Rezensionen 167
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Rezensionen 167 Rezensionen Drews, Berta: Mein Mann Heinrich fast allen vergleichbaren Lagern in der George. Mit einem Vorwort von Götz Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) be- George, einem Nachwort von Jan legt. Von der NKWD/MWD-Administra- George sowie dem Briefwechsel zwi- tion wurden sie gefördert und unterstützt. schen Berta Drews und Heinrich Die Hohenschönhausener Truppe gab bis George während seiner sowjetischen zum Verbot jeglicher Außenkontakte am Lagerhaft 1945/46 mit seinen Gedich- 26. November 1945 sogar „Gastspiele“ in ten. München: Langen Müller 2013, anderen sowjetischen Haftorten. 288 Seiten, 19,99 €. Im Vergleich mit den anderen Lagerin- Bei dem vorliegenden Band handelt es sassen wurden einigen Akteuren außer- sich um den Nachdruck des Lebensbe- gewöhnliche Privilegien zugestanden. In richts der Mimin Berta Drews, welcher den Briefen Georges fallen in diesem Zu- 1986 unter dem Titel Wohin des Wegs sammenhang immer wieder die Namen erschien. In der aktuellen Neuauflage des ursprünglich im Reichsministerium wurde der ursprüngliche Erinnerungsteil für Volksaufklärung und Propaganda tä- um etwa die Hälfte reduziert. Laut edito- tigen Bulgaren Bebel Madjarow und des rischem Vermerk konzentriert sich die in Odessa geborenen rußlanddeutschen Publikation nun auf den „entscheidenden Schauspielers Ernst Konstantin, welcher Abschnitt im Leben des Ehepaares Berta während des Krieges beim Oberkom- Drews/Heinrich George“, wodurch auch mando der Wehrmacht angestellt war. eine Änderung des ursprünglichen Titels George selbst partizipierte ebenfalls an gerechtfertigt sei. der besseren Verpflegung und Unterkunft Eine wesentliche Ergänzung erfuhr die sowie an anderen gewährten Vergünsti- Veröffentlichung unter anderem durch gungen. Seine Theaterkollegen, die über die Aufnahme von 21 Briefen, die Berta russische Sprachkenntnisse verfügten, Drews mit ihrem Mann während dessen organisierten auch die persönlichen Kon- Gefangenschaft im sowjetischen Internie- takte und die beschriebenen Austausch- rungslager in Berlin-Hohenschönhausen beziehungen mit der Außenwelt. zwischen Juli 1945 und Februar 1946 Was die Kommentierung der editierten wechseln konnte. Briefe angeht, weist der Fußnotenapparat Diese Texte sind insbesondere durch ihre eine Reihe von Mängeln auf. Hier wäre Authentizität einmalige historische Quel- mehr Sorgfalt angebracht gewesen. Bei len. Von Verzerrungen weitestgehend dem auf Seite 228 erwähnten „Prof. frei, geben sie schlaglichtartig Auskunft Kock“ dürfte es sich zum Beispiel um über die Nöte, Ängste und Gefühlswelt den Internisten der Charité Prof. Dr. des Schauspielerehepaars im besetzten Friedrich Koch handeln. „Swertkow“ der Berlin der Nachkriegszeit. Außerdem „Dirigent des Bojarenchors“ (S. 228, erhält der aufmerksame Leser aus den 234) heißt richtig Oleg Swerkow. Irritie- sehr persönlich gehaltenen Zeilen viele rend ist des weiteren die Erläuterung be- Detailinformationen über das Spezialla- züglich der „Braut von K.