Bebauungsplan „In den Wiesenäckern“ in Erweiterung

Vorprüfung zur Verträglichkeit mit den Natura 2000-Schutzzielen (§ 34 BNatSchG)

April 2020

erstellt von: Dipl. Biol. Matthias Kitt Raiffeisenstraße 39 76872 www.biologe-kitt.de

im Auftrag von: VR Baulandentwicklungs- gesellschaft Südpfalz mbH Waffenstraße 15 76829 BP-„In den Wiesenäckern“ in Vollmersweiler - Erweiterung Natura 2000 -Vorprüfung

1 Anlass und Zweck

Die Ortsgemeinde Vollmersweiler beabsichtigt in der Gewanne „In den Wiesen- äckern“ westlich der Ortsbebauung ein Baugebiet auszuweisen. Da im Gebiet mit Vorkommen von seltenen, europaweit geschützten Tierarten zu rechnen ist, wurde im Jahr 2019 die Erstellung einer Artenschutz-Vorprüfung in Auftrag gegeben. Das Gutachten wurde im Juli 2019 fertig gestellt (KITT 2019).

Inzwischen erfolgte eine Vergrößerung des Geltungsbereichs auf Grundlage des entwässerungstechnischen Begleitplans. Als Maßnahme zur Niederschlagsentwäs- serung ist eine Rückhaltung in einer Versickerungsmulde mit gedrosselter Ableitung in den vorgesehen. Die Maßnahme berührt das südlich angrenzende FFH- Gebiet „Bienwaldschwemmfächer“ (6914-301) in Form des dort verlaufenden Otterbachs. Seitens der UNB wird daher eine Ergänzung zum bereits vorliegenden Artenschutzgutachten um Aussagen zur Verträglichkeit mit den Natura 2000 Schutzzielen gefordert.

2 Rechtliche Grundlagen

Natura 2000-Verträglichkeit:

Nach § 33 BNatSchG sind alle Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines NATURA 2000-Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können unzulässig und somit nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig (Ausnahmen nach § 34 BNatSchG). Vorhaben sind daher vor Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines NATURA 2000-Gebietes zu überprüfen (§ 34 (2) BNatSchG).

Die vorliegende Untersuchung soll abschätzen, ob maßgebliche Bestandteile des FFH Gebietes betroffen sind und ob eventuelle Betroffenheiten erhebliche Beein- trächtigungen des Gebietes verursachen können.

Eine Beeinträchtigung ist dann erheblich, wenn

- sie einem oder mehreren der Erhaltungsziele des jeweiligen Gebietes widerspricht - der Erhaltungszustand einer oder mehrerer der jeweils besonders zu schützenden Arten oder deren Lebensgrundlagen verschlechtert werden

Insbesondere die folgenden Vorhabenswirkungen können zu Beeinträchtigungen führen: - Inanspruchnahme, Veränderung oder Zerschneidung von Habitaten beson- ders zu schützender Arten - Tötung besonders zu schützender Arten einschließlich ihrer Entwicklungs- stadien - Störung von Tieren durch z.B. Bewegungsunruhe, Erschütterungen, Emissionen von Licht, Lärm und Schadstoffen

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Eine erhebliche Beeinträchtigung von Arten liegt in der Regel vor, wenn aufgrund der vorhabensbezogenen Wirkungen: - die Lebensraumfläche oder die Bestandsgröße einer Art, die im Schutzgebiet aktuell besteht oder entsprechend den Erhaltungszielen wiederherzustellen bzw. zu entwickeln ist, abnimmt oder in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird - anzunehmen ist, dass die Art (als lokale Population) kein lebensfähiges Element des Habitats mehr bildet - oder langfristig bilden würde -, dem sie angehört

Die jeweilige Beeinträchtigung gilt weiterhin dann als gegeben, wenn sie nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Bei der Ermittlung von Beeinträchtigungen und der Beurteilung ihrer Erheblichkeit sind Schutz- und Vorsorgemaßnahmen zu berücksichtigen.

