte für einen Mai 1945, nach dem 15. Mai, irgendwann um den 20. Mai. bestimmten Abschnitt zu sorgen und war nicht in der Ka- BUNŽA: Welchen Auftrag hatten Sie? serne. Meistenteils fuhr ich nach auswärts. ČUPKA: Ich war hier [in Postelberg] der Leiter des OBZ BUNŽA: Diese Männer deutscher Nationalität aus Postel- [Abwehrnachrichtendienstes] der 1. Division. berg, die in die Kaserne abgeführt wurden, wurden liqui- BUNŽA: Ihr habt in Postelberg die Konzentrierung der diert, erschossen. Was wissen Sie davon? Deutschen durchgeführt. ČUPKA: Ich weiß davon nichts, ich war nicht dabei. ČUPKA: Das war die Funktion der Einheit, zu der ich als BUNŽA: Wissen Sie davon tatsächlich nichts? Bestandteil gehörte. Es war das eine Einheit der 1. Divisi- ČUPKA: Nichts weiß ich davon. on, die Hauptmann Černý befehligte. Ihre Funktion war es unter anderem, die Konzentrierung und den Abschub der BUNŽA: Sagten es Ihnen nicht einmal Ihre Soldaten? Deutschen durchzuführen. ČUPKA: Die Soldaten sagten mir nichts. BUNŽA: Wer gab dazu den Dienstbefehl? BUNŽA: Kamen Sie in der Zeit der Konzentrierung in Pos­ telberg mit Oberleutnant Petrov [= Zícha] in Berührung? ČUPKA: Den Befehl erhielten wir in Prag. Der Kommandeur der [1.] Division war General Španiel 40, da- ČUPKA: Selbstverständlich. nach General Procházka. BUNŽA: Waren Sie nicht im dienstlichen Kontakt? BROŽ: Wann kamen Sie zur 1. Brigade [später 1. Division]? ČUPKA: Soviel ich weiß, hatte er für die Vorbereitung der ČUPKA: Zur 1. Brigade kam ich in Grottau (Hrádek) [am Organisation des Abschubs zu sorgen. Grenzübergang nach Zittau]. Dort war ich beim OBZ- BUNŽA: Wie war das in Saaz? General Dostál. ČUPKA: Hier hatten sie es organisiert, und eine Schwadron BUNŽA: Sie haben den Befehl zur Konzentrierung aus sorgte dafür, dass niemand entkam. Mit Oberleutnant Prag mitgebracht und kamen nach Postelberg. Wer hat Petrov war ich im Nationalausschuss, wo er die Frage der sie ausgeführt? Mischehen löste. ČUPKA: Die Einheit, die Hauptmann Černý unterstand. BUNŽA: Wie sah es mit diesen Leuten aus? Ferner war dort Hauptmann Steiner und Oberleutnant ČUPKA: Manche wurden als unentbehrlich entlassen, Petrov [= Zícha]. Es waren dort [noch] mehr Offiziere. die übrigen wurden nach Postelberg abgeführt. Die Den höchsten Rang hatte Hauptmann Černý. Tschechen wurden gleich auf dem Marktplatz entlassen. BUNŽA: Auf welche Weise wurde die Konzentrierung Die Deutschen wurden aus Postelberg fast alle nach Brüx durchgeführt? [Most] zur Arbeit gefahren. ČUPKA: In Postelberg wurden die Deutschen in ein Lager BUNŽA: Auch dort wurde ein Teil dieser Leute erschos- verbracht. sen. Was wissen Sie davon? BUNŽA: Waren Sie bei der Konzentrierung dabei? ČUPKA: Ich war nicht dabei. ČUPKA: Ich war nicht dabei. BUNŽA: Wissen Sie nichts davon, wer den Befehl zur Er- BUNŽA: Wo waren Sie in der Zeit? Waren Sie in der Kaser- schießung gab und wer sie ausführte? ne oder hatten Sie ein eigenes Gebäude? ČUPKA: Ich weiß nichts.

82 BUNŽA: Ihr zogt aus Eurem Rayon [Zuständigkeitsbe- ČUPKA: Ich weiß von keinen Hinrichtungen. reich] nach Postelberg namentlich Angehörige der SS zu- HOLUB: Sahen Sie nicht das große Grab bei der Schule? sammen, auch aus anderen Bereichen. Erinnern Sie sich nicht, dass ihr Angehörige der SS aus Komotau dort hin- ČUPKA: Ich habe es nicht gesehen. Sagen Sie mir, worum schaffen ließet? es eigentlich geht? ČUPKA: Das ist möglich. BUNŽA: Es geht darum, dass dort einige hundert Deut- sche erschossen worden sind und Sie der Kommandant BUNŽA: Es soll dort mit ihnen roh umgegangen worden des OBZ [Abwehrnachrichtendienstes] waren. Es geht sein, man trampelte auf ihnen herum u. ä. darum, wer gab dazu den Befehl? ČUPKA: Ich war nicht dabei, als die örtliche Besatzung [Garnison] die Säuberung durchführte. Es ist möglich, ČUPKA: Ich gab den Befehl dazu nicht. Aber selbst wenn dass etliche aus Komotau hergefahren wurden, aber wie es so gewesen wäre, viele Leute das waren, weiß ich nicht. Ich kann mich nicht wir – Hauptmann Černý, an einen einzigen Fall erinnern. Oberleutnant Zícha und noch ein Leutnant – wa- BUNŽA: Es sollen an die 300 gewesen sein. ren bei General Španiel, ČUPKA: Das war folglich nicht dort. Zu uns könnten drei der uns sagte: „Gehen Sie bis vier Personen gebracht worden sein. Zum OBZ können und säubern sie den Rayon nicht 300 Personen geschafft worden sein. (Zuständigkeitsbereich), BUNŽA: Bestehen Sie darauf, dass Sie damals nicht dabei damit die Division umzie- waren, als in Postelberg die Konzentrierten überprüft und hen kann.“ Selbst wenn als SS-Leute ermittelt wurden? wir es getan hätten, wäre ČUPKA: Ich war nicht dabei. Bei den Saazern war ich nur das auf einen höheren kurze Zeit. Das war damals, als sie antraten. Ich hielt mich Wink (pokyn) hin gesche- etwa eine halbe Stunde auf und ging dann weg. Wohin sie hen. Der General sagte uns dann geschickt wurden, weiß ich nicht. damals: „Ich beneide Sie, BUNŽA: Von der Schießerei [den Erschießungen] wissen Sie haben hier eine große Sie nichts? Möglichkeit, und denken Sie daran, dass ein guter ČUPKA: Von einer Schießerei ganz gewiss nichts. Deutscher ein toter Deut- BUNŽA: Kennen Sie Marek? scher ist. Je weniger von ČUPKA: Das war ein Polizist aus Postelberg. ihnen übrigbleiben, umso weniger Feinde werden Brigadegeneral Oldřich Španiel BUNŽA: Der war bei Ihrer Abteilung der Einheit OBZ. Wer (Foto: Privatarchiv E. Vacek) nahm ihn in Dienst? Wer hat ihn für Sie ausgesucht? wir haben. Je weniger von ČUPKA: Der Nationalausschuss. Dort war Oberleutnant ihnen über die Grenze ge- [i. R.] Zelenka. Wir kannten das Terrain nicht und langen, umso weniger Feinde werden wir haben.“ brauchten Unterkunft. Marek kam auf Empfehlung des KOKEŠ: Über diese Dinge wird im Ausland geschrieben, Nationalausschusses. [dort] werden gegen uns Kampagnen geführt, und das BUNŽA: Er kam dann in Ihre Dienste. Parlament wählte deshalb eine Untersuchungskommissi- ČUPKA: Er war überhaupt nicht in militärischen Diensten. on, die alles feststellen soll, um alle Vorkehrungen treffen Er konnte [nur] als Konfident [Vertrauensmann oder zu können, damit diese Dinge der Republik nicht schaden. Spitzel] tätig sein. Er wurde dann zum Kommandanten Sie wurden von der Pflicht entbunden, militärische- Ge des Lagers in Saaz ernannt. heimnisse zu wahren, alle Ihre Gelöbnisse sind aufgeho- ben, und uns geht es nicht darum, jemand abzuurteilen, BUNŽA: Marek behauptet, dass Sie, als aus Postelberg sondern darum, alles festzustellen. Personen in die Kaserne zugeführt wurden, in der Kaserne an der Einteilung [Selektion] beteiligt waren und dass Sie BUNŽA: Uns erscheint es nicht wahrscheinlich, dass Sie von Frauen, die durchsucht wurden, mit Rót ir- davon nichts wussten. gendwelche Juwelen übernahmen. ČUPKA: Dienstlich wusste ich davon nichts. Wenn mir ČUPKA: Nein, bei den Postelbergern war ich überhaupt die Sache privat mitgeteilt worden ist, dann ist das etwas nicht. anderes. BUNŽA: Wer führte dort die Exekutionen und Hinrichtun- BUNŽA: Uns geht es darum, dass Sie uns sagen, wie die gen durch? Ereignisse abgelaufen sind. Sie sprechen auf merkwürdi-

83 ge Art und empfinden es als Ärgernis, dass wir uns erlau- ČUPKA: Nein. ben, Sie zu verhören. Da das Parlament sich nun einmal BUNŽA: Wer, glauben Sie, führte die Exekutionen aus und entschieden hat, für die Aufgabe eine Sonderkommission wer gab dazu den ausdrücklichen Befehl? einzusetzen, gab es dafür bestimmt gewichtige Gründe. ČUPKA: Das muss von den Soldaten ausgegangen sein. ČUPKA: Ich war wirklich bei den Vorfällen nicht dabei. BUNŽA: Die Soldaten mussten auf irgend jemandes Be- BUNŽA: Wann wart ihr bei dem Treffen mit General fehl schießen. Španiel? ČUPKA: Ich war dort nicht. Niemand sagte mir, wer ČUPKA: Das war im Hotel Belvedere. den Befehl gab und wer schoss. Möglich, dass es Herr BUNŽA: Wie haben Sie den Wink (pokyn) von Španiel ver- Hauptmann Černý war, möglich, dass es Oberleutnant standen? Zícha war. Ich meldete, und zwar bei der Kommandantur ČUPKA: So wie es gesagt wurde. Zum Beispiel in Komotau des Bereichs (oblasti), dass ich gehört habe, dass man bekamen wir etwa zwölf Deutsche, die organisiert waren. es betreibt, dass irgendwelche Deutschen erschossen Genaue Nachweise wurden über diese Leute nicht geführt, wurden. so dass es geschehen konnte, dass irgendein Gendarm BUNŽA: Wie meldeten Sie das? oder Soldat irgendeinen dieser SS-Männer erschoss. In ČUPKA: Ich reichte es schriftlich ein. dieser Zeit wurde das überall getan, aber dass ganze 300 SS-Männer erschossen worden sein sollen? KOKEŠ: Herr Čupka, ist Ihnen nichts bekannt von den Grä- bern im Postelberger und im Lewanitzer Fasanengarten? BUNŽA: Hier sollen umfangreiche Exekutionen stattge- Dort sollen gleichfalls irgendwelche Leute erschossen funden haben. worden sein. ČUPKA: Dienstlich hatte ich damit nichts zu tun, privat ČUPKA: Ich weiß nicht, wo das dort ist, nicht ein einziges habe ich davon gehört. Das Grab kann ich nicht kennen, Mal war ich dort. weil ich nicht dabei war. KOKEŠ: Sagten Ihnen die Soldaten davon? BUNŽA: Wussten Sie nicht, wie viele von den Deutschen erschossen worden sein sollen? ČUPKA: Den Fasanengarten kenne ich nicht, und ich war dort nicht. ČUPKA: Eine Zahl habe ich nicht erfahren. Beim Schießen war ich nicht dabei, und einen Befehl dazu habe ich nicht HOLUB: Wem unterstanden Sie militärisch und mit wem gegeben. Ich hörte, dass das in der Nacht durchgeführt berieten Sie sich in dieser Zeit? wurde. ČUPKA: In der Zeit war dort niemand. Mein Auftrag war BUNŽA: Warum behauptet aber Marek, dass Sie dabei es, das Terrain zu säubern. Ich bekam den Befehl und waren, als sie die Frauen durchsuchten, und dass Sie Ju- musste die Meldungen über den 1. Bereich an den [OBZ- welen übernahmen? Leiter] Oberstleutnant Reicin schicken. Von ihm hatte ich den Befehl bekommen. ČUPKA: In der Kaserne in Postelberg war ich einmal, und zwar als die Männer aus Saaz kamen. Es war dort BROŽ: Wenn Sie von General Španiel auf der Komman- Feldwebel Rót mit seiner Ehefrau, die Soldatin war und dantur des Stabes einen Wink bekommen haben, dann die Kontrolle ausführte. begreife ich das, denn damals herrschte so eine Stim- mung unter der Bevölkerung. Sie kamen hierher und BUNŽA: Haben Sie die Juwelen übernommen? hatten irgendeine Truppenabteilung. Gaben Sie dieser ČUPKA: Ich habe nichts übernommen. Abteilung irgendwelche Instruktionen? Sie bekamen ei- BUNŽA: Sie waren bei der Durchsuchung, haben aber die nen Wink, General Španiel sagte Ihnen nicht: „Erschießen Sachen nicht übernommen? Sie jeden Deutschen!“ Damals war die Stimmung so, die ČUPKA: Das war die ganze Zeit über so, als ich das eine Einstellung von uns allen, und jetzt ging es um die Ausfüh- Mal in der Kaserne war. rung. Als Sie herkamen, in welchem Sinne gaben Sie ihrer BUNŽA: Woher waren die Frauen? Truppe Winke? ČUPKA: Das weiß ich nicht. Ich habe nichts übernommen. ČUPKA: Ich hatte Feldgendarmen, denen ich überhaupt keine Winke geben musste. Das waren Soldaten mit BUNŽA: Was ist mit den Juwelen geschehen? zwei bis drei Verwundungen, so dass es nichts genützt ČUPKA: Vielleicht haben sie sie dem Nationalausschuss hätte, selbst wenn ich ihnen das verboten hätte. Ich hatte übergeben, ich weiß es nicht. Soldaten, denen ich keine Befehle zu geben brauchte. BUNŽA: Wurden sie nicht auf der Kommandantur des Deshalb ist es nicht ausgeschlossen, dass sie ohne mein OBZ abgegeben? Wissen irgendwelche Deutschen erschossen haben.

84 BUNŽA: Wissen Sie von keiner anderen Aktion? běda [„Sieg“] und der jugoslawischen Auszeichnung. Bei ČUPKA: Ich weiß von keiner. Ruda bei Bílá Cerekev 46 wurde ich mit einem Kopfdurch- LUKEŠ: Wie erkanntet ihr, dass es um SS-Leute geht? schuss verwundet. ČUPKA: Sie waren größtenteils tätowiert und hatten BUNŽA: Sie kamen dann hierher in dieses Gebiet. Erin- Nummern. nern Sie sich, bevor Sie hierher aufbrachen, wer hat Sie hierher geschickt? Abgeordneter HORVÁTH [im Folgenden nur HOR- VÁTH] 42: Wenn Sie dienstlich in Ihren Rayon [Zuständig- Černý: Die Einheit wurde entsandt auf Befehl der keitsbereich] weggingen, hatten Sie dann irgendeinen Kommandantur als eine vorgeschobene Einheit der Vertreter? 1. Division. ČUPKA: Den hatte ich. BUNŽA: Auf wessen Befehl gingen Sie hierher? HORVÁTH: Der meldete Ihnen nichts, wenn Sie zurück- Černý: Ich weiß nicht genau, wer den Befehl erteilte. kehrten? BUNŽA: Erinnern Sie sich nicht, dass Sie zu General ČUPKA: Die Dinge betrafen uns nicht, und wenn sie uns Španiel gerufen wurden? Gab er Ihnen nicht irgendwelche betrafen, dann meldete er mir das. Ich hatte Unterleutnant Instruktionen? Kolenič und Unterleutnant Macháček, der hier in Saaz ist. Černý: Daran erinnere ich mich nicht. Bei der Einheit des OBZ [Abwehrnachrichtendienstes] BUNŽA: Sie hatten irgendeine Funktion bei der vorge- 43 waren mehrheitlich Karpaten-Ukrainer und Wolhynien­ schobenen Einheit? tschechen 44. Černý: Ich war der zweite Stellvertreter der BUNŽA: So waren also außer Ihnen bei der Einheit noch Operationsabteilung. die Offiziere Kolenič und Macháček? BUNŽA: Hier in Postelberg? ČUPKA: Ja. Černý: Ja. VANĚK: Sie hatten danach irgendein Verfahren? Haben BUNŽA: Außer Ihnen war hier noch Oberleutnant Petrov sie Sie danach verhaftet? Waren Sie nicht eingesperrt? [= Zícha]? ČUPKA: Nein, ich ging aus Postelberg weg, und meine Funktion übernahm Hauptmann Sommer. Danach Černý: Ja. meldete ich mich beim OBZ in Preßburg (Bratislava), BUNŽA: Welche Funktion hatte der? wurde nach Preschau (Prešov, in der Ostslowakei) versetzt Černý: Er vertrat die zweite Nachrichtenabteilung. und in Neustadtl am Waag (Nové Město nad Váhem) wur- BUNŽA: Dann war hier noch Leutnant Čupka? de ich entlassen. Černý: Ja. Hauptmann Vojtěch Černý BUNŽA: Welche Aufgabe hatte der? Černý: Den Abwehrnachrichtendienst. Aussage des Hauptmann (štábní kapitán) Vojtěch Černý BUNŽA: War jede Einheit für sich unabhängig, arbeitete aus Hohenelbe (Vrchlabí) 45 selbständig? BROŽ /nach Ermahnung und Feststellung der Personali- Černý: Ja. en/: Herr Hauptmann, für die Dauer des Verhörs entbinde ich Sie von der Wahrung amtlicher und militärischer Ge- BUNŽA: Im [hiesigen] Raum wurde eine Konzentrierung heimnisse. durchgeführt, um das Terrain von Deutschen zu säubern. Wer hat dafür einen speziellen Befehl erteilt? BUNŽA: Herr Hauptmann, wann haben Sie den Militär- dienst angetreten? Černý: Wir trafen mit diesem Befehl schon in Postelberg ein. ČERNÝ: Am 1. Oktober 1937. BUNŽA: Wie ist diese Konzentrierung verlaufen? BUNŽA: Wie ist ihr Militärdienst verlaufen? Černý: Im Präsenzdienst war ich bis 15. März 1939, dann Černý: Zur Verfügung gestellt wurden uns die Angehörigen floh ich am 13. August über die Grenze. Ich hielt mich des SNB [Volkspolizei] und der Polizei, die kannten die bei der tschechoslowakischen Legion in Polen auf, der örtlichen Verhältnisse. Sie forderten die Deutschen späteren Ostgruppe UdSSR. Dann kehrte ich über die zur Konzentrierung auf und zogen sie dann im Lager Slowakei hierher zurück. Ich kam im Rang eines Haupt- zusammen. manns zurück. Viermal wurde ich mit dem Kriegskreuz BUNŽA: Wurden sie nicht in die Kaserne abgeführt? ausgezeichnet, zweimal wegen Tapferkeit und für Ver- ČERNÝ: Sie wurden in die ehemalige Kaserne einer Ka- dienste mit dem 1. Grad der russischen Auszeichnung Po- vallerieschwadron zusammengezogen.

