Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte. - 2.1951

Landesgeschichtl. Vereinigung Berlin 1951

eBooks von / from Digitalisiert von / Digitised by Humboldt-Universität zu Berlin ß hiVi

Ittlirliuöi bra n b m ü u rß ifdi r {ontogpfdiiiiire

1951 Jahrbuch für brandenburgische Landesgesehichte

2. Band

Herausgegeben im Auftrage der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark e. V.

von

Martin Henning und Dr. Heinz Gebhardt

Berlin 19 5 1 Auslieferung durch die Fontane-Buchhandlung, Dora Pohlmann, Berlin-Neukölln, Hermannstr. 54

Genehmigt durch die Amerikanische Militärregierung Berlin (13.627) INHALT

Dr. Günter Stein: Berlins Stadtmauer (mit 4 Abbildungen) 1 Erich B. Zornemann: Berlin im Leben und Werk Wilhelm Raabes ...... 4 Gertrud Schacht geb. Mengel: . Meine Erinnerungen an Theodor Fontane 9 Dr. Mario Krammer: Aus Theodor Fontanes Jugendland . . . , 10 Dr. Hermann F r i c k e : Dobbertin. Eine erhalten gebliebene Fontanestätte ..... 20 Dr. Berthold Schulze: Der Anteil der Zisterzienser an der ostdeutschen Kolonisation, besonders in Brandenburg 20 Prof. Dr. Willy Hoppe: Bieserithai. Zur askanischen Besitzergreifung des Barnim (m. 2 Skizzen) 26

Harry Methling: Das Wunderblut von Wilsnack ...... 30 Dr. Emil Schwartz: Beiträge zur Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg I. Das Ausscheiden der nördlichen Uckermark aus der Diözese des Bistums Kammin .35 II. Der Prozeß des Prenzlauer Kalands gegen Dorothea Sander (1537-1543) 37 Max K r ü g e 1: in vor- und frühgeschichtlicher Zeit (m. 3 Abb. u. 3 Skizzen) 39 Dr. Georg Klünder: Die Zauche und ihre Pfarreien bis 1600 . . . • ...... 47 Prof. Dr. Hermann M i t g a u - Göttingen : Alt-Frankfurter Studententrachten (mit 4 Abbildungen)' . . . .69 Bücherschau: Dr. Kurt Meyer, Alt-Berliner politisches Volkstheater (1848 -1850) 75 Walter Stengel, Quellenstudien zur Berliner Kulturgeschichte: Spiele, Masken, Tierliebhabereien ...... -75 Paul Ortwiri Rave, Wilhelm von Humboldt und das Schloß zu Tegel 76

Mario Krammer, Alexander v. Humboldt. Mensch ~ Zeit — Werk 76

Personen-, Sach- und Ortsverzeichnisse ...... * * *

Günter Stein: Berlins Stadtmauer

Im Sommer 1948 wurden im Stadtzentrum von Ber­ [0,01 m] zuzuzählen wären. Als Baumaterial kamen der lin, das durch Luftangriffe schwer gelitten hatte, Ent­ Feldstein und der Backstein zur Verwendung: der trümmerungsarbeiten durchgeführt. Dabei stieß man Feldstein in unregelmäßigen, verschieden großen im Zuge der Neuen Friedrich- und Waisenstraße auf Brocken meist in den unteren Teilen des Mauerwerks, starke und hohe Mauerreste, die mit Sicherheit zur z. T. als Füllmauerwerk, der Backstein (im „Kloster­ mittelalterlichen Befestigung Berlins gehören1). Ber­ format" mit durchschnittlichen Abmessungen von liner Tageszeitungen brachten Fotos und kurze No­ 28X14X9—10 cm, meist im sogenannten gotischen Ver­ tizen darüber. Zwei Reihen alter, kleiner Häuser, die band [2 Läufer, 1 Binder])3) in den oberen Teilen der gegen Osten von der Neuen Friedrichstraße, gegen Mauer (siehe Skizze). Durch nachmittelalterhche und Westen von der Waisenstraße begrenzt wurden, trug neuzeitliche Anbauten ist das Mauerwerk sehr verun- man bis auf einige Halbruinen vollkommen ab. Die klärt, auch sind Feldstein- und Backsteinmauerweise dabei zwischen ihnen zufällig freigelegten Mauerzüge, nicht immer in einer bestimmten Höhe scharf vonein­ deren Erhaltung von zuständiger Seite veranlaßt ander getrennt, sondern greifen ganz verschieden in­ wurde, sind die Reste des mittelalterlichen Mauer­ einander über (Abb. 4). ringes, der an der Ostseite des alten Berlin vom mittel­ alterlichen Stralower Tor (heute Stralauer — Schickler Am ersten Mauertrakt überwiegt auf der Feldseite Straße) am Grauen Kloster vorbei bis zum mittelalter­ der Feldstein als Baumaterial, während auf der Stadt­ lichen Oderberger Tor (heute Königstraße) führte. In seite der Feldstein als Sockel anfangs auf 9 m Länge nachmittelalterlicher Zeit waren von beiden Seiten 2,45 m hoch, anschließend 1,40 m, 2,20 m und 0,50 m 2 hoch erhalten ist. Darauf folgen in der Regel eine Roll­ Häuser an diese Mauer gebaut worden ), wobei das schicht und mehrere Backsteinschichten (Abb. 2), von Äußere der Wehranlage durch An- und Umbauten, denen gewöhnlich je neun auf den steigenden Meter Durchbrüche Verputz z. T. erheblich verändert kommen. Hier ist auch Feldstein als Füllmaterial ver­ wurde, die Bausubstanz als solche aber in großen wendet worden. Die Backsteine liegen im „gotischen" Teilen erhalten blieb. Verband, doch wechseln stellenweise auch jeweils drei Die Mauerreste beginnen etwa 55 m nördlich der Läufer mit einem Binder (siehe Skizze A). Der nörd­ Stralauer Straße und ziehen sich in sanfter Krümmung lich folgende niedrige zweite Mauerzug besteht an der nordwestlich immer parallel zum Verlaufe der Neuen Feldseite aus Feldsteinen, an der Stadtseite ist er Friedrichstraße bis in die Nähe der Klosterkirche hin. größtenteils mit neuzeitlichem Mauerwerk verblendet. 5 m hinter dem Hause Waisenstr. 3 beginnt mit seinem Stellenweise sind auch mittelalterliche Backsteine südlichen Ende (Abb. 1) ein 61,50 m langer Mauerzug, sichtbar. — Der daran anschließende dritte Mauerteil der nach 28,40 m. um weniges die anfängliche Richtung — wegen seiner Höhe von über 4 m von dem vorigen nach Osten verläßt (Abb. 2). In dieser Richtung folgt unterschieden — besteht nur aus Backsteinen, die sauber nach einer Unterbrechung von 8,60 m ein zweiter Trakt im „gotischen" Verband vermauert sind. Auf der von 15,90 m, dem sich ein drittes, 6,10 m langes Feldseite lassen die abgebrochenen Binder erkennen, Mauerstück direkt anschließt. Hier endet die Mauer daß dort die äußeren Schichten in nachmittelalterlicher wiederum, um sich nach 14,50 m nur auf der Feldseite, Zeit abgetragen worden sind. Auf der Stadtseite sind also von der Neuen Friedrichstraße aus, zugänglich, an der Stadtseite aber von den Häusern Waisenstr. 14, 15 (Gasthaus „Zur letzten Instanz") und 16 verbaut, weiterhin fortzusetzen. Dieser vierte Trakt, der hinter einem kleinen Gebäude neuesten Datums (etwa 22 m lang) verschwindet, wird nach diesen 22 m, einer wei­ teren Unterbrechung von etwa 8 m (zur Parochial- straße gehöriger Zugang) sowie weiteren etwa 21 m, nun aber wieder westwärts gerichtet, in einem fünften, 13,50 m langen Mauerstück greifbar (Abb. 3). Dann sind bis zur Südseite der Apsis der Klosterkirche, d. h. also auf etwa 75 m, keine Mauerreste über der Erde sichtbar. Weiterhin wurde im Zuge der mittelalter­ lichen Stadtmauer kein Mauerwerk mehr gefunden. Die Höhe der erhaltenen Mauerteile ist sehr unter­ schiedlich. Sie beträgt auf der Stadtseite am südlichen ersten Mauertrakt etwa 4 m, nach 28,50 m Länge etwa 4,50 m und am Ende dieses Mauerzuges dann nur noch 2,33 m. Der zweite, 15,90 m lange Mauerrest ist sehr niedrig, die größte Höhe beträgt hier auf der Stadtseite 0,90 m. Das daran anschließende dritte Stück ist an der Stadtseite 4,35 m hoch. Der vierte, nur an der Feldseite freiliegende Mauertrakt von 25,10 m Länge ist dort bis zu 4,90 bis 5 m, das fünfte und letzte Stück von 13,50 m Länge an der Stadtseite bis etwa 3 m hoch. Die Mauerstärke beträgt knapp über dem heutigen Niveau der Stadtseite am ersten und fünften Mauer­ trakt 1,10 m, in 2 m Höhe 1 m, die Stärke des dritten (nur aus Backsteinen bestehenden und der äußeren Schichten beraubten) Stückes unten 0,72 m, in 2 m Höhe 0,65 m, über 4 m Höhe nach einem Absatz im Mauerwerk nur noch 0,35 bis 0,40 m, wobei jeweils noch 0,15 m (verlorene Steinschicht [0,14 m] + Fuge Abb. 1. Mauerstück 1 (Stadtseite) vom heutigen Niveau 36 Schichten (= 4 m) zu zählen, während welcher die Mauer in ihrer Stärke von unten WT^^l 0,72 m bis 0,65 m in 2 m Höhe und bis etwa 0,58 m in der 36. Schicht abnimmt, wobei zu jeder Schicht 0,15 m zuzuzählen sind, um auf die ursprüngliche Mauer­ stärke zu kommen. Über dieser Schicht ist ein deut­ licher Absatz an der Stadtseite zu erkennen, während sich die Mauer um weitere drei Backsteinschichten an der Feldseite, etwa 0,35 m—0,40 m (H- 0,15 m) stark fortsetzt, offenbar der Rest einer Brüstungsmauer, die einen auf dem Absatz aufsetzenden, nach hinten aus­ kragenden Wehtrgang gedeckt haben wird, für dessen Vorhandensein etwa 0,30X0,20 m große und etwa 0,20 m tiefe Balkenlöcher im Abstand von 0,40 m vonein­ ander in Höhe der 35. und 36. Schicht Zeugnis ab­ legen können. Gleichem Zweck könnten ähnliche Bal­ kenlöcher an der Stadtseite des ersten Mauerzuges ge­ dient haben, die sich dort ebenfalls am Mauerabsatz, aber nur in 3,55 m Höhe — über einem Feldsteinsockel von 2,20 m und 12 Backsteinschichten — befinden (Abb. 2, oberhalb des Backsteinmauerwerks und unter­ halb des Verputzes undeutlich zu erkennen). — Der Abb. 2 Mauer stück 1 (Stadtseite) vierte, an der Feldseite über 25 m lange zugängliche Mauerzug besteht nur aus Backsteinen. Die äußeren Was uns an spärlichen Einzelheiten über das Äußere Schichten sind bis in 2—2,50 m Höhe verloren, setzen der' mittelalterlichen Ringmauer überliefert ist, paßt aber durch ihre Binder mit den hinteren Schichten in zum Befund der Reste, so daß sich, wenigstens für Verband gehalten darüber an (vgl. dazu Skizze C). diesen Teil des Mauerringes, Holtzes Angaben im Zählt man die unten sichtbaren Schichten des großen und ganzen bestätigen lassen: „unten fast inneren Mauerwerks und die oben erhaltenen vor­ durchweg aus großen, fest vermauerten Feldsteinen, deren Schichten, dann kommt man auf 44 bis oben aus Backsteinen bestehend, war sie, wie wir aus 46 Schichten über dem heutigen Niveau der Feld­ den Resten erkennen, meist 6 Fuß (etwa 1,80—2 m) seite, das 0,30—0,40 m höher als das der Stadt­ dick". In der Einschränkung „fast durchweg" wird seite ist, man kommt also auf etwa 5 m Höhe der offensichtlich der jetzt bestätigten Tatsache Rechnung Mauer auf der Feldseite. Hier sind auch drei (später getragen, daß die Mauer streckenweise auch unten nur vermauerte) Schießscharten sichtbar. Sie beginnen aus Backsteinen bestand. Holtze fährt dann fort: „nicht über der 35. Schicht, also in knapp 4 m Höhe, sind überall jedoch, hinter dem Grauen Kloster z. B. . . . etwa 0,45 m hoch und 0,10 m breit. Sie sind in unregel­ zeigte sie (nämlich die Mauer, wie man bei Ausschach­ mäßigen Abständen voneinander angebracht; von der tungen 1858 feststellte) sich in einer Stärke von höch­ ersten zur zweiten Scharte mißt man 4 m, von der stens 3 Fuß (etwa 0,90 bis 1 m)". Diese Angabe trifft zweiten zur dritten 2,50 m. Eine Reihe von quadra­ auf unsere Mauerreste zwischen Grauem Kloster und tischen vermauerten Öffnungen, die auf der 29. Back- Stralauer Straße mit ihren unteren Mauerstärken von steinschich't aufsetzen, 0,45X0,45 m messen und in 0.87 m, 1 m und 1,10 m durchaus zu. Über die Mauer­ regelmäßigen Abständen von etwa 0,60 m angebracht höhe macht Holtze keine Angaben sie läßt sich aber sind, wird man nicht als mittelalterlich ansehen dür­ annähernd erschließen. Nach dem Befund scheint fen. — Das fünfte und letzte Mauerstück, nach Norden — vielleicht nur streckenweise — ein Wehrgang etwa in Richtung der Apsis der Klosterkirche verlaufend 3,50—4 m über dem heutigen Niveau der Stadtseite (Abb. 3), besteht wiederum größtenteils aus Feld­ (also 3,20—3,70 m über dem Niveau der Feldseite) auf­ steinen mit verhältnismäßig wenigen Backsteinresten. gesetzt zu haben, die Mauer muß also an der Feldseite Ob die Ummauerung der bereits 1237 nachgewiesenen noch etwa 1.50—2 m höher gewesen sein, um die Ver­ Stadt Berlin schon 1247 bestanden hat, ist nicht mit teidiger zu decken. Dazu paßt, daß am vierten Mauer­ Sicherheit festzustellen. Als 1290 die Apsis der Kloster­ stück in 4 m Höhe der Feldseite Scharten zu sehen kirche errichtet wurde, ist die Stadtmauer offensicht­ sind, die auch Holtze erwähnt. Eine Krenelierung lich an dieser Stelle verändert worden, sie war also scheint daher nicht vorhanden gewesen zu sein. Die schon vorhanden, und zwar hier in nächster Nähe der durchschnittliche Höhe der Mauer wird also etwa aufgefundenen Mauerreste. Um 1319 ist die Befesti­ 6 m (über dem heutigen Niveau) betragen haben, im gung jedenfalls mit Sicherheit als fertiggestellt nach­ Mittelalter etwa 7 m. zuweisen. Man wird den Beginn der Ummauerung da­ her in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts datieren Von einem Rundturm, den Holtze an der Stelle des können. Diesem Mauerring, dem die aufgefundenen Durchganges von der Neuen Friedrichstraße zur Paro- Reste nur angehören können, sowie seinem vorgelegten chialkirchgasse (heute Parochialstraße) ansetzt, also Graben wurde wahrscheinlich Anfang des 15. Jahr­ zwischen unserem vierten und fünften Mauerstück, hunderts ein Wall (auf dem jetzt die Neue Friedrich­ ist über der Erde nichts erhalten. Auch von den drei straße entlangläuft) und ein zweiter Graben vor­ von Holtze erwähnten und auf dem Memhardt'schen gelegt4). Auf dem Memhardt'sehen Stadtplan von 1652 sowie auf dem La Vigne'schen Plan (hier aber mit an­ ist dieser Zustand der Befestigung gut zu erkennen. deren Abständen voneinander) erkennbaren halbrun­ Erst nach Errichtung der barocken Festungsanlagen den Weichhäusern auf der Strecke zwischen Stralower wurde die mittelalterliche Stadtmauer überbaut; das Tor und Grauem Kloster lassen sich keine Reste nach­ zeigt bereits der Plan von Johann Bernhard Schultz weisen, obwohl zumindest eines — das südlichste — von 1688, auf dem die Mauer mit ihrem uns hier inter­ von den dreien auf den noch erhaltenen ersten, 61,50 m essierenden Zuge bereits zwischen zwei Häuserzeilen langen Mauerzug fallen müßte. Drei nur etwa 30 cm verschwunden ist5), tiefe Nischen (von 2,80—3,75 m Länge und vermutlich etwa 2,50 m Scheitelhöhe der stichbogigen Überwöl- Mauerverbände an i Mauerstück 1 (Stadtseite) Mauerstück 1 (Feldseite) Mauerstück 4 (Feldseite) unter der Regierung Waidemars d. Gr. nach 1300 vor­ nehmlich mit Backsteinummauerungen beginnt. Wie aber auch weiterhin der Gebrauch des Feldsteins nicht ganz aus der Übung kam, so war auch die Verwendung des Backsteins vorher schon bei Turm- und Mauer­ ecken, bei Torhäusern, Mauernischen, bei Verblendung im Innern von Turmgeschossen usw. üblich (Bernau, Landsberg a. d. Warthe). Bei den Befestigungen unter Karl IV. und unter den ersten Hohenzollern findet dann fast ausschließlich der Backstein Verwendung (Tangermünde). Wegen der ungleichmäßigen Vertei­ lung des Baumaterials ist also eine gleichzeitige Ent­ stehungszeit desgleichen eine anfängliche Zusammen­ setzung aus Feldsteinsockel und Backsteinoberteil nicht anzunehmen. Vielmehr dürfte die Berliner Stadtmauer des 13. Jahrhunderts ebenso wie die der nahegelegenen Städte Bernau, Strausberg und Altlandsberg (alle um die Mitte des 13. Jahrhunderts ummauert) nur aus Feldsteinen bestanden haben. Das in verschiedener Höhe aufsetzende Backsteinmauerwerk wird Erneu­ erungen und Ausbesserungen des 14. Jahrhunderts zu­ Abb. 3. Mauerstück 5 (Feldseite) geschrieben werden müssen. Das gleiche gilt auch für Im Hintergrund die Ruine der Klosterkirche die Mauerteile, deren Mauerwerk durchweg aus Back­ steinen besteht. Vergleichbar ist dafür ein Rest der bung) auf der Stadtseite können kaum mit diesen Stadtbefestigung des nahegelegenen Spandau, das in Weichhäusern in Verbindung gebracht werden; denn der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ummauert diesen Nischen entsprechen auf der Feldseite keine Ver­ wurde. Anlaß zur Ausbesserung der Berliner Stadt­ zahnungen, die auf abgebrochene Türme schließen mauer könnten die — wenn auch nur kurzen — Be­ ließen. Wo solche Verzahnungen auf der stark ver- lagerungen durch die Dänen unter Waldemar IV. 1349 unklärten Feldseite sichtbar sind, darf man vielleicht und durch Ludwig d. Ä. 1351, aber natürlich auch d'e von Holtze erwähnten Strebepfeiler vermuten. Hier spätere Ereignisse, weniger wahrscheinlich der Stadt­ könnte eine genaue Bauaufnahme Klarheit bringen. brand von 1380 oder die Fehde mit den Johannitern Versucht man nun, die Befestigung Berlins auf 1435, gewesen sein. Leider läßt das Fehlen von Ziegel­ Grund der gefundenen Überreste mit anderen mär­ stempeln keine genauere Datierung zu. Immerhin kann kischen Stadbefestigungen in einen gewissen zeitlichen mit gewisser Sicherheit angenommen werden, daß die Zusammenhang zu bringen, so ist das mit Schwierig­ aus Feldsteinen errichteten Mauerteile der ersten Be­ keiten verbunden; denn wir haben hier auf diesem festigung aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, verhältnismäßig kurzen Abschnitt der ganzen Umwal­ die aus Backsteinen errichteten Stücke dem 14. Jahr­ lung verschiedene Materialzusammensetzungen, nicht hundert zugehören. etwa einen gleichmäßig durchgehenden Feldstein- s-^ckel mit aufgehendem Backsteinmauerwerk. Ganz aus Backsteinen erbaute Trakte wechseln ab mit sol­ chen, die Feldsteinsockel in verschiedener Höhe zeigen, oder solchen, die vorwiegend aus Feldsteinen erbaut sind. Es ist daher nicht anzunehmen, daß die Mauer­ reste, so wie wir sie jetzt vor uns sehen, in einem Arbeitsgang entstanden sind, noch daß sie von Anfang an durchgehend Feldsteinsockel und Backsteinoberteil aufwiesen. Auf Grund des Baumaterials lassen sich jedoch einige Schlüsse ziehen. Naturgemäß fand der Feldstein als in der Mark über­ all zur Verfügung stehender Findling früher im Wehr- ,bau Verwendung als der Backstein, der zwar schon in der Mitte des 12. Jahrhunderts eingeführt und im Sakralbau verwendet wurde (Jerichow, Havelberg), im Wehrbau aber und speziell bei Stadtbefestigungen erst um 1300 in Übung kam6). M. Nova unterscheidet daher mit Recht zwei größere Perioden im mittel­ alterlichen märkischen Stadtmauerbau, die eine, die vornehmlich nach 1220 unter der Regierung Johanns I. und Ottos III. mit Feldsteinummauerungen einsetzt — vorher haben allerdings schon Stendal und Tanger- münde (um 1150) Feldsteinmauern —, die andere, die Abb. 4. Mauerstück 1 (Feldseite)

Anmerkungen i) Daß an dieser Stelle die alte Stadtmauer zu suchen ist, Die Stadttore der Mark Brandenburg im Mittelalter, Beitr. z. geht aus der Literatur eindeutig hervor, es ist auch ohne Bauwissenschaft H. 15 (1919) S. 19. — *) Nach Nova a.O. S/ 14 weiteres aus der Straßenführung der Altstadt ersichtlich. •— soll dies schon Anfang des 14. Jahrhunderts geschehen und Vgl. dazu F. Holtze, Gesch. d. Befestigung von Berlin (1860) auch auf dem Vorwall eine steinerne Mauer errichtet worden S. 5 und Plan (2. Auflage 1874 in: Sehr. V. f. G. Blns. H. 10). sein, wofür sich jedoch sonst keine Anhaltspunkte finden. — R. Borrmann, Die Bau- u. Kunstdenkmäler von Berlin (1893) 5) H. Jahn, Bln. i. Todesjahr d. Gr. Kurf. (1935), Sehr. V. f. G. S. 142. — 2) Wahrscheinlich um 1680: Der Burgwart 21, 1, 1920, Blns. H. 55. — H. Schierer, D. Befestigung Blns. z. Z. d. Gr. S. 7 (Voigt). — 3) zu Backsteinformaten und Backsteinverbän­ Kurf. (1939) ebda. H. 57. — 6) Nova a.O. S. 17 f. den im mittelalterlichen märkischen Wehrbau vgl. M. Nova, Erich B. Zornemann: Berlin im Leben und Werk Wilhelm Raabes Wilhelm Raabe ist am 8. September 1831 in Eschers- beginnt diese Inkubationszeit schon in den Tertianer­ hausen geboren und hat bis zum elften Lebensjahre jahren, vielleicht erst in Magdeburg, das wird immer seine Jugend in Holzminden an der Weser, ab 1842 im nur Vermutung bleiben können. Gewiß ist aber, Nachbarstädtchen Stadtoldendorf und seit Ostern 1845 daß diese Periode hier in Berlin ihr Ende erreicht, und in Wolfenbüttel verlebt. Der Dichter, der durch seine wir wissen heute genau, daß das Datum des 15. No­ Intime Kenntnis der antiken Dichtung den humanisti­ vember 1854 auf dem ersten Blatte der „Chronik" schen Feinschmecker in der gleichen Weise für sich keine Fiktion ist, daß also an diesem Tage, dem „Feder- gewinnt, wie er den mit diesem Bildungsgut nicht ver­ ansetzungstage", sich Wilhelm Raabe seines Weges trauten Leser verwirrt oder gar zurückschreckt, konnte als Dichter in voller Klarheit bewußt wurde, und dür­ als Schüler dem Studium der alten Sprachen keinen fen somit sagen: der Dichter Raabe wurde am Geschmack abgewinnen und ist in dieser Hinsicht ein 15. November 1854 in Berlin geboren. schlechter Schüler gewesen. Eine stattliche Reihe seiner Werke haben als land­ Wir haben aber das große Glück, noch ein Aufsatz­ schaftlichen Hintergrund die Jugendheimat des Weser­ heft des Tertianers aus dem Jahre 1847 zu besitzen, berglandes. In einem Briefe an seinen Landsmann dessen Arbeiten von der großen Kraft seiner Phanta­ O. Elster gedenkt Raabe des Ortes, aus dessen Nest sie und seiner Stilkunst Zeugnis ablegen, so daß sein einst „ein Rabe und eine Elster" in die Welt ge­ Deutschlehrer unter einen dieser Aufsätze, mit dem krochen sind, und meint, sie wollten dieses Nest und seinen ganzen Raum wohl doch noch „in den Mund Thema „Die Schwalben und die Sperlinge", schreiben 6 konnte: „Dieser Aufsatz ist mit dem allergrößesten Fleiße der Leute" bringen ). Ganz gewiß liebt der Dichter gearbeitet und berechtigt bei fortgesetzter Anstrengung diese Jugendheimat, die noch dazu vom Herrgott mit zu den schönsten Hoffnungen für den Verfasser". Wie so viel feiner Schönheit ausgestattet worden ist. Aber stark sich dies Lob in des Jungen Innerstes eingegra­ aus der Enttäuschung, die Feyerabend-Raabe beim ben hat, beweist 17 Jahre später ein Satz im „Hunger­ Wiederaufsuchen der alten Heimat erlebt, klingt doch pastor", wo Hans Unwirsch den ersten Bogen seines vernehmbar' eine deutliche Distanzierung heraus. Die schriftstellerischen Versuches zerreißt und sich dabei im Gesamtwerk niedergelegte Lebensbeichte — der in einer Stimmung befindet, die nicht „zu den schönsten Alte in Braunschweig hat ja stets auf Fragen nach Hoffnungen" für die Zukunft berechtigte. Der junge seinem Leben geantwortet: „Das steht alles in meinen Raabe Ist in seiner Reizbarkeit auch ein sogenannter Büchern" und niemals Frenssen- oder Thomas Mann- „schwieriger Schüler" gewesen. Er mußte wegen seiner ähnlich irgend etwas über die Art der Entstehung sei­ völlig unzureichenden Leistungen in den Hauptfächern nes Werkes weder öffentlich noch privat verlauten eines humanistischen Gymnasiums die Schule ver­ lassen — läßt ganz eindeutig erkennen, daß die Be­ lassen, ohne Aussicht, den Abschluß zu erreichen. handlung des in schwerer Wegsucherkrisis tastenden In einer kleinen alten Residenzstadt nippenbur- Künstlers durch die nach dem Motto „Stramm, stramm, gischen Gepräges ist das für den Sohn eines alt­ alles über einen Kamm" marschierende Gesellschafts­ eingesessenen Beamtengeschlechtes eine unverzeihliche schicht des heimatlichen Residenzstädtchens einen Entgleisung. Nur das liebevolle Verständnis der Mut­ schmerzhaften Riß zwischen ihm und der Heimat ge­ ter macht es Raabe möglich, sich über das halb spöt­ zogen hat, der nie ganz verharscht ist. Mir scheint, daß tische, halb mitleidvolle Achselzucken seiner Umgebung von diesem Blickpunkt aus betrachtet eine Erklärung hinwegzusetzen. Er geht Ostern 1849 nach Magdeburg, dafür gefunden werden kann, warum der junge Dichter um sich zum Buchhändler auszubilden. sich in seinem Erstling hinter der Maske eines alten resignierenden Mannes verbirgt. „Alles Verdrießliche In diesen vier Jahren bis Ostern 1853 muß er aber hab' ich genossen", das ist der Tenor der Lebensbegleit­ erkennen, daß die Wahl dieses Berufes verfehlt war. melodie, mit der Raabe nach Berlin kam, wo er im Was der 21jährige bei seiner Heimkehr nach Wolfen­ Augenblick der Federansetzung am 15. November 1854 büttel auszustehen hatte, wo die alten Schulkameraden seine geistige Heimat gefunden hatte. In den „Akten zum Teil schon auf dem festen, von alters her vorge­ des Vogelsangs" heißt es an einer Stelle: „Man kann schriebenen Wege in Amt und Würden sind, läßt uns auch in einer Stadt wie Berlin noch immer in seinem im Jahre 1867 Raabe selbst in der Schilderung des stillen Märchenwinkel aufwachsen" (XVII, 298). Und Familienrates im „Abu Telfan" nacherleben. Er nimmt ich stelle anheim, ob nicht eine Parallele zu der Wach- die alten Studien wieder auf, hat jedoch abermals kei­ holderstimmung in der Stimmung des Dr. Fritz Lang­ nen Erfolg, Die Bestätigung eines erfolgreichen Ab­ reuter aus den gerade in Raabes Jugendheimat spie­ schlusses der Schule bleibt Ihm versagt. So zieht er lenden „Alten Nestern" zu finden ist: „Sonderbarer­ dann im April 1854 in Berlin ein und läßt sich als weise aber dachte ich in dieser hellen, schönen Nacht, Hörer in die Liste der Studierenden der Friedrich- auf dieser Wanderung durch das friedliche vergessene Wilhelms-Universität eintragen. Wir wissen, daß er Heimatdorf, nicht ohne ein Gefühl stiller hier die Vorlesungen des Ägyptologen Lepsius, des Geo­ S i c h e r h e i t an die große Stadt Berlin, meine kleine graphen Ritter und des Philosophen Michelet regel­ Stube und meine Tätigkeit, kurz an das Dasein, das mäßig besucht hat, sich im übrigen aber von dem ihm mir dort zuteil geworden war. Es lag ein Gefühl von ungewohnten Getriebe einer großen Stadt einfangen Wehmut darin, aber doch zugleich eine inner­ läßt nach seinem Leitsatz: lichste Beruhigung: die andern alle konnten „Über den Marktplatz zu schweifen, und durften heimkehren in das alte Leben, Durch die Gassen zu streifen, wann sie wollten, sie waren da zu Hause; ich aber Licht aus Dunkel zu greifen, nicht, oder doch nie mehr so, wie sie noch zu jeder Zeit Das ist Dichterberuf!" sein konnten. Resignation nennt man das mit einem Wann bei Raabe die Wehen der Wegsucherkrise ein­ Fremdwort, das wir wohl nicht so leicht aus dem gesetzt haben, können wir nur vermuten, vielleicht deutschen Sprachgebrauch loswerden. Die deutsche 4 Welt darf manchmal noch so süß in Mondenlicht und Festlichkeiten beliebter Lohndiener. In der 1876—77 in weiche Redensarten gebettet liegen: wir wollen das geschriebenen Erzählung „Deutscher Adel" heißt es: scharfe, aber gesunde Wort festhalten und es uns durch „Mittelstraße Nr. 23 im vierten Stock wohnt die Witwe kein anderes zu ersetzen suchen". (XII, 217) . . . „Ich eines königlichen Tafeldeckers . . ." (XL gehörte einfach nach Berlin und nicht nach 297). Dorf Werden" (259). Es ist überaus bezeichnend, daß Später bezog Raabe, als er für einige Wochen, bei einem Dichter, der vier Jahre in Magdeburg, acht 1. Oktober bis 17. November 1857, noch einmal Berlin Jahre in Stuttgart, von 1870 an bis zu seinem Tode in aufsuchte, Wohnung in der Dorotheenstraße Num­ Braunschweig und nur zwei Jahre in Berlin gelebt hat, mer 72. Diese Straße bildet in dem 1893—95 entstan­ als Schauplatz seiner Dichtungen Berlin in seinem denen Roman „Die Akten des Vogelsangs" den Schau­ Werk einen so breiten Raum einnimmt. Ein kurzer platz entscheidender Begebenheiten: im Vorderhaus Blick in das verdienstvolle, mit dem ihm eigenen der „außergewöhnlich elegante Schneiderladen (Her­ Bienenfleiß zusammengetragene und für jeden Raabe- renmoden)" der Firma des Beaux, im Hinterhaus, drei forscher unentbehrliche Raabelexikon Heinrich Spieros Treppen hoch, „Studiosus Philosophiae Veiten Andres" zeigt das zur Genüge. als Untermieter der „Frau Fechtmeisterin Feucht" Gegen die Behauptung, daß Raabe zwar das alte (XVII, 280). Berlin der Zeit vor den 70er Jahren geliebt, aber die 2 Im Jahre 1911 schreibt H. A. Krüger ): „Von beson­ anwachsende Weltstadt nicht geschätzt habe, spricht deren Anregungen aus der Nachbarschaft des ersten, die folgende Äußerung: „Die Tage in Pfisters Mühle nunmehr historischen (jetzt leider vernichteten) Hauses waren vorüber, und Arbeit und Sorge der Gegenwart in der Spreestraße vermochte der alte Raabe mir nur traten in ihr volles, hartes Recht . . . Wir waren auch noch einen Kesselschmied, namens Marquart, zu nen­ in Berlin viel eher, als wir es dachten. Und obgleich es nen, der im Keller wohnte und ein Mann vom Schlage heute nicht mehr die Kirchtürme der Städte sind, son­ des braven Tischlers Gottfried Karsten war. Im großen dern die Fabrikschornsteine, die zuerst am Horizonte und ganzen schuf jedoch schon der junge Raabe meist auftauchen, so hindert das einen auch heute noch nicht, ohne besonderes Modell in freier Phantasietätigkeit, gesund, gesegnet und — soviel es dem Menschen auf blieb allerdings stets auf dem sicheren Boden einer" dieser Erde möglich ist — zufrieden mit seinem Schick­ scharfen Umwelts- und Menschenbeobachtung. In bei­ sale, ergeben in den Willen der Götter nach den Beziehungen blieb ihm der Berliner Aufenthalt in Hause zu kommen" (XIV, 390). fruchtbarer und dankbarer Erinnerung, Und wenn W. Fehse1) der kleinen, ruhigen Stadt der und von den ersten bis zu den letzten Werken lassen „Chronik" das spätere Berlin „von jener flatterhaften sich seine Spuren bei Raabe mehr oder Tünche, die die Großmannssucht der folgenden Jahr­ weniger deutlich wahrnehmen". zehnte mit höhnischer Verachtung über alles strich, Das Bild des alten Kesselschmiedes Marquart wird was Ausdruck ruhigen Wachstums war und dem boden­ in der „Chronik" in knappen Strichen eingefangen: da ständigen Witz die bloße Schnoddrigkeit" gegenüber­ lehnt der junge Schmied beim Tode Marias traurig in stellt so vergißt er, daß Raabe diese Großmannssucht der niedrigen, zu seiner unterirdischen Werkstatt hin­ und bloße Schnoddrigkeit nicht nur als herbe Kritik abführenden Tür und streicht sich beim Vorübertragen Berlin gegenüber, sondern an dem gesamten deutschen des Sarges „mit seiner schwarzen schwieligen Hand Volke übt. Das geht eindeutig aus dem Vorwort zum über die Augen". Bei der Ausweisung des Dr. Wimmer „Christ. Pechlin" sowie aus dem Satz in den „Gedan­ zeigt er sich als verschwiegen-zuverlässiger Helfer: ken und Einfällen" hervor: „Der Horizont des Ge­ „In der Gasse steckt mir M. ein Billett zu und flüstert schlechtes, das nach 1870 gekommen ist, ist nicht geheimnisvoll, nach dem Fenster des Doktors deutend: weiter geworden". Das hat er «zurückgelassen für Sie, Herr Wachholder!" Er ist einer der wenigen Nachbarn, die dem greisen Als der Junker Hennig von Lauen von seinen Ber­ Johannes Wachholder noch geblieben sind: „. . . nur liner Studien heimkehrt, ohne daß man, wie einst beim einzelne, wie zum Beispiel der alte Kesselschmied Heimkehrer Raabe, von irgendwelchen Früchten die­ Marquart im Keller drunten, der heute wie vor so vie­ ses Studiums etwas bemerken könnte, sagt die Mutter len Jahren lustig sein Eisen hämmert, haben sich er­ Adelheid: „Er hat wenigstens einmal frische Luft halten in diesem ununterbrochenen Strom des Gehens geschöpft!" Raabe fährt zwar fort: „Was sie sich unter und Kommens". Alle Bewohner der Sperlingsgasse der frischen Luft eigentlich vorstellte, das mochte sie haben den Alten gern, nur der Pudel Rezensent nicht, vor allen vier Winden verantworten" (XIII, 272). Der erste Satz ist aber nicht von ungefähr im Druck beson­ „der den Feuerarbeiter haßt", weil der ihm einst „den ders hervorgehoben. Wir können ihn als confessio des Maulkorb mit der Steuermarke um die beschnurr- Heimkehrers Raabe aus dem Jahre 1856 deuten: die bartete Schnauze geschlossen" hat. — Marquart war frische, weltweite Luft Berlins hatte ihm vergönnt, zur Zeit, als Raabe seine Chronik niederschrieb, der muffigen Nippenburg-Luft der Heimat zu entrin­ 58 Jahre alt. Mit bürgerlichem Namen hieß er August nen und einmal frei aufzuatmen, den Atem der Be­ Friedrich Wilhelm Knack und wurde am 5. August freiung, hatte ihm dazu verholf en, den ersten freien, 1796 geboren und am 14. August in der Luisenstädti­ frischen, bewußten Atemzug als D i c h t e r zu tun. schen Kirche getauft. Als Nagelschmiedemeister ist er am 11. Mai 1865 in der Spreestraße 6 an Alters­ Hier in Berlin wohnte Raabe zunächst bei einem schwäche gestorben und am 15. Mai auf dem St. Petri- Schneider Wuttke in der ersten Etage der Spreestraße kirchhof begraben. Aus der ersten Ehe mit Karoline Nummer 11, durchaus „herrschaftlich"; die in der Wilhelmine, geb. Heinrich, die im Alter von 44 Jahren „Chronik" beschriebene Dichterdachstube bezieht er am 29. Dezember 1840 in der Spreestraße 6 an Schwind­ erst später in einer Wohnung der Oberwallstraße, wo sucht verstorben ist, gingen sieben Kinder hervor. Das der Mietherr wiederum ein Schneider war. Wie Wuttke Geschäft übernahm nach dem Tode des Vaters der zugleich das Amt eines „königlichen Tafeldeckers" aus­ Nagelschmiedemeister Hugo Karl August Lüders übte, so ist der Schneider Täuberich Pascha in dem Knack, geb. am 22. Januar 1840. Das Haus ist bis zum 1865—-67 geschriebenen Roman „Abu Telfan" ein bei Jahre 1925 im Besitz der Familie geblieben. 5 Es ist wie ein verwehtes Blatt der „Chronik", wenn graden, parademäßig aufmarschierten Straßen und wir hören, daß des alten Marquart Enkel tödlich ver­ Plätzen angesetzt hat, und nie kann ich um die Ecke unglückt ist, als er versuchte, seinen Hund vor den meiner Sperlingsgasse biegen, ohne den alten Ge­ Rädern eines vorüberrollenden Kraftwagens zu retten. schützlauf mitder Jahreszahl 1589, der dort Dem befreundeten Buchhändler Stülpnagel, der Vor­ lehnt, liebkosend mit der Hand zu be­ steher einer Leihbibliothek war und das Chronik- ruh r e n. (I, 8.) „Der alte Geschützlauf" in seiner Form Manuskript dem damals schon kränkelnden Willibald und stofflichen Beschaffenheit bedeutet ihm wenig oder Alexis vorlegte, hat Raabe in der Gestalt des Leih­ gar nichts, aber die Jahreszahl 1589! Die regt ihn an bibliothekars Achtermann ein Denkmal gesetzt in der nachzugrübeln über „Geburt und Tod ... Wiege und Erzählung „Deutscher Adel", die ursprünglich den ... Sarg", über all das menschliche Schicksal, das dieser Titel „Der Leihbibliothekar" tragen sollte. Alexis alte Geschützlauf im Wandel der Jahrhunderte hat an sprach sich zwar lobend über das Werk aus, hat aber sich vorüberziehen sehen. Gewiß werden in seinem zu keinem Verleger verhelfen können. Den fand Raabe Werk gelegentlich ganz bestimmte Baulichkeiten er­ erst durch Stülpnagels Vermittlung in dem Berliner wähnt, aber doch nur so nebenbei, ohne daß er sich Franz Stage. Und der Berliner Ludwig Rellstab reha­ angezogen fühlt, sie in ihrer einmaligen Gestalt in bilitierte durch seine lobende Kritik in der Vossischen seine Sprache zu bannen. So wird ihm der berühmte Zeitung den Entgleisten sogar in der Wolfenbütteler Weinkeller von Lutter & Wegner am Gendarmen­ Gesellschaft! markt zu „Butter und Wagner am Gänsemarkt", so In meinem Raabeheimat-Städtchen Eschershausen werden die beiden Gontardschen Kuppeltürme der habe ich mich in meinen Studenten] ahren eifrig be­ Französischen und der Neuen Kirche und das Schau­ müht, für den Dichter zu werben, dessen Namen alle spielhaus nach Berliner Mundart zur „famosen Musen­ Eschershäuser voller Stolz im Munde führten, ohne bude ... zwischen dem Pfeffer- und Salzfasse". (I, 77.) aber die Werke ihres großen Ehrenbürgers zu lesen. Die Sperlingsgasse als gegebenes Objekt wird ihm Ich gedenke hier gern der Unterstützung durch den da« erst vertraut durch die Schilderung ihrer, d. h. s e i n e r mals dort lebenden Apothekenbesitzer Erich Cruse, Menschen, und dadurch erst gelingt es dem Dichter, einen leidenschaftlichen Botaniker und Intimus von diesen Teil Berlins ohne jeglichen Versuch photo/- Hermann Löns. (Seine Apotheke ist übrigens von dem graphisch-naturalistischer Kopie so im Wort widerzu­ Raabe-Epigonen Kübel im Roman „Die Apotheke von spiegeln, daß ... nun, daß die Stadt Berlin gar nichts Angerbeck" liebevoll geschildert worden.) „Das Odf eld" Besseres tun konnte, als dieser Spreestraße den Namen war diesem die heimatliche Landschaft bis in die klein­ Sperlingsgasse zu geben. sten verborgenen Winkel durchforschenden Natur­ freunde ein ewiger Stein des Anstoßes: er hat den Berlin ist für Raabe die „Polis" (XII, 87). Schon höhlenreichen Ith immer wieder durchstöbert auf der vor der Reichsgründung bezeichnet er sie in dem Suche nach jener Höhle, in der sich am Kampftage Ende 1867 bis Mitte 1869 geschriebenen Roman „Der die Flüchtlinge aus dem Kloster Amelunxborn ver­ Schüdderump" als die Reichshauptstadt. Der steckt halten, und hat sie nie gefunden. Seine abfällige Junker Hennig von Lauen, jener Junker, der einst in Kritik schloß stets mit den Worten: „Solch eine Höhle, Berlin „frische Luft" geschöpft hatte, faßt seine ersten wie sie Raabe da schildert, gibt es im ganzen Ith Eindrücke von Wien „brummend" in den Worten zu­ nicht!" sammen: „Es ist doch eine vornehme Stadt Schade, daß wir sie nicht an unser Berlin anhängen können, Viele Jahre später hörte ich dann eine ähnliche wir würden dann, glaube ich1, jedes andere Nest rund Kritik von Heinrich Sohnrey, der fast wütend wurde, um den Erdball herum um mehrere Nasenlängen wenn er auf das „Odfeld" zu sprechen kam, und ge­ schlagen!" (XIII, 286.) ringschätzend meinte: „Im ganzen Odf eld stoßen Sie auf keinen einzigen echten Odf eider, alles Raabesche Raabe gehört keineswegs zu den Leuten, die an Ber­ Phantasiegestalten in Haltung wie in Sprache. Herr­ lin stets etwas herumzumäkeln haben. Er nimmt „die gott, was hätte ich dem Alten da für Material besorgen dann und wann etwas verleumdete Stadt Berlin" können!" (XIV, 97) in Schutz. Sie ist durchaus nicht so verdorben, wie die guten Dutzend-Provinzler es haben wollen, Ein Cruse-Verwandter Berliner Apotheker würde die sich über das Sündenbabel aufregen und den Sün­ auch gewiß arg enttäuscht sein, wenn er vergeblich denpfuhl, der dem Berliner selbst mehr oder weniger nach dem Walde suchen würde, von dem herab unbekannt ist, mit genießerischer Wollust auskosten, Dr. Wimmer in der „Chronik" . . . „den Maulkorb wenn sie einmal hier zu Besuch sind, um dann nach (seines Hundes) den Berg herunter der Stadt zu wirft". ihrem ausgeschöpften Sündenleben desto besser dar­ „Die Chronik der Sperlingsgasse" ist eben keine mit über schimpfen zu können. So ist für Raabe zum Bei­ dem Sprachmaterial des Wortkünstlers eingefangene spiel Berlin auch nicht die geeignete Stätte, an der der Topographie Alt-Berlins, wie überhaupt fast niemals ausgesuchte Schuft Dietrich Häußler im Trüben fischen Raum und Menschen im Werk des Dichters nach der könnte: im Gegenteil, er macht hier mit seiner Ge­ Natur gezeichnet sind. Die Dinge dieser Welt gewin­ schäftspraxis in kurzer Zeit Pleite! (XIII, 36.) nen erst dann Interesse für Raabe, wenn er sie in Be­ ziehung setzen kann zum Menschen seiner Phantasie. Ganz klar und eindeutig wird Raabes Sympathie für Er sieht die Natur- und Kulturlandschaft nicht geo­ Berlin, das heute angeblich „nunmehr als einsamer graphisch, sondern historisch. Dafür ist ein Satz aus Trümmerrest weit vor der Ostgrenze des wirklichen einem Abschnitt am Anfang der Chronik bezeichnend: Deutschland"4) liegen soll, durch die folgende Tatsache „Ich liebe in großen Städten diese älteren Stadtteile erhellt: die wenige Jahre nach der Reichsgründung mit ihren engen, krummen, dunklen Gassen, in welche entstandene Erzählung „Deutscher Adel" mit ihrem von der Sonnenschein nur verstohlen hineinzublicken wagt; Kanteschem Ethos getragenen Leitmotiv „Frei durch­ ich liebe sie mit ihren Giebelhäusern und wundersamen gehen" spielt in Berlin und ihre Helden sind Berliner! Dachtraufen, mit ihren alten Kartaunen und Feld­ 3 1870 kehrt der Dichter in die Heimat zurück mit sehr schlangen, welche man als Prellsteine ) an die Ecken zwiespältigen Gefühlen, die im „Dräumling" ihren gesetzt hat. Ich liebe diesen Mittelpunkt einer ver­ Niederschlag gefunden haben. Und da stehen die be­ gangenen Zeit, um welchen sich neues Leben in linien- zeichnenden Trostworte der Frau Agnes Fischarth im 6 Paddenauer Sumpfgebiet: „Ich bin aus Berlin und wie Joethe jesagt haben soll, trete ick immer als rich- fürchte mich vor niemand, aber auch hier vor dem tijer Berliner in jede Provinz, wo et sich um eenen Sumpfe nicht" (IX, 24). Kameraden in Schwulibus handelt, möglichst feste uf, Es würde zu weit führen und den Rahmen dieser und wenn et sich ooch um die höchsten sittlichen Fra­ Arbeit sprengen, wenn hier alle aus dem Raabeschen gen in Hinsicht uf die Hosentasche handelt, wie Roth­ Gesamtwerk geborenen Gestalten von Berlinern im schild, Bleichröder und die übrigen Klassiker in det Fach sagen . . . Womit ick bloß sagen will, det man ja einzelnen umrissen würden, als da unter anderen sind: jedem seine persönlichen Jefühle jerne hochachten Karl Achtermann, der Leihbibliothekar, und die beiden und doch bei außerjewöhnliche Jelejenheiten von ihm Gastwirte Louis Butzemann sen. und jun., der Phan­ verlangen kann, det er in einem speziellen jej ebenen tast Paul Ferrari, der vor Paris verwundete Ulrich Fall einmal jroß und nicht bloß an seine anjeborene Schenck, oder der „urechte" Berliner Dr. Wedehop, Privatranküne oder wie jesagt sein innigstes Port- der allerdings wie so manche echtberliner Type zu den monneh denkt. Ick hätte zum Exempel in Liebelottes „Zujereisten" gehört und von dem es heißt: „Alter Stelle jetzt nich det Kap'tal in de Hundstwete gekün­ Schwede!" sagte 'Wedehop, und ganz Neuvorpommern, digt; und wat hab' ick denn anderes verböst, meine seine engere Heimat, trat in dem Wort breitgrienend Herren, als det ick det offen ausjesprochen habe? Det zutage." (XI, 262.) Dem Urtyp des waschechten Ber­ er daruf sofort hinjing und nicht mehr sang, is mir liners hat Raabe ein eigenes Werk gewidmet: „Villa für die allgemeene Jemütlichkeit hier am Tische zwar Schönow. Eine Erzählung", geschrieben 1882—83, mit een Verlust; aber da könnte doch jeder kommen und ihrem Helden, dem „weiland Sergeanten im 7. Bran­ jleich seine Jeije untern Arm nehmen, wenn zufällig denburgischen Infanterieregiment Nr. 60, Herrn Hof­ 'ne neue Variation von die schöne Melodie: Seid um­ schieferdeckermeister Wilhelm Schönow." schlungen Millionen ufs Pult jelegt wird. Det ick jetzt Wie dieser wackere Sturmgeselle eingeführt wird, ist mein Instrument darniederleje, hat einen anderen ein Meisterstück Raabescher Kompositionstechnik. Im Jrund. Garcon, ankore eenen! Wat unser soeben leider ersten Kapitel verstummt eine lustig plaudernde Jung­ hinjejangener Freund, wie ick vernahm, noch in die mädchengesellschaft jäh, „ein fremdes, unbekannntes Tür Berliner Wind in mir nannte, habe ick vollkommen Weinen in der Nebenstube" (XIII, 7) ist die Ursache. ausjeflötet — die reene Nachtijall nach Johanni. Wil­ Die junge Gastgeberin horcht an der Tür. „Im nächsten helm Schönow is mein Name, und — Daemels Ecke Momente jedoch richtete sie sich schon wieder empor, hat das Wort!" (XIV. 31 ff). warf einen ganz närrisch aus getäuschtem Mitleid und Und dieses „vater- und mutterlos uf die Jrenze zwi­ Verdruß gemischten Blick im Kreise umher und rief: schen Moabit und Martinikenfelde aus die Taufe ge­ „Nun, so was! Herr Schönow ist's! ... Nur Herr hobene" Berliner Volkskind verdankt alles, was es ge­ Schönow aus Berlin! ... Uh, der alte Krokodil!" worden ist, der Freundschaft und Hilfe einer Ver­ treterin der geistigen Oberschicht Berlins, der alten, Erst im 4. Kapitel erfährt der Leser dann zu seiner ledigen Professorentochter Julia Kiebitz. „In diesem Überraschung, was „der alte Krokodil, dieser Schönow" Augenblick gab es in der großen Stadt, alle ihre hun­ für ein sturmerprobter wackerer Bursche ist, von derttausend Kinder eingerechnet, nichts für das Mär­ Herzen gutmütig, feinfühlend und vornehm, aber aus chen, das Ideal, die Welt jenseits der Alltagserschei­ Angst vor dem Überquellen seines weichen Herzens dung mehr Stimmungsfähiges als wie dieses alte, von jener kaltschnäuzig trockenwitzigen Art, die von wundervolle, von der Mama in der Wiege verlassene, oberflächlichen Beobachtern als „Berliner Schnoddrig­ vom Papa zu einer Närrin prädestinierte und vom keit" bezeichnet wird. Er ist empört darüber, daß man gütigen Schicksal zu Schönows bester Freundin, Gön­ das Sterben seines alten Kriegskameraden zu einer nerin und Schutzbefohlenen gemachte Mädchen im Grundstückspekulation ausnützen will, und versucht, obersten Stockwerk über dem laufenden Tage" dem Kameraden auf seine Weise zu helfen. Von dem, (XIV, 73). was ihn im Tiefsten bewegt, läßt er sich nichts an­ merken. Am Stammtisch bei „Daemel" sitzt der „her­ „Über dem laufenden Tage" steht auch die prächtige, gelaufene, großschnäuzige Berliner Haselante" (30) und erdnahe Gestalt der Berliner Mutter Maria Schenck, legt los: „Hab' ick et mich doch jleich jedacht, "det se der ihr 1870 vor Paris liegender Sohn schreibt: „Es ist mir den Nassauer, den Potsdamer, den Weltstädter, doch eigentlich jammerschade, daß es so wenig Mütter den Jardeleutnant und den alljemeenen deutschen in der Welt gibt, die sich solche unsinnige Briefe Reiseonkel in eene Persönlichkeit ufmutzen werden! schreiben lassen können" (XI, 218). Wollen Sie jütigst auch was anderes nich dabei ver- Neben diesen Edelgestalten hat Raabe noch eine, jessen, wenn Sie .mal vater- und mutterlos uf die stattliche Reihe von Berlinerinnen in sein Werk ge­ Jrenze zwischen Moabit und Martinikenfelde aus die bannt. In wehmütiger Zartheit leuchtet unter den „ar­ Taufe jehoben werden sollten, meine Herren; nämlich men Geschöpfen der Nacht" das „Rotkäppchen", „die det wenn auch jroßartige, so doch merkwürdige Je- Märchenprinzessin"," „der arme Gassenschmetterling" fühl, als eijentliche Wiege man bloß, den janzen Er­ (XV, 195). Unter den Frauen des Volkes erscheint die satzbezirk des siebten brandenburgischen Infanterie- herzenswarme, wackere Zimmervermieterin und rejimentes Numero sechzig — Ober- und Niederbarnim, Wäscherin, die Witwe Brandauer, „Annenstraße Num­ Teltow und beiläufig ooch det bißken Städteken Ber­ mer vierunddreißig, vier Treppen hoch". Als Hans lin — zu haben! . . . Wer hat da ebent det jroße Wort Unwirsch ihr seinen Dank für ihre Fürsorge dem fallen lassen, Kameradschaft hin, Kameradschaft her?! Fränzchen gegenüber abstatten wollte, wurde er Meine Herren, der vormalije Unteroffizier im siebten — typisch für die Art der mütterlich sorgenden Ber­ brandenburgischen Infanterieregiment und jetzige linerin des Volkes — „grob angeschnauzt und gefragt: Landsturm und Berliner Hausbesitzer Schönow be­ was er sich denke, ob solch ein liebes Fräulein einem merkt Innen doch, daß Sie in diesem Falle ihn mit' nicht vom Himmel auf die Seele gebunden würde wie Ihre bekannte verdeckte Anspielungen uf die be­ ein verlorenes Königskind!" (I, 619). Ein verwandter kannte Ansiedelung am Strand der Spree doch nur bis Typ ist in der handfesten, warmherzig-derben Kran­ an die Pelle kommen. Det süße Innerste kriejen Sie kenpflegerin „Madam Blanka Naucke" im „Deutschen damit noch lange nicht raus . . . Und in diesen Sinne, Adel" gezeichnet (XI, 304—06).

7 Auch das „dämonische" Berliner Weib fehlt nicht, Kiisis in der Haltung offenbarte, die man mit dem freilich in der wohltemperiert-humorigen Art Raabes krassen, aber leider zutreffenden Werte „Macht­ mit leichtem Schmunzeln der Skepsis allem Teuflisch­ besoffenheit" benahnt hat, wagt er den siegestrunkenen dämonischen gegenüber gestaltet. „Es war unbedingt Tagesjublem von einem „furchtbaren Kriege und ein Verlust für die Frage nach dem Dämonischen in schweren Siege" zu schreiben. Das drang in die vor der Welt, daß Eckermann und Goethe Frau Helene lauter Eigengebrüll taub gewordenen Ohren der Mehr­ Schönow nicht gekannt hatten; die beiden Herren heit des deutschen Volkes nicht ein. Wir haben es würden ihre Ansicht über das Nichtvorkommen des schwer büßen müssen! Dämonischen in der Stadt Berlin sonst sicherlich be­ „Nach Kanossa gehen wir nicht, dafür aber nach deutend modifiziert haben" (XIV, 82), Byzanz alle Tage. Auf die Länge wird das auch lang­ Ohne Bedenken billigt Raabe dem Berliner sein weilig" (XVIII, 573). Wir sind dann später sogar nach Recht auf „seine eijene Muttersprache" (XIV, 176) zu. Byzanz nicht nur gegangen, sondern uns selbst ent­ Was er selbst dem „ungeheuren Sprachschatz der würdigend gekrochen. Alles laute, überhebliche Wesen Reichshauptstadt", dieser „starken und blühenden ist Raabe zuwider, der ja meint: „Die wirklichen gro­ Sprache" — (so urteilt ein moderner Dichter, Ernst ßen Herren in der Welt knöpfen erst im Tode ihren Wiechert, über das Berlinische, Jerominkinder 447) — Oberrock auf, um ihren Stern zu zeigen" (XVIII, 559). verdankt, kann in diesem Zusammenhange nur ange­ Durch das Gesamtwerk klingen als Leitmotiv die deutet werden und bleibt einer besonderen Unter­ Zeilen aus dem Liede der Laurentia Heyligerin: „Das suchung vorbehalten. Es ist ja auch überaus bezeich­ Ewige ist stille, laut die Vergänglichkeit" (V, 570). nend, daß im Werk» des Niedersachsen das Berlinische Den Raabeschen Soldatengestalten ist jegliches Bra­ einen viel breiteren Raum einnimmt als das stammes­ marbasieren fremd. Sie sind stolz auf ihre Leistung, eigene Niederdeutsch. Der „ausgesprochen spreeatheni­ ohne je damit zu prahlen. Sie zeigen eine Haltung der sche Akzent" muß nach ihm „für jeden Kenner von Würde, die auch dem Gegner stets gerecht werden solchem Tonfall und Gestus eine Freude und ein kann. Das gesamte Schaifen Raabes geht — pädagogisch Entzücken" sein (XIV, 78), Seinen Dank an das Ber­ gesehen — darauf hin, sein deutsches Volk zu der linische stattet er ab in Wendungen wie: „Daß da gleichen nationalen Würde zu erziehen, die in stillem — wie man heute in der Reichshauptstadt zu reden Stolz auf die eigene Leistung ohne jegliche Über­ pflegt. — alles aufhörte" (XIII, 6). „. . .und, um eine heblichkeit die fremden Leistungen anerkennt, zu-jener Redensart der Polis anzuwenden: was ich mir dafür weltbürgerlich orientierten nationalen Würde, die zu kaufen konnte . . ." (XII, 87). erringen uns Deutschen so ungeheuer schwer fällt: wir Für die starke Bildhaftigkeit der durch den schrift­ trampeln entweder mit dem Kommißstiefel den Welt­ sprachlichen Entsinnlichungsprozeß noch nicht ver­ porzellanladen kaputt oder ... wir brauchen wohl hier blaßten Berliner Mundart mögen die folgenden Bei­ nicht in Worte zu fassen, was jeder von uns heute spiele zeugen: „Das ist ja fast noch schlimmer als ein leider täglich um sich herum beobachten kann. ausgesetzter Säugling vor der Tür einer alten Jungfer!" (VII, 493). „Holzaffenvisage ist zu gut! ... Millionen Diese Schlußbetrachtung erscheint vielleicht ab­ Jahre hätten Sie alt werden können, ohne dieses ganz wegig im Rahmen unserer kleinen Abhandlung. Wir richtige Wort gefunden zu haben. Da läuft unsereiner haben sie aber mit voller Absicht ausgeführt, um Tag für Tag in der Stadt herum, und besinnt sich jeglichem Mißverständnisse vorzubeugen, wenn wir mit ewig vergeblich, was er dem dritten Menschen, der der Behauptung schließen, daß Raabe gerade in un­ ihm begegnet, sagen soll. Holzaifenvisage! Ist das nicht seren Tagen mit seinem Berliner Roman „Villa wie eine Eingebung von oben?" (XL 397). —* „Wat is Schönow" zeitgemäßer ist als mancher sich so zeit­ denn det für'n neuet Blech, Sie kupferbeschlagene gemäß gebärdende zeitgenössische Schriftsteller. Dachnase?" (XIV, 95). — „Das sonnige Streckversgesicht In einem Briefe an Gustav Karpeles vom 4. Fe­ des Onkels Poltermann verzerrte sich zu einer ge­ bruar 1885 schreibt der Dichter: „Es war immer meine drückten Gummielastikumfratze" (XVI, 300). Meinung, daß, wenn der Versuch gemacht werden Das Soldatische nimmt im Werk Raabes einen ge­ sollte, den Charaktertypus des Urberliners künst­ wichtigen Platz ein. Kein Wunder bei einem Dichter lerisch darzustellen, zu der Drolligkeit, Gutmütigkeit, der Zeit vor der Einigung Deutschlands, und zwar bei Maulfestigkeit und Noblesse des armen, argverkann­ einem Manne, der nicht nur betrachtend den politi­ ten, .wackeren Burschen vor allen Dingen auch sein schen Tagesfragen gegenüberstand, sondern ohne Rück­ kultur- und welthistorisches in Fleisch und Blut über­ sicht auf die Gefährdung seiner bürgerlichen Stellung gegangenes Soldatenwesen hervorgehoben werden sich aktiv an den Kämpfen um die Einheit durch seine müssen. Wie weit mir das alles nun gelungen ist, kann Teilnahme an der Koburger Nationalversammlung be­ ich nicht sagen, aber glauben Sie mit gutem Gewissen teiligt hat. Wie nüchternrealistisch er die ganze Lage bei passender Gelegenheit meinem weiland Sergeanten sieht, er, den man selbst heute noch fälschlich als im siebenten Brandenburgischen Infanterieregiment rückwärts gewandten Sonderling bezeichnet, den zu Nr. 60, Herrn Hofschieferdeckermeister W. Schönow, lesen sich für den modernen Menschen kaum noch mit unter die Arme greifen zu dürfen, so tun Sie es lohnt, geht schon aus diesem einen Satz (Gedanken dreist" und Einfälle, XVIII, 573) hervor: „Das Deutsche Reich Die Berliner dürfen das nicht nur „dreist" tun, ist mit der ersten Eisenbahn zwischen Nürnberg und die heutige Lage zwingt sie einfach dazu, wenn sie Fürth gegründet worden/' „frei durchgehen" wollen! Mit Richard M. Meyer5) von Raabes Reichsver­ Belegstellen nach der 18bändigen Gesamtausgabe. Berlin- Grunewald (Hermann Klemm). drossenheit zu sprechen, wäre ebenso verfehlt wie l) W. Fehse: Wilhelm Raabe. Sein Leben und seine Werke Raabe seiner Schilderung deutschen Soldatentums (1937) S. 60. — 2) H. A. Krüger: Der junge Raabe (1911) S. 43. — 3) Dr. H. Kügler verdanke ich den Hinweis, daß es sich dabei wegen zum Schrittmacher jener Verhimmelung des um die sogenannten „Eisernen Ritter" handelt. Vgl. seine rein Militärischen zu machen, die uns nach zwei ver­ Schrift: Was uns der Molkenmarkt erzählt (1937) S. 22/23. — <) K. Schöpke: Heinrich Sohnrey. Der Pfad zu den Quellen des lorenen Kriegen in die trostlose Lage von heute ge­ Lebens (1949) S. 122. — 5) R. M. Meyer: Die deutsche Literatur bracht hat. Die Jahre nach 1870 freilich haben Raabe des 19. Jahrhunderts (1912) S. 358. — ß) Erich B. Zornemann: Eschershausen. H. M. Elster: Otto Elster. In: Wilhelm Raabe schwer enttäuscht. In einer Zeit, in der sich die ersten und sein Lebenskreis. Festschrift zum 100. Geburtstage des Keime jener Krankheit zeigten, die dann ihre böseste Dichters. Herausgegeben von H. Spiero (1931) S. 53 ff, S. 96 ff.

8 Gertrad Schacht geb. Mengel: Meine Erinnerungen an Theodor Fontane Meine Erinnerungen an Theodor Fontane sind nur Es war ein großes Glück für uns Landkinder, wenn ein bescheidener Beitrag zu dem so unendlich reichen Tante Mete uns besuchte. Wir nannten sie Tante Fon- Leben des Dichters, aber ich bin die einzige Über• Fon. Unsere Mutter achtete darauf, daß wir den Nasal­ lebende, die ihn noch kurz vor seinem Tode gesehen laut richtig trafen. Die Familie Fontane sprach natür• hat. Zwar war ich erst 15 Jahre alt, jedoch hat man in lich ihren Namen französisch aus, was heute kaum der Jugend das beste Gedächtnis, und man war da­ mehr geglaubt wird. mals so gar nicht abgelenkt. Daher steht mir noch Ostern 1897 brachte mich meine Mutter nach Berlin jeder einzelne Besuch in der Potsdamer Straße 134 c in das Luisenstift. Wir stiegen in Frederichs Hotel ab, in Berlin in lebendiger Erinnerung. Fontanes gegenüber, wo der alte Menzel seinen Rot­ Der Vater meiner Mutter, Friedrich Witte, und wein zu trinken pflegte. Das Luisenstift war nach dem Theodor waren Jugendfreunde. Sie lernten sich in der Tode der Königin Luise gegründet worden; zu meiner „Polnischen Apotheke" des Medizinalrats Dr. Julius Zeit wurde das beliebte Internat von Töchtern vom Eduard Schacht in Berlin kennen, in die Fontane zu Lande besucht, denen dort eine abgeschlossene Schul­ Johanni 1845 „in Condition getreten war". Fritz Witte bildung geboten wurde. Es lag in der Markgrafen­ war zweiter Lehrling. Bald vertraute er dem zehn straße 10. Die Kaiserin Friedrich war "damals die Pro­ Jahre Älteren an, daß er zwar in der Apotheke viel tektorin. Ich sehe noch, wie wir — alle 60 <— in gemein­ lernen könne, daß er sich aber über die zwölfjährige samem Hofknix vor ihr „versanken". Anna, die Tochter * des Besitzers, ärgern müsse, die jedesmal, wenn sie den Lehrling erblickte, den Ber­ Da Tante Mete bei ihren Eltern wohnte, war es liner Vers trällerte: selbstverständlich, daß ich fast jeden freien Sonntag bei Fontanes zu Gaste war. Alle 14 Tage durfte man Witte, Witte, Witt, mein Mann ist Schneider, sonntags Einladungen annehmen. Witte, Witte, Witt, er hat gestohlen, Witte, Witte, Witt, er macht mir Kleider, Welche Vorfreude, wenn zum Sonnabend die Karte Witte, Witte, Witt, er baumelt schon. mit der feinen Handschrift der alten Fontane kam. „Kind, Du darfst kommen" In dem schlichten Miets­ Damals ärgerte man sich noch. Fontane gab ihm den haus Potsdamer Straße 134 c stieg man viele Stufen Rat: „Beruhige dich; wenn sie es wieder tut, gib ihr empor, bis man im dritten Stock im dunklen Flur einfach eine Ohrfeige!" Später wurde Anna Schacht einer Dreizimmerwohnung stand. Trat man in das Friedrich Wittes Frau und damit meine Großmutter, Zimmer, verloren sich alle Betrachtungen über klein die mir das oft erzählt hat. und bescheiden. Ein großer schlanker Mann mit wei­ 1852 zog Fritz Witte, der in Berlin studierte, auf ßem Haar und blauen Augen, dem selbst ein so junges Fontanes Bitte als „möblierter Herr" zu Fontanes in Ding ansah, wie bedeutend er war, trat mir entgegen. ihre neueingerichtete Wohnung in der Luisenstraße 35. Ich machte meinen tiefsten Stifterknix. Aber Tante Fontane hatte beim ersten Male gesagt: „Gib dem Sie hatten große wirtschaftliche Sorgen. alten Onkel ruhig einen Kuß, du bist die vierte Gene­ Einmal war ein kleiner Ehezwist, und Emilie fiel in ration, die er kennt" Er war 78 Jahre alt, hielt sich so Ohnmacht. Damals fiel man noch in Ohnmacht. Der grade, daß er sich, schritt er durch die Tür, stets junge Student flüsterte seinem Freunde ins Ohr: „Es bücken mußte. Man ging bald zu Tisch. ist nicht schlimm, gieß ihr ein Glas Wasser ins Ge­ Tante Emilie Fontane, französischer Abstammung sicht." Emilie wachte — bei diesen Worten — prompt wie er, war das Vorbild einer feinen alten Frau. Ich auf und verließ das Zimmer. habe nie einen gepflegteren alten Menschen gesehen. Mein Großvater hatte literarische Neigungen, Fon­ Immer trug sie ein Spitzenhäubchen auf tadellos ge­ tane beriet ihn, wie sein schöner Brief vom 3. 10. 1853 legten Locken. Ihre Lebhaftigkeit, Unternehmungslust zeigt, in dem er schreibt: „Suche die Muse nicht; warte und geistige Regsamkeit ließen die 74jährige nicht alt ab, bis sie Dich sucht . . . Gedichte verlangen ein volles erscheinen. Sie meinte, sie habe ihre Ordnungsliebe Herz" Witte wandte sich dem praktischen Leben zu bei den Herrnhutern gelernt. Ihr Verdienst war, daß und gründete in Rostock eine chemische Fabrik. Fon­ den Dichter bei den oft sehr bedrängten, wechselvollen tane, dem Größeren von ihnen,, war das Los eines Lebensverhältnissen immer ein gepflegter Haushalt Dichters beschieden, der zwar Ruhm, aber keine umgab. So wurden auch bei Tisch auffallend sorglich äußeren Glücksgüter erwarb. So trennten sich ihre zubereitete Speisen, hübsch angerichtet, gereicht. Mir Lebenswege, die Freundschaft blieb. Als mein Groß• fiel auf, daß man trotzdem das Essen nicht wichtig vater 1893 starb, schrieb Fontane in sein Tagebuch: nahm. Der alte Fontane stand wohl zwei bis dreimal „In Witte haben wir einen Freund verloren. Er war während der Mahlzeit auf, um über die Gegenstände ein Mann von seltener Integrität und großer Güte . . " des Gesprächs etwas nachzuschlagen. Des Dichters einzige Tochter Martha und meine Mut­ Ich wurde natürlich ausgefragt, was im Stift gelehrt ter Lise Witte setzten die Freundschaft ihrer Eltern wurde, besonders in Geschichte und Deutsch. Er war fort. So wurde „Tante Mete" bei mir, dem ersten begeistert von dem guten Unterricht, nur manches Kinde meiner Eltern, Patentante. Reicher hat wohl deutsche Aufsatzthema fand er zu hoch. „Goethe ver­ kaum eine Patin ihr Amt, Seelisches zu spenden, er­ steht ihr noch nicht, wie könnt ihr darüber schreiben! füllt. Was diese Frau, die geistvollste und klügste, die Warum läßt man euch nicht mal einen Tisch beschrei­ mir je im Leben begegnet ist — das wurde mir erst ben? Das ist schwerer, als man denkt." Zu einer Auf­ in reiferen Jahren klar — ihrem Vater bedeutete, er­ gabe, die wir uns selber suchen sollten, verhalf mir sieht man aus den Briefen, die er an seine Tochter Onkel Fontane. „Vor dem Herrenhaus steht eine uralte gerichtet hat. Eibe. — das wäre so was zum Schildern." Einmal hatte 9 ich in der französischen Konversation absichtlich Feh­ eines Herrenhauses zeigte er mir, es waren seine Zeich­ ler gemacht. Man merkte es. „Soviel Französisch kannst nungen zu Effi Briest, die Wohnung des Landrats. Mit du noch nicht, um dir das leisten zu dürfen." Der Ur­ Bewunderung sah ich die großen Pakete seiner Manu­ laubssonntag wurde gestrichen, und ich bekam eine skripte auf einer Borte neben dem Schreibtisch. Fon­ lange französische Ode über Napoleon zum Auswendig­ tane schrieb mit selbstgeschnittenen Gänsekielfedern. lernen. Der alte Fontane billigte die Strafe und Dadurch wurde seine Schrift so schwungvoll. Meine tröstete: „Von Napoleon kann man nicht genug wissen." Großmutter sagte immer3 es ist, als ob preußische Fahnen wehen. Nur die Schrift war nicht für den Nach Tisch schliefen die Alten. Ich wurde mit einem Setzer. So schrieb die Frau des Dichters mit ihrer zier­ Buch.in die Sofaecke gesetzt. Es gefiel mir nicht ganz, lichen Handschrift alle Manuskripte ab, er zeigte sie daß Onkel Fontane mir stets als Schönstes und Inter­ mir voller Dankbarkeit. — Natürlich hatte ich als essantestes Macauleys Englische Geschichte in die Hand Stifter mein Poesiealbum. Er schrieb hinein: „Gedenke drückte. Später sollte im geschichtlichen Teil der stets, nach Gottes Willen geht's." hehrerinnenprüfung die Kenntnis der englischen Ge­ schichte mein Rettungsanker werden. Zu schnell vergingen die Stunden. Um acht mußte man nach Hause, wohlbegleitet vom Mädchen Anna, die Vor dem Abschied las mir Tante Fontane oft aus schon neun Jahre bei Fontanes war und auf dem Heim­ den Gedichten ihres Mannes vor. Eines Abends aber wege anhänglich von dem Leben im Hause erzählte. sagte sie: „Heute lese ich dir etwas anderes vor, es ist „Mit dem Herrn ist gut auskommen. Ist er wirklich die Lieblingsballade deines Onkels" Und ich hörte mal ärgerlich, hol ich ihm ein Sahnenbaiser, dann kann Heines Firdusi, wunderbar vorgetragen. er wieder schreiben. — Sehr muß ich aufpassen, wenn Fontane war von vollendeter Ritterlichkeit. Wer in Exzellenz Menzel kommt, daß ich ihm schnell den Hut seinen Briefen an die Familie von Auseinandersetzun­ abnehme. Der Riegel ist für ihn zu hoch, er will aber gen zwischen dem Dichter und seiner Frau liest, nicht, daß man es merkt." könnte meinen, ihr Zusammenleben hätte manche Bit­ So hatte ich herrliche Sonntage im Hause des Dich­ terkeit gehabt. Beide waren ausgesprochene Persön• ters. Besonders erinnere ich mich an den 18. September lichkeiten und hatten empfindliche Nerven. Da gab es des Jahres 1898. Gütig und heiter war der Alte. Tante in dem oft harten Existenzkampf Klippen. Sie waren Mete hatte sich verlobt. Sein Gedicht „Wo Bismarck lebensklug genug, Meinungsverschiedenheiten brieflich ruhen soll", der schönste Nachruf auf Bismarck, bald auszutragen. Er stand — bis zuletzt — ganz unter dem* nach dessen Tode geschrieben, wurde vorgelesen. Charme dieser geistvollen Frau. Einmal ging sie allein zu einer Ibsenfeier. Wir standen am Fenster und sahen Am Mittwoch nachher wurde ich in der Geographie­ der Tante nach, wie sie zierlich über die Straße schritt. stunde nach englischen Flüssen gefragt. Mir fiel nur „Ist sie nicht reizend? Hoffentlich bekommt sie einen die Themse ein. Da sagte der Lehrer: „Einen andern netten jungen Mann zu Tisch, mit dem sie sich gut müßten Sie doch noch kennen. Über ihn hat ein Dichter unterhält, Sudermann oder Gerhart Hauptmann. Sie ein so schönes Gedicht gemacht. Sie kennen doch die weiß oft nicht, wen sie interessanter finden soll." ,Brück am Tay', der Dichter ist gestern gestorben" Ich war erstarrt, rannte gleich nach der Stunde zu dem An diesem Nachmittag durfte ich in seinem Zimmer Lehrer und fragte ihn, ob wirklich Theodor Fontane herumstöbern. Ich bewunderte die Büste des Gra­ gestorben sei. Zum ersten Male erfuhr ich, wie rasch fen Strachwitz, für dessen Balladen ich natürlich man einen lieben Menschen verlieren kann. schwärmte. „Das verstehe ich gut, mein Kind. Hätte Am Tage der Beerdigung blieb ich allein bei Tante er doch länger gelebt!" Ich sehe noch, wie er am Ofen Fontane. Sie war als zu alt und ich als zu jung befun­ stand und meine neugierigen Fragen beantwortete. den, um mit auf den Friedhof zu fahren. Ihre Kinder Als ich sagte, ich möchte bei Luther wissen, was die hatten mir gesagt: „Sei gut zu unserer Mutter." Es Katholiken über ihn dächten, meinte er, das sei recht, lastete auf meiner Seele, wie ich das tun sollte. Die man müsse bei allem auch die Gegenseite hören. Aufgabe wurde mir abgenommen. Die alte Frau trat Die Wände waren bedeckt mit Landkarten und Bil­ ins Zimmer und sagte: „Mein Kind, er hat auch dich dern von Menzel; auf dem Schreibtisch die Bronze­ sehr geliebt, ich tüill dir seine schönsten Balladen vor­ hand Moltkes. An der Seite lag ein Ballspiel, ein Becher lesen" Und mit fester Stimme las sie die Gedichte, die mit einer Kugel an einem Faden. Das Spiel war seine ihr die liebsten waren — eine mir unvergeßliche Toten­ Erholung, es entspannte, ohne zu zerstreuen. Pläne feier . ...

Mario Krammer: Aus Theodor Fontanes Jugendland

Was ich im folgenden gebe, ist das Anfangsstück eines noch ungedruckten Buches, das unter dem Titel „Der junge Fontane" das Leben des Dichters bis etwa zum Beginn der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, mit Ausblicken auf seine weitere Ent­ wicklung und unter zusammenfassender Würdigung seiner Balladen- und Spruchdich­ tung überhaupt, darstellt. Wie mir scheint, hat man über dem alten den jungen Fontane ein wenig ver­ gessen. Wir haben .uns daran gewöhnt, wenn von dem Dichter die Rede ist, ihn den »alten Fontane" zu nennen, weil sich das Bild seiner schöpferischen Spätzeit, wo er die berühmten Romane schrieb, der Nachwelt eingeprägt hat. Demgegenüber verswehe ich, seine Gestalt auf der Grundlage zu zeichnen, die er als Autobiograph, vor allem in den „Kinder jahten" (1893), uns selber gegeben hat, wenn auch in einer jugendlichen Vor form, in der aber bereits »der ganze Mensch" steckt.

10 Zur Erläuterung des Folgenden sei darauf verwiesen, daß Fontane zu Neuruppin am 30, Dezember 1819 geboren wurde. Seine Eltern war:en der Löwenapotheker Louis Fontane (1796—1867) und Emilie geborene Labry (1797—1869). Von 1827 bis 1832 hat er in Swinemünde gelebt, wohin die Familie übergesiedelt war. Er ist von da nakih Neuruppin auf das Gymnasium, bald darauf nach Berlin auf die Klödensche Gewerbe­ schule gekommen. In Neuruppin scheint ihn der Reiz der altmärkischen und frideri- zianischen Welt zuerst berührt zu haben. Zu Berlin ist er Ostern 1836 als Lehrling in die Rosesche Apotheke eingetreten und hat bald auch eigene literarische Arbeiten her­ ausgebracht.

In seinem letzten Lebensjahr hat sich der bald acht­ machte, war er erwartungsvoll, gehobener Stimmung, zigjährige Fontane mit dem Plan getragen, einen als wanderte er nun ein in „altes romantisches Land" Roman über Klaus Störtebeker, den großen Seeräuber Aus den Kindheitserinnerungen, an denen der über des fünfzehnten Jahrhunderts, zu schreiben. Hier hätte siebzigjährige Fontane sich im Winter 1892/93 nach er sich ganz über die Sphäre des Berlinisch-Märkischen einer langwierigen Erkrankung „gesund geschrieben" der Gegenwart erhoben. Er wäre eingetaucht in die hat, aus diesem liebenswürdigen Buch gewinnen wir weiten Räume der Ost- und Nordsee und in den an­ ein anziehendes und gestalthaftes Büd eines wohlge­ ziehenden Reiz eines ungebundenen Piratentums bildeten jungen Menschen. Es ist ein unbekannter zwischen Stockholm und Helgoland. Mit diesem Stoff Fontane, der uns entgegentritt. Schon um den war schon an und für sich eine poetische Atmosphäre Knaben Theodor war jenes Sieghafte, das ihn später in Handlung und Hintergrund gegeben, die man in der im Berliner literarischen Kreis des „Tunnel" unter Mark immer erst mit einiger- Mühe suchen oder schaf­ „Geheimräten" und Bürgern Jn den Augen Paul Heyses fen mußte, weil der Gegenstand oft ärmlich und wider­ wie einen „jungen Gott" erscheinen ließ. Er war etwas strebend war. Deswegen hat Fontane auch \son seinen Besonderes und wußte es auch. Er war schon früh eine KinderJahre n die Swinemünder Zeit ausgewählt und Poetennatur, eigen, empfindlich und etwas eitel. Dazu ausführlich gestaltet, weil hier alles „Poesie" war. Sie kam seine Herkunft aus einem guten Hause, sein lag, als er sie beschrieb, hinter ihm, dem Greis, in zwangloser Verkehr in den ersten Kreisen von Swine­ weiter Ferne, leuchtend wie Orplid, wie eine Insel, auch münde, unter „Konsuln" und Kommerzienräten. Daß in der Ostsee, ein seliges Jugendland. Bei der Arbeit er der Berliner Französischen Kolonie entstammte, gab an diesem Buch durfte er einmal die Mark verlassen, ihm etwas „Apartes", und für das Aparte ist er immer weil diese reichere Welt des Baltikums ihm von Grund gewesen. aus vertraut war. Denn so nahe berührten sich bei ihm . Realität und Idealität, daß er möglichst nur da ge­ Wenn die Ahnen des Vaters und der Mutter Zinn­ staltete, wo ihm alles genau, oft peinlich genau be­ gießer und Strumpfwirker gewesen waren, so wurde kannt, wo er „zu Hause" war, daß er dann aber diese daheim hierüber hinweggesehen und mehr hervorge­ Wirklichkeit in den Schein höheren Lichtes erhob. Wo hoben, daß man mit allerhand vornehmen Leuten des unmittelbare Vertrautheit fehlte, mußten Studien hel­ napoleonischen Frankreichs verwandt sei, wofür aller­ fen, so beim Störtebekerplan. Oft schuf er sich eine dings ein sicherer Beweis nicht erbracht werden konnte. poetische Umwelt, indem er Teile der Handlung oder Besonders die Mutter hielt auf alles, was „vornehm" das Ganze eines Romans in den Harz, in das Riesen­ war, mochten es nun die Seidendocken — kein „Zeug gebirge, an die See verlegte, wo er in Sommerzeiten nach der Elle" — im Geschäft ihres Vaters, bei dem gern und angeregt geweilt hatte, sie weniger den Charakter als die Feinheit seines Be­ tragens, die Zierlichkeit seiner Bewegungen vor den Kindern rühmte, oder mochte es das reformierte Be­ Fontane hätte in dem Räuberhauptmann Störtebeker kenntnis sein, dem die Fontanes, im Gegensatz zur ein Stück seiner selbst gezeichnet, das wenigstens einst­ lutherischen (oder „unierten") Masse des Volkes, an­ mals in seiner Jungenseele gelebt hatte. Denn zu gehörten. Das weitläufige und welterobernde Genfer- Swinemünde, der Hafenstadt, war er in kindlichen tum ist auch unserem Dichter später vornehmer, klüger Träumen und Spielen selber Klaus Störtebeker ge­ und feiner erschienen als die etwas hinterwäldlerische, wesen. Wir sehen ihn, wie er als Führer seiner Schar kleine und formlose Art der Wittenberger, deren see­ junger „Seeräuber" im Walde nahe bei Heringsdorf auf lische Tiefen und poetische Werte er nicht verkannt hochgeschichtetem trockenen Laub „kampiert", da wo hat. Wenn Fontanes Mutter auch stolz war auf der große Räuber, wie man erzählte, in alter Zeit ge­ Theodor, ihren Ältesten, ihren Liebling, so hauptsäch­ lagert haben soll. Den Jungen durchschauerte, ebenso lich deshalb, weil er gut aussah, schöne „blonde" wie später den Mann in ähnlichen Lagen, das „Hoch­ Locken hatte und einen reinen Teint. Beides zu pflegen gefühl", historisch-poetischen Boden unter sich zu war sie emsig bedacht. Ob er „gut lernte", war ihr haben, der lang erloschene Gestalten wachrief, die nun weniger wichtig. Im Leben kam es auf gutes Aussehen geisterhaft zu ihm sprachen, während über ihm die und gute Manieren an, die denn Fontane auch vom „wundervollen Buchen" und draußen das Meer Elternhaus mitbekommen hat; die Sphäre, wo das rauschte. Dichtung und Wirklichkeit .durchdrangen „Ideale" einen Rang hat, blieb der Mutter als Kauf­ einander und nur seine Truppe, mit ihrer „höchst zwei­ mannstochter verschlossen. Sie verstand sich darin gut felhaften Räuberanlage stellte mir die gewöhnliche mit den anderen Honoratioren der Handelsstadt, in Prosa des Lebens wieder vor Augen". Hier war einmal deren Augen ein Gelehrter oder Dichter eher eine das romantische Land unmittelbar vor der Tür, sonst komische Figur war. blieb ihm nur die Sehnsucht hinaus in die Ferne, z. B. nach Hastingsfield, wo Wilhelm der Eroberer den Kö­ Der mütterliche Einfluß ist es nicht gewesen, was in nig Harold von England besiegt hatte. In den Träu­ Theodor Fontane den Poeten erweckt hat. Vielmehr men seiner Kindheit sah er die Kreideklippen, „dran hat ihn als Erbgut von dieser Seite her durch sein sich laut Liedern und Sagen das Rolandslied des Leben, vielleicht nur als Unterströmung, das Verlan­ Taillefer brach". Als er viele Jahre später wirklich gen nach einem „vornehmen", auch äußerlich reiche­ dorthin kam, schlug ihm das Herz: wohin ihn „Sehn­ ren Dasein, als es das seine war, begleitet. Wenn seine sucht und Phantasie" so oft getragen hatten, das sollte Corinna (in „Frau Jenny Treibel") mehr für Capri als nun endlich vor seine Sinne treten. In der Kindheit für Caputh ist und nicht immer bloß „Wellfleisch mit haben ihn anscheinend auch märkische Dinge gelegent­ Wruken" auf dem Tisch sehen mag, obwohl Friedrich lich berührt. In seinem „Oderland" erzählt er, wie die Wilhelm der Erste das so gerne aß, so schwingt dabei Geschichte vom alten Feldmarschall Sparr seit seinen etwas aus des Dichters eigener Seele mit, der schon „Kindertagen" immer „den Zauber jener unbestimm­ als Kind die feine Lebenshaltung der Swinemünder ten Linien" für ihn gehabt habe, die „mehr ahnen Kaufherren bewunderte und andererseits seine Frau lassen als geben". Als er dann im Mannesalter sich Hradscheck (in „Unterm Birnbaum") versteht, für die auf den Weg ins „Sparrenland" auf dem Hohenbamim Armut schlimmer ist als Verbrechen.

