Historischer Atlas 7, 1 Von Baden-Württemberg

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Historischer Atlas 7, 1 Von Baden-Württemberg HISTORISCHER ATLAS 7, 1 VON BADEN-WÜRTTEMBERG Erläuterungen Beiwort zur Karte 7,1 Baden in napoleonischer Zeit von MEINRAD SCHAAB und HANS HALLER I. Historischer Überblick ritorialen Fürstentums in der Reformation waren die geistlichen Territorien ja diejenigen Objekte, auf die Am Ende des 18. Jahrhunderts gebot Markgraf Karl sich die Erwerbsgelüste der Landesherren konzentriert Friedrich von Baden (1738-1811) über ein verhältnis- hatten. Diese Gelüste erhielten nun neue Nahrung mäßig kleines geschlossenes Gebiet zwischen Pfinz durch die mit dem republikanischen Heer eindringen- und Acher, auch dies erst seit 1771 in dieser Aus- den aufklärerischen Gedanken der Staatssouveränität dehnung (vgl. Karte 6,1a). Ohne Verbindung mit den und Säkularisierung des kirchlichen Eigentums. So Kernlanden waren die Obere Markgrafschaft mit den wurde das Schicksal der Kirche in Deutschland auf den Herrschaften Sausenberg-Rötteln und Hochberg, die Schlachtfeldern der Koalitionskriege entschieden. Besitzungen zwischen Nahe und Mosel sowie als Noch 1798 sah man im Erzbistum Mainz Geistliche kleinere Territorialsplitter Mahlberg und die Stadt auf den Straßen, die sich freudig erregt die Nachricht Kehl und linksrheinischer Streubesitz. Diesen Zustand von Nelsons Sieg bei Abukir mitteilten; nach den Sie- beendete die Umwälzung Europas im Gefolge der gen Napoleons bei Marengo und Hohenlinden jedoch Französischen Revolution. In den 20 Jahren nach 1789 war der Weg frei für die Verwirklichung der Entschä- konnte die Markgrafschaft Baden nicht nur ihre Exis- digungspläne auf Kosten der Kirche und der reichs- tenz behaupten, sondern vermochte darüber hinaus, städtischen Territorien. So verbanden sich in diesen sich um ein Mehrfaches ihres alten Gebietsstandes zu Jahren aufklärerisches Gedankengut, das politische In- vergrößern. Das Land Baden, wie es bis 1945 bestand, teresse Napoleons und landesherrliche Territorialpoli- wurde in diesen Jahren geschaffen. tik. Zunächst freilich schien die Existenz Badens be- Baden erhielt auf Grund der französisch-russischen droht, als das republikanische Heer die Grenzen Frank- Konvention vom 3. Juni 1802 zahlreiche Erwerbun- reichs bis an den Rhein trug. Baden ging seiner links- gen, die der Reichsdeputationshauptschluß nach der rheinischen Besitzungen verlustig. Die Wiederherstel- vorausgegangenen provisorischen Inbesitznahme be- lung der alten Rechte erhoffte man sich zunächst von stätigte. Im Süden entstand aus isoliertem Neugewinn einem Sieg an der Seite der Koalition. Als jedoch 1795 am Bodensee – dem Bistum Konstanz, den Abteien Preußen aus der Koalition ausbrach und Mannheim in Petershausen und Salem sowie den Reichsstädten die Hände der Franzosen fiel, wechselte Baden die Überlingen und Pfullendorf – das Obere Fürstentum. Fronten. Der Freiherr Sigismund von Reitzenstein Bis zur Abtretung an Württemberg (1806) gehörte (1766-1847), Landvogt der Herrschaft Rötteln, brachte dazu auch die im oberschwäbischen Raum gelegene Baden an die Seite des überlegenen Frankreich. Er war Reichsstadt Biberach. Die Obere Markgrafschaft, ver- es auch, der in der Folgezeit die so erfolgreichen größert um die kleinen Besitzungen des Domstifts Unterhandlungen mit Frankreich über die Entschädi- Basel (Istein und Schliengen) konnte noch nicht mit gung Badens führte. dem Kernland verklammert werden, obwohl in der Schon in diesen Jahren dachte man daran, Baden für Ortenau die Gebiete des Bistums Straßburg, der seine linksrheinischen Verluste mit geistlichen Ge- Reichsstädte Gengenbach (samt der Abtei), Offenburg bieten zu entschädigen. Seit der Stärkung des ter- und Zell, die nassau-usingische Herrschaft Lahr und das hessen- 1 7,1 MEINRAD SCHAAB UND HANS HALLER / BADEN IN NAPOLEONISCHER ZEIT darmstädtische Hanauer Land hinzukamen. Die Stamm- Auf Widerstand stieß diese gewaltsame politische