85 BUNŽA: Wurden sie in dieser Kaserne durchsucht? BUNŽA: Mit Leutnant Čupka sprachen Sie nicht über die Černý: Ja. Durchführung der Exekution? BUNŽA: Wer leitete die Durchsuchungen? Černý: Soviel ich weiß, haben wir nicht viel miteinander Černý: Die Leitung hatte der OBZ. geredet. Ich habe ihn nicht ausgefragt, ob er jemand hinrichten lassen hat. BUNŽA: Die Deutschen hatten Juwelen und verschiedene Wertsachen bei sich. Wohin kam alles? BUNŽA: Diese vier oder fünf Erschossenen, das waren Mitglieder der Hitlerjugend? Černý: Das weiß ich nicht. Černý: Ja. BUNŽA: Ein gewisser Teil dieser Deutschen wurde dann in der Kaserne erschossen. Wer gab dazu den Befehl? BUNŽA: Sie wohnten in der Kaserne? Černý: Soweit ich weiß, wurden dort einige Deutsche Černý: Nein, ich wohnte außerhalb der Kaserne. erschossen und zwar, weil sie zu fliehen versuchten. Es BUNŽA: Über Nacht waren Sie nicht in der Kaserne? ging um eine Zahl von vier bis fünf. Černý: Nein. BUNŽA: Das waren irgendwelche Buben. Wer gab den BUNŽA: Wer war der Kommandant der Kaserne? Befehl zu deren Erschießung? Černý: Dort war niemand untergebracht, niemand Černý: Zu dieser Erschießung gab den Befehl ich. von den Dienstgraden. Die Kaserne wurde vom Militär BUNŽA: Wie wurden die übrigen Deutschen erschossen? bewacht. Wissen Sie davon etwas? BUNŽA: Herr Hauptmann, sofern die Konzentrierung Černý: Davon weiß ich nichts. in Saaz stattfand, an der Sie mit Oberleutnant Petrov BUNŽA: Waren Sie nicht dabei? [= Zícha] und Oberst Čermák beteiligt waren, war das eine von Ihnen vorbereitete Aktion? Černý: Nein. Černý: Keineswegs, der Befehl kam von oben, ich sollte BUNŽA: Soweit bekannt, wurden sie noch in derselben die Konzentrierung durchführen. Zur Verfügung bekam Nacht erschossen, nachdem sie konzentriert worden ich eine Einheit, es waren da drei gepanzerte Züge, mit waren. Wissen Sie davon nichts? Einen Befehl haben Sie Oberleutnant Zícha forderte ich die Mitwirkung des nicht gegeben? Kommandanten der Garnison von Saaz an, weiter die Černý: Nein. Gendarmerie, die Polizei, und ich glaube, dass auch eine BUNŽA: Wer hat das ausgeführt? Wissen Sie nicht, wer Reiterschwadron zur Verfügung stand. den Befehl dazu gegeben hat? BUNŽA: Der Befehl zur Konzentrierung kam also von Černý: Den Befehl hat vielleicht der Abwehrnachrichten- oben, und Sie gaben den Befehl zu ihrer Durchführung. dienst erteilt. Vielleicht hat es noch jemand anderer getan. Die Konzentrierung wurde durchgeführt, und Männer, bei BUNŽA: Haben Sie von der durchgeführten Exekution er- denen man nicht auf der Stelle feststellte, dass sie tsche- fahren? chischer Nationalität waren, wurden nach Postelberg ab- Černý: Ja, ich habe davon erfahren. geführt. BUNŽA: Wurde Ihnen das dienstlich gemeldet oder erfuh- Černý: Die Gruppe wurde abgeführt, ich war jedoch nicht ren Sie es von den Soldaten? dabei. Alle Ausländer, ob Franzosen, Österreicher oder andere, wurden augenblicklich entlassen. Černý: Ich habe es von den Soldaten erfahren. BUNŽA: Meinen Sie, dass die Deutschen männlichen Ge- BUNŽA: Sagten sie Ihnen nicht, wer den Befehl dazu gab? schlechts, bevor sie nach Postelberg abgeführt wurden, Černý: Nein, ich fragte sie nicht danach. überprüft wurden? BUNŽA: Eine Meldung darüber gaben Sie nicht ab? Černý: Sie wurden auf einer Wiese überprüft, ich glaube, Černý: Nein. dass es das örtliche Lager in Saaz war. BUNŽA: Wer hat es nach Ihrem Eindruck ausgeführt und BUNŽA: Hier geht es um das Detail, ob das hier [in Saaz] aus welchem Grund? oder erst in der Kaserne durchgeführt wurde. Černý: Vielleicht wurde es allein deshalb ausgeführt, weil Černý: Es muss in der Nähe von Saaz geschehen sein, sie entweder dem Befehl nicht gehorchten oder weil sie weil sie entweder vor dem Mittag oder kurz danach etwas anstellten, was sie nicht sollten, was verboten war. zurückkehrten. BUNŽA: Wussten Sie, an welchen Stellen sie erschossen BUNŽA: Die übrigen wurden dann nach Postelberg abge- wurden? führt? Černý: Irgendwo im Gebiet bei der Schule. Černý: Ja.

86 BUNŽA: Dort wurde die Selektion (třídění) durchgeführt. Černý: Nein. Wer hatte dabei die Leitung? KOKEŠ: Hatten Sie in Ihrer Einheit irgendeinen Vertreter? Černý: Die Leitung hatte der OBZ, wenigstens nach Černý: Damals hatte ich niemand. meinem Eindruck, vielleicht die zweite Abteilung, weil die für ähnliche Angelegenheiten zu sorgen hatte. KOKEŠ: Wer wurde Kommandant Ihrer Einheit, als Sie ab- berufen wurden? BUNŽA: Dabei wurden auch hier in Saaz Personen heran- gezogen, die hier im Gefängnis waren. Erinnern Sie sich Černý: Ich weiß nicht, das kam plötzlich und ich musste daran nicht? augenblicklich in Prag antreten. Černý: Davon weiß ich nichts. KOKEŠ: Könnte es sein, dass Ihre Unteroffiziere oder Soldaten sich sagten: Wir BUNŽA: Nach der Selektion, blieben dort noch irgend- werden die Deutschen ohne welche Personen, die vielleicht als SS-Leute und höhere Kommandanten liquidieren, Parteifunktionäre gekennzeichnet wurden und die, nach es geht um SS-Männer? Im uns vorliegenden Nachrichten, erschossen wurden? Wer Hinblick darauf, dass sie die gab dazu den Befehl? Front erlebt hatten, konnten Černý: Ich weiß nicht, weil ich sofort, nachdem die sie sich danach selbständig Konzentrierung in Saaz durchgeführt war, abberufen entscheiden? wurde. Noch am gleichen Tag, als es beendet war, wurde Černý: Das ist möglich. ich abberufen. KOKEŠ: Es geht darum, ob BUNŽA: Wissen Sie nichts davon, dass irgendwelche sie so sehr diszipliniert wa- Deutschen im Lewanitzer Fasanengarten erschossen ren, dass sie sich ohne ihren worden sein sollen? Nicht einmal dem Vernehmen nach, Kommandanten dazu ent- von den Soldaten, wissen Sie davon etwas? scheiden konnten, oder ob Černý: Davon weiß ich nichts. sie so selbständig waren, BUNŽA: Ist Ihnen nichts davon bekannt, dass in dem Ge- dass sie in dieser Frage ohne bäude, in dem der OBZ untergebracht war 47, mit Ange- Ihren Befehl handelten? hörigen der SS grob umgesprungen worden sei und diese Černý: Dazu ist schwer etwas erschossen worden seien? zu sagen, denn die Moral Černý: Davon ist mir nichts bekannt. verkam im Lauf des Krieges. OBZ-Kommandantur in Wenn der Soldat eine offene Postelberg Haus Nr. 74 BUNŽA: Wohin wurden Sie von hier aus abberufen? gegenüber vom Gericht Rechnung hat, dann lässt er Černý: Nach Prag. (Foto: Privatarchiv E. Vacek) seine Wut aus. KOKEŠ: Herr Hauptmann, wie viele Leute zählte Ihre Ein- HOLUB: Als es zur ersten Exekution kam, von der Sie von heit? Ihren Soldaten erfuhren, haben Sie da keine Meldung ge- Černý: Ich weiß es nicht genau. Ich weiß, dass das sehr macht? schwache Einheiten waren, mit rund 35 Leuten. Černý: Nein. KOKEŠ: Aus was für Soldaten war sie zusammengesetzt? HOLUB: Hielten das nicht manche für ungeschickt und Černý: Es waren das nur Frontsoldaten, Karpatenukrainer, unklug? Sie mussten doch wissen, dass es hier eine Rei- Leute, die die Front erlebt haben. he von Deutschen gibt, die evakuiert werden und davon KOKEŠ: Hier waren noch Oberleutnant Zícha und Leut- draußen erzählen würden? nant Čupka. Die hatten selbständige Formationen? Černý: Ich glaube, dass darüber nicht viel nachgedacht Černý: Čupka hatte die sogenannte Feldgendarmerie zur wurde, die Deutschen taten so viel Böses, dass wir ihnen Verfügung. Oberleutnant Zícha /Petrov/ hatte nur einige das nie heimzahlen könnten, selbst wenn wir jeden Tag Leute. Wenn er Leute brauchte, forderte er sie bei mir an. Exekutionen durchgeführt hätten. KOKEŠ: Konnte Zícha oder Čupka Ihrer Einheit Befehle er- HOLUB: Das war das Sonderrecht (výsada) der Deut- teilen? Ohne Ihr Wissen als Kommandant? schen. Černý: Gewiss konnte er, wenn ich nicht anwesend Černý: Ich weiß nicht, wie das jemand auffasst. Wenn gewesen wäre. das deutsche Volk es fertigbringt, 25 Millionen Menschen KOKEŠ: Kam es irgendwann vor, dass sie etwas anordne- umzubringen, ist es schwer, anders zu handeln [als wir], ten, was Sie nicht gutgeheißen hätten? wenn wir mit ihnen Schritt halten wollen.

87 BUNŽA: So kann man es sehen. Herr Oberleutnant Zícha Kommandant war niemand. Die Deutschen wurden dort sagt, dass Sie bei der 2. Abteilung des Stabes mit Haupt- konzentriert, und Leutnant Čupka oder Zícha gingen dort mann Steiner darüber sprachen, dass es nicht klug sei. Er- hin und suchten sich von dort Leute zur Arbeit aus. innern Sie sich daran nicht? LUKEŠ: Das war ein Internierungslager? Wer verpflegte Černý: Daran erinnere ich mich nicht. die Leute dort, die Division oder der örtliche Nationalaus- KOKEŠ: Haben Sie nicht überlegt, dass es aus interna- schuss? tionalen Gründen nicht klug ist, weil die Frauen nach Černý: Für die Verpflegung sorgte Leutnant Čupka, ich Deutschland kommen würden, und dass es dann propa- glaube, gemeinsam mit Oberleutnant Zícha. gandistisch gegen uns verwendet werden würde? LUKEŠ: Wenn dort jemand hinzugehen hatte, von wem Černý: Es war schon schwer für uns, davon zu erfahren – hatte er die Genehmigung? wie viel mehr für die Zivilbevölkerung? Černý: Zutritt hatten nur Angehörige der Einheit. BUNŽA: Da war doch die Knallerei (střelba). Die Deut- LUKEŠ: Wenn irgendwelche Deutschen durchzulassen schen haben gewusst, dass man sie abknallt (že se střílí). waren, wer entschied darüber? Černý: Knallerei gibt es immer wieder. Černý: Wenn Čupka oder Zícha damit kam, dass er so und KOKEŠ: Die Gräber blieben offen, es heißt, sie sollen dort so viele Leute braucht, suchte er sie sich aus und ging. Kerzen aufgestellt haben und zum Gebet hingegangen LUKEŠ: Wer entließ die Deutschen? sein. Černý: Dort waren Wachen, das waren Unteroffiziere, BUNŽA: Als in Postelberg die Konzentrierung durchge- oder die Genehmigung kam von mir oder von Čupka. führt wurde, erinnern Sie sich da nicht, ob Sie dem Kom- Meine Einheit hatte die Aufgabe, die Deutschen mandanten in Postelberg den Befehl gaben, nachts die zusammenzuhalten und militärisch zu sichern. Zugänge zu bewachen, und wenn irgendeine Aktion aus- geführt würde, darüber zu schweigen? Schließen Sie das KÁCL: Bei der Konzentrierung der Deutschen in Saaz wur- aus oder erinnern Sie sich nicht? den auf dem Marktplatz zwei Deutsche erschossen. Wis- sen Sie davon etwas? Černý: Keinesfalls erinnere ich mich daran. Soweit ich mich des SNB [Volkspolizei] bediente, war das ausschließlich Černý: Ja, ich erinnere mich an einen Fall. für die Durchführung der Konzentrierung. KÁCL: Aus welchem Grund geschah das? BUNŽA: Schließen Sie aus, dass Sie in der Nacht den Wa- Černý: Der Deutsche lehnte sich heftig auf, wandte sich chen einen Befehl gegeben haben? gegen die Wache, die ihn führte. Černý: Ich schließe das aus. KÁCL: Mit einer Waffe? BUNŽA: Uns sagt und beteuert das der Kommandant des Černý: Der Deutsche wollte den Befehl nicht befolgen und Postelberger SNB-Postens. wurde erschossen. KOKEŠ: Er hat sogar Verzeichnisse und sagt, dass er dort KÁCL: Wurde darüber kein Protokoll verfasst? 35 Leute hatte, die den Dienst versahen. Černý: Es galt der allgemeine Befehl, dass jemand, der BUNŽA: Er sagt, dass die Exekutionen einige Tage lang sich widersetzt, zu erschießen ist. ausgeführt wurden. KÁCL: Im Lager Postelberg war auch ein ehemaliger Pri- Černý: Daran erinnere ich mich nicht. Ihre Dienste marius [Chefarzt] des Saazer Krankenhauses interniert, beanspruchte ich nur, während die Deutschen konzentriert ich glaube, er hieß Dr. Janíček. Er sollte exekutiert wer- wurden. den, aber es ist ihm gelungen zu fliehen. Diese Person ist /Bunža teilt die Aussagen von Peterka, Kommandant des die Ursache, dass man von der Angelegenheit jenseits der SNB-Postens in Postelberg, mit./ Grenze zu reden anfing. Černý: Falls ich mich seiner für irgendetwas bediente, Černý: Davon ist mir nichts bekannt. sagte ich ihm, dass es um Dinge geht, von denen zu BUNŽA: Kennen Sie den Namen Marek? sprechen nicht ratsam ist. Černý: Ja. LUKEŠ: Wir haben im Ganzen festgestellt, dass es in Pos­ telberg drei Einheiten gab: Ihre Einheit, die von Oberleut- BUNŽA: Von welcher Zeit an arbeiteten Sie mit ihm zu- nant Zícha und den OBZ. Welcher Einheit unterstand die sammen? Kaserne? Wer hatte dort das Kommando? Černý: Der OBZ arbeitete mit ihm zusammen. Černý: Die Kaserne wurde von meinen Leuten bewacht, BUNŽA: Welche Rolle spielte Marek bei diesen Exekuti- manchmal auch von den Leuten von Leutnant Čupka. Ihr onen?

88 Černý: Ich glaube, Čupka benutzte ihn dafür, Leute zu BUNŽA: Sonst ist Ihnen von einer Schießerei nichts be- nennen, die der Mitgliedschaft in der SS und NSDAP kannt? verdächtig waren. FARTÁKOVÁ: Davon ist mir nichts bekannt. BUNŽA: Sie haben ihn zu keinen Diensten benutzt? BUNŽA: Wurden die Frauen dort misshandelt? Haben Sie Černý: Ich habe ihn nicht benutzt. derlei nicht gesehen? FARTÁKOVÁ: Alles ging ruhig ab, die Frauen verhielten Růžena Fartáková sich ruhig, keine musste sich ausziehen. Aussage der Růžena Fartáková aus Postelberg BUNŽA: Wie hieß das andere Mädchen, das mit Ihnen die BUNŽA /nach Ermahnung zur Wahrheit und Feststellung Frauen durchsuchte? der Personalien/: Sie waren in Postelberg, als die Durch- FARTÁKOVÁ: Sie hieß Anna Aulická und wohnt in Postel- suchung der Frauen durchgeführt wurde. Wie lief das ab? berg Nr. 365. FARTÁKOVÁ: Ich war zu Hause, als mich František Kočí BUNŽA: Kannten Sie Marek in Postelberg schon vor dem abholte. Ich wusste nicht, weswegen ich mit ihm gehen Krieg? sollte. Davor war verkündet worden, dass die Deutschen FARTÁKOVÁ: Ja. sich auf dem Marktplatz versammeln sollen. Ich wollte nicht gehen, aber mein Vater schickte mich dann. Ich ging BUNŽA: Welchen Ruf hatte er? zusammen mit noch einem Fräulein aus Postelberg. Als FARTÁKOVÁ: Das weiß ich nicht, ich war damals noch wir dort ankamen, wies uns Herr Marek an, dass wir die Schülerin. deutschen Frauen durchsuchen sollten, die in Alltagsklei- dern waren. František Naszwetter BUNŽA: Waren dort viele Frauen? Aussage des František NASZWETTER, Dachdecker in FARTÁKOVÁ: Ja, wir durchsuchten sie in Viererreihen. Postelberg Nr. 313 Entkleiden mussten sie sich nicht, wir durchsuchten sie BUNŽA /nach Ermahnung und Feststellung der Persona- am Körper. lien/: In Postelberg wurde die Konzentrierung der Deut- BUNŽA: Wo war Marek? schen durchgeführt. Waren Sie dabei? Wer hatte die Lei- FARTÁKOVÁ: Der war anwesend. tung? BUNŽA: War dort auch eine Soldatin? NASZWETTER: Ich war dabei, die Leitung hatte der OBZ [Abwehrnachrichtendienst]. FARTÁKOVÁ: Es war dort ein Soldat und seine Frau. BUNŽA: Wurde dazu irgendein Befehl erteilt? BUNŽA: Wie viele von den Sachen sammelten sich dort an? NASZWETTER: Am Abend vorher wurde der Befehl gege- ben, alle Deutschen sollten sich vor dem örtlichen Natio- FARTÁKOVÁ: Ich war damals aufgeregt, es waren dort be- nalausschuss versammeln und 3 kg Gepäck mitnehmen. kannte Leute, und wir waren dabei, aufs Feld zu gehen. Am Morgen versammelten sie sich; und alles wurde in die BUNŽA: Die Deutschen hatten angeblich zumeist Geld Kaserne abgeführt. Dabei gab es zwei Verwundete. Das und Uhren bei sich. Wie viel war das? war auf dem Marktplatz vor dem Hotel Moskva. FARTÁKOVÁ: Es war dort Herr Marek, es waren dort Offi- BUNŽA: Kennen Sie Leutnant Čupka? ziere und ein . NASZWETTER: Vom Sehen ja, aber dem Namen nach BUNŽA: War dort irgendein höherer Offizier? kenne ich niemand. FARTÁKOVÁ: Es war dort ein Stabsfeldwebel. BUNŽA: War dort irgendein slowakischer Offizier? HOLUB: Den Leutnant Čupka kannten Sie nicht? NASZWETTER: Einer war dort, ich kenne ihn. FARTÁKOVÁ: Nein. BUNŽA: War er bei der Konzentrierung dabei? BUNŽA: Waren die Offiziere auf dem Hof? NASZWETTER: Er war dort. FARTÁKOVÁ: Das weiß ich nicht. BUNŽA: Nach der Konzentrierung wurde also alles in die BUNŽA: Wie trugen sie die Sachen weg? Kaserne geführt. Welche Rolle spielte dabei Marek? FARTÁKOVÁ: Sie trugen sie in Einkaufstaschen weg. NASZWETTER: Er war an der Leitung beteiligt und fun- BUNŽA: Wer trug es weg? gierte als Dolmetscher. FARTÁKOVÁ: Der Feldwebel trug sie weg. BUNŽA: Kamen Sie in die Kaserne?

89 NASZWETTER: Ich war dort als Soldat. Ich unterstand ei- KÁCL: Waren Sie dort, um nach der Schießerei zu schauen? nem Unterleutnant. NASZWETTER: Nein. BUNŽA: Waren Sie bei der Einheit OBZ? KÁCL: Warum sind Sie dort nicht hingegangen, um zu NASZWETTER: Ich war dort als Reservist. schauen? BUNŽA: Wo waren Sie untergebracht? NASZWETTER: Mich interessierte das nicht. NASZWETTER: Ich wohnte zu Hause, aber die Wachstube BUNŽA: Sprachen Sie mit den Wachleuten? hatten wir im Hotel. NASZWETTER: Ich war nicht dabei. BUNŽA: Als die Leute in die Kaserne kamen, wer leitete BUNŽA: Dort war doch eine Massenschießerei [Massen- dort die Einteilung? hinrichtung]. NASZWETTER: Das tat der OBZ. Wir führten sie dort hin NASZWETTER: Ich weiß nur, dass aus Postelberg sech- und gingen weg. zehn Deutsche verschwanden. BUNŽA: In die Kaserne gingen Sie überhaupt nicht hin- BUNŽA: Wissen Sie von keinem Soldaten, der zum Hin- ein? Manche Deutschen wurden erschossen. Was wissen richtungstrupp gehörte? Sie davon? NASZWETTER: Nein. NASZWETTER: Ich war nicht dabei. BUNŽA: Wie viele Leute wurden im Graben hingerichtet? BUNŽA: Was meinen Sie, wer sie erschossen hat? NASZWETTER: Davon habe ich keine Ahnung. NASZWETTER: Das taten die Soldaten des OBZ. BUNŽA: Sprachen Sie mit niemand, der im Hinrichtungs- BUNŽA: Einzelheiten darüber wissen Sie nicht? trupp war? NASZWETTER: Nein NASZWETTER: Nein. BUNŽA: Wie viele wurden erschossen? BUNŽA: Von anderen Massengräbern wissen Sie nichts? NASZWETTER: Aus Postelberg ungefähr sechzehn. NASZWETTER: In Postelberg machte ich ungefähr zehn BUNŽA: Wie viele Männer aus Postelberg waren ungefähr Tage Dienst, von den Saazer Hinrichtungen weiß ich versammelt? nichts. NASZWETTER: Das lässt sich nicht abschätzen, es war BUNŽA: Was redete man davon in Postelberg? Wer führte eine große Kolonne, ich weiß nicht, wie viele es waren. Es es aus und auf wessen Befehl? waren nicht ganz zwei Kompanien. Alle wurden ins Lager NASZWETTER: Das weiß ich nicht. (lágru) gebracht. Die genaue Zahl entspräche dem La- KOKEŠ: Nach Ihrer Ansicht wären nur Funktionäre und gerbestand. In das Lager (tábora) führten sie Männer und Nazis erschossen worden, sonst ging die normale deut- Frauen. Dorthin führte ich sie nicht mehr, ich hatte dann sche Einwohnerschaft, Männer und Frauen, ins Lager und nichts mehr mit ihnen zu tun. Über Nacht wurden in Pos­ zur Arbeit. Zur Arbeit gingen sie und eines Tages kamen telberg über 40 Selbstmorde verübt. Die Leichen wurden sie nicht zurück. auf den Friedhof gefahren und dort bestattet. NASZWETTER: Daraus schließe ich, dass sie verschwan- KOKEŠ: Sie sagen, dass in der Kaserne ungefähr sechzehn den. Deutsche erschossen wurden. KOKEŠ: Daraus haben Sie auch geschlossen, dass die NASZWETTER: Mehr nicht. sechzehn Deutschen, die nicht ins Lager kamen, erschos- KOKEŠ: Wie stellten Sie fest, dass es etwa sechzehn wa- sen wurden? ren? In Postelberg gab es einige hundert Deutsche männ- NASZWETTER: Abends führten sie sie ab. Sie waren im lichen Geschlechts. Es geht darum, ob alle Personen Gefängnis beim Bezirksgericht. männlichen Geschlechts erschossen wurden oder nur die Amtsträger. KÁCL: Wie hieß der Bürgermeister? NASZWETTER: Vielleicht nur die Amtsträger, die übrigen NASZWETTER: Lenz Josef. wurden ins Lager abgeführt, ihnen tat man nichts. Die HOLUB: Sie sagten, dass vor dem Hotel jemand ange- gingen auf Arbeit, ich habe sie gesehen. schossen wurde. Wer war das? KÁCL: Wer wurde vor der Schule zusammengeschossen? NASZWETTER: Das war ein gewisser Player, der danach Wie viele Nächte wurde vor der Schule geschossen? abgeschoben wurde. NASZWETTER: Soweit ich weiß, ungefähr drei Nächte. HOLUB: Man spricht davon, dass an den Deutschen Ge- Ich wohnte unterhalb der Schule. walttätigkeiten verübt wurden.

