FDP – 04. WP Fraktionssitzung: 18. 02. 1964

18. Februar 1964: Fraktionssitzung

ADL, Bestand Wolfgang Mischnick, A40-763. Überschrift: »Kurzprotokoll der Frakti- onssitzung vom 18. Februar 1964«. Zeit: 14.35–18.20 Uhr. Vorsitz: von Kühlmann- Stumm. Entschuldigte Fraktionsmitglieder: 9.

Sitzungsverlauf: A. Geschäftliche Mitteilungen. B. Bericht aus dem Ältestenrat. C. Vorbereitung der Tagesordnung. D. Berichte aus den Arbeitskreisen.

[A.] Geburtstage: Kubitza 5.2.1919 (45 Jahre) Wächter 15.2.1906 (58 Jahre) Entschuldigt: Dr. Atzenroth Todesfall Dr. Dörinkel Erholungsurlaub Dr. Imle Erholungsurlaub Dr. Krümmer Teilnahme an einer Tagung (Ausschuß Stadt- und Landkreis Iserlohn) Rademacher Brüssel Ramms berufliche Verpflichtungen Dr. Schneider unaufschiebbare Gerichtstermine Dr. Starke krank Spitzmüller Rednerverpflichtung in Baden-Württemberg [B.] Bericht aus dem Ältestenrat Dürr: Die morgige ganztägige Plenarsitzung Beginnt um 9 Uhr. Am Donnerstag vor- mittag ist frei für Ausschüsse. Um 14.30 Uhr beginnt die Plenarsitzung. Am Freitag beginnt die Plenarsitzung um 9 Uhr. Die Behandlung der Großen Anfrage zur EWG-Agrarpolitik ist für die Woche vom 10.–14.4. vorgesehen. Dürr trägt den Ablauf der Plenarsitzungen dieser Woche im einzelnen vor. Präsenztage im März sind: 3.–6. März 10.–12. März (Berliner Fraktionssitzung 10.3., 15 Uhr) 18. und 19. März. Wegen der daraus resultierenden Mindereinnahmen wird das Beförderungssteuergesetz zusätzlich an den Haushaltsausschuß überwiesen. Am 13.–16.April ist die 2. und 3. Beratung des Haushalts vorgesehen. In der ersten Märzwoche werden behandelt: die

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Große SPD-Anfrage zur Wissenschaftsförderung, das Abkommen mit Spanien über die Kriegsopfer, das 131er-Gesetz1, die 2. und 3. Beratung des Kindergeldgesetzes, das Abzahlungsgesetz, das Diätengesetz und der Wirtschaftsbericht 1964. Eine Entschei- dung darüber, ob Heye2 im spricht, ist noch nicht getroffen. Für die erste Märzwoche ist der Bericht des Wehrbeauftragten abgesetzt. Mauk: Er bemängelt, daß die Große Anfrage zur Agrarpolitik erst im April behandelt wird. Diese sollte vorgezogen werden. Das ist wichtig wegen des Wahlkampfes und auch wegen der Bindung der Regierung an die dort zu fassenden Beschlüsse für die Brüsseler Verhandlungen, Dürr: Für den Wahlkampf kommt die Große Anfrage noch rechtzeitig. Ein Vorziehen ist auch angesichts der umfangreichen Tagesordnung der ersten Märzwoche nicht mög- lich. Ertl: Vor der Behandlung der Großen Anfrage darf das Kabinett keinen Beschluß über den Getreidepreis fassen, Mischnick/Effertz: Sie treten dafür ein, daß in der ersten Märzwoche an drei Tagen Plenarsitzungen angesetzt werden. Dürr: Das wird wahrscheinlich sowieso der Fall sein. In der ersten Märzwoche wird bereits eine Große Anfrage behandelt. Er wird sein möglichstes tun, um zu erreichen, daß die Große Anfrage noch auf die Tagesordnung kommt. Auf jeden Fall muß aber verhindert werden, daß dafür das Kindergeldgesetz zurückgestellt wird. Er trägt einen Antrag zur Frage der Geheimschutzordnung des Bundestages vor und fragt, ob die Fraktion diesem Antrag beitritt. von Kühlmann: Er stellt die Zustimmung der Fraktion nach Abstimmung fest. Jeder Abgeordnete wurde davon unterrichtet, daß am 28. Februar von 10–17 Uhr und am 29.2. von 9–13 Uhr eine Klausurtagung in Baden-Baden stattfindet. Am 28.2. sollen die Abgeordneten abends an Versammlungen teilnehmen. Bisher haben sich nur wenige Abgeordnete gemeldet. Er bittet um weitere Meldungen – es meldet sich niemand. Am 10.3., 15 Uhr findet eine Fraktionssitzung in statt. Von Kühlmann erinnert an den Beschluß der Fraktion, wonach mündliche Fragen für die Fragestunde der Ge- schäftsführung vorher vorgelegt werden sollten. Er bemängelt, daß sich Dr. Kohut dem Votum der Fraktion nicht gebeugt hat und seine außenpolitischen Fragen, wenn auch in abgemilderter Form, gestellt hat. Dr. Kohut: Es ist ihm schwergefallen, sich mit einer schriftlichen Beantwortung seiner Fragen einverstanden zu erklären. Nach seinem Gewissen als freier Abgeordneter war es ihm nicht möglich, auf die Fragen zu verzichten, die im übrigen auf der Linie der FDP liegen. Dr. Miessner: Die Fraktion sollte mit mündlichen Fragen nicht belastet werden. von Kühlmann: Die Fraktion hat beschlossen, in dieser Weise zu verfahren, das hat bisher auch noch nicht zu Schwierigkeiten geführt. Dürr: Er weist darauf hin, daß bei der SPD keine Frage gestellt wird, die der Vorstand nicht genehmigt hat. Dagegen handelt es sich im Falle unserer Fraktion lediglich um technische Hilfe und Koordinierung. [C.]