11 Für gutes Essen und gute Kleidung hat Fontane zu höhere Macht den irdischen Stoff für das Durchbrechen allen Zeiten Verständnis gehabt. Wie oft hat er nicht in ihrer Strahlung lockern müsse. Gerade bei Theodot Rumänen, Reiseberichten und Briefen ein heiteres Fontane ist das deutlich. Denn der Aufbruch ins Gastmahl oder ein gutes Gästhaus beschrieben und sich Schöpferische ist bereits bei seinem Vater erfolgt. Von an Genüssen wie Forellen oder Austern oder, in der ihm hat Theodor in der Tat vieles geerbt, so vor allem Kindheit, an Waffeln und Schokolade gelabt. Eine die echt französische Kunst unwiderstehlicher Plau­ reine Speise, ein edler Wein waren schöne Gaben der derei. Es ist der Vater, der an vielen Stellen seiner Natur und Kunst; sie als Kenner zu schätzen, zeugte Romane durch das Medium des Sohnes zu uns spricht, gerade von einer höheren Kultur, für die es nichts wobei der Sohn immer das Gefühl gehabt hat, sehr Großes und nichts Kleines gab und für die eine Kalbs­ hinter seinem Vorbild zurückzubleiben. brust ebenso wichtig sein konnte wie ein Gedicht von Storni. Fontane war alles andere als ein Dandy, aber Wenn der Sinn des Kindes der ist, die höhere Ein­ gestört hat es ihn doch, daß er, zumal im eleganten heit zu bilden, in der sich die polaren Gegensätze der London, schlechtsitzende Beinkleider, „immer mit Knie­ Eltern harmonisch lösen, so wird, wenn diese Gegen­ beuteln", trug. sätze stark sind und die Eltern selber darunter ein Leben lang schwer gelitten haben, Gewinn und Reich­ Freilich, der Geldsack des eingebildeten, kleinen tum des Eandes um so größer sein, weil es von einem Berliner Rentiers war das letzte, was Fontane impo­ zum andern Pol die Ganzheit des Menschentums in sich nierte, und daß neben ihm und dem „Bourgeois" über­ umfaßt. Die Neigung des Vaters zum Abenteuerlichen haupt der. geistige Mensch den Vorzug verdiente, ver­ war um so mehr sein persönliches Gut, als sein eigener stand sich von selbst, aber zur schönen Würde des Vater, Pierre Barthelemy Fontane, es vom Zeichen­ Menschentums gehörte es doch, wenn dem ideellen lehrer, wegen seines guten Französisch, und „mit Hilfe Schaffen und Genießen ein gepflegter, äußerer Rahmen dreier, in guten Abständen geheirateter Frauen", zum entsprach, wenn das Genie auch in Berlin so zu leben Kabinettssekretär der Königin Luise und zuletzt, „was vermochte, wie etwa Rubens in Antwerpen, Scott in noch wichtiger war, sogar zum gutsituierten Berliner Abbotsford oder Goethe in Weimar; war das nicht Hausbesitzer" gebracht hat. Seinen Söhnen und Enkeln, möglich, so blieb nur übrig, eine ärmliche, „preußische" fügt der Dichter lächelnd hinzu, ist die hierin sich aus­ Existenz durch Geist und Geschmack so zu adeln, daß sprechende Lebenskunst verlorengegangen. Er war ein sie einen „Stil" bekam, der dann freilich alle Vorzüge „sehr ruhiger, ernster und zuverläsiger Mann, von des Geldes aufwog, äußerster' Solidität", dem die leichtlebige Art des Was uns Fontane von seiner Mutter erzählt hat, fügt Sohnes mit seinen „noblen Passionen" höchst zu­ sich, Inneres und Äußeres, zur Einheit eines Bildes. wider war.. Mit ihrem Sinn für gefällige Darstellung, für gesell­ schaftliche Norm, für geordnetes Leben und gesicher­ Und doch ist sie noch weit stärker bei einem Stief­ ten Erwerb, für den Rang des Geldes und Besitzes ver­ bruder des Apothekers Louis, dem ebenso liebenswür­ tritt sie jenen bürgerlichen Typ, den gerade Frank­ digen wie unbedenklichen August Fontane, zum Aus­ reich häufig hervorgebracht hat. Eine Welt der seeli­ druck gekommen, der sich erst als Maler und Schau­ schen Tiefen und Probleme gab es nicht für sie. Sie spieler versucht hat und dann ein Kaufmann, aber kein war eine moralische und aufgeklärte Tochter des acht­ „ehrbarer", geworden ist; er war in Berlin während zehnten Jahrhunderts. Ihre äußere Erscheinung dankte Theodors Schulzeit sein Pflegevater. Der Neffe hat das sie dem Midi, dem Ursprungsland ihrer Ahnen. Sie war zweifelhafte Milieu, in dem der Onkel mit „Tante Pin­ schlank und zierlich, mit schwarzem Haar und Augen chen" zeitweilig hauste, sein Schuldenwesen und seinen wie Kohlen; Wenn sie sich empörte, wozu namentlich wirtschaftlichen Zusammenbruch mit dem schaudern­ ihres Mannes Verhalten ihr reichlich Anlaß gab, war den und doch angezogenen Anteil eines Poeten an sie von geradezu beängstigender südlicher Leiden­ dieser aparten Unterwelt erlebt. Vor dergleichen Ver­ schaftlichkeit. Sie war eher herbe und hart als weich­ lockungen hat ihn das Vorbild der großväterlichen lich, auch bei der Erziehung, und hing doch mit um so Solidität im Verein mit der festen Haltung der Mutter größerer Liebe an den Kindern, zumal an dem ältesten, bewahrt. Aber vor allem war er dadurch geschützt — an Theodor, als der unberechenbare und unberech­ und in einer Weise auch wieder gefährdet —-, daß die nende, der liebenswürdige, aber egoistische Gatte ihr väterliche Neigung zu einem gewagten Leben bei ihm nur zu viel Sorge einflößte, so daß sie schon früh aus in die Leidenschaft zum freien Dichten und Denken einer Nervosität nicht herauskam, die ihr Gefahren umgebogen wurde. Er war ein Mensch der Ordnung und Gespenster vorgaukelte. Im Grunde seiner Natur und doch als Dichter immer wieder zum Aufbruch ins lauerte für sie etwas Unheimliches, Irrationales. Wo Unbekannte bereit. es darauf. ankam, kannte sie weder dem Vater noch dem Sohn gegenüber, die untereinander in vielem ver­ Diese Übertragung des poetischen Vermögens vom wandt waren, irgendwelche Schonung und hat die Vater auf den Sohn ist etwas Seltenes. Gemeinhin pflegt zarte Natur des einen wie des anderen oft empfind­ sich der Dichter von der Mutter herzuleiten, weil die lich und, ohne damit viel zu bessern, verletzt. Ihr Ge­ Frau den irrationalen Ursprüngen des Menschentums, gensatz zum Gatten ging mitunter bis zu häßlicher aus denen der Genius sich nährt, nähersteht. Dieser Schadenfreude. In einem Brief an seine eigene Frau, Übergang war möglich, weil der Vater etwas Jungen­ und nicht ohne eine Spitze gegen sie, hat Fontane spä­ haftes an sich hatte, etwas von einem großen Kinde. Er ter einmal den bitteren Satz geschrieben: „Meine war gänzlich unstarr; ohne auf gesteifte, unnahbare Mutter freute sich auch immer, wenn mein Vater fror." Würde, doch auch ohne nur einen Augenblick" die Hal­ Erst im Rückblick des ruhigen Alters auf seine Jugend tung zu verlieren, plauderte er mit dem Ältesten fast hat der Dichter zugegeben, daß die Mutter es gut ge­ wie mit seinesgleichen. Wenn er dagegen vor der Weih­ meint und wenigstens dem Leichtsinn des Vaters gegen­ nachtsbescherung oder vor dem Fortgang des Sohnes über zu ihrer Empörung reichlich Grund gehabt habe. von Hause sich, „auf höheren Befehl", Mühe gab, ein Doch die Strafen, die der Vater gelegentlich auf ihren paar ernste Worte zu sagen, war er gehemmt oder „Befehl" vollstrecken mußte, haben noch den alten, wirkte wider Willen so komisch, daß Theodor Not hatte, feinfühligen Fontane geschmerzt. ,sich das Lachen zu verbeißen. Seine Autorität war die zwanglos echte eines geborenen Lehrers und Erzählers, Wenn es das Wesen des dichterischen Genies ist, von der mit der, man möchte sagen, Magie seines immer einer höheren Ordnung der Dinge zu zeugen, so wird neue Wunderwelten erschließenden Wortes die empfäng­ man seine Wirkungskraft nie restlos aus den Umständen liche Seele des lauschenden Jungen im Bann hielt So seiner irdischen Abkunft, der Zeit, des Raumes oder willkürlich und sprunghaft er auch über die erst hu­ Blutes herleiten können. Indem wir ihm nahe kommen, manistische, dann realistische, dann vorzeitig abge­ umfängt uns die Atmosphäre der Freiheit. Doch pflegt brochene Schulbildung" des Sohnes —- der nur die sich das Kommen eines großen Menschen in einer Fa­ „Reife" des Einjährigen erreichte — bestimmt hat, so milie schon vorher anzukündigen, gleich als ob die ist er doch der einzige wahre Lehrer Theodor Fontanes 12 gewesen. Was dieser vom Vater, vor allem an histori­ stalt Napoleons und seiner Marschälle. Spiel und Krieg schen Anekdoten, übernommen hat, das ist ihm fürs sind einander verwandt. Der Krieger wie der Spieler Leben fruchtbar geblieben. Alles andere ist bald wieder sieht sich dem Reiz des Ungewissen gegenüber, das abgefallen. Auf Schulen hat weder der Alte noch der ebenso erheben wie erdrücken kann und das er wegen junge Fontane etwas Rechtes gelernt Der rationale seines Schwebezustands liebt. Die Karten versagten Zwang der Grammatik oder gar der Mathematik hat sich dem Vater, sie eröffneten ihm nicht die Pforte in ihn wie so manchen nur fremd und quälend berührt, ein Traumreich des Goldes, aber wo sich seine Phan­ wenn auch, sein bißchen Latein ihm später als Phar­ tasie der Sphäre des Empereurs näherte, da entsproß­ mazeut wie als Historiker von Nutzen gewesen ist. ten seinem zauberischen Geist Blüten über Blüten, „Anlage, Spürsinn, Natur" waren in ihm mächtiger als Historien, Anekdoten, Szenen und Bilder. Da sah er sie Bildung. geradezu vor sich, seine Freunde, wie er sie nannte, Michel Ney, Nansouty, Rapp u. a. m. Um ihn war un­ Im Gegensatz zu der ausgesprochen bürgerlichen sichtbar die Aureole einer höheren Welt, wo er mit Mutter kam im Vater eine andere Seite des französi­ großen- Geistern vertraulich verkehrte, und dies Be­ schen Wesens zum Ausdruck, die man ritterlich oder wußtsein gab seiner Sprechweise etwas Gehobenes und wenigstens soldatisch nennen möchte. Louis Fontane Pathetisches, wobei er den sonoren Klang des Franzö­ „war ein sehr stattlicher und mit seinem schönen Blau­ bart eigentlich wundervoll aussehender. Mann, der sischen wirkungsvoll zu verwenden wußte. Den Prosa­ typische französische ^Kürassieroffizier". Er war im sätzen seiner Erzählungen pflegte er als echter Jahre 1813 bei den Preußen als freiwilliger Jäger mit­ Rhapsode durch Stabreim poetische Feierlichkeit zu gegangen, nicht so sehr aus Vaterlandsliebe als aus der geben. Er berauschte sich -an der Szene, wie der ge­ Lust am Landsknechts tum: „wenn man siebzehn Jahre fallene Grenadier Latour d'Auvergne beim Appell der alt ist, erscheint einem ein freies Soldatenleben Garde weiter aufgerufen wurde, und spielte sie gemein­ hübscher, als hinter dem Ladentisch Kunden bedienen". sam mit dem Sohn während der Unterrichtsstunde. Die Auch als Herr und Meister fand er es in der Offizin Mutter, die ihm zeitweilig in Ermangelung anderer ge­ meist zu langweilig. In ihm war etwas von der Art des eigneter Lehrkräfte die Unterweisung des jungen fahrenden Volkes, das nirgend daheim sein" mag. Am Theodor überlassen hatte, war gegen seine ganze Art liebsten wäre er im eigenen Wagen „sein Lebelang in zu lehren skeptisch, weil sie auch in ihr eben jenes phan­ tastische Element wirksam sah, das ihn immer wieder der Welt umherkutschiert". Recht arbeiten hat er nie 4 gelernt und nie gemocht. Selber von Haus aus und zu geschäftlichen „Unglaublichkeiten ' verleitete und auch von seiner Frau her vermögend, hatte er seine ihre Existenz bedrohte, in dem sie etwas Sprengendes Ehe im gesicherten Wohlstand begonnen. Als Theodor witterte. Sie gab, wenn sie dem Unterricht beiwohnte, in der Wiege lag, war sein Vater mit dreiundzwanzig ihren kritischen Zweifeln so unmißverständlichen Aus­ Jahren selber fast noch ein Kind. In der Langenweile druck, daß Vater und Sohn, die sich darin verstanden, der Kleinstadt lockte ihn das Kartenspiel mit seinem „das mit Latour dAuvergne in ihrer Gegenwart nicht wagenden Reiz und seinen unbegrenzten Möglichkeiten. wagten". Immer wieder erlag er den Lockungen des Dämons, bis dieser ihn schließlich arm und ihm seine Frau, die Wenn die Fülle freier Zeit den arbeitsunlustigen Apo­ er trotz alledem liebte und verehrte, abwendig gemacht theker Louis Fontane einerseits zum Jeu zog, so er­ hat. Wie alle Menschen, die sich selber nicht beherr­ möglichte sie ihm andererseits, sich aus allerlei Quel­ schen können, war er gegen andere gütig, der Abgott len ein erstaunlich reiches Wissen an lebendigen und aller armen Leute, der Freund seiner Kinder und Haus­ interessanten Tatsachen namentlich auf dem Gebiet der tiere. Über den Dingen und Sorgen des Alltags schwe­ Geschichte und Erdkunde anzueignen. Darin war er so­ bend, war er heiter und humoristisch. Die glückliche wohl den Schulmeistern in Ruppin wie den Konsuln in Natur seines südlichen Stammes kam in ihm zu unver- Swinemünde überlegen, so überlegen, daß diese sich kümmerter Entfaltung. Wenn er namentlich mit hüb­ das Vergnügen nicht versagen konnten, ihn — zum Be­ schen jungen Frauen plauderte, war er entzückend wie hagen seiner Frau — in Gesellschaft durch allerhand ein echter Chevalier der Gascogne. Fragen aufs Glatteis zu führen. Das konnte ihn aber nicht irre machen oder, von seiner Frau aus gesehen, Seinen Wohnsitz hat er gern gewechselt. In Neu- nicht bessern. Er hatte nur einen wirklich dankbaren ruppin, unter den Würdenträgern von Amt und Schule, Schüler, seinen Sohn, in dessen Blut und Werk seine hat es ihm nicht sehr gefallen. Da war alles zu eng, vielseitige Kunde in breitem Strom eingeflossen ist. Was kleinbürgerlich, preußisch-solide. Es ist nicht ohne er vorbrachte, war kein totes, auch kein geordnetes tieferen Sinn, daß der Weg seines Lebens ihn von dort Wissen, aber es war der berauschende Atem erlebter erst nach Swinemünde, dann nach Letschin im Oder- Historie, den er dem Jungen nahebrachte, etwas von bruch geführt hat. In der kleinen Hafenstadt an der der einmaligen, unverwechselbaren Atmosphäre selbst Ostsee wehte ein anderer Wind. Da ging es weniger des Kostümes und der Sprache einer Gestalt — er märkisch als baltisch, hanseatisch, skandinavisch zu. „hörte" den Marschall Ney förmlich reden •,—, das der Da Öffnete sich im Hintergrund das Grenzenlose der Sohn begierig in sich sog, so daß auf diesem Wege in völkerverbindenden See, da lebten meerbefahrene und ihm die Lust und Kraft geweckt wurde, nun auch sei­ weitläufige Menschen, Kaufleute, Konsuln, Kapitäne, nerseits in ähnlicher Art dem Erdenwandel geschicht­ die in London und Kopenhagen zu Hause waren. Da licher Gestalten einfühlend nachzugehen und sie zu war man nicht ängstlich und „ehrbar", da waren neuem Leben zu beschwören. In des Vaters Lehre ist Bankerotte an der Tagesordnung. Und die mühelos Theodor zum Historiker geworden, aus des Vaters reichgewordenen Bauern des Oderbruchs — denen der Anekdoten und Charakterbildern sind letzten Endes jüngere Fontane hernach in den „Wanderungen" wegen die „Wanderungen durch die Mark" erwachsen. ihres zuchtlosen Treibens die Leviten gelesen hat — liebten nicht weniger wie die Herren der Swinemünder So ist es mancherlei und nichts Geringes, was Theo­ „Ressource" ihr Jeu. ihr „Blüchern" oder „Tempeln". dor Fontane von seinem Erzeuger fürs' Leben mitbe­ In Abel Hradschecks Charakterzeichnung (in „Unterm kommen hat, die ritterliche, feinsinnliche Lust an der Birnbaum") als der eines Spielers und schlechten Wir­ Frau, die dem unbürgerlichen Typ als eine höhere, stär­ tes mag eine Erinnerung an Louis Fontane mitge­ kere und schönere Potenz seines eigenen Selbst er­ sprochen haben. scheint, von wo aus der Durchbruch zur gefühls­ mäßigen Empfängnis der Schönheit überhaupt in Na­ Bei aller langjährigen Liebe zu den Karten spielte tur, Lied und Leben nicht schwer ist, die Freude am der Vater Fontane nicht nur unglücklich, sondern auch Glanz des kriegerischen Heldentums — von den schot­ „herzlich schlecht". Etwas Tieferes war es, was ihn tischen und nordischen Königen oder von Könne Finke lockte, nämlich dies, daß man beim Spiel gleichsam an bis zum Alten Dessauer und der Gardemusik bei dem Schicksal an die Finger rührt. Aus den Karten Chlum — zu dessen Preis Theodor Fontane sich den wird ja auch das Künftige geweissagt. „Die Karten Sängern alter Zeit angereiht hat, wenn auch allmählich lügen nicht." Daher zog es ihn wie zu ihnen so zur Ge­ sich bei ihm Zweifel an der unbedingten Gültigkeit

13 dieses Wertes einstellten, und endlich die Empfäng­ kanskis Einzug in Adrianopel, die Schlacht bei Nava- lichkeit für den Reiz, ja recht gesehen für den Segen rino — all das steht in einer Deutlichkeit vor mir, als eines gefährdeten, eines ody sseischen Lebens. Nur wer war' ich mit dabei gewesen." Dann fesselte ihn die spät nach bestandenen Stürmen landet, ist jener abge­ Eroberung Algiers durch die Franzosen im Jahre 1830. klärten Heiterkeit des Blickes fähig, die wir beim Er schreibt darüber: „Als die französische Flotte vor Vater, ähnlich wie beim Sohn Fontane, im Alter finden. Algier erschien und die Beschießung anhob und dann General Berthezene mit seiner Division den Kirchhof Helden sind es gewesen und Frauen, denen sein ein­ in der Nähe der Stadt angriff und nahm und der Dey fühlender Anteil, seine gestaltende Kraft gegolten hat. mit seinem Harem um freien Abzug bat, da kannte In- ihm war etwas von einem Militär, und die Franzosen, mein Entzücken keine Grenze." Das Balladeske des die ihn 1870 als Wallfahrer zum Geburtsort der Jung­ Hergangs zog ihn hierbei ebenso an, wie bald darauf frau von Orleans gefangennahmen, hatten nicht so unrecht, wenn sie sich nach dem Eindruck seiner Per­ bei der Nachricht, daß in Brüssel die Revolution gegen sönlichkeit nur schwer von der Vorstellung trennen die Holländer bei Aufführung der „Stummen von Por- konnten, dieser romantische Zivilist sei ein verkleideter tici" ausgebrochen sei, und zwar gerade bei der Stelle: preußischer Offizier. Wer ihn später durch die Pots­ „Dem Meertyrannen gilt die wilde Jagd." Ich fand dies, damer Straße Spazierengehen sah und nicht kannte, fügt er hinzu., „unbeschreiblich schön!" Vom Anfang bis hielt den hochgewachsenen Mann mit dem starken wei­ zum Ende des Lebens ist Fontane ein Freund der Zei­ ßen Schnurrbart eher für einen General a. D. als für tung gewesen. einen Dichter. Die Neigung zum Soldatischen hat ihn Noch tiefer prägten sich ihm die Ereignisse des Pol­ von Kindheit an beherrscht. In Swinemünde war er der nischen Revolutionskrieges von 1830/31 gegen Rußland Hauptmann seiner jugendlichen Schar, die er mit Schil­ mit den blutigen Schlachten von Grochow und Ostro- den und Degen eigener Erzeugung oder eigenen Er­ lenka ein, an denen übrigens damals das ganze liberale werbs ausstattete. Damals bereits hatte er den offenen Deutschland, mit Uhland an der Spitze, ebenso be­ Blick für die taktischen Möglichkeiten des Geländes, geisterten wie unpolitischen Anteil auf selten der pol­ der wieder mit seinem Sinn für die Bedeutung des Bo­ nischen Freiheitskämpfer nahm. „Kein anderer Krieg, dens und der Landschaft in der Geschichte zusammen­ unsere eigenen nicht ausgeschlossen", schreibt er in den hängt. Dies ganze soldatische Treiben des Jungen hat „Kinderjähren", „hat von meiner Phantasie je wieder etwas Planvolles, Organisiertes, so daß es fast wie eine so Besitz genommen, wie diese Polenkämpfe, und die Hindeutung auf einen künftigen Lebensberuf aussieht. Gedichte, die an jene Zeit knüpfen, obenan die von Später galt sein i Anteil den historischen Schlachten Lenau und dazu die Lieder aus Holteis ,Altem Feld­ Europas. Als Tertianer in Neuruppin vermochte seine herrn' sind mir bis zur Stunde geblieben... Noch jetzt Phantasie den Primanern die Kämpfe des Mittelalters zieht, wenn ich diese Lieder höre, die alte Zeit vor mir bei Crecy und Poitiers förmlich auszumalen. Aus einer herauf, und ich verfalle in eine unbezwingbare Rüh­ abendlichen Wanderung über das Schlachtfeld von rung." Auch hier war es der poetische Schein, in dem Großbeeren ist sein. einziger guter Berliner Schulauf­ Menschen, „Skrzynecki und Rybinski", und Szenen vor satz hervorgegangen. Um dieselbe Zeit, etwa 1834, seinen Augen erglänzten, was ihn anzog. schrieb er sein erstes Gedicht, und es galt — der un­ In den Ereignissen der Zeitgeschichte berührte den glücklichen Schlacht bei Hochkirch. Als junger Apothe­ Knaben, ebenso, wie in den napoleonischen Anekdoten ker in Leipzig hat er dann die Stätte der Völkerschlacht des Vaters, das Unalltägliche und Unbürgerliche des in unvergeßlichen Herbsttagen von 1841 durchwandert. historischen Lebens. Der Krieg erschien farbiger und „Historischen Grund und Boden zu betreten hatte" —• poetischer als der Friede. Eine Schlacht hatte etwas so schreibt er — „zu jeder Zeit einen besonderen Zau­ Anziehendes, etwas Irrationales, weil man da jenseits* ber für mich." Dazu kamen später viele andere Aus­ aller Sicherungen und allen Kalküls dem Schicksal flüge gleicher Art. Er hat, nach eigenem Zeugnis, in ins Auge schaute. Ähnlich ging es einem am Spieltisch Westeuropa nicht viel weniger als hundert Schlacht­ und ähnlich auch gegenüber der Frau, wie das Fon­ felder gesehen. So ist es kein Wunder, daß er im Kreise tane als Dichter später selber empfunden haben mag. des Berliner „Tunnel" seinen dichterischen Ruhm mit Auch hier galt es, sich dem Unberechenbaren, Rätsel­ Feldherrnballaden über Derfflinger, Zieten usw. be­ haften und gerade darum Lockenden des Lebens zu gründet hat, die volkstümlich geworden sind. In den stellen. sechziger Jahren wurde er Kriegshistoriker. Mit vollem Verständnis für das Reizvolle der Strategie hat er die Gewiß, die Neigung zum Soldatenspiel war und ist in Schlachtorte von 1864, 1866 und 1870/71 bereist und vielen Jungen lebendig, weil sie das Landsknechtstum den Hergang der Kämpfe anschaulich und geordnet außerhalb der Familie reizt. Die Freude am Wandern dargestellt. „Sedan" schreibt er einmal, „ist die herr­ und Lagern im Freien ist damit verwandt. Aber Theo­ lichste Schlacht, die in neuerer Zeit geschlagen worden dor Fontane ist, als Dichter wenigstens, dieser unge­ ist; selbst das Auge des Laien entzückt sich an der bundenen Haltung treu geblieben. Wie die bürgerlichen Sicherheit der Bewegungen, an dem poetischen Hemmungen von Mutterseite her ihn dem Kartenspiel Schwünge der Linien, aber süperiore materielle Kräfte ferngehalten haben, so hat sein kritischer Verstand mußten doch auch gleichzeitig dem superioren Ge­ den einzigen Kampf, an dem er teilzunehmen versucht danken zu Diensten sein, sonst scheiterte er trotz alle­ hat, die Berliner Märzrevolution von 1848, nach anfäng­ dem." lichem Aufschwung mit lähmenden Zweifeln in ihrem Ablauf begleitet, wenn er auch der liberalen Idee zu­ Schon das erwachende Eigenleben des jungen Fon­ nächst treu geblieben ist. In der Nähe sahen solche tane in den zwanziger Jahren nahm die szenischen Dinge, anders aus. Als er dann 1850 den Schleswig-Hol­ Bilder zeitgenössischer Kriege bereitwillig auf, so zu­ steinern gegen Dänemark als Freiwilliger zu Hilfe eilen erst die Freiheitskämpfe der Griechen mit dem sich wollte, ließ er sich durch die Aussicht auf Anstellung anschließenden Russisch-Türkischen Krieg. Er lernte sie und Heirat in Berlin schnell wieder zur Rückkehr be­ aus Guckkastenbildern kennen. Später sorgte der über wegen. In ihm war etwas von dem Goetheschen Miß­ die ganze Welt verbreitete Ruppiner Bilderbogen als trauen gegen irreguläre Soldaten, aus dem heraus sie Illustrator der Zeitgeschichte mit seinen bunten Kriegs­ beide auch von den Lützower Jägern nicht viel gehalten szenen für eine anregende Anschauung, die auch der haben. In Fontane blieb der ehemalige Franzgrenadier erwachsene Mann nicht verschmäht hat, und lenkte mit seiner „Proppertät" und Disziplin überwiegend. den dankbaren Sinn zurück in die alte märkische Hei­ mat. „Diese Kämpfe" — sagt Fontane — „prägten sich Wenn ihn also bei allem Anteil für Menschen, die mir derart ein, daß ich über die Personen, Schlachten mit dem Schicksal zu spielen getrieben und vermögend und Taten jener Epoche besser als die Mehrzahl meiner sind, doch der eingewurzelte Hang zu des Lebens Mitlefoenden unterrichtet zu sein glaube. Griechische ernstem Führen und auch ein Bewußtsein eigener Un­ Brander steckten die türkische Flotte in Brand, das zulänglichkeit von jedem Beschreiten einer „Helden­ Bombardement von Janina, General Diebitsch Sabal- oder Räuberlaufbahn" zurückhielten, so war ihm dafür 14 der Typ des Dichters und Historikers — der auch ein jene tiefe Sicht in Natur und Menschentum in ihn über, Stück Dichter ist — um so näher, er, der ja gleichsam die ihm nun zum Maßstab der eigenen Haltung wurde, neben dem Könige oder Staatsmann steht und durch ihn der bürgerlichen und provinziellen Enge enthob, seine Gestaltung dem Vorübergehenden der Historie ihm in der Frühzeit romantischen Schwung und Frei­ Dauer verleiht, so daß der Zauber ihrer schicksalhaften heitsliebe, im Alter gütige Weisheit verlieh, weil er Momente und Menschen den Leser noch nach Jahr­ unter diesen Einflüssen auch als Mensch ein ewig hunderten ergreift. Ganz und gar, etwa als Professor Lernender und Wachsender war. Selten ist jemand für oder noch besser als Leiter einer antiquarischen Samm­ den echten Geist des Dichter- und Denkertums so lung, im Anhauch des Geschichtlichen zu leben, ist ein empfänglich gewesen wie Fontane, der von da aus für Wunsch Fontanes gewesen und geblieben, aber reichere sich und andere die Normen edlerer Menschlichkeit und freiere Entfaltung hat ihm das Geschick vergönnt, ableitete. Sie lehrten ihn, ebenso wie die Gesetze der indem es ihn nicht in ein „Museum" bannte, sondern formalen Bildung, das heilige Maß achten, so daß die auf den Spuren der Vergangenheit in^alle Welt wan­ mütterliche Strenge mit der väterlichen Humanität bei dern ließ, nach England und Schottland, nach Frank­ ihm zu einer höheren Einheit verschmolz, die fest war reich und Italien, nach Dänemark und Böhmen, in den und beweglich zugleich. Harz und nach Schlesien und vor allem bis in die still­ Diese ebenso freie wie gebändigte Haltung erfloß wie sten Winkel der Mark. bei Goethe aus dem Bewußtsein einer letzten Überein­ Man kann einen Augenblick dabei verweilen zu fra­ stimmung zwischen der Welt und dem Ich, dessen gei­ gen, ob es den Vater Fontane nie getiieben hat, die stige Wesenheit in den kosmischen Verhältnissen seine Fülle seiner anekdotischen Gesichte poetisch oder lite­ Entsprechung findet und nun sich der Hand des Ge­ rarisch zu gestalten. Wir wissen darüber nichts, aber schickes anvertraut, weil ihm aus dem Grunde der sicherlich war er zu sehr in der Unruhe des äußeren Welt neben den dunklen und dämonischen die helleren, Lebens befangen, immer spannend und spähend auf freundlicheren Stimmen und Farben entgegenklingen. phantastische Glücksfälle und abenteuerliche Fügun­ Denn das Wesen der gewaltigen und scheinbar er­ gen, recht wie ein Fahrender, bei dem Poesie und drückenden Natur ist nach einem Worte Wilhelms von Wirklichkeit sich durchdringen. Er war darin mehr Humboldt „Güte in der Größe". Man wird dies Grund­ Südfranzose als Theodor, der im Leben selber das verhältnis Theodor Fontanes zur Weit wohl religiös Poetische und Phantastische nicht schätzte, sondern nennen können. Ihm war sie gleichsam ein unendliches zumal im Alter als Sohn seiner Mutter und seines Lan­ Meer mit -allerhand Untieren und Untiefen, mit Wogen des, auf viele eher nüchtern wirkte und dem spät­ und Stürmen, aber auch mit friedvollen Tagen voll romantischen Typ etwa der Münchener Künstler denk­ blauen Schimmers über der Tiefe, aus der zauberische bar fernstand. Statt des Scheines nahm er das Wesen grüne Eilande emporstiegen. der Kunst um so ernster. In Theodor Fontane kam. die Im Laufe seines Lebens hat es dem Dichter Fontane handwerkliche Art seiner älteren Vorfahren wieder an den Sicherungen einer bürgerlichen oder bearnt- zum Durchbruch, jene Lust am eigenen stillen Schaf­ lichen Existenz meist gefehlt. Er hat darunter gelitten, fen im „Gehäus", die sich bei ihm im unermüdlichen mehr noch seine Frau. Sein Erdenwandel kam ihm im Feilen, Forschen und Lernen äußerte. Wer sein Metier Rückblick wie ein „Ritt übern Bodensee" vor. Wie ein als Dichter und Historiker so betrieb, gewissenhaft, gut „großes Kind" ist er durchs Leben gegangen, ohne Exa­ geschult, meisterlich, der hatte allen Anspruch auch mina, Anhang. Vermögen, Clique usw., aber in dem auf bürgerliche oder staatliche Ehrung, wenn sie ihm Fehlen dieser Sicherungen hat er auch so etwas wie auch, nach Fontanes eigenen bitteren Worten, nicht einen Vorzug, eine Gnade erblickt. Denn auch wer da immer ausreichend gewährt wurde. So wußte er den glaubt, unangreifbar glücklich zu sein in Beruf und Fa­ Forderungen des mütterlichen Bluterbes in sich zu ge­ milie, bleibt doch oder gerade darum bedroht: „um die nügen, wenn auch nicht denen der Mutter selbst, der Gnade der großen Rätselmacht, sie heiße nun Gott oder an dem literarischen Sohn wohl nur dies imponiert hat, Schicksal, muß immer gebeten werden. Sicherheit ist daß er, kurz vor ihrem Tode, im Januar 1867 als Bitter Gefahr; wir sollen in einem Bangen bleiben und jedem des neugeschaffenen Kronenordens zum Ordensfest ins neuen glücklichen Tag neuen Dank entgegenbringen". Schloß geladen wurde. Ein andermal schreibt er: „Je älter ich werde, je tiefer Gerade weil Fontane ein immer Lernender war, be­ empfinde ich, alles ist Glück und Gnade, das Kleine deuteten dichterische Werke und Begegnungen für ihn so gut wie das Große... wir haben nichts in unserer viel. Als Junge scheint er nicht sehr bücherhungrig Hand und sind von Minute zu Minute von einer Rätsel­ gewesen zu sein. Aber dann spann sich zwischen ihm macht abhängig, die uns streichelt oder schlägt." und den Dichtern seiner Zeit, Goethe oder Walter Scott Dennoch (oder darum) hat es ihn mitunter geradezu oder auch Freiligrath. mit dem er „angefangen" haben gelockt, die Gefahr aufzusuchen, weil wer in ihr lebt, will, ein engeres Verhältnis, weil er empfand: diese sich in Gottes statt der Menschen Hand begeben hat sind deine Lehrer, sie geben dir die Grundlagen des und nun erst wahrhaft frei ist. Schon den Swinemünder inneren und äußeren Lebens. Überall da, wo Menschen Jungen hat es im Garten des Vaterhauses auf die bau­ sich ernsthaft im Zeichen der Musen vereinten, schloß fällige Schaukel getrieben. Der tragende Balken war er sich an, an den Lenau-, den Platen-, den Herwegh- morsch, die Haken saßen nicht mehr fest. „Und doch Club, vor allem an den „Tunnel", wo scharfe Kritik könnt' ich grade von dieser Stelle nicht los und setzte geübt wurde. Dies ist die Zeit, wo er mit den Freunden meine Ehre darin, die Schaukel derartig in Gang zu in Berlin, wie er sagt, oft jahrelang auf der Suche nach bringen, daß sie mit ihren senkrechten Seitenbalken einem „Reim" gewesen ist. Wenn der Romandichter zuletzt in eine fast horizontale Lage kam. Dabei später mehr für sich allein schaffte, so war doch auch Quietschten die Balken und alles drohte zusammenzu­ ihm der Trieb zum Feilen und Bessern geblieben. brechen. Aber das grade war die Lust; denn es erfüllte Im Anschluß an das achtzehnte Jahrhundert und an mich mit dem wonnigen und allein das Leben bedeu­ die Romantik war damals in Berlin und anderweit eine tenden Gefühle: dich trägt dein Glück!" Auf einer Art „Meistersingerei" erblüht. Unter den Angehörigen Schaukel hat man die Empfindung des Getragen­ aller Berufe waren Ausübende der Dichtkunst zu fin­ werdens. Nach dem eigenen Erlebnis hat er seiner jun­ den, unter Offizieren, Juristen, Studenten usw. Fontane gen Effi Briest die gleiche Liebe zur Schaukel ange­ selber,, der schon früh unter ihnen ein „Lichtlein" war, dichtet, auf der schwebend sie die „Schauer süßer ist erst allmählich dahin gelangt, den Apotheker an den Gefahr" genießt, denen sie dann auch als Frau nach­ Nagel zu hängen und ganz das zu werden, was von gibt, weil in der Gefahr allein Leben und die lockende früh auf sein eigentlicher Beruf war, ein Schriftsteller, und schreckende Nähe der Gottheit ist. ein Dichter. Damit bekam sein ganzes Wesen seine Prä­ In späteren Jahren hat Fontane die äußere Siche­ gung. Denn er lernte von den Meistern und guten Ge­ rung, die ihm seine Stellung erst als langjähriger sellen nicht nur die poetische Form. Von ihnen Schriftleiter bei der Kreuzzeitung, dann als beamteter strömte jene Reinheit der idealen, humanen Gesinnung, Sekretär der Akademie der Künste — wo Otto Fried­

ig rieh Gruppe sein Vorgänger gewesen war — gewährte, den Druck enger, ärmlicher Verhältnisse, wie sie so zweimal kurz hintereinander abgeschüttelt infolge von manche Dichterjugend beschwert haben — man denke allerhand kleinen Ärgernissen und Verstimmungen, an Hebbel;—, fast gar nicht und dann doch wieder gut auch weil er — bei der Akademie — für geordnetes erzogen, ohne ewiges „Aufpassen, Ermahnen und Ver­ Aktenwesen keinen Sinn hatte, vor allem aber weil bessern" seitens der Eltern, und doch so, daß das er es vorzog, sich von der Woge des Lebens tragen Elternhaus ihm in guten Formen, in menschlicher und zu lassen. Bei der Kreuzzeitung hat man, wie es scheint, sittlicher Haltung, trotz den Unbedenklichkeiten seines sogar den vergeblichen Versuch gemacht, ihn zu hal­ Vaters, ein ausgezeichnetes Vorbild gab. Ich war, hat ten. Daß er nicht Beamter bleiben wollte, hat seine er später einmal an seine Frau geschrieben, ein „gene­ Frau ihm schwer verübelt. Auch 'sonst hat mancher röser, nobler Junge". Man ließ ihn zu Hause wie damals über ihn den Kopf geschüttelt. Er war nahe an „einen jungen Baum bei kaum fühlbarer Anlehnung sechzig Jahr. Er wußte wohl, wie man über seinen an einen Stab, in reiner Luft frisch, fröhlich und frei Schritt dachte, aber die Freiheit lockte zu sehr. Sich­ aufwachsen". Er hatte immer Zeit zum Spielen, er klammern an eine im Grunde unwillkommene Stellung stand mit seinen Locken wie ein „König" unter den war Götzendienst und rächte sich. Menschen, die zu Gespielen, war der Führer ihrer Fahrten und Kämpfe, sehr in der Sicherung leben, stumpfen ab, werden un­ fein, wohlerzogen und doch tapfer, ja derb, den An­ froh, kranken an Leib und Seele. „Unbeschreiblich griffen „muffliger Schiff er jungen", die diesen lichten dröhnt die Brust des Freien, dem die Woge um die Knaben natürlich haßten, wie ein Ritter nicht aus­ Glieder klirrt."' Ausgehalten hat er nur in der loseren weichend, sondern zuvorkommend, alles andere als ein Stellung eines Theaterkritikers bei der „Tante Voß", lerneifriger Stubenhocker und Musterschüler, sondern, der er zwanzig Jahre lang treu geblieben ist, wo man von Natur aus „sehr glücklich ausgestattet", nament­ in steigendem Maße Verständnis für seinen Wert ge­ lich anfangs stärker und gewandter als die Schul- habt und ihm beim Ausscheiden regelrecht pensioniert und Straßenjungen, der „geborene kleine Akrobat", mit hat. Aber selbst da waren die Tage, wo er „Kritik ausgesprochener Veranlagung für das „Turnerische" hatte", das heißt daheim eine verantwortungsvolle Re­ und Sportliche, kein besonderer Schwimmer, aber ein zension schrieb, also gleichsam im Dienst war, lastend eleganter Eis- und ein „brillanter Stelzenläufer". Noch für ihn und die Seinen. An solchen Tagen mußte jeder in „Graf Petöfy" klingt aus Franziskas Erzählungen Besuch schon auf der Treppe abgefangen und abge­ seine kindliche Lust am Stelzenlauf nach. Auf seinen wiesen werden. Wanderungen durch die Mark sind ihm später, wenn es galt, hoch oben in einem Kirchturm, über „Quer­ In diesem Hang nach Unabhängigkeit erinnert er an balken und Kreuzgebälk" hinweg, zu einer Glocken­ seinen Vater, der auch nicht still sitzen mochte, aber inschrift emporzuklettern, die „Reste seiner Turner- er war pflichtbewußt genug sich zu sagen, daß im Not­ schaft" zugute gekommen. fall der Ertrag seiner Feder aushalf. Darüberhinaus vertraute er seinem „Stern". Er war kein Kopfhänger So empfängt man bei dem jungen Theodor den Ein­ und Schwarzseher. „Leicht zu leben", hat er gesagt, druck einer nach keiner Seite hin verkümmerten „ohne Leichtsinn, heiter zu sein ohne Ausgelassenheit, Menschlichkeit, bei der Geist und Leib in rechtem Mut zu haben ohne Übermut, Vertrauen und freudige Gleichgewicht miteinander standen. Was ihn über den Ergebung zu zeigen ohne türkischen Fatalismus — das Durchschnitt der übrigen Jugend erhob, war wohl das ist die Kunst des Lebens. In vielen Stücken ordne ich Romantische, das in ihm Gestalt gewann und dessen mich unter, aber in diesem Punkt bin ich Autorität." er sich auch bewußt,war. Vom Vater her auf das Noble, Bekannt ist auch sein an die Mutter gerichteter 1 Phantastische, Aparte und Schöne in der Geschichte Spruch: „Sorg aber sorge nicht zu viel, es kommt doch, hingelenkt, stellte er selber so etwas dar wie einen wie Gott es haben will." Sein Vertrauen hat ihn nicht jungen Prinzen Stuart und mag sich halb träumend in getäuscht. Wie er als junger Mensch zum erstenmal solchen Vorstellungen gewiegt haben. Auch ihm ist ziemlich mittellos in dem riesigen London war, ohne es schließlich nicht viel anders gegangen als Karl dem die Stütze seines Freundes, der ihn eingeladen hatte, Ersten von England, den er hernach zum tragischen aber nun seine eigenen Wege ging, „machte sich alles Helden eines Dramenentwurfes gemacht hat. Auch wie von selbst; sie säen nicht, sie ernten nicht, und ihr seinem „Königtum" bereitete ein dämonischer Vorstoß himmlischer Vater ernähret sie doch. So war es da­ der Gasse ein jähes Ende, so daß er die Fügung seg­ mals, und so ist es mir noch öfters gegangen." nete, die ihn bald darauf nach Neuruppin auf das Gym­ Nicht nur das tägliche Brot spendete ihm die himm­ nasium versetzte. lische" Hand, sie stand ihm auch in anderen Nöten zur Seite. Immer wieder fand er sich darin bestätigt. In der Es ist begreiflich, daß er mit diesen Gaben und die­ schwersten Stunde seiner Kriegsgefangenschaft, wo es sem Selbstgefühl leichtverletzlich und etwas eingebil­ um sein Leben ging, vermochte er in dem, ihm trotz det war, und es bedurfte mitunter der wohlmeinenden seiner Herkunft nicht sehr geläufigen Französisch gesunden Kritik des Fontaneschen Hausfaktotums, der eine rettende Verteidigungsschrift abzufassen. Daß er guten Schröder, um ihn zurechtzurücken und ihm klar­ das konnte, erschien ihm wie ein Wunder, und er sagt: zumachen, daß er in vielem mehr noch ein „kindischer „Ich wußte nicht, woher mir die Kraft dazu kam, oder Junge" als, wie er beanspruchte, ein „junger Herr" vielmehr, ich wußte es doch." Auch beim Rückblick war. Später hat namentlich sein Freund Bernhard von auf seine Kinder jähre hatte er „das Gefühl eines be­ Lepel sich um die Sänftigung seiner etwas „superlativi­ ständigen Gerettetwerdens". Er war nicht gerade schen" Natur verdient gemacht. Doch blieb sonst seine „wild und waghalsig", scheint aber doch, wenn auch in Wirkung groß und gut. Wenn damals, zwischen ,,kluger Abmessung seiner Kräfte", das Schicksal gern „Zwanzig und Dreißig", der jugendliche Fontane im ein wenig auf die Probe gestellt zu haben im unbe­ Berliner Tunnel auf empfängliche Geister wie ein wußten Vertrauen auf seinen „Schutzengel", der auch junger Gott wirkte, mit „Feuerblick" und frei erhobe­ immer half. So reizte es ihn, vom Strand über tiefe nem Haupt, so sehen wir daraus, daß es ihm vergönnt Stellen hinüber zu einer Sandbank zu schwimmen. Mit­ gewesen ist, den Aufschwung seiner Kinder jähre der unter kam er nicht weit oder ließ sich aus Versehen zu Welt zum Trotz und unter nun oft dürftigen äußeren früh nieder und hatte nun keinen festen Grund unter Verhältnissen hinüberzuretten in das Mannesalter, ja den Füßen, dann war „der Schreck und mitunter die zu stärken und zu steigern im Feuer der eigenen Ge­ Todesangst da Glücklich bin ich jederzeit herausge­ staltung. Etwas Bezauberndes muß von ihm ausgegan­ kommen. Aber nicht durch, mich; Kraft und Hilfe gen sein. Ein Junge, ein „großes Kind" ist er immer kamen von woanders her." geblieben. Weil das Kind in ihm erhalten geblieben ist und nicht verkümmert wurde in Steifheit und allerhand Den glücklichen Umständen seiner, Swinemünder Angelerntem, ward ihm das Glück eines schöpferischen Kindheit dankt Theoder Fontane überhaupt viel von Greisenalters geschenkt. Immer blieb er in Verbindung dem, was er geworden ist. Er wuchs in Freiheit auf, mit den nährenden Urquellen der Seele. Ohne Bruch ohne Schulangst, denn er hatte nur Hauslehrer, ohne hat sich aus dem Knaben, Jüngling und Mann der 16 ehevalereske alte Herr entwickelt, der bis zuletzt emp­ sein Leben bewahrt hat. Gleich den Sternen übte der fänglich geblieben ist für das Schöne, Freie, Mensch­ Mond auf ihn die Kraft magischer Anziehung aus. liche und nach dessen Hinscheiden die Freunde klag­ Wenn er zur Winterszeit „wie eine kupferne Scheibe" ten, weil die Welt ohne diesen Sonnensohn dunkler aufging und sein seltsames Licht durch die Erlen und geworden sei. Deswegen hat er mit siebzig Jahren die Binsen warf, die den Tümpel einfaßten, wo Theodor Swinemünder Kinderzeit liebevoll geschildert, weil in mit seinen Freunden Schlittschuh lief, wurde er jedes­ dem Jungen schon der „ganze Mann" enthalten, ja das mal „von einem geheimen Schauer" erfaßt. „Ich. gab Eigentliche und Wesentliche in ihm hier ungehemmter, dann", fügt er hinzu, „das Holländern und Buch­ reiner, in poetischer Fülle, auf dem Hintergrunde eines stabenmachen auf und sah in den Mond." romantischen Jugendlandes, zur Entfaltung gekom­ men war. Gern betrat er auch die Schwelle zum Reich der Dämonen. Das Spielzimmer in der Swinemünder Apo­ Bei vielen Gelegenheiten tritt uns der junge Theodor theke war wenig schön, aber da war außer einer Sand­ entgegen als ein Mensch, der schon damals feinfühlig, stelle mitten im Fußboden noch „ein anderes, das für sensibel, empfindsam war, empfänglich für das Ästheti­ ein phantastisches Kind wohl angetan war, mit der sonst sche, Phantastische und „Nächtliche" des Lebens, der herrschenden Dürftigkeit zu versöhnen. Gerade hier Natur und Geschichte. Es ist erstaunlich, wie stark all nämlich war, auf einem Lehnstuhl sitzend, der Vor­ dergleichen auf das Kind gewirkt und mit welcher besitzer des Hauses, der alte Geisler, gestorben, und Kraft der Erinnerung er so vieles bis ins einzelne far­ wenn ich mich abends an eben dieser Stelle zwischen big bewahrt hat. Bisher hat man kaum darauf geach­ Schrank und Ofen niederließ und dann das Klappen tet, «und doch liegt hier der Schlüssel zu seinem Ver­ und geheimnisvolle Rumoren über mir anhob, so war ständnis. Wir haben zum Teil schon-davon gesprochen, der Zauber davon so groß, daß von Prosa der Um­ soweit es seine Geschichtserlebnisse betraf. Gewiß, wir gebung keine Rede sein konnte". Anziehend war auch empfangen die Jugendeindrücke und Erlebnisse aus die „fantastische Herrlichkeit" des Laboratoriums, weil der Hand des Greises sechzig bis siebzig Jahre später. es von den prosaischen Wohnräumen abstach, weil es Aber er hat doch nur zutage und in Form gebracht, was grotesk-unmodern, ein „vollkommen alchimistischer als wesenhaft der Seele des Kindes sich eingeprägt Raum war, in dem Faust mit Geistern hätte sprechen hatte, an Stimmungen der Jahreszeiten — „mir steht können". „Alles Krumme und Schiefe", hat Fontane an noch der kalte und klare Luftton jenes Sonntags im at^derer Stelle gesagt, „alles Schmustrige, alles grotesk April 1831 vor Augen" schreibt er zum Beispiel — an Durcheinandergeworfene hat von Jugend auf großen Gesichtern und Gebärden, an Farbentönen der Um­ Reiz auf mich ausgeübt". So sah er denn auch als gebung. So ist seinen Sinnen jenes malerische $ild für junger Angestellter der Neubertschen Apotheke in immer geblieben, wie seine Mutter einmal abends, Leipzig am ersten Morgen mit Behagen aus dem Man­ durch Feuerlärm geängstigt, aus einer Gesellschaft vor­ sardenfenster der Gehilfenwohnung auf den Hof des zeitig heimkehrend, im Ruppiner Kinderzimmer auf­ alten Hauses. „Hier war nichts hübsch und Komfort taucht, um nach den Kleinen zu sehen, die zur Sicher­ kaum dem Namen nach bekannt; aber die grauen, stei­ heit schon aus den Betten geholt sind, und nun im len, regenverwaschenen Dächer, auf die mein Auge dunkelroten Brokatkleid mit darüberfallendem, halb­ fiel, der gekräuselte Rauch, der aus den Schornsteinen aufgelösten, langem, schwarzen Haar im flackernden stieg und das Plätschern des Wassers, das aus den Kerzenlicht vor ihm steht. Röhren in die Kübel fiel — alles gewann mir ein In­ teresse ab ..." Allerhand Schicksale, die man noch Des Kindes Seele ist ein reiner Spiegel der Welt. ahnen konnte, schienen diese alten Mauern gestreift, Unserem Dichter ward das Glück zuteil, daß dieser geformt und beseelt zu haben, es sah so aus, als woll­ Spiegel kaum getrübt, daß sein schöpferisches Kinder« ten die Steine anfangen zu reden. Das Ganze wirkte tum nicht gehemmt und verdrängt wurde. Weil ihm in wie der Anfang einer Novelle. entscheidenden Jahren der Drill einer lastenden Schule, der Zwang eines engen Elternhauses, der Schmutz einer Schon als Kind hatte Fontane das Bedürfnis, aus dem Gasse erspart blieb, konnte das Verquere, Verkniffene Gesicherten, aber Prosaischen des Alltags herauszutre­ und Lüsterne sich bei ihm nicht einnisten, das so oft ten. Wenn er sich in die Rolle Störtebekers hinein­ ein Erbübel des überzüchteten, entarteten Deutschen träumte oder auf der knackenden Schaukel stand, so ist. In seinem Kindertum trug Fontane so etwas wie genoß er die „Schauer süßer Gefahr". Auch das Schau­ ewige Heimat in sich, eine reine Sicht, die hinter den erliche, das zu seiner Zeit in Swinemünde Verbrechen Wirklichkeiten der Welt das Göttliche aufglänzen sah. und Strafe des Räubers Mohr umgab, zog seine sich in Herkunft und Erziehung ließen diesem feinen jungen derlei Schicksale gern einlebende Fantasie beun^ Menschen zwar durchaus die Freude an der Sinnenwelt ruhigend an. Bis in seine kindlichen Vergnügungen hin­ — er war ganz Andacht, wenn daheim einer der kunst­ ein ging das Verlangen außergewöhnlichen ^ Erlebens. vollen Baumkuchen gebacken wurde —, hoben ihn aber So war das Versteckspielen, dem er mit Leidenschaft über das Gemeine, das so viele Herzen bändigt, in ein huldigte, „kein eigentliches Versteckspiel, war etwas Licht hinaus, dem er zeitlebens gefolgt ist. viel Großartigeres, Poetisch-Phantastischeres", weil es ihm ermöglichte, auf dem riesigen Heuboden des väter­ Schon vor der Swinemünder Zeit, in Neuruppin, ver­ lichen Hauses für die gesamte übrige Welt „bis an den langte die kleine Seele des etwa sechsjährigen Kindes jüngsten Tag" zu verschwinden. „begierig nach allem, was einen etwas aparten und das Nächtlich-Schauerliche streifenden Charakter hatte". Sa Man kam aber auch auf andere, liebliche und zwang­ horchte er eines Spätnachmittags im Oktober — „das lose Art aus dem nüchternen Alltag heraus. Selbst be­ Abendrot schimmerte schon zwischen den Bäumen des gabte und geweckte Kinder sind der Natur gegenüber Stadtwalls" — beglückt auf, als sein Vater, im Be­ oft stumpf und gleichgültig. Die Empfänglichkeit da­ griff seinen kleinen Kaleschwagen zu einer Fahrt nach für erwacht erst später. Bei ihm scheint sie schon sehr Berlin zu besteigen, meinte: „Der Junge könnte eigent­ früh vorhanden gewesen zu sein. Mehr als ein schönes lich mitfahren!" Und so geschah es, so wie er ging Bild aus der nor

Hermann Fricke: Dobbertin Eine erhalten gebliebene Fontanestätte Das Stift am blauen See bei Goldberg in Mecklenburg hat seine Bedeutung nicht durch den Baudenkmälerwert von Stift und Kirche erhalten, sondern durch jene seltene Freundschaft, die den Begründer des norddeutschen Realismus mit dem Fräulein aus märkischem Uradel, Mathilde von Rohr, verband, die er seine Egeria nannte und die ihm dreißig Jahre hindurch die schönsten schöpferischen Stünden schenkte. So steht es im Brief an den Erz­ bischof von Besangon, Kardinal Cesaire Mathieu, so in dem wunderbaren Wanderungskapitel, so in den Versen »An den Dobbertiner See": ,Die Sonne ist im Scheiden, Die Schwäne stillere Kreise Das Boot fährt über den See, Im weiten Wasser ziehn. Die Erlen und die Weiden Ich denk an die goldenen Tage, Spiegeln sich im See. An die Tage von Dobbertin. Von 1869 bis 1889 ist Fontane wieder und wieder in der Wohnung im alten Klosterkreuzgang eingekehrt, bis er auch zum letzten Geleit der Freundin auf dem Friedhof stand, neben ihm der älteste Sohn des gemeinsamen Freundes Bernhard von LepeL Auch über dieses reiche Kloster und seine adeligen Fräulein kam der Krieg. Die alten Damen mußten weichen und sich nach Verlust ihrer Rentenrechte und ihrer Güter mit den NotgroschJen der allgemeinen Armenpflege zu Grabe bringen. Aus dem Kloster wurde eine Kaserne der Roten Armee, bis es 1948 an die Landesregierung zurückgegeben wurde, die ein Landesaltersheim für 500 Frauen daraus machte. Das Kloster war durch die Okkupation arg mitgenommen, der schöne alte Kreuzgang stark verwüstet. Brand hatte das schwere Gebälk verkohlt und die bunten Fenster zerstört. Aber der Bau blieb intakt, und das äußere Bild ist wie zu Fontanes Zeit. In der Mitte des sich in fünf km Länge von West nach Ost ziehenden Sees erstreckt sich von Norden halbinselartig das Land, auf dem das Stift steht, ein kleines Ebenbild von Doberan. Nach Osten führen zwei sich gabelnde Wege, der nördliche zum Dorf, der östliche zum Friedhof, dessen eine Hälfte in langen Reihen die Grabsteine der Konventualinnen, auf der anderen Hälfte die Gräber des Dorfes trägt. Gleich am Hauptweg steht als dritter Grabstein ein Kreuz aus Marmor mit der Inschrift am Kreuzbalken: Jacob 5, 11. Siehe wir prei­ sen selig, die erduldet haben. Auf dem Sockel steht: Hier ruht Mathilde Sophie von Rohr aus dem Hause Trieplatz Conventualin im Kloster Dobbertin geb. d. 9. Juli 1810 gest. d. 16. Sept. 1889 Die Hügel der Konventualinnen sind versunken, nur die Grabsteine stehen im grünen Gras. Noch immer leuchtet der See und die Rabengeschwader ziehen bei Sonnenuntergang noch immer über den See zur Kirche. Unsichtbar darüber aber schwebt des Dichters Wort: Sie war ein wirkliches Ideal: gut, treu, praktisch, hülfebreit, immer das Herz auf dem rechten Fleck, immer voll gutem Menschenverstand, immer gerecht.

Berthold Schulze: Der Anteil der Zisterzienser an der ostdeutschen Kolonisation, besonders in Brandenburg Der Leipziger Historiker Karl Lamprecht hat über für den Bereich der nordostdeutschen Kolonisation? die landeskulturelle Leistung der Zisterzienser geurteilt, Die Ergebnisse vieler seither erschienenen Kloster­ sie seien „Schöpfer von Kulturlandschaften hoch- monographien und Forschungen zur Landeskulturent- ster Blüte" gewesen1)] Aber es stehen dem gegenüber wicklung Nordostdeutschlands gestatten eine Antwort die scharfen Sätze Albert Haucks in seiner „Kirchen- auf diese Frage. Mit der positiven oder negativen Wer- geschichte Deutschlands": „Zahlreiche Dörfer sind tung der zisterziensischen Leistung beantwortet sich durch die Zisterzienser vernichtet worden.. Eine Schä- von selbst auch der dem Orden verschiedentlich ^ ge- digung des Landes, die den Gewinn, den die bessere machte Vorwurf, er habe durch die ihm in seiner Bewirtschaftung des Landes brachte, wohl aufwog"2). Ordensregel vorgeschriebene Eigenbewirtschaftung Gilt dieses sich auf die wirtschaftliche Tätigkeit des seiner Güter das böse Beispiel für unerfreuliche Aus­ Ordens im ganzen Abendlande beziehende Urteil' auch wüchse der ostdeutschen Gutswirtschaft gegeben. Ein

20 Vorwurf, der um so schwerer zu wiegen schien, als er sehen zunächst unbegreiflich. Gründliche Untersuchun­ gegen eine Institution der christlichen Kirche erhoben gen Gustav Reischels haben aber zu der Erkenntnis ge­ wurde! führt, daß die Maßnahmen des Klosters eine heilsame Die Grundsätze der Einfachheit, der Weltabgeschie­ Reform waren, durch die lebensunfähige Zwergsiedlun­ gen aufgehoben, und ihre Bewohner anderwärts unter­ denheit und des Lebens von der eigenen Hände Ar­ 5 beit, welche der Heilige Abt Bernhard im 12. Jahr­ gebracht wurden ). Diese Vorgänge im mitteldeutschen hundert in Auflehnung gegen die Verweichlichung und Raum sind deshalb für das hier behandelte nordost- Verweltlichung älterer Mönchsorden seine Brüder ge­ ' deutsche Thema von Bedeutung, weil man nur an lehrt hatte, machten die Zisterzienser in hohem Grade ihnen den richtigen Maßstab für die Beurteilung der geeignet für harte kolonisatorische Arbeit, wie sie der späteren Vorgänge in Nordostdeutschland und ganz Osten verlangte. Lange Zeit hindurch blieben Sitten­ besonders in Brandenburg gewinnen kann. Da ganz die strenge und Einfachheit in diesem Orden lebendig. gleichen Ereignisse für das 11. und 12. Jahrhundert Seine feste Organisation mit dem sich jährlich in Citeaux auch in den klösterlichen Grundherrschaften Württem­ versammelnden Generalkapitel ermöglichte zudem bergs und Badens festgestellt worden sind6), lag es einen für das Mittelalter einzigartigen Austausch von nahe, die letzten Ursachen in einer überregionalen Erfahrungen. Wie die Geheimnisse ihrer Baukunst, so wirtschaftlichen Entwicklung zu suchen. Seit dem vermittelten sich hier die Klöster auch die Kenntnisse 11. Jahrhundert, im Zusammenhang mit den Kreuz­ für ihre wirtschaftliche Arbeit, tauschten Sämereien zügen, hatten große aus dem Orient über Italien ins und Pflanzen. Erst später wurde aus dem Orden auch Abendland einströmende Edelmetallzufuhren das ge­ eine Handeisorganisation, die Sombart als die größte samte Preisgefüge ins Wanken gebracht. Der Auf­ Handelskompanie des Mittelalters von Frankreich bis schwung des mitteleuropäischen Edelmetallbergbaus Polen bezeichnet hat3). Zum Kolonisator aber war ein wirkte sich in gleicher Weise aus. Bei sinkendem , solcher Orden auch deshalb so ganz besonders geeig­ Münzwert stiegen die Preise. Wer da schnell und in net, weil er außer den geschilderten Vorzügen eine großen Mengen landwirtschaftliche Produkte zu lie­ weitere wichtige Voraussetzung für die Siedlung mit­ fern vermochte, konnte die Konjunktur ausnützen. Wer brachte: Er war durch das* weitverzweigte und doch nicht dazu in der Lage war, kam ins Hintertreffen. eng miteinander verknüpfte Netz seiner Klöster die Großbetrieb und eigener Nachrichtendienst gaben hier gegebene Organisation für den Siedlernachschub4). dem Orden einen Vorsprung gegenüber den Kon­ Hierin war der Orden den an der Kolonisation betei­ kurrenten. Aus den Reihen der auf den altdeutschen ligten weltlichen Territorial- und Grundherren über­ Ordensgütern überzählig werdenden Bauern wählten legen, denen in keinem Falle wirklich umfangreiche, die Klöster, so dürfen wir annehmen, den Siedlernach­ stets in einer Gegend Altdeutschlands gelegene schub für den Osten. Die Stillegung vieler Dörfer auch Stammländer für den Bezug von Menschen zur Ver­ von selten weltlicher Grundherrschaften hätte in spä­ fügung standen. Die überterritorialen geistlichen Kon­ terer Zeit zu Bauernunruhen geführt Im 12. und 13. gregationen waren in der Lage, Bauern aus den ver­ Jahrhundert entlud sich der Druck dorthin, wo der ge­ schiedensten Landschaften zwischen Rhein und Elbe zu ringste Widerstand war: In die infolge zahlreicher mobilisieren. Kriege nur noch schwach bevölkerten Gebiete östlich Aber — diese Vorzüge für die Pionierarbeit im Osten von Elbe und Saale. Auch der „Zug nach dem Osten" sind nach dem Urteil mancher Forscher eben wieder hatte somit die gleichen Ursachen wie jede Völker­ aufgehoben worden durch die den Zisterziensern eigene bewegung, ob diese nun als Völkerwanderung, als Form des landwirtschaftlichen Großbetriebes. In der Bauernaufstand oder als Kolonisation in die Erschei­ Tat war diese in seinem Ursprungslande Frankreich nung getreten ist: Wirtschaftliche und soziale Not, vom Orden empfangene römisch-gallische Mitgift nur Drang der sozial Bedrängten nach größerer Freiheit, in sehr begrenztem Umfange bei der Kultivierung von Diese bedrängten Schichten bildeten den Menschen­ Neuland im Osten brauchbar. Erste Farmerarbeit ist kern für immer neue zu erschließende Ostgebiete. Die in der Geschichte nur selten von Knechten geleistet Wanderung vollzog sich etappenweise. Hatte sich die worden, sondern zumeist von Menschen, die mit Herz erste Auswanderergeneration etwa in der Altmark nie­ und Interesse am Erfolg oder Mißerfolg ihrer Arbeit dergelassen, so siedelten jüngere Söhne der ältesten beteiligt waren. Doch hatte sich am Niederrhein, wo es Auswanderer vielleicht schon im Havellande und deren galt, den gewaltigen Strom durch Deiche und Gräben Enkel bereits an Oder und Warthe. Die geschilderte zu meistern, die nach einheitlichem Plan arbeitende wirtschaftliche Konjunktur dauerte noch im 13. Jahr­ zentrale Regie der Zisterzienser hervorragend bewährt. hundert an und war dem Riesenunternehmen der ost­ Eindämmung wilder Ströme setzte stets organisierte deutschen Kolonisation günstig. Fast von selbst stieß menschliche Zusammenarbeit voraus, ja ist Anlaß zur der seit der Völkerwanderung allmählich übervölkerte Bildung solcher Organisation und sogar der Staaten­ Raum zwischen Maas und Elbe die benötigten Men­ bildung geworden. Es sei an das Zweistromreich des schenmengen ab. Diese Menschen zogen in Gebiete, in Altertums und an Ägypten erinnert. Für den Orden denen ihre frühen Vorfahren schon einmal gewohnt von Citeaux waren die Erfolge am Niederrhein Bewäh­ hatten. Ob dies den deutschen Kolonisten des 12. und rung und Bestätigung seiner planvoll gelenkten Ar­ 13. Jahrhunderts noch bewußt gewesen ist,- läßt sich beitsweise. Nach bei der Kultivierung des Helme- und nicht feststellen. Doch ist eine sagenhafte Tradition Unstruttales gaben die Zisterzienser von Sittichenbach, vom Lande der Väter durchaus anzunehmen. Auch bei Walkenried und Pforta, als sich mit Niederländern be­ den Westslaven mag sich die Überlieferung davon gehal­ setzte Kolonistendörfer nicht berührt hatten, dem ten haben, daß ihr Land einmal den deutschen Nach­ Großbetrieb den Vorzug und ließen die Arbeit durch barn gehört hatte. Das Überdauern germanischer Orts­ unter ihrer Aufsicht arbeitende Konversen, Laien­ und Flurnamen, oder beispielsweise die über die Sla- brüder, ausführen. Religiöse und wirtschaftliche Motive venzeit bis zur Gegenwart am Königsgrab von Seddin waren dabei maßgebend. Der wirtschaftliche Erfolg in der Prignitz haftende Sage vom dort schlafenden galt als Gott wohlgefällig. In dieser Beziehung ähnel­ König Heinz, der ein Germane war, scheinen das zu ten den Zisterziensern später die Calvinisten, deren beweisen. Im 4. Jahrhundert begann die Abwanderung Strenge und im Keim religiös begründete Betriebsam­ der Germanen aus Ostdeutschland, aber noch im keit ja besonders bei den ersten Einwanderergenera- 6. Jahrhundert begrub man auf dem Windmühlenberg tionen Nordamerikas zu beobachten und ohne Zweifel bei Neukölln einen germanischen Reiter7). Doch wird ein Grundpfeiler für den beispiellosen Erfolg der das Wissen vom altgermanischen Lande östlich der Neuen Welt geworden ist. Die Zisterzienser sollten von Elbe, falls man es wirklich annehmen kann, kaum Ein­ ihrer eigenen Hände Arbeit leben. Wenn dies Gebot fluß auf den Entschluß der Deutschen des 12. und 13. nun aber die Mönche von Pforta dazu führte, zahl­ Jahrhunderts, ostwärts zu ziehen, gehabt haben. Die reiche Dörfer innerhalb ihrer Besitzungen zum From­ realen Triebkräfte waren entscheidend. Man fand an men der Eigenbewirtschaftung eingehen zu lassen, so und jenseits der Elbe eine lohnende Existenz, Es ist erscheint dies uns Heutigen beim oberflächlichen Zu­ ein durchaus lächerliches Unterfangen, das Phänomen

21 der ostdeutschen Kolonisation durch das Märchen von habt haben wird, noch zu den Zeitgenossen der Ein* den enttäuscht aus dem Morgenlande zurückkehrenden Wanderung gehört haben mögen. ritterlichen Raufbolden, die nun hier neue Abenteuer Die Meißner Markgrafen sind wie die Askanier ver­ suchten, neue Königreiche erobern wollten, erklären fahren. Auch sie haben nur wenigen Zisterzienserkon­ zu wollen. Derartige Auffassungen sind abstrahiert aus venten die Niederlassung gestattet, und — soweit nach­ dem Erleben der jüngstvergangenen Zeit. Es besteht weisbar — an Templer keinen Boden verliehen. Ganz kein Anlaß, das von der Geschichtsschreibung der anders dagegen lag es in Pommern. Da dieses Land von Jahrhunderte geprägte Bild des ritterlichen Lokators allen Seiten isoliert war, gleichwohl aber der Anschluß des 12. und 13. Jahrhunderts a posteriori auf den Kopf an das Reich und an die deutsche Kultur seine Schick­ zu stellen. Auch ritterliche Lokatoren müssen aus ihrer salsfrage war, sahen die Pommernherzöge in den Zister­ Zeit heraus verstanden werden. Daß den bäuerlichen ziensern die geeigneten Helfer. Hier konnten sie als Ankömmlingen aus dem Westen die ersehnte größere Nachschuborganisation voll zur Geltung kommen, da wirtschaftliche Bewegungsfreiheit, ein menschenwür­ Pommerns Nachbarländer, die Uckermark und Meck­ digeres Dasein im Osten damals tatsächlich beschieden lenburg, selbst noch zu wenig deutsche Siedler hatten, wurde, daß auch der Zisterzienserorden hier unter weit­ um solche in großer Zahl abgeben zu können. Einwan­ gehender Aufgabe der in seiner Regel festgelegten derung aus der Uckermark und aus der Prignitz ist Eigenwirtschaft bäuerliche Existenz und bäuerliche zwar erwiesen, doch stand sie in keinem Verhältnis Freiheit begründet und gefördert hat, ist der Gegen­ zum Bedarf. Die dänischen Zisterzienser von Eldena stand des Interesses. und Kolbatz und die Kolbatzer Tochterklöster haben Die Rolle, welche die geistlichen Orden bei der Er­ sich damals unauslöschliche Verdienste um das Land schließung ostdeutscher Territorien gespielt haben, ist an der See erworben. Hier, wo deutsche Ministerialen in jedem dieser Territorien von anderen Voraussetzun­ in ausreichender Zahl fehlten, hat der Orden das Beste gen abhängig gewesen. Es standen sich gegenüber geleistet. Seine Mitwirkung war um so wichtiger, als die deutschen Markgrafschaften Brandenburg und der slavische Adel die Schwenkung seines Herzog­ Meißen und die slavischer Wurzel entsprossenen Ter­ hauses zum Deutschtum nur widerstrebend, zum Teil ritorien Pommern und Schlesien. Die pommerschen gar nicht mitgemacht hat. Die schwache deutsche Mi­ Greifenherzöge konnten sich ebenso wie die schlesi- nisterialenschaft aber war dem Greifenhause nicht in schen Piasten gegen das seit dem 10. Jahrhundert dem Maße . ergeben wie etwa die brandenburgischen staatlich konsolidierte Polen bzw. gegen Dänemark nur Ministerialen den Askaniern, die ja für viele von ihnen durch den Anschluß an das Reich behaupten. schon in der alten Heimat die angestammten Herrn gewesen waren. Der Zisterzienserorden war von der Die Askanier vermochten ihren Bedarf an Ministe­ Diözesangewalt frei, seine Bauern brauchten dem rialen im wesentlichen aus ihren Stammlanden zwi­ Bischof keinen Zehnten zu zahlen. Der Pommernherzog schen Harz und Thüringer Wald zu decken. Eine ge­ konnte ihn daher als Gegengewicht gegen den vom schlossene askanische Landbrücke verband Havelland polnischen Erzbistum Gnesen abhängigen Bischof von und Prignitz über die zuerst kolonisierte Altmark und Kammin ausspielen. Ebenso brauchten auch die die südlich anschließende Grafschaft Billingshöhe mit deutschversippten Piastenherzöge von Schlesien die den Gebieten um Ballenstädt. Getreulich an ihrer Seite Zisterzienser, weil sie zuweilen Mühe hatten, sich gegen wirkten die landsässigen Bischöfe, insbesondere der die slavische Reaktion des einheimischen Adels zu Brandenburger, der aus seinen noch aus der Zeit Ottos wehren. Als offene Rebellion trat dieser Widerstand des Großen stammenden Gütern um Leitzkau Siedler nach dem Tode Herzog Heinrichs des Bärtigen 1247 in herbeizog. Die Berufung des Zisterzienserordens als die Erscheinung. Auch hier reichte der Zuzug deutscher Siedlerlieferant war also für die Mark nicht unum­ Ministerialen nicht aus, so daß der Landesherr den gänglich. Die Markgrafen wie auch der Deutsche Ritter­ Orden als Helfer begrüßte. Er war überall dort will­ orden in Preußen liebten es nicht, sich durch die Be­ kommen, wo ' Machtstellung und Hilfsquellen des rufung der mächtigen Orden selbständige Faktoren ins dominus terrae für die vom Schicksal gestellte Aufgabe Land zu ziehen. Koser nennt die Markgrafschaft der der Eindeutschung des Landes zu schwach waren. Un­ Askanier eine „Milüärkolonie"8). In ihr Gefüge paßte sere besondere Aufmerksamkeit erfordern die schle­ der von der bischöflichen Gewalt exempte Orden nur sischen und pommerschen Vorgänge deshalb, weil zur schwer hinein. Noch deutlicher trat dies bei den Temp­ Zeit der beginnenden Eindeutschung große Teile der lern zutage, die auf märkischem Boden, sei es nun in Mark Brandenburg noch zu Pommern bzw. Schlesien Quartschen und Küstrin, in Lietzen im Lande Lebus gehörten. Es waren die Uckermark und der Barnim oder auch in Tempelhof vor Berlin9), stets nur als pommersch, die Neumark nordwärts bis über Küstrin Schachfiguren des schlesischen Konkurrenten oder an­ hinaus und das Land Lebus schlesisch. Und gerade in derer Gegenspieler angesetzt worden sind. Unzweifel­ diesen Gebieten haben auf Veranlassung von Piasten haft hat in der Mark das Schwergewicht der kolonisa­ und Greifen die Orden sich kultivatorisch betätigen torischen Arbeit auf den Schultern der reichlicher als können. anderwärts zur Verfügung stehenden markgräflichen Ministerialen gelegen10). Die Zisterzienser sind aber War also die Aufnahmebereitschaft für den Zister­ dennoch von den Askaniern gerufen worden. Religiöse zienserorden von Seiten der Territorien durchaus unter­ Gründe waren es vornehmlich, die die Askanier zur schiedlich, so war auch innerhalb dieser Territorien Gründung der Zisterzienserklöster veranlaßten. Gleich­ die Fähigkeit zur Aufnahme neuer Siedler sehr ver­ wohl aber haben die wenigen märkischen Mönchs­ schieden. Denn keine dieser Landschaften war men­ klöster dieses Ordens Siedler aus den Gebieten ihrer schenleer oder wurde zu diesem Zwecke menschenleer altdeutschen Mutterklöster herangeschafft. Zwei Grup­ gemacht, wie es in einem zur Belehrung deutscher pen von Siedlern, die von askanischen Ministerialen Menschen kürzlich in deutscher Übersetzung heraus­ ins Land geführten Mitteldeutschen und Bauern vom gegebenen Buche von Henryk Kaisch heißt: „Unge­ Rhein, die ja nur von den Zisterziensern herbeigeholt fähr zur gleichen Zeit (mit der Eroberung Schlesiens) worden sein können, erwähnt der brandenburgische erfolgt die Eroberung des heutigen Brandenburg. Hier Hofrichter Johann von Buch in seiner im 14. Jahr­ ist die Durchsetzung mit deutschen Elementen so­ hundert verfaßten Glosse zum Sachsenspiegel. Er sagt, fort um vieles vollständiger, und zwar dank einer daß die Leute „in der Marke... allmestich inkommen überaus gründlich wirkenden Methode: Die ansässige sin, disse von Swawen, jene vorne Rine". Die einen slavische Bevölkerung, die aus Polaben bestand, ist kamen also aus dem „Schwabengau" — so hieß nach nämlich bis auf einen unbedeutenden Rest nieder­ den bei der Völkerwanderung dort hängengebliebenen gemacht worden. An ihre Stelle müssen wohl oder übel Teilen des Suebenstammes das Gebiet zwischen Harz Deutsche treten, und zwar nicht nur als Ritter und und Saale —, andere vom Rhein, wo die Zisterzienser­ Feudalherren, sondern auch als Bauern" und so fort11). mutterklöster lagen. Johann von Buch verdient Glau­ Die Quellen beweisen, Johannes Schultze hat es in ben, da seine Großeltern, von denen er sein Wissen ge­ einem in der Historischen Gesellschaft zu Berlin ge-