90 NASZWETTER: Ich war nicht dabei. ZELENKA: Er war sehr intelligent, hatte jedoch Fehler und LUKEŠ: Kennen Sie den jetzigen Vorsitzenden des ONV gefiel nicht jedem. [Bezirksnationalausschuss] in Saaz? BUNŽA: Was waren das für Fehler? NASZWETTER: Dem Namen nach ja. ZELENKA: Er trank gern und führte sich gebieterisch auf. LUKEŠ: Kam er nicht in Berührung mit den Sachen, die bei BUNŽA: Hatte er nicht irgendwelche Weibergeschichten? den Durchsuchungen einbehalten wurden? ZELENKA: Davon weiß ich nichts. NASZWETTER: Ich war in der Kaserne nur einmal, etwa BUNŽA: Wie war sein Ruf in nationaler Hinsicht? eine Stunde. Oberleutnant Zícha kenne ich vom Sehen, ZELENKA: Er war ein verlässlicher, guter Tscheche. aber in der Postelberger Kaserne habe ich ihn nicht gese- hen. BUNŽA: Wir haben Nachricht, wonach er mit jedem zu- sammenzuarbeiten bereit war, dass er sich mit einer Grup- BUNŽA: Kennen Sie irgendeinen von den Wachleuten? pe von Henlein-Leuten traf, dort sogar gesehen wurde. NASZWETTER: Nein. Das waren durchweg fremde Leute. ZELENKA: Das weiß ich nicht, ob ihn dort jemand gese- Nur einen kenne ich, der ist in Laun (Louny). hen hat. Rudolf Zelenka BUNŽA: Können Sie das ausschließen? ZELENKA: Ausschließen kann ich das nicht, aber ich bin Aussage des Rudolf ZELENKA, Schulleiter in Postelberg 48 der Ansicht, dass er ein guter Tscheche war. BUNŽA /nach Ermahnung und Feststellung der Persona- BUNŽA: Bei der Konzentrierung galt der Aufruf nur für lien/: Sie waren Vorsitzender der Verwaltungskommission Deutsche? in Postelberg und führten dort die Konzentrierung der Deutschen durch. Auf wessen Befehl geschah das? ZELENKA: Ja, nur für Deutsche. ZELENKA: Auf Befehl des OBZ [Abwehrnachrichten- BUNŽA: Wurde die Überprüfung der Personen beim Na­ dienstes]. Den Befehl übermittelte mir ein Feldwebel, der tionalausschuss­ vollzogen? bei der Abteilung von Leutnant Čupka war. Er überbrachte ZELENKA: Auf dem Marktplatz vor dem Nationalaus- mir das mit Instruktionen, wie die Konzentrierung durch- schuss stellte man fest, wer dort hingehört und wer nicht. geführt werden soll. Es kamen dort Leute hin, die ausgesondert wurden, aber BUNŽA: Wer leitete die Konzentrierung? mehrheitlich wurden alle in das Sammellager im städti- schen Fasanengarten gebracht. ZELENKA: Die Polizisten leiteten sie, die beim örtlichen Nationalausschuss [MNV] waren. BUNŽA: Führten sie die direkt dorthin oder zuerst in die Kaserne? BUNŽA: Dort war auch Marek? ZELENKA: Alle führten sie dort hin, Männer und Frauen. ZELENKA: Der war der Kommandant. Erst von dort aus wurden manche in die Kaserne geführt. BUNŽA: Wer hatte ihn in Dienst gestellt? Manche waren schon früher verhaftet worden (zajištěni, ZELENKA: Ich kannte ihn aus der ersten Republik. Da ich „sichergestellt“). Die waren im Gefängnis. dort niemand hatte, der die Ordnung gewährleistet hätte, BUNŽA: Sie haben sie nicht verhaftet? forderte ich ihn auf, dort hinzukommen und den Polizei- ZELENKA: Ich selbst habe das nicht getan. dienst zu organisieren. BUNŽA: Wer hat es getan? BUNŽA: Er arbeitete dann mit dem OBZ zusammen. Wer ZELENKA: Marek mit dem OBZ. empfahl ihn dort? BUNŽA: Sie sagen, dass alle in den Fasanengarten ge- ZELENKA: Das weiß ich nicht. Er verließ von sich aus den führt wurden. In der Kaserne waren Sie nicht? Polizeidienst des Nationalausschusses und erschien auf einmal mit dem Abzeichen des OBZ und sagte, dass er ZELENKA: Dort kam ich später wegen einer anderen An- dort eingereiht sei. gelegenheit hin, etwa vierzehn Tage danach. BUNŽA: Sie waren in Postelberg auch schon während der BUNŽA: Dort wurden irgendwelche Deutschen erschos- ersten Republik? sen. Wie viele von ihnen verschwanden? ZELENKA: Vom Jahre 1921 an diente ich beim Postelber- ZELENKA: Das kann ich nicht sagen. 100, 200, schwer zu ger Bezirk, in Postelberg war ich ab 1927. sagen. Ich habe kein Verzeichnis gesehen. BUNŽA: Marek soll schon damals keinen guten Ruf ge- HOLUB: Jemand sagt 500 bis 600. habt haben? BUNŽA: Wie viele Leute sind bei der Schule [begraben]?

91 ZELENKA: Rund 200. Sie sollen nicht alle aus Postelberg Landwirt, der dort seinen Hof hat. Die haben das Schie- sein. ßen gehört. BUNŽA: In die Kaserne kamen Deutsche aus Saaz. Von KÁCL: Wie viele Nächte nacheinander war das? diesen sollen auch manche erschossen worden sein? ZELENKA: Das war einige Nächte. Die erste Nacht war ZELENKA: Ich habe davon gehört, aber weiß nicht, wie nicht viel los. Es hieß, das sind die, die im Gefängnis waren. viele es waren. Die Hinrichtung führten sie direkt von der KÁCL: Die kamen auch in diesen Graben? Abteilung OBZ aus durch. ZELENKA: Dann nahm es zu, am meisten war in der zwei- BUNŽA: Mit Čupka sprachen Sie über diese Dinge nicht? ten Nacht los. ZELENKA: Mit dem ließ es sich schwer sprechen, er igno- KÁCL: Das waren nur Männer? rierte uns, machte alles für sich allein. ZELENKA: Nur Männer. Man redet auch von zwei Frauen, BUNŽA: Seit Beginn Ihrer Rückkehr nach Postelberg ha- aber die sind angeblich nicht dort. Eine hieß Gärtnerová. ben Sie in der Bürgerschule gewohnt? Die Hinrichtungen waren nicht in der Kaserne, sondern ZELENKA: Dort zu wohnen war nicht möglich, die Schule auf dem Platz oberhalb des Grabens. war nicht hergerichtet. Nach Postelberg umgezogen bin KOKEŠ: Wer sagte Ihnen das? ich erst ab 1. Oktober. Bis zu der Zeit stand die Schule leer. ZELENKA: Die Leute sagen es. Es war dort Gerät, aber alles war in Unordnung. Früher war dort die Zentrale des Reichsarbeitsdienstes. Während BUNŽA: Wer ordnete an, dass man den Graben mit Chlor- der Okkupation war ich in Laun (Louny). kalk bestreuen muss? ZELENKA: Ich wollte, dass der Graben zugestreut wird. BUNŽA: Marek war während der Okkupation in Lene- schitz (Lenešice) und soll dort irgendwelche Eigentums- BUNŽA: Sie meldeten, dass dort Leichen sind? delikte begangen haben. Da haben Sie sich nicht gerade ZELENKA: Ja, ich meldete das dem Divisionskomman- den besten Menschen ausgesucht. danten Oberstleutnant Čermák. ZELENKA: Jemand auszusuchen war schwer, weil einfach BUNŽA: Was befahl er Ihnen? niemand da war. ZELENKA: Er hat gesagt, dass man das zuwerfen muss, BUNŽA: Wie viele Deutsche verschwanden insgesamt aus wegen der Kinder sollten wir irgendein Desinfektionsmit- Postelberg? tel hineintun und es dann in Ruhe lassen. ZELENKA: Ich weiß nicht, davon ist mir nichts bekannt. BUNŽA: Nach den folgenden Nächten habt ihr das auch KÁCL: Wieviel mal wurden vor der Schule Exekutionen so gemacht? durchgeführt? ZELENKA: Es wurde ebenfalls hineingegeben. Das be- ZELENKA: Während einiger Nächte. sorgten die Angestellten der örtlichen Verwaltungskom- mission [MSK]. KÁCL: Wie sah es vor der Schule nach der Exekution aus? Was war dort zu sehen? BUNŽA: Jetzt ist dort Sand und Lehm. Warum ist das so? ZELENKA: Dort war nachher nichts zu sehen. Der Graben ZELENKA: Dort ist sandiger Boden und es wurde aufge- war sehr tief. Er war eine wirklich große Vorrichtung für schüttet. die Panzerabwehr. Die Breite war ungefähr vier bis fünf BUNŽA: Wovon kommen die Haufen? Meter, die Tiefe ungefähr sechs Meter. ZELENKA: Das sind Aushebungen, es wird eine Gaslei- KÁCL: Wer schaufelte das zu? tung gelegt. ZELENKA: Zugeschaufelt haben das deutsche Frauen, KOKEŠ: Wohin kamen die Deutschen [Frauen], die das zu- ich habe sie beim Zuschaufeln gesehen, es war das in der schaufelten? Wussten sie, dass dort Leichen sind? Junihitze.­ ZELENKA: Sie wussten es, sie mussten die dort sehen. KÁCL: Woher habt ihr den Chlorkalk genommen? KOKEŠ: Wer holte sie aus dem Fasanengarten für diese ZELENKA: Da berieten uns die dort anwesenden Angehö- Arbeiten? rigen der Standortgarnison. ZELENKA: Gewöhnlich holte sie sich der OBZ oder sie KÁCL: Könnten Sie welche benennen, die nebenan wohn- wiesen den Wachtmeister Pelc an, sie ihnen zu schicken. ten und das Schießen hörten? KOKEŠ: Wurde Ihres Wissens auch irgendein Tscheche ZELENKA: Direkt dort wohnte der Lokomotivführer Josef hingerichtet? Navrátil aus der Komenskýgasse und Ladislav Malecký, ZELENKA: Man sagte das, aber ich weiß nichts davon.

92 Man sprach über einen gewissen Řička, angeblich ein LUKEŠ: Von wie vielen wird da gesprochen, die es dort Tscheche. Dem Namen nach war er Tscheche. geben soll? KOKEŠ: Vor dem Krieg soll er sich zu den Tschechen ge- ZELENKA: Fast jeder trachtete danach, dem auszu­ meldet haben. weichen. ZELENKA: Vor dem Krieg meldete er sich zu den Tsche- LUKEŠ: Nach der Zahl der Einwohner haben Sie das nicht chen, aber während des Krieges zu den Deutschen. Er war abgeschätzt? Sudetendeutscher. ZELENKA: Deutsche, die vor dem Jahr 1938 in Postelberg KÁCL: Unter den Konzentrierten soll auch der ehemalige waren, blieben nicht dort 49. Es kamen viele Flüchtlinge Primarius (Chefarzt) des Saazer Krankenhauses gewesen (vystěhovalců, „Auswanderer“) aus Schlesien dorthin. In sein, dem es gelang, zu fliehen? Postelberg zählte man [1930] 3.300 Einwohner 50. Man ZELENKA: Davon weiß ich nichts. Unter den Konzent- sprach davon, dass dort [jetzt] viereinhalb Tausend Deut- rierten war Steinbach, der die Versorgung leitete, und der sche sind, von denen kannte ich nicht viele Leute. örtliche Tierarzt Dr. Lukesch, der den Volkssturm befeh- KOKEŠ: Von wie vielen Personen spricht man bezüglich ligte. Die entkamen, weil die Öffentlichkeit ihre Dienste der Hinrichtungen? benötigte. Steinbach wurde abgeschoben und Lukesch gleichfalls. Anfangs waren sie im Gefängnis. ZELENKA: Insgesamt von etwa 400. KÁCL: Ist Ihnen etwas davon bekannt, dass Frauen im La- KOKEŠ: Wer wurde nach Ihrer Ansicht erschossen? ger missbraucht wurden? ZELENKA: Vor allem waren das Leute, die Nazis waren. ZELENKA: Die Angehörigen des OBZ hatten jeder in sei- Nach welchen Richtlinien der OBZ sie sich aussuchte, ner Wohnung direkt einen ganzen Harem. Ich sah es selbst weiß ich nicht. Das ist meine Ansicht. Ich habe es selbst und konnte nichts dagegen tun. gesehen, wie sie sie untersuchten, ob sie [mit SS-Zeichen- BUNŽA: Und Leutnant Čupka? und Nummern] tätowiert sind, und wie sie Amtsträger der SS suchten. Ein Großteil derer, die sie herbrachten, tru- ZELENKA: Bei Čupka war ich und sah dort eine betrunke- gen falsche Namen. ne nackte Deutsche im Bett. KÁCL: Und Marek? LUKEŠ: Ein Angehöriger des SNB [Volkspolizei] bezeich- nete uns im Wald eine Stelle, wo ein Galgen aufgestellt ZELENKA: In Mareks Privatleben hatte ich keinen Ein- gewesen sein soll. Wissen Sie davon etwas? blick. Es kamen oft Beschwerden, dass Soldaten sich von deutschen Frauen bedienen ließen. ZELENKA: Von einem Galgen weiß ich nichts. Dort wurde nur geschossen. BUNŽA: Also standen die Soldaten nicht in gutem Anse- hen? BUNŽA: Zwischen den Bäumen in der Richtung auf Ferb- ZELENKA: Ganz bestimmt nein. ka (Vrbka) soll es einen Balken gegeben haben, wo hinge- richtet wurde. Es sind dort zwei Gräber. BUNŽA: Wissen Sie nichts davon, dass im Lager im Fase- nengarten sich irgendwelche Folterungen ereigneten? ZELENKA: Dort sind einige Gräber aus dem Hunger- marsch (hladový pochod) nach Theresienstadt (Terezín) 51. ZELENKA: Davon weiß ich nichts. Etwas anderes weiß ich nicht davon, auch habe ich davon BUNŽA: Es wurde auch davon gesprochen, dass sie in der nichts gehört. Kaserne einigen Deutschen die Geschlechtsteile abge- schnitten haben sollen? BUNŽA: Es war dort eine Krähenhütte? ZELENKA: Davon habe ich nichts gehört. Meiner Ansicht ZELENKA: Die Hütte war irgendwo seitwärts, aber wer in nach geht es da um Märchen. den Gräbern auf dem Weinberg (na Vinici) begraben ist, ist mir nicht bekannt. LUKEŠ: Außer dem Grab an der Schule soll es dort noch andere Gräber geben. BUNŽA: Kannten Sie Hauptmann Černý? ZELENKA: Davon wird geredet, aber wo die Gräber sind, ZELENKA: Ja. weiß ich nicht. BUNŽA: Wer gab den Befehl zu den Hinrichtungen, Černý LUKEŠ: Wie viele Personen sollen dort ungefähr sein? oder Čupka? ZELENKA: Bei der Schule ungefähr 200. ZELENKA: Ich weiß es nicht, habe auch nichts davon ge- LUKEŠ: Wie viele im Postelberger Fasanengarten? hört. ZELENKA: Davon weiß niemand etwas Bestimmtes. Die BROŽ: Welchen Eindruck machte Hauptmann Černý auf Leute sprechen immer von einer höheren Zahl. Sie?

93 ZELENKA: Einen sehr guten, er war ein sehr intelligen- der von Marek auseinander, und es ist schwer, der Sache ter Offizier. Ich glaube, es war dort Oberleutnant Petrov die Spitze abzubrechen, wenn wir keine Zahlen haben. [= Zícha], der sagte, wir sollten dafür sorgen, dass auf dem ZELENKA: Ich habe die Hinrichtung nicht gesehen, es war Platz einige Gewächse gepflanzt würden, damit es nicht nur eine Schätzung. so wüst aussähe. Ich wollte, dass die Leichen exhumiert würden, sie sagten jedoch, es sei zu tief. Alexandr Macháček BUNŽA: Sie waren mehrmals bei Oberstleutnant Čermák? Aussage des Alexandr MACHÁČEK, Fleischer und Selcher ZELENKA: Ich war bei ihm sehr oft. Er verkehrte bei mir in Saaz, Nr. 564 im Rathaus. Was die Offiziere betrifft, hatten wir gute BUNŽA /nach Ermahnung zur Wahrheit und Feststellung Kontakte. Wir ersuchten sie nur, sie möchten die Gewalt der Personalien/: Wie und wann sind Sie in die Republik der Hinrichtungen (exekuční moc) beenden. Da wurde uns gekommen? gesagt, dass dies eine andere Abteilung ist, die nicht der Kommandantur untersteht. Wir bemühten uns darum, MACHÁČEK: Ich bin ein Wolhynientscheche und kam mit dass der OBZ von hier abzieht. der Auslandsarmee hierher. LUKEŠ: Oberleutnant Zícha beteiligte sich an den Exeku- BUNŽA: Wann traten Sie in die Auslandsarmee ein? tionen? MACHÁČEK: Am 15. März 1944 trat ich in die Armee ein. ZELENKA: Das wusste ich nicht. Ich war nie bei irgendei- BUNŽA: Wann kamen Sie nach Postelberg? ner Exekution dabei, ich weiß nicht, wer dazu die Befehle MACHÁČEK: Im Juni 1945. Am 1. Mai 1945 wurde ich zum gab. Unterleutnant ernannt und dem 1. Regiment zugeteilt. BUNŽA: Sprach man nicht davon, dass man das nicht tun BUNŽA: Wo wurden Sie eingereiht? sollte, oder wie wurde das bewertet? MACHÁČEK: Ich wurde dem OBZ [Abwehrnachrichten- ZELENKA: Dagegen war niemand. Wie ich die damalige dienst] zugeteilt. Stimmung der Bevölkerung kenne, sagten einfach alle, BUNŽA: Wer war der Kommandant? dass sie [die Deutschen] es alle verdienen und dass es noch mehr sein sollten. Jeder hieß diese Maßnahmen gut, MACHÁČEK: Leutnant Čupka. nur wurden die Art und vor allem die Orte missbilligt. BUNŽA: Waren Sie an der Konzentrierung der Deutschen KÁCL: In Postelberg gibt es einen gewissen Beneš, der in Postelberg beteiligt? einen Schwiegervater hat, der von diesen Dingen etwas MACHÁČEK: An der Konzentrierung war ich unbeteiligt, wissen soll. Wie heißt dieser Schwiegervater? weil ich noch nicht dort war. Eine Konzentrierung ist in ZELENKA: Karel Wilhelm. Der hatte ständig Dienst im Saaz gewesen. Rathaus. Vielleicht wüsste er von diesen Dingen mehr. BUNŽA: Wohnten Sie in der Kaserne? Nach meiner Ansicht ist die Stimmung der Bevölkerung MACHÁČEK: Nein, ich wohnte am Marktplatz. auch heute nicht so, dass ihnen die hingerichteten Deut- BUNŽA: Haben Sie gehört, dass Deutsche aus Postelberg schen leidtun. liquidiert wurden? KOKEŠ: Was zu tun würden Sie für geeignet halten, um MACHÁČEK: Das habe ich nicht gehört. Davon wurde diesen Gerüchten Einhalt zu gebieten? geredet, und ich legte dem kein Gewicht bei. Für mich ZELENKA: Heute macht uns das nichts, und ich würde je- war das keine Neuigkeit. Vor jedem nehme ich den Hut denfalls empfehlen, die Sache auf sich beruhen zu lassen, ab, der damals derlei tat, aber auf meine Ehre kann ich weil dort allerlei gefunden würde. Dafür sprechen auch sagen, dass ich keinen erschossenen Deutschen gesehen gesundheitliche Gründe. habe. Ich war ein frischgebackener Offizier, Befehle gab BROŽ: Fragte jemand in Postelberg nach, ob Tschechen ich nicht, dafür war die Kommandantur da, und das Reden hingerichtet wurden? der Leute beachtete ich nicht. ZELENKA: Eine Tschechin, die einen Deutschen zum BUNŽA: In Postelberg kam es zu einigen Hinrichtungen. Mann hatte, verlangte, dass ihr Mann für tot erklärt wür- Was wissen Sie davon? de. Das war der einzige Fall, dass sich bei uns jemand nach MACHÁČEK: Für mich gab es sie nicht. Vor jedem nehme dem Schicksal eines Verschwundenen erkundigte. Es ist ich die Mütze ab, der so handelte. Ich bin Auslandssol- jedoch nicht wahr, dass irgendein Tscheche vermisst wor- dat und habe gesehen, was die Deutschen in Russland, den wäre. Mein Eindruck ist, dass das aufgebauscht wird. in der Ukraine, in Wolhynien getan haben. Für mich wäre BUNŽA: Was die Zahlen betrifft, geht Ihre Aussage mit das nichts Neues, auch wenn sie heute noch Deutsche