Daten zum FFH-Gebiet 6914-301 – Bienwaldschwemmfächer

Erhaltungsziele nach Landesverordnung vom 18. Juli 2005:

Erhaltung oder Wiederherstellung

- von bodensauren Eichenwäldern und Eichen-Hainbuchenwäldern sowie Wäldern nasser und mooriger Standorte, auch als Habitat für holzbe- wohnende Käfer - von nicht intensiv genutztem Grünland als Lebensraum für Schmetterlinge (insbesondere Maculinea ssp.) und von strukturreichen Biotopmosaiken aus Feucht- und Nasswiesen, artenreichen Magerwiesen und Borstgrasrasen, - der Binnendünen, - der natürlichen Dynamik an den Gewässern vor allem als Lebensraum für Fische, Muscheln und Libellen, - der bestehenden Grabensysteme als Lebensraum des Fisches Schlammpeitzger

Lebensraumtypen (Anhang I):

2330 - Dünen mit offenen Grasflächen mit Corynephorus und Agrostis 3150 - Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions 3260 - Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho -Batrachion * 6210 - Naturnahe Kalk-Trockenrasen und deren Verbuschungsstadien (Festuco-Brometalia ), (* besondere Bestände mit bemerkenswerten Orchideen) * 6230 - Artenreiche montane Borstgrasrasen (und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden 6410 - Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonig-schluffigen Böden ( Molinion caeruleae ) 6430 - Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe 6510 - Magere Flachland-Mähwiesen ( Alopecurus pratensis , Sanguisorba officinalis )

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7140 - Übergangs- und Schwingrasenmoore 9160 - Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen- Hainbuchenwald ( Carpinion betuli ) 9170 - Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald ( Galio-Carpinetum ) 9190 - Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen mit Quercus robur * 91D0 - Moorwälder * 91E0 - Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior ( Alno padion , Alnion incanae , Salicion albae ) * = Prioritärer Lebensraumtyp

Arten (Anhang II):

Säugetiere Bechsteinfledermaus ( Myotis bechsteinii ) Großes Mausohr ( Myotis myotis ) Wimperfledermaus ( Myotis emarginatus )

Amphibien Gelbbauchunke ( Bombina variegata ) Kamm-Molch ( Triturus cristatus )

Fische und Rundmäuler Bachneunauge ( Lampetra planeri ) Bitterling ( Rhodeus amarus ) Groppe ( Cottus gobio ) Schlammpeitzger ( Misgurnus fossilis )

Käfer * Eremit ( Osmoderma eremita ) Heldbock ( Cerambyx cerdo ) Hirschkäfer ( Lucanus cervus )

Libellen Grüne Keiljungfer ( Ophiogomphus cecilia ) Helm-Azurjungfer ( Coenagrion mercuriale ) Vogel-Azurjungfer ( Coenagrion ornatum )

Schmetterlinge Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling ( Maculinea nausithous ) Großer Feuerfalter ( Lycaena dispar ) Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling ( Maculinea teleius ) * Spanische Flagge ( Euplagia quadripunctaria )

Weichtiere Bachmuschel ( Unio crassus )

Pflanzen Grünes Besenmoos ( Dicranum viride ) * = Prioritäre Art

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3 Beschreibung des Plangebietes

Das Plangebiet befindet sich unmittelbar westlich der Ortsbebauung von Vollmersweiler, beidseits der K 14. Es grenzt unmittelbar an die Altortbebauung der Hauptstraße an. Die nähere Beschreibung findet sich in KITT 2019.

Abb. 1: Plangebiet „In den Wiesenäckern“ 2019 (rot) und Erweiterung 2020 (grün)

Das Plangebiet selbst liegt in keinerlei Schutzgebieten. Das Landschaftsschutzgebiet 07-LSG.3.035 „“, das Vogel-Schutzgebiet 6914-401 „Bienwald und Viehstrichwiesen“ sowie das Naturschutzgebiet „Bruchbach-Otterbachniederung“ liegen rund 700 bis 900 m südlich des Plangebietes. Der unmittelbar angrenzende Otterbach gehört als „Tieflandbach“ zum FFH-Gebiet „Bienwaldschwemmfächer“. Sein nördlicher Gehölzsaum ist als nach § 30 BNatSchG besonders geschützter Biotoptyp „BT-6914-0013-2009 – Otterbach zwischen Vollmersweiler und der Bahn- unterführung“ ausgewiesen.