lande und dieser Neuerwerb wurden fortan als badische Flurbereinigung nicht. Die Bevölkerung ließ den Markgrafschaft bezeichnet. Im Norden mußte Bayern Wechsel der Herrschaft nahezu gleichgültig über sich auch auf die rechtsrheinischen Teile der Kurpfalz ver- ergehen, obwohl diese willkürlich-rationale Verschie- zichten. Baden erhielt den Hauptteil mit den Städten bung von Menschen und Ländern ohne Rücksicht auf Mannheim und Heidelberg und den Oberämtern Heidel- historische Gegebenheiten und ohne legitime Grund- berg, Ladenburg und Bretten. Durch die Säkularisation lage vorgenommen wurde. II nous faudra prendre tout des Bistums Speyer war für Baden die Verbindung zwi- ce que nous pourrons hatte die Devise Reitzensteins schen der Markgrafschaft und der jetzt badischen Pfalz- gelautet, als er auf den Ländermarkt nach Paris ge- grafschaft, zu der auch die speyerischen Gebiete ge- fahren war. zogen wurden, hergestellt. Auf die Pfalzgrafschaft stütz- Erhielt Baden 1803 um den niedrigen Preis seiner te sich die Kurwürde für Karl Friedrich. Noch 1803 Neutralität zahlreiche Gebiete, so mußte es die Ge- wurde die Reichsstadt Wimpfen im Austausch für Kon- winne von 1805 durch Beteiligung am Krieg im Bünd- dominatsanteile und Enklaven an Hessen-Darmstadt nis mit Frankreich und eine dynastische Verbindung abgetreten. mit dem Haus Bonaparte bezahlen. Noch während des Der österreichische Breisgau und die Ortenau, die die dritten Koalitionskriegs 1805 besetzte Baden aufgrund letzte Lücke geschlossen hätten und deshalb auch auf eines Befehls Napoleons die benachbarten Orte der Reitzensteins Wunschzettel gestanden hatten, gingen Reichsritterschaft und der Ritterorden. Durch den vorerst an den Herzog von Modena, als Entschädigung Preßburger Frieden vom 26. Dezember 1805 erwarb für seine oberitalienischen Verluste. Sein Schwieger- es als Hochzeitsgabe, die Napoleons Adoptivtochter sohn und baldiger Erbe war der Erzherzog Ferdinand. Stephanie Beauharnais ihrem Gemahl, dem badischen Aber Reitzenstein wußte, daß diese Gebiete für Baden Erbprinzen Karl, mitbrachte, die habsburg-modena- nicht verloren waren, denn es konnte nicht im Interesse sche Landgrafschaft Breisgau mit der alten Stamm- Frankreichs liegen, einen habsburgischen Erzherzog am burg der Zähringer und die Ortenau. Die unmittelbar Rhein zu haben. österreichisch gebliebenen Teile des Breisgaus, die Weitere Veränderungen bewirkte der Reichsdepu- Herrschaft Triberg und die Städte Villingen und tationshauptschluß in den benachbarten geistlichen und Bräunlingen, gingen zunächst allerdings an Würt- pfälzischen Gebieten. Der Fürst von Leiningen-Har- temberg. Außerdem erhielt Baden die österreichische denberg, zuvor ausschließlich links des Rheines begü- Stadt Konstanz und die Herrschaft Linz a. d. Aach und tert, erhielt als Entschädigungslande die Kurmainzi- die Deutschordens-Kommende Mainau mit der Herr- schen Oberämter Amorbach und (Tauber-)Bischofs- schaft Blumenfeld. Nicht verhindern konnte Reitzen- heim samt der Abtei Amorbach, die würzburgischen stein indessen, daß mit dem Ende von Ritterschaft und Ämter Grünsfeld, Lauda, Hardheim und Ripperg sowie Ritterorden die Grafschaft Bonndorf und mit dem Kloster Gerlachsheim und die pfälzischen Oberämter Preßburger Frieden die österreichische Landgrafschaft Mosbach und Boxberg. Das mainzische Billigheim und Nellenburg an Württemberg fielen. Letzteres hatte Neudenau fielen an die gräflichen Linien Leiningen- ursprünglich auch einen großen Anteil am Breisgau Guntersblum und Leiningen-Heidesheim. Dem Grafen bis zu einer Demarkationslinie vom Hühnersedel zum von Salm-Reifferscheidt wurde beiderseits der mittleren Kandel besetzt, dann aber doch herausgegeben. Jagst ein Ersatzterritorium aus dem mainzischen Ober- Die Stellung der Reichsritter, schon vor 1800 von amt Krautheim geschaffen. Im Austausch mit Leiningen Preußen bestritten, ließ sich ab 1803 kaum mehr hal- erwarb er noch 1803 auch Gerlachsheim und Grünsfeld. ten. Zahlreiche, auch