94 erschießen würden. Sollen sie doch auf die Ebenen Russ- ROZNER: Als wir dort ankamen, sperrten sie uns ein und lands schauen! wir durften nicht hinaus. BUNŽA: Es wurde darüber geredet, dass die Einheit OBZ KÁCL: Was gaben sie euch dort zu essen? sich in Postelberg unsittlich benahm, dass ihr Komman- ROZNER: Abends bekamen wir Brot, manchmal Wasser dant Čupka sich deutsche Frauen in die Wohnung mit- und manchmal nicht. nahm und dergleichen. Wissen Sie davon nichts? KOKEŠ: Mit wie vielen Leuten waren Sie dort? MACHÁČEK: Čupka hatte seine Ehefrau, und ich habe ROZNER: Mit ungefähr 3.000. keine Deutsche gesehen. Deutsche Frauen gingen in die Küche, aber Umgang mit ihnen habe ich keinen gesehen. KOKEŠ: Waren dort Männer und Frauen? Als Kommandant war Čupka scharf und sperrte für jede ROZNER: Frauen sah ich nur ungefähr fünf. Kleinigkeit ohne Rücksicht auf den Dienstgrad ein. KOKEŠ: Was geschah weiter? BUNŽA: Wie lange waren Sie in Postelberg? ROZNER: Dann kam ich nach Saaz. MACHÁČEK: Etwa einen Monat. KOKEŠ: Warum kamen Sie nach Saaz? BUNŽA: Wurden dorthin irgendwelche Deutschen aus ROZNER: Ins Lager kam ich dort. Dann kam ich nach Fer- Komotau zugeführt? Es ging um eine Zahl von ungefähr benz (Rvenice). 300. KOKEŠ: Waren Sie allein oder wart ihr zu mehreren? MACHÁČEK: Daran erinnere ich mich nicht. Innerhalb ROZNER: Wir arbeiteten auf den Feldern. In Ferbenz meines Wirkungsbereiches fand so etwas nicht statt. In nahmen sie mich mit. Als wir an einem Abend nach Hau- Komotau war ich einmal, damals wurden ungefähr 70 SS- se kamen, kamen sie dorthin angefahren und fuhren uns Leute aufgegriffen, aber ich weiß nicht, was mit ihnen hierher. geschah. Alle Deutschen wurden in die Hydrowerke auf KOKEŠ: Wer kam gefahren? Arbeit geschickt. Nach Postelberg kam kein einziger. ROZNER: Soldaten kamen gefahren und holten mich ab. BUNŽA: Wissen Sie nichts davon, dass im Postelberger Fasanengarten irgendwelche Hinrichtungen durchge- KOKEŠ: Was ist Ihnen von irgendeiner Schießerei be- führt wurden? kannt? MACHÁČEK: Ich war dort nicht. Dort war irgendein Lager, ROZNER: Dort auf dem Hof [in der Postelberger Kaserne] und der Leutnant verbot jeglichen Verkehr und gab den erschossen sie irgendwelche Buben (kluky). Befehl, die Wachen des OBZ sollten kontrollieren, ob die BUNŽA: Schauten Sie dabei zu? Aufseher ordnungsgemäß das ganze Lager beaufsichtig- ROZNER: Wir waren auf dem Hof, also sahen wir es. Dann ten. Es wurde nämlich festgestellt, dass unsere und rus- gruben wir Löcher im Fasanengarten in Lewanitz (Leva- sische Soldaten in der Nacht dort mit deutschen Frauen nice). Einmal waren wir dort und gruben bis zu einer Tiefe verkehrten (docházeli za Němkami), besonders die Revo- von etwa einem halben Meter. Dann mussten wir aufhö- lutionsgarde, so dass sich Geschlechtskrankheiten ver- ren. breiteten. KOKEŠ: Wann waren Sie beim Graben, bei Tag oder KÁCL: Wer war Dr. Jezdinský? Nacht? MACHÁČEK: Der wurde abgeschoben. Er wurde abge- ROZNER: Das war bei Tag. schoben auf Wunsch seiner Ehefrau. Er hätte jedoch hier Kokes: Wie viele von euch waren dort? bleiben können, er ging freiwillig weg. ROZNER: Ungefähr 70. Richard Rosner (Rozner) KOKEŠ: Wie groß waren die Löcher? ROZNER: Wir gruben bis zu einer Tiefe von etwa einem Aussage des Richard ROZNER, Elektrotechniker aus Po- halben Meter, lang waren sie etwa zehn Meter und breit stelberg. etwa drei Meter. Dann mussten wir sofort weggehen. Sie KOKEŠ: /nach Belehrung und Feststellung der Personali- hatten uns gesagt, dass wir nach Erreichen einer Tiefe von en/: Sie waren im Mai 1945 in Postelberg? Nahmen Sie an drei Metern nach Hause gehen könnten, aber dann wur- der Sammlung (shromažďování) der Deutschen teil? den wir augenblicklich zurückgezogen. ROZNER: In der Kaserne war ich ungefähr zehn Tage. Ich KOKEŠ: Ist Ihnen bekannt, dass in der Kaserne irgendwel- wurde dorthin abgeführt. che Leute erschossen wurden? KOKEŠ: Erzählen Sie uns, wie es dort zuging. ROZNER: Es wurde gesagt, aber ich habe nichts gesehen.

95 BUNŽA: Haben Sie auch das Schießen nicht gehört? BUNŽA: Wie viele davon kommen dort an? ROZNER: Als ich in der Kaserne war, wurde sehr oft ge- VLČEK: Durchschnittlich eine Anfrage pro Tag. Die Ge- schossen. Einmal wurde irgendein Soldat angeschossen, samtzahl aller Anfragen ist etwa 250. der danach starb, und da der Verdacht bestand, dass es KOKEŠ: Auf was für Leute beziehen sich die Anfragen? die Deutschen getan hätten, sollten wir erschossen wer- den. Manchmal kamen in unsere Unterkunft Soldaten, die VLČEK: Auf Leute deutscher Zugehörigkeit, die in Pos­ uns schlugen, und es kam vor, dass manche Deutschen telberg, Saaz und Umgebung lebten. Auf Leute aus dem angeschossen wurden. Bezirk Saaz. KOKEŠ: Von irgendeiner Schießerei wissen Sie nichts? KOKEŠ: Was wollen die Fragesteller wissen? ROZNER: Weiß nicht, ich war nicht dabei. VLČEK: Wo die Leute sind, sie erkundigen sich nach ihrem Schicksal und ob wir ihren Aufenthalt kennen. KOKEŠ: Wo haben Sie das Loch im Fasanengarten gegra- KOKEŠ: Was machen Sie mit diesen Anfragen? ben? VLČEK: Wir beantworten sie mit der Mitteilung, dass über ROZNER: Es war das links von der Straße, wenn man nach das Schicksal der Person, nach der gefragt wird, nichts be- Lewanitz (Levonice) fährt. kannt ist. KOKEŠ: Würden Sie die Orte finden? KOKEŠ: Bei Personen, die abgeschoben wurden, wird das ROZNER: Ich würde es finden. Es ist zu sehen, wie es ein- da mitgeteilt? gesunken ist. VLČEK: Bei abgeschobenen Personen wird es mitgeteilt. VANĚK: Wie weit ist das von dem Forsthaus? KOKEŠ: Woher beziehen Sie dafür die Evidenz? ROZNER: Etwa 500 Meter. VLČEK: Wir haben Verzeichnisse aus dem Lager, die die BUNŽA: Von wann an waren Sie in der Kaserne? Waren Kommission über die Staatsbürgerschaft führte. da schon die Deutschen aus Postelberg dort, als sie hin- KOKEŠ: Ist Ihnen etwas davon bekannt, dass irgendwel- kamen? che Deutschen aus Postelberg, die in der Kaserne waren, ROZNER: Die waren am Sonntag angekommen, bevor ich hingerichtet wurden? am Freitag ankam. Aus Saaz kamen sie dann am Sonntag VLČEK: Persönlich war ich nicht dabei. Man spricht und darauf an. redet davon viel, ich weiß nicht, ob etwas davon wahr ist, BUNŽA: Weshalb wurden Sie aus dem Lager entlassen? vielleicht ja. Ich bin hier seit dem Jahr 1944. Ihre Eltern sind Deutsche? Wo sind sie? KOKEŠ: Ist Ihnen bekannt, wie viele der Deutschen er- ROZNER: Die Mutter ist in Bodenbach (Podmokly) [Tet- schossen worden sein sollen? schen-Bodenbach a. d. Elbe], Vater habe ich keinen. Der VLČEK: Das ist mir nicht bekannt geworden. Vater war im Wehrdienst. KOKEŠ: Sie sollen behauptet haben, dass es dort 5.000 BUNŽA: Wann ist er eingerückt? gewesen sind 52. ROZNER: Er ging zum Militär im Jahre 1943, aber wir leb- VLČEK: Ich ging zur Arbeit, und dort standen zwei Herren ten nicht zusammen. und fragten mich, wie viele dort liegen. Ich sagte, wenn BUNŽA: Sprachen Sie im Lager mit niemandem darüber, ich für jeden eine Krone hätte, könnten wir drei Tage wie viele Leute ungefähr erschossen worden sind? besoffen sein. Eine Anzahl gab ich nicht an. ROZNER: Das weiß ich nicht. Jeder sagte etwas anderes. KOKEŠ: Wie viele können es gewesen sein nach den Er- Ich kann es nicht sagen. zählungen der Leute? VLČEK: Jemand sagt zwei-, jemand drei-, jemand eintau- Václav Vlček send. Aussage des Václav VLČEK, Beamter des MNV [örtlicher KOKEŠ: Sie kannten Postelberg? Wie viele Deutsche aus Nationalausschuss] in Postelberg Postelberg werden vermisst, von denen man sagen könn- te, dass sie hingerichtet wurden? BUNŽA /nach Ermahnung zur Wahrheit und Feststellung der Personalien/: Gelangen nach Postelberg irgendwelche VLČEK: Aus Postelberg etwa vierundzwanzig, weil das die Anträge des Internationalen Roten Kreuzes betreffend Oberbonzen waren. Deutsche, die dort verschwunden sein sollen? KOKEŠ: Von anderen wissen Sie nichts? VLČEK: Das trifft zu. VLČEK: Von anderen weiß ich nichts.

96 Josef Grüner KOKEŠ: Kannten Sie Čupka? HAMOUS: Den habe ich nur einmal gesehen, bevor wir Aussage des Josef GRÜNER, Schlosser aus Postelberg, nach Wittosess (Bitozeves) gingen. Damals war ich Stell- Nr. 96 vertreter des Zugführers [der Einheit]. Zu Čupka ging ich BUNŽA /nach Ermahnung zur Wahrheit und Feststellung damals mit einer Meldung. der Personalien/: Ist Ihnen bekannt, wie viele Deutsche im BUNŽA: Sie sagten, dass damals alle betrunken waren. Lewanitzer Fasanengarten liquidiert wurden? GRÜNER: Nein. HAMOUS: Als ich mit der Meldung hinging, da waren sie alle betrunken. Damals rannte ich von dort über die Trep- BUNŽA: Damals sollen dort irgendwelche Deutschen er- pe weg, sonst hätten sie mich erschossen. Unten schrie schossen worden sein. mich ein Soldat an, ich solle die Hände hochnehmen. Ich GRÜNER: Ich hielt mich dort nicht auf, ich pendelte dort- musste das tun, weil sie mich sonst erschossen hätten. hin vom 15. Juni 1945 an von Tschentschitz (Čenčice) aus. BUNŽA: Sahen Sie dort irgendwelche erschossenen Per- Vorher fuhr ich dort überhaupt nicht hin. sonen? BUNŽA: Behaupteten Sie nicht niemals niemandem ge- HAMOUS: Jemand gab dort in dem Raum nebenan von genüber, dass im Lewanitzer Fasanengarten drei- bis vier- Čupka einen Schuss ab. Es saßen dort vier Kerle (chlapi). tausend Personen begraben sind? 53 Als der Schuss pfiff, lief ich davon. GRÜNER: Nie habe ich das behauptet. BUNŽA: Wie lange ist es her, seit die Polizisten Sie be- Vladislav Hamous fragten? HAMOUS: Das ist etwa drei bis vier Wochen her. Aussage des Vladislav HAMOUS, Zimmermaler in Pos­ telberg, Nr. 294 BUNŽA: Sie überbrachten Čupka irgendeine Nachricht? BUNŽA /nach Ermahnung zur Wahrheit und Feststellung HAMOUS: Die Nachricht kam aus Leitmeritz (Litoměřice), der Personalien/: Sie sind nach der Revolution eingerückt? und ich musste hingehen, weil ich stellvertretender Zu- führer war. Die Meldung überbrachte ich ungefähr um HAMOUS: Ja, in Laun (Louny). Auf eine Woche kam ich 11 Uhr nachts. nach Postelberg, ungefähr um den 20. Mai. BUNŽA: In Postelberg wurde die Konzentrierung der BUNŽA: Wissen Sie etwas davon, dass bei der Vorführung Deutschen durchgeführt. Waren Sie daran beteiligt? der Deutschen ein Fritz Schmelzer erschossen werden sollte? HAMOUS: Ich war nicht daran beteiligt, ich weiß nur, dass sie morgens durchgeführt wurde. HAMOUS: Das war mein Arbeiter. Als ich die Nationalver- waltung (národní správu) übernahm, arbeitete er im Be- BUNŽA: Wissen Sie von irgendwelchen Folterungen die- trieb. Später wurde er ausgesondert und ist abgeschoben. ser Leute? Weiter arbeitete bei mir ein gewisser Katscher. HAMOUS: Davon weiß ich nichts. Als sie die morgens ab- BUNŽA: Ist Ihnen irgendetwas von den Hinrichtungen be- führten, verlegte uns gleich an demselben Tag Unterleut- kannt? Wie viele wurden hingerichtet? nant Bureš nach Wittosess (Bitozeves). BUNŽA: Waren Sie bei irgendeiner Anhörung in dieser Sa- HAMOUS: Aus Wittosess (Bitozeves) hatte ich den Blick che? auf die Staatsstraße nach Postelberg und sah, wie die Leute aus Saaz dort gingen, aber wie viele Leute dort er- HAMOUS: Einmal kamen dort zwei Polizisten hin. schossen wurden, davon ist mir nichts bekannt. BUNŽA: Denen gegenüber bestätigten Sie, dass dort ir- /Verhandlung unterbrochen um 13.15 Uhr/ gendwelche Deutschen gefoltert wurden. /Verhandlung wieder aufgenommen um 14.15 Uhr/ HAMOUS: Nichts habe ich gesagt. In Laun habe ich gese- hen, wie sie zwei SSkys [SS-Männer] fertigmachten (dělali). František Kokaisl Der eine hatte ungefähr fünfundzwanzig Striche eintäto- wiert. Sie fragten ihn, warum er diese Zeichen habe. Aussage von František KOKAISL, ehemaliger Gendarme- BUNŽA: Sahen Sie etwas in Postelberg, was Kinder mit riewachtmeister in Saaz ansehen mussten? Den Geheimpolizisten sagten Sie so BUNŽA /nach Ermahnung zur Wahrheit, Entbindung vom etwas 54. Amtsgeheimnis und Feststellung der Personalien/: Von HAMOUS: Sie sagten, sie kämen vom Pressebüro, also wann an waren Sie in Saaz? haben wir nicht viel mit ihnen gesprochen. KOKAISL: Vom 17. Mai 1945.

97 BUNŽA: Waren Sie bei der Konzentrierung der Deutschen KOKAISL: Davon ist mir nichts bekannt. /Aus dem Dienst- anwesend? buch, das F. Kokaisl vorlegte, stellt man fest, dass unter KOKAISL: Wir kamen aus dem Leitmeritzer Bezirk, und Nr. 6 eine Eintragung mit dem Datum 3. Juni 1945 steht, ich wurde zum Kommandanten des neu errichteten [Gen- in der ausgeführt wird, dass eine Konzentrierung und ein darmerie-] Postens im Bezirk Podersam bestellt. Rundgang zum Zweck der Benachrichtigung aller Männer im Alter von 13 bis 65 Jahren in Saaz durchgeführt wurde, BUNŽA: Wann kam das Militär? gemäß einem mündlichen Befehl des Standortkomman- KOKAISL: Das Militär war schon hier, es war Herr Oberst- danten Oberstleutnant Duřt. Unter Nr. 23 und 24 ist über leutnant Duřt hier. Darüber habe ich hier Aufzeichnungen Begehung der Militärkaserne zum Zweck der Durchsu- /er zeigt sie vor/. chung der persönlichen Gepäckstücke der internierten BUNŽA: Es kam der Befehl, dass die Konzentrierung der deutschen Frauen und eine Eintragung über den Begleit- gesamten Einwohnerschaft männlichen Geschlechts voll- gang bei der Verbringung der Juwelen in die Nationalbank zogen werden sollte, und zwar auf dem Marktplatz. Wie in Saaz./ lief das ab? KOKAISL: Wir waren entsprechend dabei, z. B. wenn wir Oldřich Pelc (Pelz) Personen deutscher Nationalität begleiteten. Aussage des Oberwachtmeisters Oldřich Pelc aus Lipenec BUNŽA: Wurde darauf geachtet, wer ein Tscheche ist? BUNŽA /nach Ermahnung und Feststellung der Persona- KOKAISL: Ja, auf dem Marktplatz. Die Deutschen wur- lien/: Herr Oberwachtmeister, von wann an waren Sie in den von den Tschechen und Angehörigen anderer Nati- Postelberg? onalitäten getrennt. Das wurde hier auf dem Marktplatz PELC: Vom 26. Mai 1945 bis 30. März 1946. Am 26. Mai durchgeführt. Ein Offizier rief aus, jeder solle je nach sei- 1945 kamen wir in Postelberg an und suchten eine Unter- ner Nationalität heraustreten. Die übrigen wurden wahr- kunft. Mit Peterka schliefen wir auf der ehemaligen deut- scheinlich nach Postelberg abgeführt. Dort war ich schon schen Station [Gendarmerieposten]. Die räumten wir zur nicht mehr, deshalb weiß ich nicht, was dort mit ihnen ge- tschechischen Station um. Am 28. Mai bekam ich vom schah. Nach dem Abschub führten wir Durchsuchungen örtlichen Nationalausschuss die Anordnung, die Funktion durch und beschlagnahmten, was zu beanstanden war. eines Lagerkommandanten zu übernehmen. Am 29. Mai Wir lieferten das an die Standortkommandantur ab. Die früh ging ich mit den Deutschen in das Lager im Fasanen- Frauen blieben in den Wohnungen. garten. BUNŽA: Haben Sie mit einem gewissen Marek Kontakt BUNŽA: Wann wurde die Konzentrierung durchgeführt? gehabt? PELC: Am Morgen desselben Tages. Alle führten wir in KOKAISL: Nein. den Fasanengarten ab, Kinder, Frauen und Männer. BUNŽA: Es wurde hier ein Internierungslager eingerich- BUNŽA: Wer leitete die Konzentrierung? tet, und einer der Kommandanten war Marek. Waren Sie PELC: Der örtliche Nationalausschuss. Tags zuvor war ein in keinem Lager? Aufruf im städtischen Rundfunk [Drahtfunk]. KOKAISL: Wir führten dort ein Verzeichnis. BUNŽA: Blieb niemand in Postelberg? Welche Helfer hat- BUNŽA: War bei der Abgabe der Juwelen und Wert- ten Sie? sachen im Lager die örtliche Verwaltungskommission PELC: Ich hatte die Revolutionsgarde und Soldaten aus [MSK] dabei? Laun (Louny). Es waren etwa dreißig. KOKAISL: Die örtliche Verwaltungskommission war dort, BUNŽA: Um wie viele Leute ging es da? die Sachen wurden versiegelt und an die Nationalbank abgegeben. PELC: Etwa 1.500. BUNŽA: Sie haben Marek nicht gekannt? BUNŽA: Was war mit den übrigen? KOKAISL: Ich wusste, dass er da ist, aber ich bin mit ihm PELC: Das weiß ich nicht. nie zusammengetroffen und weiß nichts davon, dass er BUNŽA: Glauben Sie, dass diese 1.500 Leute alle Einwoh- der Kommandant irgendeines Internierungszentrums in ner deutscher Nationalität waren? Saaz gewesen wäre. PELC: Das konnten sie nicht sein 55. Wo die übrigen waren, BUNŽA: Wissen Sie etwas davon, dass in irgendeinem weiß ich nicht. Als der Rundfunk zur Konzentrierung auf- Lager an Frauen irgendwelche Grausamkeiten begangen forderte, war ich dabei, in Laun Soldaten und Gardisten zu worden sein sollen? besorgen. In Postelberg war ich nicht, so dass ich die Zahl

