Blätter Aus Dem Thurgauer Wald

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Blätter Aus Dem Thurgauer Wald Blätter aus dem Thurgauer Wald Informationen für Waldeigentümer und Forstreviere 27. Jahrgang, Nr. 1, Januar 2020 2 Editorial Geschätzte Leserinnen und Leser Mitte Januar, die Sonne scheint und das Ther- bildung zur Forstwartin EFZ. Erfahren Sie im mometer zeigt rund acht Grad. Die Nächte sind Interview, wie die vier ihren Ausbildungsalltag zwar frostig, aber tagsüber herrscht Frühlings- wahrnehmen. wetter. Da fragen wir uns: Wo bleibt wohl der Ist Ihnen bei einem Waldspaziergang auch erhoffte Winter? Oder sind es eben doch die schon Grüngut von ausserhalb des Waldes Auswirkungen des Klimawandels, die sich hier aufgefallen, das achtlos im Wald oder am zeigen? Gerade wir im Wald beschäftigen uns Waldrand deponiert wurde? Grüngut ist Abfall, seit längerem mit diesen Fragen. So haben wir und dieser gehört nicht in den Wald! Aber – 2008 erstmals eine Broschüre mit Empfehlun- was fällt alles unter den Begriff «Abfall»? Ein gen zu Baumarten im Kontext von veränderten aktualisiertes Merkblatt des Amts für Umwelt klimatischen Bedingungen erarbeitet. Das The- und des Forstamts beschreibt die verschiede- ma hat unterdessen an Aktualität und Brisanz nen Abfallarten und ihre sachgerechte Entsor- gewonnen. Nicht zuletzt deshalb haben sich gung. Helfen Sie mit, unseren Wald sauber zu im Herbst die Förster und die Mitarbeitenden halten! des Forstamtes im Rahmen eines Weiterbil- Im Rahmen der Einweihung des Forstwerk- dungskurses mit Fachleuten zu dieser Thema- hofs des Forstreviers Mittelthurgau im Juni tik ausgetauscht. Dabei war man sich einig, 2019 wurde eine Festschrift veröffentlicht. dass gewisse Anpassungen in der Baumarten- Diese wird in den nächsten Ausgaben der wahl angezeigt sind. Wichtig ist und bleibt BTW in fünf Teilen wiedergegeben. Lesen Sie aber v.a. die Baumartenvielfalt, um das Risiko in Teil eins über das Thema der frühen Holz- von Ausfällen bzw. Kalamitäten zu reduzieren. nutzung im Mittelthurgau. Neue Hilfsmittel wie z. B. die Tree App können An dieser Stelle sei nochmals auf die Aus- Waldbesitzern und Förstern im Alltag helfen, stellung «Wild auf Wald» des Naturmuseums die richtigen Entscheide zu treffen. Thurgau hingewiesen. Diese Ausstellung ist In der Reihe der Baumartenporträts wird die noch bis am 29. März 2020 geöffnet; ein Be- Birke beschrieben. Die Birke ist eine Baumart, such lohnt sich in jedem Fall! Schliesslich die gegenüber extremen klimatischen Einflüs- wünsche ich Ihnen – geschätzte Leserinnen sen sehr robust ist. Sicherlich sind die Bilder und Leser – eine angenehme Lektüre mit der aus dem Norden mit grossflächigen Birkenwäl- ersten Ausgabe der BTW im Jahre 2020. dern bekannt. Doch auch hier kennt man die Birke, und dies nicht nur als Cheminéeholz. Lesen Sie dazu mehr ab Seite 5. Die Gemeinden Eschenz, Herdern, Hüttwi- len und Mammern bilden das Forstrevier See- rücken mit dem Forstwerkhof in Kalchrain. Gerne stellen wir Ihnen dieses Revier vor und der Revierpräsident legt im Rahmen eines In- terviews seine Sichtweise zu verschiedenen Themen dar. Frauen bilden in forstlichen Berufen eine Minderheit. Erfreulicherweise machen im Kan- Daniel Böhi ton Thurgau momentan vier Frauen eine Aus- Kantonsforstingenieur BTW 1/2020 3 Inhalt Forstamt und Forstdienst Die Birke im Kanton Thurgau 5 Das Forstrevier Seerücken 8 Zur Pensionierung von Robert «Röbi» Schönholzer 12 Die NFA-Periode 2016–19 ist tot. Lang lebe die NFA-Periode 2020–24! 