Das Erweiterungsgebiet umfasst nach Süden und Westen hin ausschließlich Ackerflächen, mit Ausnahme des am Otterbach verlaufenden Gehölzstreifens.

Der betroffene Abschnitt des Ufergehölzstreifens liegt etwa zwischen dem im Westen ausgewiesenen Überschwemmungsbereich und der östlichen Grenze der Vorha- bensfläche. Die Gehölze setzen sich zusammen aus Weide (BHD 40 bis 60 cm), Erle (BHD 20 bis 70 cm), Eschen (BHD 50 cm), Kirsche (BHD bis 40 cm) und Buche. An Sträuchern dominieren Hasel, Holunder und Weißdorn. Der Unterwuchs besteht aus Brenn-Nessel, Efeu, Scharbockskraut, Giersch, Brombeere und Beinwell. Innerhalb des Gehölzbereichs finden sich alte landwirtschaftliche Geräte und sonstige Altlasten(Egge, Hänger, Reifen, Holzpfähle, Metallstäbe, Sandsteine).

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Der Otterbach selbst ist stark in das Gelände eingetieft, wobei am Nordufer die Grabenschulter leicht gegenüber dem restlichen Gelände erhöht ist. Er weist eine Breite von 1 – 1,5 m und eine durchschnittliche Tiefe von rund 40 cm auf. Die Fließgeschwindigkeit beträgt rund 0,3 m/s. Das Sohlsubstrat besteht aus Schluff, Löß und Detritus, die Ufer sind steil und mit kleinen Abbrüchen ausgebildet. In den Kurvenbereichen sind Prall- und Gleithänge vorhanden. Die Uferböschungen sind beidseits artenarm mit Scharbockskraut, Efeu, Lauchhederich, Brenn-Nessel und Gräsern bewachsen.

4 Beschreibung des Vorhabens

Der Entwurf des Bebauungsplans sieht die Errichtung von Einfamilienhäusern entlang der Hauptstraße vor, die auch zur Erschließung des Gebiets dient. Analog zu der bestehenden Bebauung sollen mehrere Wohnhäuser beidseits der Straße entstehen. Das breite Bankett südlich der Straße bleibt erhalten und setzt den im Ortsbereich bereits bestehenden Grünstreifen nach Westen hin fort. Der südöstliche Bereich, aktuell ein Maisacker, wird zu einer privaten Grünfläche entwickelt. Nördlich und südlich wird die Vorhabensfläche durch Geländestreifen begrenzt, die zur Anpflanzung von Bäumen und Sträuchern vorgesehen sind, am Westrand ist eine öffentliche Grünfläche eingeplant.

Abb. 2: Auszug aus dem Entwurf des Bebauungsplans vom Januar 2020

Die Erweiterungsfläche wird in ihrer Gesamtheit als öffentliche (im Ostteil auch als private) Grünfläche ausgewiesen. Der Ufergehölzstreifen bleibt als solches bestehen 6 BP-„In den Wiesenäckern“ in Vollmersweiler - Erweiterung Natura 2000 -Vorprüfung

und soll gesondert ausgewiesen werden. Westlich an das Wohngebiet angrenzend soll noch eine Fläche mit der Zweckbestimmung „Spielplatz“ festgelegt werden.

Abb. 3: Auszug aus dem Entwurf des Bebauungsplans vom Januar 2020

Die geplante Versickerungsmulde weist Abmessungen von ca. 38 m x 25 m auf. Die Lage befindet sich ganzheitlich innerhalb der bestehenden Ackerfläche. Sie wird eine Tiefe von 19 cm aufweisen und ist in der Lage, Niederschlagswasser bis zu 132 m³ aufzunehmen, was einem 20-jährlichen Regenereignis entspricht. Dabei kommt es zur Versickerung von Teilmengen. Der Großteil der Wassermenge wird jedoch durch einen Drosselabfluss mit 8,5 l/s über eine flache Mulde zum Otterbach hin abfließen. Deren Verlauf wird dem Gelände und den dort stehenden Gehölzen angepasst.