98 der Einwohner nicht kannte, die dort nach der Revolution des Lagers sollen Hinrichtungen von Deutschen stattge- waren. funden haben? BUNŽA: Wurden aus dem Lager manche zurückgeschickt? PELC: Ich habe nichts gesehen, obwohl ich im Fasanen- PELC: Es wurden ganze Familien entlassen. Die örtliche garten hin und her ging. Ich war dort von abends bis mor- Kommission ermittelte die Zuverlässigkeit. gens. BUNŽA: Gingen irgendwelche Männer von dort in die Ka- BUNŽA: Von Hinrichtungen haben Sie nichts gehört? serne in Postelberg? PELC: Nur vom Erzählen habe ich gehört, dass in Postel- PELC: Nach Postelberg nicht. berg Hinrichtungen durchgeführt worden sein sollen. BUNŽA: Ließen sie irgendwelche Männer zurückgehen? BUNŽA: Als Sie die Leute in das Lager übernahmen, beka- men Sie da irgendein Verzeichnis? PELC: Wenn sie zuverlässig waren, dann ließen sie sie ge- hen. PELC: Dieses Verzeichnis fertigte ich mir selbst an. BUNŽA: Sie sagen, dass keine Männer von Ihnen in die BUNŽA: Wo ist das Verzeichnis? Kaserne wegführt wurden. Uns wurde aber hier gesagt, PELC: Das war eine Kartei, der ehemalige Richter in Pos­ dass erst vom Lager aus manche in die Kaserne gingen. telberg, Dr. Harnisch und zwei Anwälte machten dieses Verzeichnis. PELC: Ganz bestimmt nein. Gleich am dritten Tag gingen die Leute auf Arbeit. BUNŽA: Wo ist die Kartei? BUNŽA: Führten sie im Lager irgendwelche Überprüfun- PELC: Der jetzige Hauptmann Zícha hat es gesehen. Alles gen durch? blieb dort, als ich das Lager dem Stabswachtmeister Štích übergab. PELC: Ja. BUNŽA: Wohin kamen die Karteien nach Aufhebung des BUNŽA: Nach welchen Gesichtspunkten? Lagers? PELC: Ich war nicht dabei, das machte der örtliche Natio- PELC: Seit 24. Dezember 1945 bin ich weg, und das Lager nalausschuss [MNV]. habe ich damals abgegeben. Die Karteien blieben weiter BUNŽA: Wissen Sie, was man ermittelte, Zugehörigkeit, im Lager. Funktionen? BUNŽA: Es sollen dort unsere und russische Soldaten zu PELC: Sofern es um Entlassungen ging, reichten sie selbst Frauen gekommen sein? ihre Gesuche ein, und die Kommission entschied darüber. PELC: Sie kamen hin, aber nicht hinein. Sie hatte sechs bis acht Mitglieder. BUNŽA: Wie bekamen sie die Frauen heraus? BUNŽA: Kamen im Lager irgendwelche Ungebührlichkei- ten vor? PELC: Wenn dort ein Russe kam, wurde ich verständigt, er kam mit einer Wache. Ich hatte strengen Befehl, Sol- PELC: Das verneine ich entschieden. daten nicht hineinzulassen. Ich kann nicht einen einzigen BUNŽA: Es war dort irgendein deutscher Katechet einge- Fall anführen, dass irgendein Soldat, Russe oder unsriger, sperrt, der sagte, dass er von Zivilisten Schläge bekom- hineingekommen wäre und eine Frau missbraucht hätte. men hätte. Einen solchen Vorfall gab es nicht. PELC: Nein, davon weiß ich nichts. BUNŽA: Gingen deutsche Frauen hinaus? BUNŽA: Wer hatte dort die Aufsicht? PELC: Ja, sie gingen zu den Soldaten. Nach dem Befehl PELC: Eine militärische Einheit und die Revolutionsgarde. sollten Sie wöchentlich wechseln. BUNŽA: Sie wissen nicht, dass sich dort so etwas ereignet BUNŽA: Waren dort Geschlechtskrankheiten verbreitet? hätte? PELC: Ich hatte dort zwei Ärzte, es war dort Dr. Tauschek PELC: Ich weiß es nicht. Ich kenne einen Fall, dass dort ein und Dr. Jezdinský. Dr. Tauschek war gewissenhaft. Ich Deutscher war, der geistig zurückgeblieben war, an der hatte Männer und Frauen getrennt. Es war dort ein Kran- Sonne arbeitete und aus dem Lager ausriss. Er war drei bis kenhaus. Ein Arzt ordinierte dort ständig. Infektionsfälle vier Tage weg, draußen nahmen ihn Zivilpersonen fest, fuhren wir in das Krankenhaus in Saaz. und auf dem Weg ins Lager verprügelte ihn ein Mann. BUNŽA: Von den Frauen hatte keine eine Geschlechts- Sonst ist mir kein anderer Fall irgendwelcher gewaltsa- krankheit? men Übergriffe gegen internierte Personen bekannt. PELC: Davon weiß ich nichts, der Arzt meldete mir das BUNŽA: Herr Oberwachtmeister, irgendwo in der Nähe nicht.

99 KOKEŠ: Hier wurde behauptet, dass die gesamte in Po- PELC: Nein. stelberg anwesende Einwohnerschaft männlichen Ge- BUNŽA: Sie sagen, dass 1.500 von ihnen in das Lager ab- schlechts, vielleicht von 14 oder 15 Jahren an, überhaupt geführt worden sind. Wie viele davon waren Männer? nicht in Ihr Lager abgeführt wurde, sondern direkt in die PELC: Ein schwaches Drittel. Die Männer hatte ich in der Kaserne abgeführt und dort erschossen wurde. Ist Ihnen [Nr.] 8, dort waren fünf Räume mit je 45 Personen. Ge- davon etwas bekannt? trennt untergebracht hatte ich die Frauen, getrennt Müt- PELC: Davon ist mir nichts bekannt. Bei der Konzentrie- ter und Kinder mit Müttern ebenfalls getrennt. rung traten Frauen und Männer nach ihrem Alter an, und BUNŽA: Können das alle Männer aus Postelberg im Alter alle wurden zuerst in das Lager abgeführt. Ein Deutscher, von 13 bis 65 Jahren gewesen sein? der zu mir ins Lager kam, verließ das Lager auch wieder, wenn er nicht eines natürlichen Todes starb. PELC: Das konnten nicht alle sein. Dort hätten mehr Män- ner sein müssen. KOKEŠ: Für uns steht fest, dass einige Deutsche, die beim Gericht in Postelberg waren, in die Kaserne abgeführt BUNŽA: Wissen Sie nicht, was mit den übrigen geschehen wurden. ist? PELC: Das waren internierte Männer. Die kamen zu uns PELC: Das weiß ich nicht. ins Lager. Es waren etwa sechzig. Sie kamen dort nach BUNŽA: Wie viele Einwohner gab es in Postelberg zu der und nach an. Zeit, als die Konzentrierung durchgeführt wurde? KOKEŠ: Hatten Sie Verzeichnisse von diesen? PELC: Das weiß ich nicht. PELC: Die forderte ich an. Als ehemaliger Gendarm wuss- BUNŽA: Sie hatten im Lager 250 Männer im Alter von te ich, dass es für jeden, der beim Gericht ist, eine Ge- 13 bis 65 Jahren, manche Männer kamen zusätzlich vom richtsakte geben muss. Nach Akten suchte ich in den Sta- Wehrdienst zurück, so dass sich ihr Bestand noch um eini- tionen [Gendarmerieposten], wo die Deutschen verhaftet ges erhöhte. Sie hatten ferner einen Überblick durch das worden waren, und bereitete sie für die Gerichtsverfahren Verpflegungswesen. vor. Die Deutschen blieben im Lager, im Lauf der Zeit wur- KOKEŠ: Blieben manche Deutsche in den für das Wirt- den sie von den Nationalverwaltern 56 für die Wirtschaft schaftsleben wichtigen Betrieben? angefordert, weil diese mit deren Leitung nicht vertraut PELC: Nein, dort blieb niemand. waren. Ich gab sie ihnen heraus. BUNŽA: Wo waren also die übrigen, wo war der Rest? KOKEŠ: Hier haben wir ein Verzeichnis /er zeigt es/. Wis- sen Sie nicht, ob manche der darin Aufgeführten zu Ihnen PELC: Das weiß ich nicht. in das Lager kamen? Gegenüberstellung Pelc – Marek PELC: Dr. Lukesch kam zu mir. Er war beim Gericht und vom Gericht aus fuhr er hinaus. /Marek wird hereingeführt/ KOKEŠ: Wohin kam er dann? BUNŽA: Herr Marek, erinnern Sie sich, wie die Sache mit PELC: Von mir kam er vor ein ordentliches Volksgericht in der Konzentrierung in Postelberg ausgeführt wurde? Gin- Brüx (Most). Er war nervenleidend. Manche aus diesem gen dort in das Lager irgendwelche Männer? Verzeichnis waren bei mir. MAREK: Dorthin gingen nur Männer über sechzig. Die üb- KOKEŠ: Ist Ihnen bekannt, dass in den Bereich des Fasa- rigen gingen alle in die Kaserne. nengartens Leichen aus der Kaserne gefahren und dort BUNŽA: Wer ging in den Fasanengarten? vergraben wurden? Beobachteten Sie so etwas nicht? MAREK: Dorthin gingen nur Frauen und Kinder und alte PELC: So etwas habe ich nicht gesehen, noch wurde mir Weiber. In der Kaserne waren nur junge Frauen. etwas dergleichen gemeldet. BUNŽA: In den Fasanengarten gingen also keine Männer KOKEŠ: Wie beurteilen Sie die Behauptung, dass die ge- im Alter von 14 bis 65 Jahren? Der Herr Oberwachtmeister samte männliche Bevölkerung von Postelberg erschossen versichert uns hier, dass sie an die 250 Männer dort hinge- worden sein soll? Sie waren hier. Halten Sie es für mög- führt hätten. Herr Oberwachtmeister, wie war es? lich, dass die männliche Einwohnerschaft von Postelberg PELC: Der Sammlungsplatz war groß, und als man los- hingemordet wurde? ging, ging ich in das Lager als erster, und nach und nach PELC: Nein, auch bei den Frauen war so etwas nicht zu waren hinter mir Soldaten und die Revolutionsgarde. Die erkennen. waren hinter mir, damit kein Chaos entsteht. In das Lager BUNŽA: War im Lager nicht die Rede davon, dass ge- gingen ganze Familien. schossen wird? KOKEŠ: Wer teilte sie Ihrer Kolonne zu?

100 PELC: Die Deutschen gruppierten sich selbst, getrennt über Tote gab. Und Sie haben gesagt, dass die Leute aus gingen Frauen mit Kinderwägen, abgeteilt gingen auch dem Gefängnis als erste hingerichtet wurden. die Männer. Die Kolonne ging in vier bis fünf Staffeln. MAREK: Die wurden als erste hingerichtet, aber im Fa- BUNŽA: Sie wissen, dass ihr irgendwelche Männer in das sanengarten. Als Hauptmann Černý dieses Verzeichnis Lager geführt habt? Erinnern Sie sich an irgendeine Fami- bekam, gab er mir eine Kopie und sagte: „Die gehen zum lie aus Postelberg? Teufel, sehen Sie zu, dass Sie das [Verzeichnis] vernich- PELC: Zum Beispiel an die Familie Benda. ten.“ Dieses ist von ihm eigenhändig korrigiert und dieses eigenhändig von Oberleutnant Zícha. Das war noch bevor BUNŽA: Wie viele Einwohner gab es in Postelberg zur Zeit wir mit der Konzentrierung in Postelberg anfingen. Aus der Konzentrierung? diesem Verzeichnis blieb der erste übrig, das war ein Tier- MAREK: Als ich dort am 11. Mai hinkam, war alles unüber- arzt. sichtlich. KÁCL: Sie gehorchten der Weisung nicht, das Verzeichnis KOKEŠ: Ist es möglich, dass nach der Durchsuchung in der zu vernichten? Kaserne Frauen in das Lager gingen? MAREK: Ich behielt trotzdem ein Exemplar für mich. MAREK: Das ist möglich. BUNŽA: Was bedeuten die Daten? PELC: Die Kolonne war sehr lang, die Spitze konnte schon MAREK: Wann sie angekommen sind. Die Angestriche- im Lager sein, als das Ende noch auf dem Marktplatz war. nen wurden erschossen. MAREK: Es waren dort Männer, oft bat ich sie mir aus, und BUNŽA: Nach welchen Angaben wurden sie angestri- sie sagten: „Nehmen Sie sich die Leute!“ Unter ihnen war chen? der ehemalige Bürgermeister Spacák [richtig: Spatzal]. MAREK: Alle wurden vom OBZ [Abwehrnachrichten- /Oberwachtmeister Pelc wird entlassen/ dienst] verhört. BUNŽA: Herr Marek, Sie sagten, dass Männer aus Pos­ STEHLÍK: Wann wurden diese Leute erschossen? telberg liquidiert wurden, dass den Befehl dazu Petrov MAREK: Das war vor der ersten Konzentrierung in Pos­ [= Zícha] gab, und dass es im Lauf einer Nacht vollzogen telberg. wurde. BUNŽA: Wer führte sie ab? MAREK: Nach meiner Schätzung ging es um ungefähr 500 Personen. MAREK: Die Gruppe OBZ. Bevor sie zur Ausführung der Exekution schritten, fragte mich Petrov [= Zícha] nach BUNŽA: Glauben Sie, dass das alles in einer Nacht war? irgendeinem Schacht. Ich sagte ihm, dass auf dem Wein- MAREK: Das weiß ich bestimmt, weil morgens die Kaser- berg (na Vinice) ein Schacht ist. Von mir verlangte er ne leer war und niemand nicht dort war. Schaufeln. BUNŽA: Aber am nächsten Tag wurde auch geschossen. BUNŽA: Sie gruben sich selbst ihre Gräber? Gaben Sie MAREK: Dort wurde auf allen möglichen Seiten geschos- Schaufeln an sie aus? sen. Gegen Morgen fiel Regen und wusch von den Leichen MAREK: Ja, ich habe ihnen Schaufeln ausgegeben. die schwache Bedeckung ab, man musste es mit Schau- BUNŽA: Erinnern Sie sich an die Selektion in der Kaserne? feln zuwerfen. Ich hatte über fünfzig Leute und ließ nicht Wer führte die Selektion bei den Postelbergern durch? locker, bis sie es zugeworfen hatten. MAREK: Das führten die vom OBZ durch. KOKEŠ: Wie tief war der Graben? BUNŽA: War bei der Durchsuchung der Frauen Čupka da- MAREK: Etwa vier Meter. bei? KOKEŠ: Sie meinen, dass in einer einzigen Nacht der Gra- MAREK: Ja, das war er. Čupka sah ich vor der Beendigung ben voll wurde? der Durchsuchung bei der Garage bei Feldwebel Rót. Ich MAREK: Er war nicht voll. Wir warfen das Ganze bis zur sah, dass Rót alle beschlagnahmten Sachen in die Taschen Straße hin zu. Alles warfen wir zu. Ich rechnete damit, steckt. Dort nahmen sie den Männern Messer, Kämme dass große Hitzen kommen, dass Krankheiten aufkom- und persönliche Dokumente ab und befahlen mir, alles men könnten. auf die Verwaltungskommission [MSK] zu tragen und dort BUNŽA: Sie schließen aus, dass man dort auch noch an einpacken zu lassen. Ich trug alles ins Magazin, weil ich irgendeinem anderen Tag jemanden hineinlegte? dafür keine Zeit hatte. MAREK: Das ist ausgeschlossen. BUNŽA: Wohin brachten Sie die Dokumente? BUNŽA: Der Vorsitzende der örtlichen Verwaltungskom- MAREK: Ich ließ sie aufs Rathaus ins Magazin tragen. Was mission [Zelenka] sagt, dass es am ersten Tag nur tags- daraus wurde, weiß ich nicht.

101 BUNŽA: Wem übergaben Sie das dort? MAREK: Die Frauen wurden in die Garage geschickt und MAREK: Er heißt Karel Wilhelm 57. von dort in den Fasanengarten, die Männer wurden von HOLUB: Von wem bekamen Sie den Befehl, hundert allen Offiziere überprüft und in den SV geschickt. Die -Of Schaufeln und hundert Hacken zu besorgen? fiziere waren alle beieinander, Černý, Petrov, Čupka und noch irgendein Unterleutnant. MAREK: Den bekam ich von Petrov [= Zícha]. BUNŽA: Haben Sie die in dem SV gesehen? BUNŽA: Sind Ihnen diese Listen bekannt /er zeigt sie vor/? KOKEŠ: Am zweiten Tag haben Sie alles leer gesehen? MAREK: Die habe ich von Karel Hás aus dem Gefängnis übernommen. Die darin verzeichneten Personen waren MAREK: Ich durchstöberte alles und alles war leer. Bevor im Gefängnis in Saaz. Diese wurden hingerichtet, die übri- die Saazer hergeführt wurden, ließ ich alles sauber ma- gen blieben im Lager und gingen auf Arbeit. chen, die ganze Kaserne. Als ich das reinigen ließ, sagte mir Oberleutnant Petrov, er brauche ein paar Mädchen, VANĚK: Sie waren bei der Hinrichtung dabei? Wieso wis- die ihm die Wohnung aufräumen sollten. Ich gab ihm zwei sen Sie, dass sie hingerichtet wurden? Mädchen, die ihm dann die Wohnung aufräumten. Die Zahl MAREK: Es wurde gesagt, dass sie zur Hinrichtung gehen. der Männer, die auf den SV kamen, schätze ich auf 500. 58 VANĚK: Wer war im SV als Kommandant? KOKEŠ: Wann gingen Sie aus der Kaserne weg? MAREK: Dort gab es keinen Kommandanten. Allgemein MAREK: Gegen Abend, als die Konzentrierung fertig war. wurde gesagt: in den SV, „der ist hinter den Draht gegan- In die Kaserne ging ich gleich am zweiten Tag morgens 59 gen“ und ist nicht zurückgekehrt . und stellte fest, dass dort überhaupt keine Deutschen HOLUB: Wo sind diese /er zeigt sie [die Liste]/ begraben? sind, dass die, die in dem SV waren, weg sind. MAREK: Die gingen mit den Saazern in den Lewanitzer KOKEŠ: Wo sind sie hingekommen? Fasanengarten. MAREK: Dann sah ich das schlecht zugegrabene Grab, BUNŽA: Wer machte im Verzeichnis diese Ringel? War das und am gleichen Tag habe ich die Reinigung der Kaserne bevor oder nachdem sie „hinter dem Draht“ waren? nach der Weisung von Petrov durchgeführt. KOKEŠ: Wer dirigierte sie dort hin? KOKEŠ: Wie war das mit den Saazern? MAREK: Die Offiziere, die dort waren. An erster Stelle MAREK: Wir kamen morgens in der Kaserne zusammen. kamen dort die Tätowierten [SS-Männer] hin. Als das be- Es war dort ein deutscher Unteroffizier, der das regelte. In endet war, zog ich eine Liste heraus und sagte zu Petrov der Kaserne befahlen wir den Männern, die Hemden aus- [= Zícha]: „Hier habe ich eine Liste derer, die mit einer zuziehen, und sie wurden untersucht, ob sie nicht täto- Waffe in der Hand gestellt wurden.“ Ich las sie vor, und sie wiert sind. Ich sah dort Černý, Petrov [= Zícha] und Čupka. gingen hinter den Draht. Das war nach der Konzentrierung in Saaz. KOKEŠ: Wurde nur zweimal oder mehrmals erschossen? KOKEŠ: Sahen Sie dort den Hauptmann Černý nach der MAREK: Die Postelberger einmal und die Saazer beim Saazer Konzentrierung? zweiten Mal. MAREK: Ja, am Abend wurde vereinbart, dass es am zwei- KOKEŠ: Wer schickte die Postelberger in den SV? ten Tag früh um 9 Uhr anfangen soll. MAREK: Alle vom OBZ unter Leutnant Čupka. KOKEŠ: Was geschah nach der Sortierung? KOKEŠ: Wer tat es bei den Saazern? MAREK: Man schickte sie in den SV, weiter suchte ich MAREK: Da war der ganze OBZ dort. Gruppen [von Leuten] für das Wasserwerk und Eisenbah- BUNŽA: Wer erteilte die Befehle? ner heraus, und der Rest verblieb in der Kaserne. MAREK: Es war dort Leutnant Čupka, Oberleutnant Pet- HOLUB: Wie viele waren in dem SV? rov [= Zícha], Hauptmann Černý und noch ein Oberleut- MAREK: Ich weiß nicht, vielleicht waren es ungefähr 500. nant. Die Deutschen standen in mehreren Reihen, und die KOKEŠ: Wann stellten Sie fest, dass die aus dem SV weg Mannschaft sortierte sie. Dort wurde gleich entschieden, sind? wer in den SV kommt. MAREK: Das war am dritten Tag abends. Sie protestierten BUNŽA: Denken Sie, dass sich daran alle drei Offiziere -be und wollten raus. Ich meldete das Hauptmann Černý, und teiligten? der sagte: „Ich werde dafür sorgen, dass sie verschwin- MAREK: Ja. den.“ Nachmittags kam ein Feldwebel, nahm sich eine KOKEŠ: In Postelberg wurden also Männer und Frauen bestimmte Anzahl von Leuten, und sie gingen Massen- vom Marktplatz herbeigeführt und eingeteilt. Wie führte gräber (šachty) ausheben. Bis zum Morgen war dort nie- man das aus? mand [mehr].