13 Försterkurs: «Klimawandel – Baumarten der Zukunft» 14 Wald und Waldbewirtschaftung im Mittelthurgau Teil 1: Waldnutzung bis ins 19. Jahrhundert 18 Generationenwechsel bei den Förstern 21 Neues Merkblatt «Abfall im Wald» 22 Aus den Verbänden und Branchen Interesse der Frauen an Forstberufen steigt 23 Delegiertenversammlung Wald Thurgau vom 28. Oktober 2019 in Weinfelden 25 Herbar-Ausstellung der Forstwartlernenden 26 Diverses Internationaler Tag des Waldes am 21. März 2020 27 Arbeitsjubiläen und runde Geburtstage im Forstdienst 27 4 BTW 1/2020 Forstamt und Forstdienst Die Birke im Kanton Thurgau Im Thurgauer Wald kommen vor allem junge Birken vor, alte und grosse Birken sind hinge­ gen eher selten. Der Anteil der Birke im Wald liegt deutlich unter 1 %. Ausserhalb des Wal­ des werden Birken häufig entlang von Stras­ sen, in Alleen, Feldgehölzen, Pärken und Gär­ ten gepflanzt. Auf der Nordhalbkugel kommen weltweit über 50 verschiedene Birkenarten und viele natürli- che Kreuzungen (Hybride) vor, die oft nur schwer auseinanderzuhalten sind. Birken haben vor allem in Skandinavien, im Baltikum, in Po- len und Russland eine grosse wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung. Bei Birken im Thur- gauer Wald handelt es sich fast immer um die Hängebirke (Betula pendula), die auch Sand-, Warzen- oder Weissbirke genannt wird und praktisch in ganz Europa vorkommt. In der Alte und grosse Birken sind im Thurgauer Wald eher Schweiz viel seltener ist die Moorbirke (Betula selten. Eine mächtige Hängebirke steht im Uferwald des Hüttwilersees. Sie misst 84 cm auf Brusthöhe. Ihr pubescens). Sie heisst auch Haarbirke oder Be- geschätztes Holzvolumen beträgt rund 8 Tariffestmeter. haarte Birke und besiedelt Spezialstandorte wie Foto: Ulrich Ulmer z. B. den Randbereich von Hochmooren. Die Zwergbirke (Betula nana) ist ein Zwergstrauch, sorgt, dass das Licht vollständig reflektiert der kaum 1 m hoch wird. Sie wächst am Rande wird. Damit schützt die weisse Rinde die von Hochmooren und in Hochlagen des Juras empfindlichen Gewebeteile der Birke vor in- und der Alpen. Ihre Hauptverbreitung liegt im tensiver Sonneneinstrahlung und Sonnen- Norden (Polarbirke). Die strauchförmig wach- brand. Dies kommt der Birke zugute, denn sie sende Niedrige Birke (Betula humilis) kommt ist eine sehr lichtbedürftige und ausgespro- als nationale Besonderheit natürlicherweise nur chene Pionierbaumart, die auch als junger noch in einem Wald in Abtwil SG vor. Dort Baum auf einer Freifläche Frost, Sonnenstrah- wächst ein einziges Exemplar, ein Überbleibsel lung, Hitze, Nässe und Trockenheit aushalten aus der letzten Eiszeit. 