1 Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Per- sonen. 2 Hellmuth Heye (CDU), Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages.

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Vorbereitung der Tagesordnung (Die arabischen Zahlen beziehen sich auf die weiße abgezogene Tagesordnung) Dürr: 1. Fragestunde 2. Mündlicher Bericht des Petitionsausschusses verbunden mit der Beratung der Sam- melübersichten 26 und 27 des Petitionsausschusses. – Ohne Debatte. 3. Aussprache über den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft – IV/1860, zu IV/1860 Ertl: Der Arbeitskreis V benennt drei Sprecher zur Grünen Debatte: 1. Ertl: grundsätzliche Stellungnahme 2. Logemann zur Situation, die sich aus dem Grünen Bericht ergibt 3. Walter: Begründung von Änderungsanträgen (Strukturmaßnahmen und Kreditpro- gramm) von Kühlmann: Fraktion einverstanden. Dürr: Zusätzlich wird noch der SPD-Antrag zur Altershilfe der Landwirte behandelt und von Frehsee3 begründet. Er fragt nach einem Sprecher der FDP. von Kühlmann: Durch Zurufe wurde Reichmann benannt. Die Fraktion ist damit einverstanden. 5. SPD-Antrag betreffend Europäisches Jugendwerk – Dru. IV/1855 – Kubitza: Er wird dazu sprechen und sich gegen eine unterschiedliche Förderung der Jugendbegegnung aussprechen. 6. Reparationsschädengesetz – IV/1456, IV/1762 – Der Regierungsentwurf wird von Dr. Dahlgrün, der Initiativentwurf von Weber4 (Koblenz) begründet werden. Dr. Aschoff: Er spricht sich gegen die Überweisung an den LAG-Ausschuß5 und für die Überweisung an den Wirtschaftsausschuß aus. Dr. Dehler: An sich ist der Rechtsausschuß zuständig. Dr. Dehler und Dr. Weber haben sich aber über einen Sonderausschuß verständigt. Mertes: Der Arbeitskreis II hat sich für die Federführung des LAG-Ausschuß ausge- sprochen, ohne daß der Rechtsstandpunkt aufgegeben wird. Sprecher Dr. Mälzig, Dr. Dörinkel. Dr. Rutschke: Der Arbeitskreis III ist für die federführende Behandlung Im Wirt- schaftsausschuß und für die mitberatende des LAG-Ausschusses. Dr. Diemer: Für Federführung des Wirtschaftsausschusses. Dr. Dehler: Primär sollte man für die Federführung des Wirtschaftsausschusses eintre- ten. Wenn das nicht erreichbar erscheint, sollten wir für die Federführung des Sonder- ausschusses eintreten. Mischnick: Er unterstützt den Vorschlag Dr. Dehlers. Dr. Dahlgrün: Er hat Zweifel, ob der Weg des Initiativantrags politisch tragbar ist. Die Regierungsvorlage bedingt einen Aufwand von 1,7 Mrd. in 15 Jahren. Der Entwurf von Dr. Weber (Koblenz) und Genossen dagegen einen Aufwand von 16 Mrd. Dazu kom- men noch 2 Mrd. für Vertriebene außerhalb des Reiches, die aber auch nicht gleich