22 haltenen Vortrag erst unlängst wieder zusammen­ nicht aufgeteilt. So konnte sie der Landesherr noch im gefaßt, daß die starke zahlenmäßige Verminderung der 18. Jahrhundert als nicht vergebenen fiskalischen slavischen Bevölkerung zwischen Elbe und Oder eine Boden betrachten, sie trockenlegen und in Domänen­ Folge von jahrhundertelangen Kämpfen dieser kleinen ämter verwandeln. Es seien nur die auf solche Weise Stämme gegen Osten und Westen zugleich war. Von entstandenen Domänenämter Königshorst, Friedrichs­ Osten durch das erstarkende Polen gedrängt, fielen aue und Wollup genannt. Die Beibehaltung der bei den zum, Beispiel die Elbslaven noch über das hannover­ Slaven landesüblichen Nutzung der für den Ackerbau sche Wendland hinaus verheerend nach Westen in das bestimmten Flächen aber schloß sich bei der mittel­ Sachsenland ein, um sich dort niederzulassen. Das ver- alterlichen Kolonisation von selbst aus: Nur bei all­ anlaßte die Deutschen zum Gegenzug. Eine Folge die­ gemeiner Einführung der deutschen agrarwirtschaft- ser Kriege, nicht aber einer Ausrottung bei und zum lichen Verfassung ernährte derselbe Boden seine alten Behuf der ostdeutschen Kolonisation war das Zu­ wie auch seine neuen Bewohner. Die Gewannwirt­ sammenschmelzen der Wenden in manchen Landschaf­ schaft setzte die äußere Vermessung der Feldmarken ten, während beispielsweise die Sorben in der Lausitz voraus. Das Unternehmen begann also stets mit der keinesfalls derart durch Schicksalsschläge dezimiert Vermessung und Vermalung der äußeren Gemarkungs­ worden sind. Welche Verhältnisse die märkischen Zi­ grenzen. Einen solchen ländlichen Vermessungsakt sterzienser in ihren Gebieten vorfanden, davon wird schildert Goethe einmal, indem er von der bäuerlichen noch die Rede sein. Eine Ausrottung hätte einen natio­ Gepflogenheit berichtet, bei dieser überaus wichtigen nalen und rassischen Fanatismus vorausgesetzt, den es Gelegenheit einem kleinen Jungen eine tüchtige Tracht nicht gab. Mit der Annahme des Christentums durch Prügel zu verabfolgen, damit er sich noch im Alter an die Slaven war in den Augen der deutschen Zeit­ den Ort dieses unvorhergesehenen Ereignisses und da­ genossen die Hauptschranke gefallen. Der eine der bei­ mit an den Grenzverlauf erinnere. Nach der äußeren den großen Städtegründer der Mark, Markgraf Otto III., Vermessung wurden die Gewanne und schließlich die war mit einer tschechischen Prinzessin, der Przemys- aus vielen zerstreuten Einzelstreifen bestehenden lioün Beatrix, verheiratet. Ihre Nachkommen, halb- Hufen abgesteckt. Wald wurde gerodet und so die be­ slavischer Herkunft, sind die Vollender der Kolonisa­ nötigte zusätzliche Nutzfläche gewonnen. Von selbst tion in Brandenburg. Die Überlieferung beweist, daß ergab sich in bereits vorbesiedelten Gegenden die Not­ auch in der bäuerlichen Sphäre Deutsche und christia­ wendigkeit, Form und Zahl der vorhandenen Siedel­ nisierte Slaven in der Folge überall einträchtig neben­ plätze zu ändern. Die Auslöschung vieler Dörfer und einander gewohnt haben. Lediglich in den Städten, Neubegründung vieler anderer waren die Folge einer dieser für den Slaven ganz neuartigen rein deutschen im großen gesehen plan- und gleichmäßigen Aufteilung Schöpfung, hat noch auf lange hinaus der Wende des Landes, wie sie noch heute eine Übersichtskarte der keinen Zutritt zum Bürgertum und bürgerlichen Ge­ Gemarkungsgrenzen zeigt. Das Heilsame dieser Um­ werbe gehabt. Die Entwicklung in den Städten kann gestaltung haben auch slavische Historiker erkannt, hier jedoch nicht weiter verfolgt werden. haben sich sogar bemüht, in 'ihr eine Großtat vornehm­ lich des eingesessenen slavischen Volkstums zu sehen, Die Zisterzienser haben, wo sie rechtzeitig berufen wie es beispielsweise Dmitrij Nicolai Jegorov für Meck­ wurden, deutsche Siedler herbeigeführt und, in allem lenburg versuchte14). Schritt haltend mit der ritterlichen Lokatorenschaft, die slavische landwirtschaftliche Verfassung durch die Für die kolonisatorische Aufgabe der Zisterzienser deutsche ersetzt. Was geschah, war eine Neuschöpfung war es ein Segen, -daß der Orden 1208 das Verbot der ebensosehr wie eine Reform. Die Umsetzung altbesie­ Zinsbauernhaltung und damit den Grundsatz der Eigen­ delter Gebiete „nach deutschem Recht" wurde allem bewirtschaftung seiner Güter fallen ließ. Hier im Ko­ Anschein nach auch vom slavischen Bauern im all­ loniallande war diese infolge Mangels an Laien­ gemeinen begrüßt, da auch er teilnahm an der größeren arbeitskräften im 12. und 13. Jahrhundert gar nicht Freiheit. Auch er erhielt ein eingeschränktes Eigentum durchführbar. Welcher Bauernsohn hätte Knecht sein am Boden, während er bis dahin überhaupt kein Eigen­ wollen, wo ihm allenthalben die Möglichkeit geboten tum, sondern nur ein Bodennutzungsrecht gehabt wurde, einen Hof anzunehmen? hatte12). Joseph Pfitzner hat von einer magnetartigen Anziehungskraft der deutschen ländlichen Verfassung 18 1170 ist das erste Zisterzienserkloster im Gebiete der auf die slavische Bevölkerung gesprochen ). Vergebens späteren Provinz Brandenburg gegründet worden: bemühten sich polnische Historiker, das deutsche Zinna15). Erzbischof Wichmann von Magdeburg hatte Schulzengericht, in dem die Anfänge einer bäuerlichen einen Platz in abgeschiedener Lage inmitten von Sümp­ Selbstverwaltung liegen, als eine käufliche Pfründe fen gewählt. Die Pflanzung wurde aber schon bald wie­ hinzustellen. Um der größeren Freiheit willen haben der durch einen Einfall feindlicher Slaven zerstört, und zahllose slavische Bauern ohne Groll damals ihr Volks­ erst 1221 beginnt mit der Neugründung die stete Auf­ tum aufgegeben. Sie kannten individuelles Eigentum wärtsentwicklung des Klosters. Es wurde mit zahl­ bis dahin überhaupt nicht, sondern lediglich Familien­ reichen Dörfern im Lande Jüterbogk, um 1230 auch mit eigentum. Eine Großfamilie bildete zumeist ein Dorf. einem großen Landgebiet im Süden des Barnim um Diese Dörfer waren daher von geringem Umfang. Die Rüdersdorf ausgestattet. Drei Klosterhöfe hat Zinna slavischen Weiler, Rund- und Sackgassendörfer boten errichtet, Kaltenhausen nahe beim Kloster selbst und auch meist infolge der Eigenart ihrer Anlage und Lage Neuhof, im Barnim eine Grangie in Kagel. Aber schon im Gelände gar keine ErweiterungsmÖglichlkeit. Block- früh wurde der Neue Hof bei Zinna durch Besetzung förmig waren die Felder zerstreut, in den Wald hinein­ mit Bauern in ein Zinsbauerndorf umgewandelt. Das gehauen, wie es zu allen Zeiten erste Siedler im Ur­ Interesse an Bauern trat in den Vordergrund. Man wald gemacht haben. Die Abgrenzung der Dorf Auren erwarb schon von anderer Seite eingerichtete deutsche gegeneinander war unnötig, da Wälder und Sümpfe als Dörfer und kolonisierte selbst. Das Kloster hat im Grenzsäume genügten. Wälder, Sümpfe und Gewässer Laufe der nachfolgenden Zeit in drei urkundlich nach­ aber nützte man gemeinsam. In den Wäldern, auch weisbaren Fällen Dörfer gekauft, diese Dörfer — von wenn sie nicht für die Rodung vorgesehen waren, zogen denen das eine eine deutsche Fehlgründung zu sein die Deutschen nun Grenzen. Auf stehenden und fließen• scheint — eingehen lassen und ihre Feldmarken an­ den Gewässern aber blieb es vorerst bei der den Slaven deren Orten zugeschlagen16). Schwache Siedlungen, auch gewohnten Gemeinschaftsnutzung, Mit dem langsamen, Fehlgründungen wurden also aufgegeben, leistungs­ aber doch unvermeidlichen Eindringen der Deutschen fähige Großdörfer mit deutscher Agrarverfassung ge­ und deutschrechtlicher Eigentumsbegriife auch in das schaffen. Weil unter den gelegten Orten auch und ge­ Fischereigewerbe kam es infolgedessen zu Fischerei* rade auch slavische Kleinsiedlungen waren, hat man Streitigkeiten, die bis in die Gegenwart andauern, dies als einen Beweis für Ausrottung angesehen. Das deren Ursachen jedoch selten von den gerichtlichen ist ein Fehler. Es ist hier eingangs geschildert worden, Gutachtern erkannt worden sind. Auch die großen un­ daß im 11. und 12. Jahrhundert auch in Württemberg wegsamen Sumpfgebiete an Havel und Oder wurden und Baden Dörfer aus wirtschaftlicher Planung heraus

23 beseitigt worden sind. Kein dortiger Wüstungsforscher mals schaffen können. Zu den Klosterhöfen ist zu nimmt aber die Abschlachtung der Bauern an. Allent­ sagen, daß das Areal der Lehniner Grangien im Ver­ halben in den sandigen ertragsarmen Landstrichen des hältnis zum Gesamtlande der Klosterbauern an Um­ Ostens sind bis zum Dreißigjährigen Kriege hin Sied­ fang geringer gewesen sein dürfte als die den adligen lungen verschwunden. Kloster Zinnas Wirken im Grundherren bei der Kolonisation zugebilligten Anteile Lande Jüterbogk war vornehmlich Umgestaltung, im im Verhältnis zum Anteil ihrer Bauern an der Flur Barnim Neugründung von Dörfern17). Die Ortsnamen des adligen Dorfes. Als Neugründer von Dörfern Zinndorf, Klosterdorf, Hennickendorf, Werder deuten kommt Lehnin in seinem Barnimbesitz in Betracht. teils auf das Kloster selbst, teils auch auf gleichnamige Und zwar scheint hier um Klosterfelde, Stolzenhagen, Zinnaer Dörfer im Lande Jüterbogk hin. Auch in die Woltersdorf und Schönerlinde Lehniner Gründungs­ weiter nordöstlich vor Wriezen gelegenen Orte Ruhls­ tätigkeit schon in der voraskanischen Zeit angenommen dorf, Grünow und Frankenfelde scheinen die Siedler werden zu müssen19). Wie anders könnte man es er­ aus Klosterdörfern gleichen Namens bei Zinna ge­ klären, daß eines der dem Kloster 1242 von den As- kommen zu sein. Wenn sich hier auch für kolonisatori­ kaniern verliehenen Dörfer schon bei der Schenkung sches Wirken Zinnas sonst kein urkundlicher Beleg den Namen „Klosterfelde" trug?20) Es scheint, als ob findet, so ist doch möglich, daß dieses Wirken des die Askanier »hier ein älteres Besitzrecht des Klosters Klosters schon in der Zeit vor der askanisehen Land­ aus der Zeit der zisterzienserfreundlichen Pommern­ nahme stattgefunden hat. Im Klostergebiet um Kagel herrschaft bestätigt haben. Auch hier im Barnim hat und Rüdersdorf weist der Boden kaum vordeutsche Lehnin ein paar Dörfer geopfert, um die anderen Spuren auf. Dennoch werden auch in oder an diesem auf desto gesündere Grundlage zu stellen21). Heideland einzelne slavische Siedlungen gelegen haben. Großen Bauerndörfern, Hagehdörfem, die stets auf Es scheint, daß beispielsweise Altena bei Rüdersdorf, Waldrodung deuten, steht ein Klosterhof gegenüber, der vermutlich trotz seines deutschen Namens slavischen bei Schönwalde gelegen hat. Die letzten Spuren seiner Ursprungs, nicht in die deutsche Aufgliederung hinein­ Baulichkeiten sind erst bei Anlage der Rieselfelder ver­ gepaßt hat. Deshalb ging es später ein, und man legte schwunden. seine Felder zu Rüdersdorf. Ich komme auf diesen Ort noch einmal zurück. In allen Klosterdörfern haben Die uckermärkische Tochter Lehnins, Kloster Chorin, fand im Seengebiet südlich! von Angermünde eine dich­ Slaven als Bauern, in der Mehrzahl wohl als Kossäten 22 neben Deutschen gelebt, sind mit diesen verschmolzen. tere slavische Bevölkerung vor ). Aber auch diese „Eine Ausrottung hat nicht stattgefunden4', schreibt Slaven sind nicht „niedergemacht" worden. Jene welt­ Hoppe in seiner Zinnaer Klostergeschichte von 1914. entsagenden Mönche, die 1258 gerufen wurden, um für Germanisatorische Absichten konnten die Mönche gar die johanneische Linie der Askanier ein neues Begräb­ nicht haben. Ihre dänischen Ordensbrüder haben in niskloster zu errichten — Lehnin war bei der jüngeren Pommern um die gleiche Zeit aus dem gleichen reli­ ottonischen Linie verblieben23) — wählten den einsamen giösen Impuls kultiviert und bekehrt wie sie. Pehlitzwerder im Paarsteiner See aus religiösen, wohl weniger aus Sicherheitsgründen zum Platz ihrer ersten Nur ein Jahrzehnt nach Zinna ist Kloster Lehnin in Niederlassung: Sie wollten bekehren, nicht ausrotten. der Zauche von Markgraf Otto II. zur Vertiefung des Nach der Verlegung des anfangs Mariensee genannten Christentums in der nur oberflächlich bekehrten wen­ Klosters nach Chorin haben auch sie zwar die Dörfer dischen Bevölkerung und als Begräbniskloster für das Pehlitz und Plawe in curiae, Ackerhöfe verwandelt24), askanische Haus begründet worden. „Zauche" bedeutet aber andere Dörfer wurden um so besser gestellt, und „Dürres Land", und der Wanderer durch ihre Heiden in ihnen erhielten auch die slavischen Bewohner Eigen­ weiß, wie treffend dieser Name ist. „Die Heide ist kein tum am Boden. Nochmals: In diesen weniger zahl­ Boden für Zisterzienser" hatte der Heilige Bernhard reichen, aber rational aufgebauten Siedlungen war es gelehrt. In seiner Klostermonographie hat nun Johan­ möglich, mehr Menschen und diese besser unterzubrin­ nes Schultze glaubhaft gemacht, daß die Sümpfe um gen, als die Beibehaltung der unwirtschaftlichen Kul­ Lehnin zur Zeit seiner Gründung infolge höheren tur- und Siedelformen der Slavenzeit erlaubt hätte. Grundwasserstandes viel umfangreicher als heute ge­ 18 Hier und da gewähren Choriner Urkunden einen Ein­ wesen sind ). Ein Blick auf das Meßtischblatt läßt blick in diese Umkrempelung aller Verhältnisse. Nach­ keinen Zweifel daran, daß die Wiesen von Rädel und dem Chorin 1270 das Slavendorf Ragösen südwestlich Schwina bis Lehnin hin damals Silva waren: Un­ vom Kloster erworben hatte, ließ es das Dorf eingehen passierbarer Sumpfwald mit Erlen, Föhren und Wei­ und legte einen Klosterhof' an25). Hier heißt der Ort, den, in denen sich vornehmlich die Wildschweine wohl­ der dem Kloster zu nahe lag, später nicht „Kalten­ gefühlt haben dürften. Sahen doch so fast alle sumpfi­ hausen" wie bei Lehnin und Zinna, sondern man gen Niederungen hierzulande damals aus! Man muß nannte den Platz des ehemaligen Dorfes und den Klo­ sich das aber heute erst klarmachen, um zu erkennen, sterhof Altena. „Incolae ipsius loci sunt amoti" heißt es daß das Kloster die jetzt dort befindliche fruchtbare in der Urkunde. Weshalb das Kloster die Ragöser aus­ Landschaft erst durch Trockenlegung und Rodung ge­ siedelte, das besagt der deutsche Name Altena: Ra­ schaffen hat. Auch Lehnin wurde also wie Zinna "ur­ gösen hatte all zu nah gelegen! Ich verweise darauf, daß sprünglich inmitten von Sümpfen in abgeschlossener diesen Namen Altena auch, das bereits erwähnte im Lage angelegt. Eine slavische Vorsiedlung möchte ich 14. Jahrhundert gelegte Zinnaer ^ Klosterdorf bei jedoch hier wie bei Zinna annehmen. Darauf deutet Rüdersdorf getragen hatte, dessen Äcker in der Folge der dicht bei beiden Klöstern vorkommende Ortsname zu Rüdersdorf geschlagen wurden. Warum schlug man „Kaltenhausen" hin. Kalte, d. h. unbewohnte Häuser seine Äcker zu Rüdersdorf? Auch dieser Ort war einer haben dort offenbar lange gestanden und den an die anderen stärkeren Siedlung „allzunah" gewesen. Zum Stelle dieser Dörfer getretenen Klosterhöfen den Beweise, daß dies keine gewagte Namensethymologie Namen gegeben. Es ist ein redender Name. Bei den ist, sei an Altona bei Hamburg erinnert. Seinen Namen, Wendendörfern kann es sich um Fischersiedlungen früher auch „Altena" geschrieben, erklären die Philo­ gehandelt haben, deren Bewohner sich infolge der Ab­ logen auch als „allzunah", und die Geschichte Altonas lassung der im Luch befindlichen fischreichen Lachen berichtet, daß der Hamburger Rat nach zweimaligem zum Wechsel ihres Berufes gezwungen sahen. Im übri­ Brande des Ortes sich größte Mühe gegeben hat, seinen gen bestanden auch in der Zauche schon deutsche Dör­ Wiederaufbau zu verhindern, weil es all to nah, das fer, als der von Sittichenbach dorthin entsandte Kon­ heißt in der Bannmeile Hamburgs lag26). Und Holtenau vent Einzug hielt. Aber immer noch war schwere Rode- bei Kiel heißt im Mittelalter Altena, weil es all te nah und Meliorationsarbeit zu leisten. Auch hier sind Dör­ 27 fer damals eingegangen und aufgegangen in den be­ bei Kiel lag ). Der Name von Altena bei Rüdersdorf stehenden Siedlungen. Spaten, Wüstungsforschung und und Altena bei Kloster Chorin enthält also wie „Kal­ Flurnamensammlung beweisen es. Diese Pionierarbeit tenhausen" einen wichtigen Hinweis auf die landes- hätten auch hier die unter Leitung der Brüder arbei­ planerische Tätigkeit der Mönche. Bei der Schenkung tenden Konversen der paar errichteten Klosterhöfe nie­ von Britz bei Chorin an das Kloster im Jahre 1277 er­ lauben die Markgrafen dem Kloster ausdrücklich eine 24 28 Verlegung des Dorfes innerhalb seiner Gemarkung ). derrheinische Kolonisten des Klosters Kolbatz schufen. Warum dies dann nicht geschah, ist weniger interessant, Noch bis zum Zusammenbruch von 1945 kündete die als daß offenbar bei den Mönchen bei der Ausstellung festtägliche Tracht der Bauern aus der Gegend um den der Urkunde die Absicht, das Dorf zu verlegen, be­ Maduesee von der Herkunft ihrer Vorfahren. Tochter­ standen hatte. Denn der Markgraf schenkte das Dorf kloster von Kolbatz war Marienwalde im neumärki­ ja nicht aus eigenem Einfall, sondern man muß sich schen Hinterkreise Arnswalde, das nach 1280 meh­ den Vorgang so vorstellen, daß Kloster Chorin, etwa rere Hagendörfer in den unerschlossenen Heiden die­ durch den Mund seines gerade am Hofe weilenden Ab­ ser Gegend anlegte34). 1945 wurden die Reste der Klo­ tes um eine Überlassung des dem Kloster benachbarten stergebäude von Marienwalde zerstört. Was Kolbatz Dorfes und zugleich um die Erlaubnis zu seiner Ver­ und Buckow für Ostpommern bedeuteten, das taten legung gebeten hatte. Eldena und Neuenkamp in Vorpommern, indem sie So interessant nun aber auch diese wenigen Auf­ große Gebiete neu besiedelten oder in den deutsch­ schlüsse, die Urkunden und Namen geben, sein mögen, dänischen Kriegen verwüstete Landschaften wieder sie ergeben nur dann ein geschlossenes Bild, wenn zum Leben erweckten. die richtige Vorstellung von der Gesamtheit des kolo­ Um ein Urteil über den zisterziensischen Beitrag zur nisatorischen Vorganges bereits vorhanden ist. Daß Landeskultur fällen zu können, ist es notwendig, diese diese richtige Vorstellung heute bereits.möglich ist, ist größeren Leistungen in Schlesien und Pommern in die vor allem der historisch-geographischen Methode zu Betrachtung einzubeziehen, und es ist nicht möglich, verdanken. Ihre Eigenart ist, die mittelalterlich-urkund­ die Mark Brandenburg, in dem die Verhältnisse für liche und chronikalische Überlieferung mit den vor­ den Qrden ungünstig lagen, für sich allein zu betrach­ geschichtlichen Funden einerseits und den reichlicheren - ten. Sie konnten in jedem Territorium nur* soviel schriftlichen Quellen der späteren Jahrhunderte, mit leisten, als ihnen zu leisten gestattet wurde. Flurnamen, mündlicher Tradition, nicht zuletzt auch Gar nicht erwähnt wurden bisher ihre außerordent­ den Ergebnissen der Mundartenforschung andererseits lichen Leistungen auf dem Gebiet des Weinbaus. Mag zu verknüpfen. Der am mittelalterlichen Material ge­ er schon vor ihrem Erscheinen in der Mark nachweis­ schulte Forscher studiert mit kritischer Skepsis be­ bar sein, durch sie hat er erst wirkliche Bedeutung ge­ sonders die späteren Quellen auf ihren Aussagegehalt wonnen. Die Bauern aus dem Schwabengau dürften für die vorhergehenden Jahrhunderte. Diese Methode kaum etwas vom Rebenbau verstanden haben, während haben bisher etliche historisch-geographische Spezial- die Klosterbrüder mit ihrer rheinischen Tradition hier arbeiten angewendet, mit ihr haben auch die größeren in ihrem Element waren. Lehnin hat erstmalig aus den umfassenden historischen Atlaswerke Pommerns und 29 sandigen Höhen bei Werder etwas gemacht, indem es gearbeitet ). Alle Arbeit hatte das Ziel, sie mit Wein bepflanzte. An den Südhängen der Ufer­ die Genesis des ostdeutschen Raumes aufzudecken. Eine höhen bei Oderberg und Liepe wurde noch im sieb­ Tragik ohnegleichen ist es, daß der Verlust beispiels­ zehnten Jahrhundert in großem Umfange ein ertrag­ weise der schlesischen und neumärkischen Archivalien 30 reicher Weinbau betrieben. Das Vorbild der klöster­ zugleich mit dem der Länder selbst eintrat ), bevor lichen Weinberge wurde allenthalben im Lande nach­ noch die frühdeutsche Schöpfungsgeschichte dieser geahmt. Länder wirklich erschlossen war. Den Rüdersdorfer Kalk haben die Mönche von ihrem Eine soeben erschienene Arbeit Wilhelm Oelmanns Erscheinen im Barnim an zu ihrem eigenen Nutzen entwirft aufgrund reichen Urkundenmaterials unter und zum Nutzen des ganzen Landes abgebaut35). Heranziehung des aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts Die Zisterziensernonnenklöster werden hier nicht be­ stammenden Neuzeller Atlasses von Grundt und Bohrdt handelt, weil ihre Leistung auf allgemeinem kul­ in methodisch vorzüglicher Art ein Bild von der Kul­ turellem, nicht aber auf kolonisatorischem Gebiet liegt. turentwicklung des Neuzeller Stiftsgebiets von den An­ An dieser Leistung hatten alle kirchlichen Institu­ fängen bis zur Separation31). Leider ist für kein anderes tionen teil. Auch auf die Auswirkungen zisterziensischer Teilgebiet ein ähnliches Material vorhanden. Das Buch Baukunst auf die gesamte Kirchenbauweise des Landes von Oelmann erbringt den Beweis, daß im Neuzeller sei hier nur hingewiesen. Stiftsgebiet die Slaven auf ihren Höfen sitzen blieben, „Die Kirche hat bei der ostdeutschen Kolonisation die Deutschen dazukamen. Die Vergleichung dieser Ver­ viel mehr gewonnen als geleistet", lautet Albert Haucks hältnisse im Neuzeller Gebiet mit denen in der ge­ zusammenfassendes Urteil36). Ist auch hier eine Aus­ schichtlichen Mark Brandenburg, ja sogar in der übri­ einandersetzung mit dieser Frage in ihrer umfassenden gen Niederlausitz zeigt, wie stark die vorgefundenen Weite nicht möglich, so ist es doch an der Zeit, eine Zustände sowohl wie auch die nachfolgende Entwick­ Modifizierung des oben zitierten Satzes von Hauck, die lung in den einzelnen Landschaften voneinander ab­ Vernichtung zahlreicher Dörfer durch die Zisterzienser weichen. Diese methodisch und in ihrer allgemeinen sei eine solche Schädigung des Landes gewesen, daß sie Darstellung der Entwicklung wertvolle Arbeit, die der den Gewinn durch die bessere Bewirtschaftung wohl schlagendste Beweis gegen die Ausrottungsthese ist, aufwog, zumindest für Ostdeutschland vorzunehmen. ließ der Verein für Geschichte der Mark Brandenburg Unsere heutige Kenntnis vom Charakter der Koloni­ bereits vor 1945 mit Ausnahme der Karten ausdrucken. sation als einer Neuschöpfung und einer alle vorgefun­ Da in Berlin kein Geld für die Vollendung vorhanden denen wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse war, mußte sie im Westen erscheinen. umwälzenden Reform widerlegt dieses Urteil. Es ist kein Zweifel, daß auch für das altdeusche Gebiet das Im Lande Lebus haben die Leubuser Zisterzienserm zu­ sammen mit Augustinern und Templern kolonisiert. Wort Haucks nicht das letzte ist. In Nordostdeutschland Sie haben die Wälder nördlich von Müncheberg und vollzog der Orden rechtzeitig die Umstellung seines um Lietzen gerodet und dort 18 Straßendörfer neu an­ wirtschaftlichen Grundprinzips, um segensreichste An- gelegt32). Die Orden waren dorthin geschickt worden siedlungsarbeit leisten zu können. In den auf die Kolo­ von Herzog Heinrich dem Bärtigen von Schlesien, der nisation ^folgenden Jahrhunderten ist der Bauer damals noch Herr des Lebuser Landes war und hier nirgends besser dran gewesen als unter dem Krumm­ eine Art neutraler Zone schaffen wollte. Er hat jedoch stab. Die Finanzkraft der Ordenskongregationen er­ auch damit das Vordringen der Askanier nicht aufhal­ laubte es ihnen, in ihren Gebieten durch Krieg oder ten können. Was die Zisterzienser von Leubus, von Seuchen wüst gewordene Dörfer fast stets wieder auf­ Heinrichau, von Grüssau im 13. Jahrhundert in Schle­ zubauen, während ringsumher adlige Grundherren und sien geschaffen haben, stellt gewiß die Leistung der Städte solche Katastrophen zum Auskauf von Höfen märkischen Zisterzienser in den Schatten. Von Kloster oder ganzen Ortschaften benutzten. Da nun aber Ost­ Kolbatz, von Kloster Buckow in Pommern urteilt Mar­ deutschland seinen späteren hohen Kulturzustand nicht tin Wehrmann, daß ihre Tätigkeit Mittelpunkt der auf einmal im 13. Jahrhundert, sondern in einem an wirtschaftlichen Umgestaltung des Landes gewesen Rückschlägen reichen Ringen von Jahrhunderten er­ sei33). Ich nenne nur den Pyritzer Weizacker, den nie­ langt hat, scheint es nicht mehr als richtig zu sein, 25 ostdt. Koloniallandes. D. H. f. Volks- u. KulturTbodenforsehung. diese nahezu ausnahmslose Konservierung des Bauern­ Bd. 2 (1931/32). — 14) Dmitrij Nikolai Jegorov: D. Kolo­ standes in den geistlichen Gebieten bei der Beant­ nisation Mecklenburgs im 13. Jh. D. -Übersetzung. 2 Bde. wortung der gestellten Frage mit in die Wagschale zu (1930). — Dazu: H. Witte: Jegorovs Kolonisation Mecklen­ burgs i. 13. Jh. Ein krit. Nachwort. Bibl. geschichtl. Werke werfen. Die konstatierte frühe Abkehr der ostdeut­ a. -d. Literaturen Osteuropas. Nr. 1, Bd. III. (1932) — schen Zisterzienser von der Grangienwirtschaft schließt 15) W. Hoppe: Kloster Zinna. Veröffentl. d. Ver. f. Gesch. es auch aus, in ihrem Wirken das schlechte Beispiel d. Mark Br. (1914) — iß) Das. S. 136 f: Meine 1307, Slawtitz 1394, Klausdorf 1426. — n) Das. S. 133. -18) J. Schultze : Lehnin für die rücksichtslose Ausdehnung der Gutswirtschaft (1930) S. 4. — 19) Ausführlicher darüber mein Aufsatz: „Die besonders im 16. Jahrhundert zu sehen. Keime und Vor­ Besiedlung des Niederen Barnim" in Weiß u. Rehberg : bilder der ostdeutschen Guts Wirtschaft liegen in den Zw. Schorfheide u. Spree. (1940) S. 102 ff. — 20) Bei dem in der Tauschurkunde genannten ,hangenden Berg (RiedelAXp. den ritterlichen Grundherren schon bei der Kolonisa­ 200 f) kann es sich nicht um Hangelsberg in der Diözese Lebus tion selbst verliehenen Anteilen und Rechten und in handeln, sondern nur um einen weiter westlich gelegenen der im Lande vorgefundenen slavischen Fronhofsver­ Berg (s. auch A XXIV p. 328). — 2i) Vgl. den in Anm. 19 zit. fassung. Der karge ostdeutsche Boden trug das Seine Aufs. S. 104. — 22) G. Abb : Geschichte des Klosters Chorin. 37 Jb. f. br. KG. 8. Jg. (1911), S. 77 ff. — 23) B. Schulze: Brdb. zu dieser Entwicklung bei ). Landesteilungen. Einzelschr. d. Histor. Komm. f. d. Prov. Brandenb. u. d. Heichshauptst. l. (1928) — 24) Abb S..150f. — 25) Abb S. 153. — 26) R. Ehrenberg: Altona unter i) K. Lamprecht: Deutsche Geschichte III.2 (1895) Schauenburgischer Herrschaft. I: Die Anfänge Altenas (1891). S„ 371 ff. — 2) A. H a u c k : KirchengeschicMe Deutschlands IV. — Vgl. auch die Bespr. in Zs. f. Schlesw.-Holst.-Lauenburg. (1925) S. 352 f. — 3) w. Sombart: Der moderne Kapitalis­ Landesgesch. XXI (1891) S. 403. — Joh. v. Schröder u. mus. Bd. l. (1924) — 4) s. Karte der Filiation der rhein. Zister­ H. Biernatzki: Topographie d. Herzogtümer Holstein u. zienserklöster in „Geschiehtl. Handatlas d. dt. Länder am Lauenburg. 1. Bd. (1855), S. 165 f. — 27) p. D o h m : Holstei­ Rhein", bearb. v. J. Niessen (Köln/Lörrach 1950) S. 19. — nische Ortsnamen. Zs. d. Gesellsch. f. Schlesw.-Holst. Gesch. 5) G. Reischel: Die Wüstungen d. Prov. Sachsen u. d. XXXVni (1908), S. 221. — 28) A XIII p. 220. — 29) s. meinen Freistaates Anhalt. Bd. 2 (1926) S. 254 ff, bes. S. 257. — Aufs.: Weg u. Plan des Hist. Atl. d. Prov. Br. FBPG., Bd. 51 6) M. Walter: Die Bedeutung der Wüstungsforschung für (1939) S. 344 ff. — 30) Die neumärkischen Archivalien sind be­ die Geographie. In: Beitr. z. Oberrhein. Landeskunde. Festschr. reits beim Bombardement von Küstrin 1759 stark gelichtet z 22. Dt. Geographentage in Karlsruhe. (1927) S. 45 f. — worden. Nach der Eroberung Berlins i. J. 1945 traten erneut D e r s. : Die abgegangenen Siedlungen (1927). — 7) A. Kieke­ stärkste Verluste ein. — 3i) w. O e 1 m a n n : Die Entwick­ busch: Bilder a. d. mark. Vorzeit. (1917) S. 75 ff. — lung der Kulturlandschaft im Stift Neuzelle. Forsch, z. df. 8) R. K o s e r : König Friedrich der Große. Bd. 1. (1893) S. *3. Landeskunde Bd. 52 (Landshut 1950). — Das Hauptexemplar — 9) H. Lüpke: Die Templerkommende Tempelhof. Tel­ des Neuzeller Atlasses (früher i. d. Staatsbibl. Bln.) ist dem tower Kreiskai. (1933) S. 10 f. — 10) H. F. S c h m i d : Das Vernehmen nach verlorengegangen. Ein 2. Exemplar be­ Recht d. Gründung u. Ausstattung von Kirchen i. kolonialen findet sich, im Berl. Hauptarchiv. — 32) G. Fischer: Das Teil der Magdeburger Kirchenprov. während d. Mittelalters. Land Lebus. (1936) S. 34 ff. — 33) M. W e h r m a n n : Gesch. Zs. d. Savignystiftung f. Rechtsgesch., Kan. Abt. Bd. 44 (1924). v..Pommern. 1. Bd. (1904) (Allgem. Staatengesch. III, 5), S. 105. — ii) Henryk K a i s c h : Der unbekannte Nachbar. Dt. Über­ — 34) sie sind zum Teil in den Kriegen des 14. Jh. wieder setzung. (Berlin 1950.) — 12) G. Menz: D. ostelbische Kolo­ zugrunde gegangen. — 35) Näh. bei Hoppe, S. 156 ff. — nisation als Bodenreform. Forsch, u. Fortschr. 26. Jg. (1950), 36) H a u c k S. 582. — 37) w. Geisler: Die Gutssiedlung u. S. 155..— 1?) j. pfitzner: Entstehung u. Stellung des nord- ihre Verbreitung i. Norddtld. Geogr. Anz. 22 (1923), S. 250.

Willi Hoppe: Biesenthal Zur askanischen Besitzergreifung des Barnim Der Ursprung Biesenthals, jener „holprigen Idylle", Niederfinow in der askanischen Frühzeit militärisch wie Fontane einmal schrieb, ist bisher nicht geklärt wichtig gewesen ist7). Eine andere Position, von der worden, so vielerlei auch darüber zu Papier gebracht aus die Markgrafen das erstrebte Ziel zu erreichen wurde1). Und doch muß hier einmal ein Schwerpunkt suchten, wird aber auch der Glien bzw. das Havelland frühdeutschen Wesens im Barnim gelegen haben, teilten gewesen sein. Vielleicht lagen beide sogar näher und sich doch Biesenthal und Strausberg zur askanischen günstiger. Dort bot der burgbewehrte Paß von Bötzow Zeit in die Vogteiaufgaben jener Landschaft2). Die (Oranienburg) einen Übergang über die Havelgrenze schriftlichen Quellen reichen, nicht aus, um das Dunkel und hier das nicht minder gesicherte Spandau, von zu lichten. Auch hier gilt die Forderung, daß Landes- dem ein Weg, ohne Berlin zu berühren, etwa die Panke geschichte erwandert werden müsse. Nur eine Ver­ aufwärts zu suchen wäre8). Von beiden Ausgangs­ bindung historischer und geographischer Momente punkten aus würde man die Finow mehr oberhalb von kann dem Ziele näher führen. Niederfinow überschritten haben, aber nicht etwa bei Eberswalde, das erst 1317 zur Übergangsstelle wurde, Biesenthal liegt in der nordwestlichen Ecke des Barnim, sondern bei Heegermühle oder bei Sehöpfurth-Stem- rund 25 km Luftlinie östlich der Havel, die — mitsamt furth9). der Nuthe —in Albrechts des Bären Tagen (f 1170) die Ostgrenze der Mark Brandenburg war. So ungewiß die Ging man von Bötzow aus, so kam man in eine Einzelheiten" der baldigen askanischen Vorstöße sind, Landschaft, die nicht nur starke Waldbedeckung aufwies, sicher hat Albrecht IL, vermutlich um 1214. in Oder­ wie wir sie noch heute finden. Sie war auch ungemein berg eine Burg gegen die Slawen auf dem heutigen dicht mit Gewässern und moorigen Niederungen durch­ Albrechtsberg errichtet3). Dieses Vordringen kann sich setzt, die allerorten den Weg sperrten. So zog sich nicht ohne militärische Stützpunkte und Etappenorte durch das Waldgebiet von Ost nach West eine lang­ vollzogen haben. gestreckte, miteinander verbundene Seenkette: Hell­ see, Obersee, Liepnitzsee, Wandlitzsee, Rahmersee, Stießen die Askanier auf die untere Oder vor, d. h. Lubowsee. Die Sperre setzte sich in der bis zur Havel also zunächst in das Gebiet der südlichen Uckermark, unterhalb Bötzow fließenden Briese fort und wurde so konnte es von zwei Ausgangsstellungen her erfolgen: obendrein durch die Rinne des Lehnitzsees ver­ von der Zauche aus über Saarmund in Richtung auf stärkt. Nördlich von dem mittleren Abschnitt jener den Berliner Spreepajß4) und weiter quer durch den 5 Seenreihe breitete sich ein durch Moore und Gewässer Barnim. Hier hat die Forschung ) eine Etappenstraße mannigfach zerrissenes Gelände aus und reichte nach im Zuge der Ortschaften Blumberg, Werneuchen, Norden bis zu der heute durch den Finowkanal ein­ Beiersdorf, Heckelberg, Hohenfinow, also in nordöst­ genommenen Senke. Immerhin bot sich durch einzelne licher Bichtung, zu erkennen geglaubt, deren Bestehen 6 Geschiebelehm- und Sandflächen die Möglichkeit eines trotz gewisser Einwände ) nicht abzulehnen sein wird. wenn auch weit ausladenden, Weges. Er ist durch die Sicher bleibt jedenfalls, daß Hohenfinow — seine ehe­ bei der späteren askanischen Kolonisation gegründeten mals dreischiffige romanische Basilika verrät ein sehr Dörfer Schmachtenhagen, Zehlendorf, Stolzenhagen hohes Alter vom Anfang des 13. Jahrhunderts — für Arendsee (heute Vorwerk), Lanke bezeichnet und führt die Sicherung des Übergangs über die Finow bei südöstlich Stolzenhagen über einen knapp 500 m langen 26 Vdcrbe,^ •tZcbcnaaldc s $m]ö(Mi

Ä %Hlaidorf JUofivfddz **r^ _^_ • .Stoi&nhqgcn o .SchcHhol^. Tckmcktai-ßg^vtegß Xßicfentkal ^ßQtep&.-yj. nun, Wnmenburtj) Jj^uä^

•jbperttickj V, >ßuch •löerneadm •Y »KanalsKgnovS „, - u Strausberg TiJanMgiä ÜtofWbdding Jot \Kßsoiö Striin, foUbild der mitelütterlichcfi S'wdliM) J " aafdemßarnm Entwarf: Hoppe leidtßUßgrfomploß

Damm. Der Weg endet in — Biesenthal. Nachdem nörd­ Gleichwohl tritt uns Biesenthal in den schriftlichen lich, und südlich von diesem sich noch einmal eine Quellen erst 1258 entgegen, charakteristischerweise mit durch das Quellgebiet der Finow gebildete langgedehnte der Nennung des damaligen Vogtes als Zeugen einer in Sperre quergelegt hat, ist nach ihrer Überwindung der Spandau ausgestellten Urkunde der Markgrafen Jo­ Weg zu allen genannten Finowpässen (Niederfinow, hanns I. und Ottos III.: Heinricus de Thenis advo- Heegermühle, Schöpfurth-Steinfurth) unbehindert. Zu catus de Bizdal15). Die von Thene waren ein altmär­ dem Gebiet nördlich der Finow, also der südlichsten kisches Geschlecht im Kreise Osterburg, an das noch Uckermark, bestand von Biesenthal aus sicher eine heute der Theenhof, ein Vorwerk bei Kannenberg Verkehrsstraße: sie ist 1267 und nochmals 1304 durch (südlich Werben und ostnordöstlich Osterburg) erin­ die nördlich liepe genannte via Bizdal belegt10). nert. Beachtet man diese Herkunft, so darf man jetzt Bereits der Slawe wußte die durch die Natur be­ auch als nahezu sicher betrachten, daß der Name des dingte Sicherung jenes Platzes zu nutzen. Ein Burg­ jungen askanischen Burgortes von dem südwestlich Osterburg auf dem rechten Ufer der Biese gelegenen wall findet sich auf äem nördlich der heutigen Stadt Biesenthal übertragen16) ist Er ist also nicht mehr aus in der Finowniederung gelegenen Heiherberg. Zu der dem Slawischen zu deuten. Das Einsickern altmärki­ dort einst vorhandenen Slawenburg gehörte als Dienst- scher Elemente in die Nordwestecke des Barnim wird mannensiedlung der übliche Kietz im Nordzipfel der weiter durch den schon erwähnten Namen Arendsee heutigen Fischerstraße südwestlich des Reiherberges. (nordwestlich Osterburg) erhärtet17). Es ist höchst bedeutsam, daß der Wall auch früh­ deutsche Spuren aufweist11). Ob sie auf eine etwaige Seinen Verwaltungssitz nahm der askanische Vogt Benutzung der slawischen Befestigungsanlage schon nicht auf der alten slawischen Burg auf dem Reiher­ bei dem Vordringen Markgraf Albrechts II. nach Oder­ berg ein. Südwestlich von ihm bot sich eine deutschen berg zurückgehen, bleibt ungewiß. Mindestens aber militärischen und kulturellen Ansprüchen viel besser werden sich die Askanier des Passes versichert haben, genügende Stätte: auf dem unvermittelt steil 16 Meter als sie endgültig auf dem Barnim Fuß faßten. Es liegt hoch aufragenden Schloßberg, dem sich südöstlich ein immer noch am nächsten, daß es erst um 1230, und kleinerer Hügel, der sogenannte Küchenberg (auch zwar zusammen mit dem Teltow, geschah12). Dadurch Kleiner Schloßberg) vorlagerte. Geringe Baureste sind wird nicht ausgeschlossen, daß der Deutsche schon vor­ noch heute auf dem Schloßberg vorhanden. Die ganze her über die bisherige Grenze vorfühlte, wie wir es Anlage, nach Norden von der weiten Niederung des z. B. von der unteren Nuthe wissen. Sollte es unwahr­ Finowgeländes umsäumt, wurde von einem der Quell­ scheinlich sein, daß es auch auf jener Xinie Bötzow— bäche der Finow, dem Sydow-Fließ, völlig umflossen und konnte durch Anstauen der Finowzuflüsse noch Biesenthal geschah, wo die Dörfer Schmachtenhagen 18 und Stolzenhagen in ihrem Namen die Erinnerung an mehr gesichert werden ). die in den Kolonisationsanfängen mehr als später not­ Unter dem Schutz der Burg wird sich, wie es der wendige Sicherung durch die Hagumfriedung be­ allerorten erkennbaren -Entwicklung entspricht, früh wahren13)? Für ein sehr frühes Festsetzen in Biesen­ ein suburbiwm gebildet haben, und zwar südöstlich von thal spricht weiter die schon erwähnte Stellung als ihr. Über dessen Charakter sagt der heutige Stadtplan einzige Vogtei neben dem für den östlichen Barnim nichts Genaueres aus, nachdem Brände, vor allem der zuständigen Strausberg. 1242 hatte sich an der Straße große von 1756, den ursprünglichen Bestand zerstörten. bereits Kloster Xrehnin iii Stolzenhagen und Arendsee Immerhin scheint der Kern des mittelalterlichen Bie­ (heute Vorwerk südöstlich Stolzenhagen) festgesetzt14). senthal in seinem südlichen Teil etwas sehr Aufge-

27 lockertes gehabt zu haben. Ob wirklich, wie angenom­ verhältnisse seiner 120 Hufen sind durchaus dörfliche. men wird19), der östliche Teil der Breiten Straße als Auffallen muß bei der 1370 ausdrücklich hervorge­ ein dörfliches suburbium anzusehen ist, dem sich hobenen sehr guten landesherrlichen Forst, merica noch in askanischer Zeit östlich, um den heutigen valde bona, daß Biesenthal nicht als Sitz einer mark­ Markt, ein Marktort (oppidum) angegliedert habe, mag gräflichen Forstverwaltung hervortritt, wie sie für die dahingestellt bleiben. Sicher ist, daß sich in der Nähe großen Werbellinwaldungen, die Schorfheide, damals in der Burg noch zur Zeit der Städtegründer Johanns I. Schöpfurth-Steinfurth an der Finow und sonst über­ und Ottos III. eine Siedlung entwickelte. Ihr Pfarrer, liefert sind. Mit der Nachricht von einem zur Burg Hermannus de Bizdale, wird 1265 genannt20). Von sei­ gehörigen in der Stadt gelegenen „Jägerhof", der 1632 nem auf einer leichten Erhebung, dem höchsten Punkte abbrannte, ist wenig anzufangen34). des zivilen Siedlungsgeländes, liegenden, vor dem Was ist nun — und damit kehren wir zu unserem Brande von 1756 völlig aus Feldsteinen erbau­ Hauptthema zurück — der Grund, daß Biesenthal die ten Gotteshause, wohl der ältesten Kirche jenes Bezirks, ihm zunächst anscheinend bestimmte stärkere Ent­ doch ohne Filialkirchen, und zur sedes Bernau der wicklung nicht erfuhr und demgemäß eine erheblichere Diözese Brandenburg gehörig, ist der aus Granit­ Rolle in der brandenburgischen Landesgeschichte nicht quadern gefügte massige Unterbau des Westturms spielte? Man hat bisher seine Entstehung und älteste nebst seinem Portal mit abgetreppter Leibung noch er­ Geschichte viel zu ausschließlich, ja fast allein von halten. Er muß auf den Anfang des 13. Jahrhunderts Berlin, d. h. von einem süd-nördlichen über Bernau datiert werden, kann also durchaus der Zeit um 1230 21 führenden Wege abhängig gemacht. Wir glauben be­ angehören ). Das Patronat des Landesherrn spricht gründet zu haben, daß der Zug vom Westen, von dafür, daß die Markgrafen bei der Entstehung ihre 22 Bötzow, her entscheidend war. Er wird überdies durch Hände im Spiele hatten ), ebenso wie das ursprüng­ die west-östliche Richtung der Biesenthaler Haupt­ liche Wappen von Biesenthal, der rote brandenbur­ 23 straße (Breite Straße, Königstraße) gestützt. Wohl aber gische Adler im silbernen Felde ). hat der Aufstieg Berlins das Straßenbild des Barnim35) Alle bisherigen Nachrichten sagen über den wirk­ erheblich beeinflußt und damit Biesenthal zurücktreten lichen Charakter der Siedlung Biesenthal (nicht der lassen, wie die Vogtei Berlin, so hörten wir, ja auch die Burg!) nichts, aus. Wohl aber verrät der Stadtplan trotz Vogtei Biesenthal verdrängte. Obendrein verlor mit seiner vorhin angedeuteten Unzulänglichkeit, daß der der Festsetzung der Askanier in der Uckermark, über­ Ort zu den frühen zivilen Anlagen der Askanier ge­ haupt mit ihrem Ausgreifen m den weiteren Osten, hört und daß ihm keine in vollem Sinne städtische der Weg durch die nordwestliche Ecke des Barnim Entwicklung etwa wie Bernau oder Eberswalde be­ seine alte Bedeutung. Er hat sie nie wieder erhalten. schieden war. Sonst hätte sich ein ganz anderes Man könnte nun meinen, daß Biesenthal von dem Straßengefüge entwickeln müssen. Auch die Befesti­ erwähnten, durch Berlin bestimmten Süd-Nord-Ver­ gung der Stadt spricht nicht für ihren vollen Ausbau. kehr jetzt wenigstens seinen Vorteil gezogen hätte, wie Sie bestand aus doppelten Gräben auf der Landseite, das südlich von ihm gelegene Bernau. Damit trägt man also nach Osten, wobei freilich zu beachten ist, daß im übrigen die Natur genügenden Schutz bot2*). Über die Gründe der Verkümmerung wird nachher ein Wort zu sagen sein. Auch die von Markgraf Johann V. 1315 vorgenommene Bestätigung eines Privilegs seines Va­ ters Hermann zwischen 1300 und 1308 sowie anderer Vorfahren ändert an jenem Urteil nichts25). Biesen­ thal, dem die Gemarkung erneut bestätigt wird, heißt zwar Stadt, civitas, seine Einwohner26) werden als cives bezeichnet, doch schon nach zwei Jahren nennt eine Urkunde Markgraf Woldemars27) Biesenthal nur ein Städtchen, oppidum. Und wenn 1328 gelegentlich einer Bestätigung der Stadtprivilegien durch Markgraf Lud­ wig den Älteren Bürgermeister und Ratleute genannt werden, zehn Jahre darauf heißt Biesenthal in einer Urkunde desselben Markgrafen wiederum oppidum28). Niemals ist es auch zu eigener Gerichtsbarkeit gelangt. Nach dem Aussterben der Askanier war ebenso für die Burg eine andere Zeit gekommen. Bot sie auch noch gelegentlich den Landesherren Aufenthalt29), so ging sie doch aus deren Händen in adligen Pfandbesitz über, erstmalig 1337 an einen mit den Witteisbachern aus dem Süden ins Land gekommenen Ritter Beringer Hele von Sundheim schwäbischer Abstanmmung30). Mit dem hus, d. h. der Burg, fällt ihm aber auch die stat zu. Beider 'Schicksal lag (anscheinend mit ge­ wissen Unterbrechungen) fortan in adligen Händen. Erst 1577 haben die seit 1426 nachweisbaren Arnims ihren dortigen Besitz an den Kurfürsten abgetreten, womit das Amt Biesenthal entstand31). Trotz deutlich erkennbaren Absinkens der Stadt, trotz der Verpfändung der Burg rechnete Biesenthal zur Zeit Karls IV. noch zu den landesherrlichen Bur-. gen, wie das Landbuch32) aussagt. Mittelpunkt eines Vogteibezirks war es nicht mehr; denn der Barnim zerfiel jetzt in die Distrikte Berlin und Strausberg33). castrum und oppidum werden im Landbuch scharf ge­ schieden, zugleich offenbart sich der zwiespältige Cha­ rakter des letzteren. Es wird bald unter den Dörfern, bald unter den Städten aufgezählt. Es besitzt consules, Ratmannen, ein pretorium, Rathaus, aber die Abgaben­ 28 jedoch eine moderne Anschauung in die Vergangenheit. Weg bestehen. Wenn auch Bekmann30) 1714 zu be­ Uns Heutigen erscheint Biesenthal im Hinblick auf richten weiß, daß zu der Hauptnahrung, dem Ackerbau seine Lage an der Berlin—Stettiner Eisenbahn als ein und der Viehzucht, „noch kommen die Fuhren aus der in jenen Verkehr verflochtener Platz, obwohl der mittel­ Uckermark, sonderlich aus dem Stolpirischen Kreise, alterliche Kern der Stadt ein gutes Stück von der welche alle über Biesenthal gehen und den Einwohnern Bahnlinie entfernt liegt. Immerhin wird die südnörd­ etwas einbringen", so bietet die Schilderung Fisch­ liche Landstraße des Mittelalters Bedeutung für bachs37) vom Ende des Jahrhunderts (1786) das Bild Biesen thal gehabt haben; nur ging davon viel eines vom Verkehr abgeschiedenen, auf leichtem Boden verloren, als Eberswalde die Finowübergänge Schöp- Ackerwirtschaft treibenden, dazu mit den nötigsten furth-Steinfurth und Heegermühle überflügelte. Von Handwerkern besetzten Städtchens. Dem burggesicher- Bernau zog die Hauptstraße nun, Biesenthal ganz bei­ ten Vorposten der Askanier, ihrer Taktik entsprechend seitelassend, über Sydow, Grüntal, Schönholz auf einst weit vorgeschoben, vielleicht vor der rechtlichen Eberswalde zu. Es ist die gleiche Route, die die große Besitzergreifung des Barnim, hatte die Geschichte das Fernhandelsstraße des 18. Jahrhunderts einschlug. Da­ Urteil gesprochen, ebenso der bürgerlichen Siedlung, neben blieb der über Schöpfurth-Stelnfurth ziehende die in seinem Schutz entstanden war.

Anmerkungen fertigt, beruht. Dessen vereinfachte Wiedergabe bei i) E. J. Siedler, Mark. Städtebau im Mittelalter (1914) S. 100 f; R. Schmidt, Biesenthal S. 84.— 20) Riedel A 11, 6. Ein weiterer Rud. Schmidt, Gesch. d. Stadt Biesenthal 2. A. (1941). Bas Pfarrer der askan. Zeit Johannes 1300 ebda. A 13, 11. .— höchst unzulängliche Buch von A. Jaster, Die Gesch. der 21) R. Bergau, Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler in der askan. Kolonisation in Brandenbg. (1934) geht ebenso an B. Prov. Brandenburg (1885) S. 176 f; G. Dehid, Handbuch d. dt. vorüber wie Siegfr. Passow, Die Occupation und Kolonisie­ Kunstdenkmäler Bd. 2, 2. A. bearb: von Jul. Kohte (1922) rung des Barnim (FBPG 14, 1901, S. 1 ff). Auch Herrn. Krabbo, S. 47. Über den ursprünglichen Bestand (vor 1756) Bekmanns Die Stadtgründungen der Markgr. Johann I. u. Otto III. von Angaben bei R. Schmidt, Biesenthal S. 201 f. F. Curschmann, Brandenbg. (Aren. f. Urkundenforschg. 4,1912, S. 255 ff) berührt Die Diöz. Brandenbg. (1906) S. 455, dazu Karte. — 22) Das B. nicht. Konr. Schrader, Studien zur Geschichte der mark. Landbuch der Mark Brandenbg. von 1375 Hrg. von Joh. Städte unter den Askaniern und Witteisbachern (Diss. Göt­ Schultze (1940) S. 60. — 23) so im 16. Jh. (s. Brandenbg. Siegel tingen 1930) ist das besondere Problem, das B. stellt, ebenfalls und Wappen, hrg. von Erich Kittel, 1937, S. 64; Abb. bei Otto fremd geblieben, desgleichen Werner Gley, Die Besiedelung Hupp, Wappen u. Siegel der dt. Städte H. 1, 1906 S. 28, 31), der Mittelmark von der slaw. Einwanderung bis 1624 (1926). doch nachdem B. zuvor das Wappen der Arnims als deren Vgl. auch die Angaben von H. Rachel im Dt. Städtebuch, hrg. Mediatstadt geführt hatte. Sind auch Wappen wiedergaben vor von E. Keyser 1 (1939) S. 505 f. — 2) Berth. Schulze, Branden- dem 16. Jhdt. nicht erhalten, so wird man doch annehmen burgische Landesteilungen 1258—1317 (Einzelschriften der Hist. dürfen, daß nach Rückkehr in landesherrliche Hände (l577^ Komm. f. d. Prov. Brandenbg. und die Reichshauptstadt Ber­ das ursprüngliche Wappen wieder aufgenommen wurde. Siehe lin l, 1928), Karte. — 3) Krabbo reg. 552. — *) Berth. Schulze, auch Rud. Schmidt, Biesenthal S. 26. — 24) Schmidt a. a. O. Der Paß von Berlin-Kölln (Zs. Ver. f. G. Berlins 54, 1937 S. 27 nach einem Magistratsaktenstüek von 1819, vorausgesetzt, S. 54—58). — 5) Passow a. a. O. S. 14 ff. — 6) Besonders von daß es sich wirklich um mittelalterliche Anlagen handelt., H. Mundt, Die Heer- und Handelsstraßen der Mark Brandenbg. Nach F. L. J. Fischbach, Städte-Beschreibungen der Mark (1932) S. 68 ff.'— 7) L. Dihm, Die Kirche in' Hohenfinow (Denk­ Brandenburg. Tl. 1, Bd. 1 (1786) S. 531 soll B. „ehemals malpflege 19, 1917) S. 81—85. Kunstdenkmäler der Prov. Bran­ eine mit Wällen und Graben versehene Stadt gewesen" denburg, Bd. Kreis Angermünde (Bln. 1934) S. 181» — 8) Zur sein. Jene sollen „im 14. Jh. demolirt seyn." — 25) Riedel A 12, Bötzower Linie s. H. Harmjanz, Frühaskan. Landnahme (Volks­ 208; Krabbo reg. 2447; Johann V. bestätigte 1315 „universas forschung 2, 1942) S. 7, auch die Bemerkung Passows a. a. O. libertates, datas ab domino Hermanno quondam marchione S. 17. Den Spandauer Weg darf man wohl auf folgender Linie Brand, (1298—1308), nostro genitore nee non ab aliis nostris suchen: Nonnendamm, Hof Kasow nördl. des Dorfes Lützöw progenitorifous." Zur Identifizierung der örtlichkeiten (s. W. Grundlach, Gesch. d. Stadt Charlottenbg. 1, S. 11; 2, R. Schmidt, Biesenthal S. 271. Da B. bis 1300 zum Herrschafts­ S. 244), Wedding (H. Jahn, Bilder aus der Berl. Feldmark, bezirk des Markgrafen Albrecht HI. (t 4. 12. 1300, Krabbo reg. 1940 S. 1 ff), Pankow, Blankenburg, Karow, Buch, Zepernick, 1802) gehörte (Berth. Schulze an der oben A. 2 aufgeführten Bernau. —• ») Riedel A* 12, 288; Krabbo reg. 2609. Die Orte Stelle, Kartenbeilage), muß die Privilegierung durch Hermann (über sie R. Schmidt, Das Finowtal, 1924, S. 17 ff, 92 ff, 120 ff) in die oben angegebenen Jahre fallen. — 26) Zu denen der bestehen heute unter diesen Namen nicht mehr. Sie sind in Urkunde nach auch zum Burgdienst verwandte Mannen der Stadt Finow bzw. Landgemeinde Finowfurt aufgegangen. (inhabitantes condicionis militaris) gehören. — 27) Riedel A 11, — io) Riedel A 12, 212, 230; Krabbo reg. 929, 1937. — u) Schmidt, 23; Krabbo reg. 2574. — 28) Fischbach a. «a. O. S. 538. Riedel Biesenthal S. 16. H. Ludat, Die ostdt. Kietze (1936) S. 58, 92; A 12, 156 von 1338, ebenso 1359 (ebda. 300). — 29) 1322 Herzog Meßtischblatt Nr. 3247. — 12) Krabbo, Stadtgründungen Rudolf von Sachsen als damaliger Prätendent der Mark Riedel S. 256 f. — 13) Die Namen sind nicht aus dem Altreich über­ A 12, 209; 1348 Markgr. Ludwig der Ältere ebda. 18, 391. — tragen, wo sie nicht vorkommen. Dagegen kann Stolzenhagen so) Riedel A 12, 209 vpm 12. März 1337. Über Hele s. H. Span­ den Namen an das Dorf im Kr. Angermünde (und ferner im genberg, Hof- und Zentralverwaltung der Mark Brandenbg. Kr. Saatzig/Pommern) weitergegeben haben, Schmachtenhagen im MA. (1908) S. 75, 96 und R. Schmidt, Biesenthal S. 21. Noch möglicherweise nach dem Kr. Krossen. — 14) Übrigens auch am 12. Jan. ist Henning Sparre landesherrlicher Vogt a(Riedel seitlich in Klosterfelde und Wandlitz usw. Germania Sacra, a. a. O. 417). Die vorhergehenden Vögte s. bei Schniidt a. a. O. Das Bist. Brandenbg. 1 (1929), S. 292 f. Histor. Atlas der Prov. S. 15 f. — 31) Schmidt a. a. O. S. 21 ff., 37 ff. Zum Amt vgl. Brandenbg. Kirchenkarten Nr. 2 Bl. 1 (1931). — 15) Riedel A 13, Berth. Schulze, Statistik d. brandbg. Ämter u. Städte (1935) 207; Krabbo reg. 828. Über die von Thene s. Riedel, Namen­ S. 7 f. — 32) s. 44—46, 152, auch 33. — 33) Landbuchi S., 105, 126. register 3 S. 321, Siegfr. Passow, Ein mark. Rittersitz 1 (1907) Wenn S. 153 die „molendina in districtu Bysdal" aufgezählt S. 8 f., W. Zahn, Die Wüstungen der Altmark (1909) S. 220 f. — werden, so ist das kaum ein Hinweis auf die Vogtei, distric- iß) Was schon F. Curschmann, Die dt. Ortsnamen im nord- tus bedeutet hier, wie auch die Lage der Mühlen (zu ihr ostdt. Kolonialgebiet (1910) S. 89 ohne nähere Begründung an­ Schmidt a. a. O. Register S. 291) zeigt, nur den engeren Be­ nahm. — 17) Sonstige Namensübertragungen aus der Altmark zirk um die Burg. Vgl. auch A. F. Riedel, Die Mark Bran­ sind bei den Orten um Biesenthal nicht festzustellen. Immer­ denbg. i. J. 1250 T. 2 (1832) S. 461 f. — 84) die Landbuch hin mag bemerkt werden, daß Sydow und Ladeburg aus dem S. 21 genannte landesherrliche merica ist von der schon 1315 Lande Jerichow, Gersdorf aus dem Kr. Wolmirstedt über­ (Riedel A 12, 208) in den Anfängen erkennbaren städtischen zu tragen sein können. — 18) R. Schmidt, Die Burg B. (Öberbarn. unterscheiden: Im einzelnen s. Schmidt a. a. O. S. 123 ff. Über Kreiskalender 1924) S. 98—102 bringt einiges. Eine fachmän­ die venatores, forestarii, hegemeister Landbuch S. 143, 146 nische Grabung wäre nötig. Einen knappen, aber guten Über­ 149, 154, 159. Jägerhof: Schmidt S. 154. — 35) Zu ihm s. die A. 6 blick über das Quellgebiet der Finow bietet Q. Monke im zitierte Arbeit von H. Mundt S. 71 und Berth. Schulze in der Monatsbl. d. Brandenburgia 16 (1907/08), S. 422. — IÖ) Sied­ A. 31 genannten Statistik S. 143, auch Histor. Atlas d. Prov. ler a a. O. S. 100 f. mit zwei Stadtgrundrissen, deren einer Brandenbg., Brandenbg. Kreiskarte von 1815 (1933) und Bran­ offenbar auf dem in der Kartenabteüung der öffentlichen denbg. Ämterkarte i. J. 1800 (1935), auch Brandenbg. Sied­ Wissenschaftlichen Bibliothek Berlin (X 20 000) vorhandenen lungskarte 1500—1800 (1939). Völlig unhaltbar ist das Karten­ handgezeichneten, kolorierten „Plan von der abgebrandten bild, das Gley in dem Anm. 1 angeführten Buche bezüglich Stadt Bisenthal, wie solche vor dem Brande gewesen", auf Biesenthals entwirft. — 3ß) Schmidt a. a. O. S. 20 A. 54. — Befehl der Kurmärk. Kriegs- und Domänenkammer ange- 37) a. a. O. S. 517—552.

29 Harry Methling: Das Wunderblut von Wilsnack 1. Märkische Wallfahrtsstätten bei Königsberg in der Neumark aus, denn es kann nach neueren Forschungen als erwiesen gelten, daß es eine Die Zahl der Wallfahrtsorte in der Mark war groß, Maria miraculosa in der dortigen Kirche nicht ge­ und an der Spitze standen diejenigen, die der Ver­ geben hat5). ehrung der Mutter Maria dienten. Sie wurde nicht Ein Ziel vieler Wallfahrten war Alt-Krüssow in weniger gläubig verehrt als Christus selbst, und die der Prignitz mit seinem wundertätigen St. Annenbild6). Marientage wurden feierlich begangen wie die hohen In Werben in der Altmark stand ein Kruzifix vor der christlichen Festtage. Mit der ostdeutschen Koloni­ Nikolaikirche, das die Wallfahrer anzog, denen man sation im 12. Jahrhundert ist der Marienkult, der sich zur Erinnerung die Lamm-Gotteszeichen verkaufte. damals gerade erst im Westen Deutschlands durch­ Das Augustinerkloster in Königsberg in der Neumark setzte, ins Land gekommen und hat die übrigen Heili­ stellte ein Christusbild auf, für dessen Verehrung Ab­ gen bald überflügelt. Besonders verbreitet wurde der laß erteilt wurde7). Mariehkult durch die Prämonstratenser und Zister­ zienser, deren Hauptpatronin sie war, und die Domini­ Einen großen Umfang nahm aber der Zustrom zu kaner haben dazu beigetragen, das männliche Christus­ den Stätten an, an denen Wunderhostien gezeigt wur­ ideal durch das weibliche Marienideal zu verdrängen. den. Die Verehrung des Blutes Christi tritt schon in Wie in anderen Gebieten so ist auch in der Mark eine den frühen Jahrhunderten des Mittelalters auf. Als innige Marienverehrung getrieben worden. Dadurch seit dem 13. Jahrhundert die Brotverwandlungslehre erklärt sich auch die große Zahl der Marienkirchen in zum kirchlichen Dogma erhoben worden war, sah und der Mark; meistens sind die Pfarrkirchen nach der verehrte man in der vom Priester geweihten Hostie Maria benannt. Wir hören weiter von Marienkapellen, den wirklichen Leib Christi. Marienaltären, Marienbildern und Marienfesten. Zahl­ Die geweihte Hostie galt als Trägerin des sünden­ reiche Marienbrüderschaften entstanden, die auch als tilgenden, göttlichen Blutes. Von hier war es nur ein Liebfrauengilden bezeichnet werden. So geht ununter­ Schritt zu der Auffassung, daß das Blut auch sichtbar brochen durch die Jahrhunderte der Zug der Marien­ der Hostie entströmen kann, wenn sie geschlagen, ge­ verehrung. Kurfürst Friedrich II. gründete 1440 nach stochen oder durch Feuer vernichtet werden soll8). dem gleichgesinnten burgundischen Vorbild des Gol­ denen Vließes die adelige Marienbrüderschaft des Die Mark besaß zahlreiche Orte, in denen Wunder­ Schwanenordens1). Sein Sitz war in Brandenburg an hostien verehrt wurden. In der Prignitz war es Hei­ der Havel bei der Marienkirche, die durch eine statt­ ligengrabe, ferner gleichfalls in der Prignitz Marien­ liche Kapelle erweitert worden war2). Bei den Or­ fließ bei Stepenitz, das versucht hat, mit Hilfe einer Fälschung die Konkurrenz von Heiligengrabe zu densfeiern erklang ein Lied, das vom Kurfürsten selbst 9 verfaßt worden sein soll und in dem die Marienver­ brechen ). ehrung wohl ihren höchsten Ausdruck gefunden hat. In der Uckermark stellte das Nonnenkloster in Zeh- Mochte die Verehrung der verschiedenen Heiligen denick Wunderhostien zur Schau, und in der Zauche auch Schwankungen unterworfen sein, so blieb doch erfreute sich Beelitz eines großen Zulaufs. Für die dort die hohe Wertschätzung, die der Gottesmutter zuteil aufbewahrte Hostie wurde 1370 im Anschluß an die wurde, in Kunst, Predigt und Gebet unverändert. Das Kirche eine besondere Kapelle erbaut10). Geringere Ave Maria ist mit dem Rosenkranzgebet dauernd ver­ Bedeutung hatte die auf der Stätte der abgebrannten bunden3). Die Kunst des Buchdruckes ermöglichte es Pfarrkirche in Nauen aufgefundene Hostie, für deren den Mönchen des Klosters Zinna, in der dortigen Offi­ Aufbewahrung der Bau einer Kapelle beschlossen zin in der Zeit von 1493 bis 1506 einen Marienpsalter wurde11). Alle diese Plätze wurden aber von dem herauszubringen. Es war ein kostbares, mit fürstlicher Wunderblut von Wilsnack in den Schatten gestellt Unterstützung hergestelltes Buch, das der Kaplan und Protonotar von Frankfurt a. O., Hei^mann Nitzschewitz Schließlich gab es in der Mark außerhalb der Städte aus Trebbin, vielleicht ein ehemaliger Mönch Zinnas, und Dörfer als Wallfahrtsorte noch Kapellen von aus­ besorgte, der den dominikanischen Marienpsalter durch schließlich lokaler Bedeutung. Mitunter waren sie auf 4 Bergen gelegen, so auf den Glauer Bergen im Teltow zahlreiche Holzschnitte zu beleben versuchte ). (Kapellenberg), auf dem Marienberg bei Strausberg im Bezeichnend für das Ansehen, das die Gottesmutter Barnim, auf dem Isekenberg, dem heutigen Marien­ genoß, sind die vielfach anzutreffenden Ortschaften, berg vor Lenzen12), auf dem. Andreasberg bei Sänne die ihr den Namen -verdanken und auch in der Mark nahe Arneburg (Altmark)13), auf dem Berge bei Höhen- nicht fehlen, Erinnert sei hier an Mariendorf und Henningen nahe Klötze (Altmark)14). In Dornstedt Marienfelde (entstanden im Zusammenhang mit der (Kr. Gardelegen), heute Wüstung, wurde die dortige benachbarten Templerkomturei in Tempelhof), ferner Kapelle am Tage Maria Himmelfahrt aufgesucht15). Marienfließ in der Prignitz, Märienpforte in der Ucker­ Auch ein Markt wurde dort abgehalten, wie dies auch mark, Marienwalde in der Neumark (alle drei Sitz von vom Marienberg bei Lenzen berichtet wird, ähnlich wie Zisterzienserklöstern). es heute noch in katholischen Ländern bei solchen Orten üblich ist. Bei Wegenstedt (Altmark) lag am Weg So überrascht es nicht, daß wir auch in der Mark nach Calvörde eine Kapelle der heiligen Walpurgis16). Orte finden, die als Stätten der Marienverehrung einen Vor den Toren von Königsberg in der Neumark, halb­ besonderen Ruf hatten. Im Gebiet des Bistums Bran­ wegs nach Bernickow zu, war das „Kleine Jerusalem denburg diente ihr die bereits erwähnte, weithin be­ sampt dem Heiligen Grabe" errichtet17). Alle diese rühmte Marienkirche auf dem Harlungerberg bei Stätten waren Plätze frommer Wallfahrt für die Um­ Brandenburg an der Havel. Ein wundervoller Bau wohner, aber nicht mehr. Auch die Kapelle auf der war hier errichtet worden; er gilt als das reifste Denk­ Kuppe des Hohen Golm im Fläming, damals freilich mal der märkischen Baukunst im Mittelalter. Im Bis­ noch nicht zur Mark, sondern zum magdeburgischen tum Lebus zog das wundertätige Marienbild in Gö- Land Jüterbog gehörig, hat keinen größeren Ruf als ritz an der Oder die Gläubigen an. Zu einem, Wall­ den einer lokalen Kultstätte gehabt18). fahrtsort von einiger Bedeutung wurde die Klause vor Tangermünde durch ihr wunderwirkendes Marienbild/ Der Drang, durch Wallfahrten himmlische Gnade zu Als man in der Kirche des eingegangenen Dorfes Neu­ erwerben oder Heilung zu finden, hat die Aufmerksam­ kammer bei Nauen ein wundertätiges Marienbild ent­ keit auch auf die Kultstätten in den Nachbarländern deckte, wurde der verlassene Platz ein Wallfahrtsort gelenkt, so auf das Heilige Blut in Sternberg in Meck­ und blieb es bis zur Reformation. Dagegen scheidet das lenburg oder auf den Gollenberg bei Köslin in Pom­ im Schrifttum mehrfach genannte Dorf Reichenfelde mern, der von der Uckermark und von der Neumark SO aus besucht worden ist. Auch die benachbarte Nieder­ Eine starke Werbewirkung wurde durch neue Ab­ lausitz verfügte über zahlreiche Wallfahrtsstätten19), laßbriefe erzielt. 1388 wurde durch den besuchsweise die auf die Grenzgebiete ihre Anziehungskraft nicht in Wilsnack anwesenden Bischof Johannes von verfehlt haben werden. Aber die Märker sind auch in Schleswig ein Ablaßbrief erteilt, 1392 ein weiterer die Ferne gezogen, nach Aachen oder nach Rom. Auch durch den Bischof Georg von Lemberg25). Für den die Schweiz ist aufgesucht worden. Merten Giesens- Kirchenbau war schon 1388 von dem päpstlichen Le­ lage, ein angesehener, frommer und wohlhabender gaten Kardinal Philipp von Alanconia, Bischof von Bürger der Stadt Werben, bestimmte 1506 in seinem Ostia, ein Ablaßbrief ausgestellt worden26). 1389 erließ Testament einen Teil seines Nachlasses für eine Wall­ Erzbischof Albreeht von Magdeburg einen Ablaßbrief, fahrt nach der berühmten Benediktiner-Abtei Maria und zwei Jahre später stellte er einen weiteren aus zu den Einsiedeln in der Schweiz. Reicher war die und übersandte der Wilsnacker Kirche eine Reliquie. Gnade offenbar nicht zu erlangen als in Einsiedeln. Der Bischof von Schwerin hatte 1391 den Ablaßbrief Daher sollte einer der Erben die Reise dorthin auf der vier Bischöfe selbständig reproduziert27). 20 Kosten des Nachlasses übernehmen ). So zeigt sich zunächst eine vielseitige Förderung des Blutende Hostien, wundertätige Marienbilder, sel­ Wilsnacker Wunderblutes. Aber bald stellte sich her­ tene Reliquien, die in herrlichen Reliquiaren, von aus, daß dort Mißbrauch getrieben wurde. Gegen die Künstlerhand geschaffen, dem Volk zur Schau gestellt maßlose Art der Wundergeschichten, die von Wilsnack wurden, sie waren es, die die Gläubigen anzogen. In ihren Ausgang nahmen,, haben bald die benachbarten der Mark wurden alle Kultstätten übertroffen von Bischöfe ihre Stimme erhoben. Eine Hauptursache Wilsnack, das europäischen Ruf bekam. Pilgerscharen hierfür wird das Abfließen der Opfergelder in die aus fernen Ländern durchzogen damals die Mark; Havelberger Diözese gewesen sein. Der Bischof von Wilsnack war zu einem Begriff für die Gläubigen ge­ Verden ließ um 1400 den von Wilsnack zurückkehren­ worden. den Pilgern die Bleiabzeichen von den Hüten reißen28). 2. Wilsnack im Zeichen des Wunderblutes Auch in Prag war man aufmerksam geworden und Im August 1383 überfiel der in der Prignitz ansässige hatte eine Kommission, zu der auch Johann Hus ge­ Ritter Heinrich von Bülow, der mit dem Bistum Havel­ hörte, zur Untersuchung der Vorgänge eingesetzt. Ein berg in Fehde lag, das Dorf Wilsnack und brannte Synodalbeschluß von 1405 traf die Anordnung, wonach Häuser und Kirche nieder. Im Schutt der Kirche fand mindestens einmal im Monat von der Kanzel vor der der Wilsnacker Priester Johannes Calbutz drei vor dem Wallfahrt nach Wilsnack zu warnen war29). 1412 nahm Brand konsekrierte Hostien, die in einer Büchse im auch der Erzbischof von Magdeburg Stellung gegen Altar aufbewahrt waren, unversehrt vor, aber jede das Wunderblut und verlangte von seinem Havelberger Hostie zeigte in der Mitte einen Blutstropfen. Schon Suffragan Rechenschaft über die Mißbräuche in Wils­ nach kurzer Zeit kamen die ersten Mitteilungen und nack. Magdeburg hatte vorher das Wunderblut durch Berichte über die Wirkung des Wunderblutes. Das einen Ablaßbrief unterstützt. Aber die Entwicklung Heilige Blut heile auch aus der Ferne, wecke selbst der Dinge hatte das Erzbistum auf die Seite der Geg­ Tote auf, aber die Genesenen, Auferstandenen mußten ner gebracht. Magdeburg bestritt die Existenz des 21 Wunderblutes und erklärte die Wundergeschichten für dann eine Wallfahrt nach Wilsnack machen ). Das 30 lebenspendende Sakrament, wie es genannt wurde, Lügen ). übte eine außerordentliche Anziehungskraft auf die Gläubigen aus, und in wenigen Jahren wurde Wilsnack In Havelberg war man vorsichtig geworden und von zum besuchtesten märkischen Wallfahrtsort. der Wunderkraft der Hostien abgerückt, indem man erklärte, in Wilsnack würde nicht das Blut, sondern Um die Wunderhostien in einem ihnen gebühren­ das Sakrament, also das an jeder geweihten Hostie ge­ den Raum unterzubringen, beschloß der Bischof von schehene Wunder, verehrt. Das Volk aber wurde im Havelberg, an der Stelle der abgebrannten Dorfkirche Glauben an das besondere an diesen Hostien gesche­ ein Bauwerk von großartiger Würde zu errichten. Zur hene Wunder gelassen, denn von den theologischen Finanzierung wurde am 15. 3. 1384 ein Ablaßbrief des Streitigkeiten erfuhr es nichts. Diese wurden nur Erzbischofs von Magdeburg und der Bischöfe von innerhalb der Geistlichkeit durchgeführt. Brandenburg, Havelberg und Lebus ausgeschrieben22). Es ist nicht bekannt geworden, daß dieses Vorgehen Noch wichtiger war es, daß es auch gelang, einen Ab­ gegen Wilsnack irgendeine Wirkung gehabt hat. Erst laßbrief des Papstes zu erlangen; Papst Urban VI. nach einigen Jahrzehnten beginnt wieder der Kampf stellte die vom 10. 3. 1384 datierte Ablaßbulle aus23). um die Anerkennung des Heiligen Blutes, der von Es bleibt zu beachten, daß die päpstliche Bulle nichts 1443—1453 seinen Höhepunkt erreicht. Auf der einen von den Wundern erwähnt, dagegen zu milden Bei­ Seite der streitenden Parteien befand sich der Erz- trägen für den Wiederaufbau der Kirche auffordert, bischof von Magdeburg, der die Mißstände in Wils- während der Ablaßbrief des Erzbischofs von Magde­ nai'ck, das in seiner Erzdiözese lag, nicht dulden und burg und seiner drei Suffragane des wundertätigen gleichzeitig die Gelegenheit benutzen wollte, seine Blutes gedenkt, aber nichts von Opfergaben sagt. Metropolitangewalt gegenüber seinem Suffragan, dem Bischof von Havelberg, anzuziehen. Die treibende Der Ruf der wundertätigen Hostien hatte einen ge­ Kraft war der Magdeburger Domherr Heinrich, Tocke, waltigen Zulauf zur Folge. Der Bischof von Havelberg, ein Mann, der die Mißstände in Wilsnack aus lauter­ Johann Wöpelitz, der seit 1386 den bischöflichen Stuhl sten religiösen Motiven bekämpfte. Magdeburg hatte innehatte, brachte aus finanziellen Gründen Dorf und auch die Universitäten gegen Wilsnack mobil gemacht Kirche in seine Hand. 1387 nämlich erwarb er von und sich bei dem Provinzialkonzil von 1451 die Unter­ den Gebrüdern von Möllendorf alle Güter und Gerecht­ stützung des Kardinallegaten Nikolaus von Cusa, eines same an und in dem Dorf Wilsnack und erreichte auch in Kirche und Wissenschaft hoch angesehenen und ein­ 1395 die päpstliche Zustimmung, daß die dortige Pfarr­ flußreichen Mannes, zu sichern verstanden. kirche dem Havelberger Stift einverleibt wurde24). Durch diese Maßnahmen des Bischofs Johann war dem Auf der andern Seite stand der sich stets vorsich­ Havelberger Stift die ganze Fülle von Abgaben ge­ tig im Hintergrund haltende Bischof von Havelberg sichert, die die Pilger dem Heiligen Blut brachten. Sie Konrad von Lintorff, ein in allen Schlichen der kirch­ ermöglichten es, daß die Bischöfe von Havelberg im lichen und weltlichen Diplomatie erfahrener Mann, der 15. Jahrhundert, weil finanziell sehr günstig gestellt, sich so wenig wie möglich um die Anordnungen seines ihre Tafelgüter zusammenhalten konnten. Die Ein­ Diözesanherrn, des Erzbischofs von Magdeburg, küm­ nahmen aus dem Verkauf der Bleinachbildungen der merte. Ihm lag in erster Linie daran, aus finanziellen Hostien an die Pilger wurden zu einem Drittel für den Gründen das Wunderblut zu Wilsnack zu erhalten und Bau der Wilsnacker Kirche, zu einem Drittel für den alle Eingriffe von anderer Seite auszuschalten. Dabei Bau des bischöflichen Schlosses verwendet, während war er sich der Deckung durch seinen Landesherrn, das restliche Drittel für den Havelberger Domausbau den Kurfürsten Friedrich II., völlig sicher, in dessen vorgesehen war. diplomatischem Dienst er stand. Er hatte bei seiner