Ein Zulauf erfolgt bei jedem Niederschlagsereignis, die durchschnittliche Rückhalte- zeit beträgt rund 4 Stunden. Die Mulde wird, wie die umliegende Grünfläche, mit Regiosaatgut Nr. 09 – Grundmischung begrünt. Nachfolgend ist eine extensive Dauerpflege sowohl der Grünfläche als auch der Versickerungsmulde vorgesehen.

5 Wirkungsprognose

Bei Eingriffen und Vorhaben sind grundsätzlich baubedingte, anlagebedingte und betriebsbedingte Wirkungen zu unterscheiden, die sich auch artenschutzrechtlich auswirken können:

- baubedingte Auswirkungen treten zeitlich begrenzt nur während der Bauphase auf, das heißt, ihre Auswirkung auf die Schutzgüter ist vorübergehend

- anlagebedingte oder betriebsbedingte Auswirkungen treten auch nach Abschluss der Bauphase auf; sie können die Schutzgüter dauerhaft beeinflussen (z.B. Versiegelung von Flächen, Störung durch Gebäude) oder auch nur zeitweise auftreten (z.B. Betrieb einer Gaststätte)

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Baubedingt ist durch den Eingriff mit folgenden Auswirkungen zu rechnen:

- für die kurze Zeit des Baus der Mulde ist mit Lärm- und Schadstoffemissionen von Baufahrzeugen, Baumaschinen und Personal - mögliche Emissionen durch den Einsatz von Bau- und Betriebsstoffen

Anlagebedingt kommt es:

- im Bereich der Versickerungsmulde zu einer Umwandlung von Ackerfläche in ruderales Grünland wechselnasser Standorte

Betriebsbedingt

- durch den Betrieb der Versickerungsmulde kommt es bei Niederschlagsereignissen zu einer mehr oder weniger starken Füllung der Mulde mit Wasser (bis maximal 19 cm Höhe) und zu dessen Versickerung. Überschüssiges Wasser läuft im Laufe von höchstens vier Stunden nach Ende der Regenfälle über den Drosselabfluss wieder ab. - Während des Betriebs fließt Oberflächenwasser über eine Geländemulde in den Otterbach - Durch die Versiegelung des nördlich angrenzenden Wohngebiets ist die in den Otterbach abfließende Wassermenge höher als die natürlicherweise über eine unversiegelte Fläche abfließende Wassermenge - Durch den Abfluss des Oberflächenwassers über die mit Grünlandvegetation bewachsene Versickerungsmulde kommt es zu einer Filterwirkung hinsichtlich eventuell mitgeführten Erosionsmaterials

5 Vorkommen von gelisteten Arten der Natura 2000 Gebiete

Aufgrund fehlender Lebensraumausstattung kommen in der Vorhabensfläche selbst keine für die Natura 2000 Gebiete gelisteten Arten vor.

Nur der schmale Otterbachlauf ist als Tieflandbach in die FFH Kulisse aufgenom- men. Seine Ufergehölze zählen in dem untersuchten Abschnitt nicht zum FFH-Gebiet hinzu. Erst etwas weiter östlich - auf Höhe des zweiten Wohnhauses von Vollmersweiler - sind die bachbegleitenden Gehölze in die Gebietskulisse mit aufgenommen.

Der Otterbach weist keine Eignung auf für:

Säugetiere Fledermäuse

Haselmaus ( Muscardinus avellanarius )

Reptilien

Amphibien

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Käfer

Schmetterlinge

Weichtiere Zierliche Tellerschnecke ( Anisus vorticulus ) Schmale Windelschnecke ( Vertigo angustior ) und Bauchige Windelschnecke (Vertigo moulinsiana )

Grundsätzlich sind im Otterbach folgende Vorkommen möglich:

Fische

Bitterling ( Rhodeus sericeus amarus ) Besiedelt wasserpflanzenreiche, langsam fließende Zonen von Bächen und Altwassern; benötigt Muschelbestände zur Fortpflanzung; Das Bitterling Weibchen legt seine Eier über eine spezielle Legeröhre, die es in die Atemöffnung einführt, im Kiemenbereich von Großmuscheln ( Unio und Anodonta ) ab. Die frisch geschlüpften Jungfische werden dann von der Muschel wieder ins freie Wasser gespült.