[onstantin]“ ger Nr. 3 und die Situation der dorthin „Frl. Tamara“, die Berta Drews im Auf- verschleppten Zivilpersonen. trag von George kontaktieren sollte (S. 237). In der entsprechenden Fußnote Im Zentrum der Korrespondenz steht das wird ihr der Familienname „Klein“ zuge- dort von Heinrich George maßgeblich ordnet. Den Nachnamen „Klein“ trug mitgetragene Theaterprojekt. Ähnliche allerdings auch die Ex-Ehefrau von Kon- Gruppenaktivitäten von internierten Lai- en, Schauspielern und Künstlern sind in 168 ZdF 35/2014 stantin Tatjana, welche selbst im Lager diesem „in die erste Schutzpolizeitruppe Hohenschönhausen interniert war. aufgenommen“ wurde. In diesem Brief Leider fehlt auch ein Vermerk über die heißt es: „Als mein Vater hörte, dass Ihr Vollständigkeit der abgedruckten Lager- Vater im Polizeipräsidium am Alexan- korrespondenz. derplatz eingeliefert worden war, wandte er sich sofo rt an Bersarin.“ So vermißt der Rezensent die kurzen Zei- len, die Jan George an seinen Vater rich- Nikolai Bersarin hatte allerdings am tete. Sie befinden sich auf der Rückseite 16. Juni 1945 bei einem Motorradunfall des „Weihnachtsbriefes“ von Berta tödliche Verletzungen erlitten. Als der Drews (S. 230) und sind von gemalten NKWD Heinrich George am 22. Juni Tannenzweigen umrahmt: 1945 verhaftete, weilte er längst nicht mehr unter den Lebenden. Darüber hin- „1945 aus verwechselte der Verfasser des Brie- Lieber Pamßo! fes das Polizeipräsidium offensichtlich Ich wünsche dir zum ersten Friedens- mit dem Dienstobjekt der Schutzpolizei weihnachten 1945 alles gute. in der Kleinen Alexanderstraße. Das da- Es ist wohl das erste mal dass wir ohne malige Polizeipräsidium befand sich da- dich Weihnachten begehen. gegen vom 20. Mai 1945 bis Anfang Ju- li 1948 in der Linienstraße 83 –85. Das Es wird auch sonst ein recht trauriges Gebäude, das als NKWD-Gefängnis Fest werden, nach dem verlorenen Krieg. diente und in dem George einige Wochen Wenn man bedenkt wie schön es im vori- inhaftiert war, lag unmittelbar daneben, gen Jahr war, sei also recht herzlich ge- der Zugang befand sich aber in Richtung grüßt und geküsst von deinen Söhnen Jan der Elsässer Straße (heute Torstraße). und Götz“ Was den „Tatort“ des laut Jan George (Die Passage „nach dem verlorenen „inszenierten Unfalls“ Bersar ins betrifft, Krieg“ wurde im Original wieder gestri- lag dieser nicht an der „Ecke Massower chen.) Straße/Ecke Schloßstraße“, sondern an In einem recht einseitigen mit „Gedanken der Ecke Schloßstraße/Ecke Wil- zu einem zu frühen Tod“ betitelten helmstraße (heute Am Tierpark/Ecke Alf- Nachwort versucht sich Jan, der ältere der red-Kowalke-Straße). Georgesöhne, als historisierender Essay- Warum Elmar Bantz im Nachwort als ist. Sein Blick auf den Vater ist denkbar einfacher Schauspieler bezeichnet wird, milde. Sein Umgang mit den zitierten kann man nur vermuten. Hätte ihn Jan Quellen und Dokumenten ist problema- George wahrheitsgemäß als Chefsprecher tisch. Mit der unsachgemäßen Einord- des Großdeutschen Rundfunks eingeord- nung, Datierung und Bewertung der Be- net, so wären einige Worte zu Bantz‘ Ar- lege aus der Literatur und aus Archiven beitskontakten mit Heinrich George uner- trägt Jan George leider nicht zur Aufhel- läßlich gewesen. lung der historischen Geschehnisse und Sachverhalte bei. Ins Auge fällt auch eine eigenwillige Umdatierung im wiedergegebenen Aus- Mit Eifer