31 Wahl zum Bischof im Jahre 1427 dem Kurfürsten Besucher des Heiligen Blutes und für die Wohltäter einen Revers ausgestellt, in dem er die Landsässigkeit der Wilsnacker Kirche. Alle Gegenmaßnahmen Magde­ seines Bistums ausdrücklich anerkennt31). Damit war burgs blieben ohne Erfolg. Eine Aussicht hierauf schien die ursprünglich reichsunmittelbare Stellung Havel­ sich erst zu bieten, als die politischen Differenzen zwi­ bergs endgültig verlorengegangen. 1439 nennt ihn der schen dem Kurfürsten und dem Erzstift durch den Kurfürst seinen Rat, und er ist wiederholt tätig beim Zinnaer Hauptvergleich (1449) beigelegt wurden und Abschluß von Verträgen und in Schlichtungsangelegen­ als das 1451 in Magdeburg unter dem Vorsitz des Kar­ heiten mit Nachbarstaaten. Nun bestanden um diese dinallegaten Nikolaus Cusanus tagende Provinzial- Zeit zwischen dem Kurfürsten von Brandenburg konzil, zu dem der Bischof von Havelberg wieder nicht erschienen war, sich eindeutig gegen Wilsnack aus­ und dem Erzbistum Magdeburg territorial-politische 40 Gegensätze, die ausschlaggebend für die Maßnahmen sprach ). Es war der letzte gewaltige Schlag der Mag­ der streitenden Parteien wurden. Unter diesem Ge­ deburger Kirche, von dem es zunächst schien, als ob sichtspunkt muß auch die Auseinandersetzung über er eine vernichtende Wirkung gegen Wilsnack haben das Wunderblut von Wilsnack betrachtet werden. würde. Schon um 1426 begannen die ersten Angriffe durch Da Havelberg hierauf nicht reagierte, exkommuni­ den Magdeburger Domherrn Heinrich Tocke. 1429 gab zierte der Erzbischof von Magdeburg den Bischof von die theologische Fakultät in Leipzig ein Gutachten gegen Havelberg wegen Nichtbeachtung seiner Anordnungen. Wilsnack ab32). Bei einem Besuch in Wilsnack 1443 hatte Nun hatte dieser, der vorausgesehen haben mochte, Tocke gefunden, daß kaum noch eine Spur der Hostien, daß Magdeburg mit aller Kraft gegen ihn vorgehen viel weniger noch des Blutes zu erkennen war. Er er­ würde, schon am 10. September 1447 einen päpstlichen klärte das Wunderblut für eine Lüge und machte dem Schutzbrief für alle Güter und Rechte des Havelberger Havelberger Bischof Konrad von Lintorff bei einer Stifts erwirkt, mit dem als päpstliche Konservatoren Aussprache in Magdeburg im Jahre 1443 ernsthafte Vor­ zwei Räte des Kurfürsten, nämlich die Pröpste von stellungen. Dieser antwortete ausweichend und unter­ Brandenburg und Stendal, nebst dem von Schwerin nahm nichts, schlug vielmehr den Weg des passiven eingesetzt worden waren. So war gegen die Magdeburg Widerstandes ein. zustehende Metropolitangewalt durch außerordentliche Übertragung päpstlicher Gewalt auf Beamte des Kur­ Tocke wandte sich nun direkt an den Kurfürsten fürsten ein wirksames Gegengewicht geschaffen. Auf Friedrich II. und konnte 1444 in Magdeburg mit ihm die von Magdeburg ausgesprochene Exkommunikation verhandeln. Die Unterredung verlief ergebnislos, und antwortete der Havelberger Bischof nun in der Weise, Tocke mußte bald einsehen, daß er von ihm keine daß er durch die als Konservatoren des Havelberger Unterstützung zu erwarten hatte. Der Kurfürst stand Stifts eingesetzten Pröpste von Brandenburg und Sten­ vielmehr entschieden auf der Seite des Bischofs von dal den Erzbischof von Magdeburg exkommunizieren Havelberg, obwohl er über die Nichtigkeit der angeb­ 41 33 ließ ). Dies hatte den Ausbruch offener Feindselig­ lich blutenden Hostien aufgeklärt worden war ). keiten im Gefolge, wobei die Mecklenburger Herzöge Zu den politischen Gründen kamen auch solche finan­ dem Bischof bewaffneten Beistand leisteten. zieller Art. An der Wilsnacker Kirche existierten 1447 Damit war der Streit auf dem Höhepunkt angelangt. zwei Altäre, die vom Kurfürsten gestiftet waren und Beide Parteien stützten sich auf apostolische Vollmach­ deren Erträgnisse — diese waren infolge der Opfer ten. Nun griff Rom ein. Der von beiden Seiten bei der der Wallfahrer nicht gering — zu seiner Verfügung 34 Kurie eingeleitete Prozeß wurde durch die Bulle des standen ). Auch die Tatsache, daß der Kurfürst bei Papstes Nikolaus V. vom März 1453 zugunsten Havel­ dem „godshuse tor Wilsznack" Anleihen aufnehmen bergs und des Heiligen Blutes einschieden42). Die konnte, spricht für ein finanzielles Interesse an Wils­ 35 gegenseitigen Exkommunikationen wurden aufgehoben, nack ). gleichfalls das über Wilsnack verhängte Interdikt, und Nach dem Tod des Erzbischofs Günther von Magde­ die gänzliche Beilegung des Streites anbefohlen. Im burg im Jahre 1445, der Tockes Bestrebungen unter­ Hinblick auf diese Entscheidung gab der Erzbischof stützt hatte kam Graf Friedrich von Beichlingen auf von Magdeburg den Kampf auf; Havelberg war auf den Magdeburger Stuhl. Er griff sofort die Wilsnacker der ganzen Linie Sieger geblieben. Damit war das Angelegenheit auf. Aber zu keiner der Tagfahrten, Weiterbestehen der Wunderblutstätte, wie sich in der die der Erzbischof in den Jahren 1446—1449 angesetzt Folge zeigen wird, für fast weitere hundert Jahre hatte, erschien der persönlich vorgeladene Bischof von gesichert, ja die große Zeit des Wallfahrtsortes beginnt Havelberg. Er fehlte unter den verschiedensten Be­ erst jetzt. gründungen; nur gelegentlich schickte er wenigstens Fragt man nach Gründen, die die päpstliche Ent­ Vertreter. Irgendein Ergebnis konnten daher diese scheidung beeinflußt haben könnten, so sind diese auf Verhandlungen nicht haben. Daneben ging der literari­ politischem Gebiet zu suchen. Vermutlich hat Kurfürst sche Kampf gegen Wilsnack weiter. Magdeburg er­ Friedrich IL, der um diese Zeit in Rom weilte und freute sich namentlich der Unterstützung durch die dem eine Anzahl päpstlicher Gnadenerweisungen zu­ Universitäten. Prag., Leipzig und Erfurt sind die Zen­ teil wurden, auf diese Entscheidung "einen bestimmen­ tren des literarischen Kampfes gegen die in Wilsnack 43 36 den Einfluß ausgeübt ). Er stand seit dem Konkordat betriebene Ausbeutung des Wunderglaubens ). von 1447 in guten Beziehungen zu Rom44); er hatte eine Kurfürst Friedrich II., der, wie erwähnt, als politi­ starke Zurückdrängung der geistlichen Gerichtsbar­ scher Gegner des Erzstiftes Magdeburg den Bischof keit sowie Aufsichtsrechte gegenüber den Klöstern und von Havejberg deckte, hatte sich in den Minoriten das wichtige Recht der Nomination der Bischöfe seiner Matthias Döring und Johannes Kannemann zwei ge­ drei Landesbistümer erreicht, und es ist anzunehmen, schickte Verfechter des Wunderblutes gesichert. daß er auch jetzt in diesem für Wilsnack so ent­ Döring, der damals zu den ersten politischen Schrift­ scheidenden Zeitpunkt eingegriffen hat. stellern Deutschlands zählte, war auch als Geschichts­ Die Wallfahrten kamen jetzt erst recht in Auf­ schreiber und Theologe angesehen; er wurde das be­ nahme. 1471 stellten die Kardinäle Gregor und Fran­ rühmteste Mitglied des Konvents des Franziskaner­ 45 37 ziskus von Gonzaga einen Ablaßbrief aus ). Ein wei­ klosters Kyritz ). Döring war damals Provinzial der terer von 1500 ist von den Kardinalbischöfen Oliver Franziskaner in der Provinz Sachsen, seit 1446 tritt er von Sabina und Johannes von Porto sowie zehn wei­ als der literarische Verteidiger des Wilsnacker Heilig­ 38 teren Kardinalpriestern und -diakonen ausgestellt; es tums in Erscheinung ). Magister Kannemann war Mit­ war eine farbige Prunkausfertigung mit reichen glied der Erfurter Fakultät, Lektor in Magdeburg und 39 Blumenornamenten an den Rändern, oben in der Mitte Studiendirektor des dortigen Franziskanerklosters ). das Schweißtuch der heiligen Veronika, in den Ecken Er reiste im Auftrag des Kurfürsten nach Eom und die Apostel Petrus und Paulus46). Auch die Kunst des erwirkte dort am 2, Januar 1447 eine reichliche, der Buchdruckes wurde in den Dienst für Wilsnack gestellt. Erneuerung nicht bedürfende Ablaßerteilung für die Es sind uns Drucke von 1509, 1520, 1521 erhalten, die 32 in Magdeburg, Lübeck und Rostock erschienen und die gerfahrten nach Wilsnack war die Weiße Nonne an Legende von der Entstehung des Heiligen Blutes der viel benutzten Straße ein Stationshäuschen mit weiten Kreisen zugänglich machen sollten47). Die Kirche ewigem Licht56). Am Wege von Lübeck nach Schön­ in Wilsnack erfreute sich weiter frommer Stiftungen. berg in Mecklenburg hat sich ein alter Wegweiser er­ Wir hören von der Gründung neuer Altäre und Ka­ halten, der zu den wenigen gehört, die sich einwand­ pellen, auch von einem Hospital für die Pilger48). frei datieren lassen, denn es liegt die testamentarische Verfügung eines Lübecker Bürgers von 1456 vor, der Der Kurfürst Friedrich II., der sich so entschieden den Stein setzen ließ. Das schöne Radkreuz trägt die für Wilsnack eingesetzt hatte, weilte wiederholt dort. Inschrift: Biddet got vor den ghever des Von seiner Anwesenheit hören wir 1437, 1438, 1439, Wisers na dar Wilsnakke; es hat auch das 1440, 1442. Anläßlich eines Fürstentages wellte er 1443 Pilgerzeichen, die drei Hostien57). Weist dieser Stein ebenfalls dort. 1453, kurz vor seiner Wallfahrt nach auf Pilger aus dem Ostseegebiet, so wird zum Jahr dem Heiligen Grab, besuchte er Wilsnack; später hat 1487 berichtet, daß zahlreiche Wallfahrer aus Sachsen er diese Reisen noch wiederholt. Von den dortigen und Meißen kamen. Die Stadt Siegen hatte 1465 unter Mißständen blieb er unbeeinflußt. Auch sein Nachfol­ ihren Ausgaben einen Posten, der als jährliches Opfer ger Albrecht Achilles zeigte eine besondere Vorliebe bezeichnet wird: „z o m hilgen Blöde zo der für Wilsnack und wählte diesen Ort wiederholt für Wiltzenach, uff das der priestergotvor politische Verhandlungen. So fanden dort 1471 Ver­ die gantze gemeyne bidde"; 1466 fanden aus handlungen zwischen Brandenburg und Braunschweig Siegen Wallfahrten nach Wilsnack statt58). statt, 1472 eine Zusammenkunft mit seiner Schwester, der Königin von Dänemark, zur Besprechung von Erb­ Aber nicht nur Deutsche kamen nach Wilsnack, son­ teilungsfragen, 1473 eine Tagung zur Beratung über dern auch Ausländer, so Polen in Zügen von 200 bis die Sicherheit der öffentlichen Straßen. Mit dem Her­ 300 Personen. Im Jahre 1452 kamen Pilger aus Ungarn. zog Heinrich von Münsterberg weilte er vermutlich Auch aus Schottland, Dänemark, Schweden, Norwegen 1476 in Wilsnack, und im gleichen Jahr fand dort eine und Böhmen strömten Wallfahrer herbei. Soweit die Fürstentagung statt, die sich mit der Wiederherstellung Pilger den Spree-Übergang von Berlin benutzten, des Landfriedens befaßte. 1479 hören wir von Verhand­ waren sie für die Fortsetzung ihres Weges auf die über lungen in Wilsnack zwischen Brandenburg, Mecklen­ Tegel, Heiligensee, Bötzow nach Nordwesten führende burg und Pommern, 1486 von einer Städtetagung, auf Straße angewiesen. Diese soll „Heiliger Blutsweg" der Hamburg, Lübeck, Wismar, Rostock u. a. erschie­ genannt worden sein; nachweisen läßt sich allerdings nen. Von Wilsnack ging 1492 Herzog- Balthasar von nur die abweichende, im Spandauer Erbregister von Mecklenburg auf die Wallfahrt nach dem Heiligen 49 1590 vorkommende Bezeichnung, „Heiligen Sehischer Land ). Bluttwegk"59). Durch das Wunderblut war Wilsnack zu einem in Die Bedeutung Wilsnacks findet auch darin ihren ganz Europa bekannten Wallfahrtsort geworden. Es Ausdruck, daß es schon auf den ältesten Karten an­ entwickelte sich schnell aus einem Dorf zur Stadt. gezeigt wird. Auf der Landkarte nach Nikolaus Cu- 1391 noch wird es als villa bezeichnet, 1397 erscheint sanus nach 1493 (im handschriftlichen Exemplar der es bereits als oppidum mit proconsules und consules. Leydener Universitätsbiblothek im Codex Vossianus Zunächst war die benachbarte Plattenburg der Haupt-, latinus) wird auch Wilsnack angegeben, und zwar mit ort des hier gelegenen bischöflichen Gebietes, aber sie dem Zusatz s. sanguis, also Heilig Blut. Ebenso wurde schon Ende des 14. Jahrhunderts aus dieser zeigt die gleichfalls von Cusanus entworfene erste Stellung durch das schnell aufblühende Wilsnack ver­ Karte von Mitteleuropa, die 1491 in der fränkischen drängt50). Der rege Besuch gab bereits 1424 dem Bischof Bischofstadt Eichstädt gestochen wurde, unter den von Havelberg die Veranlassung, ein Kaufhaus zu wenigen Plätzen, die in der Mark überhaupt angegeben bauen. Auf den Markttagen ging es lebhaft zu. Die werden, unser Wilsnack. Die Karten von Georg Erlin- Stendaler Tuchmacher, die ihr Tuch sonst nur in ger von Augsburg (Bamberg 1524—1530) und die be­ ganzen Stücken verkaufen durften, konnten es in Wils­ kannte von Sebastian Münster von 1525 geben nicht nack wie auch in einigen anderen Orten im Ausschnitt mehr die Ortsbezeichnung Wilsnack, sondern Heilig absetzen51). Für den Besuch süddeutscher Kaufleute Blut. spricht der Umstand, daß 1424 Nürnberger auf dem Weg nach Wilsnack niedergeworfen werden. Auch un­ Nach der Zerstörung des Wunderblutes (1552) taucht rechtmäßig erworbene Ware wurde mitunter dort ab­ wieder die alte Bezeichnung auf. so bei Tilemann gesetzt: 1497 hat auf dem dortigen Jahrmarkt ein Jude Stella („Die gemeine Landtaffel", Siegen 1560) mit dem 52 Namen Wilsenac, bei Heinrich Zell zu Straßburg 1560 ein gestohlenes Pferd gekauft ). 1513 wurden die mit Welsenach und 1578 mit Wilsenach60). Einen be­ Markttage wie folgt festgelegt: Am ersten Freitag nach sonderen Hinweis aber verdient in diesem Zusammen­ den Fasten und nach dem Sonntag Estomihi, alsdann 53 hang die älteste Straßenkarte der modernen Welt, alle Freitage das ganze Jahr hindurch ). nämlich Erhard Etzlaubs Romweg-Karte, die für die Zur Aufnahme der zahlreichen Pilger standen viele Pilger zum Heiligen Jahr 1500 in Nürnberg gedruckt Herbergen bereit, deren Namen uns genannt werden: wurde. Sie zeigt als neuartiges Kartenelement in Mei- Zum doppelten Adler, zum goldenen Adler, zum Löwen, lenpunktmanier die durch Deutschland zur Ewigen zum Bären, zum neuen Mann, zum weißen Roß, zum Stadt führenden Straßen. In ihr sind auch die be­ schwarzen und roten Hahn, zum goldenen Kelch, zur deutendsten Wallfahrtsorte vermerkt, und als solcher Windmühle, zum Hirsch, zum roten Speerwagen, zum ist u. a. das märkische Wilsnack ebenso wie das meck­ weißen Schwan, zum Ochsenkopf, zum roten Ziegel, lenburgische Sternberg durch eine neben den Orts­ zum Stuhl, zur Tasche u. a. m. Die Herbergen hatten, namen gezeichnete Kirche angegeben61). wie es in großen Städten bei vornehmen Wirtshäusern Wenn die Pilger nach einer oft langen und beschwer­ üblich war, Schilder, die mit einer dem Namen ent­ 54 lichen Reise Wilsnack erreicht hatten, suchten sie das sprechenden Bemalung an langen Stangen hingen ). letzte Ziel, die Wunderblutskirche, auf. Manches Ave Auch die Aufzählung dieser Namen, die keineswegs Maria wird dankerfüllter Brust entstiegen sein, sobald vollständig ist, läßt den starken Verkehr erkennen. die Gläubigen den riesigen Bau betraten, der bis in Zu Fuß, zu Pferd oder mit dem Wagen kamen die unsere heutigen Tage beherrschend das Stadtbild über­ Pilger aus allen Richtungen herbei. An der Straße von ragt Wir zählen ihn zu den bedeutendsten Bauten aus Perleberg nach Wilsnack weist in der Ünzer Heide der dem großen architektonischen Reichtum, den uns das Pilgerbrunnen darauf hin55). In Neuruppin steht an der Mittelalter überlassen hat. Er ist der lebendigste Zeuge Neustädter Straße eine alte Denksäule, die „Weiße der einstigen Wunderblutherrlichkeit. Nonne"; Joachim von Wuthenow hat sie aus Dank­ Der Bau begann 1384 auf dem Platz der ehemaligen barkeit für seine glückliche Rückkehr vom- Heiligen abgebrannten Dorfkirche und war im wesentlichen um Grab in Jerusalem errichten lassen. Zur Zeit der Pil­ 1400 vollendet. Die dem St. Nikolaus geweihte Kirche

33 wurde als dreischiffige kreuzförmige Halle errichtet, 3. Wilsnack nach der Zerstörung des Wunderblutes zeigt starke Anklänge an den bedeutenden Dom von Das Städtchen Wilsnack mit der Herrschaft Platten­ Stendal, übertrifft ihn aber in der Spannweite des Mit­ burg trat Joachim IL seinem Rat Matthias von Sal­ telschiffes. Der ehemals um den Chor laufende niedrige dern als Pfand, später als erbliches Lehn ab. Dem Umgang ist verschwunden. Ein romantischer Winkel Domstift Havelberg waren damit die sich daraus er­ findet sich im Norden der Kirche. Dort führt zu dem gebenden Einkünfte entzogen, und es konnte daher einstigen Prälatenhaus, dem späteren Schloß der von die auf ihm ruhenden Lasten der Kirche in Wilsnack Saldern, auf zwei weitgespannten Bögen ein Ver­ 62 nicht mehr tragen. Die von Saldern sind an seine Stelle bindungsgang vom Querschiff hinüber ). Einer der getreten; freilich hat es an Streitigkeiten hierbei stärksten Förderer des Baues war Bischof Johannes nicht gefehlt. Das Kirchenvermögen war 1577 immer­ Wöpelitz (1385 bis 1401), dessen lebensgroßes Standbild hin noch so groß, daß ein ausreichender Überschuß für aus Sandstein von treffender Bildähnlichkeit an Reparaturen vorhanden war. Der Dreißigjährige Krieg einem Pfeiler aufgestellt ist. Er war ein baufreudiger aber war geradezu verhängnisvoll für das Vermögen Mann, dem im wesentlichen auch die innere Aus­ der Wilsnacker Kirche. Ungeschickte Verwaltung hat stattung des Havelberger Domes zu verdanken ist, ferner dazu beigetragen, daß weitere Verluste ent­ insbesondere der berühmte Lettner; die Kosten dafür standen. Freiwerdende Kapitalien wurden nicht von wurden aus den dem Wunderblut zufließenden Be­ 63 neuem zinstragend angelegt, sondern für laufende Aus­ trägen bestritten ). gaben verbraucht Eine Kirchenrechnung des Jahres Die Kirche in Wilsnack blieb unvollendet, denn für 1731 läßt erkennen, daß die jährlichen Ausgaben be­ den Bau waren Ausmaße vorgesehen, die selbst mit deutend höher als die Einnahmen waren. So ging das einst beträchtliche Kirchenvermögen schließlich bis den reichen, dafür zur Verfügung stehenden Mitteln 66 nicht verwirklicht werden konnten. Man mußte ihn auf einen geringen Rest verloren ). Mitte des 15. Jahrhunderts zu einem vorläufigen Ab­ Seitdem die Wallfahrer fortblieben, zog in Wils­ schluß bringen. Der Turm der abgebrannten Dorf­ nack wieder dörfliche Stille ein. Auch das 19. Jahr­ kirche, um den herum der Neubau errichtet worden hundert mit seinem zunehmenden Verkehr änderte war, blieb im Innern stehen. Da die Türme fehlen, nichts daran. Selbst die Anlage eines Heil- und Moor­ zeigt das Äußere noch mehr das Gepräge des Unvoll­ bades vermochte nur in bescheidenem Umfang Gäste endeten. Die äußere Turmwand wurde durch einen anzuziehen. Die Schnellzüge auf der Berlin-Hamburger mächtigen Renaissancegiebel abgeschlossen. Strecke fuhren ohne Aufenthalt durch Wilsnack durch. Seit der päpstlichen Entscheidung zugunsten-Wilsnacks Nur ein aufmerksamer Fahrgast mochte überrascht vom Jahre 1453 sind eigentliche Angriffe auf das Wunder­ aufsehen, wenn er vom Zuge aus das hohe Schiff der blut nicht mehr erfolgt, abgesehen von gelegentlichen einstigen Wallfahrtskirche erblickte. Die Stadt zehrt Einwendungen. Zu einem erneuten Vorgehen gegen das von ihrer Vergangenheit, ganz im Gegensatz zum be­ Wunderblut kommt es dann 1520, als Martin Luther nachbarten Wittenberge, in dem die Gegenwart alles, sich in seiner Schrift „An den christlichen Adel deut­ die geschichtliche Vergangenheit nur wenig bedeutet. scher Nation" sehr energisch gegen die Wallfahrten Eine Frage bleibt noch zu erörtern. War der Priester und damit auch gegen Wilsnack wendet, das er wie Johannes Calbutz das Opfer einer Täuschung gewor­ andere ähnliche Orte mit dem Namen aufführt. Und den, als er nach dem Brand die Hostien bluten sah? nun war der Zeitpunkt der Zerstörung des Wunder­ Martin Luther wußte keine andere Erklärung, als daß blutes nicht mehr fern. Die evangelische Gemeinde in der Teufel die Hand im Spiel gehabt habe. War das Wilsnack war bis 1548 so weit erstarkt, daß sie einen alles Aberglaube? Es mußten erst einige Jahrhun­ eigenen evangelischen Geistlichen, Joachim Ellefeld derte vergehen, bis hierfür eine Erklärung gegeben berufen konnte. Katholischer und evangelischer Gottes­ werden konnte. Das 19. Jahrhundert enthüllte dem dienst fand nebeneinander in der Kirche statt und suchenden Auge unter, dem. verbesserten Mikroskop führte zu Konflikten. Dies bewog Ellefeld, am 28. Mai eine Wunderwelt kleinster Lebewesen, nämlich soge­ 1552 die Wunderhostien zu verbrennen64). Das Dom­ nannte Spaltpilze (Bakterien). Eine besondere Art zeich­ kapitel von Havelberg veranlaßte seine Festsetzung net sich durch einen blutroten Farbstoff aus. Auf geeig­ auf der Plattenburg und machte alle Anstrengungen, neten Nährböden erzeugt diese Art blutrote Flecken, ja um seine Verurteilung zum Tode zu erwirken. Nun förmliche Schleimmassen, die wie Blut abfließen» Ein setzte mannigfache Fürsprache für Ellefeld ein. Schließ­ solcher Nährboden ist vor allem Brot Einem Berliner lich übertrug der Kurfürst dem Landeshauptmann Naturforscher, Christian Gottfried Ehrenberg, ver­ Kurt von Rohr den Prozeß, in dessen Verlauf Ellefeld danken wir diese Feststellung. Er erkannte sofort die des Landes verwiesen wurde. Sein Nachfolger würde Möglichkeit, daß gerade dieser Spaltpilz die natürliche Thomas Bremer. Im August 1552, wurden alle* Klein­ Ursache des Blutens feucht gewordener Hostien ge­ odien und alles Silberwerk der Kirche zu Wilsnack wesen sein könnte. Micrococcus prodigiosus, nach Berlin gebracht. Die große Glocke, ein hervor­ Wunderpilz, ist sein Name. Und damit war auch diese ragend schönes Stück, wurde auf Befehl des Kur­ bis dahin ungelöste Frage beantwortet; sie hatte ihre fürsten in den Berliner Dom überführt65). natürliche Klärung gefunden67).

Anmerkungen: 4) W. Hoppe, Kloster Zinna. (1914) S. 107. Eine Wiedergabe des Das umfangreiche Schrifttum über das Heilige Blut voi Titelblattes des Marienpsalters in MbL d. Touristenklub f d. Wilsnack ist zusammengestellt von Gottfried Wentz in Ger­ M. Br. XXII. Jahrg. (1913) S. 69, Zur Mariendichtung: Merker- mania Sacra I. 2. Das Bistum Havelberg (1933) S. 7f Alle Stammler, Reallexikon d. dt. Literaturgeseh. II (1926/28) S. 332. älteren Arbeiten gehen zurück auf Matthaeus Ludecus, Histo- — 5) H. Bütow, Reichenfelde. Die Neumark. Jb. d. Ver. f. d. na von der erfindung, Wunderwercken und Zerstörung des Gesch. d. Neumark (1934) S. 5—38, — 6) Germania Sacra I 2 vermeinten heiligen Bluts zur Wilsnagk, Wittenberg 1586. Bistum Havelberg. (1933) S. 186, ferner M. Henning, Alt- Neu bearbeitet wurden die Vorgänge dann in dem grund­ Krüssow. Mbl. d. Landesgeschichtl. Vgg. f. d. M. Br. (1938) legenden, 1881 erschienenen Werk des damaligen Oberpfarrers S. 6 f. — 7) J. Heidemann, Die Reformation in der Mark von Wilsnack Ernst Breest: Das Wunderblut von Wilsnack Brandenburg. (1889) S, 58, Anm. 2. — 8) ebda. S. 37. — «) Ger­ (1383—1552), Mark. Forsch. XVI. Band (1881), S. 131—301. Wert­ mania Sacra I 2 S. 275. — io) Heidemann, a.a.O. S. 40. — volle Aufschlüsse brachte Bruno Hennig in seinen beiden Ar­ U) ebda. S. 41, — 12) W. Hoppe, Lenzen. (1929) S. 65. — beiten: Die Kirchenpolitik der älteren Hohenzollern in der 13) w. Zahn, Die altmärkischien Dorfkirchen u. ihre Geistlichen Mark Brandenburg und die päpstlichen Privilegien des Jahres im Mittelalter, 34. Jahresbericht d. Altmärk. Ver. f. vater­ 1447 (1906) sowie Kurfürst Friedrich II. und das Wunderblut ländische Gesch. zu Salzwedel (1907) S. 76. — u) ebda. S. 53 zu Wilsnack FBPG (1906) S. 391—422, in denen er die Bedeutung bis 54. — 15) w. Zahn, Heimatkunde der Altmark. 2. (1928) der territorial-politischen Faktoren für die Vorgänge her­ S. 229. — 16) w. Zahn, Dorfkirchen a.a.O. S. 86. — 17) W. Hoppe, vorhob. Geschichte der Stadt Königsberg in: Die Kunstdenkmäler des ™JLi- _Hasnagen, Das religiöse Gesicht der Hohenzollern. Kreises Königsberg (Neumark) Heft II, S. 15, ferner Hans FBP5 JSd- 53 (1941) s- 164- - 2) *• H- Gebauer, Religions­ Bütow, Die Jerusalemskapelle und das Jerusalems- oder geschichte. In: Friedel-Mielke, Landeskunde der Prov. Bran­ Heilige Kreuzhospital zu Königsberg i. d. Neum. Die Neu­ denburg II (1910) S. 140. — 3) w. Dersch, Deutschland vor der mark. Jb. d. Ver. f. Geseh. d. Neumark. Landsberg (Warthe) Reformation, Korrespondenzblatt des Gesamtvereins d. deut­ 1939, S. 127—141 — 18) Hoppe; Zinna a.a.O. S. 127. — i») R. Leh­ schen Geschichts- u. Altertums vereine. 82 Jg. (1934) Sp. 141. — mann» Gesch. d. Markgraftums Niederlausitz. (1937) S. 125. — 34 20) E. Wollesen, Zwei Auszüge aus dem Werbener Schöppen- S. 155, Anm. t (zitiert nach Ludecus, Vorrede). — <%) H. Hundt, buch. Stendaler Beitr. V, 2 (1326) S. 50-—51. — 21) Breest a.a.O. D. Heer- und Handelsstraßen d. M. Br. (1932) S. 99. — s«) W. S. 142., — st) Germania Sacra I 2 S. 121, — 23) Breest a.a.O. Bartelt, Tore, Straßen, Plätze u. Befestigung Neuruppins (1926} S. 146. — 24) Germania Sacra a.a.O. S. 59. — 25) ebda. a.aO. S. 70. — r>7) B. Beltz, Steinmale. Mecklenburg. Zs. d. Heimat­ S. 121. — 20) Breest a.a.O. S. 154. — a?) ebda. S. 154 1 — bundes Mecklenburg. 19. Jg. (1924) S. 75 mit Abb. d. Weg­ 28) ebda. S. 163. — 20) ebda. S. 164 f. — 3<>) Hennig, Kurfürst kreuzes. — 58) Breest a.a.O. S. 278. — so) W. Dürks, Zw. See Friedrich IL, a.a.O. S. 398. — 31) Germania Sacra a.a.O. S. 63. u, Havel — das sagenumwobene Heiligensee in: Pauls — — 32) Hennig, Kurfürst Friedrich IL, a.a.O. S. 399 Anm. 1. — Tessendorf, Der Marsch in die Heimat. (1937) S. 491. Vgl. hier­ 33) ebda. S. 87. — 34) ebda. S. 403. — 35) ebda. S. 404. — zu die Einwendungen von (Jons.) Sch.(ultze) in FBPG. Bd. 50, 3«) ebda. S. 392. — 37) Germania Sacra a.a.O. S. 345. — 38) Hen- S. 184 f. — 60) A. Herrmann, Die ältesten Karten von Deutsch­ nig, Kurfürst Friedrich IL, a.a.O. S. 89, 91. — 39) Breest a.a.O. land bis Gerhard Mercator. 22 Taf. in Faksimile mit erläu­ S. 208. -— 40) Germania Sacra a.a.O. S. 64. — 4i) Hennig, Kur­ terndem Text. (1940). — ei) H. Krüger, Die Romweg-Karte fürst Friedrich IL, a.a.O. S. 418, 420. — 42) Germania Sacra Erhard Etzlaubs vom Heiligen Jahr 1500 im Rahmen der zeit­ a.a.O. S. 64. — 43) Hennig, Kurfürst Friedrich IL, a.a.O. S. 421. genössischen Kartographie. Aren, f. d. Post- u. Fernmelde- — 44) Hennig, Kirchenpolitik a.a.O. S. 23 ff. •— 45) Breest a.a.O. wesen. Frankfurt/Main 2. Jg. (1950) S. 921. — 62) G. Dehio, S. 274. — 46) Germania Sacra a.a.O. S. 121.'— 47) ebda. S. 7. — Hdb. d. dt. Kunstdenkm. II. Nordostdtld. (1926) S. 508 f., ferner 48) Breest a.a.O. S. 275. — 49) ebda. S. 191 f., 277 ff. — 50) w. Kunstdenkm. Kr. Westprignitz S. 321. — 63) Germania Sacra Luck, D. Prignitz, ihre Besitzverhältnisse v. 12. bis z. 15. Jh. a.a.O. S. 59. — 64) Heidemann a.a.O. S. 336; Breest a.a.O. S. (1917) S. 61. — 51) L. Götze, Urkundliche Geschichte d. Stadt 285. — Germania Sacra I, 2. S. 118, gibt irrtümlich das Jahr Stendal (1873) S. 336. — 52) F. Priebatsch, Der märkische Han­ 1532 statt 1552 an. — 65) Kunstdenkmäler, Kr. Westprignitz del am Ausgange des Mittelalters. Sehr. d. Ver. f. d. Gesch. a.a.O. S. 333. — 66) R. Rudioff, Die Geschichte eines Kirchen­ Berlins. Heft XXXVI (1899) S. 22, Anm. 1, S. 11, Anm. 5. — vermögens. Jahrbuch f. Brdbg. Kirchengeschichte. 22. Jg. R3) w. Spatz in: Die Kunstdenkmäler der Provinz Branden­ (1927) S. 150 ff. — 07) w. Bölsche, Das Wunderblut zu Wilsnack burg. Kreis Westprignitz (1909) S. 308. — 54) Breest a.a.O. in: Rieh. George, Hie gut Brandenburg alleweg! (1900) s. 209 f.

Emil Schwartz: Beiträge zur Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg I Das Ausscheiden der nördlichen Uckermark aus der Diözese des Bistums Kammin Seit dem Jahre 1140 gab es ein pommersches Bistum, Nachteile für das Bistum, wenn er sich dem Trep­ dessen Sitz seit 1176 in Kammin war, und dessen Spren­ tower Abschied unterwarf, hoffte aber andererseits, gel sich nach anfänglichen Schwankungen seit der durch die Betonung der Abhängigkeit vom Reiche dem Mitte des 13. Jahrhunderts über die nördliche Ucker­ Bistum die Reichsunmittelbarkeit verschaffen zu mark bis etwa zu einer Linie östlich Feldberg können. (Mecklbg.) über den Karwitzer See, südwestlich Har- denbeck, südlich Klaushagen, Petznick, westlich Rin­ Auf der Zusammenkunft der Herzöge mit den Stän­ genwalde, an der Nordseite des Grimnitzsees und Wol- den an der Swine am 24.-27. Juni 1535 hatten der letzsees entlang, südöstlich Greiffenberg, Briest, am Bischof und die Stände des Bistums sich jedoch eines Welselauf entlang südlich Vierraden vorbei bis zur Oder anderen besonnen, weil sie Unterstützung ihrer erstreckte1). Das Ausscheiden dieses Teiles der Ucker­ Selbständigkeitsbestrebungen offenbar nicht fanden. Sie mark aus dem- Kamminer Diözesanverbande im Verlauf erklärten jetzt, es sei zwar nicht ihre Meinung, sich der Reformation hat Herold im 'Jahrbuch für' Bran­ ihrem Patrone' und dem alten Herrschaftsverbande zu denburgische Kirchengeschichte Bd. 35 (1940) S. 1401 Pommern zu entziehen; sie dürften' jedoch nicht öffent­ bereits berührt, jedoch erscheint die Entwicklung der lich in die Treptower Ordnung willigen, weil die kirchlichen Rechtsverhältnisse einer genaueren Unter­ Stiftsgüter in der Mark und in Mecklenburg suchung bedürftig. auf dem Spiele stünden, sobald das Bistum Kammin offenkundig den Glauben ändere. Des Bischofs und der Aus der Bewegung der Geister, die seit 1517 auch die Stiftsstände offenes Bekenntnis der „Annahme des Bewohner der Diözese Kammin -ergriffen hatte, konn­ Evangelii" sowie • des Gehorsams gegen die Landes­ ten sich rechtliche Schwierigkeiten für die Stellung herren mußte daher diese für den Augenblick zu­ des Bischofs gegenüber der Uckermark nicht ergeben, friedenstellen. Dabei verblieb es, obwohl diese Haltung solange sowohl in Brandenburg wie in Pommern die erkennen läßt, daß der Bischof damals ungefähr ebenso Landesherren und die Kirchenobrigkeiten an dem alten lutherisch gesinnt war wie die Herzöge vor 1534 katho­ Glauben festhielten; dagegen mußte notwendig ein lisch gewesen waren5). Zwiespalt eintreten, nachdem die Herzöge Barnim IX. und Philipp I. von Pommern auf dem Landtage in Immerhin hatte der Bischof seine Stellung und damit Treptow.an der Rega im Dezember 1534 ihr Land der seine bisherigen Jurisdiktionsrechte in seiner Diözese evangelischen Lehre zugeführt hatten. Der freilich im pömmerschen Bereiche sich gewahrt, und es konnte nicht in ein authentisches Aktenstück gefaßte, aber daher erst recht nicht davon gesprochen werden, daß in einem schriftlichen Entwurf niedergelegte Abschied er diese Rechte in dem zur Mark Brandenburg ge­ des Landtages ging dahin: „. . . das Evangelium solle hörigen Teile der Diözese verloren habe, da weder ein freigegeben werden; der Bischof von Kammin in seinem Verzicht dieses Inhalts von seiner Seite noch eine Ent­ Verhältnis, Stand und Besitz bleiben, das Gericht in ziehung seitens der staatlichen oder kirchlichen Obrig­ Ehesachen haben so wie die Gewalt, öffentliche Sünde keit vorlag. Diese letztere kam bis zum Tode Kurfürst zu strafen; ferner die Prüfung der präsentierten Joachims I. (11. Juli 1535), der streng am katholischen Pfarrer, ihre Institution, auch die Untersuchung der Bekenntnis festhielt, gar nicht in Frage. Es ist also nicht zutreffend, daß der Bischof bereits 1535 außer Irrlehre, Wiedertaufe und dergleichen übernehmen... 6 Das Kapitel in Kammin blieb in seinem Stande und in Funktion gesetzt sei ). üblicher Befugnis, den Bischof zu wählen." Diesem Rechtszustande entsprach die weitere Übung in der Uckermark. Denn noch am 17. Oktober 1535 Die Pfarrer in Pommern blieben also nach wie vor bat der Konvent der Nonnen des Sabinenklosters in der Jurisdiktion des Bischofs unterworfen, ihre Ein­ Prenzlau den Bischof um die Bestätigung seiner neu künfte blieben bestehen, es wurden sogar altgläubigen gewählten Äbtissin Adelheid v. Kerkow, nachdem Priestern ihre Pfründen bis zum Aussterben ge­ 2 Adelheid von Holtzendorf das Amt ihres Alters halber sichert ). Bischof Erasmus von Manteufel bat zu­ niedergelegt hatte7). Man kann nicht einwenden, daß nächst um Frist bis nach Ostern 1535, sich mit den 8 dieser Vorgang für die Rechtsstellung des Bischofs Seinen über die Annahme des Abschiedes zu äußern ) nichts beweise, weil die Nonnen natürlich an der alten und erklärte dann: „sie könnten sich nicht vom Rö­ Gewohnheit festgehalten hätten, auch wenn ein Zwang mischen Reiche trennen"*). Er fürchtete einerseits dazu für sie nicht mehr bestanden hätte. Denn sogar

35 am 12. November 1539, also nachdem bereits Kurfürst sehende auch der Vortrag oder entscheides brieff» Joachim II- am 1. November desselben Jahres seinen so mede des Erbarn Raths, der Scheppen und Kasten- Willen zur Umgestaltung des Kirchenwesens öffentlich hern Ihre In SegeU vorsegelt habe ich in eine Schach­ kundgetan hatte8), bat noch der Rat zu Prenzlau den teln oder deße gelecht und ingestellet. Und syndt Bischof um die Genehmigung, das geistliche Lehn der vorwaret in der Kastenhern lade, dar die ander vor- heiligen Kosmas und Damian in der Marienkirche, segelth brieve in entholden. Und sollen die gemelten dessen Einkünfte in 10 Pfd. brandenburgisch aus der Hern Scheppen diße Deße medt den gemelten dryen Wasserpacht des Uckersees bestanden, mit der Stelle briuen den Vortrag unsers g. H brieff und des Bi- des städtischen Syndikus verbinden zu dürfen9). Der schopps Confirmation von den Kastenhern die zur Rat hätte das Gesuch sicher nicht gestellt, wenn er sich Zeit seint, nach menen awgang gewislig bekomen. rechtlich nicht dazu verpflichtet erachtet hätte, denn Urkundlich mede meinen gewonlichen pecier bo- an seiner eigenen evangelischen Gesinnung ist zu jener segelt. Donnerstage nach Mia. dmj.: anno 51". Zeit nicht mehr zu zweifeln. Das Lehn Crucis in der Jakobikirche hatte 10 Wispel Der Bischof erteilte seine Genehmigung am 8. Februar Korn aus den Stadtmühlen zu erheben, von denen die 10 Hälfte mit Genehmigung der geistlichen Oberen der 1541 ). Sie wäre verspätet und überflüssig gewesen, 15 wenn durch die brandenburgische Kirchenordnung vom Stelle des Stadtschreibers zugeteilt war ). Die andere Hälfte hatte man seit 1526 der Stelle eines evange­ März 1540 das geistliche Aufsichtsrecht des Bischofs 16 von Kammin über das brandenburgische Gebiet tat­ lischen Predigers zugelegt ). Diese erste Hälfte war in sächlich schon beseitigt gewesen wäre11). Die Kirchen­ Wendlands Besitz gekommen, weil er auch das Amt des ordnung12) enthält eine solche ausdrückliche Bestim­ Stadtschreibers verwaltete; das Lehn Johannis Evange­ mung jedoch nicht, sie setzt im Gegenteil das Fort­ listae aus der Marienkirche hatten die Schoppen zu verleihen und war von diesen ebenfalls an Paul Wend­ bestehen des bischöflichen Amtes voraus, denn in dem 1 7 Abschnitt „von Berufung und Ordination der Kirchen­ land geliehen, weil er auch Schöppenschreiber war " ). diener, auch bischöflicher Autorität und Jurisdiktion" Diese Einkünfte wurden Wendland wohl von irgend­ wird nicht nur dem Bischof von Brandenburg, der mit einer Seite streitig gemacht, und er hielt es deshalb der heilsamen Lehre des Evangeliums allenthalben einig für geraten, sich darüber auf eigene Kosten eine Be­ sei, sondern auch den übrigen Bischöfen, wenn sie sich stätigung des Kurfürsten Joachim II. und des Bi­ nach dieser christlichen Kirchenreformation und Ord­ schofs vonKammin zu beschaffen; dies muß also nach dem Tode Joachims I. (11. Juli 1535) geschehen nung halten wollen, der Besitz aller ihrer Güter und 18 Gerechtigkeiten zugesichert. Als die hierher gehörigen sein ). Rechte der Bischöfe werden hier und in den anderen Titeln aufgeführt: Leider sind die Urkunden des Kurfürsten und des Bischofs nicht mehr vorhanden. Wie die Haltung des 1. das Recht, über* die Aufrechterhaltung dieser Ord­ Bischofs gegenüber der märkischen Kirchenordnung nung und der darin verordneten Zeremonien zu war, läßt sich aus dem Inhalt der Urkunde vom 8. Fe­ wachen, bruar 1541 erschließen, mit dem er dem Gesuch des Ra­ 2. die Ordination und Institution der Geistlichen, tes vom 12. November 1539 stattgab. Denn er spricht 3. das Recht der Konfirmation oder Firmung, dort aus, er sei „nicht wenig bewegt von dem Verhalten, 4. die Disziplin über die Geistlichen, durch das der Rat die Belange des Gemeinwesens auch 5. die Gerichtsbarkeit in Ehesachen, Sachen der um den Preis der Beeinträchtigung der Gottesverehrung Priester u. dgl. (et circa perniciem divini cultus) zu fördern suche", er könne aber nicht umhin, dennoch seine Zustimmung Die Kirchenordnung erhielt also den Bischöfen, wenn zu erteilen, „damit eines dem anderen diene", und weil sie die Ordnung annahmen, die Rechte des bischöf­ die angestrebte Regelung „nicht zu verachten" und „un­ lichen ordo, das Kirchenregiment und die kirchliche 13 ter diesen Zeitläuften höchst notwendig" sei. Er behielt Jurisdiktion im wesentlichen im alten Umfange ). Es sich schließlich seine Rechte bei einer künftigen Be­ ist danach kein Grund ersichtlich, der der weiteren setzung der Stelle vor. Ausübung der bischöflichen Rechte des Bischofs von Kammin in seinem uckermärkischen Bereiche ent­ Diese zweideutige Haltung des angeblich evange­ gegengestanden hätte, wenn er für dieses Gebiet die lischen Bischofs wird auch in anderer Weise zum Aus­ brandenburgische Kirchenordnung annahm. Solange druck gekommen sein19) und konnte daher nicht anders diese Möglichkeit noch offen stand, änderte sich an beurteilt werden als die der Bischöfe von Havelberg seinen Rechten nichts. und Lebus, welche der Kirchenordnung von 1540 schroffen Widerstand entgegensetzten. Wie ihnen gegen­ Dafür, daß noch unter Kurfürst Joachim II. diese über, so galt also auch gegenüber dem Bischof von Kam­ Rechtslage als bestehend angenommen wurde, liegt ein min alles das, was der Kurfürst Joachim II. in der Ein­ urkundliches Zeugnis vor. Der evangelische Prediger leitung seiner Konsistorialordnung vom 22. April 1543 Paul Wendland, der als solcher vom Rate um 1528 be­ aussprach: „Wan aber die Bischöfe unser Lande und rufen war, auch das Amt eines Rektors der städtischen Churfürstentumbs eines theils gemelte unsere Christ­ Lateinschule versah und seit dem 12. Juni 1543 von liche Kirchenordnung uver all unser vormhanen den Kirchenvisitatoren zum Prediger an der Nikolai­ vund gutlich anhaltenn noch zur zeit nicht an­ kirche bestellt wurde, übergab am 16. April 1551 dem genommen noch haltenn, auch die Geistlichenn gericht Rate zu Prenzlau folgenden Revers: vor sich selbst nicht besitzen noch durch jre Com- „Ich Er Pauli Wendlandt, Prediger zu St. Nickels­ missarien oder official bestellen, auch sich die sachenn kirchen zu Prentzlow, bokenne mede desse meine also zugetragenn, das, weil sie der Religion mit uns handschrifrt. das Ich den Brieff, welchen ich von nit einig, das wir jhnen in Religion Sachen der Juris­ meinen gnedigsten Herrn Marggraff Joachim so itzunt diction nicht zu gestatten wissen". Die weitere Fol­ noch im Regiment ist, und mir zu guthe auff mein gerung hieraus zog der Kurfürst mit der Errichtung eigene kost und Zcerunge (welche ich auf vier florin er­ eines geistlichen Konsistoriums als einer landesherr­ achte) auffbracht und erlangt. Meine darum und der lichen Behörde, die fortan alle bisher den Bischöfen Ursachen, daß die geistlichen so zum theile verstorbenn zustehenden Rechte auszuüben hatte. Die Jurisdiktion Jure devoluto: wo sie es nennen, von der aufhebungen des Bischofs von Kammin über die nördliche Ucker­ der Lehne Crucis et Johannis Evangelistae de Colla- mark fand also durch die brandenburgische Konsi­ tione der „ Scheppen und des anderen de Collatione storialordnung vom 22. April 1543 ein gesetzmäßiges des Rats mir nicht hätten mugen auedriuen, priuieren Ende. In den Visitationsprotokollen der' Uckermark oder entsetzen weill ich mihre nun in den hilgen vom Juli und August 1543 ist nur noch von dem bran­ Ehestande zu begeben willens war, das ich allewege denburgischen Konsistorium als der Aufsichtsbehörde mir mede dem briwe kegen inen wheren und auff- und dem geistlichen Gericht die Rede 20). Erst 1543 er­ heben. Dessen gemelten uns. G. H. brieff sampt des loschen damit auch die Jurisdiktionsbefugnisse des Ar- Bischopp von Camyn Confirmation hiruber wo zu chidiakonats Pasewalk, dem der uckermärkische Teil 36 der Diözese Kammin unterstand. Dafür, daß der Ar- Crucis aus der Jakobikirche vermerkt ist, 5 Wispel der Ein­ chidiakon schon vorher seinen obrigkeitlichen Einfluß künfte seien mit Konsens der Ordinarien der Stadtschreiberei 21 zugeteilt, und dabei solle es bleiben, und daß bei dem Lehen auf seinen Bezirk völlig verloren hatte ), finden sich Johannis Evangelistae aus der Marienkirche, das die Schoppen keine zeitgenössischen Nachrichten; nach den oben zu vergeben hatten, geschrieben wurde: „Den Zins (insge­ samt 9V* Gulden) soll Herr Paulus Wendtland die Zeit seines geschilderten Vorgängen in Prenzlau ist eher das Lebens erhalten und hernach in Kasten kommen." (Bl. 16, Gegenteil zu vermuten. BL 22, -Bl. 28 Rs., Bl. 42 Rs.) Wendland ließ sich darüber dann auch noch Brief und Siegel des Rates, der Schoppen und der durch den VisitatlonsabscMed berufenen Kastenherren geben. i) Hist. Atl. d. Mark Br., 1. RM Kirchenkarten Nr. 2, Bi. i Als Wendland sich verheiratete, scheint beim Rate die Be­ u. 2. — 2) Barthold, Gesch. v. Pommern, IV, 2, S. 264—268. -~ fürchtung entstanden zu sein, Wendlands Erben könnten nach 8) Ebd. S. 269. — 4) Ebd. S. 274. — 5) Ebd. S. 281 f. — 6) So seinem Tode die Einkünfte weiter für sich beanspruchen. Des­ Herold S. 140. — ?) Riedel, Cod. dipl. brand. A XXI 397. — halb veranlaßte man Wendland, die Urkunden den Kasten­ 8) Heidemann, Gesch. d. Reformation i. d. M. Brdbg. S. 216. — herren als Treuhändern in Verwahrung zu geben mit der s> A XXI 439. — 10) A XXI 440. — li) Heidemann a. a. O. S. 218. Auflage, sie nach Wendlands Tode den Schoppen auszuhän­ — 12) Mylius, C. C. M. I. 6 ff. — 13) v. Mühler, Gesch. d. ev. digen. Was Wendlands Bezugnahme auf das Devolutionsrecht Kirchenverfassung i. d. M. Br. S. 50 f. Daß dies die Meinung bedeutet, ist nicht klar. — 19) Vergl. Barthold a. a. O. IV, 2, der Verfasser der K.O. war, sagt auch Herold: D. köllnische S. 303, 310, 314 f. — 20) Martin Haß, D. ältesten Entwürfe einer Konsistorium i. 16. Jh. FBPG. 53 S. 12. — 14) St.A.Przl. Nr. 539. Konsistorialordnung f. d. Kurmark Brdbg.: FBPG. 27 S. 1 —. 15) St.A.Przl. Vis. Absch. 1543 Bl. 28 Rs. — lö) St.A.Przl. bis 54. Kawerau, Jb. 1. br. KG. 1916, S. 216 1 — F. Meusel, Nr. 504. — 17) Sürings Chronik G. St. A. Pr. Br. Rep. 16 Z. Entstehung d. Konsist. O. von 1543. FBPG. 27 S. 545 ff. III p. 4 a 1 u. 2 Vis.Absch. Bl. 28. — 18) Das weitere Schicksal Herold, D. köllnische Konsistorium: FBPG. 53 S. 11. — 2i) so der Sache ist für unsern Zusammenhang nicht wichtig. Wahr­ Herold, Jb. f. br. K.G. 35 S. 140. — Was dort weiter über die scheinlich legte Wendland seine Urkunden den Visitatoren Lage des Propstes des Klosters Gramzow, der als solcher der vor, aTs sie 1543 nach Prenzlau kamen, und so wird es zu er­ Jurisdiktion des Bischofs von Kammin nicht unterstand, aus­ klären sein, daß in dem Visitationsabschiede bei dem Lehen geführt wird, ist für die hier behandelte Frage belanglos. n Der Prozeß des Prenzlauer Kalands gegen Dorothea Sander (1537 -1543) In dem oben erwähnten Aufsatz im Jahrbuch für sem Termin3). Dorothea Sanders konnte daher nicht brandenburgische Kirchengeschichte Bd. 35, S. 150 ff. ausbleiben hat Herold aus den Akten des Geheimen Staatsarchivs über einen Prozeß des Kalands gegen die Witwe Doro­ Die beiden Sachwalter des Kalands waren die Prie­ thea Sander aus den Jahren 1537—1542 schließen zu ster Arnd Molner und Michel Rudow. Sie werden „Pro- sollen geglaubt, daß der Kaland sich unlauterer Geld­ curatores" genannt. Hier ist das Wort in prozeßrecht­ geschäfte schuldig gemacht habe und daß die Beklagte lichem Sinne als Prozeßbevollmächtigte des klagenden Kalands zu verstehen. Weiterhin werden auch Have­ in einem sittlich gerechtfertigten Kampf um ihr gutes meister, Eggerd und Pletz „procuratores" genannt und Recht obgesiegt und dadurch die Kalandsherren vor damit als Vorstand der Korporation des Kalands in der Öffentlichkeit in vernichtender Weise bloßgestellt sachlich-rechtlichem Sinne bezeichnet. Die beiden Pro­ habe. Diese Bewertung des Vorfalls ist nach meiner kuratoren machten den der Sachlage durchaus ent­ Ansicht nicht zutreffend. Es handelt sich vielmehr um sprechenden Vorschlag, es möchten von den Kom­ einen Prozeß, wie man ihn noch heute in gleicher Form missaren der Dekan Magister Johann Havemeister und im Kampfe gegen faule Schuldner immer wieder er­ die Priester Johann Eggerd und Bartholomäus Pletz an lebt, wie sich im einzelnen an Hand des von Herold Hand der Bücher und Register des Kalands über den S. 157 ff, im Wortlaut mitgeteilten Inhalts der Akten Hergang der Sache vernommen werden, da sie dem zeigen läßt. Valentin Sander das Darlehn seinerzeit ausgezahlt Nach dem Bericht des Notars Georg Sibelingk hatte hätten. Zu diesem Verfahren waren sie genötigt, weil, der Kaland gegen die Witwe Dorothea Sander als Erbin wie wir aus dem Urteil des Stadtgerichtes vom 17. Ok­ ihres verstorbenen Mannes Valentin Sander die For­ tober 1542 später ersehen können (S. 162) ein Schuld­ derung auf Rückzahlung eines dem Erblasser gegebe­ brief über das Darlehn nicht ausgestellt' und keine nen Darlehns von 100 Mark nebst rückständigen Zin­ Bürgschaft und kein Grundpfandrecht dafür bestellt sen erhoben. Die Frau zahlte nicht. Der Kaiarid hätte war („welche Haubtsumma nicht verborget oder uff die Frau sogleich vor dem Stadtgericht verklagen guter verschrieben"). können. Nach dem damals üblichen Brauch zog er je­ doch vor, den förmlichen Rechtsweg nicht sogleich zu Dem Vorschlage der Prokuratoren widersprach die beschreiten, sondern vom Kurfürsten als dem Herrn Beklagte. Zuerst verlangte sie eine Abschrift 4er über alle Gerichte des Landes eine Kommission zu er­ Supplikation, die der Kaland an den Landesherra ge­ bitten, die den Rechtsstreit in der Güte schlichten richtet hatte, und des kurfürstlichen Befehls an die sollte. Wenn es den Kommissaren gelang, eine Eini­ Kommissare. An sich war das überflüssig, denn der Tat­ gung zwischen den Parteien herbeizuführen, so wurde bestand war sp einfach, daß die Beklagte und ihr frei­ die Vergleichsurkunde unter dem kurfürstlichen Sie­ lich namentlich nicht bezeichneter und hinter den gel namens des Kurfürsten ausgefertigt1). Das Bestre­ Kulissen bleibender Berater ohnehin nicht darüber in ben, jeden Rechtsstreit durch einen Vergleich beizu­ Zweifel sein konnten, was darin stand. Aber die Kom­ legen, kam auch in dem Entwurf der Kammergerichts­ missare willfahrten ihr und erteilten die Abschriften. ordnung von 1516 zum Ausdruck; die Erreichung des Zieles wurde den Kommissaren erleichtert durch die Nun kam die Beklagte mit dem Einwand, sie halte selbst den streitsüchtigsten und hartnäckigsten Par­ den Dekan und die Prokuratoren für „verdächtig". Dies teien zu vermittelnde Einsicht, daß durch die schwer­ Wort hat Herold dahin verstanden, daß die Beklagte fälligen und weitläufigen Formen des damaligen Ver­ damit Havemeister, Eggerd und Pletz als Leute hin­ fahrens der gerichtliche Prozeß sich sehr lange hin­ stellen wollte, denen man zutrauen könnte, daß sie ziehen und erhebliche Kosten verursachen werde2), Er­ wider besseres Wissen eine gar nicht bestehende For­ wägungen dieser Art dürften auch den Prenzlauer Ka­ derung für den Kaland geltend machten. So ist das land veranlaßt haben, den Kurfürsten um die Be­ Wort aber nicht aufzufassen. Es bedeutet nur, daß der stellung einer Kommission zu bitten und nicht sogleich Dekan und die Prokuratoren als Zeugen deshalb nicht das Stadtgericht anzurufen. in Frage kommen könnten, weil sie den Vorstand des Kalandes bildeten und deshalb selbst Partei seien. Die Die Kommission, nämlich der Propst des Klosters Beklagte rührte damit eine Rechtsfrage an, die lange Gramzow Johann Loitze und die Prenzlauer Bürger­ die Juristen beschäftigt hat, nämlich die Präge, ob die meister Paschen Krewitz und Thomas Boitel, luden die Mitglieder einer juristischen Person, einer Korporation, Parteien auf den 15, Januar 1537 zur Verhandlung vor. im Prozeß, in dem die Korporation als Partei beteiligt Es bestand nach den damaligen Rechtsgewohnheiten ist, selbst Partei und deshalb von der Ausübung des für den Beklagten ein Zwang zum Erscheinen zu die- Richteramtes und vom Zeugeneide ausgeschlossen seien 37 oder nicht. Die Frage ist für das Gebiet des gemeinen Vermerk über die Abrechnung, die am 18. Mai 1536 Zivilprozesses dahin zu entscheiden, daß im Prozeß für mit Valentin Sander über Kapital und Zinsrückstände oder gegen die Korporation ihre Mitglieder als Richter gehalten war. Der Schuldner hatte sich offenbar als ein oder Zeugen mitwirken können, wenn sie nicht selbst etwas säumiger Zahler erwiesen, deshalb hielt man ihn als Vorstand die Korporation im Prozeß repräsentieren an, für die einen 50 Mark zwei Bürgen zu bringen, die oder nicht selbst unmittelbar am Ausgange des für die Zahlung des Kapitals bis zum nächsten Ostern Prozesses beteiligt sind4). einstehen sollten. Wegen der anderen 50 Mark wurde Zu denselben Ergebnissen war auch das kanonische eine Tilgung in der Weise vereinbart, daß Thewes Witt­ Recht gelangt. Es galt der Satz: Praelatus et clerici, qui huhn „vom Huße" einen Teilbetrag von 25 Mark zu causam ecclesiae non procurant, testificari possunt in Ostern 1537 und den Rest von 25 Mark zu Ostern 1538 ea, nachdem (cap. VI X de testibus II 20) Papst für Rechnung Sanders abzahlen sollte. Valentin Sander Eugen III. bestimmt hatte: „ut liceat vobis in causis wies also die Prokuratoren des Kalands auf dieses ecclesiae vestrae ferre testimonium, dummodo unus ihm von Witthuhn geschuldete Geld an. Bei dieser Ab­ ex vobis vel duo ad agendum vel respondendum in- rechnung war Thewes Witthuhn anwesend, denn er stituantur, quorum testimonium in causis, in quibus sagte als Zeuge unter seinem Eide, es sei alles so ge­ actores vel responsores sunt instituti, non debet wesen, wie in der „Rechenschaft enthalten". Er fügte admitti"5). aber noch etwas sehr Wesentliches hinzu: Er sagte Hiernach konnten Havemeister, Eggerd und Pletz, nämlich: Als die Herren des Kalands das Geld von wenn sie noch „Prokuratoren", d. h. aktiver Vorstand, ihm heischten — sie müssen sich schon vor der Ostern des Kalands, waren, freilich nicht Zeugen sein, wohl 1537 (dem 1. April) eintretenden Fälligkeit der ersten aber Thewes Witthuhn, den Molner und Rudow eben­ Rate mit ihm in Verbindung gesetzt haben, denn sonst falls als Zeugen benannten. Die Kommissare hätten hätte die Angelegenheit nicht schon im Januar 1537 gleichwohl die drei Vorstandsmitglieder natürlich als vor den Kommissaren verhandelt werden können —, Partei anhören und ihre Register einsehen können, da hatte Valentin Sander bereits einen Kunstgriff an­ genau so gut, wie sich heute ein Richter etwa von gewandt, den man auch in unseren Zeiten bei unred- einem klagenden Kaufmann an Hand seines Geschäfts­ . liehen Schuldnern noch oft erleben kann. Er hatte, um buches zunächst einmal den Sachverhalt erzählen läßt. „den Hern tho vorfangen", also um den Kaiandherren Die Kommissare wollten aber offenbar keinem zu nahe wegen der Empfangnahme der 50 Mark zuvor­ treten und deshalb weder die Vorsteher des Kalands zukommen, dem Witthuhn gesagt, dieser solle nur ihm hören noch ihre Anhörung ablehnen, sondern sich lie­ die 50 Mark, die er ihm schulde, geben, er werde sich ber von den Räten des Kurfürsten über das einzuschla­ mit den Kaiandherren schon einigen. Sander nahm also gende Verfahren belehren lassen. Sie vertagten also die dem Kaland das Vermögensstück, mit dem er seine Sache und beauftragten die Dorothea Sander gemäß Schuld zu begleichen sich verpflichtet hatte, arglistig ihrem Anerbieten, auf ihre Kosten die Rechtsbelehrung vorweg fort und setzte Witthuhn vielleicht sogar der aus Berlin zu beschaffen. Gefahr aus, noch einmal an den Kaland zahlen zu müssen, wenn er sich etwa dem Kaland gegenüber Der Kaland wartete nicht ab, bis die Witwe Sander schon verbindlich gemacht hatte und von Sander dieser Auflage nachgekommen war, sondern holte selbst nichts zu holen war. eine neue Kommission vom kurfürstlichen Hofe ein, wie der weitere Inhalt unseres Berichtes ergibt. Die Schon dieses Ergebnis der Verhandlungen würde Kaiandherren sagten sich wahrscheinlich, daß die Be­ jedem heutigen Richter wohl genügt haben, die Doro­ klagte gar nicht daran denken würde, die von ihr an­ thea Sander zur Zahlung zu verurteilen. Denn das geregte Rechtsbelehrung zu besorgen und dafür noch Zeugnis Witthuhns für sich allein bestätigte ja den Kosten zu verauslagen, sondern daß sie vielmehr die Inhalt der Rechnungsbücher des Kalands vollauf und gute Gelegenheit zur Verschleppung der Sache weid­ erwies damit das Bestehen der Schuld. Die Kom­ lich ausnutzen werde. Sie hatte ja wie jeder zahlungs­ missare . hatten aber nicht die Befugnis, ein Urteil zu unwillige Schuldner gar kein Interesse an der Förde­ erlassen, sie waren ja nur berufen, eine gütliche Rege­ rung des Prozesses. Die neue Kommission vom 29. Jan. lung unter den Parteien herbeizuführen und mußten 1537, die nur noch an den Propst Johann Loitze und sich im Rahmen des erfeilten Mandates halten7). Sie den Bürgermeister Paschen Krewitz gerichtet war, vernahmen daher nur noch Havemeister, Eggerd und enthielt, wie das Folgende zeigt, den Befehl, die Be­ Pletz eidlich über den Sachverhalt und erstatteten klagte durch einen Notar unter Mitteilung einer schrift­ über den Inhalt der Verhandlungen dem Kurfürsten lichen Begründung des Anspruches zu einem Termin ihren Bericht, in dem sie am Schlüsse noch hinzufüg­ zu laden und im Falle ihres ungehorsamen Ausbleibens ten, daß sie als Zeugen zu der Verhandlung außer dem weiter gegen sie zu verfahren. Am Sonnabend, dem Notar noch die Laien Merten Klebow und Hermann 10. Februar, stellte der Notar Georg Sibeling der Doro­ Vaget hinzugezogen hätten. thea Sander die Vorladung auf einen Termin am 13. Fe­ bruar, mittags 12 Uhr, in der Kapelle der Jungfrau Es blieb nun dem Kurfürsten oder den in seinem Maria zu. Es war wohl die Marienkapelle in der Ma­ Namen handelnden Räten, die im ordentlichen Prozeß rienkirche gemeint, vermutlich der Raum im Chore als Mitglieder des Kammergerichtes fungierten, über­ hinter dem Hochaltar. Um ganz sicher zu gehen, ge­ lassen, was in der Sache'weiter geschah. Aus den er­ brauchte man die Vorsicht der Ladung durch den haltenen Aktenstücken ist nichts darüber ersichtlich. Notar, damit man den Nachweis der Ladung in dem Wahrscheinlich hat man bei Hofe die Sache ruhen uns abschriftlich mitgeteilten Notariatsinstrument bei lassen, da einerseits ein Vergleich, der bestätigt wer­ den Akten hatte. Die Kommissare waren nun, als die den konnte, nicht zustande gekommen war, und da. an­ Beklagte auch zwei Stunden nach der festgesetzten dererseits eine Klage im ordentlichen Prozesse nicht Zeit noch immer nicht erschienen war, um auf die vorlag. Warum die Kaiandherren die Sache nicht wei­ Klage in der Sache selbst zu erwidern, in der Lage, das terbetrieben, entzieht sich unserer Kenntnis. Auch Contumacialverfahren durchzuführen, d. h. sie konn­ jetzt noch ist es nicht seifen, daß ein Gläubiger eine ten davon ausgehen, daß die Beklagte den Klagegrund Forderung nicht nachdrücklich verfolgt, sondern jahre­ bestreiten wolle, und sie konnten zur Beweiserhebung 6 lang ruhen läßt, weil er, mit anderen Dingen beschäf­ über die Behauptungen des Kalands schreiten ). Darin tigt, die Weiterungen eines Prozesses scheut und viel­ lag also nicht, wie Herold meint, eine Parteilichkeit leicht auch fürchten muß, er werde trotz eines ob­ der Kommissare, die der Kaland sich günstig zu siegenden Urteils vom zahlungsunlustigen Schuldner stimmen verstanden hatte, sondern einfach die An­ doch nichts erhalten. Man könnte sich vorstellen, daß wendung des geltenden Prozeßrechtes gegen die säu­ die Kalandsherren in jenen Jahren, in denen sich die mige Beklagte. Das taten sie denn auch sofort. Sie lutherische Bewegung in der Mark vollends durch­ ließen sich die Geschäftsbücher des Kalands vorlegen setzte, sehr viel Wichtigeres als die Darlehnsforderung und entnahmen daraus die Eintragung über die beiden gegen Dorothea Sander zu bedenken hatten und des­ Darlehen von je 50 Mark vom 29. Januar 1531 und den halb erst 1542 wieder daran rührten.

38 Sie wandten sich jetzt im Wege des ordentlichen Pro­ Bruderschaft bildeten („des kalandes geheimnisse thom zesses mit einer förmlichen Klage an das für dieses meisten under handen hebben und solche haubtsummen Verfahren gegen eine Prenzlauer Bürgersfrau zustän­ aus ihren henden gekommen sein sollen und wed- dige Stadtgericht und verlangten 100 Mark und 2 Gul­ derummme in ihre hende kommen sollen"), in dem den Hauptsumme und die rückständigen Zinsen für Prozesse der Bruderschaft nicht als Zeugen auftreten 10 Jahre. Die Beklagte blieb bei ihrer alten Taktik der könnten. So müßte heute auch hinsichtlich der Vor­ Verschleppung. Sie erklärte, sie wisse nichts davon, standsmitglieder einer Aktiengesellschaft oder einer daß ihr verstorbener Ehemann, so lange sie verheiratet eingetragenen Genossenschaft usw. entschieden werden. gewesen, um die Schuld gemahnt oder angesprochen In dem Begleitschreiben an den Kurfürsten wies das sei, wenn aber der Kaland seine Forderung nachweise, Stadtgericht ausdrücklich darauf hin, daß es keines­ wolle sie dulden und leiden, was sie schuldig sei. Der wegs die Absicht gehabt habe, die Kalandsherren in Kaland sah sich damit wieder vor die Schwierigkeit der Sache selbst mit ihrer Klage abzuweisen („nicht er- des Beweises der Darlehnshingabe gestellt, da er einen kant, daß die Kalandsherrn der ganzen Sache solten Schuldschein, eine Bürgschaft oder eine Pfandver­ verlustig sein"), sondern daß sie den anderweiten Be­ schreibung nicht hatte ausstellen lassen. Die Sachwal­ weis der Schuld durch andere Zeugen oder das Re­ ter des Kalands bezogen sich daher wieder, wie schon gister den Klägern offen hielten. vor der Kommission am 15. Januar 1537, auf das Zeug­ nis des Dekans Johann Havemeister und der Kalands- Was in dem weiteren Verfahren in der Sache selbst herren Bartholomäus Pletz und Johann Eggerd. Die entschieden ist, wissen wir nicht, da die Akten des Beklagte ließ darauf durch ihren Advokaten erklären, Geheimen Staatsarchives Weiteres über den Prozeß sie wüßte gegen ihre Person nichts zu sagen — sie nicht enthalten. Es kann aber nach dem Gesagten keine hat also die persönliche Ehrenhaftigkeit und Redlich­ Rede davon sein, daß nach dem Prozesse „das Odium keit der drei Kalandsherren gerade nicht angegriffen, einer unsauberen Geschäftsführung" auf der Priester­ wie Herold es darstellt, sondern ausdrücklich aner­ schaft Prenzlaus hängen geblieben sei. Dorothea San­ kannt — aber sie erhob rechtliche Bedenken, indem sie der ist durchaus keine Lichtgestalt, die sich das Ver­ wieder wie schon vor der Kommission im Jahre 1537 dienst erworben hätte, durch ihre Prozeßführung üble die Frage aufwart, ob die Vorstandsmitglieder des Ka­ Geldgeschäfte des Kalands aufgedeckt zu haben. Im günstigsten Falle hat sie wirklich von der Schuld ihres lands in einer Prozeßsache der Bruderschaft als Zeu­ Mannes nichts gewußt; wahrscheinlich aber hat sie gen zugelassen werden könnten, weil sie sozusagen nach Art böswilliger Schuldner nur jeden Rechtsbehelf selbst Partei seien („in ihren eigenen Beutel sweren benutzt, um sich der Erfüllung ihrer Verpflichtung so sollten"). Sie bat darüber um ein Zwischenurteil. lange als irgend möglich zu entziehen, und schließlich Das Stadtgericht erließ- denn auch dieses Zwischen­ doch zahlen müssen, als alle Mittel der Verzögerung urteil, das S. 162 abgedruckt ist, in einem Sinne, der erschöpft waren. mit den oben mitgeteilten Grundsätzen des gemeinen i) F. Holtze, Gesch. d. Kammergerichts I, 107. — 2) Ebd. 187. und des kanonischen Prozeßrechtes durchaus in Ein­ — 3) Ebd. 187. — 4) Dernburg, Pandekten, 5. Aufl. I 144. — So klang steht. Sie erkannten für Recht, daß Havemeister, noch jetzt ständige Rechtsprechung, z. B. RGZ. 2, 400. — 5) So auch Lancelotus, Institutiones Lib. III Tit. XIII Sp. 137. Gierke, Pletz und Eggert als diejenigen, die zur Zeit der Dar­ Genossenschaftstheorie Bd. 3. 300. — 6) Martin, Gemeiner lehnshingabe und noch jetzt den aktiven Vorstand der Civilprozeß S. 198 u. § 162. — 7) Holtze a. a. O.

Max Kriigel: Buckow in vor- und frühgeschichtlicher Zeit Die Buckower Landschaft verdankt ihre endgültige Zeugen einer seßhaften Bevölkerung der jüngeren Ausgestaltung der letzten Vereisung. Durch Schmelz­ Steinzeit fanden sich bisher in Buckows Umgebung wassererosionen entstanden eine Reihe tiefer, mit einer nicht. Nur eine facettierte (vielkantige) Axt, die stän­ Anzahl größerer und kleinerer Seen, und flacher, mit dige Begleiterin der Thüringer Schnurkeramik, ist in Torf erfüllter Becken. Dem Menschen boten sich, als der Gegend von Buckow gefunden worden. Wahr­ sich Pflanzen- und Tierwelt eingefunden hatten, Le­ scheinlich kam sie auf dem HandeLswege hierher. bensmöglichkeiten. Der Wasserreichtum der Gegend Auch in der älteren Bronzezeit kann von einer Be­ lockte bald zu längerem Verweilen an. In der Zeit, siedlung der Gegend nicht gesprochen werden. Nörd­ da sich der mit Haselnuß durchsetzte Kiefernwald lich vom Kleinen Klobichsee fand man bei der Ver­ ausgebreitet hatte, fand der Mensch auch seinen Weg breiterung eines Weges am Eichwall fünf ineinander- in Buckows Umgebung. Die ersten Zeugen seiner An­ hängende rundstabige Bronzeringe, nach den Enden zu wesenheit finden sich auf der Düne von Münchehofe, dünner werdend; an einem Stück sind die Enden um­ östlich vom Alten Mühlenteich, rechts vom Wege von gebogen3). KI, 3. 1 der Alten Mühle nach Münchehofe ). Auf der Ober­ Erst von der mittleren Bronzezeit an bis ans Ende fläche des ausgeblasenen Dünensandes fanden sich der Bronzezeit, also von 1200—800 v. Chr., können Feuersteingeräte aus dem Beginn der mittleren Stein­ wir eine stärkere Besiedlung der Gegend feststellen. zeit, der Lyngbystufe zugehörig: Stielspitzen (die sog. Da ist es vor allem der Werder zwischen Buckow- und Lyngbyspitze), Klingen, Stichel, Schaber, Klingen­ Schermützelsee, der viele Fundgegenstände zutage kratzer, Kernstücke (Nuklei) und viele Feuerstein­ brachte. Auf ihm befanden sich viele Ürnengräber, splitter ohne Bearbeitungsspuren. Kleine Feuerherd­ teils mit, teils ohne Steinpackung, die meist der jün­ stellen von 25—30 cm Durchmesser aus vom Feuer geren Bronzezeit als Zeugen der Lausitzer Kultur zu­ zermürbten Steinen beweisen, daß der Mensch der gehören. Nur wenige Buckelgefäße der mittleren beginnenden mittleren Steinzeit um 8000 v. Chr. hier Bronzezeit waren dabei vertreten. Alle Funde kamen siedelte. KI, 1. bei Haus- und Wegebauten und beim Rigolen zutage. Mehr dem Ausgange der mittleren Steinzeit ge­ Vom Feuer zermürbte Steine, Lehmpatzen, Aschen- hören eine querschneidige Pfeilspitze, Klingen und und verkohlte Holzreste, verschlackte Gefäßtreste, zer­ Spitzen an, die auf dem Fischerberge westlich vom schlagene Röhrenknochen, zwei Mahlsteine und ein Schermützelsee gefunden wurden. Ihnen gehörten Reibstein aus Granit, einzelne Pfostenlöcher zeigen, Feuerstellen zu, die sich als eingetiefte Gruben von daß auf dem Werder zu gleicher Zeit auch eine Sied­ 1 m oberem Durchmesser und 60 cm Tiefe, angefüllt lung bestand. Der Anwesenheit der Siedlung ist es mit Holzkohlenresten und im Feuer zermürbten faust­ wohl zuzuschreiben, daß eine verhältnismäßig große großen Steinen 50 cm unter der Erdoberfläche vor­ Anzahl sog. Depotfunde gemacht wurden, bergen doch fanden2). KI, 2. bronzezeitliche Gräberfunde nur selten kleine Bronze- 39 ringe als Beigaben. Diese Hort- oder Verwahrfunde Dem Ausgang der jüngeren Bronzezeit gehöcren die können von ihren Besitzern in Notzeiten vergraben Reste von Pfahlbauten im Schermützelsee, südlich vom worden sein. Es kann aber auch mit der Möglichkeit Ausfluß aus demselben zum Buckowsee, an. Zwischen gerechnet werden, daß noch Lebende sich vorsorglich den Pfahlreihen fanden sich Gefäßscherben, darunter für das Leben im Jenseits ausstatten wollten. Heißt das in Abb. 1 große Gefäßstück, dessen weiche Erofil- es doch noch in den Sagas der Wikingerzeit: „Denn formen schon in den Übergang zur frühen Eisenzeit was man in der Erde birgt, das kommt einem im Jen­ hinüberweisen. KI, 5. seits wieder." Insgesamt fanden sich auf dem Ge­ lände 12 mittelständige Lappenbeile, 17 breite offene Armringe mit Strichgruppenverzierungen, 10 rund- stabige, 1 im Durchschnitt dreieckiger, geschlossener mit Strichgruppen, 8 schmale offene Armringe, des ferneren 1 Spiralplattenfibel mit doppeltem Kreuz­ nadelkopf und gedrehtem Bügel, 1 mit weidenblatt­ förmigem Bügel, 1 mit spitzovalem, 1 mit rhombischem Bügel, 1 Bronzenadel mit 5 horizontalen (2 größeren und 3 kleineren) Scheiben, 1 mit kugeligem Kopf, 1 goldener Spiralring, 5 Lanzenspitzen, 1 Punzstift, 1 fünfeckiges Steinbeil. An Gefäßen sind zu erwähnen: Abb. 1: Gefäßrest aus den Pfahlreihen im Scharmützelsee einige Buckelgefäße, Urnen mit Bogenrillengruppen und Dellenverzierungen, doppelkonische und tonnen- Der jüngeren Bronzeze" ind auch die Pfostenlöcher förmige Gefäße, Henkelkrüge und -tassen, Pokale, zuzuweisen, die 1914 bei Abstechen am Hange des Rauhtöpfe, Terrinen mit senkrechtem Hals und Langen Berges zur Verbreiterung des Weges zutage Schrägfacetten auf der Schulter, Schalen mit Dellen kamen. Erst 1930, als der Besitzer des Strandhotels zur und viele verzierte und unverzierte Scherben4). KI,4. Vergrößerung seines Wagenparkplatzes den Abhang des

Karte I; Oberflächengestaltung und Bodenarten der Buckower Umgebung

40 Langen Berges abstechen ließ, zeigten sich dort eine 700 n. Chr. erfolgt sein. Allmählich nahmen sie alles Abfallgrube und ein Pfostenloch. Sie deuteten an, daß Land östlich der Elbe und Saale in Besitz. Da ihr es sich hier um eine Siedlungsstelle handle. Die darin Haupterwerbszweig der Fischfang war, treffen wir gefundenen Scherben und Gefäß reste mit Dellen-resp. ihre Siedlungen meist in der Nähe von Gewässern an RiUenverzierung wiesen die Siedlung der jüngeren schwer zugänglichen Stellen an. Die zahlreich auf­ Bronzezeit zu. KI, 6. Derselben Zeit gehören zwei tretenden Gefäßreste und Scherben der mittelslawi­ Lappenbeile an, die der Ackerbürger und Schmied schen Periode von 850—1050 n. Chr. beweisen die Fischer in seinem Garten am Eingange zum Poeten­ stärkere Besiedlung zu dieser Zeit. Von den reichen steig fand. KI, 7. Die Knopfsichel aus dem Garten Verzierungsmustern herrscht besonders das weitver­ der „Kleinen weißen Taube", KI, 8, weist darauf hin, breitete Wellenornament, das mit einem kammartigen daß in der jüngeren Bronzezeit auch in dieser Gegend Instrument in den weichen Ton eingeritzt wurde, vor. Ackerbau getrieben wurde. Tief versteckt im Walde bestand hinter der ehe­ Über die staatliche Einteilung der Mark zur Slawen­ maligen Buckower Ziegelei die Werkstatt eines Bronze­ zeit wissen wir, daß dieselbe in einzelne Gaue zerfiel, gießers. Dafür sprechen die in den Abiraumsanden der die noch heute in den Landschaften der Mark zu er­ 5 kennen sind. Der Gau Lebus erhielt seinen Namen Tongrube 1866 gefundenen fünf Gußformen ), eine für nach der Hauptfeste des Territoriums „Lubus". Zu ihm ein Messer mit geschweifter Klinge und einfacher gehörten auch die Kreise Ost- und Weststernberg auf Griffangel und einem Tüllenmeißel, eine zweite für der rechten Oderseite. Bereits im 14. Jhd. beginnt je­ ein Messer mit geschweifter Klinge, eine dritte für doch der Name Lebus ausschließlich auf das Land west­ ein Messer mit geschweifter und gerippter Klinge und lich der Oder Anwendung zu finden, dessen Grenzen geripptem, schwalbenschwanzartig auslaufendem Griff, im SW Löcknitz, , Stobberow, im S Schlaube- eine vierte für ein Messer mit geschweifter und ge­ niederung und Spree, im O die Oder waren. Die Nord­ rippter Klinge und durchbrochenem Griff und einem grenze war oft zwischen Pommern und den schlesi- einfachen leicht gewölbten Stab, eine fünfte für eine schen Plasten strittig, im 13. Jhd. wurden als solche Knopfsichel. KI, 9. das Land Kienitz und Küstrin genannt. Östlich davon, auf dem schon erwähnten Fischer­ berge, fanden sich unter der Ackerschicht Scherben Den slawischen Ursprung Buckows erschloß man bis­ eines dickwandigen Wirtschaftsgefäßes, andere von her nur aus dem Namen des Ortes, wird doch das sla­ Schalen mit waagerechtem Rand, ein Scherben mit wische „buk" als Buche, also Buckow als „Buchenort" einwärts gebogenem gedrehten Rand, ein anderer mit gedeutet. An welcher Stelle sich jedoch die slawische geschraubtem Bauch der jüngeren Bronzezeit. Pfosten­ Siedlung befand, war unbekannt, da bisher keinerlei löcher und Feuerstellen wiesen auf eine Siedlung hin. slawische Gefäße oder Scherbenfunde dieselbe aus­ In derselben Schicht fand sich ein zerfetztes und zer­ wiesen. Da führte mich der Zufall im Herbst 1928 auf knülltes Bronzeblech8), das sich beim behutsamen Aus­ den Hof des Grundstückes Hauptstr. 18. Im Verlauf einanderbiegen als das Bronzebeschlagstück einer eines Gespräches zeigte mir der Kaufmann Seedorf Schwertscheide, dem auf der Unterseite noch einige eine Anzahl von Scherben, die er auf dem Berge hin­ Lederreste anhafteten, auswies. Da es sich in dem­ ter dem Hause (K1,13) beim Ausheben eines Pflanz­ selben Niveau befand, in dem sich die Scherben be­ loches in 1,20 m Tiefe gefunden hatte. Ich erkannte fanden, ist zu vermuten, daß dieser Fund ebenfalls der in ihnen Scherben der mittelslawischen Periode von jüngeren Bronzezeit angehört. K1,10 850—1050 n. Chr. Sie zeigten das schon erwähnte Wel­ lenornament, ferner Gitter- und Linienmuster, den Mit dem Ausgang der jüngeren Bronzezeit verschwin­ Kammstrich in Verbindung mit Ringelstichmustern in den die Illyrer, die Träger der Lausitzer Kultur aus den verschiedensten Zusammenstellungen. Auch einige der Gegend Allmählich dringen die ersten germani­ Scherben mit Gurtfurchen aus hartgebranntem klin­ schen Stämme in die Mark ein. Jahrhunderte vergehen, genden Ton von blaugrauer Farbe der Wiederein- ehe wir ihre Spuren in unserer Gegend feststellen deutschungszeit um 1250 befanden sich darunter, dazu können. Auf den Handelsverkehr mit den Römern ein Wetzstein und viele Tierknochen8). weist der Fund einer römischen Münze des Gordi- Die Fülle der auf einem so kleinen Raum gehobenen nus I. Afrikanus (238 n. Chr.) hin. Vielleicht wurde sie Scherben ließ eine slawische Siedlung vermuten, Ge­ auch von einem im Solde der Römer stehenden freien wißheit verschaffte mir die Aufhebung einer Fläche Germanen bei seiner Rückkehr in die Heimat mitge­ von 2 qm, auf der ich ebenfalls eine Anzahl verzierter bracht. K1,11. und unverzierter Scherben, erstere wieder mit den Dem 4, Jhd. n. Chr. gehört eine sich im Privatbesitz schon genannten Verzierungsmustern, fand. Auch ein befindliche ostgermanische Armbrustfibel mit kurzem Nest von Fischschuppen, vom Blei stammend, deckte Nadelhalter (Abb. 2) an, die nach einem Bericht des ich auf, dazu viele Knochenreste. Märkischen Museums bei Buckow gefunden worden ist. Handelte es sich um eine Siedlung, mußten sich auch Derselben Zeit gehört der Runenspeer vom Bahnhof 7 Herdstellen und Abfallgruben finden lassen. Darum Dahmsdorf-Müncheberg an ). hob ich im Frühjahr 1932 noch eine Fläche von 17 qm auf und fand meine Vermutung voll bestätigt. Ich stieß auf dunkelgefärbte Stellen, die Kohlen- und Aschenreste sowie viele Scherben enthielten. Auf einer Feuerstelle lag eine 10 cm starke Kohlen- und Aschen­ schicht, In einer Abfallgrube fanden sich ein gut ge­ arbeiteter Knochenpfriemen, der Schädel eines Wild­ schweines im Alter von 20 Monaten mit noch nicht Abb. 2: Armbrastfibel von Buckow völlig ausgebildetem Gebiß von 0,52 cm Länge. Andere Knochen stammten, wie Dr. Gandert feststellte, vom Hirsch oder Reh, Schaf oder Ziege. Es überwogen die Die Slawenzeit Knochen jagdbarer Tiere, Sie zeigten uns, daß der Aus der Zeit nach dem 4. Jhd. sind keinerlei Funde Slawe mehr Jagd als Viehzucht trieb. Die gefundenen germanischer Herkunft in Buckows Umgebung ge­ Scherben zeigten die Verzierungsmuster der hand­ macht worden. Jedoch zeugen in den letzten Jahren gefertigten slawischen Ware der Zeit von 850—1050, anderwärts in der Mark gemachte Funde von der zu­ die sich in der unteren Odergegend nach Knorr bis rückgebliebenen Restbevölkerung. Unmerkbar rückten ins 13. Jhd. hinein erhielt, den Übergang zur Dreh­ nach und nach die Slawen, deren ursprüngliche Heimat scheibenarbeit mit primitiver oder plastischer Gürtung tief im Innern Rußlands, am Bug und Pripet, zu suchen und vereinzelt Scherben der Wiedereindeutschungzeit ist, in die nur noch dünn bevölkerten Gebiete des ger­ um 1250. Auch einige hartgebrannte Lehmbewurfs­ manischen Ostens ein. Ihre Ankunft kann nicht vor stücke fanden sich in der Abfallgrube. Es unterliegt 41 somit keinem Zweifel, daß sich hier auf dem Höhen­ dem seiner Curia unterstehenden Frauenkloster Treb- zuge dar Hauptstraße die alte Slawensiedlung Buckows nitz im Westen des Landes Lebus 400 Hufen Landes mit aus der Zeit von 850—1250 befand. Daß dieselbe um der Verpflichtung, darauf einen Marktort anzulegen. 1250 zu bestehen aufhörte, bezeugen die wenigen blau­ Die Bürger sollten die Hufen frei von allen Kriegs­ grauen, klingenden Scherben der Wiedereindeutschungs- lasten außer Landes besitzen, zur Verteidigung des zeit Landes sollten sie aber wie andere tapfer mitwirken. Beide Klöster siedelten auf dem ihnen geschenkten Ge­ Inzwischen waren in den letzten Jahrhunderten die biet freie Zinsbauern an. Sie waren von den schweren Deutschen weithin nach dem Osten vorgedrungen. Die Abgaben, die der slawische Bauer zu leisten hatte, be­ Wettiner hatten sich im 12. Jhd. in den Besitz der freit und zahlten nur Zehent und Zins. Leubus be­ Niederlausitz gesetzt, öle nun zur Mark Meißen ge­ siedelte den nordwestlichen, Trebnitz den südöstlichen hörte. Da diese südlich der Schlaubeniederung an das Teil der geschenkten Ländereien. Leubus gründete auf Land Lebus grenzte, blieb es nicht aus, daß die Wet­ seinen 200 Hufen einen Marktort (forum) mit 100 Hu­ tiner auch nach diesem Lande ihre Hand ausstreckten. fen und nannte ihn nach dem heimischen Kloster 1209 eroberte der Wettiner Konrad II. vom Osterlande „Lubus", welcher Name aber bald von den deutschen die Feste Lebus, Hauptfeste des Landes. Auch das Erz­ Ansiedlern den Namen „Munichebere" erhielt. Dieser bistum Magdeburg erneuerte seine Ansprüche auf das Name bürgerte sich so schnell ein, daß er schon 123314) Land und unternahm verschiedene Versuche, sich in urkundlich gebraucht wird, 1245 Monichberch15). den Besitz des Landes zu setzen. Eine weitere Gefahr Außerdem ließ es zwei Dörfer mit je 50 Hufen: drohte von Seiten der Askanier. Schon in den Jahren „villa Oprechti' (Obersdorf) und „villa Thomae" 1214 zu 15 war Albrecht II. bis in die Gegend von (Dahmsdorf) anlegen. Das Frauenkloster Trebnitz Oderberg vorgestoßen und hatte sich dort in der Burg gründete die Dörfer Trebnitz, Jahnsfelde, Buch­ Oderberg einen festen Stützpunkt nördlich des Landes holz und Gölsdorf mit je 50 Hufen. In An­ Lebus geschaffen. Seine Söhne Johann I« und Otto III. betracht der Anstrengungen und Kosten, die mit der befanden sich seit 1232 im festen Besitz des Barnim Absiedlung an einem wüsten Ort verknüpft waren, und Teltow. So von drei Seiten eingekreist, war es nur verzichtete das Kloster Trebnitz auf die Anlage eines eine Frage der Zeit, daß das Land Lebus eine Beute Marktortes und die Äbtissin Gertrud gab für die der vordringenden Deutschen wurde. Das erkannte Stadtkirche in Lebus drei Hufen von ihrem Trebnitzer auch frühzeitig Heinrich I., der Bärtige, Herzog von Anteil16). Schlesien, und suchte durch Gegenmaßnahmen den Verlust des Landes abzuwenden. Im Vertrage zu Die Ansetzung der Bauern erfolgte vielfach nicht Liegnitz trat er 1217 die Burg Lebus an den Polen­ durch die Klöster selbst, sondern wurde von ihnen herzog Wladislaw Laskonogi unter der Verpflichtung einem Ritter oder Unternehmer (Lokator) übertragen. ab, daß derselbe den Schutz des Landes gegen auswär­ So scheint Obersdorf durch den Ritter Oprechti (Al­ tige Feinde übernahm. Nach Laskonogis Tode sollte brecht), nach dem es seinen -Namen erhielt, angelegt dann das Abgetretene an Heinrich, falls er noch lebte, worden zu sein, da späterhin daselbst stets ein Ritter­ sonst an seine Erben ohne Verzug zurückgegeben wer­ sitz nachzuweisen ist, während Dahmsdorf seine Ent­ den. 'Als dann der Markgraf Ludwig von Thüringen stehung einem Lokator Thomas zu verdanken scheint, als Vormund des Wettiners Heinrich des Erlauchten der zur Entschädigung für seine Unkosten und Mühe 1225 die Feste Lebus belagerte, schickte der groß­ das Erbschulzenamt erhielt, das als Hofstelle heute polnische Herzog die vereinbarte Hilfe nicht. Die Burg­ noch besteht. besatzung mußte kapitulieren, und die Burg erhielt eine Im Jahre 123410) schenkte Heinrich I. den beiden deutsche Besatzung. Bald wurde die thüringische Be­ 9 Klöstern je 15 Hufen Weideland zur Anlegung eines satzung durch eine magdeburgische ersetzt ). Laskonogi Wirtschaftshofes. Die Leubuser Mönche legten darauf trat von dem geschlossenen Vertrage zurück, und den Hof (curia) zwischen dem Großen Klobichsee und Heinrich I. übernahm es selbst, die Geschicke des Lan­ dem Alten Mühlenteich (K. I, 16) gelegen, an. Noch des zu lenken. Sofort versuchte er, durch Anlage von heute führt der hier gelegene Acker den Namen Grenzburgen die Grenzen des Landes zu schützen. Zu 10 „Mönchshof", der auch in den Separationsakten von diesen in der Urkunde vom 20. 4. 1249 ) aufgeführten 1821 unter diesem Namen aufgeführt wird. Zahlreiche Grenzburgen gehörte auch das castrum Bucowe. Scherben der 3. slawischen Periode, sowie solche des 13. bis 15. Jhd. der Wiedereindeutschungzeit, -mit Stroh Das castrum Bucowe« wurde der Sitz eines Burg­ durchsetzte Lehmbewurfsstücke lassen noch heute den vogtes, dem die Gemarkungen Buckow, Sieversdorf und Ort erkennen, auf dem der Wirtschaftshof der Leu­ Schlagenthin unterstanden. Von ihnen lassen Buckow buser Mönche gestanden hat. und Schlagenthin noch in ihren Namen die einstige 17 Slawensiedlung erkennen, während Sieversdorf nur Wie aus der 1245 ) von dem schlesischen Herzog durch den Fund einer slawischen Handmühle als Boleslaw ausgestellten Urkunde hervorgeht, erhielten einstiger Slawenort ausgewiesen wird. Doch verliert beide Klöster auf Bitten des Abtes Günther vom dieser Fund an Beweiskraft, da diese Handmühlen Kloster Leubus zu den 1234 von Heinrich I. geschenk­ schon im 2. Jhd. n. Chr. im Gebrauch waren. Schon ten 15 Hufen durch seinen Sohn Heinrich II. nach 1238 Breitenbach11) sprach die Vermutung aus, daß dieser je weitere 15 Hufen Landes und 6 Hufen Weideland Ort schön um die Mitte des 13. Jhd. deutsche Siedler an der Stobberow gelegen. Auf den hinzugeschenkten und einen deutschen Namen erhielt. Hufen legten die Leubuser Mönche das Dorf Münche- hofe, die Trebnitzecr Nonnen das Dorf Lapenow an. Während der Burgvogt mit seinen Mannen die Die Dörfer wurden, wie aus dieser Urkunde von 1245 Grenzburg verteidigte, suchten Frauen, Kinder und hervorgeht, mit Bauern nach deutschem Recht be­ Greise in der Fluchtburg zwischen den Däberseen12) setzt, damit * die 1225 übereigneten Gebiete und die (fälschlich Schwedenschanze genannt) KI, 4 Zuflucht Wirtschaftshöfe vor feindlichen Einfällen stärker ge­ In diesem Burgwall wurden mehr Knochen von Hund, sichert sein würden. Das Dorf Münchehofe besteht Schaf, Rind, Ziege, Pferd, Hirsch, Reh und Wild­ noch heute, an das Dorf Lapenow erinnert nur noch schwein gefunden als in einer slawischen Siedlung. die Lapenower Mühle und der Lapenower Pfuhl. Es ist wahrscheinlich 1432 bei dem Hussiteneinfall in die 18 Den besten Schutz des Landes sah Heinrich I. jedoch Mark zerstört worden. Noch 1402 ) wird' ein Jost von in der Ansetzung deutscher Siedler, die das Land ver­ Segesar, zu Buckow gesessen, als Besitzer des Dorfes teidigen helfen sollten. Hatten er und seine Vorgänger Lapenow genannt. Zwei Drittel der wüsten Feldmark doch die Überlegenheit deutscher Kultur erkannt. Lapenow wurden später dem Dorfe Hermersdorf und Darum zog eir deutsche Kolonisten aus Mitteldeutsch­ ein Drittel dem Dorfe Quilitz hinzugelegt. Die Grün­ land und Franken herbei, die das Land kulturell heben dung des Dorfes Münchehofe wurde aller Wahrschein­ und verteidigungsfähiger machen sollten. Im Jahre 1225 lichkeit nach einem Lokator übertragen, der für seine schenkte er dem schlesischen Kloster Leubus13) und Bemühungen größeren Landbesitz und als Lehns-