3 Heinz Frehsee, MdB (SPD). 4 Karl Weber, MdB (CDU). 5 Ausschuß für den Lastenausgleich.

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behandelt werden sollen. Die vorgeschlagene Behandlung der Schuldbuchforderungen aufgrund des Initiativantrags wird zu Steuermindereinnahmen führen, die noch gar nicht übersehen werden können. Der Finanzminister hat in der Zukunft viel wichtigere Aufgaben wie Verkehr, Luftreinigung etc. Finanziell ist daher der Initiativantrag ange- sichts der übrigen Ausgaben, die bevorstehen, nicht tragbar. In welcher Form das Repa- rationsschädengesetz auch verabschiedet wird, es wird auf jeden Fall vor das Verfas- sungsgericht kommen. Die juristischen Personen, die in dem Initiativentwurf erfaßt werden, haben durch vielfältige steuerliche Vergünstigungen bereits zahlreiche Erleich- terungen bekommen. Auch das sollte man berücksichtigen. Dr. Dehler: Da es sich hier um reine Rechtsfragen handelt, weitgehend auch um An- sprüche kleiner Leute, kann die Frage der Reparationsschäden mit den Lastenaus- gleichsansprüchen nicht auf eine Stufe gestellt werden. Das Haus kann hier nicht formal entscheiden. Die schwierige Rechtsfrage muß vorher geklärt werden. Dr. Rutschke: Es läßt sich politisch nicht vertreten, daß der Heimatvertriebene, der alles verloren hat, weniger Entschädigung bekommen soll, als derjenige, der sein Ver- mögen etwas später verloren hat. von Kühlmann: Er stellt fest, daß die Fraktion für die Federführung des Wirtschafts- ausschusses oder des Reparationsschädenausschusses eintritt. Sprecher Dr. Mälzig, Dr. Dörinkel. Dr. Bucher: Man sollte Dr. Dörinkel bitten, mit dem Regierungsentwurf nicht so hart ins Gericht zu gehen. von Kühlmann: Dr. Dörinkel sollte also für die Fraktion maßvoll im Sinne von Dr. Bucher sprechen. Dürr: 7. Erste Beratung Regierungsentwurf zur Höfeordnung – IV/1810 – ohne Debat- te. 8. 1. Beratung Koalitionsentwurf zur Änderung der Gewerbeordnung – IV/1821 – ohne Debatte. 9. 1. Beratung Koalitionsentwurf zur Änderung der Gewerbeordnung – IV/1822 – ohne Debatte. Hier soll zusätzlich der Mittelstandsausschuß mitberatend sein. 10. 1. Beratung Koalitionsentwurf zum Gaststättengesetz – IV/1823 –ohne Debatte. 12. 1. Beratung Entwurf zum 131er-Gesetz – IV/1840, IV/1863 – abgesetzt. 13. 1. Beratung Abgeordnetenantrag zur Änderung des Berlinhilfegesetzes – IV/1854 – abgesetzt. 14. 1. Beratung CDU-Entwurf zur Änderung des Maß- und Gewichtsgesetzes – IV/1862 – keine Beteiligung an Debatte. 15. 1. Beratung Regierungsentwurf über Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens – IV/1867 – Sprecher Dr. Heuser. Punkt 16 wurde abgesetzt, Punkt 17–23 ohne Debatte. 24. 1. Beratung SPD-Antrag zur Änderung des Grundgesetzes, IV/1896: Dr. Diemer-Nicolaus: Sie berichtet über diesen Entwurf, der mit der Badenfrage zu- sammenhängt. Danach soll Artikel 29 geändert werden. Wir wollen jedoch den Artikel 118 ändern. Sie wird sich in ihren kurzen Ausführungen auf die Rechtsfrage beschrän- ken. Mischnick: Man sollte die Debatte auf die Grundsatzfrage zurückführen und niemand aus Baden-Württemberg sprechen lassen. Dr. Diemer-Nicolaus: Sie schlägt Busse als Sprecher vor.