Der Bitterling könnte in den Panzergräben oberhalb von Vollmersweiler Vorkommen aufweisen. Aufgrund der fehlenden Durchwanderbarkeit des Otterbachs wären solche Vorkommen nicht als natürlich einzustufen, sondern stammten vermutlich aus Fischbesatz der Panzergräben. Der Otterbach weist im betroffenen Abschnitt wenig geeignete Strukturen für den Bitterling auf und Vorkommen würden somit nur verdriftete Exemplare darstellen.

Groppe ( Cottus gobio ) Bewohner sommerkühler und sauerstoffreicher Bäche und Flüsse mit kiesigen bis steinigen Sohlsubstraten; benötigt zudem eine abwechslungsreiche Morphologie der Sohle aufgrund unterschiedlicher Ansprüche der einzelnen Altersklassen; Laich- ballen werden meist in Hohlräumen unter Steine geklebt, wo die Männchen die Eier bewachen; nachtaktiv;

Die Groppe weist vor allem Vorkommen in den oberen Bachabschnitten der Haardtrandbäche auf. Von dort könnte sie auch bis in den Otterbachabschnitt bei Vollmersweiler und darüber hinaus vordringen. Die Strukturen im betroffenen Abschnitt erweisen sich als suboptimal für die Art.

Libellen

Artenschutzrechtlich relevant sind lediglich die beiden Arten Helm-Azurjungfer und Grüne Keiljungfer.

Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale) Die Kleinlibelle ist eine typische Art grundwassergeprägter Gräben und Bäche mit guten Beständen der Berle ( Berula erecta ), in die bevorzugt die Eier abgelegt werden. Die Gewässer bleiben in der Regel im Winter eisfrei und weisen sauberes und sauerstoffhaltiges Wasser auf. Typische Fortpflanzungsgewässer der Helm- Azurjungfer sind schmal, flach und permanent wasserführend mit mittlerer

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Fließgeschwindigkeit. Die Larven sind morphologisch nicht an Strömung angepasst und daher in größeren Fließgewässern auf genügend große, vegetationsbestandene Uferzonen angewiesen.

Die Art besiedelt im Oberrheingebiet saubere, kleinere Fließgewässer mit feinkörnigem Untergrund und üppiger Ufer- und Wasservegetation aus Berle, Bachbunge, Brunnenkresse und Wasser-Minze. Ihr linksrheinischer Verbreitungs- schwerpunkt liegt in der Bruchbach-/Otterbachniederung und im Queichsystem, Nachweise gibt es aber auch am und Speyerbach-Rehbach. Die Helm- Azurjungfer zeigt in den letzten Jahren Ausbreitungstendenzen. Entsprechend existieren Einzelfunde nach Norden hin bis Grünstadt sowie am Haardtrand. Die Helm-Azurjungfer fehlt im Pfälzerwald und in Rheinhessen.

Im betrachteten Otterbachabschnitt sind keine Vorkommen bekannt und auch nicht anzunehmen.

Grüne Keiljungfer ( Ophiogomphus cecilia ) Die Grüne Keil- oder Flussjungfer besiedelt vorwiegend unterschiedlich große Fließgewässer mit kiesig-sandigen Sedimentanteilen, wobei schlammige Bereiche ungeeignet sind. Bevorzugt werden weitgehend besonnte Gewässer und Gewässe- abschnitte. Meist wird die Art an naturnahen Fließgewässern gefunden, teilweise aber auch in begradigten Bereichen mit Blocksteinen, sofern die Sohlstruktur nicht naturfern ausgebildet ist.