42 schulze einen Teil der Gerichtsgefälle erhielt. Im Jahre 1607 wurde der Lehnsschulzenhof von Ludolf vom Kloster ausgekauft und in ein Vorwerk umgewandelt, das von Obersdorf aus bewirtschaftet wurde. Die Absicht Heinrichs I., dem vordringenden Deutsch­ tum einen lebenden Wall entgegenzusetzen und da­ durch dem weiteren Vordringen der deutschen Fürsten ein Halt zu gebieten, schien zu glücken. 1229 versuchte er mit seinem Sohn Heinrich die Feste Lebus zurück­ zuerobern, was ihm aber erst 1230 gelang. Erst nach seinem im Jahre 1238 erfolgten Tode setzte Magdeburg die Versuche fort, verbunden mit den Askaniern Jo­ hann I. und Otto III., die Feste Lebus in seinen Besitz zu bringen, wurde jedoch 1239 von Heinrich II., dem Frommen, zurückgeschlagen. Heinrich II. fiel am 19. 5. 1241 in der Mongolenschlacht bei Liegnitz. Nach seinem Tode teilten sich seine vier Söhne in das Erbe. Der älteste Sohn, Boleslaw der Kahle, erhielt Nieder­ schlesien und das Land Lebus. Bald geriet er in lang­ wierige Kämpfe mit den großpolnischen Piasten und Karte II: Gemarktmgsgrenzen um 1900 des einstigen Mönchs­ seinem Bruder Heinrich III., Herzog zu Breslau. Zum besitzes und der Herrschaft Buckow Unterhalt seines Söldnerheeres mußte er sich um geld­ liche Unterstützung an deutsche Fürsten wenden, die er auch vom Erzbischof Wilbrand von Magdeburg er­ Das „castrum Bucowe" hielt. Dafür mußte er ihm die Hälfte der Stadt und Unter den Grenzfesten, die in der Urkunde vom des Landes Lebus abtreten und die andere Hälfte zu 20. 4. 1249 aufgeführt werden, wird auch das castrum Lehen nehmen. Schon 1244 erscheint der Erzbischof als Bucowe genannt. Alle diese Grenzburgen sollten die „Herr der Müncheberger Gegend". Als solcher ver­ 19 Eingänge in das Land Lebus schützen. In welche Zeit spricht er in einer Urkunde vom 30. 4. 1244 ) dem ist nun ihre Entstehung zu setzen? Auf dem ehema­ schlesischen Nonnenkloster Trebnitz, die demselben ligen Burgplatz sind keinerlei Scherben gefunden wor­ gehörigen Dörfer im Lande Lebus in seinen oberherr­ den, die bezeugen könnten, daß die Burg in groß­ lichen Schutz zu nehmen. In dem Vertrage von Lieg­ 20 polnischer Zeit bestanden habe. Ferner können die nitz vom 20. 4. 1249 ) trat Boleslaw seine Rechte an Grenzburgen keinerlei größere strategische Bedeutung Schloß und Land Lebus mit seinen Grenzfesten an den erlangt haben, denn von keiner sind uns Nachrichten Erzbischof Wilbrand von Magdeburg ab. Im Jahre 1250 überkommen, daß sie, wie die Feste Lebus, hart um­ erscheinen auf einmal die askanischen Markgrafen als kämpft worden sind. Ja, nicht einmal die Lage einiger Mitbesitzer von Stadt und Land Lebus. In der Folge­ der in der Urkunde von 1249 genannten Grenzburgen zeit hielten beide Parteien gemeinsam die Hauptfeste 21 ist heute noch festzustellen. Es besteht daher die Mög­ Lebus besetzt, um dann 1252 ) das Land Lebus unter lichkeit, daß alle diese Grenzburgen in dem Bestreben sich zu teilen, wobei die Askanier den östlichen Teil, Heinrich L, das Land Lebus gegen feindliche Einfälle das Land Sternberg, erhielten, was 1253 zur Verleihung zu schützen, in der Zeit um 1225 angelegt wurden, der Stadtrechte an Frankfurt a. O. durch Johann I. führte, und Magdeburg den westlichen Teil, das Land Ziel aller feindlichen Einfälle war die Hauptfeste Lebus. Grenze beider Teile war die Oder. des Landes, die Feste Lebus. Zeitweise muß auch eine Heerstraße über Buckow dorthin geführt haben. Die Güter des Klosters Leubus wurden von Magde­ Mundt26) führt eine Straße von Köpenick aus am Rande burg eingezogen. Dieses forderte die Herausgabe der­ des Spreetales entlang nach Kagel und von dort am selben. Am 18. 4. 125322) kam eine Einigung zwischen Rande des Roten Luches nach Buckow, Wels27) von dem Erzbischof Rudolf von Magdeburg und dem Klo­ Berlin über Altlandsberg, Strausberger Schlagmühle, ster Leubus zustande, nach welcher Magdeburg den Garzau nach Buckow. Klöden28) spricht in seinen damals schon bedeutenden Marktort Müncheberg für Straßen des Oderhandels von einer Straße, die von sich behielt und dem Kloster Leubus die ihm gehörigen Frankfurt a. O, über Müncheberg, Sieversdorf oder Dörfer villam Oprechti (Obersdorf), villam Curia voca- Buckow, Strausberg nach Rostock führte. Auch die tor (Münchehofe) und villam thomae (Dahmsdorf) zu­ Möglichkeit besteht, daß das castrum Bucowe vor von rückgab und als Entschädigung für das zurückbehal­ N her kommenden Pommerneinfällen schützen sollte. tene Müncheberg villam Buchowe mit ihren Lände­ Auf dieser Straße wurden im Mittelalter die gesalzenen reien, die Hälfte einer am Stobrowa gelegenen Mühle Hechte der Freienwalder und Wriezener Hechtreißer­ (ehemalige Stadtmühle) und seine Zubehörungen Sey- zünfte über Fürstenwalde in die Lausitz, nach! Böhmen, jßriedisdorp (Sieversdorf) und Slavtin (Schlagenthin) ja selbst bis nach Italien hin verhandelt. Erst im übergab. Jahre 155029) wurde den Freienwalder und Wriezener Erst zwischen 1284—87, als der Bruder der Askanier Fuhrleuten das Befahren dieses als Nebenstraße be­ Ottos IV. und Konrads, Erich, Erzbischof von Magde­ zeichneten Weges über Buckow verboten. Sie mußten burg war, scheinen diese in den ungeteilten Besitz des von nun an die über Müncheberg nach Fürstenwalde Landes Lebus gekommen* zu seih. Wohl erhielt noch führende Zollstraße benützen. Schon um 1247 verlor im Jahre 128823) der Ritter Reynard von Strehle die durch das Buckower Sumpfgelände führende Heer­ vom Erzbischof Erich die Dörfer Hermersdorf, Eggers- straße für die nach Osten vordringenden Deutschen an dorf, Hasenfelde und Schönfelde zu Lehen, aber schon Bedeutung. An ihre SteUe trat der bequemere Über­ 130024) zogen die beiden Markgrafen den Strehleschen gang am Südende des Roten Luches über das 1247 er­ Grundbesitz ein und verliehen ihn anderweitig. Erst wähnte oppidum Loewenberg, an das heute nur noch nach langwierigen Verhandlungen gaben sie ihn auf die Liebenberger Mühle erinnert. Bitten des Landgrafen Dieterich von Thüringen den Bei seinem Einfall in das Land Lebus im Jahre 1239 drei Söhnen des Reynard von Strehle wieder heraus25). muß sich der Erzbischof Wilbrand von Magdeburg in Somit war Magdeburg endgültig aus dem Lande Lebus den Besitz der Grenzfeste Bucowe gesetzt haben, nennt herausgedrängt und die askanischen Markgrafen im er sich doch ausdrücklich 1244 „Herr der Müncheber­ Alleinbesitz des ganzen Landes, Lebus, was wohl nur ger Gegend". Es ist nicht denkbar, daß er bei seinem dem glücklichen Umstände zuzuschreiben war, daß der Vordringen in feindliches Gebiet eine in den Händen Erzbischof Erich von Magdeburg der Bruder der beiden des Gegners befindliche Grenzfeste demselben gelassen Markgrafen war. Ebenso war das Land Lebus end­ hätte; sie hätte seine rückwärtigen Verbindungen gültig dem schlesischen Piastenreich verloren. empfindlich stören können, Als dann Boleslaw von 48 Schlesien ihm 1249 die Grenzfeste Bueowe abtrat, Bischofszehnt zu entrichten hatte. 140235) wird ein Jost wurden von ihm die schon längere Zeit bestehenden von Segesar,, zu Buckow gesessen, als Besitzer des Besitzverhältnisse nur rechtlich anerkannt. Dorfes Lapenow genannt. In dem schon angeführten Schoßregister von 1400 findet sich ein Zusatz aus dem Umstritten ist die Lage der Burg. Die Lokalforschung Jahre 1405, der besagt, daß das „oppidum Buckow" mit nimmt als einstigen Standort derselben den „Platz am fünf Dörfern dem Abt und Convent des Klosters Leu­ Roten Hause*' im Zuge der Königstraße an, da dort bus gehörte, nun aber mit denselben dem Poppo von der „Rote Hof der Herrschaft Buckow gestanden hat. Holzendorff, der zu Buckow sechs Hufen besaß, für An dieser Stelle hätte sie die beiden von der Stobber- die 30 Gr. Bischofszehnt zu zahlen wären, verkauft brücke zwischen dem Buckow- und Griepensee aus­ worden sei. Um diese Zeit muß also Poppo von Holzen­ gehenden, in das Land hineinführenden Straßen nicht 36 decken können. Als zweitmöglicher Ort wird der dorff, der, wie schon Breitenbach ) vermutet, statt Hügel, auf dem sich die Kirche erhebt, als Standort der fünf jetzt sechs Hufen Landes als zur Burg ge­ der Burg angesehen. Mirow, der ehemalige Leiter des hörig besaß, Burgvogt gewesen sein. Als dann 1416 Müncheberger Heimatmuseums, spricht von einer ein Kuno von Segesar mit dem Stetichen Buckow und Wallburg auf der Höhe des Kirchberges und weist auf den dazugehörigen Dörfern vom ersten zolllerschen spätslawische Scherbenfunde hin, die im Garten der Kurfürsten belehnt wurde, scheint er nicht im Besitz Gärtnerei Kindel, Am Markt 2, nördlich vom Kirchberg, der. Burg gewesen zu sein, er wird als „Ritter zu gemacht worden sind, die im Zusammenhang mit der Oberstorff gesessen" aufgeführt. Wahrscheinlich be­ 30 fand sich die Burg weiter im Besitz des Landesherrn, einstigen slawischen Wallburg stehen sollen ). Die im denn noch in einer Urkunde vom 19. 2. 148937) wird ein Jahre 1907 fälschlich eingeführte Bezeichnung „Wall­ von Schulenburg als Obrigkeit genannt, an den sich straße" für die ehemalige „Töpfergasse" gab wohl mit die Bürger Buckows in einem Streit um die Bierziese den Anstoß zu dieser Annahme. Die einzig strategisch wenden sollten. Da aber seit langem der Burg keinerlei mögliche Lage der Burg war der „Mühlenplatz", auf Bedeutung mehr zukam, ging sie nun in den Besitz dem das Ehrenmal für die im 1. Weltkrieg 1914—18 der Ziegesar über. Hieß es bisher: „Die Ziegesair, rittern Gefallenen errichtet worden war. Hier, an der Grenze zu oberstorff gesessen", heißt es in einer Urkunde von des Landes Lebus, konnte sie den Eingang in dasselbe 38 schützen, da zwischen dem Buckow- und Griepensee 1490 ) in der Zeugenunterschrift: „Jost von Ziegeszar die alte Heerstraße den Stobber, der hier die Grenze tzu Buckhof rittern". Er ist wohl derjenige, der nach zwischen Barnim und Lebus bildete, überschritt. Hier dem Bericht des Pfarrers Willichius an Stelle der Burg war die engste, aber auch die bequemste Übergangs­ das Wohnhaus der Ziegesar erbaute. stelle, da von N her der Höhenzug des Werder Von dieser Zeit an hörte somit die Zweiteilung des sich dem von S her kommenden Höhenzug der Haupt­ Besitzes in Buckow in „Burg" und „Stetichen" auf, es straße näherte. Als Wasserbucrg bot sie hier eine er­ gab nur noch die Herrschaft Buckow. Wahrscheinlich schwerte Angriffs- und die beste Verteidigungsmög­ gelangte nun auch die Hälfte der Mühle auf der lichkeit. Sie hatte wohl keine festen Grundmauern, Stobberow, die der Erzbischof von Magdeburg in dem denn die starken Fundamentreste, die 1922 beim Auf­ Vertrage von 1253 für sich zurückbehalten hatte, des­ stellen des Ehrenmales festgestellt wurden, stammten gleichen auch die obere Gerichtbarkeit in den Besitz sicher von dem „Weißen Hof", jenem Wohnhaus, das der Ziegesar als Grundherren von Buckow. sich die Ziegesar um 1490, nach dem Bericht des Pfar­ rers Willichius (Wilke), (gestorben 1675) in dem alten „villa Buchowe" 31 Kirchenbuch, genannt „Inventar" ), an Stelle der Burg Nach der Urkunde von 1253 übereignete der Erz­ erbauten. Wäre dieses Wohnhaus ohne Anknüpfung an bischof von Magdeburg dem schlesischen Kloster Leu­ die Vergangenheit erbaut worden, hätte man sicher bus „villam Buchowe" mit seinen Zubehörungen und einen größeren Bauplatz als den kleinen Mühlenplatz der Hälfte einer Mühle auf der Stobberow. Schon gewählt, der durch die Anlage einer Mühle (jetzt Kino) Breitenbach39) vermutet, daß er die andere Hälfte der­ außerdem schon stark verkleinert worden war. selben für sich zurückbehielt. Es ist ausgeschlossen, daß diese villa Buchowe eine Slawensiedlung war. Die­ Den sichersten Beweis für die einstige Lage einer selbe lernten wir schon auf dem Höhenzuge der Haupt­ örtlichkeit erbringen uns Funde von Gefäßresten oder straße KIII, la)40) kennen. Mancherlei Gründe sprechen urkundliche Nachrichten. Slawische Gefäßreste sind dafür, daß schon um 1225, zur Zeit Heinrichs L, im an dieser Burgstelle nicht gefunden worden, können Schutze der Burg Deutsche angesetzt wurden, die man also als Beweismaterial nicht herangezogen werden. mit besonderen Vorrechten ausstattete. Sie waren von Dafür ist aber ein urkundlicher Beweis für die Lage allen leiblichen Diensten befreit, hatten nur im Kriegs­ der Burg an dieser Stelle zu erbringen. In der Urkunde falle an der Verteidigung des Landes teilzunehmen. In von 1249 wird sie unter den „loca Castrorum" (Grenz­ dem Aktenstück von 185341) „betreffend die Aufhebung burgen) aufgeführt. Des weiteren wird im Landbuch 32 des Dienstgeldes" (das seit Ende des 17. Jhd. an Stelle Karl IV. von 1375 ) ein „Buko in preurbio" aufgeführt, der leiblichen Dienste gezahlt wurde), werden unter das also vor der Burg lag. Es ist wohl zu der Zeit der den Grundstücken, die zur Zahlung der Ablösungs­ Eroberung des Landes Lebus auf dem Barnim in An­ summe verpflichtet waren, die Grundstücke „Am lehnung an die Burg durch den Erzbischof Wilbrand Markt 6—2, Königstr. 58—55 und Wallstr. 19 und 18" von Magdeburg 1244 entstanden, als derselbe „Herr nicht aufgeführt. In diesen Grundstücken sehe ich die der Müncheberger Gegend" war, damit der hier woh­ einstige, mit Deutschen um 1225 besetzte villa Buchowe nende Teil der Burgbesatzung im Notfalle schnell zur (K III, 2)42). Verteidigung der Burg herbeieilen konnte. Aus all die­ sen Gründen ergibt sich somit, daß die Burg Bueowe Die Lage im Schutze der. Burg und der Nachweis 83 dieses Sonderrechtes könnnte dazu verleiten, in der nur auf dem Mühlenplatze (K III, l) ) gestanden villa Buchowe einen echten slawischen Kietz zu sehen, haben kann. wie es auch durch Ludat43) geschieht, da in dem „In­ Im Jahre 1249 wurde die Burg vom schlesischen ventar", einem alten Kirchenbuch um 1659, ein „Kietzer Piasten Boleslaw dem Erzbischof Wilbrand von Mag­ Tor" genannt wird. Nur aus der Nennung desselben deburg übereignet. Sie verlor damit ihre strategische vor 1700 schließt er für Buckow auf das Vorhandensein Bedeutung als militärische Deckung der alten Heer­ eines echten Kietzes. Auch soll nach ihm noch heute straße und diente in der Folgezeit nur noch einem ein „Acker hinter dem Kietzer Tor" als „Kietzer bischöflichen Vogt, der dann, als die Äskanier in den Acker" bezeichnet werden. Hier ist er das Opfer eines alleinigen Besitz des Landes Lebus kamen, von einem Irrtums seines Gewährsmannes geworden, denn ein landesherrlichen Vogt abgelöst wurde, als Wohnsitz.. solcher Acker ist in Buckow nicht bekannt. Als Kenn­ Er übte die obere Gerichtbarkeit aus und erhielt die zeichen eines echten Kietzes führt er die Lage in An­ Hälfte der Gefälle aus der Mühle auf der Stobberow. lehnung an die Burg, selbständige Verwaltung und Ge­ Im Schoßregister von 140034) wird ein Hans List mit richtbarkeit an, die für Buckow nicht nachzuweisen fünf Hufen für Buckow angegeben, für die er 20 Gr. sind. Dagegen ist es mir, wie wir schon sahen, ge- 44 Wachstum der Stadt Buckow

I. Castram Bucowe la. Slawensiedlurtg Ib. Falscher Kietz Ic. Kietzer Tor II. villa Buchowe III. preurbium Buko IV. oppidum Bukow V. Vorbuckow VI. Pritzhagener Vorstadt VII. Dahmsdorfer Vorstadt VIII. • Werdersiedlung IX. Lindenstraßensiedlung X. Mühlenstraiensiedlung

lungen, in der Hauptstraße auf der Höhe hinter den die alte Slawensiedlung in der Hauptstraße, das Kietzer Grundstücken 16—19 (K. III, la)44) die alte Slawen- Tor in der Königstraße. Wir haben somit in der Bucko- siedlung aus der Zeit von 850—1250 nachzuweisen. Sie wer Slawensiedlung von 850 keinen echten Kietz vor bricht um 1250 ab. Im • Hypothekenbuch von 178045) uns. Die Burg enstand erst in schlesischer Zeit um rindet sich im nördlichen Teil der Wallstraße, der ehe­ 1225, in der auch villa. Buchowe als Deutschensiedlung maligen Töpfergasse, eine Gruppe von 13 Häusern, angelegt wurde. Der geringe, Landbesitz der Bewohner der in 13 Wallgärten (K. III, lb)46) nur geringer Land­ des unechten Kietzes weist darauf hin, daß auch diese besitz zugehört und deren Besitzer von der Benutzung umgesiedelten Slawen neben geringer Viehzucht nur der Allmende (der Holz- und Graskaveln d. s. die bis wenig Ackerbau trieben. Jagd und Fischfang waren zum 2. Weltkrieg bestehenden „Wechselwiesen") aus­ ihre Hauptnahrungsquellen. Wahrscheinlich bestand geschlossen waren. Es sind dies die heutigen Grund­ für sie die Verpflichtung, der Herrschaft bestimmte stücke Wallstr. 3—7 und 9—15. In diesen Grundstücken Dienste zu leisten. Daß dazu auch die Töpferei gehörte, sehe ich einen unechten Kietz, in den die Slawen von könnte man vielleicht aus dem Namen „Töpfergasse" den Leubuser Mönchen umgesiedelt wurden, als ihnen erschließen. 1253 villa Buchowe übereignet wurde. Dafür sprechen Wahrscheinlich erbauten, die Bewohner der villa auch die Funde vieler spätslawischen Scherben und Buchowe auch schon auf der Anhöhe am Marktplatz Lehmbewurfsstücke, die in dem Garten des Grund­ ein Holzkirchlein, das von dem- ersten. Friedhof stückes „Am Markt 2", der an die Grundstücke Wall­ Buckows umgeben war. Von den Leubuser Mönchen straße 9—16 stößt, gefunden wurden. In der Nähe die­ wurde es dann durch einen Granitbau ersetzt. ses unechten Kietzes befand sich in der Königstraße das von Ludat erwähnte Kietzer Tor, „nach der Heiden wärts" belegen: Seine Lage ist durch Nennung der Auf dem Wege zum „oppidum" „Kaplanei" (heutiger Gasthof „Deutsches Haus") beim 47 Im Jahre 1253 hatten die Leubuser Mönche vom Kietzer Tor im Inventar bekannt (KIII, lc) ), die auch Erzbischof von Magdeburg für das von ihm zurück­ im Hypothekenbuch von 1780 aufgeführt wird. Also: behaltene Müncheberg villam Buchowe mit seinen Zu- 45 behörungen erhalten. Die höhere Gerichtsbarkeit wurde Galgenberg genannt." 1856 wurden die Erbpächter in­ ihnen unter gewissen Einschränkungen übertragen. folge der Aufhebung des Erbpachtgesetzes Besitzer der Bei Verhandlungen, welche eins der Kapitalverbrechen mehr als 30 Jahre von ihnen in Erbpacht besessenen betreffen, sollte der Bote des Erzbischofs an dem Ge­ Ländereien. Auf diese Weise ging 1861 der Papenwer­ richt des Schulzen teilnehmen, um zu hören, ob der­ der in den Besitz der Schneidemühle über. selbe gerecht richte. Er soll ein Drittel der Ge­ Die an der Wechselwiesenwirtschaft beteiligten Güter richtsgefälle erhalten. Als Kapitalverbrechen galten umfaßten die Grundstücke: Am Markt 1—9, König­ Mord, schwerer Diebstahl (auf welchen der Tod steht, straße 58—48 und 11—1, Wallstraße 19—16 und 1—2, wenn das Gestohlene den Wert einer halben Silber­ Schulstraßett 1—5, Hauptstraße 88—66 und 25—1. Daß mark übersteigt), Notzucht an Frauen und Jungfrauen die Königstraße bei Nr. 48 und 11 in damaliger Zeit und Falschmünzerei. ihr Ende erreichte, ergibt sich aus der Tatsache, daß Eine planmäßige Ansiedlung Deutscher setzte nun Nr. 47 das ehemalige Hirtenhaus war, das stets am durch die Leubuser Mönche in Buckow ein. Nach dem Ausgange des Ortes stand und Nr. 11 erst 1580 als Verlust von Müncheberg wäre es verständlich ge­ „Kaplanei" erbaut wurde. wesen, sich als Ersatz in Buckow einen neuen Markt­ Durch seine Lage in dem von Mooren durchsetzten ort zu'schaff en. Dazu lagen aber die Marktorte Münche­ Gebiet war die wirtschaftliche Entwicklung Buckows berg und, Strausberg zu nahe. Auch bot das von in seiner Ausrichtung vorbestimmt. Die vielen Moore Mooren durchsetzte Gebiet keine zusammenhängende wiesen von vornherein auf den Anbau des Hopfens Fläche für die Anlage einer mittelalterlichen Stadt hin, der für Jahrhunderte die wichtigste Erwerbsquelle nach dem üblichen Kolonisationsschema. Zur Ansied­ der Buckower werden sollte51). Für die Einführung des lung von Deutschen eigneten sich nur die diluvialen Hopfenbaues durch die Leubuser Mönche spricht der Rücken, auf denen sich heute die Haupt- und König­ Umstand, daß das Siegel des Buckower Pfarramtes straße entlangziehen. Daher wurden die Bewohner der zwei Hopfenstangen zeigt, die von einer Hopfenpflanze alten Slavensiedlung in den nördlichen Teil der Wall­ umrankt werden (Abb. 3). Auch das Brauhaus (Am straße umgesiedelt. Vor der Burg entstand der heutige Markt 1) mit der Braupfanne gehörte der Kirche. Jeder Marktplatz, der zur Zeit der Mönche den Namen Bürger, der Ende des 17. Jhd, die Berechtigung zum „Ring" geführt haben muß, eine Bezeichnung, die in Brauen hatte, mußte für das jedesmalige Benutzen Schlesien für den Markt üblich ist. Diese ursprüngliche der Braupfanne der Kirche 1 sgr. zahlen. Ebenso waren Benennung als Ring war bald vergessen und tritt am für die Benutzung des Hopfenscheffels, der von der Ende des 17. Jhd. für den Häuserblock auf, der vom Kirche aufbewahrt und entliehen wurde, pro Wsp. Markt, der König-, Schul- und Hauptstraße umschlos­ Hopfen eine Abgabe von 6 sgr. zu zahlen. sen wird48). Von diesem Ring zweigte sich in östlicher Richtung die Frankfurter (Königstraße), in südlicher So war unter der Mönchsherrschaft die villa Buchowe Richtung die Berliner (Hauptstraße) Straße ab, die zum oppidum (Stetichen) herangewachsen, dessen durch die Schulstraße eine Querverbindung erhielten. hauptsächlichster Erwerbszweig der Hopfenbau war. In der Ausdehnung, die das oppidum unter den Mönchen Auf dem Platz „Am Roten Hause" erbaute der mit 88 Gütern erreicht hatte, blieb es als „Groß Lokator, dem die Ansetzung der Bürger von den Mön­ Buckow" bis zum Ende des 17. Jhd bestehen Es zeigte chen übertragen worden war, sein Haus. Nach dem sich auch hier, daß nach dem hoffnungsvollen Anfang Bericht des Pfarrers Willichius wurde dieses Bürgers die weitere. Entwicklung eines Ortes von der geogra­ Haus um 1570 von Wolff vom Kloster aufgekauft, der phischen Lage, der Bodengestalt und der Lage zu darauf den „Roten Hof" erbaute und auf seinen Lände­ Hauptverkehrsstraßen abhängig ist. Das castrum Bu- reien ein Vorwerk anlegte. Da von demselben die Herr­ cowe lag an einer alten Heerstraße. Die vorwärts­ schaft der Kirche „Meßkorn" und an staatlichen Ab­ strebenden Deutschen behinderte die durch das Ero­ gaben „Grundzins" und „Kontribution" zu zahlen hatte, sionsgebiet Buckows sich hindurchwindende Heer­ kann derselbe kein freier Rittersitz gewesen sein. Der 49 straße, sie verlegten dieselbe an den südlichen Teil Umstand, daß in der Taxe von 1652 ) auf dem Roten des Roten Luches, wo sich ein bequemerer Übergang Hof die „Gerichtsstube" und die „Wippe" aufgeführt bot. Nun abseits von Heer- und Handelsstraßen liegend, werden, spricht dafür, daß wir hier den ursprünglichen trat in der Entwicklung Buckows ein Stillstand ein. Schulzenhof, das Richterhaus, vor uns haben. Deutlich heben sich am Schlüsse der Mönchszeit drei Wie läßt sich nun der Umfang des „oppidum politische Gebilde ab: die Burg (im Besitz des Landes­ Buckowe" nachweisen? Die Akten „betr. Aufhebung herren), das Stetichen (oppidum) Buckow und der des Dienstgeldes" von 1853 lassen uns hier im Stich. Mönchsbesitz, die spätere Herrschaft Groß Buckow mit Auffallend ist, daß an der Wechselwiesenwirtschaft bis den Dörfern Obersdorf, Dahmsdorf, Münchehofe, Sie­ zum 2. Weltkriege nur 88 Grundstücke mit einem versdorf und Schlagenthin (KU). ganzen, dreiviertel, halben oder viertel Anteil beteiligt waren. Diese wurden bis dahin im zweijährigen Wechsel unter die dazu berechtigten Bürger von cier Stadtverwaltung durch das Los verteilt Die Güter mit ganzem und dreiviertel Anteil gehörten den „Groß­ bürgern" oder „Erben", denen auch die 33 im bischöf­ lichen Schoßregister (1400) erwähnten Erbgärten zu­ gehörten, die insgesamt 12 gr. Bischofszehnt zu ent­ richten hatten50), die Güter mit halbem oder.viertel Anteil den „Kleinbürgern" oder „Gärtnern". Die Er­ ben standen im Range der bäuerlichen Kossäten, die Gärtner auf der Stufe der Büdner. Abb. 3: Kirchensiegel der Buckower Pfarre Die Leubuser Mönche hatten in Buckow selbst kei­ nen Landwirtschaftsbetrieb. Sie bewirtschafteten ihren Hof in Münchehofe (KI, 16). Wahrscheinlich hatten „Buko in preurbio" sie in Buckow einen Predigermönch eingesetzt, dem Nördlich der Burg war zur Zeit der Wiedereindeut­ zu seinem Unterhalt bestimmte Ländereien zugewiesen schung im Lande Barnim ebenfalls ein Ortsteil, das waren, die „Priesterwiese" in den Erbgärten, der „preurbium" des Landbuches Karl IV. von 137552), das „Papenwerder" (heutiger Galgenberg) sowie Anteile spätere „Klein Buckow" entstanden. Ursprünglich be­ in anderen Flurstücken. Der Name Papenwerder tritt fand sich dieser an die Burg grenzende Teil des Bar­ noch in dem Hypothekenbuch von 1780 auf. Im staat­ nim im Besitz der Nonnen des im Odetrbruch gelegenen lichen Hypothekenbuch von 1849 wird von ihm gesagt: Klosters Alt Priedland. Noch heute erinnert der Flur­ „Die Schneidemühle hat Erbpachtrecht in Rücksicht name der „Nonnenwiesen", nordwestlich vom Schwei­ eines zur Oberpfarre gehörigen Stück Ackers, der zerhause gelegen, durch die auch heute die Grenze 46 zwischen Klein Buckower und Britzhagener Gebiet sorgen, in Zeiten der Not auch Kriegsdienste zu hindurchgeht, daran. Das läßt vermuten, daß das Ge­ leisten. Auch ihnen wurden als Anreiz zur Besiedlung biet von Klein Buckow mit seinen zehn Hufen ur­ bestimmte Vergünstigungen, gewährt, darunter die Be­ sprünglich zur Gemarkung des Dorfes Pritzhagen ge­ freiung von den persönlichen. Dienstleistungen. In hörte, das wohl als eine Gründung des Propstes vom dem Bericht: „Umständliche Nachrichten von Buckow" Nonnenkloster Alt Friedland anzusehen ist, denn 1300 aus dem Jahre 178056) heißt es von dem im oberbar- Prouesthagen, 1375 Probisthagen, .1412 Probsthagen. nimschen Kreise belegenen Klein Buckow: „die in Die Zugehörigkeit scheinen auch die Lehnsnachrichten solchem befindlichen .Bürger besitzen ihre Häuser und zu bestätigen, die 1412—15 besagen: Cuno von Ylow zu die dazugehörigen Grundstücke erb- und eigentümlich; Pritzhagen 10 Hufen mit supra (Oberhoheit)58). Aber einige davon geben Zins, andere Dienstgeld. Worauf schon 147654) belehnt Kurfürst Johann am 16. 1. die von sich dieser Unterschied gründet, welcher schon vor un­ Ilow mit Ilow, Klein Buckow und Petershagen. Klein denklichen Jahren dauert, hat nicht ausfindig gemacht Buckow erhalten sie „mit alen Nud (Nutzun­ werden können". Vergegenwärtigen wir uns, daß in gen), Rechten, Holtungen, Gresingen (Holz- und den Rezeß akten von 185357) „betreffend die Aufhebung Grasnutzung) und Watern". 1412 erhalten sie zu Ilow des Dienstgeldes" in Klein Buckow die Grundstücke 66 Hufen und in Pritzhagen 10 Hufen, 147654) das Dorf Wriezener Straße 59, 58, 56, 54, 42, 16, 11 und 8—3 und Ilow mit 66 Hufen und das Dorf Klein Buckow, das der Werderstraße 37—34, also in der Hauptsache die auch 1671 mit 10 Hufen in den Hufentabellen aufge­ Häuser der Wriezener Straße von der Stobberbrücke führt wird. Hieraus ergibt sich, daß die 1412 unter an bis zum Restaurant Rosenburg von der Ablösungs­ Pritzhagen aufgeführten 10 Hufen gleichbedeutend mit pflicht befreit waren, so ergibt sich daraus, daß die den unter Klein Buckow aufgeführten 10 Hufen sind. Grundstücke, die schon 1780 seit undenklichen Jahren Auf eine einstige Abtrennung Klein Buckows vom kein Dienstgeld zahlten, den Umfang des alten „preur­ Pritzhagener Gebiet weist noch heute die Grenzziehung bium" darstellen müssen. in den Nonnenwiesen hin. Nach der Urkunde von 130055) befinden sich in der Umgebung Buckows nur noch der große und kleine 1) P. Z. 1927, Bd. 18, S. 186 pp. — *) Mannus, 33. Jg. 1941, S. 586, Abb.'19. — 3) Götze, Die vor- und frühgeschichtlichen Tornowsee, Griepensee (der seinen Namen wohl nach Denkmäler des Kreises Lebus, 1920, S. 13; Kreiskalender des den vielen Seerosen, die in ihm wachsen, deren Sten­ Kreises Lebus, 1918, S. 16, Abb. 11—15; Z. f. Ethn., 1875, S. 30. gel „Griepen" genannt werden, hat), Buckowsee, Scher- — 4) Mannus, 1923, Bd. 15, S. 92—109, Tfl. V—VII. — 5) Götze, S. 69/70, Taf. II. — 6) Mannus, 1941, S. 585, Abb. 17 u. 18. — mützelsee und Weiße See im Besitz der Nonnnen. (Aus 7) Götze, Abb. Tfl. in. — 8) Mannus, 1941, 33. Jg., S. 573 pp., der Reihenfolge der aufgezählten Seen ergibt sich, daß Abb. 1^13. — ») Schilling, Die ersten Deutseben in Frank-* fürt a. O., 1926, S. 16 pp. — io) Riedel XXIV, 336. '—.ii ) Breiflen- der südlich vom Schermützelsee gelegene Weiße See bacb, Das Land Lebus unter den Piasten, S. 117. — 12) Kr. K. den Alt Friedländer Nonnen gehörte und nicht der L., 1920, S. 7, Abb. 6. — 18) Riedel XX, 126. — 14) Riedel XX, See gleichen Namens auf Hermersdorfer Gebiet im 128. — 15) Riedel XX, 130. — 16) Riedel XX, 127. — 17) Rie­ del XX, 130; Wohlbrück I, 118. — 18) Wohlbrück III, 227. — Kreise Lebus, wie Rud. Schmidt in „Die Herrschaft 19) Wohlbrück I, 31; Riedel XX, 129. — 20) Fischer, Das Land Friedland" auf S. 2 angibt. Um 1300 müssen also die Lebus, 1936, S. 35; Riedel XX, 130. — 21) Krabbo, Regesten Ländereien schon den Besitzer gewechselt haben. Nr. 4761. — 22) Riedel XX, 131. — 23) Riedel XX, 195. — 24) Riedel XX, 196. — 25) Wohlbrück I, 422; Krabbo 1787. — Durch wen erfolgte die Abtrennung der 10 Hufen 26) H. Mundt, Die Heer- und Handelsstraßen der Mark Bran­ denburg (1932), S. 67. — 27) Wels in FBPG, Bd. 44, S, 250. — Klein Buckows vom Pritzhagener Gebiet? Das geist­ 28) Klöden, Beitr. zur Gesch. des Oderhandels. — 29) Mundt 74. liche Oberhaupt der Friedländer Nonnen war der Erz­ — »0) Mirow in Buckower Badenachrichten, 1925, Nr. 3. — bischof von Magdeburg. Als dieser 1239 in das Land 31) Altes Kirchenbuch, genannt Inventar, S. 83. — 32) Joh. Schultze, Landbuch S. 132. — «3) Mbl. d. Ldg. Vgg.t 1940, Lebus eindrang und die Feste Lebus berannte, legte Nr. 11/12, S. 51. — 34) Wohlbrück II, 204. — 85) Wohlbrück III, er Hand auf das castrum Bueowe. Vor* demselben setzte 227. — 3«) Breitenbach 117. — 37) Gutsarchiv (G.A.) II 18, 7. — er auf dem Barnim Deutsche an, deren Siedlung uns 38) stölzel, Urkundliches Material dei* Akten des brandenbur- gischön Schöppenstuhles, 1901, I, 280. •*- 39) Breitenbach, 117, in dem „preurbium Buko" von 1375 entgegentritt. Die­ Anm.~ 40) Mbl. d. Ldg. Vgg., 1940, S. 51. — 41) Stadtarchiv, ses „preurbium" ist also als eine Gründung Magde­ Urkunden (St.A.U.). — 42) Monatsblätter, 1940, S. 51. — 43) Lu- burgs in der Zeit nach 1239 anzusehen. Nach der Über­ dat, Die ostdeutschen Kietze (1936), S. 87. — 44) Mbl. d. Ldg. eignung der Grenzburg, die sich wahrscheinlich schon Vgg., 1940, S. 51. — 45) Geheimes Staatsarchiv (G.St.A.). — 46) Mbl., 1940, S. 51. — 47) Mbl. d. Ldg. Vgg.t 1940, S. 51. 1244 in Magdeburgs Hand befand, wäre die Anlage — 48) Inventar 82. — 49) G.A nf 28; Kuchenbuch, Handschrift­ eines „preurbium" nördlich derselben, auf dem Barnim, liche Aufzeichnungen in, 75. — so) wohlbrück m, 204. — ßi) Brandenburgia, 1942, S. 48. — 52) Jon. Schultze, Land­ vom strategischen Gesichtspunkt aus gesehen, nicht buch pp., 1940, S. 132. — 53) Riedel CI, 50. — 54) Riedel XI, mehr vonnöten gewesen. Die Bewohner desselben hat­ 417, — 85) Riedel XII, 412. —• 56) G.A. II 12, 1. — 57) StA. ten anfangs für den Unterhalt der Burgbesatzung zu Fach 41, 7.

Georg Klünder: Die Zauche und ihre Pfarreien bis 1600 der Uckermark. Diss. Kiel (1915). — 5. Curschmann, F.: Die Quellen: Diözese Brandenburg (Veröffentl. d. Ver. f. Gesch. d. M. Br.) 1906 — 6. Ernst, A.: Krit. Bemerkungen z. Siedlungskunde A. Archivalien d dt. Ostens, vornehmlich Brandenburgs. FBPG Bd. 23, 1910. 1. Gedruckte Quellen: — 7. Fidicin, E.: Die Territorien der Mark Brandenburg, von Bonin, B.: Entscheidungen des Cöllnischen Konsisto­ Bd ni (1860). — 8. Fischer, O.: Evang. Pfarrerbuch f. d. M. riums 1541—1704 (1926). — Friedensburg, W.: Kurmärkische Br' seit der Reformation, Bd. 1 u. 2 (1941). — 9. Friedberg, E.: Ständeakten aus der Regierungszeit Kurfürst Joachims IL Lehrbuch d. kath. u. evang. Kirchenrechts (1903). — 10. Ge­ 1. Teil 1535—1550 (1913). — Mylius, Christian Otto: Corpus bauer J.: Z Gesch. d. Reformation im Bistum Br. (Beilage Constitutionum Marchicarum. Berlin und Halle (1737 ff.). — z Jahresprogramm d. Ritterakademie zu Brandenburg a. H. Schultze, Joh.: Das Landbuch der Mark Brandenburg von 1898) — 11 Germania Sacra: 1. Abt.: Die Bistümer der Kir­ 1375 (1940). — Codex Diplomaticus Anhaltinus. Herausg. von chenprovinz Magdeburg, 1. Bd. Das Bistum Brandenburg I. 1. O. v. Heinemann. Dessau (1867 ff.). Bearbeitet von Gustav Abb und Gottfried Wentz (1929). — 12 Gley, W.: Die Besiedlung der Mittelmark von der slawi­ 2. Nicht gedruckte Quellen: schen Einwanderung bis 1624 (1926). — 13. Guttmann, B.: Die Konsistorialarchiv in Berlin (K.A.). — Preußisches Gehei­ Germanisierung der Slawen in der Mark (FBPG 1897, Bd. 9). mes Staatsarchiv in Berlin-Dahlem (G.StA.). — Pfarrarchive 14 Heffter, K. Chr.: Urkundliche Chronik der alten Kreis­ (Pf.A.). — Domkapitelarchiv in Brandenbürg (D.A.). stadt Jüterbogk (1851). — 15. Heidemann, J.: Die Reformation B. Darstellungen in der Mark Brandenburg (1889). - 16. Herold, V.: Zur ersten lutherischen Kirchenvisitation. Jb. f. br. KG (1925—27). ~- 1. Berghaus, H.: Landbuch der Mark Brandenburg (1854). — 17 Hist. Ver. Brandenburg (Havel): Festschrift zur Gedenk­ 2 Bestehorn, F.: Deutsche Urgeschichte der Insel Potsdam feier d SOjähr. Bestehens. I. A. d. Vorstandes hg. v. Otto (o. J.). — 3. von Brünneck, W.: Zur Geschichte des märkischen Tschirch (1918). — 18. Hoppe, W.r Erzbischof Wichmann von Provinzialkirchenrechts (1904); — 4. Brüns-Wüstefeld, K.: Bei­ Magdeburg. H. 1 der Geschichtsbl. f. Stadt u. Land Magde- träge zur Geschichte der Kolonisation und Germanisierung 47 bürg (1908). — 19. Hoppe, W.: Kloster Zinna. Ein Beitr. z. Bd. 19—21.) — 36. Riedel, A. F.: Die Mark Br. i. J. 1250, Bd. 1 Gesch. d. ostdt. Koloniallandes u. d. Zisterzienserordens (1914). u. 2 (1831). — 37. Rudolph, Th.: Die niederländischen Kolonien — 20. Hoppe, W.: Zur ältesten Gesch. d. Havellandes. Die der Altmark im 12. Jh. (1889). — 38. Schmid, H. F.:Das Recht Entstehung einer Legende (FBPG Bd. 41, 1928). — 21. Krabbo, d.. Gründung u. Ausstattung von Kirchen im kolonialen Teile H.: Albrecht der Bär (FBPG Bd. 19, 1906). — 22. Kuhns, der Magdeburger Kirchenprovinz während des MA (1924). — F. J.: Gesch. d. Gerichtsverfassung u. des Prozesses i. d. M. 39. Schneider, C: Chronik d. Stadt Beelitz (1888). — 40. Schrö­ Br. v. 10. bis zum Ablauf d. 15. Jh. Bd. I (1865). — 23. Lappe, der, R.: Die niederländischen Kolonien in Norddeutschland J.: Kirchen auf Wüstungen (Zs. d. Savigny-Stiftung f. Rechts- z. Zt. d. MA (1880). — 41. Schultze, Joh.: Lehnin, 750 Jahre gesch. Kan. Abteilung. 1913). — 24. Lauburg, W.: Die Siedlun­ Kloster und Ortsgeschichte (1930). — 42. Schulze, Berth.: Bran- gen d. Altmark, ein Beitr. zur altmärk. Landeskunde. (Arcli. denburgische Landesteilungen 1258 bis 1317 (Einzelschr. der f. Landes- und Volkskunde d. Prov. Sachsen, 1914). — 25. Leh- Histor. Komm. f. d. Prov. Br. u. d. Reichshauptst. Berlin. nert, H.: Kirchengut u. Reformation. Eine kirchenrechts- 1, 1928). — 43. Schulze, Berth.: Erläuterungen z. br. Kreis­ geschichtl. Studie. Diss. Erlangen (1935). — 26. Liebchen, O.: karte von 1815 (Einzelschr. d. Histor. Komm. f. d. Prov. Siedlungsanfänge im Teltow u. i. d. Ostzauche (FBPG Bd. 53, Brandenb. u. d. Reichshauptst. Berlin. 6, 1933). — 44. Seel­ 1941). — 27. Lindner, D.: Die Anstellung des Hilfspriesters mann, W.: Die Herkunft der Besiedler der Mittelmark. (Jb. (Kempten 1924). — 28. Ludat, H.: Die ostdeutschen Kietze d. Ver. für niederdeutsche Sprachforsch., 1923). — 45. Sehling: (1936). — 29. Metzenthin, E.: Z. Besiedlung d. Mittelmark D. evang. Kirchenordnungen d. 16. Jh., Bd. III (1909). — (FBPG Bd. 48, 1936). — 30. von Mühler, H.: Gesch, d.-evang. 46. Siedler, E. J.: Mark. Städtebau i. MA (1914). — 47. von Kirchenverfassung i. d. M. Br. (1846). —< 31. Mundt, J.: Die Sommerfeld, W.: Beitr. z. Verfassungs- u. Ständegeschichte Heer- u. Handelsstraßen d. M. Br. v. Zeitalter d. ostd. Kolo­ d. Mark Brandenburg i. MA (1904). — 48. Spangenberg, H.: nisation b. z. Ende des 18. Jh. (1932). — 32. Parisius, A.: Der Hof- u. Zentralverwaltung d. M. Br. i. MA. (Veröffentl. 'd. Verfasser der brandenburgischen Visitations- und Konsisto- Ver. f. Gesch. d. M. Br., 1908.) — 49. Stutz, TL: Gesch. d. kirchl. rialordnung von 1573 (Jb. f. br. KG, 1907). — 33. Passow, S.: Benefizialwesens (1895). — 50. Stutz, XI.: Die Eigenkirchen als Die Okkupation u. Kolonisierung d. Barnim (FBPG Bd. 14, Element des mittelalterlich-germanischen Kirchenrechts (1895). 1901). — 34. Pischon, K. N.: Urkundl. Gesch. d. kurmärk. — 51. Wels, K. G.: Straßensysteme u. Siedlungsprobleme i. d. Stadt Treuenbrietzen u. Umgegend (1871). — 35. Priebatsch, F.: frühgeschichtl. Mittelmark (FBPG Bd. 44, 1932). Staat u. Kirche i. d. M. Br. am Ende d. MA. (Zs. f. KG

I. Äußere und innere Grenzen der Zauche Südlich des Havellaufs zwischen Potsdam und Bran­ gefunden worden8). Möllendorf war die am weitesten denburg dehnt sich die diluviale, nur von. wenigen in das Waldgebiet vorgeschobene Siedlung, und die Niederungen und Seen unterteilte Hochfläche der Orte Fichtenwalde, Neuseddin, Beelitz-Heilstätten, Zauche aus. In slawischer Zeit wohl zum Gau Hevel- Borkwalde und Borkheide sind Gründungen der dun gehörig1), sind die Grenzen der von uns heute als neuesten Zeit. Wenn man weiter bedenkt, daß der Wald Zauche bezeichneten mittelmärkischen Landschaft von noch heute bis zu einer west-östlichen Breite von der askanischen Kolonisation an unter der Einwirkung 15 km anwächst, so wird deutlich, daß beim Mangel mannigfacher geographischer, politischer und wirt­ jeder forstlichen Kultur und bei noch größerer Dich­ schaftlicher Faktoren entstanden. Die „tota Zucha", die tigkeit dieser Wald eben eine natürliche Barre war, der . Hevellerfürst Pribislaw als Patengeschenk für die zwei Länder voneinander schied. Albrecht des Bären ältesten Sohn Otto bestimmt 2 Fehlt es somit an einer natürlichen Verbindung hatte ), umfaßte wohl nur den westlichen Teil des zwischen West- und Ostzauche9) in slawischer Zeit, so heutigen Gebiets, der durch die natürlichen Grenz- ist andererseits bei Treuenbrietzen eine, wenn auch säüme der Havel im Norden, der Plane-Niederung im schmale Landbrücke gegeben, durch die die östliche Westen und Süden und des großen Waldgebiets südlich Zauche und auch das Land Jüterbog mit dem Gau des Schwielowsees gegen* Osten hin begrenzt wurde. Ploni verbunden waren. Wie wichtig dieser Übergang Zu der Frage, ob die jetzige östliche Zauche, dl h. bei Treuenbrietzen gewesen ist, zeigt die Tatsache, die Gegend um Beelitz und Treuenbrietzen, schon in daß hier wohl schon in vorkolonialer Zeit die Talrand­ vorkolonialer Zeit ein Bestandteil der Zauche gewesen straßen .von Belaig über Trebitz, Linthe, Nichel und von Jüterbog über Zinna, Mehlsdorf, Pechüle zu­ ist, haben die älteren Landesbeschreibungen der Mark 10 Brandenburg3) überhaupt keine kritische Stellung ge­ sammenliefen ). nommen. Sie begnügten sich damit, die Zauche nach Zu den geographischen Momenten treten geschicht­ den damaligen Kreisgrenzen zu umreißen. Auch Riedel, liche hinzu. In der Zeit vor Abfassung des Landbuchs Karls IV. werden nur die Dörfer der Westzauche als Berghaus und Fidicin lassen eine kläre, zweifelsfreie 11 Beurteilung der Frage vermissen. Heffter hat als erster zauchisch bezeichnet ). Dagegen wird auf die Ost­ zauche niemals die Territorialbezeichnung Zauche an­ darauf hingewiesen, daß die dem askanischen Hause 12 als Patengeschenk übertragene Zauche nur deren nord­ gewandt ). Erst mit dem karolinischen Landbuch ist westlichen Teil ausmachte4)-. Dagegen hat Guttmann5) der Prozeß der Vereinigung von West- und Ostzauche das Abtretungsgebiet Pribislaw-Heinirichs als das „Land zu dem Territorialbegriff Czucha vollendet. um Beelitz und Lehnin" bezeichnet. Schließlich hat Ehe wir uns den Gebieten zuwenden, die entweder sich Curschmann dahin entschieden, die Landschaft nur zeitweise zur Zauche gezogen wurden oder ihr für um Beelitz und Treuenbrietzen dem Gau Ploni zuzu­ immer zuwuchsen, ist es nötig, die südöstliche Grenze rechnen6), und damit stillschweigend anerkannt, daß der Ostzauche gegen das Land Jüterbog näher zu be­ dies Gebiet, da nicht zum Gau Heveldun gehörig, trachten. Das Problematische dieser Grenzlinie ist zu­ kein ursprünglicher Bestandteil der Zauche gewesen nächst in der Tatsache begründet, daß es von Blanken- ist. Ihm folgte auch Hans Jung7), der schon im Titel see bei Stangenhagen bis östlich von Treuenbrietzen an seiner mehr das statistisch-geologische, als das ge­ einer natürlichen Grenze fehlt. Hinzukommt, daß ur­ schichtliche Interesse verfolgenden Arbeit die eigent­ kundliche Nachrichten, die über die Grenzbestimmung liche Zauche von den Gebieten um Beelitz und Treu­ Aufschluß geben, nur von zinnaischer Seite vorhanden enbrietzen unterscheidet. sind und erst dem 13. Jahrhundert angehören. Wie ver­ lief nun diese Grenze, als sich im Zuge der Kolonisa­ Die Auffassung, nach der die Ostzauche ein gesonder­ tion die märkischen Territorien bildeten? tes slawisches Herrschaftsgebiet darstellt, findet so­ Erzbischof Wichmann hatte Albrecht dem Bären bei wohl in der geographischen Lage des Gebietes als auch der Wiedereroberung Brandenburgs im Jahre 1157 tat­ in geschichtlichen Momenten, deren urkundliche Spu­ kräftig, „ope et industria"13), geholfen. Es ist nun an­ ren bis- ins 14. Jahrhundert herabreichen, ihre Be­ zunehmen, daß beide Kolonisatoren darauf14) den nörd­ gründung. lichen Teil des Gaus Ploni, der an das Herrschafts­ Die Karte zeigt uns das ungeheure Waldgebiet, das gebiet des gemeinsamen Gegners Jaxa angrenzte, in sich südlich von Potsdam und des Schwielowsees bis Besitz nahmen und das eroberte Land in der Weise zu den Niederungen der Plane bei Brück ausdehnt und unter sich teilten, daß Albrecht die Ostzauche erhielt, in slawischer Zeit wohl Urwald gewesen ist, der seit während dem Erzstift Magdeburg das Land Jüterbog jeher von der siedelnden Völkergruppe gemieden zugewiesen wurde15). Sicherlich haben bei dieser wurde. Von der jüngeren .Steinzeit bis zum Eintritt der Grenzziehung die slawischen Burgwardbezirke Beelitz Mark Brandenburg in .die deutsche Geschichte sind und Treuenbrietzen mitbestimmend gewirkt. Obwohl nicht die geringsten Spuren menschlicher Besiedlung die Burgwardorganisation ihre Verfassungsrechtliche 48 Bedeutung bald verlor, so erhielten sich doch ihre die zauchischen Exklaven Kl.-Briesen und Boßdorf Territorien, deren Erbe die Vogteien antraten10). gingen in dem neugebildeten Kreise Zauch-Belzig auf. Berthold Schulze17) hat nun wahrscheinlich gemacht, Als einzige größere Grenzveränderung der neuesten daß bei der Landesteilung von 125818) die Vogtei Zeit ist noch zu erwähnen, daß Bergholz-Rehbrücke Treuenbrietzen, deren Umfang etwa der heutigen mit Wirkung vom 1. 4. 1939 in die Stadt Potsdam ein­ Stadtgemarkung entsprach, bereits die heutige Kreis­ gemeindet worden ist. grenze gegen das erzstiftische Jüterbog hielt. Magde­ burgische und nicht brandenburgische Lehnsmannen Wie verhalten sich die k i r c h 1 i c h e n Grenzen der waren es auch, die 1268 Bardenitz und Pechüle, 1295 Zauche zu der politischen Gestaltung des Gebiets? So Kemnitz dem Kloster Zinna unter Zustimmung des sicheren Grund wir bei der Bestimmung der politischen Erzbischofs Konrad verkauften19). Die Feststellung der Grenzen der Zauche zur Zeit der askanischen Land­ ursprünglichen Grenze der Ostzauche von der Kem- nahme unter die Füße bekamen, so unsicher tappen wir bei der Einteilung der Diözese Brandenburg im nitzer Brücke bis zum Blankensee gewinnen wir aus Dunkel. Die Stiftungsurkunde des Bistums Branden­ der päpstlichen Bestätigung des zinnaischen Besitzes 35 von 1221. Danach hatte Ecrzbischof Wichmann einigen burg ) von 948 nennt unter den 10 slawischen Gauen Streubesitz außer dem geschlossenen Komplex zuge­ die für uns in Betracht kommenden Gaue Ploni und wiesen, darunter die Seen „Doberchowe, Wotersfige, Heveldun, allerdings — wahrscheinlich aus Unkenntnis 20 21 ihrer Grenzsäume — ohne nähere Bestimmung ihres Crineke et Meluiz" ), die Hoppe ) bei Dobbrikow ver­ Umfangs. Ob in dieser ersten doch nur sehr kurzen mutet. Das Nieplitz-Nuthe-Dreieck um Blankensee ge­ 22 Periode des Bistums überhaupt schon eine territoriale hörte ebenfalls zum Erzstift Magdeburg ). Gliederung der Diözese stattgefunden hat, erscheint So gewinnen wir die ursprüngliche Grenze der Ost­ sowohl mit Rücksicht auf die Tatsache, daß archi- zauche, die die Nuthe aufwärts bis zur Nieplitz- diakonale Sprengel selbst im Westen des Reichs erst mündung verlief, von da, zunächst längst der durch die im 10. Jahrhundert nachweisbar sind, als auch im Hin­ Nieplitz gebildeten Seen (Schiaßer-, Crössin- und blick auf die politische Situation des nur in einem Blankensee), dann in südwestlicher Richtung bis zur tributären Abhängigkeitsverhältnis zum Altreich Kemnitzer Brücke zog und schließlich unter Einschluß stehenden ostelbischen Gebietes wenig glaubhaft. Die von Niebelhorst an der Treuenbrietzener Stadtgemar­ einzige Urkunde, die in der Kolonisationsepoche 1161 kung ihr Ende fand. Gestützt wird endlich diese Grenze einer innerdiözesanen Grenzziehung gedenkt36), bezieht noch durch die Lage der Dörfer des Jüterboger Lan­ sich auf die gegenseitige Abgrenzung der Archidia- des. Sie zeigen nicht die geringste Verbindung mit dem konate Leitzkau und Brandenburg und besagt für die Treuenbrietzen-Beelitzer Straßenzug, sondern weisen Zauche gar nichts. Sie läßt aber erkennen,, daß die alle radial auf Jüterbog, ein Beweis dafür, daß die Grenzen des Brandenburger Archidiakonatssprengels deutsche Besiedlung dieses Landstrichs nicht von der die damals erreichte askanische Grenzlinie gegen Osten Ostzauche, sondern vom erzstiftischen Jüterbog aus­ überschritt und das erzstiftische Hoheitsgebiet um Jü­ gegangen ist. terbog mit umfaßte37). Die durch die Plane-Niederung gesäumte Südwest­ Für die Bestimmung der inneren Verwaltungsgrenzen grenze der Zauche ist, abgesehen von geringfügigen der Diözese Brandenburg stehen uns drei Quellen zur Grenzhändeln23), niemals Gegenstand schwerwiegender Verfügung: Auseinandersetzungen gewesen, obwohl hier Kreis­ 38 24 1. Die Bistumsmatrikel von 1495 ) die bischöflichen grenze und Landesgrenze zusammenfielen ). Sedes betreffend. Das Landbuch von 1375 rechnet außer den als West- 2. Die Prokurationsregister aus dem Anfang des uhd Ostzauche charakterisierten Gebieten einige Dör­ 16. Jahrhunderts, ebenfalls der episkopalen Ver­ fer des Landes Ziesar25) und die Städte Ziesar und waltung angehörend39). Görtzke zur Zauche, seltsamerweise auch Potsdam und 3. Die Listen des Dompropstes zur Erhebung des den Fischerkietz Potsdam26). In dem zeitgenössischen Cathedraticums und Synodaticums40), also eine Ortschaftsverzeichnis27) werden außer den bereits er­ Akte der archidiakonalen Verwaltung. wähnten die Dörfer Kl.-Briesen, Bensdorf, Gutkendorf, Curschmanns Karte zeigt, daß die Grenzen der Schiaß, Alt-Töplitz und Wachow als zur Zauche ge­ episkopalen wie archidiakonalen Sedes nicht nur die hörig aufgeführt, ohne daß ihrer hernach in dem Ab­ natürlichen und geschichtlich gewordenen Landschafts­ schnitt „Districtus Zucha" Erwähnung getan wird. Ich grenzen überschneiden, sondern auch über die da­ glaube nun nicht, daß „der Statistiker des Landbuchs 28 maligen märkischen Landesgrenzen hinausgehen. Am von 1375 im Zweifel gewesen ist" ), wohin die Orte meisten stimmt noch der Umfang der archidiakonalen gehörten, sondern der Grund für diese Unstimmigkeiten Sedes Brandenburg mit der Westzauche überein. Das wird darin zu suchen sein, daß mehrere an der Ab­ Planetal grenzt diese Sedes gegen die Sedes Beizig ab fassung des Landbuches gearbeitet haben. Anderer­ wie andererseits d'as Waldgebiet südlich des Schwie- seits wird Saarmund unter den Ortschaften des Teltow lowsees gegen die Sedes Beelitz; Nur im Norden greift aufgeführt29). Vermutlich hat das castrum jenseits der 30 sie über die Havel hinaus und bezieht die Pfarreien Nuthe gelegen ), Gleichfalls läßt das Landbuch die Kl.-Kreutz, Weseram und Roskow mit ein. In der Dörfer Petzow, Lienewitz, Kanin, Klaistow, Busendorf Ostzauche dagegen lassen die Sedes Beelitz und und MÖllendorf vermissen. Sie waren sächsisch und Treuenbrietzen jegliche Bezugnahme auf landschaft­ wahrscheinlich in nachaskanischer Zeit der Mark ver­ 81 liche und geschichtliche Grenzen vermissen, indem die lorengegangen ). Sedes Beelitz den Norden des Landes Jüterbog und Im 15. Jahrhundert traten das Ländchen Bärwalde, einen Teil des Teltow um Trebbin umfaßt, die Sedes Kl.-Briesen und der Töplitzer Werder mit den Dör­ Treuenbrietzen hinwieder das Beiziger Land mit um­ fern Alt-Töplitz, Leest und Göttin zur Zauche hinzu, schließt. Die Gründe für diese seltsame Sprengel­ im 16. Jahrhundert Boßdorf mit Schrapsdorf und begrenzung sind für uns um so weniger durchsichtig, Assau32). Die Landesvisitation von 1652 behält den als die wenigen urkundlichen Nachrichten erst knapp beschriebenen Gebietsumfang der Zauche zuzüglich 100 Jahre vor dem Ende der episkopalen Verwaltung ihrer Exklaven im großen und ganzen bei33), und erst in beginnen. Wie mannigfach kann die Entwicklung der der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann 1772 Sedes und Wechsel ihrer Grenzen in den weiter zu­ mit der Bildung eines zum General-Direktorium Magde­ rückliegenden Jahrhunderten gewssen sein! Während burg geschlagenen Kreises Ziesar34) eine rückläufige des Mittelalters haben sich die kirchlichen und politi­ Bewegung einzusetzen. Die endgültige Bereinigung der schen Distrikte der Mark Brandenburg wie der Zauche Grenzen des abnorm gewordenen Verwaltungsbezirks im besonderen kaum je gedeckt. vollendet das Jahr 1815. Durch das zeitliche Zusammenfallen der territorial- Das Ländchen Bärwalde kam zum Kreise Jüterbog- staatlichen Erstarkung mit der Durchführung der Re­ Luckenwalde, die sächsische Dreidörferenklave sowie formation wurden zunächst die alten kirchlichen Ver- 49 walluntfStti'onzen besoit'U't, aber noch keine Neueinlei- Dcr Höhepunkt formaler Gleichschaltung wurde aber iung des kirchliehen Aufsiehtsbereichs ^schaffen. Aus im folgenden Jahrhundert durch die Bildung der In­ den Matrikeln der ersten Kirchenvisitation, die in der spektion Brandenburg Dom durchbrochen45). In der Zauche 1541 .stattfand, ist eine genaue Begrenzung" ein­ zwoilen Hälfte des 18. Jahrhunderte wurden die zelner Sprengel noch nicht, zu erkennen. Die Visitatoren Pfarreien Saanmmd, Neu-Langerwisch, Glindow und besehieden auch „die umbligi'nden Dörfler4'41) in die Werder mit ihren Filialen von der Inspektion Beelitz Stadt Treuenbrietzen zun- Visitation. Daß hiermit weder bzw. Neustadt Brandenburg getrennt und zu Potsdam sämtliche Dürfer der episkopalen noch der archi- gelegt, nach 1815 kam das bislang sächsische Blanken- diakonalen Sedes gemeint sein können, ergibt sich aus see unter politischer Zuteilung zum Kreise Jüterbog- den Matrikeln der tatsächlich visitierten Dörfer. Das Luckcnwalde zur Superintendentur Beelitz, und schließ­ gleiche gilt für Beelitz, Lehnin und Neustadt Branden­ lich wurde die Pfarrei Meinsdorf (ehemalige Exklave burg. Herold42) hat eingehend die Schwierigkeit auf­ Bärwalde) 1822 der Superintendentur Dahme einver­ gezeigt, die in der Bestimmung des Ortes der Visi­ leibt40). tation der westzauchischen Dörfer besteht. Auch die Bei der Ausscheidung von Gebieten aus dem Ermitt­ Visitationsordnung von 1558 spricht von der „nehist an- lungsbereich leitet uns vor allem der Gedanke des ligenden Stadt, do er von den Visitatoribus visitirt Werdens der Landschaft im Zuge der Kolonisation. So worden"48). scheiden alle Orte, die nicht im Bereich der Straßen Erst auf Grund der Visitation«- und Konsistorialord- der West- und Ostzauche gegründet erscheinen, aus nung von 1573 Art. 9 erfolgte die Einteilung des Lan­ der Arbeit aus. Das Forschungsgebiet wird also im des in Inspektionen. In der Zauche wurden die Inspek­ wesentlichen den Umfang der Zauche von 1375 ein­ tionen Treuenbrietzen, Beelitz und Neustadt Branden­ nehmen. burg gebildet. Die ostzauchische Grenze gegen den Tel­ tow und den magdeburgischen Besitz war auch In- Die Grenze unseres Gebiets wird im Norden durch spektoratsgrenze. Die Exklaven Bärwalde und Boßdorf die Havel bis in die Höhe von Potsdam gebildet. Dann wurden Treuenbrietzen zugeteilt. Das Waldgebiet zwi­ läuft sie die Nuthe und Nieplitz aufwärts, zieht von schen Feorch und Brück grenzte die Inspektionen Körzin in südwestlicher Richtung bis zur Kemnitzer Beelitz und Treuenbrietzen einerseits gegen die In­ Brücke, schließt Niebelhorst ein und endet im Süden spektion Neustadt Brandenburg andererseits ab, die an der Stadtgemarkung Treuenbrietzen. Nichel wird ihrerseits die gesamte Westzauche umfaßte44). 1575 umfaßt. Dann bilden die Niederungen der Plane unter war eine nahezu vollständige Identität der Grenzen Einschluß von Lucksfleiß die Grenze, bis sie längs des zauchischen Kreises und seinecr Inspektionen er­ der Stadtgemarkung Brandenburg nordwestlich von reicht. Schmertzke wieder die Havel erreicht.

i) Näheres über die Streitfrage, ob die Zauche zum Gau wez by Belitz." — Bei der 1307 erfolgten Übereignung dea Heveldun oder Plorti zu rechnen ist, bei Curschmann, S. 153 f., Strazbruchs an das Kloster Zinna wird die Grenze des neu und A. Nagel, Z. Gesch. des Gaues Plonim u. des Amts Bei­ erworbenen Gebiets folgendermaßen bestimmt: „usque ad zig, Monatsbl. Ldsgeseh. Vgg. f. d. Mk. Brdbg., 1936, S. 1—8. terminos territorii beliz." (Riedel Suppl. 8) Beelitz und — 2) Chron. princ. Sax. MG SS XXV., S. 477. — 3) Anton Treuenbrietzen sind die örtlichten Bestimmungspunkte der an Friedrich Büsching: Vollständige Topographie der Mark Bran­ die Stadt Treuenbrietzen 1342 verkauften Heide: „cum lignis . . denburg (1775). — Borgstede: Statistisch-topographische Be­ inter Beliz et Brietzen sepe taetam situatis." (Riedel. A IX 368). schreibung der Kurmark Brandenburg, 1. T. Berlin (1788). — 13) Heinr. de Antwerpen Tract. MG SS XXV, S. 483. — Friedrich Wilhelm August Bratring: Statistisch-topographische H) Hoppe, Wichmann S. 21. — iß) Hefrter S. 40. — iß) Kuhns Beschreibung der gesamten Mark Brandenburg, Bd. 2 Berlin S. 95. — H. F. Schmid im Jb. f. Kultur und Geschichte der (3805). — 4) Hefrter, S. 40; so auch Liebchen in FBPG, Bd. 53 Slawen N. F. 1926, Bd. II, Heft 2, S. 101 f. — n) Schulze, Lan­ (1941), S. 223. — 5) S. 423. — 6) s. 156. — ?) H. Jung: Beitr. z. desteilungen, S. 11 u. 41 f. — 18) Chron. princ. Sax. MG SS XXV, Siedlungskunde d. Zauche u. d. Nuthe-Nieplitz-Gebietes (1909). S. 478 f. — 19) Hoppe, Zinna, S. 31 u. 36. — 20) Magd. Gesch. — 8) B. Eisler: Der Kreis Zauch-Belzig in der Steinzeit. Bei­ Bl. 1876, S. 295. Bestätigung des Besitzes durch das magde­ zig 1938. — Ders.: Die Urgeschichte von Beelitz (1932). — 9) Die burgische Domkapitel 1225 in Magd. Gesch. Bl. 1876, S. 301. — Einteilung des Gebiets in West- und Ostzauche entspricht 2i) Zinna S. 16. Dort auch nähere Begründung. — 22) Berghaus den landschaftlich-geschichtlichen Bedingungen. Es ist völlig Bd. I, S. 507. — 23) Riedel BIV 470 fr., C II 268 ff. Vgl. auch abwegig, wenn Hefrter (S. 40) die westliche Zauche als die Archiv f. Sippenforschung 1928, S, 333 f. — 24) Riedel Bd. I, niedrige und die östliche als die hohe Zauche bestimmt. Diese S. 240. — 25) Eichholz, Werbig, Benken, Dangelsdorf, Gräben, Bezeichnung ist urkundlich nur ein einziges Mal gelegentlich Brückermark. — 26) Landbuch S. 75, 200, 213. Im Register der der Feststellung der Unterhaltspflichtigen des von Branden­ Burgen und Städte wird Potsdam samt Kietz wiederum zum burg auf Lehnin hinführenden Smer-Damms (Riedel A IX 39) Havelland gerechnet (Landbuch S. 41). — 27) Landbuch S. 74 f. und verhältnismäßig spät, erst Um 1345, belegt. Da die Be­ — 28) Berghaus Bd. I, S. 583. — 29) Landbuch S. 40. Im Ort­ wohner der Ostzauche für die Benutzung dieses Dammes wohl schaftsverzeichnis fehlt es wieder. — so) Allg. Archiv f. d. Ge­ kaum in Frage kamen, ist mit „hohen Zuch" das Plateau um schichtskunde des pr. Staates Bd. 16, S. 138 ff. — 3i) Schulze Lehnin, mit „legen Zuch" der von zahlreichen Niederungen (Landesteilungen) S. 11. — 32) Fidicin Bd. III, 3, S. VII. — durchzogene Landstrich etwa nördlich, der heutigen Chaussee 33) E. Kittel: Die Zauche u. ihre Bevölkerung zur Zeit des Brandenburg—Werder gemeint. Die Annahme von Kuhns 30jähr. Krieges (1934). — 34) G. St. A. Gen. Dir. Magdeburg Tit. (S. 98), der die Unterhaltung des Smer-Damms auf eine Pflicht XXXVI. Gen.Nr. 3 vol. I u. II. — 35) MG DD Bd. I (Otto I.) des ehemaligen Burgwarddistrikts Brandenburg zurückführt, Nr. 105. — 36) Riedel A VIII 104 u. 105. — 37) Die Errichtung stützt meine Ansicht; denn die Bewohner der Ostzauche ge­ eines selbständigen Archidiakonats Jüterbog 1174 (Riedel hörten zu den Burgwarden Saarmund, Beelitz und Treuen­ AVIII 110) hat nur vorübergehende Bedeutung erlangt. In brietzen. Auch die Einteilung Fidicins (III, 3, S. IV) in alte der Besitzbestätigung von 1183 (Riedel A VIII 113) wird das und neue Zauche halte ich nicht für glücklich. Wir behalten Arch;diakonat nicht mehr erwähnt. — 38) Riedel A VIII 418 ff. folgende Einteilung bei: l. Westzauche: Das Plateau um Leh­ — 3Ö) Abgedruckt bei Curschmann S. 394 ff. — 40) Riedel A VIII nin mit seinen natürlichen Grenzen. 2. Ostzauche: Die Terri­ 457 ff. "Über die Datierung der Urkunde vgl. Curschmann torien Beelitz und Treuenbrietzen. — 10) Hundt, S. 56 ff. — S. 227. — D. A. Tit. III Litt. D Nr. 1. — 41) Riedel A IX 446. — ii) Riedel A VIII 115 (1186): „Plusezin, super Zucham site, . .." 42) Jb. f. br. KG, 1927, S. 61. — 43) Mylius I, 1, S. 270. — Riedel A VIII165 (1264): „in terra Zucha villam .. . Stargezere." 44) Die Begrenzung der Inspektionen läßt sich nicht aus der Riedel A VIII189 (1301): „in terra Zucha situm et Zolchow nun- kurfürstlichen Verordnung von 1573 ablesen, sondern aus den cupatum." Riedel A VIII109 (1173): „Centum quoque mansos in Dorfmatrikeln, wo am Kopf des Konzepts die inspektorat- Zuche sitos." Diese 100 Hufen sind in der Nähe Lehnins zu liche Zugehörigkeit angegeben ist. — 45) Joh. H. Gebauer: Die suchen. — 12) Riedel A VIII174 (1285): „ville novi Langerwisch Entstehung der Diözese Dom Brandenburg, Jb. f. br. KG juxta oppidum Beliz." Riedel A VIII176 (1287): „Langerwisch 1907. — 46) Pischon S. 195. ad terram Beliz pertinentis." Riedel A VIII 287 (1367): „Lange-

IL Zur Frage der vorkolonialen Existenz der Kirche Die Entstehung der Pfarreien in der Zauche ist auf ergreifung des Landes um Jüterbog durch den Erz­ das innigste verflochten mit den Problemen der von bischof Wichmann von Magdeburg überwog bei weitem der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts an beginnen­ das territoriale Interesse der Macht Sphärenerweiterung. den ostelbischen Kolonisation. Deshalb müssen wir die Die im Laufe der askanischen Kolonisation sich bil­ Wege aufspüren, längs deren sich die Besiedlung voll­ dende Kirche trug keinen missionarischen Charakter; sie war in erster Linie für die Siedler aus dem Alt- zog. Von einer selbständigen, rein missionarischen Tä­ 1 tigkeit der Kirche unabhängig vom kolonisatorischen reich da ). Dieser Gesichtspunkt ist für die Frage der Wollen kann gar keine Rede sein; auch bei der Besitz- Pfarrsprengelbildung von entscheidender Bedeutung.