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von Kühlmann: Er stellt das Einverständnis fest. Sprecher Busse. Dürr: Es werden noch verschiedene Zusatzpunkt ohne Debatte behandelt. Auch zur Frage des Assoziierungsabkommens mit afrikanischen Staaten dürfte es nur zur Be- richterstattung kommen, wenn es aber zu einer Debatte kommt, wird sich von Mühlen bereithalten. Eisenmann: Er bemängelt die Kürzung der Mittel für den Goldenen Plan und wird einen Abgeordnetenantrag auf Aufstockung der Mittel stellen. Mischnick: Die Frage sollte mit den Haushaltsausschuß-Mitgliedern abgestimmt wer- den. Sozialpaket Deneke: Formulierte Änderungsanträge zu den Blank6-Vorschlägen wurden noch nicht vorgelegt. Diese Anträge müssen enthalten: 1. Die Änderung der Pflichtversicherungsgrenze auf 850,– DM

2. Die Beitragsaufteilung 3/5 : 2/5 (Arbeitnehmer : Arbeitgeber) 3. Den Wegfall des Individualbeitrags 4. Die Richtlinien über die Kostenerstattung für Einkommen über 1250,– DM. Die Vertreter des Ministeriums sind der Meinung, daß auch diese Leute Krankenscheine vorlegen müssen. Dem hat Deneke widersprochen. Am Donnerstag wird die Debatte fortgesetzt. Die CDU will vor der Verabschiedung des Kindergeldgesetzes die Einigkeit in der Krankenversicherungsneuregelungsfrage. In die Ausschüsse will man erst dann gehen, wenn die Änderungsanträge formuliert vorliegen. Dorn: Eine völlige Einigkeit ist nicht zu erreichen. Wir müssen aber wohl weiter ver- handeln, denn jede Woche wird sich das Klima mit dem Partner verschlechtern. Mischnick: Wir sollten uns heute darauf beschränken, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen und erst einmal am 4.3. das Kindergeldgesetz im Plenum verabschieden. Mertes: Er befürchtet, daß es dazu kommen wird, daß das Lohnfortzahlungsgesetz unter Bezugnahme auf die Verabschiedung des Kindergeldgesetzes separat verabschie- det wird. Dorn: Er teilt diese Befürchtung nicht. von Kühlmann: Wir sollten nach dem 4.3. weiter darüber sprechen. 4. Bundesrückerstattungsgesetz von Kühlmann: Spitzmüller hat um Weisung gebeten, wie er sich zu dem Bundesrück- erstattungsgesetz im Wiedergutmachungsausschuß verhalten soll. Dr. Kohut: Es geht um einen SPD-Antrag, der von dem CDU-Abgeordneten Böhm7 unterstützt wird, zu § 44a des Bundesrückerstattungsgesetzes. Nach diesem Antrag soll der Entschädigungsfonds für Schmuckentziehung von 400 Mio. DM auf 800. Mio. er- höht werden. Dr. Kohut hält das für unnötig und empfiehlt, bei der Regierungsvorlage zu bleiben. von Kühlmann: Er stellt fest, daß auch die Fraktion diese Meinung von Dr. Kohut unterstützt. Er bittet Scheel, über seine Eindrücke von der Parisreise zu berichten.

6 , MdB (CDU), Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. 7 Franz Böhm, MdB (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Wiedergutmachung.