102 KOKEŠ: Was stellten Sie am zweiten Tag fest? schen herumging, sie einteilte und in den SV schickte. Sie MAREK: Am zweiten Tag kam ich in die Kaserne und stell- sagen, dass Sie nach Ausführung der Konzentrierung in te fest, dass der SV leer war. Saaz nach Prag abberufen wurden. Černý: Ja, ich bin nach Prag gerufen worden. Gegenüberstellung Marek – Černý MAREK: Herr Hauptmann, Sie irren sich. Erinnern Sie sich, /Aufgerufen wird Hauptmann Černý./ dass Sie den Befehl zur Erschießung jener deutschen Bur- schen gaben? Das waren Saazer Buben, sie machten ei- BUNŽA: Herr Hauptmann, Herr Marek sagt, dass, als es nen Fluchtversuch. um die Postelberger Deutschen ging, die Männer und die kinderlosen Frauen in die Kaserne abgeführt wurden, die Černý: Das waren Postelberger Buben. übrigen hingegen in den Fasanengarten, und in der Kaser- MAREK: Die Mutter des einen forschte nach ihm, und es ne soll eine Durchsuchung stattgefunden haben. Im einen wurde festgestellt, dass er hingerichtet worden war. Sie Teil des Hofes waren die Frauen, die nach der Durchsu- war aus Saaz. chung in den Fasanengarten abgeführt wurden, und im BUNŽA: Sie bestehen darauf, Herr Hauptmann, dass Sie, anderen Teil war die Durchsuchung der Männer, bei der sofern es um die Saazer ging, nicht in der Kaserne waren? Hauptmann Černý, Oberleutnant Petrov [= Zícha] und Černý: Ich war dort nicht und gab keinen Befehl. Niemand Leutnant Čupka dabei waren. Waren Sie damals bei dieser wurde von vornherein dazu bestimmt, erschossen zu Überprüfung dabei und beteiligten sich daran? werden. ČERNÝ: Als der Transport eintraf, war ich dabei, aber nur MAREK: Herr Hauptmann, es war an demselben Nachmit- am Anfang. tag, als der Feldwebel kam und sie zum Graben von Mas- MAREK: Als das Ende kam, Herr Hauptmann, da gingen sengräbern gingen – erinnern Sie sich daran –, an demsel- wir miteinander. Erinnern Sie sich, dass vor dem Deut- ben, als Sie fünf Buben erschießen ließen? schen Haus zwei Deutsche verwundet wurden und Sie in BUNŽA: Wir haben da die Aussage von Rozner, der sagt, die Kaserne gingen? er habe im Lewanitzer Fasanengarten gegraben, dass sie BUNŽA: Waren Sie dort, Herr Hauptmann, bis zum einen halben Meter tief gegraben hätten und dann abbe- Schluss? rufen worden wären. MAREK: Gewiss war er dort bis zum Schluss. MAREK: Davon weiß ich nichts. Ich weiß nur von denen, KOKEŠ: Wurde die Sortierung so durchgeführt, wie Marek die sich der Feldwebel nahm. Sonst ging niemand ohne das sagt? Passierschein. Černý: Verdächtige Personen, die Marek als zur SS oder KOKEŠ: Nach seiner Behauptung gingen siebzig Leute in SA gehörig bezeichnete, wurden separat gestellt. den Fasanengarten zum Ausheben von Gräbern und alle MAREK: Herr Hauptmann, das bringen Sie mit den Saa- kehrten zurück. Sie sagen, dass ohne Ihren Passierschein zern durcheinander. niemand gehen konnte. BUNŽA: Wie war das mit den Postelbergern? MAREK: Ohne meinen Passierschein kam niemand hin- aus. Kann sein, dass sie sich den Burschen aus dem Fasa- MAREK: Bei den Postelbergern war ich unbeteiligt, da war nengarten geholt haben. ich nicht dabei. Ich war erst bei den Saazern dabei. KOKEŠ: Siebzig Leute musste jemand übernehmen. Ohne BUNŽA: War dort Herr Marek? Sie war es nicht möglich, dass jemand mit siebzig Leuten Černý: Vielleicht war er dort, vielleicht auch nicht. Ich habe wegging. den Eindruck, dass er dort war. Wenn jemand verdächtig MAREK: Das ist ausgeschlossen, für alle mussten Papiere war, kam er in eine Gruppe für sich, die Übrigen auch. Die vorliegen. Durchsuchung durch die Organe des OBZ dauerte recht lange, weil man ermittelte, ob jemand eine Waffe hat und BUNŽA: Wie erklären Sie das bei den hundert Männern, dergleichen. Bis zum Ende war ich nicht dabei. die weggingen – haben die auch Passierscheine bekom- men? MAREK: An der Sortierung der Deutschen aus Postelberg war ich nicht beteiligt, ich wurde dafür nicht hinzugezo- MAREK: Die bekamen nichts, weil ich es vorher wusste. gen. BUNŽA: War es nicht möglich, dass wenn jemand zu Ih- BUNŽA: Marek behauptet, Herr Hauptmann, dass er sich nen kam, um siebzig Leute mitzunehmen, dass er sich die ganz bestimmt erinnert, dass nach der Konzentrierung ohne Passierscheine nahm? in Saaz bei den Durchsuchungen und bei der Selektion MAREK: Das war nicht möglich. Daran würde ich mich er- Hauptmann Černý anwesend war, der unter den Deut- innern.

103 BUNŽA: So ein wunderbares Gedächtnis haben Sie nicht. ZÍCHA: Ich habe angegeben, dass ich nur von einer Sache BROŽ: Der Bursche [Rozner], als er Gräber ausheben ging weiß, und zwar, dass ich, als ich morgens aufstand, hin- und hinauskam, muss das in ihm einen tiefen Eindruck ausging und zur Schule kam, dort dem Vorsitzenden der hinterlassen haben, und es ist nicht möglich, dass er uns örtlichen Verwaltungskommission [MSK] Zelenka begeg- hier die Unwahrheit gesagt hat. nete. Der zeigte mir, dass bei der Schule irgendwelche Hingerichteten seien. Ich sagte, dass man das in Ordnung KÁCL: Herr Hauptmann, wäre es nicht möglich, dass Sie, bringen müsse. Es kann sein, dass ich gesagt habe, sie als Sie gerade am Tag der Konzentrierung abberufen wur- sollten dort Gras ansäen. den, nochmals zurückkehrten, um Ihre Sachen zu holen? BUNŽA: Waren Sie, Herr Vorsitzender, bei der zweiten Černý: Ich kehrte erst nach einigen Tagen zurück, aber Einteilung anwesend, nämlich der der Deutschen aus dienstlich hatte ich mit dem hiesigen Ort nichts [mehr] Saaz? zu tun. ZÍCHA: Ich war bei deren Eröffnung anwesend. BUNŽA: Ist es nicht möglich, dass Sie erst am nächsten Tag fuhren? Marek behauptet mit Sicherheit, dass Sie BUNŽA: War dort Hauptmann Černý anwesend? dort tatsächlich waren, dass Sie einen wasserdichten ZÍCHA: Ich glaube ja, aber ich kann das nicht behaupten. Mantel trugen. Ich weiß das nicht bestimmt. BROŽ: Der Hauptmann Zícha war dort? BUNŽA: Marek behauptet ferner, dass es zu einem Auf- MAREK: Sie waren alle dort. stand der Deutschen kam und dass, als er das dem Černý meldete, dieser sagte, dass sie beseitigt würden. Wissen STEHLÍK: Als Sie nach Postelberg kamen, wurde da gleich Sie davon nichts? am nächsten Tag die Konzentrierung durchgeführt? ZÍCHA: Davon weiß ich nichts. Černý: Ich glaube ja. STEHLÍK: Marek sagt, dass ihm Hauptmann Zícha das Gegenüberstellung Marek – Zícha Verzeichnis der Personen, die im Postelberger Gefängnis waren, markierte und dass diese Personen vor denen aus /Aufgerufen wird Hauptmann Zícha./ Postelberg hingerichtet wurden. Černý und Zícha sagen, BUNŽA: Herr Vorsitzender, es gibt hier einige Widersprü- dass die Konzentrierung in Postelberg vor ihrer Ankunft che, wir brauchen deren Klärung. Marek bleibt dabei, dass vollzogen wurde. Wie konnte Zícha da ihre Hinrichtung Sie ihm den Befehl gaben, hundert Schaufeln und hundert anordnen? Hacken zu beschaffen, und zwar nachdem die Deutschen KOKEŠ: Ist das Ihre Schrift /zeigt das Verzeichnis/? aus Postelberg versammelt waren. ZÍCHA: Ich würde zugeben, dass die Wörter „Ortskom- ZÍCHA: Ich weiß davon nichts, einen solchen Befehl gab mandantur“ in meiner Schrift erscheinen. Ich kannte die ich nicht. Leute nicht. BUNŽA: Herr Marek, Sie haben gesagt, Sie hätten den Be- BUNŽA: Marek sagt, dass diese Leute sich im Gefängnis in fehl bekommen, hundert Schaufeln und hundert Hacken Postelberg befanden. zu besorgen. Ferner sagen Sie, dass Männer und Frauen getrennt waren und dass eine Selektion durchgeführt ZÍCHA: Vor allem war ich nie bei einem Verhör beim OBZ wurde. Bleiben Sie bei dieser Aussage? [militärischer Abwehrnachrichtendienst]. Wenn ich wäh- rend dessen Tätigkeit zweimal beim OBZ war, dann ist MAREK: Ich bleibe dabei. das viel. Und das war in dienstlichen Angelegenheiten. BUNŽA: Sie bestehen darauf, Herr Vorsitzender, dass Sie Im Übrigen konnte ich bei solchen Verhören nicht anwe- einen solchen Befehl nicht gaben? send sein, weil mich das nichts anging und ich nicht das ZÍCHA: Ja. Einen solchen Befehl gab ich nicht. Recht hatte, diese Dinge zu tun. Wenn jemand diese Ver- BUNŽA: Waren Sie bei der Selektion der Deutschen? höre gemacht hat, dann musste es der OBZ gewesen sein. Zur Konzentrierung kam es gleich am nächsten Morgen, ZÍCHA: Ja, dabei war ich anwesend. nachdem ich am Abend vorher in Postelberg eingetroffen BUNŽA: War dort Leutnant Čupka? war. Davor konnte ich die Personen nicht kennen, und ich ZÍCHA: Das weiß ich nicht. hatte kein Interesse, sie mit Zeichen zu versehen. Ich er- BUNŽA: Marek behauptet, dass die Deutschen, die in den kläre deutlich, dass ich nicht wusste, dass in Postelberg Bereich SV geschickt wurden, noch in derselben Nacht sich irgendwelche Leute im Gefängnis befanden. alle hingerichtet wurden, und dass Sie am nächsten Tag zu BUNŽA: Herr Marek, bleiben Sie bei dem, was Sie gesagt ihm sagten, er solle den Platz vor der Schule zuschütten haben? und dort Gras ansäen lassen. MAREK: Ich bestehe auf meiner Aussage. Herr Haupt-

104 mann, als Sie die Schaufeln holen kamen, erinnern Sie sich, ZÍCHA: Über die Aufteilung der Wachen besprach ich dass Sie da fragten, ob ich von irgendwelchen Schächten mich mit Černý. auf dem Weinberg (na vinice) weiß, und dass ich Ihnen sag- BUNŽA: Wieso wissen Sie, dass die Markierungen im Ver- te, dass hinter dem Weinberg ein Schacht ist? zeichnis Oberleutnant Petrov machte? ZÍCHA: Diese Behauptung weise ich entschieden zurück. MAREK: Er tat es in meiner Anwesenheit. BUNŽA: Die Schaufeln wollte er vor der Konzentrierung? KÁCL: Waren Sie zwei allein? ZÍCHA: Die Konzentrierung erfolgte um 6 Uhr früh nach MAREK: Ja, wir waren dort zu zweit allein. Es war auf der unserer Ankunft in Postelberg. Ich kannte Marek nicht. Ich Straße vor dem Gericht. Gegenüber war der OBZ. traf in Postelberg etwa um 9 Uhr abends ein. VANĚK: Wann war das? MAREK: Ich wurde dem Herrn Hauptmann Zícha zwei MAREK: Das war vor der Konzentrierung der Postelber- Tage zuvor vorgestellt, und schon damals vereinbarten ger. Ganz bestimmt zwei Tage vor der Konzentrierung der wir, wie wir die Stadt besetzen sollen. Als die Konzen­ Postelberger Deutschen war das. trierung gemacht wurde, wurde das mit der städtischen Rundfunkanlage [Drahtfunk] verkündet. Als der Herr KOKEŠ: Herr Marek, durch das Verhör von Herrn Pelc ha- Oberleutnant [Petrov/ Zícha] ankam, wurde er mir vorge- ben wir festgestellt, dass am 29. Mai 1945 die Sammlung stellt, und wir machten den Plan, nach dem das durchzu- [der Deutschen] in Postelberg war. Dieses Verzeichnis führen sein sollte. stammt aber vom 21. Mai 1945, das bedeutet, dass sie es am 21. Mai bekommen haben müssen, das ist acht Tage BUNŽA: Wie war das mit den Schaufeln? vor der Konzentrierung. Warum haben Sie es angefor- MAREK: Von Schaufeln war auf dem Rathaus nicht die dert? Rede. Das war vor der Konzentrierung. Wir machten einen MAREK: Ich forderte das Verzeichnis an, damit wir die Lageplan, und ich zeichnete ein, wo die Wachen stehen Verpflegung liefern konnten. sollen. KOKEŠ: Dieses Verzeichnis zeigten Sie nicht Čupka und BUNŽA: Wann wollte er von Ihnen die Schaufeln? Černý? MAREK: An dem Tag, als wir die Vorbereitungen trafen. MAREK: Erst als Petrov [= Zícha] kam, verlangte er es, und BUNŽA: Stellten Sie die Schaufeln bereit? ich zeigte es ihm. MAREK: Die standen im Rathaus auf dem Hof, und es KOKEŠ: Sie bleiben dabei, dass Sie in Postelberg am Tag nahm sie dann die Wache mit, als sie die Personen aus vor der Sammlung um 9 Uhr abends ankamen? dem Gefängnis auf den Weinberg zur Exekution abführ- ZÍCHA: Dabei bleibe ich. ten. KÁCL: Ich habe den Eindruck, dass das in den nachrichten- BUNŽA: Ist das die Wahrheit? dienstlichen Meldungen bei der 1. Division eingetragen ZÍCHA: Ich bestreite das, und zwar deswegen, weil mir sein muss. Die genauen Daten sind dort sicher aufgeführt. jeder bestätigen kann, dass ich in Postelberg am Abend Černý: Herr Vorsitzender, kann ich zum Standort der eintraf, ich kam als letzter an, etwa um 9 Uhr, und gleich Garnison gehen? am Morgen danach kam es zur Konzentrierung. BUNŽA: Bitte, Sie können weggehen. BUNŽA: Wann lernten Sie Marek kennen? /Hauptmann Černý verlässt den Raum./ ZÍCHA: Ich glaube bei der Konzentrierung. /Nach ihm geht auch Hauptmann Zícha./ MAREK: Wenn der Herr Vorsitzende behauptet, dass er nach Postelberg abends kam, frage ich, wer mir den Be- Gegenüberstellung Marek – Rosner (Rozner) fehl gab, dass ich kundmachen sollte, dass die Leute an- zutreten haben? Den Befehl gab mir Oberleutnant Pet- /In den Raum gerufen wird Rozner./ rov. Das konnte nicht an ein und demselben Abend sein. KOKEŠ: Du hast uns hier gesagt, dass du in Ferbenz (Rve- Den Befehl zur Ankündigung der Konzentrierung gab mir nice) warst und an einem Freitag mitgenommen (sebrán, Oberleutnant Petrov. „weggeschnappt“) worden bist. Dass dies in der Woche BUNŽA: Gaben Sie den Befehl, Herr Vorsitzender? gewesen ist, als am Sonntag vorher die Sammlung in Po- stelberg war und zwei Tage danach die Sammlung hier in ZÍCHA: Ich gab ihn nicht. Čupka kann ihn gegeben haben. Saaz. Irrst du dich nicht? KOKEŠ: Wer kam als erster? Kam als erster Oberleutnant ROZNER: In Saaz war das am Sonntag und in Postelberg Petrov? auch, weil bei uns irgendeine Frau war, die einen Umzug MAREK: Ich sah, dass Čupka mit ihm kam. machte, und das war am Sonntag.

105 KOKEŠ: Als sie dich am Freitag in die Kaserne holten, ROZNER: Das ist mir nicht bekannt. Als wir nach Saaz gin- sagst du, bist du danach etwa zehn Tage dort geblieben. gen, blieben manche in Postelberg. In der Zeit, als du in der Kaserne warst, hast du gehört, KOKEŠ: Ist dir bekannt, ob irgendeine andere Gruppe mit dass dort diese Buben erschossen wurden. Wann war Schaufeln graben ging? das ungefähr? Welchen Tag nach deinem Eintreffen in ROZNER: Am nächsten Tag gingen sie wieder graben, der Kaserne? denn sie nahmen Schaufeln mit. ROZNER: Das war während dieser Zeit. BUNŽA: Wie groß war die Gruppe? KOKEŠ: Als du in die Kaserne gekommen bist, waren dort ROZNER: Sie waren auch etwa so viele wie wir. Wahr- Deutsche? scheinlich sind sie hingegangen und wieder zurückge- ROZNER: Als ich dort angekommen bin, war dort nie- kommen. mand nicht. KOKEŠ: Hast du gesehen, dass die Gruppe zurückkehrte? KOKEŠ: Meinst du mit Bestimmtheit, dass dort niemand ROZNER: Das weiß ich nicht sicher. nicht war? KOKEŠ: War das eine Gruppe aus eurer Umgebung? ROZNER: Ja. Gleich danach sind die aus Wischkowa (Výškov) und aus Weberschan (Břvany) gekommen. ROZNER: Sie war auch aus der Kaserne. KOKEŠ: Wann gingt ihr die Massengräber (šachty) aushe- MAREK: Es wäre ratsam, ihn zu fragen, ob unter ihnen ben, an welchem Tag? welche waren, die ihr Süppchen gekocht haben (se neohří- vala polévka, wörtlich: „ihre Suppe wärmten“). ROZNER: Da glaube ich, dass schon die aus Saaz dort 61 waren. Da waren wir noch in den Waschräumen (v koupel- KOKEŠ: Wurde dort bei euch Essen warm gemacht? nách). ROZNER: Das machten sie vorne. Ich war dort hinten. Bei KOKEŠ: Wie viele Tage nach deiner Ankunft war das? uns wurde nie Essen gewärmt, unsere Unterkünfte waren erst hinten auf dem Hof, dem Haupttor gegenüber. ROZNER: Das war etwa fünf bis sechs Tage. KOKEŠ: War euer Platz irgendwie mit Draht umzäunt? KOKEŠ: Wie viele von euch gingen? ROZNER: Uns bewachten sie, wir durften nirgendwo hin. ROZNER: Ungefähr sechzig bis siebzig. MAREK: Mir geht nicht in den Kopf, wie man sie zur Arbeit KOKEŠ: Wann gingt ihr aus der Kaserne weg? nehmen konnte. Ich erinnere mich, dass die aus Wischko- ROZNER: Gegen Nachmittag. wa (Výškov) und Ferbenz (Rvenice) erst überprüft wurden, KOKEŠ: Bekamt ihr Hacken und Schaufeln? als die Saazer schon dort waren. Er muss in der ersten ROZNER: Aus der Schule bekamen wir sie. Umzäunung sein. KOKEŠ: Sah euch dieser Herr /zeigt auf Marek/, als ihr BUNŽA: Nein, er sagt, dass er ganz hinten war, und als sie weggingt? weggingen, dass Ihr sie gezählt habt. ROZNER: /zu Marek gewandt/ Ja, Ihr habt uns noch ge- MAREK: Das kann ich mir wirklich nicht erklären. zählt. BUNŽA: Als ihr zur Arbeit gegangen seid, waren da die KOKEŠ: Als ihr zurückgekommen seid, seid ihr durch das Saazer schon da? Haupttor zurückgegangen? ROZNER: Ja. ROZNER: Wir sind durch die Pforte gegangen. KOKEŠ: Waren sie mit euch hinten oder waren sie auf dem Hof? BUNŽA: Was geschah mit den übrigen, die zurückkehr- ten? Wurden manche dann nach Saaz geschickt? ROZNER: Sie waren dort schon mit uns, einige waren auch graben. ROZNER: Aus unserer Gemeinde sind über hundert ge- gangen. STEHLÍK: Dann wird wahrscheinlich die Zahl, die Sie an- gegeben haben, dass alle aus dem SV liquidiert wurden, BUNŽA: Waren darunter einige aus der Gruppe, die Grä- nicht stimmen. Hier ist zu sehen, dass eine ganze Reihe ber gegraben hat? von ihnen zur Arbeit gegangen ist. ROZNER: Ja. Sie sind mit mir dann nach Saaz gegangen. KOKEŠ: Uns geht es um die wichtigste Frage, nämlich die KÁCL: Wie heißt z. B. einer von ihnen? Frage nach der Glaubwürdigkeit. In Ihren Behauptungen, ROZNER: Einer heißt Šedivý 60. Herr Marek, sehen wir große Widersprüche. KOKEŠ: Ist dir bekannt, dass irgendeiner von denen, die mit BUNŽA: Waren diese siebzig alle in hinteren Räumlichkei- euch graben waren, erschossen wurde oder verschwand? ten? Wer holte euch von dort ab?