50 Nun ist behauptet worden, die Kirche habe von der von einer Pilgerreise nach Palästina zurückgekehrt ist ottonischen Besitzergreifung in den Ländern zwischen und die Kolonisation wohl nicht vor 1159 begonnen Elbe und Oder bis zur askanischen Besiedlung trotz hat19), läßt zwar eine Zeitdifierenz von zwei Jahren des Slawenaufstandes von 983 weiterbestanden und entstehen, die jedoch für unsere Ermittlungen belang­ die Aufgabe der Kolonisatoren des 12. Jahrhunderts sei los sind. Bereits 1161 werden u. a. die Burgwarde Bei­ es lediglich gewesen, diesen Bestand auszubauen und zig, Niemegk und Jüterbog in der Neugründungs- den neuen Verhältnissen anzupassen. urkunde des Domkapitels zu Brandenburg genannt20). Schäfers) glaubt, in den Tatsachen, daß Otto III. 993 Pots­ Die genauere Bestimmung eines Terminus ad quem dam und Geltow seiner Tante Mathilde schenkt3), daß Hein­ der Landnahme der Zauche ist nicht möglich. Als rich II. dem Brandenburger Dom 1010 den Schutz des Reiches zusagt*), daß 1136 in Burg und Magdeburg Archipresbyter er­ Bischof Siegfried 1217 dem Domkapitel zu Branden­ wähnt werden«), und nicht zuletzt in der im Anschluß an burg dessen Besitzungen bestätigte, war die Durch­ Gleyß) behaupteten Identifizierung von Nienburg, Dubie und 1 Briechowa als Nauien, Potsdam und Treuenbrietzen in einer siedlung des Landes wohl noch nicht abgeschlossen- ). Urkunde?) von 981 hinreichend genug Hinweise für den Wei­ Nun ist anzunehmen, daß schon in den ersten Jahr­ terbestand der christlichen Kultur auch nach 983 gefunden zu zehnten des 13. Jahrhunderts die Kolonisation des Tel­ haben. Dagegen ist zunächst einzuwenden, daß die Kämpfe erst 1003 mit dem Verzichte des Reichs auf die ostelbischen tow in Angriff genommen wurde. In seinem Westteil Gebiete endetenß) und Schutzversprechungen noch nicht die bis zur Linie Wilmersdorf—Großbeeren herrscht die Macht, solchen Schutz auszuüben, beweisen. Ferner darf die Zweihufenausstattung der Pfarreien vor22), währead Anwesenheit des Archipresbyters Odalricus am Hofe des Für­ sten Pribislaw-Heinrich in Brandenburg keineswegs über­ östlich dieser Linie die Dotierung der Pfarreien haupt­ schätzt werden. Es dürfte schon zu viel gesagt sein, wenn sächlich mit drei, aber auch mit vier und mehr Hufen Curschmannö) in ihm den Vertreter „einer vom Mittelpunkte die Regel ist. Der Dreihufensatz der Pfarreien in der abgezweigten Diözesanregierung" erblickt. Über seine Tätig­ keit ist uns nichts bekannt, und so bleiben wir wohl im Rah­ Gegend um Mittenwalde ist auch im angrenzenden men der damaligen Zeitumstände, wenn wir in ihm den Haus­ Teile der Niederlausitz zu finden und geht vielleicht priester des Fribislaw und zugleich den politischen Vertreter auf wettinische Kolonisation zurück23). Die Pfarreien seines kirchlichen Oberherrn sehen. Die Verschreibung der in der Urkunde von 981 genannten drei Orte an das Kloster mit vier und mehr Hufen dürften auf Grund des Memleben kann vollends keine Stütze für die These Schäfers Merseburg'er Vertrages entstanden sein, der für neu zu sein; denn dieser Rechtsakt fällt in das Jahr 97910), also vier gründende Pfarreien die Ausstattung derselben mit Jahre vor dem Slawenaufstand, ganz abgesehen davon, daß 24 die Deutung Briechowas als Treuenbrietzen wegen der Lage­ wenigstens vier Hufen vorsieht ). Die askanische Be­ bestimmung „juxta fluvium Havela dictum Sita" mehr als ge­ siedlung des Teltow war also in seiner westlichen wagt erscheintii). Hälfte schon vor 1238 in Angriff genommen. Eine vorkoloniale Kirche in der Zauche wäre ähnlich Der Hauptstrom der Siedler wird unter Vermeidung dem Sorbenlande nur in der Fjyrm der Burgward- des verkehrsarmen Hochplateaus der Zauche auf der parochie denkbar, als deren Mittelpunkte im Osten Straße Beizig—Treuenbrietzen—Saarmund in das Beelitz und Treuenbrietzen, im Westen Brandenburg lockende Neuland gezogen sein. Der Zehntvertrag von anzusehen wären. Es fehlen aber die typischen Merk­ 1238 dürfte endlich als der äußerste Termin der Be­ male der Burgwardparochie12), wie Dorf-Dos, fixierte siedlung der Zauche angesehen werden. Daß Deetz, Zehntabgabe und die überragende Dotationsmasse ge­ Glindow, Kammer und Rädel mit vier Pfarrhufen aus­ genüber der schmalen Dos späterer Kirchgründungen. gestattet sind, hat nicht in dem erwähnten Zehntver- Nur in Treuenbrietzen und Beelitz finden wir Spuren tirag seinen Grund, sondern geht, wie noch zu zeigen einer Burgwardparochie, doch dürfte sie ebensowenig sein wird, auf andere Ursachen zurück. wie die Burgwardkirchen Walther-Nienburg, Beizig und l) H. F. Schmid S. 165, 176 f. — 2) K, Schäfer: Treuen- Niemegk13) vorkolonialer Gründung angehören. brietzens 1000jährige deutsch-christliche Kultur (1928). — 3) Riedel A XI 153. — 4) Riedel A VIII 100. — 5) u. B. d. Kl. Die Behauptung v. Bonins14), schon vor dem Vor­ U. L. Fr. 8 Nr. 8. — 6) S. 97; so auch Bestehorn S. 17. — 7) Riedel A VII 305. — 8) Thietmar V 31 MG SS rer. Germ. 125. dringen der Ottonen habe es in der noch slawischen — 9) o. S. 228. — io) Curschrnann S. 37 f. — ii) Auch für Berg­ Mark Hausgemeinden nach Art der Eigenkirchen ge­ holz bei Potsdam, mit dem v. Bonin (Jb. f. br. KG 1929, geben, ist durch kein Quellenzeugnis gestützt S. 277 fr.) diesen Ort identifiziert, trifft die Lagebestimmung nicht zu. — 12) H. F. Schmid S. 86 ff. — 13) H. F. Schmid S. 97. und entbehrt schon deshalb jeder geschichtlichen - 14) Jb. f. br. KG 1929, S. 276 u. 281 ff. — 15) H. F. Schmid in Grundlage, weil der eigenkirchenrechtliche Gedanke Zs. d. Savigny-Stift. f. Rechtsgesch. 1931, S. 584, Kan. Abt. — dem germanischen Recht entstammt15). 16) 1136 Ann. Saxo MG SS VI 770, 30: „Havelberga capta est a flliis Widikindi et ecclesia destructa." — 1140 Chron. episc. Gegen diese Versuche, eine vorkoloniale Dauer­ Brand. MG SS XXV 485, i: „Hie (Henricus) ecclesiam Bran- denburgensem diu destruetam auxilio Wigeri Branden- existenz des Christentums in der Mark Brandenburg burgensis episcopi reformavit." — 1147 Exerpt. ehr. princ. anzunehmen, steht sowohl das einstimmige Urteil der Saxo. MG SS XXV 481, 5: „Qui (Wigerus) cum Friderico Chronisten als auch der Urkundenbefund der Kolo­ episcopo Magdeburgensi et Anshelmo Havelburgense epis- copo pro aeeepta cruce contra paganos profecti sunt." — nisationsepoche. Wiir greifen nur einige Beweise heraus, Vor 1150 Heinr. de Antwerpen Tract. MG SS XXV 483, 1: die für unsere Gebiete von einer völligen Zerstörung „(Henricus) idolatris repressis et latronibus aliquantulum der deutsch-christlichen Kultur als auch von un­ extinetis, cum haberet requiem per cireuitum, cum Patrissa verfälschtem Heidentum der slawischen Stämme sua conjuge, optata pace Deo devote militavit." — 1150 Heinr. 16 de Antwerpen Tract. MG SS XXV 483, 20: „(Adalbertus) paga- sprechen ). norum scelere latroncinii notatos et immunditia Idolatrie Schäfer und von Bonin unterschätzen die politische Bedeu­ infectos urbe expulit." — 1157 Sigeb. auet. Afflig. MG SS VI tung des Slawenaufstandes von 983. Das einmütige Urteil .der 403, 30: „Brandeburch castellum in terra Sclavorum trans Chronisten, wonach das Schicksalsjahr 983 die gesamte Albim, per quod pagani christianos graviter affligebant, . . . deutsche und damit auch christlich-kirchliche Kultur auf die ac per hoc christianos flnes multum dilatavit." — 1161 Riedel Elblinie zurückgeworfen hat und die Bischöfe von Branden­ A VIII 104: „TJrbs enim prenominata (Brandenburg) fere usque burg und Havelberg ihrer Sprengel verlustig gingen, wird ad nostra tempora a paganis possessa et idolorum eultura durch das Schweigen der Quellen für die folgenden 150 Jahre incesta fuit." — 1174 Magd. Gesch. Bl. XXI, S. 270: „(Jüterbog) bekräftigt. Aus dem argumentum e silentio kann man nicht ubi ritus paganorum gerebatur et unde Christianos frequens schließen, daß die ostelbische Kirche durch die Ereignisse persecutio ineubuit." — n) über die genaue Zeitbestimmung von 983 nicht berührt worden sei. Die Quellen schweigen, weil der Eroberung Brandenburgs vgl. Curschrnann S. 113 f. — deutsches und christliches Leben in jenen Gebieten tot war. 18) Hoppe, Wichmann S. 20; Krabbo S. 383; Gley S. 100; Beste­ Da die Hypothese von der kontinuierlichen Entwicklung der horn S. 25. — i») Rudolph S. 88 f. — 20) Riedel A VIII 104. — ostelbischen Kirche vom 10. bis in 12. Jahrhundert nicht auf­ ai) Riedel A VIII 135: „. . . Bricene, Beliz, Sarmunt, Trebin, recht erhalten werden kann, sind wir für die Frage der Lukenwalde et queeunque territoria vel ville infra hos ter- Pfarrsprengelbildung in der Zauche allein an die mit der minos in posterum fuerint ediflcate, ...." — 22) Nach dem endgültigen Eroberung Brandenburgs im Jahre 1157 an­ Landbuch sind dies die Dörfer: Klein-Machnow (S.t 77), Stahns- hebende Entwicklung gewiesen*?). dorf (S. 80), Schenkendorf (S. 82), Nudow (S. 84), Osdorf (S. 90), Gütergotz (S. 94), Heinersdorf (S. 95), Sputendorf (S. 97), Mit dem Jahre 1157 gewinnen wir den Terminus Großbeeren (S. 97), Schmargendorf (S. 99), Wilmersdorf a quo der Besiedlung der östlich Brandenburgs ge­ (S. 101), Jütchendorf (S. 103), Siethen (S. 104), Teltow (S. 190), 18 Schönow (S. 190). Zur Bestimmung der Grenzlinie vgl. Lieb­ legenen Länder zunächst bis zur Linie Havel—Nuthe ). chen in FBPG Bd. 53, 1941, S. 240 ff. — Anders liegen die Do­ Die erbitterten Kämpfe, die um den Besitz von Bran­ tationsverhältnisse im Barnim; hier sind die verhältnismäßig wenigen Dörfer mit 2 Pfarrhufen über das ganze Territorium denburg sowohl in der ottonischen Zeit als auch zu verstreut. — 23) H. F. Schmid S. 170. Dagegen Liebchen in Beginn der askanischen Kolonisation geführt wurden, FBPG Bd. 53, 1941, S. 241 f. — 24) XJ. B. Mers. I. 187 ff: zeigen deutlich, daß Brandenburg der Schlüssel zur „. . . cuilibet ecclesie nove terre sunt IV mansi ad minus Mittelmacrk war. Daß Albrecht der Bär erst Ende 1158 dati a marebionibus ..." 51 III. Der methodische Weg Wegen des Fehlens von Dorfgründungsurkunden be­ stellt werden, und nur für Deetz, Krahne, Netzen und Trech- witz9) ist uns die Existenz einer Pfarre in der Frühzeit der gnügte man sich bisher entweder damit, von der be­ märkischen Kolonisation bezeugt. reits vollzogenen Besiedlung auszugehen oder wollte Erst mit dem karolinischen Landbuch von 1375 steht eine (räumlich eng begrenzte Einzelbeobachtung rück­ uns ein Quellenwerk von bedeutsamem Wert zur Ver­ schließend auf die Zeit der Landnahme für alle Sied­ fügung. Zwar liegen weit über 100 Jahre zwischen der lungskomplexe angewandt wissen, eine Verallgemeine­ Abfassung jener ersten grundbuchlichen Bestandsauf­ rung, die die jeweils besondere Siedlungslage der Dör­ nahme der Mark Brandenburg und der deutschen Be­ fer außer acht läßt und so zu schweren Irrtümern über siedlung der Zauche, aber mit der Einschränkung, daß den Besiedlungsvorgang verleitet. im Landbuch durch die Umsetzung wendischer Flur­ So irrt Gley in der Annahme, daß die Besiedlung des west­ lichen Havellandes und der westlichen Zauche in der Weise einteilung in deutsche Hufen die völkischen Herkunfts­ erfolgt sei, daß auf je 120 bis 122 Hufen zu gleicher Zeit ein merkmale der Dörfer oft schon verwischt sind, können Hauptdorf und zwei Nebendörfer entsteheni). Die Anwendung wir doch aus dem Tatbestand von 1375 weitgehend dieses Schemas würde zu einer ganz willkürlichen Zusammen­ Rückschlüsse auf die Siedlungszeit machen, was auch fassung von Dörfern führen, die nach dem siedlungsgeschicht­ 10 lichen Gesamtbilde weder zusammengehören noch „zu gleicher der Konstanz der damaligen Verhältnisse entspricht ). Zeit" von der deutschen Kolonisation erfaßt worden sind. Dasselbe gilt auch von der Bistumsmatrikel von 145911), Das Landbuch von 1375 läßt hinsichtlich seiner Angaben über den Listen zur Erhebung von Cathedraticum und Syno- die Größe der Feldmarken nur bedingt einen Schluß auf die 12 Kolonisationszeit zu. Das steigende Geldbedürfnis in den im daticum der Jahre 1512 ff. ), den Prokurationslisten 12. Jahrhundert kolonisierten Ländern führte zur Nach­ von 1527 ff.13) und den Visitationsmatrikein und -ab­ messung der Feldmarken mit dem Ziel, durch Ermittlung von Ubermaßhufen die landesherrlichen Einkünfte zu steigern. schieden von 1541 bzw. 1575 und 1600. Das Ergebnis dieser Nachprüfung, die in der Mark Branden­ Die Matrikelabschriften der Visitation von 1541 in burg um 1270 begann^), hat dann das Landbuch 100 Jahre später wiedergegeben. Da wir betreffs der Hufenzahlen der der Zauche nebst den Änderungen der zweiten Visi­ Dörfer zumeist an das Landbuch gewiesen sind, fehlt uns der tation sind bis auf die Matrikeln von Beelitz und den Einblick in die durch die Nachmessung hervorgerufenen Ver­ dazugehörigen Dörfern in Riedels großem Urkunden­ änderungen. Auch ohnedies sind die Dorfhufenangaben ge­ 14 wissen Schwankungen unterworfen, was besonders von den werk veröffentlicht ) sowie ein paar Briefe aus Wein- Dörfern gilt, die wie Neuendorf bei Golzow, Tomow und löbens Konzeptbüchern, deren größter Teil15) noch der Litzkendorf zur Zeit des Landbuchs sich bereits in der Auf­ lösung befanden. Hinzu kommt, daß bei Gleys Methode Veröffentlichung harrt. Im Bereiche von Beelitz sind die Wüstungen eine weitere Fehlerquelle erschließen; denn sie im Konsistorialarchiv zu Berlin für Beelitz, von einigen Wüstungen der Zauche kennen wir nur Name Schiunkendorf, Stücken und Zauchwitz und deren und Lage, jedoch nicht ihre Hufengröße. Es trifft auch für Havelland und Zauche nicht zu, daß zwei bis vier Ortschaften Filialdörfer vorhanden; sie fehlen für die Parochien „zum Zwecke der Mission" einen Pfarrverband bildetet); Langerwisch, Saarmund und Wildenbtruch. denn wie H. F. Schmidts nachgewiesen hat, trug die in der Kolonisationszeit entstehende Kirche keinen missionarischen Die Matrikeln der Visitation von 1575 und 1600 be­ Charakter, sondern war allein zum Dienste an den deutschen finden sich, wenn auch nicht vollzählig, im Konsisto­ Siedlern bestimmt. rialarchiv. Die Matrikeln von 1575 tragen links oben Es soll nicht bezweifelt werden, daß Bruns-WüstefeldS) für den Namen der Inspektion, die von 1600 sind zum die Uckermark in der paarweisen Nennung benachbarter Dörfer mit gleicher Hufenzahl im Landbuch gleichzeitige großen Teil paginiert, stammen also aus einem Kon- Gründungen richtig erkannt hat. Für die Zauche würde das zeptbuch, dessen Blätter ein Archivair des 18. Jahr­ nur für Stücken und Freitzow sowie für Eisholz, Wittbrietzen hunderts nach parochialen und inspektoratüchen Ge­ und Ficksdorf — hier allerdings mit verschiedener Hufengröße — zutreffen. Für die Anlegung des Dorfregisters der Zauche sichtspunkten verteilt hat. Das ungefähre Alter dieser waren aber besitzrechtliche Verhältnisse maßgebend. Zuerst Auseinanderzettelung geht aus der Handschrift der sehr werden diejenigen Dörfer aufgeführt, in denen das supremum oft irreführenden Betitelungen und Zeitangaben her­ Judicium außer einigen sonstigen Berechtigten vom Mark­ grafen ausgeübt wurde, dann folgen geschlossen die Besitzun­ vor, die der Archivar auf den von ihm angelegten Um- gen des Klosters Lehnin und der Rpchows. Aus diesem Vor­ schlagseiten gemacht hat. gehen bei Abfassung des Landbuches gewinnen wir also keinen Anhaltspunkt für den Besiedlungsvorgang. Die im Zuge der Durchführung der Reformation in Auch läßt sich an Hand der Ortsnamen nicht bestimmen, ob der Mark Brandenburg entstandenen Visitationsakten ein Dorf von der deutschen Kolonisation erfaßt worden ist erweisen sich nun als wenn auch jüngste, so doch er­ oder nicht: 5 Zauchedörfer, an denen der Strom der Siedler vorübergeflutet ist, tragen von ihren deutschen Grundherrn giebigste Quelle. her deutsche Namenß), andererseits sind deutsche Siedlerdör- Während das Landbuch von 1375 die kirchlichen fer mit wendischer Namensform in reicher Fülle zu finden?). Verhältnisse nur insoweit berücksichtigt, als sie das Auch die Dorfformen versagen bei der Bestimmung der Gründungszeit der einzelnen Dörfer. Selbstverständlich sind markgiräfliche Finanzwesen interessieren, enthalten die Straßendörfer stets ein Kennzeichen kolonisatorischer Arbeit; Visitationsakten ausführliche Angaben über die recht­ aber auch Dörfer, deren Form gemeinhin als slawisch ange­ lichen Verpflichtungen der Parochianen der Pfarre sehen werden, sind Siedelplätze deutscher Kolonisten gewor­ den. So zeigten u. a. die Kolonist'endörfer Netzen, Trechwitz gegenüber, Sie lassen nicht nur die derzeitige Pfarr­ und Wildenbruch die Formen eines wendischen Sackdorfes. organisation erkennen, sondern weisen — z. B, durch Wir können uns diesen Umstand nur so erklären, daß die Angaben über Zehntrechte an längst wüst gewordenen geographische Lage oder die strategische Aufgabe ganz ein­ fach zur "Übernahme einer zweckentsprechenden und bewähr­ Dörfern — bis in die Zeit der Landnahme zurück. ten Dorf form nötigte8). i) S. 99; gegen Gley vgl. Metzenthin in FBFG Bd. 48, 1936, Die bisherigen Versuche von Gley, Bestehorn und anderen S. 291. — 2) Riedel B I 488 f. — 3) Gley S. 98. — 4) s. 156 ff. — zeigen sämtlich den Mangel, daß sie das zu Gebote stehende 5) S. 25 f. — 6) Busendorf, Lühsdorf, Mertensdorf, Kunersdorf Material nicht gleichmäßig ausgewertet haben und der Man­ und Tremsdorf. — 7) Z. B. in der Westzauche: Schmertzke, nigfaltigkeit der geschichtlichen Entwicklung nicht gerecht ge­ Pernifcz, Glindow; in der Ostzauche: Schlalach, Wittbrietzen, worden sind. Da der Mangel an Urkunden aus der Land­ Zauchwitz. — 8) Auch Ludat S. 100 warnt vor einer Nationali­ nahmezeit uns nötigt, den Rückschluß von Zuständen jüngerer tätsbestimmung an Hand von Ortsnamen und Dorfformen. — Zeit auf die Anfänge der askanischen Kolonisation zu wagen, 9) Siehe Tabelle I. — io) H. F. Schmid S. 2; Spangenberg müssen wir prüfen, inwieweit Quellen jüngeren Datums ein S. 216. — 11) Riedel A VIII 418 f. — 12) D. A. Tit. III Litt. B. Spiegelbild der Kolonisationsepoche und besonders der Pfarr- Nr. l; Riedel A VIII 457 ff. — 13) Curschmann S. 394 fit. — spi engelbildung in ihr sind. Aus den Quellen der Landnahme­ 14) Riedel A IX 446—459: Treuenbrietzen und die dazugehöri­ zeit können wir selten mehr als das bloße Vorhandensein von gen Dörfer einschließlich der Exklave Meinsdorf; Riedel A X Siedlungen entnehmen. Nur für einige Dörfer, die dem 378—401; Dörfer der Westzauche (mit falscher Zeitangabe: nicht Kloster Lehnin gehörten, kann wegen erwähnter Zehntbe­ 1540, sondern 1541); Riedel A XI 485—490: Wust, Frtitzke, rechtigungen ihre Besetzung mit deutschen Bauern festge- Schmertzke, Rietz. — 15) G.St.A. Rep. 47, 14.

IV. Merkmale der Pfarrei Pfarrgründungen in der Zauche erfolgten im Rahmen telbar am Nordrande unseres Untersuchungsgebietes des Siedlungswillens im 12. Jahrhundert nur in Orten gelegenen havelländischen Dörfer Etzin und Knoblauch deutscher Kolonisation. Nun behauptet Guttmann die an1) 1197 ist für Knoblauch eine Kapelle nachgewiesen, Einrichtung wendischer Kirchspiele in der Mark und die zur Mutterkirche Ketzin gehörte, und die Zehnt­ führt als Beweis die Parochialverhältnisse der unmit- entrichtung aus diesem Dorfe2). Daß es in Knoblauch 52 nicht zur Einrichtung einer eigenen Pfarrei kam, ihn einfacher war, sich ein bestimmtes Gefälle in Kör­ dürfte in einem nicht mehr erkennbaren Abhängig­ nern geben zu lassen, als selber den Kornzehnt von keitsverhältnis von Ketzin seine Ursache haben. Die allen verpflichteten Hüfnern zu erheben. In Nichel Tatsache, daß in der Kolonisationsepoche in Knoblauch stellt die Zehnterhebung von den wüsten Hufen die schon eine Gottesdienststätte vorhanden war und daß ältere Rechtsform dar; zudem war Nichel Pfarrsitzlu), dort gezehntet wurde, beweist den deutschen Ursprung fällt also schon aus diesem Grunde unter die Dörfer des Dorfes. Hinzukommt, daß Knoblauch 1375 ein Areal deutscher Besiedlung. Dasselbe gilt für Schiunkendorf von 50 Hufen, darunter 3 Pfarrhufen hatte8). Auch in und Schmertzke20). Wir beobachten also in diesen Dör­ Etzin deutet die Größe des Hufenbesitzes4) auf deut­ fern eine Entwicklung zur decima constituta, wie sie sche Besiedlung hin. Zudem wird 1375 bei der Be­ in den weiträumigen Altpfarrsprengeln Thüringens standsaufnahme von Dyrotz ein Pfarrer von Etzin ge­ üblich war21). Die einzelnen Ursachen, die zu einer nannt5). Es ist völlig unwahrscheinlich, daß bei einem Fixierung des Kornzehnts geführt haben, sind uns fremden Dorf der Pfarrer mit seiner Berechtigung nach ebensowenig bekannt, wie wir andererseits auch nicht einem Ort bezeichnet wurde, das etwa nur sein Filial ergründen können, warum es in anderen deutschen war. So erkennen wir in Knoblauch und Etzin nicht Dörfern der Zauche nicht zur Zehntfixierung gekom­ slawische, sondern deutsche Besiedlungsmerkmale. Die men ist. 1360 erfolgte Parochialvereinigung6) der genannten Dörfer, worauf sich Guttmann bezieht, war wie bei der Der Quantitätsunterschied zwischen Kornzehnt und Zusammenlegung von Alt- und Neu-Langerwisch7) kir­ Scheffelkorn zeigt deutlich die verschiedene Herkunft chenrechtlich eine unio per subjectionem. der beiden Abgaben. Leider sind in den Visitations­ matrikeln der Zauche nur bei 21 Dörfern die Korn- Die Visitationsmatrikeln von 1541, 1575 und 1600 zehnterträge angegeben. Diese ergeben einen Durch­ unterscheiden in den Pfarrabgaben der Dörfer zwischen schnitt von 72 Scheffeln pro Dorf, der durchschnitt­ Kornzehnt und Scheffelkorn. Während der Kornzehnt liche Scheffelkornertrag erreicht aber nur die Höhe eine mit dem jährlichen Ernteertrag veränderliche Ein­ von 19 Scheffeln pro Dorf, ist also fast der vierte Teil nahme der Pfarre darstellt, ist das Scheitelkorn des von den Hüfnern geleisteten Kornzehnts. Auf die eine fixierte Getreideabgabe, die teils als fest­ Hufenzahl umgerechnet, ergibt sich eine durchschnitt­ stehende Last der Parochianen8), teils mit der Bezeich­ liche Kornzehntleistung von 2 Scheffeln pro Hufe, beim nung „Scheffelkorn"9) aufgeführt wird. Aufschlußreich Scheffelkorn 1 Scheffel pro Hufe. In Kähnsdorf, Körzin, sind hierfür die Abgaben an die Pfarrei Wildenbruch. Neuendorf bei Beelitz, Schiaß und Tremsdorf sind die Von den Dorfhufen wurde der Kornzehnt erhoben, die Abgaben an Scheffelkorn mit den Hufen zahlengleich. Lehnmarkenhufen hingegen leisteten die fixierte Korn­ Die Leistung an Scheffelkorn ist in Lühsdorf, Michen- abgabe von 10 Scheffeln Roggen und 10 Scheffeln dorf, Niebel und Reesdorf jeweils um 2 Scheffel, in Hafer10). Diese Lehnmarkenhufen, deren Zahl in einem Kunersdorf um 6, in Ferch um 7 und in Petzow um 11 9 Scheffel geringer als die Zahl der Hufen, in Rietz zwischen 1685—1691 angelegten Dorfkataster ) von den 22 Dorfhufen getrennt mit 10 angegeben wird, liegen am dagegen um 2, in Klausdorf um l ), in Wendisch-Bork Westrande der Feldmark und befanden sich bis zur um 6 und in Caputh gar um 11 Scheffel höher als die Separation von 185512) ausschließlich in den Händen Hufenzahl dieser Dörfer. Diese Differenzen erklären der Kossäten. Sie sind mit den 59 Wendemarkhufen des sich einmal aus den um 1270 vorgenommenen Feld­ Landbuchs13) identisch, die später zu 10 deutschen Hu­ marknachmessungen, zum andern aus den Lücken im fen zusammengelegt wurden. Landbuch. Rietz, Caputh und Petzow werden im Land­ buch nicht aufgeführt, Kunersdorf war 1541 nur noch . Es läge nun nahe, diejenigen Dörfer, die das fixierte eine Schäferei, und Ferchs Hufenzahl ist erheblichen Scheffelkorn an die Pfarre zu leisten hatten, von vorn­ Schwankungen unterworfen23). In Lühsdorf und Schäpe herein als slawisch anzunehmen14), doch verbietet sich entspricht die Zahl der Einhüfner der Scheffelkorn­ diese generelle Festlegung durch die Tatsache, daß in leistung24). Unverhältnismäßig hoch ist die Scheffel­ einer Anzahl von zauchischen Dörfern, die Scheffel­ kornleistung in Damelang (2 Wispel Roggen) und Sed- korn abgaben, Fleischzehnt — zumeist der dritte Teil — din (1541: 50 Schffl.; 1600 43 SchfEL; 1715: 40 SchffL). an die Pfarre zu leisten war. So stehen in Ferch, Götz, Krielow, Mesdunk, Nichel, Schiunkendorf, Schmertzke Das Verhältnis zwischen Kornzehnt und Scheffelkorn und Schwina Scheffelkorn und Fleischzehnt, also sla­ würde sich noch mehr zugunsten des Kornzehnts ver­ wische und deutsche Abgabeformen, nebeneinander. schieben, wenn uns für alle Dörfer der Zauche die Wie kam dieses Nebeneinander zustande? Es ist un­ Höhe des Kornzehntertrages zur Zeit der Visitationen möglich anzunehmen, daß in den genannten Dörfern bekannt wäre. Eine vollständige und verhältnismäßig von den ehemals slawischen Hufen das Scheffelkorn, gleichzeitige Angabe über die Höhe der Naturallei­ von den deutschen Besitzern nur Fleischzehnt erhoben stungen der märkischen Dörfer an ihre Pfarreien liegt wurde. Dann müßte man nämlich voraussetzen, daß die erst in den auf Grund des preußischen Gesetzes vom deutschen Siedler dort keinen Grundbesitz umschlos­ 2. 3. 1850 durchgeführten Zehntumwandlüngsrezessen sen, was den allgemeinen siedlungsgeographischen vor, deren Zahlen jedoch wegen- der völlig anderen Ergebnissen widersprechen würde. Weiterhin unmög­ wirtschaftlichen Struktur in der zweiten Hälfte des lich ist es, an eine Heranziehung zur Fleischzehnt­ 19. Jahrhunderts (Aufhebung der Allmende, Separa­ leistung nach erfolgter Umsetzung in deutsche Hufen tion des Ackers, Besitzzersplitterungen, Gemarkungs­ zu denken, wenn wir die Annahme unterstellen wollen, veränderungen u. a.) auf das 16. Jahrhundert nicht daß die genannten Dörfer von der deutschen Besied­ angewandt werden können. lung nicht erfaßt worden seien; denn diese Lastenver­ Die Leistung des Korn- und Fleischzehnts geschah mehrung hätte auch in allen übrigen wendischen Dör­ also in Dörfern deutscher Besiedlung; die Erhebung fern der Zauche erfolgen müssen, was nicht geschehen des Scheffelkorns erfolgte in Dörfern wendischer Her­ ist. Also muß es mit dem Scheffelkorn dieser Dörfer 15 kunft. eine andere Bewandtnis haben ). Außer der Scheffelkornabgabe weisen sich die mit In Götz und Krielow wurde ursprünglich der Korn­ Slavicalis bezeichneten Dörfer schon in der Orts­ zehnt erhoben, und zwar in der Form der Tricesima16), bezeichnung als wendisch aus. Groß-Damelang hatte 17 im Pristavel noch 1375 einen wendischen Ortsvor­ ebenfalls in Schwina ). Nach der Visitationsmatrikel 25 von 1541 war in Nichel der Abgabesatz für die Hufen steher ). Dörfer, die 1375 noch nicht verhuft waren, festgelegt außer den wüsten Hufen, von denen ge­ sind auch als wendisch anzusehen wie Mesdunk26) und zehntet wurde18). Wir entnehmen daraus, daß in diesen Nahmitz27). vier Dörfern ursprünglich außer dem Fleischzehnt An Hand des Unterschiedes von Zehnterhebung und auch vom Getreide der Zehnt an die Pfarre entrichtet Scheffelkornabgabe sowie auf Grund anderer ergän­ wurde. Die Umwandlung in eine feste Kornabgabe ge­ zenden Merkmale ergibt sich folgendes Bild hinsicht­ schah in Götz wohl auf Betreiben des Markgrafen, dem lich der völkischen Zugehörigkeit der zauchischen Sied­ 1375 die Präbende des Priesters zustand, weil es für lungen um 1200: 53 a, Deutsche Dörfer Siedlungen in Betracht, die wir als deutsche Dörfer l. Alt-Langerwisch 37. Netzen herausgestellt haben. Weder aus dem Landbuch von 2. Beelitz 38. Neuendorf bei Brück 3. Berßholz 39. Neuendorf 1375 noch aus den Abgabelisten der bischöflichen Ver­ 4. Bliesendorf (T. v. Treuenbrletzen) waltung, die sämtlich nur auf die Steuererhebung der 5. Bochow 40. Neuendorf bei Golzow oberen Instanzen abgestimmt sind, gewinnen wir ein 6, Brachwitz 4L Neu-Langerwisch 7. Buchholz 42. Nichel zutreffendes Bild der Parochialeinteilung der Zauche 8. Budorf 43. Pernitz zur Zeit der Landnahme; denn sie erwähnen nur die 9. Damelangas) 44. Phöben liegenden Güter oder die Abgabepflichten der kirch­ 10. Damsdorf 45. Planow 11. Beetz 46. Plessow lichen Benefizien, nennen aber nicht die nutzungs­ 12. Derwitz 47. Plötzin berechtigte Pfarrei. So darf die im Landbuch ständig 13. Deutsch-Bork 48. Prützke wiederkehrende Wendung: „Plebanus habet . . ." nicht 14. Eken29) 49. Rädel zu der generellen Annahme verführen, jedes mit 15. Eisholz 50. Reekahn 16. Fresdorf 51. Rieben Pfarrhufen bezeugte Dorf habe eine eigene Parochie 17. Glindow 52. Rokitz umschlossen. Es würde nämlich zu dem irrigen Schluß 18. GÖhlsdorf 53. Saarmund führen, daß z. B. Kähnsdorf und Petzow Pfarreien ge­ 19. Gohlitz 54. Schlalach wesen sind, Schmertzke aber nicht zu den Pfarrgrün- 20. Gollwitz 55. Schiunkendorf 43 21. Golzow 56. Schmertzke dungen der Kolonisationsepoche gehört hat ). Die 22. Göttin 57. Schmergow Bistumsmatrikel von 1459, die einen Auszug aus einem 23. Götz 58. Schönefeld 44 24. Grebs 59. Schwina Prokur ationsregister darstellt ), ist weder vollständig 25. Groß-Kreutz 60. Stargeser noch bietet sie eine Liste der Pfarreien. Es fehlen Orte 26. Jeserig 61. Stücken mit Benefizien, Dörfer, die schon vor 1459 zu Filialen 27. Kammer 62. Tesekendorfso) 28. Kammerode 63. Tornow3i) herabgesunken waren, werden aufgeführt, zum Teil 29. Kanin 64. Trechwitz nur die Pfarrsitze genannt, schließlich Dörfer wen­ 30. Kemnitz 65. Werder discher Herkunft wie Kunersdorf und Nahmitz, die 31. Krahne 66. Wildenbruch 32. Krielow 67. Wittbrietzen ursprünglich kein Benefizium umschlossen, wohl zur 33. Liitzkendorf 68. Wust näheren Ortsbestimmung ihrer Pfarreien erwähnt. 34. Markendorf 69. Zauchwitz Dasselbe gilt von den Listen zur Erhebung von Syno- 35. Michelsdorf 70. Zolchow 36. Nahmitz28) daticum und Cathedraticum von 1512 ff. und den Pro- b. Wendische Dörfer kurationslisten von 1527 ff. Sie können nur in Zweifels­ fällen ergänzend herangezogen werden. Auch aus; der 1. Busendorf 16. Neuendorf bei Beelitz 45 2. Caputh 17. Niebel Höhe der in diesen Listen angegebenen Frustren ), den 3. Darbrietzen 18. Petzow Umlageeinheiten der kirchlichen Benefizien, läßt sich 4. Ferch 19. Reesdorf 5. Grenzel 20. Rietz kein Anhalt zur Bestimmung der Pfarrdörfer gewinnen. 6. Kähnsdorf 21, Schäpe 7. Klaistow 22. Schiaß 8. Klausdorf 23. Seddin Die Dürftigkeit des angeführten mittelalterlichen 9. Klein-Damelang 24. Sernow Quellenmaterials nötigt uns, die Pfarrsitze für 10. Körzin 25. Tremsdorf jede deutsche Siedlung besonders zu bestimmen. 11. Kunersdorf 26. Wendisch-Bork 46 12. Lühsdorf 27. Wendisch-Kreutz H. F. Schmid ) hat entscheidend darauf hingewiesen, 13. Mertensdorf 28. Wendisch-Tornow daß die Gewohnheit bestand, „jedem Kolonistendorfe 14. Mesdunk 29. Zernow möglichst seine eigene Kirche und Pfarre zu geben", 15. Michendorf so daß die kirchlichen Einheiten „als eine Masse neben­ Hinzukommt eine Anzahl von Wüstungen, über deren einander und unabhängig voneinander entstandener kirchliche und völkische Verhältnisse uns nichts be­ Kolonistenparochien" zu betrachten sind. Da bis zur Einführung der Reformation zahlreiche Vereinigungen kannt ist. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind als 47 wendisch anzusehen: von Pfarreien vollzogen ) und Neugründungen von Dorf Lage Jahr Beleg Pfaorrstellen nach Abschluß der Landnahme in der 1. Bussow am Butzelberg südlich 1219 Riedel A X 193 Zauche nicht erfolgt sind, ist anzunehmen, daß die­ Deetz jenigen deutschen Siedlungen, die zur Zeit der Visi­ 2. Cistetal unbekannt 1193 Riedel AX 408 3. Colpin am Colpinsee 1193 Riedel AX 183 tationen des 16. Jahrhunderts Sitz eines Pfarrers waren 4. Freitzow zwischen Kähnsdorf 1375 Landbuch S. 203 oder in deren Dorflage ein — oft wüster — Pfarrhof, und Stücken ein Pfarrgarten oder sonstige auf das ehemalige Vor­ 5. Golm am Golmberg nördlich 1375 Landbuch S. 217 Götz handensein einer Pfarrei bezügliche Pertinentien nach­ 6. Hatenick am Deetzer Rande der 1479 Riedel A X 161 gewiesen werden können, schon in der Kolonisations­ Alluvial rinne epoche Pfarrort gewesen sind. Weitere Anhaltspunkte 7. Lienewitz am Llenewitzsee 1444 Riedel A IX 160 zur Bestimmung der Pfarrorte gewinnen wir aus Pfarr- 8. Lühsdorf südlich Potsdam an 1486 Riedel A XI 188 der Nuthe vereinigungsurkunden, gelegentlichen Erwähnungen 9. Möllendorf südlich Rädel 1532 Riedel AX 375 von Amtsträgern mit ihrem Pfarrsitz in mittelalter­ 10. Oberzlaw bei Bochow 1275 Riedel A X 214 f. IL Tegastorf bei Michelsdorf 1190 Riedel AX 182 lichen Zeugenlisten und aus Nachrichten über den 12. Trebegoz am Trebelberg 1305 Riedel A X 226 Nachweis eines Dorfes als Unicum per se in den Ent­ bei Schmergow scheidungen des Cöllnischen Konsistoriums. Schließ­ 13. Wida östlich Jeserig 1190 Riedel AX 182 lich läßt das örtliche Vorhandensein einer alten Feld­ Zur Lagebestimmung obiger Wüstungen ist zu bemerken: Zu Nr. 4: Der Dorfname hat sich in der Flurbezeichnung „Die steinkirche oder eines Küsterhauses bzw. dessen Wreetze" auf der Kähnsdorfer und Stückener Feldmark er- Grundstücke, wenn auch bedingt, den Schluß auf eine haltenaa), Pfarrei zu, besonders dann, wenn das Benefizium des Zu Nr. 6 u. 10: Im Anschluß an Fidicin33) identifiziert Gleya*) betreffenden Dorfes in den Prokurationslisten geson­ Hatenick mit Oberzlaw. Nach dem Wortlaut von 1275 ist aber Oberzlaw in der Nähe von Bochow zu suchen und vielleicht dert aufgeführt wird. mit der Flurbezeichnung „Wüstenmark"35) gleichzusetzen. Hatenick wird an der Stelle der Flur „Wüstermark" in der Wie verhielten sich nun die wendischen Sied­ Gemarkung Groß-Kreutz gelegen haben3ß). lungen zum deutschen Pfarrverband und auf welche Ungeklärt bleibt die völkische Zuordnung der Dörfer Bor- sendorf37), Ficksdorf und Frohnsdorf, Die Größe der Feld­ Weise vollzog sich ihre kirchliche Eingemeindung? mark Frohnsdorf, die laut Landbucb.38) mit 44 Hufen ange­ H. F. Schmid hat auf Grund einer die parochiale Zu­ geben wird, spricht für deutsche Besiedlung; da es aber nach gehörigkeit von Wendisch-Rogäsen betreffenden Ur­ 142839) wüst wurde und nach der Visitationsmatrikel von 1541*0) 48 eine fixierte Kornabgabe zu leisten hatte, kann die Frage der kunde ) darauf hingewiesen, daß die Grundherrn sla­ völkischen Zuordnung nicht mit Sicherheit beantwortet wer­ wischer Siedlungen sich gegen eine verfrühte Einge­ den. Über Ficksdorf wissen wir nur, daß es 1375 ein Dorf meindung ihrer Dörfer zu sperren suchten, weil sie von 34 Hufen war«) und 1433 bereits wüst und mit Witt­ brietzen vereinigt war*2). dadurch eine Schmälerung ihres Einflusses befürch­ teten49). Der Zeitpunkt des Anschlusses einer Wenden­ Da die kirchliche Organisation in den ostelbischen siedlung an eine Pfarrei ist nicht genau zu bestimmen. Kolonisationsgebieten nur in Dörfern deutscher Be­ Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir annehmen, daß siedlung entwickelt wurde, kommen für Pfarreien nur die kirchlichen Eingemeindungen, in der Zauche zum

54 größten Teil noch während der Landnahme, also bis curam animarum et tertiam partem decime eiusdem ecclesie Cosetzyn et villarum ad eam pertinentium, videücet .spätestens 1238, erfolgt sind. Die Familie des deut­ Clebeloc . . ." — 3) .Landbuch S. 189. Seit 1303 ist in Knoblauch schen Grundherrn mußte für ihre gottesdienstlichen ein Pfarrer nachweisbar (Riedel A VIII 195). — <») Landbuch und kasualen Bedürfnisse sofort Anschluß an eine S. 178: 58 Dorfhufen, 2 Pfarrhufen. — «) Landbuch S. 166: „Dominus Johannes plebanus Etzin." — «) Riedel A VIII281. — Pfarrei gesucht haben; über die dem Pfarrer gereichte 7) Riedel A VIII 176. — «) Riedel A XI 488: „(Riete) ... hat Entschädigung sind wir nicht unterrichtet. Möglicher­ 1 W. Rocken von allen Leuten." — ») Riedel A X 392: „(Dame­ weise ist durch diese zunächst rein persönliche Bezie­ lang) . . . hat 2 Wspl. Rocken Scheffelkorn." i<>) K. A. Königs­ wusterhausen Litt, k Nr. 5 (1575). — ii) Pf. A. Wildenbruch hung die Eingemeindung der ganzen Wendensiedlung Rep. Gen. 13 Vol. V. — 12) Pf. A. Wildenbruch Rep. Gen. 14. — vorbereitet worden. Aber auch die wendische Bevölke­ J3) s. 223. — U) Riedel A VIII 270 (betr. Zahna): „ut dem rung wird sich bald an deutsche und damit christliche Schepel körne, dat man von den wendeschen hoven ghift." — iß) Ungeklärt allein bleibt die Ursache der Fleischzehnterhe­ Kultur haben anlehnen wollen, und so vollzog sich in bung in Ferch und Mesdunk. — iß) Betr. Götz: „Item 2V2 modios einer sozial tieferen Schicht der gleiche Vorgang, wie siliginis, 2Vs modios ordei, 1 avene pro tertia parte decime." wir ihn beim wendischen Adel im Anfang des 12. Jahr­ (Landbuch S. 217.) Btr. Krielow. „Pro confirmatione tricesime in hundeorts in ehelichen Verbindungen' mit deutschen Krile . . ." (Riedel A X 212.) ~~~ n) Riedel A X 185: de de- 50 cimes XI villarum . . . Zwine ..." — *s) Riedel A IX 453. — Frauen und im Übertritt zum Christentum erkennen ). 18) Riedel A IX 453: „. . . hat ein Pfarhoft." — 20) Riedel A XI 488: Baß diese Hinwendung zum Christentum noch in die „. . . 1 W. pacht hat diser Pfarrer an stad des komzehends." — 21) H. F. Schmid S. 64 f. — 22) Die undatierte, ins 15. Jahr­ Zeit der Landnahme fällt, dafür liefert ein päpstliches hundert gehörende Urkunde über die Erwerbung des Dorfes Privileg, das um 1178 den Zisterziensern entgegen ihrer durch das Kloster Zinna (Pischon, Urkundensammlung S. 14 f.) Ordensregel die Tauferlaubnis „ob cotidianam conver- spricht von „Thedekorn" an die Pfarrei Treuenbrietzen. 1541 51 gab Pechüle als Rechtsnachfolgerin von Klausdorf die fixierte sionem gentilium" erteilte, den Beweis ). Kornabgabe von 22 Scheffeln Roggen. — 23) 1375: 25; 1450: llVa; Es ist wahrscheinlich, daß zuerst die am Rande deut­ 1624: 10 Hufen. — 24) G.St.A. Rep. 47, 5 b Pfarrbesetzungen 1670—1779 M. A. 45: „Dafür bekommt er 1 S*ch. Roggen von scher Dörfer angesetzten Wenden christianisiert wor­ jedem Bauern, 4 Pfg. Opfer." — 25) Landbuch S. 216. Vgl. v. den sind, dann die selbständigen slawischen Siedlun­ Sommerfeld S. 27, Guttmann in FBPG Bd. 9 (1897) S. 487. — gen durch Vermittlung ihres deutschen Herrn. Am 2ß) Landbuch S. 220. — 27) Landbuch S. 216. — 28) in Nahmitz und Damelang ist eine rückläufige Entwicklung zu beobachten. spätesten sind diejenigen Wendendörfer, deren Grund­ Die Zehnterheb ang weist diese Dörfer in der Landnahmezeit herr nicht am Orte wohnte, kirchlich eingemeindet als von der deutschen Besiedlung erfaßt aus. (Nahmitz 1204 worden, ebenso wie die Kietze „verhältnismäßig am Riedel A X 188; 1217 Riedel A XXIV 328; Damelang 1217 Riedel A X 192, Riedel A XXIV 328.) Zur Zeit der Abfassung des längsten dem Assimilierungsprozeß widerstanden Landbuches wird kein pactus mehr erwähnt, vielmehr zeigen haben"52). beide Dörfer typische Merkmale slawischer Besiedlung (vgl. S. 26; betr. Damelang vgl. auch Gley S. 46). — 29) Eken = Gestützt wird die Annahme einer frühzeitigen Eingemein­ Grüneiche (vgl. Fidicin III, 3, S. 25). — 30) Riedel A X 185: dung der slawischen Siedlungen durch eine Reihe von Ur­ de decimis XI villarum .. . Priscer . . ." Piscer = Te- kunden. Bischof Wilmar von Brandenburg bestätigte 1170 sekendorf (Riedel A XXIV 328: „Priscele, quod antiquo nomine dem Domkapitel den Besitz von Zachow und der zu dieser dicitur Teskendorf"). Zur Lagebestimmung am Schwielowsee Parochie gehörenden Dörfer Guten-Paaren, Werder und Lo- vgl. Gley S. 15 f. — 3i) Es ist Fidicin (III, 3, S. 59) gegen Gley dizsa). Markgraf Otto I. schenkte 1184 der Kirche in Arendsee (S. 153) zuzustimmen, daß Tornow und Wendisch-Tornow zwei ein deutsches Dorf und „Slavicas villas"54). 1219 überließ verschiedene Siedlungen waren. Das geht schon daraus her­ Bischof Siegfried dem Kloster Lehnin den Zehnten in Bussow, vor, daß für Tornow 1195 Zehnterhebung bezeugt ist (Riedel Deetz und Götzss), die also schon damals eine gemeinsame A X 185). Tornow* lag ungefähr an der Stelle der heutigen Pfarrei bildeten; von ihnen ist Bussow als slawische Siedlung Försterei gleichen Namens, Wendisch-Tornow am Rande der anzusehen. Plane-Niederung zwischen Kammer und Groß-Damelang. — Außer dieser Urkunde, auf Grund deren ein Filialverhältnis 32) Gemeindeamt Kähnsdorf: Separationsrezeß von 1835. — vermutet werden kann, besitzen wir bis zu den Prokurations- 33) III, 3, S. 40 f. — 34) S. 153. — 35) K. A. Neustadt Branden­ registern von 1527 ff. — und in ihnen nur teilweise — so gut burg Litt, b Nr. 1 (Designation von 1716). Vgl. auch Flurname wie keine Nachrichten über die Filiation der slawischen Sied­ „Wenddörfer" in der Gemarkung Bochow. (Hist Ver. Branden­ lungen. Erst die Visitationsmatrikeln von 1541 weisen ihre burg Festschrift S. 196, 218.) — 36) Hist. Ver. Brandenburg Filiation ohne Ausnahme nach. Wir ordnen diese Dörfer den Festschrift S. 202, 218. — 37) Landbuch S. 216. Zur Lagebestim­ Pfarreien bei, zu denen sie nach dem ältesten uns erhaltenen mung des bei Prützke gelegenen Dorfes, vgl. Riedel AX422. Zeugnis gehört haben. In gleicher Weise verfahren wir mit — 38) s. 208. — 39) Riedel A IX 412 1 — 40) Riedel A IX 454. — den Wüstungen slawischer Herkunft, über deren kirchliche 4i) Landbuch S. 212. — 42) Riedel A X 506. — 43) vgl. Tabelle I. Zugehörigkeit wir keine Kenntnis erhalten, weil sie zur Zeit — 44) Riedel A VIII 418 f. Zur Überlieferung der Handschrift, der Visitationsmatrikeln schon wüst waren. Die Pfarreien, vgl. Curschmann S. 185. — 45) Curschmann S. 304 ff. — zu denen diese Wüstungen gehörten, werden wir in den Orten 46) s. 156 ff. — 47) siehe VII — 48) Riedel A VIII 217. — zu suchen haben, mit denen sie zusammen genannt werden. 4ß) s. 164 ff. — so) Belege bei Curschmann S. 56 ff. — si) MG SS XXVI S. 142. — 52) Ludat S. 113. — 53) Riedel A VIII 108. i) Guttmann in FBPG Bd. 9, 1897, S. 444 f. — 2) Riedel A VII Werder und Lodiz sind bestimmt wendische Siedlungen ge­ 468 1: „. . .contulimus cum capella Clebeloc eidem matrici wesen. — 54) codex Diplomaticus Anhaltinus I 468. — 55) Rie­ ecclesie in Cosetzyn attinente, episcopo Brandenburgensi del AX193.

V. Die Straßen und die Landnahme der Zauche Auf welchen Straßen erschlossen nun die Koloni­ Ein zweiter Weg bog von Göttin nach Süden ab und satoren die Zauche? Von der Stadt Brandenburg aus führte direkt auf Krahne zu und ging bei Golzow über führte über Prützke, Netzen und Nahmitz eine Straße das Planetal. Für diesen Weg und seinen Verlauf im zum Kloster Lehnin. Eine markgräfliche Urkunde von einzelnen fehlt ein urkundlicher Beleg aus der Land­ 1208 spricht von einem Weg, der von Nahmitz auf nahmezeit. Nun ist aber Golzow die einzige Brücke für Göhlsdorf zu führte1). Die Tatsache, daß die Präposition die Verbindung Brandenburg—Beizig, und der an­ versus in der unten angeführten Urkunde nur die gegebene Verlauf des Weges wird durch die Höhe der Kichtung, nicht aber das Ziel angibt, stärkt uns in. der Abgaben, die die Krüge zu leisten hatten, noch unter­ Annahme, daß der Weg über Göhlsdorf hinaus zu dem strichen. Während die Abgabe der Krüge in Reckahn 3 und Pernitz nur ein Pfund Pfeffer betrug8), leistete schon 1179 urkundlich erwähnten Dorfe Plötzin ) und 9 von dort auf die zwischen dem Großen Plessower See der Krug zu Göttin zehn Schillinge ) und jeder der beiden Krüge in Krahne zehn Schillinge und einen und dem Glindowsee gelegene Landenge zuführte, um 10 über Glindow bei Werder die schiffbare Havel zu er­ Scheffel Hafer ). reichen. Glindow wird zwar erst 1351 urkundlich ge­ Die wirtschaftliche Notwendigkeit einer von Lehnin nannt8), aber die Erwähnung eines Burchardus de nach Norden führenden Straße war dadurch gegeben, Glinde im Jahre 12104) läßt außer der Größe des Dor­ daß das Klöster Lehnin bald nach seiner Gründung am linken Havelufer im Raum von Götz und Deetz fes, der entsprechenden Stärke seiner Besetzung mit 11 deutschen Bauern und der Höhe der Krugabgaben5) Grundbesitz erwarb ). Die Tatsache, daß der einzige darauf schließen, daß Glindow als Paßort6) schon zu Übergang nach Deetz, das wegen seiner unmittelbaren Beginn der Landnahmezeit gegründet worden ist. Da Lage an der Havel für das Kloster Lehnin von Bedeu­ die Straßen des Mittelalters stets den Geländeschwie­ tung war, bei Groß-Kreutz über den Fluß führte, be­ rigkeiten auswichen, erreichte dieser älteste Weg über stimmte in Anlehnung an die um 1180 wohl schon die Sandbrücke zwischen Brandenburg und Göttin und vorhandenen Dörfer Göhlsdorf und Bochow den Ver­ dann südlich der Göttiner Wiesen über Rosdunk und lauf des Weges, Kommt dieser Straße auch nicht die Paterdamm das Dorf Prützke7). Bedeutung der westöstlichen Kolonisationsstraßen zu, 55 Einnahme Potsdam Saarmund so zeigen doch die Krugabgaben die Lebhaftigkeit des Orbeta 1370 3 marce (= 3 sex., 24 gr.) 11 sexagene, 33 grossi Verkehrs1"). De molendinis 2 chori siliginis 5 chori siliginis De castris 13 sexagene 22V« sexagene Die in den Räumen zwischen diesen Straßenzügen Theoloneum 12 sexagene 150 sexagene gegründeten Dörfer besitzen selbst 1375 größtenteils Es entsprach den räumlichen Verhältnissen eines keine Dorfkrüge und beweisen damit die Richtigkeit weiten unerschlossenen Koloniallandes, daß zunächst der von uns bestimmten Straßen. die strategisch wichtigen Punkte besetzt und die dahin führenden Straßen mit Dörfern gesäumt wurden. -So Daß die erst 144513) urkundlich bezeugte Straße von Brück entstanden wahrscheinlich gleich nach der engültigen nach Saarmund schon im 12. Jahrhundert bestanden hat, wie Fidicin meint"), könnte nur dann angenommen werden, wenn Besitzergreifung der Zauche, also mit dem Jahre 1157 Liebchens These, die Ostzauche habe Magdeburger Koloni­ an der die Hochfläche der eigentlichen Zauche durch­ sation ihre Entstehung zu verdanken, noch stärker begründet schneidenden Straße die Siedlungen Göhlsdorf, Plötzin, würdet»). Auf keinen Fall hat diese Straße einen siedlungs- geschichtlicuen Wert bekommen und ihre Bedeutung an die Glindow und Werder sowie —* nördlich angelehnt — Straße Treuenbrietzen—Beelitz—Saarmund abgetreten, da sich Bochow und Groß-Kreutz, sämtlich Orte, die sich die Grenze der Ostzauche unter Einschluß der Territorien durch die Größe des Hufenbesitzes und die ent­ Beelitz und Treuenbrietzen gegen das Land Jüterbog wohl noch während des Kolonisationsvorgangs bildete. Die von sprechende Massierung von Menschen von den ande­ Brück ausgehende Besiedlung der Ostzauche ist — wohl zu­ ren Siedlungen unterscheiden. Ebenso deutlich heben folge des minderwertigen Bodens — schon in Neuendorf zum sich an der Straße nach Beizig Golzow als befestigter Stehen gekommen. Stützpunkt25) und Krahne durch, die Größe seiner Feld­ mark26) und die Stärke seiner Besetzung mit deutschen Die durch Befestigungen strategisch bedeutsame Siedlern27) von den umliegenden Dörfern ab. Es ist Lage von Treuenbrietzen«), Beelitz17) und Saarmund18) selbstverständlich, daß in den genannten Dörfern die­ bestimmte von vornherein den Straßenzug der Ost­ ser ersten Siedlungsperiode Pf axreien eingerichtet wur­ zauche. Zur Sicherung des Gebietes waren die ge­ den, sobald sich die Verhältnisse einigermaßen ge­ nannten Orte durch eine Straße miteinander verbun­ festigt hatten. Über den weiteren Verlauf der Durch­ den. Ob diese Straße von Treuenbrietzen bis Beelitz siedlung können wir nur Vermutungen anstellen. Es im Zuge der heutigen Chaussee verlief oder die Dörfer ist anzunehmen, daß die Räume zwischen den beschrie­ Wittbrietzen und Eisholz berührte, läßt sich nicht ent­ benen Straßen mit Siedlungen größtenteils aufgefüllt scheiden. Auch die Nachrichten über Krugabgaben waren, als sich die Zisterzienser 1180 in Lehnin nieder­ versagen hier, weil dies Gebiet stärker mit deutschen ließen. Die beiden letzten Jahrzehnte des 12. Jahrhun­ Siedlungen durchsetzt ist als die Westzauche und die derts vollendeten die Besiedlung bis an das große Höhe der Krugabgaben abgelegener Dörfer zumeist Waldgebiet zwischen Ferch und Brück. nicht verschieden ist von der in Dörfern an der Straße. Mir scheint, als habe diese Straße zunächst nicht der Die Inbesitznahme der Stützpunkte Treuenbrietzen, friedlichen Durchsiedlung gedient, sondern unter Ver­ Beelitz und Saarmund und damit die Entstehung des meidung jedes Umwegs die kürzeste. Verbindung nach entsprechenden Straßenzuges kann nicht vor 1161 er­ Saarmund gesucht, um dort den Ausgangspunkt in das folgt sein, da sie in der Grürtdungsurkunde des Dom­ noch unbesetzte und unsichere Slawenland jenseits der kapitels zu Brandenburg noch nicht aufgeführt wer­ Nuthe zu gewinnen19). den28). Der verwundbarsten Stelle der Straße ohne Burgschutz an der Landenge zwischen dem Großen Die strategische Bedeutung dieser Straße und die und Kleinen Seddiner See wurden die Dörfer Wüden- Unsicherheit des Grenzsaums wird durch die Lage von bruch und Fresdorf vorgelagert. Während die genann­ Wildenbruch und Fresdorf noch unterstrichen. Diese ten Stützpunkte zunächst eine Burgbesatzung erhiel­ beiden Dörfer boten den Flankenschutz für die Land­ ten, setzten sich in den beiden Dörfern starke Siedler­ enge zwischen dem Großen und Kleinen Seddiner See. kräfte fest. Bald folgte die gleichmäßige intensive Ihre für die Ostzauche abnorme Hufenzahl und die Durchsiedlung des gesamten Nieplitz-Distrikts bis an entsprechend starke Besetzung mit deutschen Kolo­ die Nuthe nördlich Saarmund und war wohl 121729) nisten20) zeichnen sie als militärische Stützpunkte aus. noch nicht beendet. i) Riedel AX191: „. . . usque ad viam, qua ibit de noumitz Im Anschluß an die These, daß die Orte Nienburg, versus golistorp." — 2) Riedel A VIII113. — 3) Riedel A X 124. 21 — 4) Riedel A XXIV 327. — 5) Landbuch S. 221: „Glinde sunt Dubie und Briechowa der Urkunde von 981 ) mit 48 mansi, . . . Taberna dat 1 talentum prefecto." — 6) Ludat Nauen, Potsdam und Treuenbrietzen zu identifizieren S. 78. — 7) so Mundt S. 90 f. Bestenorn S. 109 Abb. 19 bietet seien, nimmt Gley22) das Vorhandensein einer Straße einen unzutreffenden Wegeverlauf dar. Danach ging die Straße von Potsdam nach Treuenbrietzen schon zu askanischer über das Breite Bruch, dann quer durch die Schmertzker 23 Heide auf Prützke zu, ein völlig unmöglicher Verlauf. Falsch Zeit an, und Bestehorn ) bestimmt ihren Verlauf längs ist auch die Identifizierung dieses Weges mit dem Smer- der Nuthe über Saarmund und Kähnsdorf nach Beelitz Damm. (Bestehorn S. 110; Gley S. 95). — 8) Landbuch S. 219 und 221. — 9) Landbuch S. 222. — 10) Landbueh S. 222. Während unter der Behauptung, daß die Kolonisation der Ost­ der Grundzins in der Regel auch bei Erhöhung der Boden­ zauche auf dem Wege über Potsdam erfolgt sei. Gegen erträge konstant blieb, wird die Abgabe von den Krügen im diese Annahme spricht nicht nur die unerwiesene Be­ Hinblick auf den jeweiligen Ertrag des Schankgewerbes be­ messen worden sein (Spangenberg S. 216, 220). — ii) Riedel gründung Gleys, sondern auch die politische Lage A X 182. — jenes Zeitabschnitts. Selbstverständlich führte die 12) Dorf Krugabgabe Beleg Nuthe entlang ein Weg, der Potsdam mit Saarmund Göhlsdorf 1 Talent Landbuch S. 220 Groß-Kreutz 10 Schillinge Landbuch S. 219 und den weiter südlich gelegenen Grenzburgen ver­ Deetz 25 Schillinge Landbuch S. 217 — band; ihm kommt aber nicht die Bedeutung einer 13) Riedel A IX 163. — 14) III, 3, S. VII. — 15) FBPG Bd. 53 (1941) Kolonisationsstraße zu. Eine so wichtige Straße näm­ S. 222 ff. — Die Beobachtung, daß im Landbuch von 1375 die Abgabe des „Mandelkorns" nur in Dörfern der Ostzauche nach­ lich wie die angenommene unmittelbar am Bande der zuweisen und auch im Lande Jüterbog zu finden ist, läßt kaum gesicherten Grenze an der Nuthe entlang zu nicht ohne weiteres den Schluß auf magdeburgische Koloni­ führen und sie der Gefahr dauernder Bedrohung durch sation der Ostzauche zu. Diese eigenartige Abgabe kann auch ein Mitbringsel der Siedler aus ibrem gemeinsamen West­ die Wenden des Teltow auszusetzen, widerspricht jeder eibischen Herkunftslande sein. — i«) Riedel AIX 357. — vernünftigen militärischen Einsicht. Im übrigen wird 17) Riedel AIX 494. — 18) Landbuch S. 36; vgl. Ludat S. 73. — die Bedeutung Potsdams als markgräflicher Stützpunkt 19) Zur Straßenbedeutung vgl. Wels in FBPG Bd. 44 (1932) S. 255. — 20) Landbuch S. 223: „Wildenbruke sunt 59 mansi..." weit überschätzt. Zur Zeit der Abfassung des Land­ Landbuch S. 199: „Frederichstorf sunt 52 mansi ..." — 21) Rie­ buchs waren die landesherrlichen Einkünfte Saar­ del A VII305; vgl. S. 12. — 22) S. 97. •— 23) S. 108. — 24) Vgl. munds weit höher als die Potsdams, was auch wohl W. Hoppe: Alte Grenzen, Zugänge u. Wege d. Teltow (Telt. den Verhältnissen 150 Jahre früher entsprechen Kr.-Kai. 1927). — 25) Landbuch s. 64: „Czucha continet 24 infrascriptos municiones et opida: „ . . Goltzow."— 26) Land­ dürfte ). Zur Erläuterung dieses Tatbestandes stellen buch S. 222: „Korane sunt 62 mansi . . .** — 27) Schoßkataster wir die Einnahmen von Potsdam und Saarmund nach 1624: 14 Bauern, 4 Kossäten. — 28) Riedel A VHI104. — 29) vgl. S. 15. — Bestehorn S. 104 nimmt zwischen der Gründung der den Angaben des Landbuches (S. 20, 34, 36, 40 f.) neben­ ersten Wehrdörfer und den späteren Ansiedlungen eine Zeit­ einander: spanne von nicht mehr als 25 Jahren an. 56 Tabelle I. Die Pfarreien der Zauche um 1200

Lfd. Auszug aus der Urkunde Jahr Beleg Filialen Nr. Pfarrei ecclesias ville Langherwisch 1287 Riedel A VIII176 Michendorf, Lienewitz Alt-Lange r wisch ... et alterius Langherwisch . . . eonjunximus, und ein Pfarrhoff 1575 K. A. Potsdam Litt, g Nr. 1 Beelitz Bestätigung der Besitzungen 1217 Riedel A VIII135 Grenzel, Markendorf. des Domkapitels Mertensdorf, Neuendorf, Lühsdorf, Schäpe, Seddin Lühsdorf a. d. Nuthe 3 Bergnolz hatt einen Pfarrhof 1575 K. A. Potsdam Litt. 1 Nr. 1 4. Bliesendorf hat 1 pfarhaus 1541 Riedel AX392 5. Bochow ... et parochie ecclesie bochowe . .. 1300 Riedel AX224 Oberzlaw adunare ... 6. Brachwitz siehe S. 58 7. Buchholz • hat 1 Pfarhaus 1541 Riedel A IX 452 8. Beetz pensionem decimarurn ecclesiae Detz 1219 Riedel A X 193 Götz, Golm, Bussow . . . plebani usibus attinentium . . . 9. Berwitz und 1 pfarhauss 1541 Riedel AX384 10. Eisholz hat ein Pfarhaus 1541 Riedel AIX 449 11. Fresdorf siehe S. 58 Tremsdorf, Schiaß 12. Glindow hat 1 pfarhaus 1541 Riedel AX382 Petzow Daselbst ist auch befindlich eine alte 1716 K. A. Neustadt 13. Göhlsdorf Brandenburg Pfarrstelle, hinter der Kirche gelegen. Litt, b Nr. 1 Göttin Liceat quoque ipsis in eadem ecclesia de Riedel A VIII 361 fratribus suis virum idoneum instituere Plebanum .. . 15. Gollwitz dass G. ein unicum per se 1625 v. Bonin S. 113 16. Gülzow linde Juwen perner thur Goitzow 1473 Riedel C II 98 17. Groß-Kreutz a filiacione matricis ecclesie ville nostre, 1300 Riedel AX224 Wendisch-Kreutz que major crucewiz appellatur, Hatenick, Krielow segregare .. . 18. Jeserig hat 1 Pfarhaus 1541 Riedel AX386 Wida 19. Kammer wirdet dise Pfarr Itzo durch den Pfarrer 1541 Riedel AX395 Neuendorf, Tornow, zw Golzow curiert ... Wendisch-Tornow 20. Karamerode siehe S. 58 Tesekendorf, Ferch 21. Kemnitz Die Pfarr-Hufen im Filial sollen bey der v. Bonin S. 2211 Pfarren bleiben 22. .Krahne Albertus plebanus de Korane 1230 Riedel A X 197 Reckahn, Mesdunk 23. Litzkendorf .. . quorum plebanus habet 3 1375 Landbuch S. 221 Kanin, Busendorf, Klaistow 21 Michelsdorf Henrico plebano in Michilstorp 1372 Riedel AX252 Tegastorf 25. Netzen Burchardi, sacerdotis de Nedicem 1190 Riedel A VIII121 (Grebs) 26. Neuendorf hat l Pfarhaus 1541 Riedel A X 395 Wendisch-Bork, bei Brück Reesdorf 27. Nen-Langerwisch siehe Nr. 1 der Tabelle I Caputh 28. Nichel hatt auch ein Pfarhoff 1541 Riedel AIX 453 29. Pernitz hat 1 wüsten hoff 1541 Riedel AX394 30. PiiÖben hat ein Pfarhauss 1541 Riedel AX382 31. Planow Verum etiam plebanus dicte ville Planowe 1307 Riedel A VIII 203 f. obtinebit in eadem villa curiam dotis . .. 32. Plessow ecclesiam Plesowe 1287 Riedel A VIII179 Zolchow hat 1 wüste Cosseten hoffsted 1541 Riedel AX389 33. Plötzin adunivimus ecclesie in Plotsin 1287 Rieder A VIII179 34. Prützke discreto viro domino Johanni plebano 1378 Riedel A VIII 321 Borsendorf, ecclesie ville Prutzik (Rokitz) Nicoiao uden in Redel .. plebanis 1442 Riedel AX277 Schwina, Groß-Dame­ 35. Rädel lang, Klein-Damelang, Möllendorf 36. Rieben hat 1 Wüsten Pfarhoff 1541 Riedel A IX 450 37. Saarmunö siehe Nr. 2 der Tabelle I 38. Schlalach her Lamprecht Priester thue Schlalach ... 1419 Riedel A IX 405 Deutsch-Bork 39. Schinnkendorf herr Conrad, Pfarrer zu Schlunckendorf 1370 Riedel A IX 480 Kähnsdorf 40. Schmergow Nicolaus plebanus in Smergow 1305 Riedel AX227 Trebegoz 41. Schmertzke in . . Smertzeke . . canonice statuismus, 1329 Riedel A VIII240 Rietz quando nos . . vicarios, plebanos nun- eupatos, visitaverimus . . . 42. Schönefeld ,-jst etwan ein Pfarr vor sich gewest .. . 1541 Riedel A IX 450 43. Stargeser Plesowe. que quondam de Villa Stragesere 1287 Riedel A VIII179 nunc destructa extitit filia . .. 44. Stücken hat .1 Pfarhaus 1541 K. A. Beelitz Freitzow Litt, f Nr. 1 45. Trechwitz Otto in Trachewitz .. sacerdotes 1186 Riedel A VIII115 Damsdorf, Nahmitz Semow, Darbrietzen, 46. Trenenbrietzen siehe Nr. 2 der Tabelle I Werbig, Jeserig, Klaus­ dorf, Frohnsdorf, Niebel, Budorf, Neuendorf 47. Werder hat 1 Pfarhaus 1541 Riedel AX379 Zernow 48. K. A. Königs­ Kunersdorf Wildehbruch hatt ein Pfarhauss 1575 wusterhausen Litt, k Nr. 5 49. Witthrietzen hat l Pfarhaus 1541 Riedel AIX 449 Ficksdorf Riedel A XI487 50. Wust hat kein Pfarhaus, hat 1 gartten 1541 1712 K. A. Neustadt Ist eine mater. Brandenburg Litt, c Nr. 2 hat 1 Pfarhaus K. A. Beelitz Körzin 51. asauchwitz Litt, f Nr. 1

57 VI. Die Pfarrsprengelbildung in der Zauche nen den Charakter einer Mater vagans. Am Ende der Landnahmezeit war die Zauche mit Zu Nr. 22: Die Ortslage von Reckahn zeigt deutlich» daß einem dichten Netz von Pfarreien bedeckt. Fast jedes das Dorf der zweiten Siedlungswelle angehört und somit jün­ deutsche Dorf hatte seine Kirche und seinen eigenen ger ist als Krahne und Göttinii). Es ist nun fraglich, ob ein Hof, dessen Besitzer in einem eigenartigen Rechtsverhältnis Pfarrer. Die Einordnung der Slawendörfer in das zum Pfarrer von Krahne stand*2), der ehemalige Pfarrhof ist, Parochialsystem war im vollen Gange. In der vor­ und diese Rechtsverpflichtungen sich erst entwickelt haben, stehenden Tabelle sind die Pfarreien der Kolonisations­ als die Pfarrei Reckahn einging, oder ob besagte Rechtsbin­ dung schon von Anfang an bestand, als Reckahn gleich bei epoche mit ihrer jeweils ältesten Bezeugung und, wo seiner Gründung Filial des älteren Krahne wurde. Der Um­ zur Beweisführung erforderlich, mit weiteren urkund­ stand aber, daß hier ein ähnliches Verhältnis zur Pfarrei in lichen Hinweisen aufgeführt. Beweisstücke jüngerer Geltung war wie in Petzowi3), deutet eher au' eine ursprüng­ Zeit müssen bei der Erörterung der Vereinigung bzw. liche Filiation von Reckahn nach Krahne hin als auf die An­ 1 nahme einer selbständigen Pfarrei Reckahn. Aufhebung von Pfarreien herangezogen werden ). Z u N r. 25: Die Parochialverhältnisse von Grebs zur Koloni­ Den in der vorstehenden Tabelle angegebenen mut­ sationszeit lassen sich nicht entscheidend klären. Für eine maßlichen Filiationen liegen die kirchlichen Unter­ selbständige Pfarrei Grebs spricht lediglich die Größe der Feldmarki*), deren Lage südlich der Talrandstraße Göt­ ordnungsverhältnisse, wie sie uns aus den Visitations­ tin—Nahmitz auf der größtenteils mit Wald bedeckten Hoch­ matrikeln des 16. Jahrhunderts bekannt sind, zugrunde. fläche auf Zugehörigkeit zur zweiten Siedlungswelle hin­ Dörfer, die um diese Zeit schon wüst waren, lassen deutet, während die benachbarten Pfarreien Prützke und Netzen mit ihren gleich geringen im Niederungslande gelege­ ihre ehemalige parochiale Zugehörigkeit in Abgaben nen Gemarkungen und der schmalen Pfarr-Dos auf einen an eine bestimmte Pfarrei erkennen oder machen ihre älteren Besiedlungsvorgang vielleicht aus niederländischer Filiation durch die geographische Lage wahrschein­ Herkunft hinweisen«). Die Visitationsmatrikel von 154116), m lich. Die Siedlungen Eken, Gohlitz und Colpin sind der Grebs als Filial von Netzen bezeichnet wird, ist der einzige urkundliche Anhaltspunkt für das ParochialVerhältnis des außer Betracht gelassen worden; die Annahme, daß Dorfes. diese Orte schon vor 1200 wüst wurden, läßt ihre Ein­ Zu Nr. 34: Über die kirchlichen Verhältnisse von Rokitz beziehung in das deutsche Pfarrsprengelsystem der wissen wir nur, daß das Dorf 1375 zwei Pfarrhufen hatten), daß es dort eine Kirche gab*8) und daß 1541 die Pfarrei Prützke Zauche zweifelhaft erscheinen. als berechtigte Nutzerin des Zehnten und der zwei Pfarr­ Bei einigen Dörfern sind die Eigenschaftsmerkmale des ur­ hufen auf der Feldmark des kurz vor 1378 wüst gewordenen sprünglichen Pfarrsitzes im Laufe der Jahrhunderte derart Rokitz bezeichnet wird«). verwischt worden, daß sie zur Begründung dieser Eigenschaft einer näheren Betrachtung bedürfen, für die die Tabelle I Die parochialen Verhältnisse zeigen wie allenthalben keinen Raum bietet. In den nachstehenden Erörterungen be­ ziehen wir uns auf die laufenden Nummern der Tabelle I. in der Mark Brandenburg den Typus der grundherr- Zu Nr. 6: Aus der Visitationsmatrikel von 15412) ersehen Bchen Kirche. Von einer Aktivität der Gemeinden, die wir, daß Brachwitz — damals schon Filia von Schlalach — das zur Gründung von Pfarreien etwa in aus Neurodun­ Anrecht auf Gottesdienst an jedem Freitag und Sonntag be­ gen entstandenen Dörfern oder nur Verselbständigun­ saß, während in Deutsch-Bork nur viermal im Jahre Gottes­ dienst gehalten wurdet). Die Häufigkeit des Gottesdienstes gen ihrer Dorfkirchen auf dem Wege der Exemtion in Brachwitz kommt der in Mutterkirchen gleich,, und das führen konnte, fehlt in der Zauche jede Spur; denn Vorhandensein von Pfarrhufen und einer selbständigen ehe die Neusiedler zu einer aktionsfähigen Einheit Küsterei sowie die alte aus der Kolonisationszeit stammende Feldsteinkirche unterstreicht neben der Erhebung von Korn- zusammenwachsen konnten, hatten die adligen Herren und Fleischzehnt die Annahme, daß Brachwitz ursprünglich das Dorf zu Lehen empfangen und übten ihre Rechte eine Pfarrei gewesen ist. nach dem Muster der Eigenkirche und später in der Zu Nr. 11: Fresdorf war 1541 Filia von Stücken^. Dies Ab­ Form des Patronats an der Kirche und deren Ver­ hängigkeitsverhältnis, über dessen Entstehung wir nicht unter­ richtet sind, kann jedoch zur Zeit der Landnahme noch nicht mögensmasse aus. Diese Rechtsübung ist für die Zeit bestanden haben. Dagegen spricht nämlich: der Landnahme der Zauche zwar nur in der Übertra­ 1. Die strategische Bedeutung Fresdorfs, das zusammen mit gung von Plötzin an das Domkapitel durch Markgraf Wildenbruch zum Schutze der Heerstraße nach Saarmund Otto II. im Jahre 1197 bezeugt20). Während bei Ketzin angelegt wurdeS). Fresdorf war mit 52 Hufen in der Anlage größer geplant als Stücken mit 30 Hufen«), das abseits einer und Markau ausdrücklich die Kirchen als Rechts­ Straße erst später zur Auffüllung des Raumes gegründet objekte der Übertragung genannt werden, wird die worden ist. Fresdorf ist also älter als Stücken. Kirche Plötzin nicht erwähnt, weil der Markgraf über 2. Die Ortslage Fresdorfs. Der Rundling öffnet sich nach Westen und sucht Anschluß an die Heerstraße. Eine Wege­ sie keine Verfügungsberechtigung hatte. Die Übereig­ verbindung nach Stücken in südlicher Richtung wird nung der Pfarrechte an das Domkapitel durch den außerdem noch, durch die zwischen den Dörfern verlau­ Grundherrn, den castellanus Siegfried von Branden­ fende Alluvialrinne (Abfluß des Fresdorfer Sees zur Nuthe) für die ersten Jahrzehnte unwahrscheinlich. burg, oder' dessen Rechtsnachfolger, ist urkundlich Für die ehemalige parochiale Selbständigkeit Fresdorfs nicht belegt. 1216 ist das Domkapitel im Besitze des spricht aber folgendes: Patronats von Plötzin21), aber die Befreiung des bran­ 1. Die wendischen Siedlungen Tremsdorf und Schiaß wurden 22 der Kirche zu Fresdorf unterstellt. denburgischen Klerus vom Spolienrecht ) sowie die 2. Außer 2 Pfarrhufen war auch die Kirche zu Fresdorf mit Handhabung des Patronatsrechts bis zur endgültigen 2 Hufen bewidmet, was nur bei Mutterkirchsen zu beob­ Festigung des .landesherrlichen Kirchenregiments im achten ist. 3. Zum Pfarreinkommen von Fresdorf gehörte auch die Ab­ 17. Jahrhundert lassen deutlich die Herkunft der kirch­ gabe von 2 Hühnern von einem Kossätenhof. Vielleicht ist lichen Rechtsverhältnisse aus dem Eigenkirchenrecht dies der Rest einer vormals finanziell größeren Last für die Übernahme des Pfarrgrundstücks durch einen Landwirt, erkennen. Die Visitationsakten zeigen deutlich, wie die als Fresdorf Filial von Stücken wurde. Grundherrn nicht nur ohne und zumeist gegen die Zu­ Z u Nr. 20 und 23: Die Visitationsmatrikel von 15417) sowie stimmung der Obrigkeit mit den Filialen nach ihrem die von 15753) für Bliesendorf bezeichnen die Filialen Ferch, Belieben schalteten, sondern auch die Dotationsmasse Kanin, Busendorf und Klaistow als „uff der wüsten velth- marck". Mithin waren sie ursprünglich paroehMl abhängig der Pfarrei entfremdeten und sonstige Pfarreinkünfte von Kammerode (2 Pfarrhufen) und Litzkendorf (3 Pfarr­ dem Nutznießer vorenthielten. Auf Grund der bei der hufen). Auf der Feldmark Klaistow besaß die Pfarre Bliesen­ ersten Visitation gemachten Erfahrungen setzte die dorf 3 Ackerstücke. Eine Designation von 1833 bemerkt dazu: „Offenbar gehörten die 3 Ackerstücke noch zu Lüttchendorf"9). „Ordnung und Satzung von 1558" fest: „15, Weil die Da es dem in der Zauche beobachteten Verlauf der Pfarr­ Herrn Visitatores in gehaltener Visitation vielfältig sprengelbildung widerspricht anzunehmen, daß Kammerode befunden, das die Patrone die Filial von der Haupt­ und Litzkendorf zur Landnahmezeit Filialen von Bliesendorf waren, bleibt nur übrig, in diesen beiden Dörfern Matres zu pfarren, daraus sie von alters cuorirt worden, gezogen, erblicken, was durch die für die Zauche ungewöhnlich hohe und andern Pfarren zugelegt oder incorporirt haben, Steuereinheit von 18 Frusten und ihre gesonderte Erwähnung doher dann allerley Unrichtigkeiten erstanden und er­ in den Prokurationsregisternio) betr. Kammerode noch unter­ strichen wird. Die Schwierigkeit der Feststellungen ist hier wachsen. Sollen derwegen die Pfarren so allewege dadurch gegeben, daß die Mutterkirchen wüst wurden, wäh­ Unirt und zusammen gewesen, hinfüro ungescheiden rend die Nebendörfer bestehen blieben. und zu Hauffe bleiben, auch in der Collatorn oder Pa­ Zu Nr. 21: Der in der Tabelle I angeführte Passus betreffs tronen macht oder gewalt nicht stehen, dieselbigen der Pfarrhufen in Kemnitz deutet darauf hin, daß Kemnitz ehemals eine selbständige Pfarrei gewesen ist, was durch die ohne Hochgedachts Unsers gnedigsten Herrn, oder alte Feldsteinkirche und die Zehnterhebung unterstrichen S. Churf. G. geistlichen Consistorii zu Cöln an der wird. Die benachbarte Pfarrei Phöben wird überall als TTni- Sprew, vorwissen und erkandtnus zu distrahirn, und cum bezeichnet. Somit hatte Kemnitz zur Zeit der Visitatio­