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Scheel: Die Aussprache mit de Gaulle8 wurde sehr offen geführt. Bereitwilligst wurden französische Übungsplätze für die Bundeswehr zur Verfügung gestellt. Pompidou9 ließ den Wunsch erkennen, daß in der militärischen Zusammenarbeit bereits bei der Rü- stungsplanung begonnen wird. Das dürfte die Amerikaner wenig angenehm berühren, die gewohnt sind, von uns die Bestellungen zu erhalten. Die Franzosen wollen uns auch in der Wiedervereinigungsfrage unterstützen. Erhard hat sein Mißfallen über die Reise der französischen Parlamentsdelegation nach der Sowjetzone und über die Anerkennung Rotchinas durch Frankreich geäußert. Die Franzosen sagten, daß man aus der Anerkennung Rotchinas nicht auf das Verhältnis zur SBZ schließen kann. Auch auf die Europapolitik entstehen dadurch keine Auswirkun- gen. Der kritische Standpunkt Erhards wurde ohne Zurückweisung hingenommen. De Gaulle sagt, daß die französische Regierung nicht in der Lage war, die Reise der franzö- sischen Parlamentsdelegation zu verhindern. Diskutiert wurde das koordinierte Vorgehen in Lateinamerika, das aber mit den USA abgesprochen werden soll. Die nunmehr zu konstatierende nüchterne Betrachtungsweise des deutsch- französischen Konsultationsvertrages hat sich als nützlich erwiesen. Er bemängelt die Presseäußerungen der FDP zu dieser Reise (»fdk«-Artikel von Schollwer10, der am Aschermittwoch erschien). Dr. Mende: Der Bundeskanzler hat die Auffassung vertreten, daß dieser Artikel die Schwierigkeit der Reise richtig gesehen hat. Auch Dr. Mende hält den Artikel für maß- voll. Offenbar hat man gewisse Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen, die dann in der amerikanischen Zeitung zitiert wurden. von Kühlmann: Eine Reise einer deutschen Parlamentsdelegation nach der Sowjetuni- on würde zum gegenwärtigen Zeitpunkt günstig wirken. Von Kühlmann hält diese Form der Ausnutzung der diplomatischen Beziehungen für gut und auf jeden Fall für besser als Kontakte mit der SBZ. Dr. Achenbach: Er bemängelt, daß der Arbeitskreis I vor Herausgabe des Artikels in der »fdk« nicht konsultiert wurde. Der Artikel ist außenpolitisch ungeschickt. Genscher11: Unsere Pressestelle hat bisher wesentlich weniger Anlaß zu Beanstandun- gen gegeben, als etwa die Pressestellen von CDU und SPD, die mehrfach zu einem Dementi gezwungen waren. Den hier zur Debatte stehenden Artikel hat Erhard selbst gelobt, und auch führende Parteivertreter haben sich in seiner Gegenwart lobend über den Artikel ausgesprochen. Scheel: Es wäre angebracht, wenn die mit der Materie vertrauten Parlamentarier in wichtigen Dingen vorher gefragt würden. Dr. Achenbach: Der Artikel ist nicht gut, er beantragt eine Diskussion über die Frank- reichpolitik in Fraktion und Bundesvorstand. von Kühlmann: Die Fraktion hat sich bereits mit den außenpolitischen Problemen in der letzten Sitzung eingehend auseinandergesetzt.

8 Charles de Gaulle, Präsident der Französischen Republik. 9 Georges Pompidou, französischer Premierminister. 10 Wolfgang Schollwer, Chefredakteur der »fdk«, Pressereferent der FDP-Bundesgeschäftsstelle und Referent für Außen- und Deutschlandpolitik der FDP. 11 Hans-Dietrich Genscher, Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion sowie Bundesgeschäftsführer der FDP.

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Schultz: Schollwer hat nur auf die bestehenden Schwierigkeiten hingewiesen. Wie die- ser Artikel von einer amerikanischen Zeitung ausgewertet wird, sollte man dem Schrei- ber nicht zur Last legen. Niemand wäre darauf gekommen, den Artikel zu beanstanden, wenn das nicht geschehen wäre. von Kühlmann: Erhard hat ihn gestern informiert, daß Lemmer12 wieder Vertrie- benenminister wird. Dürr: Morgen um 17 Uhr findet die Vereidigung von Lemmer statt. Dr. Mende: Er hat angeregt, daß die Mittwoch-Plenarsitzungen wieder um 14.30 Uhr beginnen, damit die Kabinettsmitglieder wieder an den Plenarsitzungen teilnehmen können. Wenn das nicht möglich ist, sollten am Mittwoch vormittag keine Kabinetts- sitzungen stattfinden. [D.] Berichte aus den Arbeitskreisen Dr. Achenbach: Er teilt nicht die Auffassung, daß ein Postbeamter der SBZ, der ledig- lich etwas transportiert, eine konsularische Funktion hat. Das hat ihm auch Carstens13 bestätigt. Er verliest eine Stellungnahme der DDR zur Passierscheinfrage und geht auf die Stellungnahmen von westlicher Seite ein. Dr. Mende: Beide Seiten haben ihre maximale Forderung gestellt. Es besteht aber noch ein geringer Verhandlungsspielraum. Die östliche Seite greift im wesentlichen Am- rehn14, Barzel15 und von Guttenberg16, nicht aber Erhard an. Korber17 wird am Don- nerstag zu Wendt18 gehen, und es wird sich zeigen, wer nachgibt. Dr. Mende hat den Vorschlag gemacht, daß man die UdSSR und die USA einschaltet. Wenn Moskau und Pankow interveniert, kann man sich jetzt in der Mitte treffen (Sektorengrenze Pots- damer Platz). Ob es Ostern Passierscheine geben wird, steht zur Zeit 50 : 50. die Sache ist aber sehr durch die Reden von Amrehn, Lemmer etc. und durch die Artikel von »Christ und Welt« und der »Neuen Züricher Zeitung« verschlechtert worden. Wir sollten aber die Passierscheinfrage nicht zum Zentralthema der Wiedervereinigungspoli- tik machen. Dr. Kiep-Altenloh: Sie tritt – wie Mischnick – für eine Zustimmung unserer Kabinetts- mitglieder für die Wiederholung der Weihnachtspassierscheinregelung zu Ostern ein. Diese Zustimmung sollten wir aber jetzt noch nicht öffentlich bekanntgeben. Mertes: Arbeitskreis II 1. Entgegenahme eines Berichts von Dr. Kiep-Altenloh über das SPD- Wohnungsbaugesetz. 2. Antrag zur Änderung des 2. Wohnungsbaugesetzes (Fraktionsumdruck 7/64 (neu)), wonach 60 % der Bundesmittel für die Förderung von Eigentumswohnungen in Mehr- familienhäusern bereitzuhalten sind. Das sollte als Fraktionsantrag eingebracht werden.