pflegt er die von seiner Mutter zug des Protokolls der konstituierenden in die Welt gesetzte Legende, daß Sitzung der Kammer der Kunstschaffen- Bersarin Georges Schutzpatron gewesen den vom 6. Juni 1945. Ein Treffen von sein soll. Um diese These zu untermau- Heinrich George mit Clemens Herzberg, ern, zitiert Jan George ausführlich aus der von Bersarin zum Beauftragten des einem Brief. In diesem Schreiben wird sowjetischen Militärkommandanten für ein namentlich nicht genannter Mann das Kunstschaffen ernannt worden war, erwähnt, der mit dem Stadtkommandan- verlegt Jan George vom 3. Mai auf den ten angeblich befreundet war und von Rezensionen 169 30. Mai 1945. Auf dieser Zusammen- periments der Bolschewiki konfrontiert. kunft bat Heinrich George um die Wie- Wie die teils euphorischen Schilderungen dereröffnung eines Theaters. Wenn Jan in ihren ersten beiden 1950 und 1954 George ein Indiz dafür hat, daß dieser veröffentlichten Erlebnisberichten es na- Termin im Sitzungsprotokoll eventuell helegen, sollten auch negative Erfahrun- falsch datiert worden ist, so sollte er die- gen und Prägungen sie nicht davon abhal- sen wichtigen Fakt erwähnen. Unabhän- ten, eine glühende Anhängerin des stali- gig davon, an welchen Tag das Gespräch nistischen Systems zu werden. nun stattfand, kollidieren beide Datums- Die Vorlagen für die meisten der 137 – in angaben – wie auch in anderen Fällen – vier Fällen zweifach – wiedergegebenen mit der Darstellung im fiktiven Tagebuch Fotos befinden sich im Nachlaß von Inge von Berta Drews (S. 157 ff.) Auch mit von Wangenheim im Thüringischen diesen Widersprüchlichkeiten läßt der Staatsarchiv Rudolstadt. Insgesamt be- Autor des Nachworts die Leser allein. steht diese einmalige Fotosammlung aus Leider, so muß man nach der Lektüre 1 050 Negativen auf leicht entzündbaren seines Beitrags vermuten, geht es ihm Nitrofilmen. Weitere Bilder entstammen eher um eine Mythologisierung, als um einem Fotoalbum von Gustav von Wan- eine wissenschaftlich korrekte Darstel- genheim, welches im Archiv der Akade- lung seines Vaters und großen Schauspie- mie der Künste in Berlin aufbewahrt lers Heinrich George. wird. Leider enthält der Erläuterungstext Peter Erler der Herausgeberin, eine Enkelin der Schriftstellerin, keine weitergehenden Bemerkungen zu den thematischen Schwerpunkten des gesamten Fotobe- Wangenheim, Laura von: In den Fän- standes und zu ihrer Vorgehensweise bei gen der Geschichte. Inge von Wangen- der Bildauswahl. Auf den abgedruckten heim. Fotografien aus dem sowjeti- Schwarz-Weiß-Aufnahmen sind vorwie- schen Exil 1933 –1945. Berlin: Rotbuch gend Familienmitglieder, Alltagsszenen Verlag 2013, 112 Seiten. 25 €. in Moskau, im Datschenvorort Bolsche- Der schmale Band In den Fängen der wo und auf der Krim, Landschaften, Ge- Geschichte präsentiert eine kleine Aus- bäude, Autos und Episoden von den wahl von Fotos, die die in der DDR als Dreharbeiten zum Film Kämpfer zu se- Schriftstellerin bekanntgewordene Inge hen. Neben den Schnappschüssen von von Wangenheim in den 1930er Jahren in Johannes R. und Lilly Becher, Fritz Er- der Sowjetunion aufgenommen hat. Als penbeck, Alfred Kurella, Lotte Loebinger junge, in der Agitprop-Szene der KPD und Bruno Schmidtsdorf hatte