Baukultur in Seegräben Das Gesicht Eines Dorfs

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Baukultur in Seegräben Das Gesicht Eines Dorfs Heimatspiegel Illustrierte Beilage im Verlag von «Zürcher Oberländer» und «Anzeiger von Uster» – Redaktion Anne Bagattini August 2019 Baukultur in Seegräben Das Gesicht eines Dorfs Leiterlispiel Aathal-Seegräben. (Kulturdetektive 2019) Im Zusammenhang mit dem 800- oder Musik und spiegelt den je- könnte, wie man sie aus Pfäffikon hausen ein solcher Gutshof mit Jahr-Jubiläum von Seegräben in weiligen Zeitgeist wider. Schauen und Wetzikon kennt. Auch die Rö- umfangreichen Mauerresten in der diesem Jahr soll in diesem wir hin und lassen die Häuser mer haben seit dem ersten vor- Chronik von 1548 von Johannes «Heimatspiegel» der Wandel der sprechen. christlichen Jahrhundert in Seegrä- Stumpf belegt. 2013 liess die Kan- Gemeinde und ihrer unterschied- Früheste menschliche Spuren in ben Spuren hinterlassen. Damals tonsarchäologie anhand von geo- lichen Dorfteile anhand der Bau- Seegräben reichen zurück auf Lager- führte die römische «Oberland- physikalischen Messungen der ETH kultur, insbesondere derjenigen plätze der eiszeitlichen Jäger und strasse» am Pfäffikersee vorbei nach Zürich einen Grundrissplan erstel- der letzten 100 Jahre, näher be- Sammler, unter anderem bei der Oberwinterthur. Zahlreiche Fund- len und erbrachte damit den Nach- leuchtet werden. Häuser sind das Messikommer-Eiche am Weg zwi- stellen und Gutshöfe in Wetzikon, weis eines rund 90 Meter langen Gesicht eines Dorfs und lassen uns schen Robenhausen und Seegräben. Pfäffikon und Seegräben belegen, Mauerfundaments eines römischen an der historischen Entwicklung Nicht ganz ausgeschlossen ist laut dass diese Gegend gut erschlossen Gutshofs. Neben der Kirche zeugen und dem sich verändernden Zeit- Kurt Altorfer, dass sich dort eine war und die Anhöhen um den Pfäffi- zwei weitere Objekte aus einer frü- geist teilhaben. Architektur ist der bisher noch unentdeckte jungstein- kersee dicht besiedelt waren. So ist heren Zeit: die Mühle in Ober-Aathal, Mode unterworfen wie Literatur zeitliche Seeufersiedlung befinden denn auch am Waldrand bei Otten- eine Schenkung vom 6. Mai 1219 an das Kloster Rüti (1628 neu gebaut), des ersten Traktors 1938 mit den und der repräsentative ehemalige Messikommers zusammen, die Lehenshof des Klosters Rüti (1719 ebenfalls nur ein Pferd hatten.» neu erbaut). Auf beide Objekte soll hier nicht weiter eingegangen wer- Branntweinbrennerei, den. Den Schwerpunkt soll das 19. Sennhütte, Dorfladen Jahrhundert bilden mit seinen typi- An prominenter Lage mitten in schen Bauten aus dem bäuerlichen Seegräben an der Dorfstrasse 1 steht Dorf und der Industrieachse Aatal, der heutige Dorfladen. Die Ge- die beide im Bundes inventar der schichte dieses Hauses verrät viel schützenswerten Ortsbilder ISOS fi- über das Dorf. Das Gebäude stand gurieren. ursprünglich, von überallher gut sichtbar und von Obstbäumen umge- Bauerndorf ben, allein an der Strassengabelung Vom Spätmittelalter an wurde zwischen dem Dorf, der Wagenburg das Siedlungsbild im Zürcher Um- und dem Weiler Ottenhausen. An land von Kleinsiedlungen dominiert, dieser markanten Stelle baute Jakob mit dem Bauernhaus als geläufigster Heusser zwischen 1846 