12 , MdB (CDU), ab 19.2.1964 Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegs- geschädigte. 13 (CDU), Staatssekretär im Auswärtigen Amt und ständiger Vertreter des Bundesmi- nisters des Auswärtigen. 14 Franz Amrehn, MdA (CDU), Landesvorsitzender der CDU in Berlin. 15 , MdB (CDU), stellvertretender und amtierender Vorsitzender der CDU/CSU- Bundestagsfaktion. 16 Karl Theodor Freiherr von und zu Guttenberg, MdB (CSU). 17 Horst Korber, Senatsrat in der Senatskanzlei Berlin. 18 Erich Wendt, Staatssekretär und Erster stellvertretender Minister für Kultur der DDR, Beauftragter der DDR bei den Passierscheinverhandlungen mit dem Berliner Senat.

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3. Ministerialrat Haase, BMFi, berichtet über die Wertpapiersteuer. Eine Entscheidung über das weitere Verfahren soll erst nach dem Gespräch mit Dr. Dahlgrün am 3.3. fal- len, 4. Wirtschaftsbericht 1964 Es wurde nach einem Bericht mit Dr. Aschoff dieser als Sprecher vorgesehen. Ein zwei- ter Sprecher wird für notwendig gehalten, wurde aber noch nicht bestimmt. 5. Es wurde beschlossen, eine Arbeitsgruppe »Zonenrandgebiete« zu bilden, deren Vorsitz Dr. Starke übernehmen soll. 6. Zur zweiten Beratung des Beförderungssteuergesetzes soll ein Antrag der Fraktion gemäß Fraktionsumdruck 13/64 eingebracht werden. Dr. Kiep-Altenloh: Sie begründet den Antrag zum zweiten Wohnungsbaugesetz (FU19

7/64 (neu)). Wenn man 50 % der Gesamtmittel für den privaten Wohnungsbau binden wollte, so würde sich das jenseits der Realität bewegen. von Kühlmann: Er stellt fest, daß gegen die Einbringung des Änderungsgesetzes zum zweiten Wohnungsbaugesetz gemäß FU 7/64 (neu) kein Widerspruch erhoben wird. Er stellt FU 13/64 (Beförderungssteuer) zur Debatte. Kein Widerspruch. So beschlossen. Dr. Rutschke: Der Bericht über die Sitzung des Arbeitskreises II ist durch den Bericht von Deneke und die Behandlung der Tagesordnung erledigt. Dorn: Der Arbeitskreis IV hat sich mit dem 131er-Gesetz befaßt und weiterhin mit der Formulierungsabstimmung zum Ingenieurgesetz, der als Antrag von CDU-und FDP- Abgeordneten eingebracht wird. von Kühlmann: Keine Einwendungen gegen Abgeordnetenantrag zum Ingenieurge- setz. Walter: Im Arbeitskreis V wurde die morgige Agrardebatte vorbereitet. Dr. Aschoff: Er weist darauf hin, daß er wegen Ausfallen der Sitzung vom 5.3. kurzfri- stig eine neue Sitzung wegen § 7b einberufen muß. Aufgrund eines Schreibens des Prä- sidenten muß er auch die Lohnfortzahlung am 11.3. in der Berliner Ausschußsitzung behandeln. Mischnick: Die weitere Taktik zur Lohnfortzahlung sollte in der Berliner Fraktionssit- zung festgelegt werden.

19 Fraktionsumdruck.

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