58 andern Pfarren zu zu wenden."28) Diese Bestimmungen Folgende Dörfer sind uns als mit drei Pfarrhufen wurden im Entwurf einer Konsistorialordnung von ausgestattet bezeugt, nämlich Jeserig, Groß-Kreutz, 156124) und in der Konsistorialordnung von 1573 wie­ Plötzin, Litzkendorf, Eisholz und Schönefeld44). Bochow derholt. hatte 1375 nur zwei Pfarrhufen, 1541 jedoch drei43). Die nachstehende Zusammenstellung der Befugnis- Entweder ist eine Nachdotierung erfolgt oder die An­ übersdireitungen der Patrone zeigt, wie hartnäckig gabe im Landbuch beruht auf einem Schreibfehler, sie an den eigenkirchenrechtlichen Gedanken festhielten, auch wodurch unsere Annahme, daß Plötzin, Bochow und als die erstarkende Zentralgewalt des brandenburgischen Staates für derartige Sonderrechte keinen Raum mehr bot. Groß-Kreutz der ersten Ansiedlungsperiode angehören, Um 1523 benutzte Hans von Rochow als Patron von Bliesen­ durch den gleichen Pfarrausstattungssatz wirksam dorf die derzeitige Vakanz der Pfarre dazu, dieser den Zehnt der wüsten Feldmark Kammerode vorzuenthalten). Er unterstützt würde. Welcher Eigenart diese Dörfer ihre wurde durch die Visitatoren 1541 „gebetten, denselben der vom Normalmaß abweichende Ausstattung verdanken, pfarre widerumb zuzuwendende, was nicht geschehen ist. ist nicht ersichtlich. 1614 schloß von Rochow die Kirche zu Kanin und beauftragte den Pfarrer von Wildenbruch mit der Wahrnehmung der Die in den neuen Landen übliche Vier-Hufen-Dos ist Pfarrgeschäfte. Die Obrigkeit war aber schon zu sehr er­ in der Zauche nur für Deetz, Rädel, Glindow und starkt, als daß er mit seiner Eigenmächtigkeit durchdrang27). 46 In vier weiteren Fällen versuchten die Patrone, dem Pfarrer Kammer bezeugt ). Die Einrichtung dieser Pfarreien, den Kornzehnt zu verweigern: so in Rieben^s), in Zolchow29), die außer Kammer in ihren Ortsnamen schon vor 1238 in Prützke von der wüsten Feldmark Rokitz30) und in Werder 47 von der Wüstung Zemowsi), deren Zehnteinkünfte zu Kem- bekannt sind ), und ihre Dotierung auf Grund der nitz gelegt wurefcen32). Kurz vor der ersten Visitation wurde Merseburger Vertragsbestimmungen ist unwahrschein­ wahrscheinlich auf Grund persönlicher Vereinbarungen zwi­ lich. Da Kirchen klösterlichen Patronats häufig mit schen Rochow und dem Abte von Lehnin Krielow von seiner 48 Mater Groß-Kreutz getrennt und zu Derwitz geschlagen; da­ einer größeren Dos ausgestattet sind ), dürfte die Vier- für wurde Kemnitz, bisher Filia von Phöben, zu Groß-Kreutz Hufen-Dos für Deetz und Rädel, die schon im 12. Jahr­ gelegtss). Die Visitatoren nahmen die vollendete Tatsache hundert in den Besitz des Klosters Lehnin kamen, er­ ebenso hin wie bei der Verlegung von Gollwitz zu Wust zu­ klärt sein. 1541 erscheint der Besitz der Pfarre Deetz folge vorheriger Abmachung zwischen Joachim von Rochow 49 und dem Rat der Neustadt Brandenburg^). Georg von Thü- als auf zwei Hufen reduziert ), bei Kammer werden men hatte 1541 als Patron von Stücken die zwei Pfarrhufen keine Pfarrhufen mehr genannt50). gegen eine dem Pfarrer zu gering scheinende Pachtsumme selber unter den Pflug genommen und ihm obendrein noch Die Bestimmungen der Capitulatio de partibus Streuung und Mist weggenommen35), ein widerrechtlicher Zu­ 51 stand, der noch im Jahre 160« beklagt wirdSß). Saxoniae (775—790) ), wonach zu jeder Kirche ein Hof, zwei Hufen Land und auf je 120 Seelen Knecht Wir sind den Ereignissen vorausgeeilt und knüpfen und Magd darzubringen sind, wirkt wohl in der Nut­ mit der Frage nach den Landausstattungssätzen wieder zung der Pfarr-Dos von Reckahn und Petzow nach. In an die Zeit der Landnahme an. Da es in der ersten Reckahn ist die Pfarrhufe „zw einen hoff gelegen, wel­ Kolonisationsperiode darauf, ankam, an die wichtigsten cher Besitzer dem Pfarrer Jerlich 12 tag dient" und Punkte so schnell wie möglich Menschen zu schaffen, zu Naturalleistungen verpflichtet ist. Als Gegenleistung sind die ersten siedlerischen Kräfte sicherlich aus dem muß der Pfarrer ihm Futter und Mehl geben52). In Anhaltischen und aus der Altmark, dem Vorfeld der Petzow, so betont die Visitationsmatrikel von 1541 aus­ Kolonisation, eingewandert. In den späteren Sied­ drücklich, ist die Pfarrhufe „von Alters bei demhofe, lungsabschnitten sind neben diesen auch Niederländer den Itzun Jacob Niemann bewanet" gewesen; die in die Zauche gekommen und haben wohl vornehmlich Naturalleistung von 5V2 Scheffel Roggen und Z% Schef­ die Niederungsgebiete besiedelt. fel Hafer ist in dem „Scheffelkorn" des ganzen Dorfes enthalten53). * Schon Riedel hat auf die Übertragung von Orts­ namen der Altmark in die Mittelmark hingewiesen37) Dies Vorhandensein von Dotalbauem leitet über zu und der Annahme Eingang verschafft, mit Hilfe der dem in der Zauche nicht weit nach 1600 gebräuchlich Ortsnamenübertragung Rückschlüsse auf die Herkunft werdenden Erbpachtverhältnis, das Nr. 22—25 der der Siedler zu machen. Die von ihm angeführten Bei­ „Ordnung und Satzung von 1558" noch ausschloß54). spiele lassen sich um einige weitere für die Zauche Die Erbpacht, entstanden aus einem Mangel an Acker­ vermehren, ohne daß sich mit Sicherheit die Zuwan­ nachfrage einerseits und aus der Not um regelmäßige derung der zauchischen Siedler aus der Altmark nach­ Einkünfte andererseits, führte im 19. Jahrhundert zum weisen läßt. Zudem gewinnen wir aus dieser Frage völligen Verlust des Pfarrlandes, und- zwar teils auf ebensowenig Antworten über die Pfarrorganisation Grund des Gesetzes vom 2. 3. 1850, wonach das Eigen­ der Zauche, wie andererseits zweifelhaft bleibt, ob die tumsrecht des Verpächters aufgehoben wurde, teils durchschnittliche Ausstattung mit zwei Pfarrhufen durch allmähliche Entfremdung infolge Aufgehens der — hauptsächlich auf dem Hochplateau der Zauche — Pfarrhufen im Gemenge der Feldmark. auf ostsächsische oder niederländische Traditionen zurückgeht38). Zwar beobachten wir in den Niederungs­ Wir begnügen uns damit, den für die sonstigen Fälle typischen Werdegang des Pfarrackerverlustes in Kähns­ dörfern — im Alluvialgebiet der Havel und ihrer Zu­ dorf kurz zu skizzieren. 1541 war die Lage der Pfarr­ flüsse — die in den Niederlanden übliche Bewidmung hufen schon nicht mehr bekannt55). Durch die Sepa­ mit schmalen Dotess aber nirgends läßt sich für die ration der Feldmark wurde der Kampf um die Her­ mit zwei und mehr Hufen ausgestatteten Pfarreien auf ausgabe der Pfarrhufen ausgelöst. Da die Pfarre Bee­ der trockenen Hochfläche der Zauche die Herkunft er­ litz nicht mehr imstande war, die Lage der Dotalhufen weisen. Auch die Zehnterhebung läßt kein Merkmal zu bezeichnen sowie ein Zeitpachtverhältnis nachzu­ des Ursprungslandes der Siedler erkennen; denn in weisen, wurde die Vindikationsklage der Pfarre Bee­ allen zauchischen Dörfern deutscher Besiedlung stand litz durch Rechtserkenntnis des Revisionskollegiums ausnahmslos die. Drittehing des Zehnts in Geltung30). 40 vom 30. 9. 1864 abgewiesen und besonders das Re­ Hieraus mit H. F. Sctomid ) auf einen starken Einfluß skript Friedrich I. vom 15. 12. 171156) herangezogen, wo­ niederländischer Siedler auf die vermögensrechtliche nach Kirchengüter, bei denen unerwiesen bleibt, ob sie Fundierung des gesamten Bistums zu schließen, dürfte der Pfarrer jemals selber bewirtschaftet habe, als bona das Ausmaß der niederländischen Einwanderung über­ censitica erachtet und vor Vindikationsansprüchen sei­ schätzen. Vielmehr wird der Bischof von Brandenburg tens der Kirche, geschützt werden57). Der Revisions­ schon zu Beginn der Kolonisationszeit auf ein Drittel 41 antrag der Pfarre wurde durch Entscheid des kgl. des Zehnts zugunsten der Pfarrer verzichtet haben ). Obertribunals vom 22. 6. 1865 verworfen58). Dabei wich er nicht etwa siedlerischem Druck, sondern folgte einer damals schon vorhandenen Rechtsgewohn­ Der Charakter eines noch gefährdeten Kolonisations­ heit. H. F, Schmid42) weist darauf hin, daß in Bayern gebietes verlangte es, daß sich die Städte an bereits be­ Zehntdrittelung schon im 10. Jahrhundert in Geltung stehende Burganlagen, also an die Burgwarde ange­ war, und die Bulle Innozenz IL von 113943), die die lehnt haben. In der westlichen Zauche sind keine Zehntverhältnisse in Besitzungen des Magdeburger Burgwarddistrikte bezeugt. Ob Golzow Mittelpunkt Erzbischofs regelt, läßt in ihrem Wortlaut erkennen, eines Burgwardgebietes war, muß dahingestellt blei­ daß die Tricesima etwas Selbstverständliches war. ben59). 59 Der Pfarrsprengel Beelitz bildete sich wohl gleichzeitig Für den Ursprung der Stadt Werder fehlt jeder Be­ mit der Besitzergreifung des Stützpunktes nach dem Muster leg. Es tritt 1317 als „Opidum Werder dictum" mit der Burgwardparochie mit Grenzel als Dotaldorf. Die lehns­ einem Areal von 46 Hufen in das Licht der Ge­ herrlichen Rechte des Pfarrers sind hier zwar nicht urkund­ schichte60). Es ist nicht ausgeschlossen, daß die An­ lich bezeugt, aber es liegen hier dieselben Rechtsverhältnisse vor wie in Sernow. „Die Grenzelhufen geben den Sichtern fänge Werders auf dem Festlande zu suchen sind, wie zu Brandenburg Pacht und Zins und dem Pfarrer eine jede der Flurname „Alte Dorfstelle" und die Lage der Feld­ Hufe 2 Viertel Roggen, aber keinen Zehntel). Die in den mark wahrscheinlich macht. Die Ausstattungsverhält­ Ritterhufen gelegene Pfarr-Dos von zwei Hufen wurde, als die Besiedlung des Landes einsetzte, samt dem Scheffelkorn nisse von Golzow und Werder unterscheiden sich auch in Lühsdorf, Schäpe und Seddin?2) zur Dotationsmasse der in keiner Weise vom Typus der dörflichen Kolonisten­ Pfarrei Beelitz geschlagen, so daß sich folgendes Bild der pfarre. Pfarreinkünfte ergibt: In der Ostzauche hingegen ist die Entstehung der Feldmark Art der Dotation Beleg 1. Grenzel Fixierte Korn­ Pf. A.. Beelitz 1,2 Städte Treuenbrietzen, Beelitz und Saarmund in An­ abgabe lehnung an eine militärische Feste urkundlich bezeugt 2. Beelitz 2 Pfarrhufen und K. A. Beelitz und die Pfarrsprengelbildung durch burgwardparo- Kornzehnt Litt. a Nr. 1 chiale Elemente bedingt. Im Schutze der Burg Treuen­ 3. Markendorf Kornzehnt wie 1 61 4. Mertensdcrf Scheffelkorn wie 2 brietzen ), zu der ursprünglich keine Feldmark ge­ 5. Neuendorf Scheffelkorn wie 2 hörte, lagen die Dörfer Neuendorf, Darbrietzen, Ser- 6. Lühsdorf Scheffelkorn wie 2 now und Budorf, die vom Ende des 13. Jahrhunderts 7. Schäpe Scheffelkorn wie 2 an mit Treuenbrietzen vereinigt wurden62). Jede Dorf­ 8. Seddin Scheffelkorn siehe Anm. 73. schaft hatte ihren eigenen Schulzen, dessen Amt erst In Saarmund kam es nicht mehr zur Bildung burg- 63 wardparochialer Elemente. Anfangs nur eine Grenzbefesti­ im 16. Jahrhundert an die Stadt überging ), und gung am Zusammenfluß von Nuthe und Saare74) am rechten bildete bis in die neueste Zeit eine selbständige Acker- Flußufer75), entstand kurz daiauf eine deutsche Siedlung im gemeinschaft. Schutze der Burg. Mit den deutschen Siedlern entstand die Pfarrei mit der dem kleinen Umfang der Feldmark76) an­ Treuenbrietzen war der erste Punkt, der zur gemessenen Dos von nur einer Hufe sowie den Korn- und Sicherung des Grenzgebietes an der Nuthe besetzt und Flachszehnt77). Für die Bildung einer Dorf-Dos wie in Treuenbrietzen und Beelitz fehlte es einerseits an einem wurde. Hier entstand, ehe die Durchsiedlung des Lan­ dafür in Frage kommenden Dorf, andererseits war der Zeit­ des begann, eine Pfarrei mit Sernow als Dotaldorf. Der raum zwischen der Inbesitznahme der Burg und der Grün­ Pfarrer übte an diesem Dorfe — wie im Sorbenlande — dung der deutschen Siedlung zu kurz, als daß es zu einer Burgwardparochie hätte kommen können. Das Bedürfnis lehnsherrliche Rechte aus. In dieser Stellung des Pfar­ nach einer Pfarrei entstand erst mit den deutschen Siedlern, rers ist es begründet, daß *er zu der 1301 erfolgten und diese gaben ihr von vornherein das Gepräge einer Kolo­ Übereignung des Dorfes an die Stadt Treuenbrietzen nistenpfarre. unbeschadet aller der Pfarrei zustehenden Rechte seine 64 Während der Ansatz zur Städtebildung in Golzow freiwillige Zustimmung erteilte ). Während sonst für und Saarmund und die allmähliche Stadtwerdung Wer­ das Filialverhältnis etwa die Formel „Ecclesia in . . . ders keine vom Typus der Kolonistenpfarre abweichen­ et vülae ad eam pertinentes" gebräuchlich ist, bezeich­ den Formen der Pfarrausstattung zeigt, tragen Treu­ net das Adjektiv adherentern in der unten angeführten enbrietzen und Beelitz Züge der Burgwardparochie an Urkunde die Besonderheit des Abhängigkeitsverhält­ sich. Aus dieser Beobachtung heraus etwa kirchliche nisses des Dorfes Sernow von der Pfarrei Treuen­ Organisation in der Ostzauche vor Einsetzen der Kolo­ brietzen. In der Visitationsmatrikel von 1541 wird die nisation zu behaupten, verbietet sich einfach durch die Lehnsherrlichkeit der Pfarrei über Sernow sowie die politische Lage im 12. Jahrhundert. Der geringe Um­ beiden Nutznießer des Lehens, Hans Sichter in Bran­ fang des Zehntbezirks der städtischen Pfarreien unter­ denburg und Hermann Lamberg in Jüterbog, Lehns­ ertrag und Lehnsware ausdrücklich genannt65), Dar­ streicht noch die Annahme, daß die Pfarrsprengelbil­ brietzen, für das ähnliche Rechtsverbindlichkeiten vor­ dung nicht vor der Besitzergreifung des Landes erfolgt liegen wie für Sernow, und Niebel, gehörten zur Pfar­ sein kann. Vergleicht man die Pfarrausstattungssätze rei der Stadt, ferner Werbig, Jeserig, Klausdorf60) und der an der Linie Beizig—Saarmund liegenden Städte Frohnsdorf67). Im Zuge der Besiedlung wurden dann miteinander, so ergibt sich von Südwesten nach Nord­ Neuendorf und Budorf als bäuerliches Suburbium68) mit osten eine stete Verringerung der burgwardparochialen ihren zwei Dotalhufen zur Pfarrei der Stadt geschlagen Elemente. Sie geben einen Maßstab ab für die zeitliche und vermehrten die Pfarreinkünfte um Elemente, wie Differenz zwischen Besitzergreifung und Durchsied­ lung des Landes. In Niemegk konnte noch ein ausge­ sie uns von den Kolonistenpfarren her bekannt sind. 78 Am Ende der Landnahmezeit enthält die Pfarrei Treu­ dehnter Zehntbezirk entstehen ), innerhalb dessen bei enbrietzen hinsichtlich ihrer Ausstattung nebeneinan­ der späteren Besiedlung selbständige Pfarreien ent­ der Elemente sowohl der Burgwardparochie als auch standen. Innerhalb der Urpfarrei Treuenbrietzen,. des­ der Kolonistenpfarre. sen Zehntbezirk längst nicht die Größe der uns be­ kannten Burgwardparochien angenommen hatte, ist es In ähnlicher Weise vollzog sich Stadtwerdung und Pfarr­ nur bei Nieder-Werbig zur Exemtion gekommen. Die sprengelbildung in Beelitz. Am rechten Ufer der Nieplitz lag das Dorf Beelitz mit seinen 30 Ritterhufen und einsetzende Kolonisation brachte bald Elemente der am linken Ufer flußabwärts Markendorf mit 18 Hufen. Die Kolonistenpfarre in die Dotationsmasse. In Beelitz war Bezeichnung Ritterhufen deutet darauf hin, daß das Dorf Beelitz den Charakter eines bäuerlichen Suburbiums der die Zeitspanne zwischen Pfarrsprengelbildung und Be­ ritterlichen Burginsassen hatte. Schon Sebald hat die zu­ siedlung noch geringer, so daß der Zehntbezirk sehr treffende Vermutung ausgesprochen, daß sich aus diesen bei­ klein war und Exemtionen nicht stattfanden. In Saar­ den Dörfern die Stadt entwickelt hateo). in ihrem Weichbilde lagen, ferner Neuendorf, Grenzel, Mertensdorf, deren Ein­ mund vollends bildete sich die Pfarrei erst mit den gemeindung vom Ende des 14. Jahrhunderts an erfolgte70)* deutschen Siedlern.

i) Ferner ist Mune unberücksichtigt geblieben. Riedel 7) Riedel AX 392. — 8) K. A. Altstadt Brandenburg Gen Nr. 1. (I, S. 251) nimmt an, daß die Pfarrei Mune in der Nähe von — o) K. A. Neustadt Brandenburg Litt, a Nr. 1. — io> Cursch- Göhlsdorf zu suchen sei. Nach dem Wortlaut der Urkunde mann S. 434. — U) Vgl. S. 55. — 12) Vgl, S. 59. — 13) Riedel von 1234 (Riedel A VIII148; „ , .. ecclesiam in Mune cum AX382. — 14)'Landbuch S. 219: 60 Hufen. — 15) Je 24 Dorf­ ecclesia in Gols lorf cum villis et decimis et omnibus perti- hufen, je 1 Pfarrhufe (Landbuch S. 215, 216). — 16) Riedel nentiis suis.") wäre Göhlsdorf mit Beidörfern eine Filia von A X 385, — 17) Landbuch S. 222. — 18) Riedel A X 131. — iß) Vgl. Mune gewesen. Beides aber widerspricht dem Tatbestand. S. 59. — 20) Riedel A VII 469. — 21) Riedel A VIII 134. — Göhlsdorf war eine selbständige Pfarrei (vgl. Nr. 13 der Ta­ 22) Riedel A VIII156. Ergänzt wurde diese Begnadung durch belle I) und hatte keine Beidörfer. Um das im Lande Jüter­ die Kirchenordnung von 1380, nach der Patrone, falls sie den bog gelegene Göhlsdorf kann es sich auch nicht handeln, weil Nachlaß ihres Pfarrers einziehen, bei erfolgter Vakanz kein dieses in der Urkunde von 1234 an anderer Stelle bereits auf­ Präsentationsrecht mehr genießen sollen (Riedel A VIII328). geführt wird. Da eine Wüstung in Göhlsdorfs Gemarkung — 23) Mylius I, 1, S. 266 f. — 24) vgl. Hass in FBPG 1914. — (vgl. Flurnamenverzeichnis der Göhlsdorf er Feldmark in Hist. 25) Riedel AX392. — 26) Riedel A X 178. — 27) G. St. A. Rep. Verein Brandenburg Festschrift S. 197 f.) nicht bekannt ist 47, 3, M. A. 22. — 28) Riedel AIX 293. — 29) Riedel A X 389; und Mune nur einmal 1234 erwähnt wird, ist anzunehmen, auch noch 1600 (K. A. Altstadt Brandenburg Gen. Nr. 2). — daß der Text der Urkunde verdorben ist. — 2) Riedel AIX 30) Riedel A XI 487. — 3i) Riedel A X 379; auch noch 1575 (K. A. 449, — 3) K. A. Treuenbrietzen Litt, d Nr. 1 (1600). — 4) K. A. Altstadt Brandenburg Gen. Nr. 1). — 32) Riedel A X 390. — Beelitz Litt, f Nr. 1. — 5),vgl. S. 56. .— 6) Landbuch S. 202. — 33) Riedel A X 382 f., 390. — 34) Riedel A X 386, 393. — 35) K. A.

60 Beelitz Litt, £ Nr. 1. — s«) G. St. A. Rep. 47 Pfarrbesetzungen (Riedel A XII 418). — 63) Riedel A IX 339. — 64) Riedel A IX 354: 1672-ii778 "M. A. 76. — 37) Bd. II S. 46 ff. - 88) H. F. Schmid quod discreti viri consules et universitas civium in S 170 - - ;{ö) Die ältesten Zeugnisse für Zehntdrittelung in der Bricena villam dietam Sarnowe nostre ecclesie in Bricena Zaliehe sind: Riedel AX188: „In Namiz duas partes deeima- adherentem ad predietam civitatem Bricene transmutarunt rum dedit Nobertus Episcopus Brandenburgensis" (1204); Rie­ salvo omni jure nostro ac successoris nostri ita tarnen ut del A XXIV 328: „(Aufzählung von Dörfern Lehnins) .. . tertia nobis jure ecclesie jam dicte Bricene ac successori nostro de parte mansorum eiusdem excepta" (1217). — In den Visitaüons- omnibus, que quondam Burgenses nobiscum placitaverunt, fpatrikeln der Zauche findet sie bei Kemnitz 1541 Erwähnung: integraliter satisfiat, super quo assensum nostre bone volun- hat den Kornzehend Als den Dreyssiggsten mandel" (Rie­ tatis addimus omnibus de premissis." — Ö5) Riedel AIX 446: del A X 390). Belegstellen für die gesamte Mark Brandenburg „Dise Pfarr hat auch etliche Pacht und Zinse zw Manlehen zu bei H F. Schmid S. 172 Anm. 2. — In jüngeren Vermögens­ verleihen." Die Pfarre Treuenbrietzen war auch Lehnsherr nachweisen der Pfarreien wird die Tricesima allenthalben über Werbig und Jeserig. — ee) Über die Vereinigung Klaus­ genannt und zugrunde gelegt. Vgl. auch „Ordnung und dorfs an das Kloster Zinna, vgl. Hoppe (Zinna) S. 137. Ebenda Satzung" von 1558: „18. Und do sie dem Pfarrer kornzehnt Bestimmung des Terminus der Wüstwerdung (1426—1452) in zu geben schuldig, soll der Pfarrer macht haben, an welchem Verbesserung der Angaben bei Pischon Urkundensammlung Ende des Stücks es jme gelegen, anzufangen umb die 30. man- S. 1.4 f. — 67) Es ging 1428 in den Besitz der Stadt Treuen­ del zu zelen, . . ." (Mylius I, 1, S. 267). — 40) s. 170 f. — brietzen über. Schon 1375 (Landbuch S. 208) hatten verschie­ 4i) Curschmann S. 331. — 42) s. 139. — 43) Riedel A VIII102. — dene Bürger der Stadt beachtliche Gerechtsame in dem Dorf. 44) jeserig (Riedel A X 386), Gr. Kreutz (Landbuch S. 219), — 68) Siedler S. 133 ff.; Schrader S. 17. — 69) Sebald: Bre- Plötzin (Landbuch S. 193), Litzkendorf (Landbuch S. 221), viarium Historicum 1655 S. 691. — Pf. A. Beelitz I, 2; -auch Eisholz (Landbuch S. 210), Schönefeld (Landbuch S. 128). Siedler S. 98. — ?o) Die Neuendorfer Hüfnerschaft bildete bis — 45) Landbuch S. 217; Riedel A X 388. — 46) Deetz (Landbuch 1873 eine von den Ritterhüfnern getrennte Ackergemeinschaft. S 217), Rädel (Landbuch S. 216), Glindow (Landbuch S. 221), (Bernhard Elsler: Das Protokollbuch der Neuendorfer Hüfner­ Kammer (Landbuch S. 222). — 47) Deetz und Rädel 1190 (Riedel schaft in Beelitz. Beelitz 1932). Grenzel vor 1472 (Gley S. 155), AX182); Glindow vgl. S. 34. Für Kammer fehlt ein ent­ Mertensdorf und Seddin 1406 (Riedel AIX 483). Seddin blieb sprechender Beleg. — 48) H. F. Schmid S. 50. Hier auch Be­ als selbständiges Dorf bestehen. — 7i) Pf. A. Beelitz I, 2. — legstellen. — 40) Riedel A X 383. — 50) Riedel A X 395. — si) MG 73) seddin lag schon 1375 in der Einflußsphäre der Stadt. LL sect. II. Capitularia reg. Franc. I. S. 69: „15. Ad unam- Mehrere Beelitzer Bürger nahmen beträchtliche Nutzungs­ quamque ecclesiam curte et duos mansos terrae pagenses rechte an dem Dorfe wahr; außerdem heißt es: „Hans Schulte ad ecclesiam recurrentes condonant, et inter centum viginti predictus (prefectus in Beelitz) habet Judicium supremum homines, nobiles ingenuis similiter et litos, servum et cum servicio curruum a marchione" (Landbuch S. 209 f.). ancillam eidem ecclesiae tribuant." — 52) Riedel A X 397. Die Über das Parochialverhältnis des Dorfes sind wir erst seit Matrikeln von 1575 und 1600 wiederholen dies Rechtsverhältnis 1527 (Curschmann S. 402) unterrichtet, wonach es bereits ein (K A. Altstadt Brandenburg Gen. Nr. 1 bzw. K. A. Neustadt Filial von Stücken war. Es ist jedoch nicht anzunehmen, daß Brandenburg Litt. g. Nr. 1). — 53) Riedel A X 382. — 54) My­ sich diese Filiation in der Landnahmezeit gebildet hat. Schiun74 ­ lius I, 1, S. 268 f. — 55) K. A. Beelitz Litt. f. Nr. 1. — kendorf wäre die nächstliegende Pfarrei gewesen. — ) Lu- 56) Mylius I, 1, S. 445. — 57) v. Brünneck S. 108 f. — 58) Pf. A. dat S. 73. — 75) Daher rechnet Saarmund im Landbuch S. 40, Beelitz XIII, 3. — 59) Zwar wird ein Vogt in Golzow genannt 64, zum Teltow. — 76) Nach Fidicin (III, 3, S. XII) nur 10 Hufen. (Riedel AX239): „Compositio Rufonis Grife, advocati in Der Saarmunder Eisbruch wurde erst nach Anlegung des Goltzow marchionis Ludivici, . . .", Kuhns S. 113 hegt aber Königsgrabens und Regulierung der Nuthe in der Mitte des Zweifel an der Existenz einer Vogtei Golzow, weil sie nur 18. Jahrhunderts zur Gemarkung Saarmund gerechnet. — einmal erwähnt wird. — 60) Riedel A X 233. — 01) Riedel 77) K. A. Potsdam I Litt. 1. Nr. 1 (Visitationsmatrikel 1575). A IX 357. — 62) Budorf 1290 (Riedel A IX 352). Ob die in der — 78) H. F. Schmid S. 97. — Die Größe dieses Bezirks hat in gleichen Urkunde genannten Heidehufen einem ehemaligen der kursächsischen Visitation von 1530 ihren Niederschlag ge­ Dorf gehörten, bleibt fraglich. Sernow 1301 (Riedel AIX 354). funden. Während das Pfarreinkommen an Scheffelkoni in Darbrietzen 1311 (Riedel AIX 356). Die Neuendorfer Hufen, Brück nur insgesamt 140 Scheffel (St. A. Dresden Loc. 10 600 deren Eingemeindung in die Stadt schon in den Anfängen Bl. 16 a) und in Beizig 262 Scheffel (St. A. Dresen Loc. 10 598 städtischen Lebens erfolgt sein muß (Fidicin III, 3, S. X), Bl. 203 ff.) beträgt, erreicht es -in Niemegk ohne das Filial werden von Heffter (S. 310) irrtümlich mit der Gemarkung Neuendorf die Höhe von 428i/2 Scheffel (St. A. Dresden Loc. des Dorfes Kaul identifiziert, das jedoch bei Wriezen a. O. lag 10 598 Bl. 214 a).

VII. Das Zusammenlegen von Pfarreien Im Neuland der Kolonisation glaubte man, die im Stargeser mit 30 Hufen»). Bald danach wurde es wüst; seine Feldmark wurde zu Plötzin gelegt, als dessen Beiland 1624 Herkunftslande der Siedler bewährten Rechtsgepflo­ 18 Hufen erscheinen. Laut Visitationsmatrikel von 154110) be­ genheiten einfach auf die neuen Verhältnisse über­ steht die Pfarrausstattung von Plötzin aus „drei Dorf? hufen tragen zu können. Mochte man einen stärkeren Zu­ und eine wüste hufe"; in letzterer werden wir die Pfarr-Dos von Stargeser zu erblicken haben. Der hohe Kornzehntertrag strom an Siedlern erwartet oder in die Ertragsfähigkeit von 8 Wispeln verstärkt unsere Annahme, daß die gesamte des Bodens größere Hoffnungen gesetzt haben, mochte Pfarr-Dos von Stargeser an die Pfarrei Plötzin gefallen ist. eine zu klein bemessene Feldmark den Lebensraum Nun hatte schon lange vor 1287 eine Vereinigung der Pfarreien Stargeser und Plessow stattgefunden. In diesem Jahre ver­ eingeengt oder die Abgelegenheit von einer Straße die einigte Bischof Heidenreich die Kirche zu Plessow mit der zu Entwicklung gehemmt haben, kurz, nicht nur slawische Plötzinii). Wäre die Wüstwerdung von Stargeser mit der Fili- Siedlungen verödeten, sondern auch deutsche Kirch­ ierung von Plessow gleichzeitig erfolgt, so hätte in der Filiationsurkunde von 1287 auch die Rechtsnachfolge der Pfarr­ dörfer wurden wüst. Die mit den wüst gewordenen dotation der Wüstung Stargeser geregelt werden müssen. Das Kirchen verbundenen Einkünfte wurden zur Auf­ Schweigen der Urkunde über den Verbleib des Pfarrver- besserung des Stelleneinkommens der nächstgelegenen mögeris von Stargeser legt die Annahme nahe, daß dieses Dorf bald nach 1264 wüst geworden ist und mit Plötzin ver­ Pfarrkirche zugewiesen, ein Vorgehen, das dem gelten­ einigt wurde. Eine Zusammenlegung mit Plessow kam nicht den Kirchenrecht entsprach1). in Frage, weil das Domkapitel wegen der Gefahr der Ent­ fremdung der Dotationsmasse kein Interesse daran haben Als Rokitz zwischen 1375 und 1378 wüst wurde2), konnte, die Pfarr-Dos von Stargeser einer Kirche beizulegen, wurde die Dotationsmasse der Pfarrei Prützke über­ an der es kein Patronatsrecht ausübte. Vielmehr war es be­ 8 4 strebt, das Einkommen seiner eigenen Fatronatskirchen, wozu wiesen ). Infolge Wüstwerdens von Litzkendorf ) und Plötzin gehörte, zu vermehren. Plessow wird also nach dem Kammerode5) fand eine Kumulierung der kirchlichen Wüstwerden Stargesers eine Zeitlang wieder selbständige Pfarre geworden sein, bis es 1287 ebenfalls mit Plötzin ver­ Vermögensmassen dieser Dörfer in der Pfarrei Bliesen^ einigt wurde. dorf statt. Die Visitationsmatrikel von 1541 erwähnt nur die Pfarr-Dos von Kammerode6); in einem Nachtrag Diese Pfarrvereinigung ist nicht die einzige gewesen. zur Matrikel von 1575 heißt es hingegen: „Item 'hatt Von der Mitte des 13. Jahrhunderts an mehren sich die noch 2 Hufen auff der feldtmatrck Kamerode, beackert Nachrichten über das Zusammenlegen der Benefizien. die selbst . . . und 3 hufen uff der Liezendorfschen Welche Ursache führte diese kirchlichen Rechtsakte Feldtmarck, hatt die aussgethan"7). die 34 Hufen des herbei? Infolge des Bestrebens, in jedes deutsche Kolo­ nach 1375 wüst gewordenen Dorfes Ficksdorf wurden nistendorf eine Pfarre zu legen, war das Land mit zu Wittbrietzen gelegt; die Pfarre Wittbrietzen genoß Pfarreien übersättigt worden. In der Folgezeit ergab die Tricesima von den Wüstungshufen, wie aus dem un­ sich, daß das Einkommen der einzelnen Pfarre nicht gewöhnlich hohen Kornzehntertrag wahrscheinlich ausreichte, um einen Pfarrer darauf zu erhalten12), und wird8). Da mit dem Wüstwerden einer Pfarrei auch das da trotz hinreichender Anwärterschaft die Nachfrage Rechtssubjekt erloschen war, wurden die Vermögens­ nach dörflichen Pfartrstellen immer geringer wurde, komplexe des wüst gewordenen Sprengeis mit der Dos ging man daran, die Benefizien zu vereinigen, um über­ der die Wüstung übernehmenden Pfarrei verbunden. haupt eine seelsorgerliche Betreuung der Dorfgemein­ den zu gewährleisten13). Wie dürftig die Lebensverhält­ Eigenartig liegen die Verhältnisse bei der Vereinigung der Pfarreien Plötzin, Stargeser und Plessow. Im Jahre 1264 er­ nisse des Landpfarrers waren, zeigen deutlich die warb das Domkapitel das am Kleinen Plessower See gelegene Inventar angaben der Visitationsmatrikeln14).

61 So nimmt es auch nicht wunder, wenn uns das Vika- ständigen Vermögens angegeben werden. Schwierig­ rienwesen, d. h. die Sitte, daß der Pfründeninhaber die keiten ergaben sich nur, wenn etwa zum Zwecke von Pfarrpflichten durch einen Stellvertreter gegen geringes Neugründungen ein Teil der Feldmark ausgeschnitten Entgelt versehen ließ15), nur in drei bezeichnender­ wurde und nun zwei Gruppen zur Aufbringung der weise gut dotierten Pfarreien bezeugt ist. Der Dom­ Pfarreinkünfte verpflichtet waren. Dieser Fall trat in kellner Johannes von Milow wurde 1303 Pfarrer von der Zauche während des Mittelalters nicht ein, wohl Langerwisch16), wird aber das Amt selber nie aus­ aber im 18. Jahrhundert anläßlich der Gründung von geführt haben17). Ebenso verhielt es sich mit dem Dom­ Freienthal auf der Feldmark Damelang. Die lang­ herrn Hentzo von Gersdorff, der auf Präsentation wierige Auseinandersetzung des Pfarrers KÖpke in Karls IV. 1374 Pfarrer an St. Marien in Treuenbrietzen Rädel mit der Kriegs- und Domänerikammer in den 18 Jahren 1754—175923) endete, wie aus einer Aufstellung wurde ), mit dem Domherrn Johannes Cassel, der am 24 12. 3. 1413 in Treuenbrietzen, vermutlich als Pfründen­ Köpkes von 1789 ) hervorgeht, damit, daß Damelang inhaber, genannt wird, im August desselben Jahres 1 Wispel 15 Scheffel an die Pfarre abführte und das aber schon als magister et rector noviciorum nee non Amt Lehnin 9 Scheffel Meßkorn erstattete, so daß der Pfarrei Rädel die 2 Wispel Scheffelkoni der Matrikel divum juvenum ibi existentium in Brandenburg fun­ 23 gierte19), mit dem Domherrn Nicolaus von Klitzing, von 1541 aus Damelang erhalten blieben ). dem durch päpstliches Mandat vom 10. 12. 1401 das Der Zeitpunkt der Vereinigung der Pfarreien ist Vikariat an St. Marien zu Beelitz übertragen wurde20), neben wirtschaftlichen Notwendigkeiten weithin durch wie auch endlich mit Paul Czychow, dem Kalixt III. die Patronatsverhältnisse bestimmt gewesen. Mehr als 1455 gleichzeitig drei Pfründen, nämlich die St. Marien­ die Hälfte aller in der Zauche während des Mittelalters pfarrkirche zu Beelitz, den St. Martin-Altar im Mag- vereinigten Pfarreien stand unter dem gleichen Patro- geburger Dom und ein Kanonikat in St. Marien ad nat. Wenn sich auch der Termin der Vereinigung in den gradus zu Mainz provfdierte21). meisten Fällen nicht erweisen läßt, so ist es doch nicht unwahrscheinlich, daß viele Vereinigungsakte erfolgten, Die zu vereinigenden Pfarreien erfuhren eine unio als beide Pfarreien unter dasselbe Patronat kamen26). per subjectionem, d. h. das eine Benefizium wurde Ob dies aus Fürsorge für die Pfarrer geschah oder aus Mater, zu der das andere als ecclesia filialis in ein Ab­ Habsucht in der Hoffnung, die Dos der Filialkirche zum hängigkeitsverhältnis trat. Während bei der Übernahme Areal des Gutes schlagen zu können, läßt sich nicht von wüsten Pfarreien eine Fusionierung der Dotations­ immer klar entscheiden. massen stattfand, * blieben die Vermögen noch be­ stehender Pfarreien bei deren Vereinigung getrennt. So In der nachstehenden Tabelle sind die Pfarrver­ konnte dann bei späterer Veränderung des FilialVer­ einigungen, die bis 1540 in der Zauche erfolgten, zu­ hältnisses die Dotation der Filia ohne schwierige Aus­ sammengefaßt. Wo das Jahr der Vereinigung nicht be­ einandersetzung mit der bisherigen Mutterkirche in den urkundet ist, wird die jeweils älteste Urkunde, die den neuen Parochialverband übergehen. In gleicher Weise Vollzug der Vereinigung meldet, als Beleg angeführt. blieben auch die kirchlichen Einkünfte derjenigen In der Reformationszeit wurden neben einigen wei­ Dörfer getrennt, die seit jeher Filialen gewesen sind; teren Pfarreien sämtliche Hilfspriester- und Altaristen- ja sie werden in den kirchlichen Lagerbüchern22) sogar stellen27) in den Städten aufgehoben sowie die Klöster als Pfarreien bezeichnet, obwohl sie niemals den Cha­ und Stifte aufgelöst, so daß die Zahl der aktiven oder rakter einer eigenen Parochie gehabt haben. Es sollte notfalls zu aktivierenden Seelsorgekräfte noch mehr damit nur die Zweckbestimmung des der Pfarre zu­ zusammenschrumpfte.

Tabelle IL Die Pfarrvereinigungen bis 1540

Lfd. Mutmaßlicher Nr. Mater Ecclesia filialis Jahr Vereinigungstermin Beleg^ 1. Bliesendorf Kammerode vor 1527 Curschmann S. 434 2. Bliesendorf Litzkendorf bald nach 1375 Landbuch S. 221, Riedel AX392 3. Bochow Göhlsdorf vor 1527 siehe Nr. 1 4. Eisholz Rieben vor 1527 Curschmann S. 400 5. Eisholz Schönefeld 1540 Riedel A IX 450 6. Golzow Pernitz vor 1459 Riedel A VIII 418 f. 7. Golzow Kammer 1529—1541 Curschmann S. 434, Riedel A X 395 8. Jeserig Gollwitz 1459—1527 Riedel A VIII, Curschmann S. 434 9. Neu-Langerwisch Alt-Langerwisch 1287 Riedel A VIII176 10. Netzen Michelsdorf 1442—1527 Riedel AX277, Curschmann S. 434 11. PhÖben Kemnitz vor 1459 siehe Nr. 6 12. Plötzin Stargeser 1264—1287 siehe S. 61 13. Plötzin Plessow 1287 siehe S. 61 14. Saarmund Bergholz vor 1527 Curschmann S. 402 15. Schlalach Brachwitz vor 1459 siehe Nr. 6 16. Schraertzke Göttin 1389—1459 Riedel A VIII 361, Riedel A VIII 418 f. 17. Stargeser Plessow vor 1287 siehe S. 61 18. Stücken Fresdorf vor 1459 siehe Nr. 6 19. Treuenbrietzen Nichel VQr 145Ö siehe Nr. 6 i) Lappe in Zs. f. Rechtsgesch. Kan.Abt. 1913 S. 198, 218 f. — haben die von Schlabemdorff solchs zur Pfar gen Elsholtz 2) siehe S. 58. — *) Riedel A XI 487: „Hat vor Alters diser gelegt." — H) Riedel A X 394: „Der Itzige Pfarrer (von Gol­ Pfarrer jerlich von der Retziger velt marcke gehabt den zow) hat in seinem anzihen auf dise Pfarr pro Inventario Zehenden mit zweien hufen," — 4) 1375 (Landbuch S. 221) und nichts befunden, weil er dan ehelich Ist und den visitatoren 1450 (Schoßregister) sind die Angaben so kurz, daß man an­ sein armut clagt, Ist Ime der Inventar! verlassen. Datzu nehmen muß, daß das Dorf schon in der Auflösung begriffen wollen die Leutte zeugen 6 kandel Zinen, 6 Schussel und war, — 5) Zeitpunkt des Wüstwerdens unbekannt; 1375 (Land­ 1 Spanbett. Soll also stets pro Inventario bei der Pfarr buch S. 200) noch unversehrt. — «) Riedel A X 392. — ?) K. A. Bleiben." — J5) Lindner S. 33 f. — 16) Riedel A VIII 196. — Altstadt Brandenburg Gen. Nr. 1. — 8) Riedel A X 449: i?) 1304 ist er bereits ohne Amtsbezeichnung (Riedel A VIII „.-... hat den kornzehend, kan ungeverlich den uff 6 W. ge- 199). 1314 Abgesandter des Brandenburger Domkapitels in nisen." — ») Riedel A VIII 165. Gley S. 50 hält Stargeser zu Rom (Riedel A VIII 211). — 18) Abb u. Wentz S. 102. — i») Unrecht für eine slawische Siedlung und gibt als Beweis die Abb u. Wentz S, 137. — 20) Abb u. Wentz S. 135.— 21) Vatika­ bereits reduzierte Hufenzahl von 18 Hufen nach dem Schoß­ nische Regesten, abgedruckt in Jb. br. KG. 1931 S. 5. — 22) kataster von 1624 an. Er hat nicht nur die Urkunde von 1264, Diese wurden erstmalig für Westfalen und den Regierungs­ sondern* auch die von 1287 (Riedel A VIII 179) übersehen, bezirk Potsdam angelegt auf Grund des Ministerialerlasses nach der Stargeser Pfarrdorf gewesen ist. — 10) Riedel A vom 8. 12. 1859. (Centralblatt für die Unterrichtsverwaltung X 388. — ii) Riedel AVin 179: „.... ecclesiam Plesowe, que 1860 S. 38). — 23) G. St. A. Prov. Brandenburg Rep. 40 Berlin quondam de Villa Stargesere nunc destructa extitit filia, sub- P. I. Sup. Neustadt Brandenburg Lehnin Nr. 1 — 24) K. A. jecimus et adunivisus ecclesie in Plotsin." — 12) Notiz im Neustadt Brandenburg Mitt. 1 Nr. 1. — 25) Riedel A X 392. — Prokurationsregister von 1527 ff. zur Pfarrei Schiunkendorf: 26) Eine Untersuchung über die Geschichte der Gutsherrschaf­ „Obiit in paupertate." (Curschmann S. 400). — is) so in ten in der Zauche könnte zu genaueren Terminbestirnmungen Schönefeld 1541 (Riedel A IX 450): „Nachdem sich aber ein der Pfarrvereinigungen führen. — 27) über Bezeichnung und Pfarrer davon nicht/mögen erhalten, Ist sie einem Altaristen Rechtsstellung derselben vgl. Lindner S. 39 fit. zw Belitz jn curam gethan, Itzund aber vor einem Jhar

62 VIII. Das Fabrlkgut der Kirche Neben das Benefizialvermögen der Pfarrei trat von matrikei von Reckahn 1541 Aufschluß: „. . . hat ein Anfang an das Fabrikgut der Kirche als selbständiges heiligman, gibt 15 gr. von seinem gut, hat die kirch Rechtssnbjekt. Für die sächlichen Bedürfnisse der den Dinst vom heiligen man. Item gibt auch von einer Kirche an Brot, Wein und Kerzen werden kleine, den gere 8 gr., gibt keine Zinse. sollen es derwegen einem Bedürfnissen der Kirche entsprechende Ackerflächen — andern ans thun und die Retardation von Ime ein­ oft Wiesen und in die Verhufung nicht einbegriffene mahnen"19). Wir entnehmen hieraus, daß an dem der Reststücke von Plänen — zum Nutzen der Kirche Kirche gehörenden Hof die Verpflichtung des Kirchen­ bereitgestellt worden sein. Daß, wie aus der dieneramtes hing, Da der zur Hofstelle gehörige Acker Schenkungsurkunde Ottos II. von 1187 hervor­ den Besitzer meist nicht ernähren konnte, pachtete er geht1), ein ganzer Dorf teil für den Kerzen­ in einem gesonderten Rechtsakt die übrigen Kirchen- bedarf und die Belange der Küsterei zur Ver­ ackerstücke hinzu und war somit in der Regel der fügung gestellt wurde und daß die Kirche zu Glin­ Generalpächter der Kirche, sofern nicht der Patron 2 einige Landstücke an sich nahm wie in Jeserig und dow 1375 eine Hufe besaß ), gehört gewiß zu den 20 Ausnahmen. Fabrikvermögen in Höhe von einer Hufe Krahne ). Das Kirchengut und die Ländereien d&r und mehr hatten nach den Visitationsakten außerdem Kirche hatte der „heilige Mann" nur in Zeitpacht inne. noch Alt-Langerwisch3), Fresdorf4), Plötzin5), Werder6) Das geht nicht nur aus dem Reckahner Einkommens­ und St. Marien in Treuenbrietzen7), die beiden letzten verzeichnis der Kirche hervor, sondern erhellt auch möglicherweise schon zur Zeit der Landnahme. Wie bei aus den Verhältnissen in Plessow. Hans von Rochows der zweiten Kirchen Visitation von 1558 verzeichnet Witwe hatte nach der Korrektur der zweiten Kirchen­ wurde, hatte Jacob von Rochow die infolge Einführung visitation den der Kirche gehörenden Hof gegen eine der lutherischen Lehre überflüssig gewordene Mon­ Leistung von Brot und Wein an sich genommen. Die stranz der Kirche von Groß-Kreutz an sich genommen Visitatoren verlangten nun, sie solle „derwegen sovil und ihr dafür eine Hufe wiederkäuflich abgetreten8). als andere davon geben oder dem gotshaus denselben abtretten"21). Beanstandet wurde also nicht die Inbesitz­ Es hat den Anschein, daß das Fabrikvermögen durch nahme des Kirchenguts durch den Patron an sich, son­ Stiftungen aus Irgendwelchen ernsten Anlässen all­ dern nur die Vorenthaltung der auf dem Kirchengut mählich vergrößert wurde. Der Pachtzins wurde teils ruhenden Last. Der Passus: „sovil als andere" unter­ in Korn und Heu, teils in Geld, teils aber auch in streicht noch die Tatsache, daß das Kirchengut nicht Wachs und Wein erstattet. Nach den Visitations­ an ein Erbpachtverhältnis gebunden war, sondern in matrikeln besaßen die Kirchen zu Grebs, Netzen, Neu­ Zeitpacht vergeben wurde. endorf, Schmertzke, Schönefeld und Stücken zur Wachsgewinnung eigene Bienenstöcke; die St. Marien­ Über die Verwaltung des Fabrikvermögens kann für kirche zu Treuenbrietzen besaß einen Weinberg8), eben­ die Zauche nur wenig gesagt werden. Allein in Treuen­ so Werder10), und die Kirche zu Stücken unterhielt brietzen, der am reichsten dotierten Kirche unseres einen Weingarten auf dem Kirchhof11). Die Kirchen von Untersuchungsgebietes, sind 1330 als Verwalter des Bochow, Caputh, Göttin, Grebs, Kemnitz, Michelsdorf Fabrikgutes zwei provisores genannt22). In Beelitz wer­ und Michendorf ließen einige Schafe auf der Brache den 1370 „Vorratsleute" erwähnt25), 1454 „gotteshus- weiden. Außerdem hingen bei einer nicht geringen An­ lute"24). Nun ist jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit zahl von Kirchen Wachsrenten teils an gewissen anzunehmen, daß hinsichtlich der Beteiligung der Ge­ Höfen12), teils am ganzen Dorf13). In Wust hatte die meindeglieder an der Verwaltung des Kirchenguts für Kirche 2 Pfund Wachs von einem See14), in Phöben die Diözese Brandenburg ähnliche Statuten heraus­ 3 Pfund Wachs von drei und 9 Groschen von zwei gegeben wurden, wie sie für den Magdeburger, Havel- Wehren15), in Kemnitz 6 Groschen Zins von dem berger und Meißner Sprengel bestanden25). Wann es in Wehr16), In Schmertzke trat der Pfarrer bei der zweiten den einzelnen Dorfgemeinden zur Heranziehung laikaler Visitation selber als Pachtanwärter auf den Kirchen­ Elemente für die Vermögensverwaltung kam, hing je­ acker auf17). weils von den örtlichen Bedürfnissen ab. Solange die Vermögenswerte noch gering waren und gegensätzliche Zu den Pertinentien des Fabrikvermögens gehörte Interessen zwischen Pfarrer und Gemeinde nicht ob­ auch das „Heilige Gut". Es umfaßte eine Kossätenhof­ walteten, lag die Verwaltung der Pfarr-Dos und des steile mit dem dazugehörigen Land, nicht aber den Kirchenvermögens gemeinsam in der Hand des Pfar­ gesamten Kirchenacker, der, wie bereits erwähnt, ver­ rers, der wohl auch — besonders in der Anfangszeit — schiedenen Vermächtnissen seine Entstehung verdankt. für die Beschaffung der sächlichen Bedürfnisse der Daß das heilige Gut zumeist ein Kossätenhof war, er­ Kirche an Brot, Wein, Kerzen und Paramenten Sorge gibt sich aus dem Einkommensverzeichnis der Kirche trug. Als das Kirchengut sich durch Stiftungen und zu Göhlsdorf von 1541: „. . . hat den fleischzehend uffm Vermächtnisse vermehrte und das Interesse der Ge­ Cothsessen hoff hat» 10 gr. vom heiligman"18). Bei der meinde an der aus ihrer eigenen Mitte stammenden zweiten Visitation ist „vom heiligman" durchstrichen Vermögensmasse wuchs, trat das Amt der vitrici, pro- und hinter der Hofbezeichnung „Tewes Span*1 einge­ curatores oder altermanni in Erscheinung26). In den fügt worden. Noch deutlicher wird dies, wenn wir die Gemeinden der Zauche finden wir die Namen Kirch­ auf dem heiligen Gut ruhenden Lasten in Dörfern der väter oder Vorsteher27), zumeist aber Gotteshausleute. westlichen Zauche mit den entsprechenden Dörfern der östlichen Zauche vergleichen, wo diese Bezeichnung Die Frage, durch wen sie bestellt wurden und wem „Heiliger Mann" und „Heiliges Gut" völlig fehlt. sie verantwortlich waren, ist völlig ungeklärt. Es muß daher offen bleiben, ob sie von der Gemeinde gewählt, Ort Text Beleg vom Patron eingesetzt oder vom Bischof berufen Kzielow ... hat ein heilig man» gibt wurden. Aus den zitierten Urkunden, insbesondere den vor einer wisen und Land V* schock und den Zehend an Akten der ersten und zweiten Kirchenvisitation geht fleisch. Riedel AX 385 nur hervor, daß sich das den Gotteshausleuten ob­ Zauchwitz — Hatt auch ein Cossethen liegende Amt darauf erstreckte, den Kirchenacker zu Hoff bekommen vom hoff und Wiesen 1 Thaler, haben auch verpachten, das Kirchenvermögen vor Minderung oder den fleischzehendt auff demsel- K.A.Beelitz Verlust der Nutznießung zu bewahren und das Kirchen­ ben hoff. Litt. f. Nr. 1 gut vor widerrechtlichen Übergriffen, insonderheit der Groß-Kreutz ... hat 1 heiligman, gibt jerlich 24 gr. Zins. Riedel A X 390 Patrone, zu schützen. Rieben ... jtem hatt ein Cossaten, i) Riedel A VIII 116: »,... Tertia pars ville prememorate von demm bekommptt das gots- (Plötzin) ad luminaria tantum et ad reliqua custodia necessa- haus 1 thaler schoss. Riedel AIX 450 ria immutabiliter devolvenda est." .— 1) Landbuch S. 221. .— 3) K. A. Potsdam I Litt, g Nr. 1: „Hatt ein Kelch und zwo Über die rechtliche Stellung des Kirchenguts und den hufen landes geben jerlich 8 seh. Rogken wan die ausgethan PfLichtenkreis seines Besitzers gibt die Visitations- werden." — *) K. A. Beelitz Litt f Nr. 1. — $) Biedel A X 388. 68 «t lUvilvl ,\ X :JV» .'J Kird«-! .-\ IX: ... , hat 1 IMH-IVM. jenti uurthuii und dan?ielbe dem pfanvr vor andern und) /<«•* vvtKlct ji'ilu'li vonindl. hv, jrriU'h davon i\ srhitl. Korken» Imrhehe Piu'hl lauueu." »HJ Riedel A X 388. -- *») itiedol :i «;<*l>m. IJ.II-'/II a r.r. /,IUK 3 A1N<* fiduvlt midwlt. Hai uovhl A» X, .{Ji7 a«n Riedel A X 38(i f. bzw. 397, - - si) Riedel A X von «'nur hufVii


d< 1 hufoni a «r Zins :n Ulcdri A X 3!>tt. »H Kt«'doI A IX A IX 4«m f. »1 lii»l H, K. 447; „. . . IIa! cim'ii WoinlM'iy. u;»l «Ins .luln II vsrtrl wviu.-:ii Krtunul M. IHiif.; (kni weitere LitoruLurangabcn. -- «) iMl gctra^n, wurdet vonuldt und aluc;; von «-uncm viis.'i ! n. beit, Hcclttz, Iv A. Beelitz Litt, a Nr, 1: Es haben auch midt i\v\t K«'b»-,n.w -• »«) lii**ti*-l A X 371» n R. A. i;*'<«hi*. die Kiivhveiter vor UM) .Miaien ein vertrag Zwischen den Vor­ Litt, f Nr. 1. -15!) Uwdol A X 3««: „(Dam.sdorf) hat 4 Pfd. ziehet und l'fairor auf/jorioht, des Opffers halb ao nuif die wachu von Zwoien Buden." — is> Kk-dd A X :üi;;: „Milmdow)) Walfarth i'efail unter andern des Inhalts da» von tiun Vor­ ... hat 3 Pfd. wachs, inht ider." - U) Riedel A Xi 4ü7. - stehern, dem Pfarrer «olehs Opffcrs Juriich 2 f. »ollen ge­ i.i) Riedel A X sau. --• i«) Ruxiei A X 300. -• »'•) Riedel A :•; reicht werden. Weigern fiieh Itzo die Vorsteher dis Jhar dem 381: „. . . Wril dann der acteer ubol wnur.t wtrdt, und kann"J Pfarrer zugeben, Ist derhalb mit Im beredt worden," — über auiffie wandte uneosten nichts erubem, Sollen t*s du»- Plotzin 1M1 Riedel A X 300. — Sehlaiach 1541 Riedel A IX 44«.

I\. Reforitiatorisehe K

X. Das Jahrhundert der Visitationen Durch die reformatorische Bewegung brach der Appa­ Vakanzen nicht nur Gelegenheit nahmen, die Inter- rat der bisherigen kirchlichen Verfassung und Ver­ kalarfrüchte einzuziehen, sondern sich auch die stif­ waltung zusammen. Hatten die kursächsischen Teile tungsgebundenen Vermögenswerte von Pfarre und des Bistums Brandenburg, d. h. die Kirchen der Kirche aneigneten3). Der Grund dieses Vorgehens ist bischöflichen Sedes Wittenberg, Beizig und Zerbst, ge­ freilich nicht, wie Gebauer will4), in evangelischer Ge­ schlossen die Pirokuration an den Bischof von Bran­ sinnung zu sehen» sondern in der Habsucht der Patrone, denburg verweigert1), so erfuhr die benachbarte Zauche die die entstehende Verwirrung zur Bereicherimg ihres das Wehen einer neuen Zeit in Gestalt von Kirchcn- Besitzes benutzten. Außerdem hatte das kirchliche gutentfremdungen seitens der adligen Patrone, sei es, Benefizium infolge Umsichgreifens des Präbenden- daß sie der Pfarre den Zehnt vorenthielten2), sei es, wesens5) seine „geistliche Pertinenzqualität"8) verloren daß sie bei längeren durch die Umwälzungen bedingten und war zu einer von den Amtspflichten unabhängigen :Ö4 Kenir Herabgesunken. Billige Kräfte versaht"» küm amtentum;;, haben die Zentralisierung de» kunuär- muin'h den kirchliehen Dienst, während die Pfründen- kiöehm Kiivheiiiiutj; verhindert. .'In blieb denn das inhaber ein .vorglose:; mul unproduktives Drohnendasein BeneShuum den ein/einen Kirchen erhalten, und e:* führten. Sceborgoamt und materielle Gegenleistung war ein Hauptanliegen der Visitauxren, die Unis durch waren aus« MimndergeJ!alion;). unmäßige Forderungen den lieberen Klerus, teils diuvh Hiermit sind nun schon die Aufgabenbereiche der patronatliehe Macht Überschreitung unsicher gewor­ ersten Kirchen Visitation bezeichnet, deren Regulativ die* denen alten EechJe wiederherzustellen und die Besol­ von Weinlöbon 1540 verfaßten 15 „Artikel belangende dung des kirchlichen Amkstragers zu «ichern. der Kirchen und geistliche Güter" war8). Es galt ein­ Aus ähnliehen Gründen muüte das Patronat erhalten mal, die in. Unordnung geratenen kirchlichen Besitz- bleiben. Infolge der ungeheuren Verschuldung des Kur­ Verhältnisse nach dem Roehtsgrundsatz: Bvrwfwium fürsten war es unmöglich, die Patronatsrcehle abzu dafür propter officium* zu reformieren, sodann für ge­ lösen und dazu noch dessen Pflichten, soweit sie eignete Amtstiriiger zu sorgen und nicht zuletzt den materiell betont waren, zu übernehmen, wenngleich ganzen kirchlichen Apparat auf den Kurfürsten als dadurch dauernde Eigenmächtigkeiten gegen ein ein­ Repräsentanten auch der Kirchenhoheit auszurichten. heitliches Kirchcnregiment sanktioniert wurden. Die Bei der Ämterbcstlzun« wurde die Rechtskontinuität ge­ Nachrichten über die ersten beiden Visitationen zeigen wahrt. Der bisherige Pfarrer von Schmergow wurde für allerorts deutlich, wie hart die Visitatoren mit den untauglich befunden und F»eter Heß 1541 zum Pfarrer ver­ Patronen aufeinander prallten. Beschränkten sie sieh ordnet. Als der Abt von Lehnin in seiner Eigenschaft als Patron sich weigerte, den designierten zu präsentieren, baten in der ersten Visitation der Zauche im Jahre 1541 in die Visitatoren den Bischof von Brandenburg um dessen kluger Einschätzung ihrer tatsächlichen Macht und aus Institution«). Dieses Vorgehen entspricht den kanonischen der allgemeinen konservativen Haltung des Reform­ Bestimmungen des Devolutionsrechts^), wonach der Kirchen­ obere bei der Ämterbesetzung an die Stelle des. sich ver­ werks darauf, auf gütlichem Verhandlungswege oder säumenden Kollators tritt, Die Annahme einer im Interesse im Schriftwechsel die Patrone zur Wiederherstellung der Seelsorge widerrechtlichen Ausschaltung des Abts von der alten Rechtsordnung zu bewegen, so konnten sie Lehnin — so Herold**) — trifft also nicht zu. 12 bei der Überprüfung dieser Visitation im Jahre 1558 Es ist das Verdienst Herolds ), Vorgeschichte und weit schärfere Töne anschlagen. So wurde Dietrich von Verlauf der ersten Kirchenvisitation der Mark Bran­ Rochow wegen der widerrechtlichen Aneignung des denburg erschöpfend dargestellt zu haben, und so Zehnts und der Dotalhüfen auf der wüsten Feldmark rekapitulieren wir kurz die Visitationsvorgänge in der Rokitz 1541 „geschrieben, davon abzustehen", 1558 Zauche, Im Frühjahr 1541 erschienen die kurfürstlichen wurde er, weil die Sache noch nicht geklärt war, „vor Visitatoren in Brandenburg und visitierten die Kirchen die Visitatores zitirt"18). Als Hans von Eochow der der Alt- und Neustadt Brandenburg sowie wohl auch Pfarre Bliesehdorf den Zehnt der Wüstung Kammerode die Pfarreien, an denen der Rat der Neustadt Branden­ vorenthielt, ist 1541 „dorumb gebetten» denselben der burg das Kollaturrecht besaß, d. h. in der Zauche die pfarre widerumb zuzuwenden"10); als die von Happe Dörfer Gollwitz, Prützke und Wust. Anschließend ver­ das Trechwitzer Pfarrhaus ohne Entschädigung in Be­ bandelte die Visitationskömmission um den Sonntag 13 sitz nahmen, wurde 1558 „inen aufferlegt, sich mit dem Reminiscere 1541 mit dem Domkapitel ) und beschied Pfarrer derwegen zu vertragen"20). nach Brandenburg die Pfarrer der Kirchen domstif- Diese Beispiele lassen sich mehren. Sie erweisen deutlich tischen Patronats. Die Pfarrer von Schrnertzke und die Stärkung der kurfürstlichen Kirchenhoheit, besonders als Plötzin mögen erschienen sein; bei dem von Neu- seit 1543 im Konsistorium zu Colin eine ständige Kirchen­ behörde entstanden war. Gleichwohl gelang es den Visita­ Langerwisch ist anzunehmen, daß er nach Beelitz zur toren nicht immer, ihren Willen durchzusetzen. Unter dem Visitation zitiert wurde. Die Zweitschriften der Ma­ Verwände, das Domkapitel zu Brandenburg habe das Ein­ trikeln der zu dieser Pfarre gehörenden Dörfer be­ kommen des Kirchspiels Göttin, das „über lang vorweilte Zeit" Filia von Schrnertzke' gewesen war» dem dortigen fanden sich wohl in einem Heft mit den Matrikeln von Pfarrer vorenthalten, unterstellte Dietrich von Rochow Göttin Saarmund, Betrgholz und Wildenbruch und sind ver­ der Pfarre zu Krahne kraft seines vermeintlichen Patronats- lorengegangen. rechts. In Erkenntnis dieses Rechtsmißbrauches forderten die Visitatoren 1541 die Wiederherstellung des alten Zustan­ Der Visitationsabschied für das Kloster Lehnin ist vom dest), jedoch ohne Erfolg. Der darüber entbrannte Rechts­ 24. 5. 1541 datiert"). Dort wurden die Dörfer klösterlichen streit zwischen Rochow und dem Domkapitel war 1558 noch Patronats visitiert. Es muB nun offen bleiben, ob die nicht nicht beigelegt, wie aus dem Vermerk der Visitatoren in der klösterlichen Dörfer der westlichen Zauche, in denen haupt­ Matrikel von Göttin hervorgeht: „... seindt die part vor das sächlich den Rochows die Kollation zustand, ebenfalls in Consistorium gewisen"22). Erst aus der Matrikel von 157S Lehnin oder anderwärts — vielleicht in Brandenburg — erfahren wir, man habe sich „dahin vortragen, das der Pfar­ visitiert worden sind. Weder die Matriteiabschriften noch rer zu Schrnertzke und der Pfarrer zu Krahn diese Kirche die Brief konzepte Weinlöbens vermögen diese Frage zu einen Sonntag umb den anderen bestellen sollen und theilen klären. das Einkommen gleich"^). Dieser rechtlich anfechtbare und Von Lehnin reisten die Visitatoren nach Treuenbrietzen. seelsorgerlich unmögliche Zustand währte indes, bis laut Aus dem Anmeldungsschreiben ersehen wir, daß die Kom­ Vergleich vom 4. 8. 170824) vereinbart wurde, daß Göttin so­ mission aus 10 Personen und 2 Pferden bestand, für die der lange von Krahne versorgt werden sollte, als Gollwitz bei Rat der Stadt gegen Erstattung der Unkosten Quartier be­ Schrnertzke bliebe; bei etwaiger Umpfarrung oder Verselb­ sorgen sollte^). Hierüber wurden auch die Dörfer Brachwitz, ständigung von Gollwitz sollte Göttin wie vordem wechsel­ Buchholz, Deutsch-ßork, Eisholz, Rieben, Schlalach, Schöne­ weise von Krahne und Schrnertzke versorgt und die Ein­ feld und Wittbrietzen zur Visitation entboten. Möglicher­ künfte geteilt werden, was aber, als Gollwitz 1854 selbstän­ weise wurden hier auch die Dörfer der kurbrandenburgischen dige Pfarre wurde, nicht eintrat. Göttin blieb Filial von Exklave Meinsdorf visitiert. Die Visitationsverhandlungen Krahne, und Rochow hat sich im Enderfolg gegen die Visi­ fanden mit dem Abschied vom 29. 5. 1541 ihren Abschluß!«). tatoren behauptet. Auf der Rückreise nach Berlin visitierte die Kommission Die Einführung der Reformation in der Mark Bran­ am 31. 5. 1541 die Stadt Beelitz nebst den zur Stadt gehören­ den Filialdörfern Lühsdonf und Schäpe sowie den umlie­ denburg hat die geistlichen und Jurisdiktionellen Rechte genden Pfarreien Schiunkendorf, Stücken und Zauehwitzi7). des Bischofs von Brandenburg unangetastet gelassen* Es steht auch außer Zweifel, daß die Vertreter der Pfarreien weil dieser positiv zu den Neuerungen stand. So er­ Neu-Langerwisch, Saarrnund und Wildenbruch, deren Matri­ keln uns weder im Original noch in einer Zweitschrift er­ schien er auch in den ersten Jahren als Kontrahent halten sind, in Beelitz zur Visitation erschienen sind. der Visitationen neben dem Kurfürsten25). Er ließ sich Welche Einrichtungen wurden nun durch die Be­ durch Beauftragte bei den Visitationsverhandlungen auftragten des Landesherrn in die neue Ordnung über­ vertreten. Die Geistlichen der Diözese Brandenburg nommen und was ging im Strudel der Ereignisse unter? wurden angehalten, dem Bischof Gehorsam zu zollen Es hätte im Zuge der Entwicklung zu einer zentralen und die üblichen Abgaben zu leisten. So heißt es im Staatsgewalt gelegen, wenn die kirchlichen Benefizien Visitationsabschied 1541 für Treuenbrietzen: „Es sollen aus ihrer örtlichen Abschnürung herausgenommen und auch Pfarrer, Caplan, Schule und andere Geistlichen in einem Staatskirchenfonds vereinigt worden wären. alhier unsern gnedigsten Herren den Bischof! zu Bran­ Die bunte Verschiedenartigkeit der Gefälle, die noch denburg alss ihren Ordinarien gebüriieh erkennen und S.F.G. von der Pfarre und Geistlichen Lehn die ge­ naturalwirtschaftliche Gebundenheit des größten Teils 26 der kirchlichen Vermögenswerte, die Unmöglichkeit, wöhnliche Procuration nicht weigern" ). diese flüssig zu machen, und nicht zuletzt das Fehlen Bald jedoch wurden die bischöflichen Befugnisse hin­ eines für die Verwaltung dieser Werte geeigneten Be­ sichtlich der potestas ordinis vom Generalsuperinten- 05 tlorJni, iim:;u'lillK'Ii tit»r ;*<>',•.-.*29*i), von Zuuchwltz verwaltet wurde, nach dein Tode des Pfarrers Liborius Taube zum Unterhalt zahlungswillitf-*"). Zwei Jahre später aber verweigerte einet zu gründenden zweiten Pfarrstelle mit Beelitz zu ver­ Michael Coswig, Pfarrer zu Treuunbrietzen, dem Bi­ einigen. Nach Fischer*«) werden seit 1554 Pfarrer der Diako- schof die Prokura! inn mit der Begründung, mit der natsstelle Beelitz genannt. Fusionierung der Lehen im gemeinen Kasten sei seine 28 Die erste Visitation hatte wegen mannigfacher Er- Forderung gegenstandslos geworden ). mittlungssohwieruikeiton so viel Rechtsbeziehungen So konservativ die Visitatoren auf der einen Seite unerledigt lassen müssen, daß sich 1558 der Kurfürst bestrebt waren, althergebrachte Rechtsordnungen in bewogen fühlte, eine neue Visitation anzuordnen. Die die sich neu bildende Kirche zu übernehmen, so ent­ Instruktionsgrundlage für die Visitatoren war die scheidend führten sie andererseits Veränderungen her­ „Ordnung und Satzung, womaeh sich die Patronen, bei, wenn ihnen die obwaltenden Umstände bei der Pfarrern, Gotshaussleuten urmd Gemeinden in denen Durchführung und Sicherung des Reformwerks hinder­ Churfürstl. Brandenburgischen Dörfern in Geistlichen lich waren. Wegen Versäumnis der Patronatspflichten Sachen zurichten" vom Jahre 155848). Als Verhand- und wegen arger finanzieller Bedrückung der Pfarrer lungsgrundlage wurden die Akten der ersten Visitation wurde dem Stiftskapitel auf dem Schloß zu Tanger­ benutzt, in deren Matrikelkonzepte Veränderungen und münde das Patronat über die Pfarre zu Ifreuenbrietzen Nachträge hineingeschrieben wurden. Das ist das ein­ und dem St. Lorenzkloster in der Neustadt Magdeburg zige, was wir aus dieser Visitation besitzen. Infolge­ das Patronat über die Pfarre Beelitz entzogen und dessen sind wir auch weder über ihren zeitlichen Ver­ beide Patronate dem Kurfürsten vereinigt. Auf Be­ lauf noch über die personelle Zusammensetzung der treiben des kurfürstlichen Rates Weinlöben überließ Kommission, deren Seele wieder der Kanzler Wein­ der Kurfürst 1546 der Stadt Treuenbrietzen das Patro- löben war, unterrichtet. natsrecht über die Pfarre1'9), Die Patronate des Klosters Lehnin erledigten sich von selbst, als der Abt Valentin Als 1571 nach dem Tode des Markgrafen Johann die starb und Kurfürst Joachim IL am 4. 12. 1542 die Hul­ Neumark mit der Kurmark wieder vereinigt wurde, 30 war der Zeitpunkt gegeben, für das ganze Land die digung der Klosteruntertanen entgegennahm ); Dem­ Abfassung einer gemeinsamen Kirchenverfassung in entsprechend findet sich in den Matrikeln der Dörfer, Angriff zu nehmen. Das Ergebnis war die Visitations­ in denen das Kloster Lehnin das Patronat ausübte» und Konsistorialordnung von 157344). Sie fußt auf der mit Ausnahme von Jeserig und Trechwitz, das an die nicht zur Veröffentlichung gelangten „Geistlichen Happes übergegangen war, die Korrektur: „Unser Policey-, Visitation®- und Consistorialordnung" von gnedigster Herr". 156145) und entnimmt einen großen Teil ihrer Rechts­ Die an den Nebenaltären der Stadtkirchen hängen­ bestimmungen der älteren Ordnung von 1558. den Lehen und Stiftungen wurden bei der ersten Visi­ tation im „Gemeinen Kasten" zusammengelegt und an­ Der Befehl zur Visitation erging am „Montag nach deren Bestimmungen zugeführt; insonderheit wurde Lätare" (2. März) 157346); die Durchführung derselben mit den darin zusammenfließenden Kapitalien die Be­ zog sich jedoch wegen der verschiedensten Schwierig­ soldung derjenigen Kapläne sichergestellt, die zur keiten bis 1581 hin. seelsorgerlichen Unterstützung des Pfarrers im Amte Allein für 1575 läßt sich ein vollständiger Reiseweg belassen wurden. der Visitatoren nachweisen. Die Visitatoren47) begannen Bis zur Reformation waren in Treuenbrietzen zwei Kapläne mit der Visitation von Mittenwalde, die am 3. 6. 1575 neben dem Pfarrer tätig, der diese zu unterhalten hatte. Die 48 Visitatoren entschieden dahin, daß ein Kaplan genügest) und abgeschlossen war ). Die Reise ging weiter über Zossen, beharrten bei ihrer Entscheidung trotz des Antrags des Trebbin, Treuenbrietzen, wo sie ihre Arbeit am „Mitt­ Pfarrers auf Einrichtung einer zweiten Kaplanstelle^), zumal 35 durch eine lebenslängliche Rente von jährlich 10 Gulden an woch nach Viti" (26. Juni) abschlössen ), nach Bran­ Matthias Barz, der das Lehen der Heiliggeistkapelle inne- denburg Neustadt und Altstadt. hatte33)t der gemeine Kasten ohnehin schon in seiner Lei­ stungsfähigkeit beeinträchtigt war. Weiterhin verfügten sie, Aus den Visitationsmatrikeln der Dörfer ergibt sich daß, falls Pfarrer und Rat die Indienststellung eines zweiten im wesentlichen nichts Neues über ihre Parochialver- Kaplans — besonders wegen der Versorgung von Nichel — hältnisse; sie sind vielfach gleichlautend mit den Kon­ für notwendig erachten würden, dieser jährlich vom Pfarrer 10 Gulden, den Mehrbetrag des ausgesetzten Gehalts aber zepten der ersten und zweiten Visitation. Neu ist die aus dem gemeinen Kasten erhalten Solle»*), Nach dem Visi­ Einrichtung der Inspektionen gemäß Artikel 9 • der tationsabschied von 157585) hatte der erste Kaplan 60 Gulden Visitationsordnung von 1573. Der Visitationsgedanke und 2 Wispel Korn, halb Roggen, halb Gerste, der zweite Kaplan 40 Gulden und das gleiche Kömergefälle an jähr­ und'die laufende Beaufsichtigung der im". Lande ver­ lichem Einkommen. streuten Pfarreien hat durch die Bildung von Inspek- In ähnlicher Weise vollzog sich die Fusion der geistlichen toratsbezirken eine wesentliche Förderung erfahren. Lehen in Beelitz. Den Visitatoren lag eine leider nicht voll­ ständige Einkommensaufstellung der geistlichen Stiftungen Wie stand es vorher um die unteren kirchlichen Ver­ vom Jahre 153836) aus der Feder des Pfarrers Kaspar Wol- denscheers?) vor. waltungseinheiten? Ein Zusammenschluß der Geist- Daß diese von der Kommission benutzt wurde und die : liehen eines kleineren Bezirks zu Capitula ruralia wie Verhandlungsgrundlage bei der Visitation abgab, geht aus in Siebenbürgen49) läßt sich während des .Mittelalters den Bemerkungen hervor, die Weinlöben in die Aufstellung eingetragen hat. Es wurde festgesetzt, daß der Pfarrer und in der Zauche nicht erkennen. Die gesamte Untertei­ der Rat der Stadt Beelitz vier Männer, zwei vom Rat und lung der Diözese Brandenburg in Bezirke der .bischöf­ zwei von der Gemeinde, zu Vorstehern des gemeinen lichen und archidiakonalen Verwaltung50) ging allein Kastens bestellen sollen, in dem folgende Lehen zusammen­ flössen: von der Zentrale Brandenburg aus und hatte, soweit Bezeichnung des Lehens Kollation wir erkennen . können,'" keine Überordnung des Pfar­ 1. Das Einkommen der Pfarrkirche Kurfürst rers im Sedes-Vorort" über, die übrigen Geistlichen des, 2. Das Einkommen der Nikolai-Kapelle Bezirks im Gefolge. Aus der' bischöflichen Beauf­ 3. Das Lehen Corporis Christi Hat zu Beelitz tragung des Pfarrers von Beelitz'zur.'Einführung"'des 4. Das Lehen Georgii Rat zu Beelitz 5. Commenda Cracis Schützengilde Johann' von Milow -als Pfarrer' von Langerwisch im 6. Commenda Exulum .Jahre 1303 darf nicht auf eine geistlich oder 'juristisch 7. Das Einkommen der Schneidergilde3«) begründete. Amtsgewalt über die Sedes Beelitz'"' ge­ 8. Commenda Kalendarum Kurfürst 81 9. Das Lehen Catharinae Kurfürst schlossen werden ). • 'Es entsprach • wohl damaliger' Ge­ 10, Das Lehen Petri Kurfürst pflogenheit, die Einführung in .die Amtsgeschäfte durch'

66 iMiK'ii br na ch harten Pfarrer vornehmen v.u lassen, worden dürfte*. In ;ihnlirh(»r Weine äußert sich, di»r ohne da LS daraus übergeordnete Stellungen herKeleitt»t Abschied iwr Tivuenbrielzen5*); außerdem worden da­ werden können"'1'). Vielleicht war der Pfarrer von Bee­ rin die Oorfpfarrer ermahnt, lleißiger als bisher den litz und der von Prützke Vakanzverwalter und inso­ Studien obzuliegen. fern mit den (rosdiüfton besonders vertraut. Wohl 1 Was die rechtliche SWi<» der Visitation von HJ00 be­ mag sich aus ävr Versammlung der Sedes-GoLstlichen trifft, so bestimmte die Instruktion vom i). 2, HS00 in bei den jährlieh durch den Bischof oder seinen Vikar Artikel 23 die KonKistnrialordnung von KTO zum Maß­ abgehaltenen Visitationen ein persönlicher Zusammen­ stab des Visitation, In der Verwaltung der Dur fpfar» schluß der Pfarrer hier und da gebildet haben, eine reien trat keine Veränderung ein; nur über Treuen- kirehenrechtlich anerkannte Körperschaft ist jedoch brietwm wird berichtet, daß „aus allerhand bedencken" daraus nicht entstanden. diQ Gotteskasten heider Kirchen, St. Marien und , Bei der Neuordnung der lärchlichen Verwaltung in St. Nikolai, zur besseren Leistungsfähigkeit zusivrn- mengelegt und zur Entlastung der Geistlichen auch das der Reformationszeit behielt man zunächst die alte 50 Sedeseinteilung bei. So wurde der Pfarrer von Witt­ umfangreiche Pfarreinkommen ) in den Kasten ge­ stock anläßlich der auf Grund der kurfürstlichen Ver­ schlagen wurden, so daß nunmehr sämtliche kirchlichen ordnung vom 10. 10. 1572 erfolgten Übersendung des Vermögenswerte und die jährlichen Gefälle in einem „Corpus doctrinae Braridenhurgicqm'

i) Curschmann S. 394 ff. Daselbst Bemerkung des Dom­ sich in den Visitationsabschieden die Unterschrift: „Des kapitels zu den Rückständen: Tota sedes propter inoebedien- Kurfürsten und Bischofs Visitatoren.« — 2«) Riedel A IX 457. ciam permansit in retardatis." — a) Vgl. S. 48 1 — 3) So zog — 27) G. St. A. Bep. 47 B 8—10 M. A, 192. — 28) Riedel A IX Joachim von Rochow die Pfarrhufen zu Kammer ein. (Herold 462 — 2») Riedel A IX 463. — 30) Riedel A X 403. — »i) Sein in Jb. br. KG. 1925 S. 80). — 4) S. 5 f. — 8) Vgl. S. 601 — Einkommen wurde auf 50 Gulden, 1 Wispel Roggen und ein «) Lehnert S. 29. — 7) vgl. dazu die seit der Mitte des zwölf­ Wispel Gerste festgelegt. (Riedel A X 454 ff.). — sä) Riedel ten Jahrhunderts gebräuchliche Bezeichnung des Pfründen­ A IX 460. — ss) zur Dotierung dieser Kaplanei s. Urkunde inhabers als Piebanus statt des älteren Sacerdos. (Lindner des Kurfürsten vom 16. 11. 1440 bei Pischon tTrkundensamm- S. 33 f.). — 8) Riedel C III 471 ff. — ») Riedel A X 402. — lung S. 46; „. . . das wir ... zu des hiligen Geistes Capellen io) vgl. G. Ebers: Das Devolutionsrecht» vornehmlich nach zur truwen Brietzen und dem Altarissten, der itzundt dieselbe katholischem. Kirchenrecht. (1906). — «) Jb. br. KG. 1925 Capeile mit Gottes diensten versorget, und allen Altaristen, S. 82 f. — ") Jb. br. KG, 1925—1927. — *») Riedel A IX 279 f., die dene dieselbe Capeile hinfürder zu ewigen Zeiten Be- — t«) Riedel A X 399. — »«) Riedel A IX 446. — i«) Riedel sizen und versorgen werden, einen Winspel korns in der A IX 454 ff. — 17) K. A. Beelitz Litt a Nr. 1 — *«) Riedel Mollen vor unser Stadt Bellte gelegen gnedielichen vereignet A XI 487. — 1») Riedel A X 178. — *0) Riedel A X 387. haben," — **) Riedel A IX 458. Die Verwaltung dieses Fonds — st) Riedel A X 177 1 — 22) Riedel A X 397. - 23) K. A. wurde in die Hände von vier Männern gelegt, und «war einer Altstadt Brandenburg Gen. Nr. 1 — 24) K. A. Neu­ vom Rat und drei von den Gilden. Folgende Lehen wurden stadt Brandenburg Litt. g. Nr. 1 — *«) vielfach findet auf diese Weise vereinigt: 1. Das Lehen Petri in St. Nicolai. 67 2. Das .Lehen Martae Matfdalenae in St. Nicolai. 3. Das Lehen gefaßte Ergebnis der gehaltenen Visitationen von 1558, wird Barbara« in St. Marien. 4. Das Lehen Levini et Thomae. schon durch die Präambel widerlegt: „So seindt demnach 5. Das Lehen Catharinae primae missae. 6. Das Lehen Tri um Se. Churf. G. als der Landesfürst bewogen, die Ehrwirdigen regum in St. Nicolai. ?. Das Lehen Crucis In St. Marien. achtbaren, und hochgelarten, S. Churf. G. verordnete Visi­ 8. Das Lehen Corporis Christi in St. Nicolai. 9. Das Lehen tatores abermal abzufertigen, mit befelch, die vorige gehal­ Sixti et Laurenti.1. 10. Das Lehen Johannis Evangelistae. 11. tene Visitation zu reiteriren." — 44) Mylius I, 1 S, 273 ff. — Das Lehen Capellae St. Spiritus. 12. Das Lehen Gertrudis in 45) G. St. A. Rep. 47, 13. Vgl. Haß in FBPG 1914: D. ältesten der St. Gertrud-Kapelle. Die Lehen Jacob!, Michaelis und Entwürfe einer Konsistorialordnung f. d. Kurmark Br. — 46) Appoloniae wurden mit Zustimmung des Bischofs zur Besol­ K. A. Kyritz Litt, i Nr. 2. — 47) i. Andreas Musculus, geb. dung des Stadtschreibers bereitgestellt, wobei aber die Visi­ Schneeberg (Sachsen) . . . 1514, gest. Frankfurt a. O.. 29. 9. tatoren den interimistischen Charakter dieser Einkommens­ 1581. Er war ein leidenschaftlicher Verfechter der lutherischen verwendung betonten. — 35) Superintendentur-Archiv Treuen- Orthodoxie. Vgl. Chr. W. Spieker: Lebensgeschichite des An­ brietzen —' a«) K. A. Beelitz, Litt, a Nr. 1. Das Verzeichnis dreas Musculus. 1858 L. Grote: Zur Charakteristik des An­ enthält die Namen der Lehen, der Leistungsverpflichteten dreas Musculus (Zs. f. hist. Theol. 1869). 2. Bartholomaeus und des Einkommens: Radtmann. 3. Joachim Steinbrecher. — 48) K. A. Potsdam I Litt, a Nr. 1. — 49) Friedberg S. 189. — 80) Curschmann S. 226 ff. Lehen Erträge — 5t) Riedel A VIII 196: „Mandamus . .., quatinus dominum Roggen Hafer Gerste Geld Johannem de Milow, ... in corporalem Possessionem in- 1. Commenda Kalendarum 30 Seh. 6 Seh. 6 Seh. ducatis." — 52) so wurde durch Urkunde vom 1. IL 1378 2. Lehen Corporis Christi 24 Seh. 2Vs T. 3 gr. (Riedel A VIII 321) der Pfarrer von Prützke mit der Einfüh­ 3. Commenda exulum £6 Seh. 40 Seh. 3 Seh. rung des Pfarrers von Schmertzke beauftragt. — 53) Es stellt 4. Lehen Georgii 24 Seh. 14 Seh. 10 Seh. ein von Andreas Musculus und dem Hofprediger Georg Cöle- 5. Commenda Crucis 2 Seh. stin verfaßtes kirchliches Lehrgesetzbuch mit streng luthe­ 37) Fischer Bd. II/2 S. 977: geh . . .1496, gest. Beelitz 1563. risch-orthodoxer Haltung dar. — 54) G. St. A. Rep. 47, 15.. — Pfarrer in Beelitz seit ungefähr 1529. — 38) Weiniöben be­ 55) vgl. Anm. 45. — 5ß) Mylius I, 1 S. 341 f. .—. s?) K. A. Beelitz merkt in Woldenscheers Aufstellung: „Diese gilde hat kein Litt a Nr. 1. — 58) K. A. Treuenbrietzen Litt, e Nr. 1. — lehen, sondern haben wollen ein leiten uffrichten Ist aber 59) Pischon S. 127 gibt es mit 455 Talern 5 Groschen 4 Pfg. vorblibeh. Ist numals als In Kasten geschlagen." — »») K. A. Beelitz Litt, a Nr. l: „... Und do an den Zinss und Pachten an> _ eo) i. Christoph Pelargus, geb. Schweidnitz 5. 8. 1565, so wir dem kästen von den lehen und gilden zugeschlagen gest Frankfurt a. O. 10. 3. 1633. Seit 1599 Generalsuperinten­ etliche wiederkeuflich oder ablosslich seind, sollen- der Pfarrer dent der Mark Brandenburg.. 2. Johann Koppen, Präsident t.nd Vorsteher des kastens die Hauptsummen so abgelegt des Konsistoriums. 3. Erhard Heyder, Sekretär der Visi­ wurden widerumb uff gebürliche vorzinsung auss thun. —. tationskommission. 4. Valtin Pfuel, Domdechant zu Bran­ 40) K. A. Beelitz Litt, t Nr. 1. — «) Curschmann S. 400. Glosse denburg. — ei) Brandenburg 15. 9. 1600 (K.A. Neustadt Bran­ im Prokurationsregister: „obiit in paupertate." — **;) ,»<*• •»• denburg Gen. Nr. 2), Treuenbrietzen 20. 9. 1600 (K.A. Treuen­ S 61: Beelitz 2. Pfarrstelle (Diakonus) 1. 1554—1556 N. JN. brietzen Litt, e Nr. 1), Beelitz 24. 9. 1600 (K.A. Beelitz Lit. a Joachim. — 43) Mylius I, 1 S. 263 ff. Die Annahme v. Brün- Nr. 1). necks (S. 100 f.), die Ordnung und Satzung sei das zusammen-

Ergebnisse Bei der Landnahme der Zauche im 12. und 13. Jahr­ nen von 1575 und 1600 ist kürzer behandelt, weil diese hundert wurde unser Untersuchungsgebiet von einem- eine Gesamtdarstellung erfordern. dichten Netz von Pfarreien überzogen, in die auch die Mit der Visitation von 1600 hat die Bildung einer "Wendensiedlungen bald einbezogen wurden. Sie ent­ evangelischen Landeskirche der Kurmark Brandenburg standen auf grundherrlicher Basis. nach der kirchenrechtlichen Seite hin im wesentlichen Aus den Tabellen I und III ergibt sich, daß die Zahl ihren Abschluß gefunden. Das kirchliche Leben ver­ der Pfarrstellen in 400 Jahren um 40 °/o zurückgegan­ lief von nun an in den Bahnen, die durch die Erfah­ gen ist. Die Ursache dieses Rückgangs liegt nicht etwa rungen der Visitatoren und insbesondere durch die in den kirchlichen Umwälzungen der Reformations­ Visitations- und Konsistorialordnung von 1573 gezo­ zeit, sondern ist in der wirtschaftlichen Entwicklung gen waren. des ausgehenden Mittelalters begründet. Erst mit der Ansetzung von Siedlern kalvinistischen Die im Zuge der Durchführung des kirchlichen Re­ Bekenntnisses — in der Zauche hauptsächlich in form werkes abgehaltenen Visitationen spiegeln noch Treuenbrietzen, Salzbrunn und Lehnin — trat ein einmal die eigenkirchenrechtlichen Gedanken in dem neues Rechtsmoment für die kurmärkische Kirche in erst um die Wende zum 17. Jahrhundert allmählich Erscheinung. Bei den sich entwickelnden Schwierig­ erlahmenden Widerstand der Grundherrn gegen die keiten zwischen dem lutherischen Pfarrer und dem Kirchenhoheit des Staates wider. Das Aktenmaterial neuen reformierten Prediger ging es zumeist um die der Visitationen, die Matrikeln und Abschiede sind zur Stolgebühren, die die Pfarrstelleninhaber aus dem Ermittlung frühkolonialer kirchlicher Rechtsverhält­ mittelalterlichen Rechtsbegriif der parochia clausa nisse ausgewertet worden; der Verlauf der Visitatio­ auch von den Reformierten für sich beanspruchten.