106 ROZNER: Es holte uns Herr Marek. ausgetrommelt, dass die Leute sich am Marktplatz ver- KOKEŠ: Erinnerst du dich an bestimmte Leute, die mit dir sammeln sollen. im Block waren? KÁCL: Das Austrommeln war am gleichen Tag, an dem ihr ROZNER: Šedivý, der in Ferbenz ist. Etwa fünf von ihnen ankamt, oder erst am nächsten Tag? wurden abgeschoben: Frause Karel und Hauenschild Jo- SRKAL: Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. sef aus Ferbenz. Die sind im Reich [Deutschland]. VANĚK: Was für ein Kommandant war Zícha? HOLUB: Du hast uns erklärt, dass ihr erfahren habt, dass SRKAL: Er war nicht schlecht. Wenn ich es allerdings ver- fünf Buben erschossen wurden. Wann erfuhrst du das? diente, schimpfte er mich aus wie einen Soldaten. Widerfuhr das den Saazern oder den Postelbergern? ROZNER: Das geschah den Saazern. Gegenüberstellung Marek – Čupka STEHLÍK /zu Marek/: Wonach haben Sie errechnet, dass Gegenüberstellung von Marek und Čupka 500 Leute liquidiert wurden? BUNŽA: Herr Čupka, Herr Marek sagt, dass an der Über- MAREK: Mir geht nicht in den Kopf, wie es geschehen prüfung in der Postelberger Kaserne, solange es um die konnte, dass sie die aus dem SV wegbekommen haben. Postelberger Deutschen ging, Černý, Zícha und Sie betei- Das kann ich mir nicht erklären. ligt waren, dass Sie die Überprüfung gemeinsam mach- BUNŽA: Auf diese Art können wir schwer die wenigstens ten. Die Frauen sollen getrennt überprüft worden sein, ir- ungefähre Zahl der Liquidierten in Erfahrung bringen. gendwelche Mädchen aus Postelberg sollen sie überprüft haben, und es soll dort auch die Ehefrau des Vladimír Srkal Rót gewesen sein. Sie sollen auch dort gewesen sein. Wa- Aussage des Vladimír SRKAL, Bergmann in Postelberg ren Sie dort? Nr. 427. ČUPKA: Ich war dort etwa eine halbe Stunde, ich war BUNŽA /nach Belehrung und Feststellung der Personali- dort nur vorübergehend und habe von niemandem etwas en/: Wann kamen Sie hierher nach Postelberg? übernommen, ja ich verbat sogar dem Feldwebel, den SRKAL: Ich kam hierher mit der Ostarmee. Männern etwas abzunehmen. BUNŽA: Waren Sie bei irgendeiner Exekution dabei? BUNŽA: Als die Selektion der Deutschen aus Saaz statt- fand, etwa nach einer Woche, waren Sie dort auch dabei? SRKAL: Ich war Melder [Ordonnanz] bei Hauptmann Zícha, was sich jedoch hier sonst ereignete, kann ich nicht ČUPKA: Möglich, dass ich dort war, aber mit Bestimmtheit wissen (nemohu vědět, auch: „darf ich nicht wissen“). kann ich es nicht sagen. HOLUB: Kennen Sie einen Soldaten, der beim Hinrich- BUNŽA: Einige Deutsche wurden nach hinten gebracht in tungskommando dabei war? die Waschräume (koupelny), und man sagte dazu SV. Wis- sen Sie davon etwas? SRKAL: Unter uns wohnte Hauptmann Černý, der irgend- eine Abteilung hatte, was sie jedoch taten und ausführ- ČUPKA: Das weiß ich nicht mehr. Auf dem Hof war ich, ten, kann ich nicht sagen. aber im Gebäude war ich nicht. BUNŽA: Kennen Sie nicht irgendeinen seiner Soldaten? KOKEŠ: Wurden die Leute aufgeteilt nach SV und andere? SRKAL: Ich weiß, dass dort Soldaten waren, aber ihre ČUPKA: Auf dem Hof war ich etwa eine halbe Stunde, Nachnamen kenne ich nicht. hauptsächlich, um dem Feldwebel Einhalt zu gebieten, BUNŽA: Von Hinrichtungen wissen Sie nichts Näheres? aber im Gebäude war ich überhaupt nicht. SRKAL: Man sagt, dass das irgendwo bei der Schule war. KOKEŠ: Wissen Sie davon, dass Leute aus dem SV er- Aus eigener Beobachtung weiß ich von nichts. schossen worden seien? KÁCL: Sie kamen gleichzeitig mit Oberleutnant Petrov ČUPKA: Ich war nicht dort. [= Zícha]? HOLUB: Herr Marek, wer gab nach Ihrer Ansicht die Be- SRKAL: Ja. fehle für die Exekutionen? KÁCL: Wann kamt ihr nach Postelberg? MAREK: Hauptmann Černý. SRKAL: Entweder Freitag- oder Samstagnachmittag. BUNŽA: Und soweit es die Postelberger betrifft? KÁCL: Wieso wissen Sie, dass das am Freitag oder am MAREK: Ich würde sagen, Petrov [= Zícha]. Über Passier- Samstag war? scheine und über alles entschied allein Petrov. SRKAL: Damals wurde vom Nationalausschuss [MNV] BUNŽA: Sie glauben, dass den Befehl dazu Petrov gab?

107 MAREK: Davon bin ich fest überzeugt. teriums erhielten. Bei Marek würde ich empfehlen, den KOKEŠ: Herr Čupka, bekamen Sie von Petrov den Befehl größten Teil dessen, was wir ermittelt haben, den Akten zur Erschießung der Postelberger? beizufügen, die beim Gericht [über ihn] geführt werden, um Licht in seine Tätigkeit zu bringen. Ich empfehle nicht, ČUPKA: Irgendeinen Befehl zur Erschießung der Deut- ihn festzunehmen, und ich denke, dass wir schwerlich schen aus Postelberg bekam ich nicht, und Oberleutnant schon heute irgendeine Begründung finden würden, wel- Petrov selbst konnte mir einen solchen Befehl deswegen cher Straftaten er verdächtig ist. nicht geben, weil wir eine selbständige Einheit waren. KÁCL: Ich meine, wir haben die ganze Sache noch nicht zu /Marek verlässt den Sitzungsraum./ Ende untersucht. Die zwei sind keine direkten Täter. BUNŽA: Herr Čupka, Herr Oberleutnant Zelenka, der Vor- sitzender der Verwaltungskommission [MSK] war, sagt, BUNŽA: Marek ist kein direkter Täter. dass Soldaten des OBZ Beziehungen mit deutschen Frau- HOLUB: Ich vermute ebenfalls, dass er kein direkter Tä- en unterhielten, und dass er einmal, als er zu Ihnen kam, ter ist. bei Ihnen eine nackte, betrunkene deutsche Frau antraf. HORVÁTH: Ich vermute, dass er ein Vollstrecker von Be- ČUPKA: Das bestreite ich entschieden. Ich hatte in Postel- fehlen war. berg meine Ehefrau. Allein war ich in Postelberg nur etwa BUNŽA: Ich eröffne das Gespräch darüber, auf welche zehn Tage, dann war schon meine Frau dort. Weise wir die Sache zu Ende bringen sollen. BUNŽA: Schließen Sie die Möglichkeit nicht aus, dass die KÁCL: Ich bin nicht dafür, dass wir über Tschechen des- Soldaten Verkehr mit deutschen Frauen hatten? wegen zu Gericht sitzen, weil sie Deutsche bestraften. Ich ČUPKA: Dafür kann ich nicht garantieren. BZ und BO habe in dieser Richtung den wenigsten Grund zur Nach- (bezpečnostní oddíl, „Sicherheitsabteilung“) waren zwei sichtigkeit. Ich stellte mir selbst vor, dass für einen gefal- Einheiten. OBZ war eine selbständige Formation. lenen Tschechen zwanzig Deutsche fallen werden. Diese BUNŽA: Wer gehörte zum OBZ? Sache haben wir nicht abschließend untersucht, es fehlt ČUPKA: Dazu gehörten nur die Offiziere, während die uns eine Menge Material. Wir haben die Täter verhört, und Mannschaft eine Art selbständige Sicherheitsabteilung es hätte mir gefallen, wenn sie geständig gewesen wären (bezpečnostní oddíl) war, die einen eigenen Kommandan- und gesagt hätten: Ja, ich habe das getan. Getan haben ten hatte, der allerdings letztlich dem Kommandanten es Černý, Zícha und Čupka. Wie anders wäre die Situation, des OBZ untersteht. wenn sie offen gesagt hätten, wie die Sache war! So aber suchen sie Ausflüchte und erwecken so den Verdacht, LUKEŠ: Herr Čupka sagt, dass er sich in Postelberg zu dass ihre Sache nicht anständig war. Stellen Sie sich vor, Herrn Zelenka begeben und ihn wegen der Mitteilungen, in welche Lage Zícha geriete, wenn bewiesen würde, dass die er hier gemacht hat, zur Rede stellen wird. die Anmerkungen auf dem Verzeichnis von ihm gemacht KOKEŠ: Der Herr Direktor Zelenka sagte die Dinge hier wurden. Worum geht es uns? Es geht uns darum, dass wir vertraulich, wir sind eine vertrauliche Kommission, und, im Bezirk Ruhe herstellen, damit niemandem unterstellt Herr Čupka, begeben Sie sich nirgendwohin, das könnte werden kann, Hinrichtungen aus niedrigen und unehren- Ihnen sehr schaden. Er musste das hier sagen. haften Gründen vollzogen zu haben. Deshalb denke ich, /Čupka verlässt den Sitzungsraum./ dass es gut wäre, wenn wir die Öffentlichkeit aufriefen, dass jeder, der etwas von dem Fall weiß, dies mitteilen Abschlussbesprechung der Kommission soll. Ich bin mir bewusst, wie heikel die Situation ist, aber danach hätte, wer sich nicht [zu einer Aussage] gemeldet BUNŽA: Wir müssen uns vor allem entscheiden, was wir hat, von diesen Dingen nicht mehr zu sprechen, und wenn mit Čupka und Marek machen. er spräche, wäre er ein Ehrabschneider. Die Leute fürch- KOKEŠ: Meine Ansicht ist die, dass auf das, was sich in ten sich allerdings auch zu sagen, was sie wissen. Es war Pos­telberg abspielte, die Bestimmung des § 1 des Geset- hier ein Schulleiter, der davon sprach, wie Zícha die zwei zes Nr. 115 anzuwenden ist 62. Leute auf dem Marktplatz erschoss. Wenn Zícha sagen BUNŽA: Ich bin nicht dafür, dass diese Personen in Haft würde, ja, das war deswegen, weil sie sich widersetzten, genommen werden, denn Marek führte in Wirklichkeit die dann wäre er voll im Recht. Es waren hier Amtsträger, Anordnungen derer aus, denen er zugeteilt war, fungierte aber die streiten sich. Ich würde es daher für richtig erach- also als ausführendes Organ. Die Kommandeure geben ten, dass wir auf irgendeine Art weitere Bürger, die von zu, dass einige Hinrichtungen passiert sind, dass es dabei den Dingen etwas wissen, aufforderten, vorzutreten und aber um die Ausführung von Befehlen ging, die sie im Sin- es zu sagen. Ich merke an, dass ich zu Zícha ein freund- ne des Willens der Regierung und des Verteidigungsminis- schaftliches Verhältnis habe. Ich bezweifle nicht, dass

108 es für Zícha schließlich günstig ausgeht, und gerade das sich sowohl Zícha als auch die übrigen Anführer berufen. wäre für ihn das Beste. Insofern sie Maßnahmen ergriffen, müssen wir uns anse- KOKEŠ: Bevor wir [aus Prag] abreisten, waren wir uns hen, ob sie das in der festen Überzeugung taten, dass es bewusst, dass wir in die Sache nicht hineinspringen kön- der Nation dient. nen, ohne Vorbereitungen zu treffen. Es ist die Schuld der HOLUB: Zu den Ausführungen des Abgeordneten Mitglieder der volkssozialistischen Partei 63, dass sie sich Dr. Kácl, dass die Angst bei den Aussagen ein mächtiger an den Beratungen nicht beteiligten. Wir sagten, dass Faktor ist, möchte ich anmerken, dass falls jemand Angst wir wollen, dass sie uns Material liefern. Wenn wir uns hat, wir sie ihm durch keinen Aufruf nehmen können. In mit der Feststellung zufriedengeben würden, dass die den Aussagen blieb eine Reihe von Widersprüchen, und Leute Angst haben und nicht reden werden und nichts vorerst steht es nicht in unserer Macht, jemanden zu fin- Schwarz auf Weiß von sich geben werden, werden wir den, der das eine oder andere bestätigen würde. Es ist da die Sache nie zu Ende bringen und nicht verhindern, dass eine gewisse Lücke, die beseitigt werden muss. Wie, weiß jemand wahrheitswidrige Nachrichten verbreiten kann. ich jetzt nicht. Wir haben uns über die Fäden zu den höheren Komman- HORVÁTH: Ich stimme dem Vorschlag von Dr. Kokeš zu, dostellen nicht vergewissert, haben [den Oberstleutnant einen Aufruf, es sollten alle die, die von der Sache wissen, im Generalstab] Buda nicht angehört, unter Umständen sich melden, nicht zu veröffentlichen. Für Zeugen besteht General Španiel, um zu überprüfen, was die mit höheren die Gefahr, dass auf sie, würden sie aussagen, politischer Befehlen losgeschickten unteren Befehlshaber tun soll- Druck ausgeübt würde. Ich kenne einen Fall aus Warns- ten. Es geht uns darum, ob die Leute nach Weisungen und dorf, wo die, die redeten, keine Arbeit bekamen. Das ist Befehlen handelten, die sie bekamen, oder aber ob sie auf politischer Terror. Ich bin grundsätzlich gegen ein solches eigene Faust handelten. Die zweite Sache ist, ob es klug Vorgehen und wünschte mir, es käme an Gottes Licht, wie wäre, die Frage öffentlich zu erörtern, ob das Ausland eine die Ereignisse wirklich abgelaufen sind. Marek und Čupka große Kampagne gegen die Tschechoslowakische Repub- einsperren wäre, denke ich, nicht zuträglich und würde lik macht, gegen unsere nationale Revolution. Die Deut- großes Aufsehen erregen. Stattdessen wären die wirklich schen in den westlichen Zonen bemühen sich, jede Klei- Schuldigen zu bestrafen. nigkeiten zu sammeln, um sie benützen zu können. Wenn BUNŽA: Der Fall, den wir untersuchen, hat sicher einen wir mit dem Aufruf kämen: Meldet euch mit allem, was großen Umfang. Hier geht es nicht um einzelne Vorfälle, ihr von der Sache wisst, wäre das ganz bestimmt nicht sondern es geht wirklich um eine Massenexekution. Ich zweckmäßig und würde nicht uns dienen, sondern unse- denke, dass wir von solchen Sachen noch mehr antreffen ren Feinden. Ich denke, das einzig Richtige und Mögliche werden, aber nicht mit einem so großen Umfang. Deswe- wäre, dass die Parteien bestimmte Sachen einbrächten, gen ist es nötig, dass wir diesem Fall besondere Aufmerk- die untersucht würden, und wir entscheiden in geheimer samkeit schenken, damit wir einen Maßstab für andere Beratung, in welcher Form die Sache erledigt wird. Wir Fälle haben. Der Fall wurde sehr gründlich untersucht, treffen Vorkehrungen, damit wir aus der Sache mit Ehre trotzdem bleiben allerdings bestimmte Unstimmigkeiten. herauskommen, damit wir zeigen können, dass hier keine Richtig bemerkte der Kollege Kácl, dass die Situation kla- Barbarei geschehen ist, damit wir aber auf der anderen rer wäre und eine Entscheidung fallen könnte, wenn alle Seite zur Beruhigung der hiesigen Verhältnisse beitragen. Herren Offiziere offen gesagt hätten: Ich habe den Befehl Ich denke, dass das, was hier der Schulleiter Zelenka ge- gegeben, weil das Motiv, wie sich zeigt, kein anderes war sagt hat, die Situation am besten erfasst, nämlich, dass als der Vollzug der gerechten Rache an den Deutschen. hier das Volk ohne Unterscheidung nach politischer Par- Wir haben keine Vermutung, dass diese Taten aus ande- tei oder nach Stand damit einverstanden ist, dass diese ren Beweggründen begangen worden wären. Ich würde Dinge durchgeführt wurden, dass es jedoch darum geht, zu der Ansicht neigen, wir sollten dieses Verfahren in ei- dass den Stimmen Einhalt geboten wird, die daraus syste- ner begrenzten Frist durch eine Untersuchung ergänzen, matisch für unseren Feind Kapital schlagen wollen. Nach welche die Militärbehörden in Form einer Vernehmung meiner Ansicht sorgen dafür die Deutschen, die hier sind. der höheren Befehlshaber durchführen könnten. Es ist Ich empfehle daher, eine Aufforderung herauszugeben, nötig zu ermitteln, ob von der Sache Meldungen erfolgt die politischen Parteien sollen noch innerhalb einer Wo- sind. Falls Zícha das meldete, wie er behauptet, war er che, eventuell auch zweier Wochen Material einreichen, mit dieser Taktik nicht einverstanden. Das alles müsste während wir Vernehmungen von Leuten vornehmen, die durchleuchtet werden, damit der Mund derer verschlos- in Prag sind, wie Oberst Buda, Feldwebel Rót, eventuell sen würde, die behaupten, dass hier gemordet wurde und dass uns die Herren vom Verteidigungsministerium we- die Führenden sich bereicherten. Draußen sind die Leute nigstens Einblick in das Schriftmaterial gewähren, auf das gewitzt, aber wenn sie hierher kommen, wissen sie von

109 nichts, und auf einen Aufruf hin werden sie sich wieder gefordert, bis zum 15. August ihr Recht wahrzunehmen, nicht melden. Ich weiß, dass sich bei Gericht jeder ängs- noch Beweise vorzulegen, und nach Beendigung der Un- tigt, und wenn sich jemand vorstellt, dass er vor Generäle tersuchungen trifft die Kommission eine Entscheidung, treten und seine Angaben in öffentlicher Form machen die sie dem Sicherheitsausschuss und dem Rechtsaus- soll, ist er am Ende. Einverstanden wäre ich mit der Auf- schuss zur Genehmigung vorlegt. Zugleich würde ich den forderung, dass in einer Frist von vierzehn Tagen die po- Ministerien des Inneren und der nationalen Verteidigung litischen Parteien, falls sie Beweise haben, diese vorlegen zu erwägen geben, ob es nicht zweckmäßig wäre, die Lei- sollen, und inzwischen würde die Ermittlung von den hö- chen zu exhumieren und an anderer Stelle beizusetzen. heren Befehlsstellen durchgeführt. Dann würden wir zu- KOKEŠ: Ich ergänze das noch mit dem Vorschlag: Die Or- sammentreten und eine Entscheidung treffen. Zugleich gane SNB [Volkspolizei], Innenministerium und Verteidi- schlage ich vor, diese Sache dem Plenum des Sicherheits- gungsministerium mögen sich, gleichfalls innerhalb von ausschusses vorzulegen, damit er sich dazu äußert, und vierzehn Tagen, wenn möglich irgendwelche Beweise be- auch dem Rechtsausschuss, damit er hier abschließend schaffen. Stellung nimmt. Mein Vorschlag würde also abschließend lauten: Wir ergänzen die Akten durch eine Ermittlung bei /Verhandlung beendet um 20 Uhr, 15 Minuten. – Beschluss den vorgesetzten Offizieren, die Parteien werden- auf diktiert./