Mit Beginn der 90er Jahre und deutlichen Verbesserungen der Qualität von Fließgewässern, erfolgte eine starke Ausbreitung in Südwestdeutschland, ausge- hend von den damaligen Restbeständen Süddeutschlands in der Südpfalz und dem südlichen Pfälzerwald. Der Verbreitungsschwerpunkt in Rheinland-Pfalz und Baden- Württemberg liegt in der nördlichen Oberrheinebene zwischen Speyer und der französischen Grenze bzw. Mannheim und Kehl. In der Südpfalz stellen vor allem die Lauter im Süden sowie die Gewässersystem von Queich und Speyerbach die Schwerpunktvorkommen. Der Otterbach ist bekanntermaßen erst ab dem Eintritt in die Bruchbach-/Otterbachniederung bei besiedelt. Im Oberlauf zwischen und Freckenfeld sind keine Vorkommen bekannt und auch nicht anzunehmen.

Weichtiere Gemeine Bachmuschel ( Unio crassus ) Die Gemeine Bachmuschel, früher die häufigste Großmuschel in unseren Bächen, ist vom Aussterben bedroht. Insbesondere Wasserverschmutzung durch organische Stoffe gilt als Grund dafür. Sie lebt in sauerstoffreichen Fließgewässern, vom kleinen Bach bis hin zu großen Strömen. Besonders die Jungmuscheln benötigen ein gut durchströmtes Lückensystem im Sohlsubstrat und sind somit auf Gewässer mit geringer organischer Belastung angewiesen. Vorkommen der Art sind auch aus Staubereichen größerer Bäche und Flüsse bekannt, allerdings haben Altlasten in Form Jahrzehnte zurückliegender Schadstoffeinträge in die Schlammschichten noch heute negative Auswirkungen auf die Verbreitung der Muschel.

Als Besonderheit gilt die Fortpflanzungsbiologie der Art. In der Muschel reifen aus den Eiern die sogenannten Glochidien - winzige, zweiklappige und schwimmfähige

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Larven - heran. Die Muschel gibt diese ins freie Wasser ab, wo sie innerhalb weniger Tage auf eine Wirtsfischart (wie Döbel, Elritze, Flussbarsch, Rotfeder, Stichling) treffen müssen, um sich in deren Kiemen einzunisten. Nach ca. 6 Wochen lassen sich die Larven wieder abfallen und entwickeln sich fortan im Sediment weiter, sofern sie geeignete Strukturen antreffen. Eine Ausbreitung der Bachmuschel in geeignete Bachregionen erfolgt somit aufwärts nur über Fische. Diese wiederum können nur in Bereiche vordringen, die auch erreichbar sind.

Aktuelle Vorkommen der Gemeinen Flussmuschel sind lediglich aus dem Otterbach- und Bruchbachsystem des Viehstrichs sowie vom Erlenbach bekannt. Ein Vorkommen im oberen Lauf des Otterbachs bei Vollmersweiler ist allerdings nicht auszuschließen.

6 Mögliche Betroffenheit von Natura 2000 Arten

Einen sachgemäßen Umgang mit Baumaschinen und Gefahrenstoffen sowie die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen vorausgesetzt bestehen durch den geplanten Eingriff keine baubedingten Beeinträchtigungen von Arten der FFH- Richtlinie.

Auch anlagebedingt liegen keinerlei Beeinträchtigungen von Natura 2000 Arten vor. Die Versickerungsmulde liegt gänzlich außerhalb des FFH-Gebiets. Die Abflussmulde verläuft flach durch das Ufergehölz und mündet ohne bauliche Anlagen in den Otterbach.

Betriebsbedingt erhöht sich der Gesamtabfluss an Oberflächenwasser aus dem Baugebiet leicht und er wird konzentriert an einer Stelle eingeleitet. Durch die Drosselung auf 8,5 l/s über ein mit Vegetation bewachsene Abflussmulde ist nicht mit Erosion der Uferböschungen des Otterbachs zu rechnen. Die Versickerungsmulde selbst wirkt wie ein Sedimentationsbecken und wird eingespültes Bodenmaterial zurückhalten.