kleine Territorien besetzten die Leiningen und Salm sind die beiden einzigen nennens- ihnen benachbarten Ritterorte. Baden bildete jedoch in werten neuen Territorien im Bereich des späteren Ba- dieser Hinsicht eine Ausnahme und ging erst nach den. Außerdem kam damals Nassau-Oranien über die dem Schönbrunner Tagesbefehl vom 19. Dezember Abtei Weingarten in den Besitz von Hagnau. Auch die 1805, der diese Unterwerfungen sanktionierte, gegen bodenständigen Fürsten bzw. Grafen von Löwenstein- die Ritter vor. Dabei stieß es auf die Konkurrenz Wertheim konnten ihr Territorium durch zuvor würz- Württembergs und der kleineren Herrschaften, soweit burgische Entschädigungen arrondieren, die fürstliche die Ritterorte nicht ganz eindeutig innerhalb bisher ba- Linie mit der Abtei Bronnbach und Anteilen an Wid- dischen Gebiets lagen. Man vertrieb sich gegenseitig dern, die gräfliche Linie mit Freudenberg und den links- mit Waffengewalt und riß angeschlagene Hoheitszei- mainischen Teilen des Amtes Rothenfels (dann Amt chen wieder ab. Vertragliche Regelungen gelangen Steinfeld). Der Johanniterorden sollte mit den Breisgau- erst, als Baden die Souveränität über die kleineren klöstern abgefunden werden, da aber Habsburg-Modena Fürsten erlangt hatte und Württemberg sich zu teil- die seiner Landeshoheit unterstehenden geistlichen Ge- weise bis 1810 dauernden Verhandlungen herbeiließ. biete nicht herausgab, glückte lediglich die Übernahme 1806 schuf sich Napoleon im Rheinbund die poli- der st. blasianischen Grafschaft Bonndorf. tische Organisation, die das dritte Deutschland enger an Frankreich band und das alte Reich endgültig be- 2 MEINRAD SCHAAB UND HANS HALLER / BADEN IN NAPOLEONISCHER ZEIT 7,1 seitigte. Die Belohnung, die Baden für seinen Beitritt über
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    Unverkäufliche Leseprobe Gerhard Köbler Historisches Lexikon der deutschen Länder Die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart 2019. 976 S. ISBN 978-3-406-74167-8 Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.chbeck.de/27839654 © Verlag C.H.Beck oHG, München Gerhard KÎbler Historisches Lexikon der deutschen LÌnder Die deutschenTerritorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart C.H.Beck 1. Auflage 1988 2., verbesserte Auflage 1989 3., verbesserte, um ein Register erweiterte Auflage 1990 4., vollständig überarbeitete Auflage 1992 5., vollständig überarbeitete Auflage 1996 6., vollständig überarbeitete Auflage 1999 7., vollständig überarbeitete Auflage 2007 8., unveränderte Ausgabe (Sonderausgabe) 2019 © Verlag C.H.Beck oHG, München 1988 www.chbeck.de Umschlaggestaltung: Atelier 59, München Umschlagabbildung: Geometrischer General-Riß des Stifts Merseburg Satz: Fotosatz Otto Gutfreund GmbH, Darmstadt Druck und Bindung: Druckerei C.H.Beck, Nördlingen Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier (hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff) Printed in Germany ISBN 978 3 406 74167 8 klimaneutral produziert www.chbeck.de/nachhaltig Inhalt Vorwort(zur1.Auflage)................ VII Vorwortzur6.Auflage................. XI Vorwortzur7.Auflage.................XII Ûberblick....................... XIII Verzeichnisder wichtigstenAbkÏrzungen . XXXI Literaturhinweise................. XXXV HistorischesLexikon................... 1 Register.........................823 Vorwort Die deutsche Geschichte ist zunÌchst und vor allem die Geschichte des deutschen Volkes, das sich allmÌhlich aus indogermanischer und germanischer Wurzel entwickelt hat. SpÌtes- tens um die erste nachchristliche Jahrtausendwende sind sich die hieraus erwachsenen VÎl- kerschaften der Franken, Bayern, Alemannen, ThÏringer, Sachsen und zu einem gewissen Grade wohl auch der Friesen ihrer sie verbindenden, zu einer gemeinsamen Sprache und einem gemeinsamen Namen strebenden Eigenheit bewusst. Seitdem ging dieses Bewusstsein im Kern bis zur Gegenwart nicht mehr verloren.
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