und 1848 Wohnform. Am verbreitetsten war ein zweigeschossiges Wohnhaus mit das Vielzweckbauernhaus, welches einer Branntweinbrennerei. Otto alle Funktionen in einem Gebäude Kunz, Schriftsteller und Journalist, zusammenfasste und sowohl Wohn- äusserte sich in seinem Roman «Bar- als auch Wirtschaftsteil unter einem bara, die Feinweberin» folgender- First vereinte. Neue Wohnhäuser massen zu solchen Schnapsbrenne- entstanden im Dorf Seegräben erst reien: «In vielen Tausenden von etwa ab 1960 am westlichen Sied- kleineren und mittleren Schnaps- lungsrand und an der Strasse nach brennereien wurden neben Trestern, Aathal. Im Kern wurden einige Beeren und Wurzeln noch Kartoffeln, Altbauten ersetzt und bäuerliche Getreide und Mais gebrannt. Diese Betriebe in Wohnbauten umgewan- Brennereien wurden zu einer wah- delt. Das Vielzweckbauernhaus an ren Landplage. ‹Das Gläschen des der Steinbergstrasse 8 beispiels- Grundriss des römischen Gutsbetriebs. (2013 Archäologie Kanton Zürich, armen Mannes› wurde sogar von weise wurde 1848 durch die Brüder Plan Hans-Peter Bachofner, Seegräben) einem Teil der organisierten Arbei- Hans Jakob und Heinrich Messikom- ter energisch verteidigt, während mer ausserhalb des Dorfkerns am mauerwerk erstelltem Stall und Bauernhof aufgewachsen und hat der Grütliverein der Schnapspest Rand von Seegräben erbaut. Das grosser Scheune in Holzkonstruk- ihr ganzes Leben dort verbracht. entschieden den Kampf ansagte. stattliche, giebelständig zur Strasse tion. Der Südseite vorgelagert ist ein Einzig ein halbes Jahr war Lörtscher, Selbst einer der grössten und ver- liegende Gebäude präsentiert sich mit einer Sockelmauer eingefasster wie schon ihre Mutter, im Evange- dientesten schweizerischen Sozial- als typischer Zeuge dieses traditio- Garten. Die Küche und die gemein- lischen Töchterinstitut in Horgen in politiker, Nationalrat Dr. Theodor nellen Vielzweckbauernhauses aus schaftliche Stube bildeten den der Haushaltungsschule. Neben den Curti, verteidigte die Kleinbrenne- dem 19. Jahrhundert. Wohn- und gesellschaftlichen Mittelpunkt im fünf Kühen, die ihr Vater im Stall ge- reien mit dem Bedürfnis des kleinen Ökonomieräume sind quer zum Hochparterre, die Schlafzimmer habt habe, erzählt sie, habe er auch Mannes (…).» Doch diese Brennerei First unter einem steilen Dach ver- befanden sich im Obergeschoss. Die zehn Hektaren Ackerland bewirt- hatte keinen langen Bestand, wurde eint. Charakteristisch ist die Abfolge grossen Fenster im Kellerbereich schaftet. Und weiter: «Wir besassen sie doch bereits 1854 dank ihrer zen- von verputztem, zweigeschossigem deuten auf ehemalige Webkeller von zwar Maschinen, aber nur ein Pferd. tralen Lage zur Milchsammelstelle Wohnhaus mit südseitigen Reihen- Heimarbeitern hin. Wie schon ihre Um aber eine Maschine zu ziehen, umfunktioniert und diente bis zum fenstern in der Stube, hohem Tenn, Mutter und ihre Grossmutter ist brauchte es zwei Pferde. So spann- Bau eines eigenen Milchlokals im dekorativem, in zweifarbigem Sicht- auch Rösli Lörtscher auf diesem ten wir jeweils bis zur Anschaffung Jahr 1881 als Sennhütte. Danach wurde 1889 traufständig zur Uster- strasse, in der Verlängerung des Querfirsts, ein Scheunenanbau (Usterstrasse 3) angefügt. Seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts gibt es im Erdgeschoss ein Ladenlokal, das 1963 durch den Volg gegen Süden hin erweitert wurde. Ab 2006 enga- gierte sich der Verein zur Erhaltung eines Dorfladens bis zur Betriebs- übernahme durch die Stiftung Netz- werk, die seit 2010 den Dorfladen als Berufsbildungsbetrieb im Rahmen des Arbeitsintegrationsprojekts für Jugendliche und junge Erwachsene führt. «Viele schätzen den Laden nicht nur als einen Einkaufsort, wo man sich noch kennt, sondern nut- zen ihn auch als Kaffeepause, Zvieri- Stopp und Treffpunkt», sagen die Verantwortlichen des Dorfladens. Fabriksiedlungen im Aatal Die einschneidendste Verände- Vielzweckbauernhaus von Rösli Lörtscher an der Steinbergstrasse 8. (Kulturdetektive 2019) rung erlebte Seegräben im 19. Jahr- 58 hundert, als sich das Bild des bewal- auf den zehn Kilometern zwischen deten, engen Aatals mit seinem dem Pfäffiker- und dem Greifensee Bachlauf im Talboden zwischen Wet- und dem künstlich angelegten, zikon und Uster zu einer Industrie- ausge klügelten Kanal- und Weiher- landschaft mit zahlreichen Spinne- system erlangt werden konnte. Das reiensembles wandelte. Das untere Fabrikensemble ging 1901 an den Aatal war bis 1837 zwischen Uster Glarner Textilindustriellen Fritz und dem oberen Aatal praktisch un- Streiff-Mettler (1863–1931) über. begehbar. Erst mit dem Bau der heu- Nachdem die Maschinen 1971 tigen Durchgangsstrasse durch das stillgelegt worden waren, gelang es Tal schaffte man die Voraussetzung Köbi Siber, dem Inhaber des Saurier- für das Erstellen der «unteren Fa- museums Aathal, im Jahr 1992, nach brik» unmittelbar am Ufer des Bachs. verschiedenen Zwischennutzungen Die Verbindung von Uster nach Wet- die Firma Streiff zu überzeugen, ihm zikon führte ursprünglich über das die leer stehenden Fabrikräumlich- Dorf Seegräben. Im Gegensatz zum keiten zu vermieten. Er hatte ge- unteren Aatal war das obere Aatal Ehemalige Brennerei, Sennhütte und heutiger Dorfladen an der Strassen- rüchteweise erfahren, dass Steven bereits im Mittelalter ein Mühlen- gabelung Dorf, Wagenburg und Ottenhausen. (Kulturdetektive 2019) Spielberg einen Film drehe auf der standort. Dieser hat sich im 19. Jahr- Grundlage von Michael Crichtons hundert zur Industriesiedlung mit 20. Jahrhunderts im Zürcher Ober- spinnerei errichtete, die den Kern Roman «Jurassic Park», einem Werk dem Produktions- und Verwaltungs- land gehören neben den markanten der Neusiedlung vom vorgängig über Dinosaurier. Für Siber war klar: zentrum der grössten Baumwoll- Fabriken auch die entsprechenden unbewohnten unteren Talabschnitt «Wenn der Film kommt, muss ich be- spinnerei der Schweiz entwickelt. Arbeiterwohnhäuser, Villen mit bildete. Der imposante, quer im Tal reit sein.» Seine erste Dinosaurier- Im 20. Jahrhundert wurde der Parkanlagen, Ökonomiebauten und stehende Fabrikbau präsentiert sich - Ausbau von drei Generationen ein ausgeklügeltes Kanalsystem mit als fünfgeschossiger, verputzter Bau- chern ein Riesenerfolg und stand für der Textilunternehmerfamilie Streiff Rückhalteweihern und bedeutenden körper mit Walmdach. Charakteris- denausstellung Anfang wurde des mitDinosauriermu 92 000 Besu- (1901–2004) geprägt. Mit der Be- Wasserkraftanlagen sowie bäuer- tisch
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