Eine Beeinträchtigung von potenziell im Otterbach vorkommenden Wasserorganismen der FFH-Richtlinie (Groppe, Bachmuschel, potenziell auch Bitterling) durch die Einleitungsmenge oder durch eventuelle Trübungen des Einleitungswassers ist nicht gegeben.

7 Mögliche Betroffenheit der Erhaltungsziele

Die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes fokussieren sich auf den Erhalt und die Wiederherstellung von Waldbiotopen, Grünland und dessen Biotopmosaik, Binnendünen und Gewässer. Diese Ziele werden durch den Bau der Versickerungsmulde in keiner Weise beeinträchtigt. Im Gegenteil führt die Anlage von öffentlicher Grünfläche zwischen Otterbach und Wohnbebauung zu einer Erhöhung des Grünlandanteils entlang des Otterbachs und wird in groben Zügen sogar der Entwicklung von strukturreichen Biotopmosaiken verschiedener Grünlandtypen gerecht.

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Als weiteres Ziel ist „die Wiederherstellung und Entwicklung der natürlichen Dynamik an den Gewässern vor allem als Lebensraum für Fische, Muscheln und Libellen“ formuliert. Die Maßnahme beeinträchtigt dieses Ziel in keiner Weise, da keinerlei Veränderungen am Bachlauf, dessen Böschungen oder dessen Sohle vorgenommen werden. Die Einleitung von örtlich anfallendem Oberflächenwasser trägt eher noch minimal zu einer Erhöhung der Dynamik bei.

Abschließende Beurteilung der Natura 2000-Verträglichkeit:

Hinsichtlich von Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie sind keine Beein- trächtigungen durch die geplante Maßnahme zu erwarten. Die Erhaltungsziele werden nicht berührt, sie können sogar kleinflächig gefördert werden.

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10 Literatur

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BEZZEL , E. (1993): Kompendium der Vögel Mitteleuropas .- Wiesbaden.

BEZZEL , E. (1996): BLV-Handbuch Vögel .- 2. Aufl.; München.

BfN - BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (1998): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. - Schriftenr. f. Landschaftspflege und Naturschutz Heft 55; Bonn.

BLANKE , I. (2010): Die Zauneidechse – zwischen Licht und Schatten.- Beiheft d. Zeitschr. f. Feldherpetologie 7: 176 S..

KUNZ , A. & L. SIMON (1987): Die Vögel in Rheinland-Pfalz; Eine Übersicht.- Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz 4,3; Landau.

SCHULTE , U. (2008): Die Mauereidechse – erfolgreich im Schlepptau des Menschen. – Beiheft d. Zeitschr. F. Feldherpetologie 12; 160 S.; Bielefeld.

KITT , M (2019): Bebauungsplan „In den Wiesenäckern“ in Vollmersweiler – Artenschutz- Vorprüfung (§ 44 BNatSchG).- i. A. der VR Baulandentwicklungsgesellschaft Südpfalz mbH; Landau.

SIMON , L., BRAUN , M., GRUNWALD T., HEYNE K.-H., ISSELBÄCHER , T. & WERNER M. (2014): Rote Liste der Brutvögel in Rheinland-Pfalz. – Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz [Hrsg.]. 50 S., Mainz.

SUDFELDT , C., R. DRÖSCHMEISTER , W. FREDERKING , K. GEDEON , B. GERLACH , C. GRÜNEBERG , J. KARTHÄUSER , T. LANGGEMACH , B. SCHUSTER , S. TRAUTMANN & J. WAHL (2013): Vögel in Deutschland – 2013. DDA, BfN, LAG VSW, Münster.

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Fotodokumentation:

Foto 1: Blick auf den betroffenen Otterbachabschnitt mit seinem Gehölzsaum nach S; 6.4.2020

Foto 2: altes landwirtschaftliches Gerät im Gehölzsaum; Blick nach N; 6.4.2020

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Foto 3: Otterbach im Bereich des Einlaufs der Abflussmulde; links Gleithang, rechts Prallhang; Blick nach O; 6.4.2020

Foto 4: Ackerfläche und Gehölzsaum im Bereich der Versickerungsmulde und deren Abfluss; Blick nach O; 6.4.2020

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