2019 bezeichneten Ex- kann. Sie ist anspruchslos und äusserst ro- perten sie als «seltenste Baumart der Schweiz». bust und gedeiht praktisch überall gut, auch auf jungen, nährstoffarmen Rohböden. Da die Weisse Rinde, lichtbedürftig und hart Birke windbestäubt ist, braucht sie bei der im Nehmen Blüte keine warmen Temperaturen für den In- Charakteristisch für die Hängebirke und un- sektenflug. Und dass die Birke schon mit fünf verwechselbar ist die weisse Rinde. Daran ist Jahren blüht und leichte Samen in grosser sie leicht erkennbar, vermutlich ist die Birke Zahl bildet, unterstützt die Pionierstrategie sogar die am besten bekannte Baumart, je- zusätzlich. des Kind kennt die Birke. Birken produzieren viele Pollen, dies zum Die weisse Farbe der Rinde entsteht durch Leidwesen jener Allergiker, die speziell auf die Einlagerung des Stoffs Betulin, der dafür Birkenpollen reagieren. Birken sind neben Ha- BTW 1/2020 5 Forstamt und Forstdienst Im Thurgau gibt es nur wenige Waldstandorte, wo Birken natürlich dominieren können. Birkenwald am Nussbaumersee. Foto: Ulrich Ulmer sel und Erlen wegen ihrer Pollen besonders gungen im Hudelmoos, im Etzwiler Riet, im När- gefürchtet. geter Ried und am Nussbaumer- und Hüttwiler- see vor, dies auf einer Fläche von gesamthaft Die Birke, eine konkurrenzschwache rund 28 ha. An diesen Spezialstandorten kom- Allrounderin men neben der Hängebirke auch Hybride von Hängebirken werden 25–30 m, selten über Moorbirke und Hängebirke vor. 30 m hoch. Im Wald erreichen sie Durchmes- ser von 80 cm, selten bis 100 cm auf Brusthö- Alpensüdseite, einwachsende Flächen he. Ähnlich wie andere in der Jugend schnell und Hochlagen wachsende Baumarten, werden auch Birken Gemäss Schweizerischem Landesforstinventar nicht sehr alt. Sie werden vielleicht 80-jährig, (LFI) hat die Hängebirke schweizweit einen manchmal bis 100-jährig, selten auch älter. Vorratsanteil von 0,6 % und einen Stamm- Obwohl Birken im Thurgauer Wald kaum ge- zahlanteil von 1,9 %. Das bedeutet, dass Hän- pflanzt werden, sind sie vor allem in Jung- gebirken im Durchschnitt nur rund 25 cm beständen sehr häufig, da sie sich sehr gut Durchmesser auf Brusthöhe aufweisen, weil na türlich verjüngen. Wegen ihrer geringen Kon- die meisten relativ jung sind und alte, grosse kurrenzkraft und weil bei der Bewirtschaftung Exemplare nicht sehr zahlreich sind. Die andere Baumarten bevorzugt werden, ver- Hauptverbreitung der Hängebirke liegt in der schwinden mit der Zeit die meisten Birken. Schweiz auf der Alpensüdseite. Dies vor allem Grosse Birken kommen deshalb bei uns am deshalb, weil Birken dort nach 1950 viele auf- ehesten auf sauren, nährstoffarmen Buchen- gegebene, früher landwirtschaftlich genutzte waldstandorten und auf nassen Eschenwald- Flächen besiedeln konnten. Auch in den Alpen standorten vor, wo die Konkurrenzkraft der kommt sie gebietsweise häufig vor. 70 % aller anderen Baumarten weniger dominant ist. Die Hängebirken in der Schweiz wachsen auf der grösste Bedeutung haben Birken im Föhren- Alpensüdseite. Sie hat dort einen erstaunlich Birken-Bruchwald. Dieser nasse, saure, torfige hohen Anteil von 10 %. In den Alpen (1,5 %) und nährstoffarme Waldstandort ist jedoch und im Mittelland (0,3 %) ist sie deutlich sel- sehr selten. Im Thurgau kommen diese Bedin- tener. 6 BTW 1/2020 Forstamt und Forstdienst Birken sind als (Halb­)Alleebäume sehr beliebt. Birken sind im Thurgau häufig ausserhalb des Markante Birkenreihe am Grüneckkanal in Müllheim. Waldes anzutreffen. Feldgehölz oberhalb Ermatingen. Foto: Ulrich Ulmer Foto: Ulrich Ulmer Rund die
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