ANMERKUNGEN

1. Zu den Mitgliedern der Kommission, ihren Ämtern und Funk- 10. Diese Aussage widerlegt die offizielle Behauptung, die Gewalt- tionen siehe die detaillierte Auflistung in „Aussageprotokolle der Parla- taten seien eine militärische Reaktion unter Standrecht gegen wider- mentskommission“, S. 115. ständige Deutsche gewesen. 2. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses JUDr. Bohumír 11. Karel Hás (Karl Haas), mehrfach vorbestraft, war in Saaz Lei- Bunža (1908-1990) war vor 1938 Amtsrichter, danach im Widerstand ter des für die Polizei zuständigen Sicherheitsreferats des Nationalaus- aktiv. 1945-1948 saß er für die christdemokratische Volkspartei zuerst schusses. Später wurde er unter Anklage der Diebstahls und der Verun- in der provisorischen, dann der (gewählten) verfassungsgebenden Na- treuung seiner Funktion enthoben, erlangte aber dafür den Posten eines tionalversammlung. Als Mitglied des Sicherheitsausschusses versuchte Nationalverwalters eines Saazer Hopfengroßhandelsgeschäfts. Vgl. er, der Infiltration der Sicherheitsorgane durch Kommunisten entgegen- dazu den „Bericht des Staatssicherheitsamtes Brüx“, S. 130 und die zuwirken. Er konnte aber nicht einmal die Übernahme der Volkspartei Einleitung von Peter Klepsch, S. 28 und31. durch prokommunistische Kräfte verhindern und wurde 1948 aus sei- 12. Arnošt Šedivý stammte aus einer gemischten Ehe, die Mutter ner Partei ausgestoßen. Nach der Auflösung der Verfassungsgebenden war Deutsche. Während der Okkupation war er in der HJ (Hitlerjugend). Volksversammlung (ÚNS) am 6. Juni 1948 wurde er auf die Liste der Er sprach nur schlecht tschechisch, was ihn nach Postelberg und danach Abgeordneten gesetzt, die inhaftiert werden sollten, weil sie der kom- noch kurz ins Saazer Lager brachte. Im Lewanitzer Fasanengarten muss- munistischen Machtdurchsetzung im Wege standen. Er konnte aber te er Gräber für die Erschossenen ausheben. 1947 (August) sagte er in rechtzeitig emigrieren und wirkte seither als Exilpolitiker. In Abwesen- Brüx aus, „er und niemand von denen, mit denen er [in Postelberg] in heit wurde er am 25. November 1948 in einem Schauprozess zum Tode einem Raum war, wurden geschlagen“ (Bericht des Staatssicherheits- verurteilt. Er verstarb am 27. November 1990 in New York. 1992 wurde amtes Brüx 1947). er gerichtlich rehabilitiert. 13. Laut Aussage von Petrášek folgte auf Oberstleutnant Duřt Ma- 3. Die kürzere Zusammenfassung der Verhöre ist abgedruckt in jor Langer, danach wurde Major Fišer Standortkommandant. Adrian von Arburg / Tomáš Staněk (vyd.): Vysídlení Němců a proměny 14. Zu Ing. Reiser siehe S. 62 und 75. českého pohraničí 1945–1951: dokumenty z českých archivů. Díl II, svazek 3: Akty hromadného násilí v roce 1945 a jejich vyšetřování [Die Aussied- 15. Dr. med. Karel Kácl (1900-1986) war Mitglied der Volkssozialis- lung der Deutschen und der Wandel des tschechischen Grenzgebietes ten (strana národně socialistická), 1948 in „Sozialistische Partei“ umbe- 1945-1951: Dokumente aus tschechischen Archiven. Teil II, Band 3: Mas- nannt, Abgeordneter der Verfassunggebenden Versammlung (ÚNS) und senterror im Jahre 1945 und ihre Ermittlung]. Středokluky (Susa) 2010. Mitglied der Untersuchungskommission. Nach dem kommunistischen Februarputsch gehörte er zu dem Flügel seiner Partei, der die Kommu- 4. Erstveröffentlichung im Druck: Heimatbrief Saazerland, Son- nisten unterstützte. Als Professor für medizinische Chemie an der Prager derausgabe Genozid. Der Postelberger Massenmord 1945 im Spiegel Karlsuniversität machte er danach Karriere als international renommier- tschechischer Regierungsakten. Forchheim [2005] und im Internet unter ter Wissenschaftler. www.heimatkreis-saaz.de in tschechischer und deutscher Sprache. 16. Dr. Petrášek war in Saaz schon vor 1938 als Jurist im Staats- 5. ÚNS = „Verfassunggebenden Nationalversammlung“, das erste dienst tätig. Während der Okkupation ging er nach Laun. Am 9. Mai 1945 Nachkriegsparlament der Tschechoslowakei. kehrte er laut eigener Aussage nach Saaz zurück. Mit einer angeblichen 6. Voitl und Wollrab übersetzte durchgehend okrés (Bezirk) mit Vollmacht des Bezirksnationalausschusses (ONV) verfügte er die Auf- „Kreis“. 1938-1945 waren die Bezirke, die auch in österreichisch-ungari- lösung des Saazer Nationalausschusses, in dem auch Deutsche waren, scher Zeit so hießen, in Kreise umbenannt. Dieser nur vorübergehenden und übernahm den Vorsitz der Bezirksverwaltungskommission (OSK). Umbenennung folgen wir nicht, sondern verwenden die traditionelle Dagegen intervenierte wiederum der örtliche Verwaltungskommissi- Bezeichnung wie in den tschechischen Quellen. onsvorsitzenden Rožka, de facto Bürgermeister von Saaz, per Vollmacht 7. Deckname für Zícha. des Innenministeriums. Petrášek legte daraufhin den OSK-Vorsitz vor­ 8. Vgl. die Zeitzeugenaussage von Peter Klepsch, S. 275. Eines übergehend nieder. Am 6. Juni 1945 kehrte er wieder in diese Funktion der Opfer war der Postbote Gansl, der als Sozialdemokrat bekannt war. zurück und besetzte sie nach eigener Angabe bis 4. Juli 1946. Vgl. dazu 9. Major Langer war Nachfolger von Oberstleutnant Duřt als mili- die Charakterisierung des „Juristen und Staatsbeamten Dr. Petrášek“ tärischer Standortkommandant. durch Peter Klepsch, S. 28).

110 17. SNB = Sbor Národní Bezpečnost, „Korps der nationalen Sicher- 31. Diese Aussage Zíchas zur Zusammensetzung des vorgeschobe- heit“, sinngemäß „Volkspolizei“. nen Stabs der 1. Armeedivision in Postelberg und damit zu den Verant- 18. Zu Adolf Reiser (Reizer), einem Bergbaubeamten, siehe auch wortlichen der Ereignisse dort Ende Mai und Anfang Juni 1945 ist unklar die Aussage von Zícha, S. 75. formuliert. Zum Verständnis muss man den Vorbericht vom 28. Juli 1947 und das Aussageprotokoll heranziehen, in dem zusätzliche Informatio- 19. „Werwolf“, geheime Terrororganisation der Nazis, zu ihrer Be- nen enthalten sind. Unklar ist vor allem, wo Zícha und sein Chef Steiner deutungslosigkeit siehe S. 53, Anm. 10. dienstlich angesiedelt sind. Es war dies die sogenannte „2. Abteilung“ 20. Zum angeblichen Widerstand der Deutschen siehe die Aussage der Division, eine allgemein übliche Bezeichnung für Nachrichten- und von Wollrab, S. 53, Anm. 11. Aufklärungsabteilungen. In Konkurrenz zu dieser stand der militärische Abwehrnachrichtendienst (OBZ), der eine eigene Hierarchie mit Bedřich 21. Oberamtsrichters Dr. Freyer, der einen Zeugenbericht schrieb Reicin an der Spitze hatte und außerhalb der regulären militärischen in: Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen, hg. von der Ar- Hierarchie operierte. Die eigentlichen Verantwortlichen über Černý, beitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen, 4. Aufl. Čermák, Čupka und Zícha waren demnach die Kommandeure und München 1952, S. 106 ff. Vgl. dazu die Einführung von Herbert Voitl. Kommandanten der 1. Armeedivision: Hauptmann Steiner, Chef der 2. 22. Bohuslav Marek war, nach eigener Auskunft, 1929-1938 Polizist Abteilung im Generalstab der Division; Oberst Otakar Buda, Komman- in Postelberg, danach im Protektorat in Leneschitz (Lenešice). Als dort dant des vorgeschobenen Stabes; und beider Vorgesetzter, General Jan die Polizei aufgelöst wurde, wurde er Beamter im Zivildienst. 1943 verur- Procházka, Befehlshaber der 1. Armeedivision. Dazu Oberstleutnant teilte ihn ein deutsches Volksgericht wegen Schwarzschlachtens, so dass Bedřich Reicin, Chef des OBZ. Und schließlich General Oldřich Španiel, er die Zeit bis November 1944 im Gefängnis verbrachte. Nach der „Revo- Procházkas Vorgänger und danach Vorsteher der militärischen Kanzlei lution“ gelangte er am 9. Mai 1945 erneut in den Polizeidienst und wurde im Präsidialamt, der seinen ehemaligen Mitarbeitern in der 3. Armee­ Ende des Monats von Zícha alias Leutnant Petrov für Aufgaben bei der brigade Čupka und Zícha noch einen „Wink“ gab, wie mit den Deutschen Konzentrierung der Deutschen aus Saaz, Postelberg und Umgebung re- zu verfahren sei. Diese Schreibtischtäter sind auf Grund der in diesem krutiert. Er fungierte als Lagerkommandant in der Postelberger Kaserne. Buch abgedruckten Dokumente fassbar. Siehe dazu Adrian von Arburg/ 23. Rudolf Zelenka, Schulleiter in Postelberg und Oberleutnant der Tomáš Staněk vyd.): Vysídlení Němců a proměny českého pohraničí 1945- Reserve, war 1945 Vorsitzender der örtlichen Verwaltungskommission 1951: dokumenty z českých archivů. Díl II, svazek 3: Akty hromadného ná- (MSK) in Postelberg; siehe unten. silí v roce 1945 a jejich vyšetřování [Die Aussiedlung der Deutschen und der Wandel des tschechischen Grenzgebietes 1945-1951: Dokumente 24. SV heißt in militärischen Quellen Stanoviště Velitele, „“Befehls- aus tschechischen Archiven. Teil II, Band 3, Massenterror im Jahre 1945 posten“ (Hinweis von Adrian von Arburg). Konkret handelte es sich, wie und seine Ermittlung]. Středokluky (Susa) 2010, Dokument Nr. 86, Aus- später erklärt wird, um ehemalige Waschräume (koupelny) bzw. ein mit Stacheldraht gesichertes Areal. sage Zícha; außerdem „Vorbericht vom 28. Juli 1945“, S. 52. 25. Demnach war das schon Montag, der 4. Juni. 32. Oberstleutnant Jan Vaněk war als Mitarbeiter des Verteidi- gungsministeriums Berater der Untersuchungskommission. 26. Es gibt verschiedene Versionen, warum es zu der Erschießung der Buben kam. Peter Klepsch zufolge hatten sie versucht, zu entkom- 33. Zu Ing. Reiser siehe auch S. 62. men, indem sie sich in ein Arbeitskommando einreihten, wobei sie ent- 34. Wenzel Jaksch (1896-1966), deutschböhmischer Sozialdemo- deckt wurden (Zeitzeugenaussage S. 275). Der Zeitzeuge Heinrich krat. Nach dem Einmarsch 1938 emigrierte er zuerst nach Polen, später Giebitz sagt aus: „Es hat einmal geheißen, die wären fortgelaufen, die nach London, wo er die Interessen der Sudetendeutschen gegenüber wollten flüchten. Das wurde von den Tschechen so behauptet. Dann der tschechoslowakischen Exilregierung vertrat. Vergeblich versuchte er hieß es wieder, daß die Buben aufs Nachbargrundstück rüber wären dort, den Bestrebungen entgegenzuwirken, die deutschstämmige Be- und Äpfel klauen wollten. Auch möglich, ich weiß es nicht, aber Hunger völkerung nach dem Krieg aus der Tschechoslowakei zu vertreiben. Ab hatten wir alle …“ (S. 270). Hinsichtlich der Identität ist der Zeitzeuge 1961 war er Vizepräsident der Sudetendeutschen Landsmannschaft, von Roland Neubauer am Genauesten: „Man brachte fünf Buben, ca. 12-18 1964 bis zu seinem Tode Präsident des Bundes der Vertriebenen. Jahre alt. Der 19jährige war mein Cousin aus Zürau (Siřem), Herbert 35. Zum OBZ-Leiter Bedřich Reicin (1911-1952) siehe „Bericht für Feigl. Die anderen zwei hießen Körner und einer Frank, die ca. 13 und Innenminister Václav Nosek“ S. 47, Anm. 5,und „General Reicins und 14 Jahre alt waren. Der fünfte soll von Postelberg gewesen sein. Er war Leutnant Čupkas Rolle im Massaker von Postelberg“, S. 137 (beachte auch ungefähr 16 Jahre alt. Sie wurden schrecklich geschlagen. Solche dort auch Anm. 1). Prügel habe ich nie vorher gesehen. Man stellte sie mit dem Rücken zur Wand und erschoss sie.“ (Heimatbrief Saazerland, Sonderausgabe 36. Gemeint ist offensichtlich der deutsche Kapuziner-Guardian anlässlich 50 Jahre Vertreibung, Saaz–Postelberg – Podersam–Jechnitz von Saaz, Pater Maximilian (mit weltlichem Namen Josef Hilbert), der 1945/ 46 bis 1995. Den Opfern zum Gedenken. Eine Dokumentation zu- auf dem Heimmarsch von Postelberg nach Saaz am Wegrand erschossen sammengestellt von Erich Hentschel“. Forchheim 1995, Dokument S18.) wurde und dessen Ende im Folgenden dokumentiert wird (S. 257). Sie- he auch „Bericht des Staatssicherheitsamtes Brüx“, S. 131. 27. Zu der Befehlsstruktur und den Verflechtungen von Armee, Ge- heimdienste, Ministerien und kommunistischer Partei siehe die Grafik 37. In Schwarzheide nördlich von Dresden befand sich ein KZ-Au- S. 403. ßenlager (Arbeitslager), dessen Insassen am 18. April 1945 zurück zum KZ Theresienstadt getrieben wurden. Diese Marsch ging als „Hunger- 28. Jan Zícha war militärischer Geheimagent unter dem Deckname marsch“ in die Geschichte ein, weil von den 1.000 Häftlingen nur etwa „Leutnant Petrov“ und in Postelberg Leiter einer selbständig agierenden 200 überlebten. Kurz vor Kriegsende erreichte der Transport Postelberg Nachrichteneinheit innerhalb des vorgeschobenen Stabs der 1. Tsche- und Saaz. Siehe dazu die Einleitung von Peter Klepsch, S. 24. choslowakischen Di­vi­sion. Er vertrat dabei Stabshauptmann Steiner (Šteiner), Chef der geheimen “2. Abteilung beim Hauptstab“ der Divisi- 38. Leutnant Jan Čupka (auch: Čubka) diente für die mit Hitler on. Hauptmann Steiner, vormals Angehöriger der westlichen Auslands- verbündete Slowakei an der Ostfront in einer sog. Sicherungsdivision. armee, verließ noch 1945 den Militärdienst, nannte sich danach Slovák Nach einem Fronturlaub lief er zu den Partisanen in Weißrussland über, und hatte 1951 eine höhere Stelle im Ministerium für Schulwesen inne trat danach in die tschechoslowakische Armee ein und diente dort im (laut Aussage von Vasil Kiš S. 137 f.). OBZ. In der Operationsgruppe, die den Befehl hatte, für die Verlage- rung des Stabes der 1. Division nach Postelberg den dortigen “Raum zu 29. Zu General Heliodor Píka siehe „Vorbericht vom 28. Juli 1947“, säubern“, d. h. die Deutschen zu „konzentrieren“ und für den „Abschub“ S. 53, Anm. 19. vorzubereiten, befehligte er die Sicherheitsabteilung des OBZ (früher 30. General Jaroslav Brož war für das Verteidigungsministerium Be- „Feldgendarmerie“). Čubka verließ als Oberleutnant den aktiven Dienst rater der Untersuchungskommission. im Frühjahr 1946 (vgl. Tomáš Staněk, „Nachkriegsexzesse in den tsche-

111 chischen Ländern 1945 und ihre Untersuchungen“. 2005). Siehe dazu seit 1927 in Postelberg. Während der Okkupation hielt er sich in Laun auch „General Reicins und Leutnant Čupkas Rolle im Massaker von Pos­ auf. 1945 wurde er Vorsitzender der örtlichen Verwaltungskommission telberg“, S. 137. (MSK] in Postelberg. Er führte über die Nachkriegsereignisse Tagebuch 39. Zu General Heliodor Píka siehe „Vorbericht vom 28. Juli 1947“, und berichtet darin von „unaussprechlichen Verhältnissen“. S. 53, Anm. 19. 49. Hier liegt wohl ein Protokollfehler vor. 40. Brigadegeneral Oldřich Španiel (1894-1963) war im 1. Weltkrieg 50. Laut Volkszählung von 1930: 3.311 Einwohner, davon 52,5 % Offizier in der tschechoslowakischen Legion in Russland, in der ersten Deutsche (Anm. d. Übersetzers). Republik Militärattaché in Polen, danach Professor an der Militärischen 51. Siehe oben Anm. 37. Hochschule in Prag. Im Juni 1939 emigrierte er nach Frankreich, dann 52. Diese angebliche Behauptung Vlčeks stammt aus einer frühe- ging er für die Exilregierung als Militärattaché in die USA. 1944 wurde ren Ermittlung und steht im „Bericht für Innenminister Václav Nosek er Chef des militärischen Kanzleramts bei Präsident Beneš in London. vom 2. Juli 1947“, siehe S. 46. Nach einem kurzen Zwischenspiel im April / Mai 1945 als Kommandeur 53. Auch dies steht im „Bericht für Innenminister Václav Nosek vom der 3. Brigade des 1. Tschechoslowakischen Armeekorps kehrte er in die 2. Juli 1947“, siehe S. 46. Militärkanzlei zurück. 1946-1947 diente er als Kommandeur des 1. Ar- 54. Siehe „Bericht für Innenminister Václav Nosek vom 2. Juli 1947“, meekorps in Prag. Am 13. August 1947 bestätigte er vor der Untersu- chungskommission des ÚNS die Aussagen Čupkas über das Treffen im S. 46. Prager Hotel Belvedere. 55. Pelc versteht offensichtlich diese Frage, die auch im Deutschen missverständlich ist, falsch. Bunža will wieder mal wissen, ob nicht auch 41. Zum Quartier des OBZ in Postelberg siehe unten Anm. 47. Tschechen unter den Inhaftierten waren. Pelc versteht offensichtlich: 42. Jozef Horváth (geb. 1908 in der Slowakei) war Mitglied der „Waren das alle Deutschen?“ Demokratischen Partei (DS), Abgeordneter der Verfassungsgebenden 56. Siehe S. 53, Anm. 8. Versammlung (ÚNS) und Mitglied der Untersuchungskommission. Nach dem kommunistischen Februarputsch 1948 ging er ins Exil und machte 57. Aussage von Karel Wilhelm in „Bericht des Staatssicherheits- in den USA eine zweite Karriere als Politiker. amtes Brüx“, S. 131. 43. Karpaten-Ukraine: bis 1938 / 39 östlichster Landesteil der Tsche­ 58. Wie später erklärt wird, handelte es sich um ehemalige Wasch- choslowakei. räume (koupelny). 59. Peter Klepsch erinnert sich an „einen mit Stacheldraht gesicher- 44. Wolhynientschechen (Volyňští Češi): siehe S. 31, Anm. 50, ten Teil an der Westseite des Kasernenkomplexes. Dort war der Todes- und S. 417, Anm. 4. block.“ (S. 25). 45. Hauptmann Vojtěch Černý floh 1939 nach Polen, wo er in die 60. Arnošt Šedivý, 1947 wohnhaft in Ferbenz (Rvenice) stammte Tschechoslowakische Legion eintrat, und kämpfte danach an der Ost- aus einer gemischten Ehe, Vater Tscheche, Mutter Deutsche. Seine Aus- front, wobei er schwer am Kopf verletzt wurde. Er erwarb zahlreiche sage siehe „Bericht des Staatssicherheitsamtes Brüx“, S. 128. militärische Auszeichnungen, darunter auch sowjetische und jugoslawi- sche. Seit Ende Mai 1945 leitete er als zweiter Stellvertreter (pomocník) 61. Kokeš scheint hier Marek (absichtlich?) misszuverstehen. Ma- in Postelberg eine vorgeschobene Stabsabteilung der 1. Armeedivision, rek verwendet den Ausdruck „sein Süppchen kochen“ (se neohřívala deren Hauptquartier hierher verlegt werden sollte. Unter ihm dienten, polévka, „sich seine Suppe wärmen“) im gleichen Sinne wie an anderer zumindest zeitweise, Hauptmann Steiner und dessen Stellvertreter Stelle Kokeš selbst mit den Worten: „der sein Süppchen kochte (wört- Zícha, die einer Aufklärungs- und Nachrichteneinheit angehörten. lich: seine Suppe wärmte) und seinen persönlichen Feind beseitigen Černýs Einheit bewachte die Kaserne, laut seiner Aussage wurde die Be- ließ“ (si byl ohřál svou polívčičku a dal odstranit svého osobního nepřítele)“ wachung aber auch vom OBZ wahrgenommen. (S. 75). Marek unterstellt, dass die Davongekommenen ihr Überleben den geleisteten Kalfaktordiensten verdankten, die vielleicht über das 46. Bílá Cerekev ist eine größere Stadt im Kiewer Gebiet. Gräberschaufeln hinausgingen. Kokeš hatte Marek seinerseits verdäch- 47. Das OBZ-Quartier befand sich in Postelberg Nr. 74. Zeugen- tigt, dass er als Lagerkommandant „sein Süppchen kochte“. aussagen zufolge soll es dort nicht nur zu Alkoholexzessen und Ver- 62. Das Gesetz vom 8. Mai 1946 verfügt rückwirkend die Straffrei- gnügungen mit Frauen gekommen sein, sondern auch zu Hinrichtun- heit für Handlungen vom 30. September 1938 bis 28. Oktober 1945, die gen im Garten, wobei die Opfer an Ort und Stelle verscharrt wurden. der Wiedergewinnung der Freiheit von Tschechen und Slowaken dienten Geheimpolizeiliche Ermittlungen ergaben, dass Soldaten dort einen oder eine gerechte Vergeltung für Taten der Okkupanten und ihrer Hel- Galgen aufgestellt hatten (siehe „Bericht des Staatssicherheitsamtes fershelfer zum Ziel hatten. Brüx“, S. 132). 63. Die Partei der Volkssozialisten (strana národně socialistická) war 48. Rudolf Zelenka, Schulleiter in Postelberg und Oberleutnant der Mitglied der Regierung der Nationalen Front in Prag. Das Kommissions- Reserve, war nach eigener Aussage seit 1921 im Raum Postelberg tätig, mitglied Dr. Kácl war Mitglied dieser Partei.

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