Übersicht: Quellen S. 47. — I. Äußere und innere Grenzen der Zauche S. 48. — IL Zur Frage der vor* kolonialen Existenz der Kirche S. 50.— III. Der methodische Weg S. 52. — IV. Merkmale der Pfarrei S. 52. — V. Die Straßen und die Landnahme der Zauche S- 55. — VI. Die Pfarrsprengel­ bildung in der Zauche S. 58. — VIL Das Zusammenlegen von Pfarreien S. 61. •—. VIII. Das Fabrikgut der Kirche S. 63. — IX. Reformatorische Regungen in der Zauche vor dem Übertritt Joachims IL S. 64. — Ergebnisse S. 68.

68 '''•' n^rtmiaiiwiifc^ Frankfurter Studenten in verschiedenen Sommertrachten (s. Anhang 7 d - f)

Hermann Mitgau-Göttingen:* Alt-Frankfurter Studententradhten Dr. Rudolf Lehmann, 16. September 1891, dem Heimatforscher der Niederlausitz, zu seinem 60. Geburtstage Bei einem Versuch, die Entwicklung der Studenten­ gebilde an korporativen Vorrechten und Überlieferun­ kleidung Deutschlands darzustellen1), fiel mir auf, daß gen, denen nichts Ähnliches an die Seite zu stellen ist. nur wenige zeitgenössische ältere Bilder aus der Uni­ Es entspricht dem Geiste gesellschaftlichen Prestiges versitätszeit der alten märkischen Oderstadt, von der aller Vergangenheit, vor allem des Mittelalters, daß 1811 nach Breslau verlegten brandenburgischen alma Träger und Angehörige einer solchen Institution Wert mater Viadrina zu Frankfurt/Oder auf uns gekommen darauf legten, sich von Dritten, d. h. Nichtakademikern sind; wie anders z. B. die zahlreichen Stiche, Album­ zu unterscheiden — wie bis vor wenigen Generationen blätter usw. aus Jena, Heidelberg, Gießen, Marburg jeder Stand sein Selbstbewußtsein in der Art und und weiteren gleichaltrigen Universitäten2)! Weise, sich anzuziehen und zu benehmen, öffentlich kundzutun suchte. So finden wir die mannigfachen I. ' „Trachten" der sozialen Schichtungen in der Gesell­ Eine eigentümlich-herkömmliche und stetige Einheit schaftsordnung aller Kulturvölker. Diese Unterschei­ wie Eigenart in Schmuck und Schnitt der Kleidung dungen wurden, den Anschauungen der Zeit ent­ und in Abzeichen, wie sie örtlich-national (als Volks­ sprechend, auch behördlich und landesherrlich ange­ tracht), gesellschaftlich-sozial (als Standes- und Amts­ ordnet und reglementiert, wie es im Reichstagsab­ tracht) Stammeslandschaften und Berufskreise schied von 1530 heißt: „damit in jedem stand unter- Deutschlands noch etwa bis zur Mitte des 19. Jahrhun­ schidlich erkenntnuss sein mög" oder wie es der hohe derts unterschied, hat bis auf wenige Überreste einer Rat von Augsburg wollte, daß „jeder für den oder die, internationalen bürgerlichen Mode des Mitteleuropäers der er oder sy ist, erkennt werden möge". So bestim­ weichen müssen. Diese begleitet und kennzeichnet den men auch die ältesten Statuten der Universität Wien inneren Auflösungsvorgang der ständisch-beruflichen (XIV, nach Scheuer) ausdrücklich: „Demzufolge, weil wie völkisch gebundenen, überlieferten Gesellschafts­ die Gestalt und Beschaffenheit der äußeren Kleidung ordnung. — Hierher gehörte auch eine „Studenten­ den inneren Menschen zu erkennen gibt, und gleich­ tracht", die sich in Deutschland bis in die jüngste Ge­ sam ein Kennzeichen einer besonderen Macht und genwart erhalten hatte. Noch bis vor kurzem sah eine eine Anzeige von Ausübung dieser oder jener Kraft verbreitete volkstümliche Vorstellung den deutschen ist, so verordnen wir in betreff der äußeren Kleidun­ Studenten nur mit bunter Mütze und Band, obgleich gen, daß jede Fakultät sich selbst eine anständige Klei­ sich seit Jahrzehnten die Mehrzahl äußerlich in nichts dung wähle, in welcher sie ihre Handlungen zu ver­ von anderen Zeitgenossen unterschied und diese Klei­ richten haben wird." dungsabzeichen nur während des Semesters für Kor­ porationsangehörige galten (anders als z. B. bei den Dies hatte zugleich seine praktische Bedeutung, Studenten der Nordischen Länder, die im Auslande sonderlich für die Universitätsangehörigen. Zu den sofort an Mütze und Kokarde einheitlich zu erkennen vornehmsten Rechten der alma mater gehörte nämlich sind). bis in die Neuzeit hinein das der eigenen Gerichtsbar­ keit und Polizeigewalt, die eifersüchtig gehütet wur­ Die deutsche Universität hat durch alle Zeiten bis den. Begreiflich, daß man sich als Student und Ma­ auf die Gegenwart eine ausgeprägte Sonderstellung im gister den Stadtknechten und Söldnern gegenüber auf Öffentlichen Leben eingenommen. Sie war ein Eigen­ dieses Privileg jederzeit berufen wollte und sich dabei

69 keine:, lM'!;::t*n»n Ausweist1:; bedirnen konnte als d<)<> j«,< gründet wurde, waren die Tracht, mittelalterlichen, kiostetiich-korporaüvc-n Bindungen der Universitäten in Deutschland wie in Frankreich Betrachten wir Bilder des deutschen Studenten zu und Italien muten im Zuge der Renaissance — den verschiedensten Zeiten, so ergibt sieh aber /.u- 4 nächst, daß von einer omheiUidien Studententrächt gerade in voller Auflösung. Als sichtbares Zeichen weder zeitlich noeh örtlich die Hede sein kann. Immer dieser Losltfsung und Verweltlicbung, — die unver­ und überall, selbst im Mittelalter, war das Studc-n- kennbar auch die Kunst der Spätgotik ausweist — tenkleid mein* oder weniger ahhanjuV, von der wechseln- finden wir hier auf der Seite gesellschaftlichen Lebens den Gesellsehaftsmode der Völker und Zeiten. Duron die „modische" Kleidung der Magister und Scholaren. Wandlungen hat der „Bursenknecht" wie der moderne Man vertauscht den feierlich-schlichten Studenten­ Student alle getreulich, ja oft als dir Exponent, mit­ mantel mit dem auffallenden, ja exzentrischen, die gemacht Hinzu kommt eine eigenartige, bezeichnende Körperformen scharf betonenden französisch-burgun- Liebe für die Uniform, für das Soldatenkleid des dischon Modekleide der vornehmen Welt. In Leipzig Landknochtes, der wallonstoinischen oder schwedischen entbrannte darob ein förmlicher „Trachtenkrieg" an Soldateska, für die friedorizianische und napoleonische der Universität, ein langwieriger bedenklicher Tumult, Uniform. Dennoch sind wir berechtigt, von einer der schließlich nur mit Mühe vom Kurfürsten selbst „s t u dentis c h e n Tracht" zu sprechen, d. h. von unterdrückt werden konnte. — Kleidungs- und Schmudeformen, die aus dem nur dem Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde die noch Studenten eigentümlichen Schicksale hervorgingen und spätgotische Schecke-Jacke mit einfarbigem Steh­ sich als Ausdruck ihres gemeinsamen Lebens überlie­ kragen und geschlitzt getragen, „damit das kostbare ferungsgemäß erhielten. Wir lernen damit ein gut Futter oder die saubere weiße Wäsche zur Geltung Stück Geschichte deutschen Studententums kennen. gelange" (Alwin Schultz). Über diese Jacke hing wohl Es ist anzunehmen, daß auch die Studententracht in auch, namentlich bei den vornehmeren Studenten, ein Frankfurt/O. nicht örtlich etwas Besonderes war, kurzes kokettes Schultermäntelchen. Die ebenfalls eng­ sondern die allgemein zu beobachtenden Merkmale anliegende, aus Stoff genähte Strumpfhose in einem der Zeit trug. Demselben Studenten (in seiner inter­ Stück, oft zweifarbig („versicoloris", „miparti") — d. h. territorialen Freizügigkeit) begegnen wir in Wien, in es glich' das linke Bein nicht dem rechten — war mit Prag, in Leipzig; doch zeigen sich gewisse Unterschiede, einem sichtbar getragenen farbigen Latze (der „Scham­ die das 17. und 18. Jahrhundert hervorrief. So war kapsel") und einer kurzen Zwischenhose („Bruch") nur z. B. in Jena, Leipzig, Halle, Gießen eine Studenten­ mühsam am Wams durch Nesteln verschnürt. An­ schaft etwa mehr von dem Typus des „Renommisten" stößige Entblößungen waren kaum vermeidbar. Und oder des „Stutzers" beherrscht. Für Frankfurt/O. ist später hieß es noch von den spanischen Mänteln der dies jedoch nicht überliefert. Studierenden in Wittenberg zu Melanchthons Zeiten: „sie bedeckten nicht das, was die Natur bedeckt haben II. wolle". Neben der Kapuze („Gugel") kamen mannig­ Die ältesten Bilder und Urkunden vom deutschen fache Kopfbedeckungen auf, so: spitze Hüte oder pelz­ Scholaren des Mittelalters zeigen ihn in einer allgemein verbrämte, mit Schwänzen und „Ohren" versehene verbreiteten Tracht, die der des geistlichen Standes Kappen (Konrad), an die man gern lange Federn oder verwandt war. Viele von ihnen waren ja junge Kle­ gar wehende Büsche von Straußen- oder Reiherfedern riker, die die niedere Weihe der Kirdie bereits emp­ t$impositis plumis ac cristis in pileos") steckte. Auch fangen hatten. Sie mögen das mönchische Gewand das Barett („pirett"), das bis dahin nur den Graduier­ ihrer Klosterschulen getragen haben, das ihnen ein ten zukam, war als Kopfbedeckung beliebt (im sieb­ geistliches Ansehen verlieh und sie auf der Reise im zehnten Jahrhundert dann geradezu vorgeschrieben). fremden Lande unter den Schutz der Kirche und Orden Dazu trug man das Haar bei glattem Gesichte lang­ stellte. Wir lesen von einem „clericalis vestitus" oder gelockt. Die bis zum Ende des 15. Jahrhunderts be­ auch „vestitus seholasticus" als Bezeichnung der übli­ zeichnenden „gehörnerten Schnabelschuhe" (auch chen Scholarenkleidung. Es war ein langer, geschlosse­ „Schiffsschnäbel"), werden jetzt vertauscht mit den nun ner Mantel („kutte", lat mantellum) oder ein talar- vorn ganz breiten „Ochsenmäulern", auch „Entenschnä­ artiger Rock (pallium, auch toga, cappa und tunica) bel" genannt, wie ja jede Mode sieb gern Im Gegen­ von einfarbenem dunklen Stoffe mit weiten Ärmeln, sätzlichen bewegt. Kapuze (auch „Gugel" genannt, deren Innenfutter Ge­ legenheit gab, Unterscheidungsmerkmale anzubrin­ Mit dem 16. Jahrhundert, namentlich in seiner zwei­ gen) und Gürtel (cingulum). Der Mantel durfte nicht ten Hälfte, erscheinen dann die „unfletigen und schend- über die Schulter zurückgeschlagen werden, sondern lichen" Pluderhosen, die bis zu den Knien reichten; mußte den ganzen Körper bis zu den Knöcheln be­ getrennt jetzt Hose und Strumpf, der unter dem Knie decken. Es durften weder Brust noch Beine sichtbar festgebunden ist. Von ihnen wird noch die Rede sein. sein. In einem Leipziger Statut wird er später einmal Man trug dazu als Unterkleid das übliche Wams, später der „erliehe Studentenmantel" genannt, der ursprüng­ eine gefaltete Halskrause („Kröse"), die man wegen lich offenbar mehr durch Sitte als durch Vorschrift für ihrer zunehmenden Größe auch „Mühlsteinkragen" die dem Studenten „angemesse Kleidung" galt und auf nannte, farbige Strümpfe, als Überrock: kurzen spani­ den ältesten Abbildungen typisch zu finden ist. Ver­ schen oder langen, oft mit Pelz verbrämten Mantel mutlich ist eine Kleidervorschrift (sowohl für den (die „Schaube"), mit mächtigen Aufschlägen, sowie Scholaren als für Magister und Doktoren) mit dem auf Mützen aller Art oder ein Barett, darunter die „Ka­ Deutschland übertragenen Universitätsvorbilde Paris lotte", eine enge Haarhaube, oft golddurchwirkt; alles übernommen worden. Ohne daß wir darüber bisher nunmehr weit und bauschig. Barett, Wams und Hose Sicheres feststellen konnten, läßt sich annehmen, daß waren mannigfach geschlitzt — das Merkmal der Mode schon in den ältesten Zeiten z. T. die nichtgeistlichen — mit teurer Seide unterlegt und mit farbigen Püffen Scholaren, sonderlich die von Adel, wohl auch Ihre versehen. (An Stelle der Pluderhose waren in Frank­ weltlich-farbige („multicoloris vestis"), d. h. die ihrem reich und Spanien eine steife Pumphose Mode, dann Stande übliche Kleidung, mit Wehr (die sonst im all­ auch ein nur den Oberteil der Schenkel bedeckender gemeinen streng verboten war) und selbst mit einem ausgestopfter Wulst, ein Kleid, das aber, scheint's, in .Barte trugen» — wenn dies auch nicht gern gesehen Deutschland wenig Anklang fand.) Der Bart, der sich wurde. auch schon früher findet, wurde als breiter oder spitzer Gewiß hat dies „geistliche Gewand" auch noch die Vollbart und Knebelbart beliebt, wenn man ihn nicht alte Frankfurter Viadrina gesehen. Denn der langsame nach Landsknechtsart möglichst martialisch wachsen ztihe Fluß der Überlieferung brach damals nicht so ließ (1542). Auch das Haupthaar wechselte zwischen schnell ab wie heute. Aber schon ihre erste Zeit, ihre kurzgeschoren und lang herabwallend gelockt. In jun­ ältesten Scholarengenerationen standen unter einem gen Jahren bekränzte man es gar, wie es ein Bild des anderen, umwälzenden Gesetze der Mode. ehemaligen Frankfurter Studenten Ulrich von Hütten

70 xiMP.t, woj«ej»en /.. H. die Studrnlen zu Ingolstadt ver • Publik :;n wnr auch für die Mode des Kontinents warnt wurden. - •- Dieser phimL'iKtiseh-abenteuerlirhe Frankreich tonangebend, ähnlich dem Spanien de.*; sech­ Aufputz war eine deutsche Mode und soll von den zehnten Jahrhundert. Deutschland, jalnv.ehntelanj;' Landsknechten — den „nackten Knaben*' Kaiser* Maxi­ Krie/isschauplatz, ausgeplündert und /jeinartert von der milians -•- und ihren Dirnen mitgebracht worden sein. Soldateska Europas, folgte willig dem französischen Er war zunächst Soldaten- („Reuter"™) kleid, wurde1 Einfluß, Rs ist, als klaffe eine Lücke zwischen der hohen vermutlich gerade als solches auch in dvv Scholaren- Kultur deutschen Mittelalters, die Weltgeltung, hatte, schat't beliebt und kostete viele Ellen teuren SlolTes und dem wiedererwaehien Deutsehland dos 1«. Jahr­ an Tuch. Samt und Seiden. In einem Wittenber^er hunderts, ein fehlendes Stück unserer Entwicklung, das Kreditedikt vom Jahre 1562 (Leges Acad. Witcb. 1597, wir nie haben ersetzen können. cit nach Dolch) werden die „Sammele Parct, Pluder­ hosen, Wammes und Mentel mit Sammet und Seiden III. verbremet" gerügt und bemerkt, daß die Scholaren Wir dürfen also annehmen, daß sich der Frankfurter oft „zehen, etliehe zwanzig, etliche dreißig, ja vierzig, Student in seinem Äußeren, wie wohl überhaupt in fujfzig und mehr Taler schuldig sein1*. — So sehen wir seinen Sitten, nicht wesentlich von den Kommilitonen hier bereits, wie sonderbar nahe sich die akademische anderer Universitäten unterschied, Das Bild, das sich Jugend dem Soldatsein fühlte. von diesen allen zeichnen läßt, besonders die Entwick­ lung ihres Kleides, ist zugleich das Bild vom Academi- Mit allen Mitteln und in Strenge gingen die Uni­ cus Francofurtensis. Im Alltagsgewande, in Soldaten­ versitäten — wie die weltlichen und kirchlichen Obrig­ uniform und gesellschaftlichem Modekostüme seiner keiten ehrlich' entrüstet über die „Unsittlichkeit" und Zeit sieht man ihn selbstbewußt und Händel suchend den Luxus der neuen Tracht — gegen die „widderlich die alte Oderstadt mehr beunruhigen als mit gelahr­ weltliche" und „heidnische" Modetorheit vor. Sie ver­ tem Fleiße ehren. Abbildungen von ihm selbst aus der boten den Neuerern den Besuch der Vorlesungen, ähn­ ältesten Zeit, dem 16. Jahrhundert, scheinen nicht mehr lich wie heute die katholische Kirche der ärmellosen vorhanden zu sein, wie mir auch die Herren Dr. Kon­ kurzen Damenmode den Zutritt zum Gottesdienst ver­ rad (ehem. Pr.-Friedland), und ebenso noch der 1939 wehrt. Der Senat strafte mit Karzer, Geldbußen und verstorbene Frankfurter Büchereidirektor Felix Plage als Fachkenner Alt-Frankfurter Bilderkunde bestätig­ Ausweisungen, verweigerte die Immatrikulation, ja er 3 „retardierte" den Examenskandidaten, d. h. er hielt ten ). (Siehe aber dazu Anhang Nr. 8—10.) Um so mehr ihn von der Prüfung zurück oder erkannte die Dis­ ist es zu begrüßen, daß uns ein Konterfei aus späterer putation nicht an, wenn sie nicht in vorgeschriebener Zeit, besonders aus den letzten Jahren der Viadrina, Kleidung abgehalten wurde, wie bei der Magister­ überliefert worden ist. Hier handelt es sich vor allem prüfung des Geiler v. Kaisersberg im Wintersemester um eine reizvolle Serie von aquarellierten Federzeich­ 1463—1464. Die Pedellen wurden eidlich verpflichtet, nungen, die vor Jahren Plage für das Städtische alle anzuzeigen, die sich der Kleiderordnung nicht füg­ Bilderarchiv Frankfurts im Althandel erwarb. (S, u.) ten. Dies galt namentlich bei den Neuankomrr\enden, Zu Anfang des 16. Jahrhunderts, der Frühzeit der bei „Ausländern", und denen vom Adel. Es ist ergötz­ Universität, hatte sich — wie wir sahen — gerade mit lich zu lesen, wie die Vorgeladenen sich dann ent­ der Verweltlichung und Individualisierung des „Bur- schuldigten: sie hätten für ander Gewand eben gerade senknechtes" die Kleidung gewandelt: der geistliche kein Geld oder Tuch, man solle es ihnen geben; oder Charakter des mittelalterlichen Studentenkleides wich „übrigens sei er an sieben Universitäten vorher ge­ dem modischen Gesellschaftskostüme. Über diese wesen, und nirgends sei ihm diese seine Kleidung ver­ älteste Zeit liegen für Frankfurt zwei zeitgenössische boten worden" (so Freiburg 1546); oder die verlangten Äußerungen vor. Die ältere bezieht sich* u. a. auf die Kleider seien noch beim Schneider oder im Koffer. Kopfbedeckung, besonders das Tragen der Barette für Ergötzlich ist auch die Nachsicht eines hohen Senates Scholaren und Dozenten. Die ältesten Frankfurter Sta­ Ausländern und denen vom Adel gegenüber, die man tuten (Statutenbuch Nr. I des Breslauer Universitäts­ aus begreiflichen Gründen nicht gern vertreiben archivs, fol. 102) sagen (zit nach Kaufmann): „debent wollte. omnia supposita tarn graduata quam non graduata (ii Mit dem 17. Jahrhundert, der Zeit des Großen Krie­ decenter habituata i7icedere ). Danach folgen noch ges in Deutschland, verlassen wir die mittelalterliche einzelne Bestimmungen für die Magister und Dok­ Universität und ihre interterritoriale Scholarenschaft. toren: „in publicis actibus" sollen sie nur auf­ treten „rotundis birretis birretati ac scapularis seu Im Territorialstaate gibt es jetzt landesherrlich z*egle- u mentierte Bekenntnisschulen für die akademische Be­ capucio per humeros posito ,% sie und die jurium rufsausbildung der Landeskinder. Die Verweltlichung baccalaurei sollen womöglich nicht ohne Begleitung der Studentenschaft hat sich überall durchgesetzt. Der eines Dieners ausgehen; schließlich behandeln sie das „Bursche" ist E'inzelpersönlichkeit, nicht mehr ge­ Verbot gewisser Modetorheiten für alle Scholaren. (Ak­ nossenschaftlich-vertretbares Glied der landsmann­ ten und Urkunden der Universität Frankfurt/O. 1—6, schaftlichen Scbutzgilde oder Burse und tritt mit ge­ Breslau 1897 fg.) So dürfen die 'kurzen 'Übermäntel hörigem Selbstbewußtsein und einer empfindlichen Ka­ nicht flott über die Achsel geschwungen getragen wer­ valiersehre auf. Die zahlreichen Bestimmungen über den, die Beinkleider ungegürtet. Die deutsch''verfaß­ das Leben an der Hohen Schule haben sich mit der ten Statuten von 1610 untersagen dann die aus Spanien weltlichen Tracht im allgemeinen abgefunden und kommende Mode des kurzen Mäntelchens wie die suchen nur übermäßiger Putzsucht, unsittlichen Extra­ „Pudelfrisur", „mit welcher me sich wider die Natur vaganzen oder der Verwahrlosung zu'steuern. In die­ und den, Befehl des Apostels zu Weibern umbildeten", ser kriegerischen Zeit, in der der Student jahrelang (Nach Hausen, 1806, 79 fg.) ein Landsknechtleben führte, trägt das Äußere Sol­ Heinrich Grimm weist- in seinem mit gelehrtem datenzuschnitt oder — wenn man besonders vornehm Fleiße verfaßten Huttenbuche '(1938), das auf die junge auftreten wollte — Gewand und Allüren des Diplo­ Viadrina ein neues vorteilhaftes Licht wirft, darauf hin, maten und Hofmannes. Es galt ja an Stelle der mittel­ daß Hütten,'.dieser mit Heinrich« von Kleist größte aller alterlichen Autorität von Kirche und Glauben der Geist Frankfurter Studenten, der Kleiderordnung der Kom- der Staatsraison »der großen Politik und der vielen militones vom Adel unterworfen war (S. 65): [..,] Höfe, eine Welt schwülstiger Phrase und eitler Selbst­ „den Edelleuten seind die Kleider nach der achtüng, gefälligkeit, in 'deren Dienst Künstler, Dichter und wertschafft, und mit dem verbremen nachgelassen, wie 'Denker standen • wie früher in dem der Kirche. Die den Magistris und superiorum facultatum baccalaureis. pompöse Perücke verlieh der Gesellschaft ihren Cha­ Auch alle gantz unzunchniizelt und" einer ehrlichen rakter wie einst der. Haarschnitt dem Ägypter unter zimlichen Lenge, Doch mögen sie Sammete Pareith dem autokratischen Ramses, Es ist zugleich die groß­ [Barett] oder Scheplein tragen* on allen geschmuck von artige Kunstepoche des Barock, voll weitschweifender Federn, Perlen, Golt oder anderm gesticke, und sollen Phantasie und kühner Baumbeherrschung. Wie in der hiemit gemeint sein, die als Edelleut von jren vier

71 anhen geboren", — ein Zugeständnis, das sich überall wiederfindet, wie ja überhaupt die Herren vom Adel unter den Studierenden mancherlei Vorteile und Aus­ zeichnungen genossen haben. Sonst blieb meist aus­ drücklich dem Adel das Tragen von Federn vorbehal­ ten, auch von Waffen. — Die Frankfurter Herren wer­ den sich an das obige Verbot wenig genug gehalten haben! Was unter diesen Modetorheiten des 16. Jahr­ hunderts, vor allem in seiner zweiten Hälfte, zu ver­ stehen ist, macht eine weitere Frankfurter Quelle5) zur Studententracht anschaulich klar. Es ist eine — später in der Oderstadt gedruckte und oft wieder auf­ gelegte — Predigt in der der (nicht sonderlich sym­ pathische) Frankfurter Stadtpfarrer und Brandenbur­ gische Generalsuperintendent Professor Andreas Mus­ culus von der Kanzel der Marienkirche 1555 gegen den „zerluderten, zucht- und ehrverwegenen pludrigten Hosenteufel" wetterte: „erstlich von wegen des übel- stands/ dadurch sie sich zu Unmenschen machen/, zum andern/, von wegen der ergernis und/ anreitzung zu allen bösen begirden/, zum drytten, von wegen der vnkost/, das jetzunder ein junger rotzlöjfel/, ehe er noch das gele vom schnabel gar abwüschet/ mehr gelts zu einem paar hosen haben mus/ als sein Vater zum hochzeitkleid." Diese „unfletigen und schendlichen Plu­ derhosen" waren das beliebte Modekleid der Studen­ ten, gegen das an allen damaligen deutschen Univer­ sitäten Sturm gelaufen und strenge Verbote erlassen Studenten in Gala (s. Anhang 7 a) wurden, freilich im allgemeinen offenbar ohne großen Studententypen aller zeitgenössischen, deutschsprachi­ Erfolg; denn die Strafandrohungen wiederholten sich gen Universitäten, gezeichnet und gestochen von Phil. alle paar Jahre. Der „Hosenteufel" mußte damals um Jacob Leidenhofier. — in seiner ständigen Wieder­ so mehr auffallen, als er an die Stelle der enganlie­ holung bezeichnender für das elegante Prunkkostüm genden Strumpfhose trat, der unter französisch-bur- des Stutzers überhaupt als für eine besondere Stu­ gundischem Einfluß nach Deutschland gekommenen Ge­ dententracht (s. Nr. 3 des Anhangs). sellschaftsmode der gotischen Zeit. Der bekannte Holz­ schnitt des Titelblattes gibt dem Leser eine schauder­ Ein Ausweis rein studentischen Brauches äußerte sich erregende Vorstellung (Anhang Nr. 9). gerade damals am Studentenkleide. Zu den Auswüchsen Erst knapp einhundert Jahre später finden wir Äuße­ akademischen Lebens gehörte auch in Frankfurt/Oder rungen über den Frankfurter Studenten wieder. Von . der Pennalismus. Die Pennale, früher „beane" ge­ dem phantastischen Landsknechtsaufputz hat er sich nannt (im 19./20. Jahrhundert „krasse Füchse"), muß­ inzwischen zum Soldaten des Dreißigjährigen Krieges6) ten beim Bruderschaftmachen mit dem Bursch (dem gewandelt: der wallensteinische Zuschnitt oder der „Schönsten") alles tauschen, was sie auf dem Leibe schwedische lange Uniformrock mit Koller (ärmellosem trugen. Das nannte man „Hojen". auch „Hutschen". Wams) waren beliebt geworden. Hatte doch manch Diesem ehrenvollen Brauch entging der Pennal da­ einer der Kommilitonen jahrelang mitgefochten, bis er durch am besten, daß er sich so schäbig wie möglich den Weg wieder in die Hörsäle zurückfand, — freilich anzog. So kam es, daß hier ein natürliches Gegenge­ verwilderter und verwahrloster denn je.. wicht gegen den „Pomadenhengst", den „ä-la-Mode- Studenten" entstand (zumal diese Neulinge während Es gibt Aquarelle in akademischen Stammbüchern, des Pennaljahres auch keinen Degen tragen durften). deren Ausschmückungen mit Wappen und Sinnbildern Die lumpige, zerrissene Pennaltracht durfte erst nach wie auch figürlichen Darstellungen oder Stadtprospek­ der Rezeption (Aufnahme) als ehrlicher Bursch mit ten seit alters beliebt war. Man hatte dafür — meist dem modischen Kostüm vertauscht werden. Dieser Pen­ durchaus mittelmäßige — Künstler an der Hand, die nalismus scheint im 17. Jahrhundert auch zu Frankfurt ziemlich handwerksmäßig solche Darstellungen nach a. d. O. in zweifelhafter Blüte gestanden zu haben. Wunsch anfertigten. Die im Jenaer Stadtmuseum vor Denn Universität und Berliner Regierung suchten 1945 befindliche Kopie aus der Sammlung Kippenberg mehrmals einzugreifen. (1616, 1633, 1636, 1638, 1647, zu­ (s. Anhang Nr. 1) ist ausdrücklich mit „Frankfurt a. letzt 1659, s. dazu Lit. bei Erman-Horn Nr. 3633 [1618 d. O. 1626" bezeichnet. Fast gleichzeitige farbige Fi­ betr.] fg.). Später mußte bei der allgemeinen Bekämp­ gurenbilder enthält das seinerzeit im Besitze des fung des Pennalismus jeglicher Unterschied der Klei­ „Historischen Vereins für Heimatkunde", Frankfurt/O. dung zwischen jungen und alten Semestern verboten befindliche Album des stud. Balthasar Fünster (nicht 7 werden. Dagegen wandten sich die Pennale selbst, ein „Fünfter" wie Fußnote) ) mit Eintragungen aus Wit­ eigenartiger Vorgang, der mit der damals weit verbrei­ tenberg und Frankfurt/Oder aus der Zeit von 1620 bis teten Armut in der Studentenschaft in Zusammenhang 1630. Hier stellen u. a. zwei farbenfrische Blätter von zu bringen ist. Denn die „Pauperes", die nicht in der 1627 vermutlich Frankfurter Studenten dar: ein Liebes­ Lage waren, sich das teure Modekostüm zuzulegen, paar im vornehmen Gesellschaftskleide der Zeit und kamen mit der anspruchslosen Pennalkleidung billig zwei in schwarz modisch gekleidete junge Männer durch, ohne unangenehm aufzufallen. (s. Nr. 2 im Anhang). Beide Aquarelle verraten aber keinerlei studentische Kleidungsmerkmale. IV. Eigentümlich sticht dann später gegen die Nach­ Um diese Zeit entstanden überall landschaftliche Zu­ kommen dieser rauhen Zeit, „die Renommisten", das sammenschlüsse, die „Landsmannschaften", z. T. aus Äußere des „ä-la-Mode-Studenten" ab. Er trägt das ge­ den alten „Nationalkollegien", z. T. sogar neben ihnen. pflegte Kostüm der vornehmen Welt, mit galanten Das ist für die Geschichte der Tracht insofern be­ Spitzen und Bändern, in der Kavaliershaltung der merkenswert, als in der Mitte des 17. Jahrhunderts repräsentativen, prunkliebenden — und so unsoliden die Sitte aufkam, „die Ränder der Hüte mit seidenen Barockperiode. Dieser Gestalt findet sich das nächst­ Bändern von verschiedener Farbe pro distinguendis alte Conterfei des akademischen Bürgers der Viadrina: diversis nationibus" aufzubinden. [Zur Unterscheidung um 1700. Es ist ein Kupfer stich in der großen Serie von der verschiedenen Landsmannschaften.]

72 mannschaften oder anderer Verbindungen durch Tra­ gen von Bändern oder Coquarden oder dergl. Ab­ zeichen sei gelitten." Audi das Degentragen wurde streng untersagt: „auch solches nicht unter dem Behuf des Ausreitens erlaubt, so wenig als auf den Studenten­ stuben das Halten von Haudegen oder Haurapieren" — Scheint jedoch alles nicht viel genutzt zu haben. Denn schon 1750 hatten unterm 10. Juli Rektor und Pro­ fessoren um Zurückziehung eines königlichen Ver­ botes nachgesucht, Degen zu tragen, weil „ja Haus­ diener, Apotheker und Barbiergesellen den Degen tra­ gen dürften." Es sei bisher das einzige Zeichen ge­ wesen, durch das sich die Studenten von den Hand­ werksburschen und bloßen Schülern unterschieden hätten. Sie erhielten von Friedrich dem Großen ab­ schlägigen Bescheid. Rappierübung (s. Anhang 7 h) Für das späte 18. Jahrhundert finden wir als den Audi in Frankfurt a. d. O. bestanden — im 17. Jahr­ kennzeichnenden Zug wieder die Vorliebe für mili­ hundert wieder organisiert — mehrere solcher lands­ tärische Uniform, dem wir schon früher begegnet sind. mannschaftlicher Vereinigungen. In einem Briefe8) des Man trug auf der Allongeperücke oder dem Zopf den jungen Jahn aus dem Jahre 1801 (21. 12. 1801; Bres­ schulterbreiten Dreispitz oder Lederhelm mit Feder­ lauer Staatsarchiv), der sich — ohne immatrikuliert zu busch („Stürmer"), offenen, langschößigen Rock mit sein — in Frankfurt/O. aufhielt, werden drei „Kränz­ farbiger Weste, enge Hosen und hohe bespornte „Ka­ chen" genannt (es gab damals an der Viadrina im gan­ nonen" oder Wadenstrümpfe und Sclinallenschuhe, den zen etwa nur 230 Studenten): ein märkisches, ein schle- Raufdegen (den seit 1750 Friedrich der Große für Preu­ sisches und ein preußisch-(pommersches) („diese mit ßen verboten hatte!) Es ist unschwer die Uniform allen übrigen Deutschen und anderen Landsleuten bis wiederzuerkennen, die die siegreichen Truppen des zu Hottentotten und Samojeden"). „Der Zweck dieser Großen Friedrich trugen. Und eine Generation später drei Verbindungen", sagt der spätere Turnvater (der finden wir jenen knappsitzenden Frack und den rie­ wohl schon damals Gedanken in der Richtung der spä­ sigen Zweispitz der Napoleonischen Zeit. teren Burschenschaftsbewegung anhing) wenig liebens­ Daneben gibt es aber auch um die Jahrhundertwende würdig, „ist die Aufrechterhaltung des rohen Burschen- eine degenlose, mehr bürgerliche Tracht, die uns aus comments. Daher ist ein großer Theil ihrer Gesetze der Goethe- (Wertner-) zeit wohl vertraut ist. Es ist bloß expreß dazu gegeben, um Duelle anzuzetteln. der erst kostbar bestickte, farbige, später einfarbige Außer den allgemeinen Nachteilen hat das KränzchJen Frack mit Spitzenhemd und Kragen, langem Mantel für jedes Mitglied folgende Nachteile", so heißt es in und Kniehosen in Wadenstrümpfen oder in hohen Stie­ dem Briefe weiter: „1. Abhaltung vom Studieren, feln oder Gamaschen; dazu Schnallenschuhe, Zylinder 2. Verderbung des Herzens, 3. Zerrüttung der Gesund­ oder Schirmmütze. Der Zopf aus der zweiten Hälfte heit, 4. Verführung zu Schulden." [.. j „Endlich wäh• des Jahrhunderts verschwindet allmählich. — Aus nen die Kränzianer in ihrem Rausche, die ersten Bur­ jener Zelt bezieht sich das Spottwort Börnes über den schen der Erde zu sein und lächeln mit dummer Ver­ Jenaer Studenten: er gleiche von oben einem römischen achtung auf Akademien hinab, wo das Kränzchen-Un• Krieger, von unter einem deutschen Postillione. wesen nicht herrscht. Kenntlich sind die Kränzianer 1. an ihrem Air, 2. an dem Renomiren mit dem Merk­ Aus diesen Jahren ist eine Reihe von Bildern eines zeichen ihrer Vereinigungen. Ihre Farben sind bey Frankfurter Studiosen noch vorhanden: so ein Stamm- den Schlesiern schwarz und rosa, bei den Märkern buchblatt von 1777 (siehe Anhang: Nr. 4). Wir erkennen orange, auch orange und schwarz oder orange hier sofort die Uniform des Großen Friedrich wieder. und violett, bei den Preußen grau und rot. Diese „Zottige Seitenhaare, übermäßig große Dragonerstiefel Farben paradieren als Kocarden an den Hüthen, als und ein Hut, aus dem man drei hätte machen können" Püscheln an den Tabakspfeifen und an den Collets (Reh) fallen besonders auf. Noch deutlicher wird die ihrer Stammbücher. [...] Außer den Namen der ein­ Vorliebe des Studenten für das Soldatenkleid aus Bil­ zelnen Kränzchen im Zuge C. V. M. C. prangen hier dern der Napoleonzeit. Hier liegt die eingangs er­ auch noch die Symbole derselben." [...] (s. Anhang wähnte Bilderreihe von 1805 vor, also aus der letzten Nr. 5, 6 u. 7). Zeit der Viadrina (Anhang Nr. 6—7). Neben und gegen diese Landsmannschaften bildeten

sich später im ausgehenden 18. Jahrhundert „Orden", .^.-W«^.^ - .•••»•»— *~ -- mm^mmp..^-- . ..*..,.,.. *ir.^. die nun ihrerseits wieder Abzeichen einführten. So trugen z. B. die Mitglieder des „Ordens der Freund­ schaft" zu Leipzig um den Hals gebunden einen sil­ bernen Triangel mit dem eingravierten Wahlspruch „Soraborum saluti", umgeben von Sonnenstrahlen als Gesellschaftsabzeichen. Es sind auch für Frankfurt/O. solche Orden überliefert worden, so die „Unitisten0) und „Constantinisten". Das Abzeichen der 1789 auf­ gelösten Unitisten war ein silbernes Kreuz mit den Buchstaben U. J. A. F.*). Aus den umfangreichen Pro­ zeßakten über Händel unter den Frankfurter Musen­ söhnen dieser Zeit (ehem. Breslauer Staatsarchiv) sind übrigens die Statuten und „Allgemeinen Cartell- gesetze" dieser Korporationen noch genau bekannt (s. Golinski a.a.O.). Sowohl gegen die Frankfurter Landsmannschaften wie gegen die Orden wurde mehrmals von höchster Stelle in Berlin streng vorgegangen, so z. B. 1782, wo es hieß: „Kein äußerliches Kennzeichen der Lands- *) m „Unitas iungit amicos fideles" (= Eintracht erhält die Freundschaft). Studenten in Wintertrachten (s. Anhang 7 g) 7:> „Die zwölf aquarellierten Federzeichnungen, die aber erneuert; die Studenten mögen sich aber als Plage 1932 [1929! d. Vfs.] entdeckt hat, sind für die Herren der Lage gefühlt und der Verbote gespottet Kenntnis des Studentenlebens der alten Viadrina wich­ haben10). — Der Künstler hat allerhand Bezifferungen tig. Vielleicht waren sie für ein Tafelwerk zur 300- angebracht, die darauf schließen lassen, daß die vor­ jährigen Jubelfeier der Universität gedacht, die dann liegende Reihe nicht vollständig ist. Die Uniformen der freilich durch die Kriegswirren verhindert wurde; man drei Kränzchen stimmen überein mit den Angaben des denke an die entsprechenden Alben v>on Wittenberg Briefes von Jahn." (K. Konrad, Ergänzungsblätter zur und Leipzig. In Strich und Farbauftrag zeigt sich ein „Bilderkunde des deutschen Studentenwesens", in tüchtiger, wohlgeübter, leider ungenannter Künstler; „Breslauer Hochschulrundschau", Jg. 24, Heft 2 (Febr. vielleicht war es ein auswärtiger Meister, der von 1933), Seite 24, Nr. 180a) —. einem Verlage hierher geholt worden war. An die Studentenschaft als Auftraggeber wird man nach der Die Bilderreihe, aus der hier einige ausgewählt wur­ Art der Motive [von h und n abgesehen] kaum den­ den, Vermittelt einen anschaulichen Eindruck vom ken dürfen. Einigermaßen überrascht, daß die Studen­ Studenten der Oderstadt kurz "vor der Burschenschafts­ ten allen obrigkeitlichen Mandaten zutrotz in den Far­ bewegung, jener großen inneren und äußeren Erneue­ ben der Kränzchen auftreten: das schlesische, märkische rung deutschen Studententums. Sie sollte Frankfurt und preußische sind mehrfach erkennbar. 1803 hatten nicht mehr erleben, damit auch nicht einen neuen Ab­ die Behörden anläßlich des Auszuges der Musenschaft schnitt in der Geschichte der deutschen Studenten­ nach Neuzelle zwar klein beigegeben, jene Verbote tracht.

i) Vgl. dazu J. H. Mitgau, Die Studententraditen. In: D. — ß) Damalige Frankfurter Verhältnisse im allgemeinen Akadem. Deutschland II (1931) S. 135 ff. — Allgemein ferner: schildert der Frankfurter Bürgersohn und langjährige Stu­ J. H. Mitgau, D. dt. Alltagsleben im zeitgenöss. Bilde (1937). dent Christoph Stummel in seinem „Studentes", 1549 (vgl. — 2) in K. Konrad, Bilderkunde d. dt. Studentenwesens II K. Konrad, Student und Theater, S. 74 ff.). — Die vielen (1931), zitiert als B K , finden sich nur vereinzelte Hinweise. Druckauflagen Frankfurt/O. 1549/1550, Köln, Straßburg usw., — Dazu: Nachträge u. Ergänzungen (1935). = B K 49, 4; Nach­ leider ohne Holzschnitte. — 6) „Eine üppige, leichtfertige, trag 161 a (Kränzianer-Schlesier); A. Methner u. G. Lustig, freche, prächtige, unverschämte Kleidung macht sich nir­ Corps Borussia (1911); G. Lustig, „Zur Entwicklungsgesch. gends mehr als bei den Studenten breit" („Hoffarts-Spiegel", der ältesten Breslauer Stud.-Verbindungen" (1923). — „Wende Rostock 1643). — ?) Vgl. dazu [Seilkopf]: Stammbücher Frank­ und Schau" II (1932). — Nachtrag 180 a, BK. 75 b 5, 75 b 2; 1215 furter Studenten a. d. 17. u. 18. Jh. = „Mark. Blätter", Beil. (neue Darstellung). — Auch schriftliche Auskünfte von Dr. z. Frankf. „Oderztg." 1914, Nr. 142 (ohne Abbildungen). — Karl Konrad, 1933, Pr. Friedland, für die ich an dieser Stelle Fünster offenbar übereinstimmend mit dem Berliner Hof- nochmals bestens danke. — L. Golinsky: Die Stud. Verbdg. und Kammergerichtsrat Balthasar F. aus Lüben, Schles., Frkf./O., Diss. Breslau (1903). — H. Müller: Geschichte des 1605—1648, siehe Stoiberger Leichenpredigt Nr. 9491. — Corps Silesia, Festschrift, Breslau (1897) [Hier der Hinweis, 8) Abgedr. bei A. Methner u. G. Lustig: Geschichte des Corps daß die Verbindungsabzeichen der aufgelösten Frankfurter Borussia zu Breslau 1911, Seite 36 fg. — Auch Pohland im Universität auf Breslauer Corps übergehen]. — Über sonstige „Volksfreund" 1919, 6. V. — 9) 1771 an der Universität Halle Literatur s. Erman u. Hörn, Bibliographie d. dt. Universi­ entstanden (Golinski, 89 fg.) in Frankf./O. führend. — 10) Ein täten II (1904), 173—195 (Nr. 3376—3724), s. auch 17 328—17 363 farbiges, anschauliches Bild der Ereignisse und Zustände die­ (Bildl. Darstellungen). — 3) Beiden verdanke ich auch sonst ses Jahres entwirft F. Plage auf Grund archivalischer Quel­ Unterlagen zu den folgenden Ausführungen. — 4) „Es sollen len, besonders der Universitätsakten, in seiner Artikelserie alle Assistenten, sowohl die Graduierten wie die Nichtgradu- „Sturm und Drang an der Universität Frankfurt/Oder im ierten angemessen gekleidet auftreten;" — „bei öffentlichen Jahre 1803", „Oder-Zeitung", Fkf./O. vom 24.;/25. 12. 1935; Anlässen sollen sie nur mit runden Baretten und mit Schul­ 4./5. 1. 1936; 16. 1. 1936; 28. 1. 1936; dort auch Wiedergaben tertüchern oder einer Kapuze über die Schultern bedeckt" . . . obiger Bilder.

A n n a n g : Verzeichnis von Alt-Frankfurter Studenten-Bildern (1—10) bespaar (der junge Mann weinrotes Modekleid, mit Spitz­ 1. Student 1626: bart, Eintragung Joh. Becker aus Freistadt). — 1626/27. Zwei Im Besitz des Stadtmuseums zu Jena befand sich unter junge Männer in schwarz modisch gekleidet mit leerem und den 20 Aquarellen aus dem Studentenleben, kopiert aus vollem Geldbeutel (dazu lateinische Eintragungen des Stud. Stammbüchern der Sammlung Kippenberg, auch ein als sol­ Joh. Nitzsitz). ches bezeichnetes Frankfurter Trachtenbild aus dem Jahre 3. „Academicus Francofurtensis«*: 1626. (Dargestellt sind zwei Studenten in dem Habit des 17. Jahrhunderts: schwarze Tracht mit weißen Kragen; der a) Kupferstich von Phil. Jac. Leidenhoffer um 1700, 14,7 mal eine mit ockergelber Schärpe, ebensolchen langen Strümp­ 24 cm (in der Serie von 20 nachweisbaren, örtlich verschie­ fen und Federhut, der andere mit großem Schlapphut und denen Studententypen, die aber wohl nur Mode- und Kava­ rotem Band, ebensolchem schmalen Bande um die Hüften liertypen der [Barock-]Zeit überhaupt sein dürften; oft repro­ als Degengehänge und langen roten Strümpfen.) — (Höhe duziert: so einige bei Konrad, Bilderkde. 2. Aufl. 1931). — 8 cm a, weiß. Pap. = BK. 75 b, 5; dazu „Nachträge" S. 186.) (Das offenbar seltene Original des Frankfurter Stiches war 2. Student/en I?] 1627: im Museum des Lienau-Hauses zu Frankfurt a. d. O. in einem Aquarelle in dem Album des stud. jur. Balthasar Fünster, eingerahmten Blatt vertreten.) — (BK. 49,4.) Wittenberg und Frankfurt/O. 1620—1630, Quer 16°, s. Zt. in der b) Trachten der Studierenden von . . . Frankfurt. . . (auf Stadtbücherei Frankfurt/O. aus dem Besitze des „Historischen einigen steht: „Leopold exud."; s. E. G. Baidinger in Med. Vereins für Heimatkunde, Frankfurt/O.". Darin: 1627 Lie­ u. Phys. Journal Bd. VIII, 1793, 25) um 1700: nach Erman-

:&,,U,*nU

8. Anhang 7 m Iloi ti 1V:M0; 24 Kupfer elf» Stil leuten (Aeademieu.s) der da­ g) Verschiedene Wiiitcrtrarhten, 1803; 11 >. UM Vom Klimit­ maligen mlttelourop. Universitäten (war niclil einzugehen, ier mit 1« signiert. (Flotte Schlittschuhläufer, Kopfbedeckun­ vielleieht mit :i a) identi.sdi?). gen: pel/.beset/.te HeulelmüUe, 'Zipfelmütze, Helm, Zylindei. Auffällig hol einem: Orange-Ilalaband mit Kreuz f?|.) •1. Student 1777: h) Kappierübung, Oetober 1805; 10,5 >' (»,8. (Gloekcnfje-hlüf.i'r Aquarellierte BildJiünzeiehiiung im Stammbuch des Frank* glaee. Zugeknöpfter Mantel läßt bei jedem der zwei Studen­ furter Studenten C. W. v. Wordeck (Blatt 11!): Figur, die ten die rechte Seite frei! Zylinder.) wohl einen Studenten, darstellen soll, in soldatenuhnlteher Uniform der Zeit mit bespornten Reitstiefeln, rotem Frack, |i) Univcrsitätsbeamte.] weißen engen Hosen, schwärzt1»! .Dreispitz mit weilter Feder k) Student in Bailkleidung, Oetober 1805; 4,2 X 7,5. (Weißer und goldener Borte, Kavalierdegen um die Hüfte geschnallt). Frack und Kscarpins. Orange Kragen und Ärmelaufschlag — Eigentum der ehemaligen „Museunisgesellsehaft e. V.", 1 Märkerj, gelbe Epaulettes mit Adler, schwarzer chapeaubass Frankfurt a. d. O. (HK. Nachtrag 117 b) nach Mitgau.) getragener Zweimaster.) 1) Chapeau d'honneur toey feierlichen Aufzügen» Oetober 5. Franz Sehloüer. Zwei Studenten 1789: 1805; 5,8 \ 7,9. (Schwarzer Frack und Escarpins, Degen, kein Färb. Aquarell in Oval: Doppelilgur in Schattcnbildprolll Hut.) mit farbiger Kleidung, im Stammbuch des Frankf. Studen­ m) DamcnschliUenfahrt, September 1805; 23,2 \ 8,7. (Inmit­ ten C. II. Kühl. (Zwei Studenten im Freien sitzend; der vor­ ten ein Schlitten mit Dame; hinter ihr, auf den Kufen ste­ dere hält ein Buch geöffnet mit Statnnibuchomtragungen; hend, der die Zügel führende Student. Je zwei Reiter vorn gelbe Hose, dunkelgrüner Rock, rote Weste und Ärmoläuf- und hinten. Links und rechts Andeutungen anderer Schlit­ schläge, Zweispitz mit Kokarden (?), Zopf.) — Eigentum wie 4. ten. Die Reiter sind ebenso uniformiert wie die Praesides — (BK. Nachtrag 142 d) nach Mitgau.) Nr. l, nur daß sie Beutelmützen und Helme tragen. Die Pferde tragen rot-blau-gelbe Federbüsche.) 6. Studenten 1798 oder 1803/6; n) Feierliches Comitat» Sepember 1805; 26,6 X 8,2. (Vor­ In der Corpsztg. der Borussia zu Breslau, XVII. Jg., Heft 31 reiter: roter Frack, rote Kokarde; es folgen je zwei Reiter­ (1930), wird über ein Frankf. Stammbuch, Seidel (1804—1806) paare in weißen, schwarzen, blauen, schwarzen, schwarzen berichtet und durch Buntwiedergabe dreier Kränzianer be­ Fräcken, rotbefrackter Spitzenreiter mit schwarzbefrackten legt, daß das preuß. Kränzchen den grünen Rock mit roten Begleitern, roter Kutscher; im Wagen, drei Studenten, dar­ Aufschlägen trägt, das schlesiscne: schwarzen Rock mit roten unter einer in schwarzem Frack.) — (BK. 180 a, „Nachträge" Aufschlägen (bekannt schon aus dem Stammbuch Knötel Seite 188 bzw. Erg. Bll. IV.) 1803, vgl. Zur Entwicklungsgeschichte d. alt. Bresl. Stud.-Verb. von G. Lustig, 1923,. S. 4), das märkische einen weißen Rock mit orange Aufschlägen. — Das Corps Borussia hat die Dar­ Weitere unmittelbare Darstellungen des Alt-Frankfurter stellung aus dem Seideischen Stammbuch auch als färb. MBild­ Studentenlebens im Bilde wurden bisher nicht bekannt. Viel­ karte herausgegeben. (BK. „Nachträge" 161 B) in „Erg, B1. VI.) leicht, daß gelegentlich in Stammbüchern ältere Bilder auf­ tauchen. Derartige Stammbücher werden ja ab und zu noch 7. Ansichten aus dem Studentenleben 180S: im Althandel angeboten, wie z. B. 1929 bei Straub, Berlin, a) Fraesides, Juny 1805; 10 X 10,5. (Drei Studenten in voller die Stammbücher der Frankfurter E. W. Dickmann (1796 bis ..Gala mit bespornten Kanonen, damaszierten Glockenschlä­ 1801) und Viertel, (1767—1775), beide mit Aquarell- und Tusch­ gern, weißen Stiefelhosen, Zweimastern mit weißen Federn, zeichnungen. Die drei anderen bis 1945 in Frankfurt aufbe­ aber verschiedenen Kokarden. Student . links: schwarzer wahrten (Ratsbibliothek und Lienau-Haus) Frankfurter Frack, roter Kragen und .Ärmelaufschlag, schwarz-rote Ko­ Stammbücher enthalten keine Studentenbilder, ebenso nicht karde [Schiesier]; Mitte: weißer Frack, orange Kragen und die in der ehemaligen Stadtbücherei aus dem Besitz des Ärmelaufschlag, weiß-orange Kokarde [Märker]; rechts: „Historischen Vereins für Heimatkunde"' (1939). grüner Frack,, roter Kragen und Ärmelauf sehlag, grüne Ko­ Ein glücklicher Umstand hat einen subtilen Kenner wie karde [Preuße]. Alle zeigen auf den Epauletten den preu­ Heinrich Grimm-Balkow in einer umfassenden Schau zur ßischen [?] Adler. .Die Epauletten sind von links nach rechts: Fünf hundert jahrfeier der Letternkunst 1940 in Frankfurt/Oder gelb [Gold], gelb, grau; die' Adlerfarben: schwarz, schwarz, („Altfrankfurter Buchschätze aus der Zeit vor dem Dreißig­ rot.) jährigen Kriege") die Frühdrucke der Oderstadt -sammeln» sichten und — in dieser eindrucksvollen Übersicht zum ersten­ b) General-Anführer bey feierlichen Aufzügen und Coml- mal •— öffentlich zugängig machen lassen. Der sorgfältig zu­ taten, Juny 1805; 6,2X10. Vom Künstler 'mit 21' signiert. sammengestellte Katalog (1940, zweiter Fassung) verzeichnet (Roter Frack, schwarzer Kragen, Ärmelaufschlag und Bande- folgende Drucke 'mit Holzschnitten, ..deren Druckort Frank­ her. Orange Kokarde auf dem Zweispitz, Adler auf den gel­ furt/Oder wie Verfasser Beziehung zum -UniversitÄtsleben ben [goldenen] Epauletten.) • der Viadrina nahe legen; c) Seitenadjutant bei Aufzügen, Juny 1805; 10 X 6,1. Vom 8. Nr, 47, 'Andreas Henrici, Chyromancia» Frankfurt/Oder; Künstler mit 10 signiert. (Bläulicher Frack und.Zylinder mit Holzschnitt des Titelblattes: Mann in Doktortracht darstel­ ebensolchen Straußfedern. Schwarzes Bandelier, gelbe [gol­ lend, der einem Patrizier aus der Hand liest. dene] Epauletten.) 9. Nr. 79 a) — c), Andreas Musculus» „Vom Hosen Teuffel**, d) — f) Studenten in verschiedenen Somraertrachten, Mai Frankfurt/Oder 1555. Titelholzschnitt: Landsknecht in. Pluder­ 1805; 16,5 X 10. (Zehn Personen in zwangloser Anordnung. hosen von zwei kleinen Teufeln bedrängt (s. Text oben). Jeder einzelne sorgfältig charakterisiert:' rauchend» die Dose Neudruck 1894 ( s. Erman-Horn Nr. 13453 fg.) präsentierend und daraus schnupfend, mit Zylindern, Kap­ 10. Nr. 80, Mattheus Friederich, „Widder den Sauffteuffel**» pen. Einer mit großer schwarzer betroddelter Beutelmütze: Frankfurt/Oder 1557. Titelholzschnitt: Saufgelage» im. Hinter­ Farbe schwarz, roter Streifen mit ebensolcher Kokarde; einer: grund Teufel (2. Aufl., l. A. 1551). bläulicher Frack und roter Kragen [Lausitzer]; einer schwar­ Vielleicht fertigte auch der Buchillustrator der Eichhorn- zer Frack, roter Kragen, gelbe [goldene] Epauletten mit Offizin in Frankfurt/Oder, der wir die Drucke Nr. 79 und 80 Adler, Zweispitz [weiße Feder, schwarze Kokarde — Schle­ verdanken, der Frankfurter Holzschneider und Kupferstecher sier]; einer: langer Schwarzrock, mützenartige grüne Kappe Frantz Friederich, von 1549 bis 1585 nachweisbar, die genann­ mit grün-roter Feder [Preuße].) ten Abbildungen an?

Bücherschau 3>r. Curt Meyer, Alt-Berliner politisches Volkstheater (1848 Walter Stengel, Quellenstudien zur Berliner Kulturgeschichte. bis 1850). Verlag Lechte, Emsdetten (Westf.), 1951. 167 S. Zeitvertreib» 112, S. 80. Berlin: Märkisches Museum. Auf die sehr gründliche, flüssig und anregend geschriebene „Spiele, Masken, Tierliebhabereien" sind in dem letzt­ Arbeit sollen die Freunde der Berliner Geschichte besonders erschienenen Heft behandelt, auf das wir wieder mit allem hingewiesen werden. Es ist überraschend, welche Fülle von Nachdruck hinweisen. An Hand der anscheinend so nichtigen Bühnenstücken in etwa zwei Jahren den nach den Wohn­ Dinge führt uns Dr. Stengel durch Künste und Kulturen, zu vierteln recht unterschiedlichen Berliner Theaterbesuchern vergessenen Spiel- und Sammlerleidenschaften, plaudert von dargeboten wurde, wie in dieser erregten Zeit auch das der Pique-Zehn des Hans Kohlhase und von kostbaren Sommertheater erzieherisch auf das Publikum einwirkte und Hundehalsbändern, von den Spielern, den Tänzern der Re­ es durch Leistung zum Verzicht auf eigenes „Mitagieren" douten und Mummereien, den Herren der Tiere, sei es der führte, wie an Stellen, die später in der Theatergeschichte große Friedrich mit seinen Windspielen, der Seifensieder berühmt wurden, in diesen Jahren zuerst ein einfacher Musen­ Bläschen mit seiner Töle „Azur" oder Th. Th. Heine mit dem tempel die Hörer sammelte, während allerdings die Mehrzahl Mops „Napoleon". Die Fülle der sorgfältig belegten Einzel­ der Sommerbühnen nur ein flüchtiges und meist schweres heiten verwirrt in dieser meisterhaften Darstellung nicht, Dasein hatte. Die Märzrevolution und die Reaktion werden man folgt dem kundigen Mann willig über 109 Textseiten, be­ hier in einem Spiegel aufgefangen, der das Wesen des Ber- dauert, daß die Lektüre beendet ist» und überlegt, was man linertums dieser Jahre gut erkennen läßt. Der Verfasser selbst durch Geschaufes oder Gelesenes davon kennt. Ich gibt viele Hinweise auf das Leben der Bühnendichter und hätte gern noch bei den Kegelspielern am Schluß den erfin­ Schauspieler, auch der als Straßengrößen bekannten Zeit­ dungsreichen Postrat Pistor, Mauerstr. 34, begrüßt, bei dem genossen, da diese in den Possen und politischen Dialogen Achim von Arnim wohnte und auf der Bahn im Garten mit häufig verwendet wurden und den Zuschauern nur zu be­ seinen Freunden kegelte, während Pistor an seinen geist­ kannt waren. Aus den wesentlichen Stücken werden treffende reichen Konstruktionen arbeitete (1804/09). Beispiele und politische Couplets abgedruckt, so daß die Zeit zu uns spricht. Zwölf Bildbeilagen und farbiges Titelbild Schließlich wird auf die eingehende Besprechung von Dr. (Nante als National versammelter) und gute Register er­ Fricke im Jahrbuch 1950, S. 69, vor allem aber jeder Landes- gänzen die lebende Darstellung. M. H. geschlchtler auf das Lesen dieser Quellenstudien hingewiesen. M H. 75 Rave» Paul Ortwin: Wilhelm von Humboldt und das Schloß hat die Kunst des Sehens und Deutens in seinen Führern zu Tegel. Leipzig 1950. 246 S., 42 Abb.. 8©. und kunsthistorischen Werken in jahrzehntelanger Übung zu? Vollendung erhoben, zwingend auch dort, wo es sich um Wer sich ein wenig auskeimt in der Flut der Humboldt- Gelegenheitsschriften handelte. Wir nahmen in Tegel gern Literatur, angefangen mit Alexander von Humboldts Vorwort den alten Fontane zur Hand, aber wir wußten, daß aus sei­ zu den Gesammelten Werken von 1841 bis hin zu den moder­ nem Anti-Klassizismus heraus vor Schinkel und Humboldt nen Werke- und Quellenpublikationen der Preußischen Aka­ seine Liebe in kühler Distanz verharrte. Humboldt hat ver­ demie der Wissenschaften, von Rudolf Hayms Lebensbild von sichert, daß ihn die Elginschen Marmore „wie lebendige Wesen 1856 bis zu O. Hamacks und Eduard Sprangers, Siegfried und höher und tiefer als Menschen" anzogen. Dem Dichter A. Kaehlers und Johann Albrecht von Rantzaus Charakte­ Fontane lebte das Leben nur im Menschen. Rave aber trägt ristiken, der weiß, daß eine wesentliche Lücke blieb: Hum­ in seinem Herzen die Liebe zum Lichtblau, jenem kühlen boldts tiefe Verbundenheit mit der Kunst. nordischen Blau, „das man fast die Schinkelfarbe nennen Wie oft standen die märkischen Wanderer nicht im Schlöß­ könnte.** Darum leuchtet aus seinem Sehen und Deuten des chen Tegel vor dieser Frage! Wer wußte wohl noch von Lebens und der Kunst im Schlößchen Tegel der helle Schein Gustav Friedrieh Waagens kurzen Hinweisen von 1859 oder der Liebe, der so stark unsere Seele bezwingt, der Schein den in Jahrbüchern oder Zeitschriften fast vergrabenen einer Liebe, die jener Zeitspanne gilt, in der sich Märkisches Essays? Nun hat der Direktor der Berliner Nationalgalerie und Hellenisches am innigsten in Geist und Werk verban­ den großen Wurf getan. Es ist ein auf Wilhelm von Hum­ den. Wie vielen Menschen gab diese Verbundenheit auch in boldt transkribiertes Lebensbekenntnis des Meisters der der düstersten Zeit der deutschen Hauptstadt die Kraft, die Schinkel-, Blechen- und Thorvaldsenforschung geworden. die Seele vor der Schranke des Todes aus der Hoffnung „Der Weise rechnet mit dem Unglück als einer Möglichkeit nimmt: spes aetema supra sepulcra. im Leben, im eigenen wie in dem der Nation — nichts mehr Hermann Fricke. und nichts weniger heißt das hier. Er selbst erlitt die Nieder­ lage im politischen Kampf, Mißgunst und Undank, und ging innerlich ungebrochen daraus hervor. Den Zusammenbruch des Staates hatte er ebenfalls erlebt und hatte erfahren, wie Mario Krammer, Alexander von Humboldt. Mensch — Zeit sich das Volk dabei bewährte." Aus solchem Geiste formte — Werk. Volksverband der Bücherfreunde 1951. sich ein allerdings ganz neues Bild des Kunstwerkes Tegel. Sprangers sentimentale Deutung wird von dem Rheinländer Es war am Pfingstabend 1938, als der Bornimer Gärtner und Rave im Geiste märkisch geformten Klassizismus überwun­ Denker Karl Foerster die Anregung zu diesem Buche gab. den durch eine herbere, aber echtere Heranführung an Gott­ Alexander vom Humboldt, dem fast 90 Lebensjahre ver­ fried Kellers „Traum vom femenblauen Leben". Wir erfahren gönnt waren, ist noch einer der Lehrer des Astronomen Wil­ vom Wirken hellenischen Geistes in der Mark und vom Plün­ helm Foerster, des Vaters des Gartenphilosophen, gewesen. derungsspuk — der Franzosen in Tegel, von den Sinnbildern Wie Mario Krammer das Thema anfaßte, hörten wir wohl der Kassandra und der Erhebung, vom Schlößchen schließ­ zuerst schon s/4 Jahre später durch einen Vortrag „Alexander lich als dem Gehäuse eines vollkommenen Lebens, eines Le­ v. Humboldt und Berlin". Er sah in Werk und Lebensgang bens aus der Kunst als dem „lebendigen und sprechendsten von Alexander den Sinnwandel des Jahrhunderts zur neuen Symbol der Gottheit". Die kurzen Tegelstudien Raves in der „Periode der Forschung und Technik, der planmäßigen „Atlantis" und in den „Gärten der Goethezeit" sind in ihrer Nutzung der Erde". In diesem Geiste ist der „Versuch eines neuen Verwandlung zu einer der schönsten Deutungen ge­ Lebensbildes", der von der Aufklärung bis zum heraufkom­ worden, die sich um die wenigen Musensitze der Mark menden Zeitalter der Technik führt, geschrieben. Der gei­ Brandenburg bemühen. stige Mutterboden ist Berlin, und einer der größten, welt­ Silvester 1819 trat Wilhelm von Humboldt aus dem tätigen berühmten Söhne dieser Stadt soll uns ohne übergroße Leben des Staatsmannes zurück in den Dienst der Ideen. wissenschaftliche Belastung nahegebracht werden. Darum Schlößchen Tegel wurde ihre Behausung und zugleich die Be­ wird der Leser dankbar die weiter ausholenden Darstellungen hausung der Denkmale jener weitreichenden Begegnungen der geistigen Stufen genießen, kulturgeschichtliche Bilder, die mit den Meistern der Kunst, die dem Hausherrn im helle­ der Verfasser in reicher Fülle einstreut, aus denen das wissen­ nischen Geiste nahe standen: Rauch, Schinkel, Thorvaldsen, schaftliche Weltbild und die künstlerische Form Humboldts Tieck, Schick. Im wissenden Erschauen und Deuten der emporsteigen. Diesem Forscher und Weltentdecker war die Meister und ihrer Werke wächst um die Bau- und Kunst­ Gewalt des Wortes bis zur dichterischen Höhe verliehen, und geschichte des Schlößchens Tegel das lebensvolle Bild des sein zeichnerisches und malerisches Können gab den Berich­ märkischen Klassizismus auf: vom Verhältnis zwischen Bau­ ten einen poetischen Reiz, so daß sich Generationen an sei­ herrn und Baumeister, von der Formfrage Schlößchen oder nen „Ansichten der Natur** und seinem „Kosmos" zu Freun­ Schloß, von der Idee des Turms der Winde, vom Sinn des den der Naturwissenschaften heranbildeten. Pozzo di San Calisto, von der Hoheit und Grazie der Cha­ In der Darstellung wird manchem das Kapitel über den riten, von den Elgin Marbles, vom inneren Wert edler Werk­ Aufbau einer deutschen humanistischen Kultur, in dem der stoffe, vom Nachhall Roms, und vom Park und den Gräbern. Bruder Wilhelm als geistige Persönlichkeit eingehend ge­ Eines aber wird vor allem weithin sichtbar: die allzu sehr schildert wird, vielleicht etwas zu ausführlich erscheinen. im dämmerlichten Hintergrund gebliebene Gestalt eines stil­ Aber es ist wesentlich als Spiegel der berlinischen Welt und len Lenkers der Kunstpolitik Jungpreußens, würdig einer zur Klärung des Auftretens von Alexander, der lange in Zeit, die die geschichtsphilosophischen Grundlehren der Südamerika und 20 Jahre in Paris lebte, später aber täglicher Hegel und Schlegel und die junge kritische Kunstwissen­ Tischgast Friedrich Wilhelms IV. war und von den Berlinern schaft der Rumohr und Passavant, der Waagen und Schnaase als Gegenspieler des reaktionären Kreises um den König hervorbrachte. Rave faßt diese kaum erschlossene Welt Hum­ angesehen wurde. boldtscher Gedanken in die Worte zusammen: Wo die Kunst aus der Mitte des menschlichen Gemüts entspringe, da Ein besonderes Verdienst hat das Buch, indem es aus den schreite sie „vor jedem Irrwege sicher, ewig jugendlich, auf vielen Ausgaben der Briefe eine kleine, durch sein Leben einer Bahn fort, die ihr erlaubt, sich nach allen Seiten hin führende Auswahl, ergänzt durch Briefe und Reden über ihn, in unbeschränkter Freiheit zu bewegen.*4 bringt. Die Hälfte aber des schön ausgestatteten Werkes nehmen Kapitel aus den beiden genannten Hauptwerken Mag sich der Kunsthistoriker der in so reichem Maße ein und bieten dem Leser den ganzen Reichtum seiner erschlossenen neuen Erkenntnisse freuen: den schlichten Sprache, die strömende Fülle der Gedanken und lassen die märkischen Wanderer nimmt Raves Tegelbuch in anderer weltweite Kenntnis des Weisen auf vielen Gebieten ahnen. Weise gefangen. Wer kennt nicht die Herzensgüte und Be­ Es sei erwähnt, daß die klassisch gewordene „Geschichte der reitwilligkeit der Schloßherrin Frau Marie Agnes von Heinz, physischen Weltanschauung" aus dem zweiten Bande des Kos­ die jedem Besucher noch einen Glanz jenes Menschentums mos abgedruckt ist. Schriften-, Literatur- und Quellennach­ vermitteln, das seit Wilhelm von Humboldt dieses Haus er­ weise ergänzen das Buch, wobei ich die übergroße Beschei­ füllt? Ein gleicher Glanz leuchtet uns aus Raves Werk in denheit des Verfassers bedaure, der nur zum dritten Teil die Seele. Die Kunst des Sehens und die Begnadung mit dem (aus dem Werk) ein Namenregister gibt und' uns in seiner persönlichen Arbeit zur Selbsthilfe zwingt. deutenden Wort besitzen viele Meister der KunstwissehT schaft. Allzu viele sind nur Auftischler! Paul Ortwin Rave

Unseren Lesern reichen wir das .Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte 1951" in der Hoffnung, daß wir uns wieder, wie beim ersten Jahrbuch 1950, ihrer Zustimmung erfreuen dürfen. Die „Landesgeschichtliche Vereinigung für die Mark Brandenburg e. V" ist 1884 als Touristenklub gegründet worden mit dem Ziel, die geschichtlichen Stätten der Heimat zu erwandern. Diese Möglichkeit bietet die Vereinigung ihren Mit­ gliedern auch heute noch an jedem zweiten Sonntag durch nähere und weitere Fahrten in die Mark. Die Grundlagen zu unserer Arbeit gibt uns die über 4000 Bände brandenburgische und berlinische Literatur umfassende Bibliothek. Sie bietet unseren Mitarbeitern und jedem, der das Schrifltum der Heimat studieren will, eine einzigartige Gelegenheit hierzu. Kataloge und eine fast alle märkischen Orte umfassende Archivsammlung erleichtem die Benutzung. Im Winterhalbjahr bieten wir durch Vorträge, die freitags in 14tägiger Folge stattfinden, Einblick in neuere Forschungsergebnisse aller Gebiete der Landeskunde. Diesen Vorträgen ent­ sprechen im Sommer an jedem zweiten Sonnabend Führungen und Besichtigungen in Berlin und der näheren Umgebung. Über das Programm berichtet unser „Mitteilungsblatt", das auch Berichte über die Vereinsarbeit und Wanderungen, über den Schrifienaustausch usw. enthält. Der Jahresbeitrag istfür 1951 auf12,— DM für Mitglieder, auf 6,— DM für Fördernde (Damen) festgesetzt worden. — Interessenten bitten wir, sich an den 1. Vorsitzenden, Herrn Martin Henning, Bln.-Charlottenburg9, Oldenburgallee 20, oder den Schriftführer, Herrn Carl Löffler, Bln.-Friedenau, Schwalbacher Str. 2, zu wenden.

76 Personen- und Sachverzeichnis

Albertus, Pfr. 57 | Fontane, Emilie geb. Labry Hus, Joh. 31 | Lehmann, Rud., Heimatfor* Albrecht Achilles, K±". 33 j 9, 11 Hussiten 42 j scher 69 Albrecht I., der Bär 26, 48 51 | Fontane, Louis 11, 13 Leidenhoffer, Phil. Jacob, Illyrer 41 j Albrecht II., Markgraf 26 f., 42 Fontane, Martha (Mete) 9 Kupferstecher 72, 74 Innozenz IL, Papst 59 | Albrecht III., Markgraf 29 Fontane, Pierre Barthelemy 12 v. Lepel, Bernh. 16, 19 f. Albrecht, Erzbisch., v. Magde­ Fontane, Th. 9 ff., 20, 76 v. Jagow, Matthias, Bisch. 64 j Lepsius, Karl Rieh., Ägypto- burg (1389) 31 Franziskaner 32 Jahn, Fr. L. 73 loge 4 Albrecht, Erzbisch, v. Mainz Friederich, Frantz, Frankf. Jaxa v. Köpenick 48 ; Liebchen, Osk. 51, 56 und Magdeburg 84 Holzschn. 75 Jegerov, Dmitrij Nicolai 23 j v. Lintorff, Konr., Bisch. 31 f. Albrecht, Ritter, Lokator 42 Friedrich, Mattheus, Dich­ Joachim L, 35 f., 64 List, Hans, Bürg. v. Bukow 44 Alexis, Willibald 6, 18 ter 75 Joachim IL, 34, 36, 64, 66 Loitze, Joh., Propst 371 v. Arnim, Geschl. 28 Friedrich, Kaiserin Viktoria 9 Johann I., Markgraf 3, 27f., 42f. j Ludat, Herb. 44 f., 49, 55 v. Arnim, Achim 75 Friedrich I., Kf, 44 Johann, Kf. 47 j Ludwig d. Ä. 3, 28 f. Askanier 22, 26 ff., 42 ff., 48, 51 Friedrich IL, Kf. 30 ff. Johann V. 28 f. | Ludwig von Thüringen 42 Augustiner 25 Friedrich IL, Kg. 73, 75 Jchann v. Küstrin 66 j Luther 10, 34, 64 Barnim IX. v. Pommern 35 Friedrich Wilhelm L, Kg. 11 Johannes, Bf. v. Schleswig 31 ! Lutter & Wegner 6 Friedrich Wilhelm IV., Kg. 76 Barz, Matthias, Bürger in Johannes von Porto, Kardi- Lyngbystufe 39 Frödemann,Simon}Ffr.,Pfr. 34 i nalbf. 32 Treuenbrietzen 66 Fünster, Balth., Frankf. Stud. I v. Manteufel. Erasmus, Bf. 35 Beatrix, Gemahlin Ottos III, 23 72, 74 j Johanniter 3 j Marienverehrung 30 v. Beichlingen, Friedr. Graf, } Gandert, Otto-Friedr. 41 j Jung, Hans 48 Masken 75 Erzbisch, v. Magdeburg 32 j Gebauer, J. 64 j Kaisch, Henryk 22 ! Mathieu, Cesaire, Kardinal 20 Bekmann, I. C. 29 v. Gersdorff, Hentzo, Dom- \ v Kaisersberg, Geiler 71 Mathilde, Tante Ottos III. 51 Berghaus, Heinr. 48 herr '62 ( Kaland 37 ff., 66 Maximilian, Kaiser 71 Bernhard, Abt v. Citeaux 21, 24 Gertrud» Äbtissin v. Treb- I Kalixt HL, Papst 62 Memhardt, J. G, 2 Bestehom, Friedr. 52, 56 « nitz 42 Kalvinisten 21, 68 Menge!, Gertr. 9 f." Bismarck 10 i •Giesenlage. Merten, Bürger ! Kammergerichtsordnung Menzel, A. 9 f. Böhme, Johann, Pfr. 64 { v. Werben 30 (1516) 37 Merseburger Vertrag 51, 59 Börne, Ludw. 73 • j Gley, Wem. 29, 51 f., 54, 56 Kannemann, Johannes, Ma- ' Meyer, R. M., Literarhist. 8 Boitel, Thomas, Bgmstr. v. Goethe 14 f., 23, 73 gister 32 Meyer, Curt 75 Frenzlau 37 v. Gonzaga, Franzisk., Kard. 32 Karl IV., 3, 28, 46, 62 { Michelet, K. L., Philosoph 4 Boieslaw der Kahle v. Schles. Gordinus I. Afrikanus 41 Karpeles, G., Literarhist. 8 Milow, Job., Domkellner u. 42 ff. Gotteshausleute 63 v. Kerkow, Adelhaid, Äb­ Pfr. 62, 66 v. Bonin, Burkhard 51 Gregor, Kard. 32 tissin i. Prenzlau 35 Mirow, G. 44 Breitenbach, Osk. 42, 44 Grife, Rufo, Vogt 61 Kietz 44 f., 49, 55 v. Möllendorf, Gebr. 31 Bremer, Thomas, Landes- Grimm-Balkow, Heinr. 71, 75 Kippenberg, Sammig. 72, 74 Molner. Arnd, Priester 37 f. hptm. 34 Gruppe, Otto Friedr., Prof. 16 Kirchväter 63 Moltke 10 Bronzezeit 39 f. Günther,Erzbisch.v.Magdeb.32 Klassizismus, mark. 76 Münzen 41 Bruns-Wüstefeld, Kurt 52 Günther, Abt v. Leubus 42 | Klebow, Merten, Prenzl. Bür- . Münster, Sebastian, Karto­ Burchardus de Glinde 55 Guttmann, B. 48, 52 f. ] ger 38 ; graph 33 Burchardus, Pfr. 57 i v. Kleist, Heinr. 71 v. Münsterberg, Heinr.,- Her­ Hansko, Barth., Pfr. 64 I zog 33 v. Buch, Jon. Hofrichter 22 v. KUtzing, Nie, Domherr 62 v. Happe, Geschl. 651 j Mundt, Hans 29, 43, 56 v. Bülow, Heinr. 31 v. Klöden, Karl Friedr. 43 Harnack, O. 76 \ Musculus, Andr., Prof. 68,72,75 Calbutz, Job.., Pfr. 31, 34 j Hauck, Alb. 20, 25 Klödensche Gewerbeschule 11 ; Cassel, Job.., Domherr 62 j Havemeister, Joh., Dekan d. v. Kloster, Ludolf 43 ; Niederländer 59 Cölestin, Georg, Hofpredig. 68 Prenzl. Kalands 37 ff. v. Kloster, Wolff 46 ! Niemann, Jacob, Bauer 59 Conrad, Pfr. 57 Hebbel, Friedr. 16 i Knack, Hugo Karl Aug. Lü- : Nicolaus, Pfr. in Rädel 57 ders, Berl. Nagelschmiede- ; „Constantinisten" 73 Hechtreißerzünfte 43 j Nicolaus, Pfr. i. Schmergow 57 mstr. 5 Coswig, Michael, Pfr. 66 Heffter, K. Chr. 48 I Nikolaus V., Papst 32 Knack, Friedr. Wilh., Berl. Curschmann, Fritz 48 f., 51 Heidenreich, Bisch. 61 ; Nikolaus v. Cues, Kard. 31 ff. Nagelschmied 5 Czychow, Paul, Domherr 62 ! „heiligman" 63 Nitzschewitz, Herrn., Proto- Dänemark 22 Heine, Th. Th. 75 Knötel, Frankf. Stud. 75 notar v. Frankf. 30 Devrient, Eduard 19 Heinrich L, Hzg. v. Schles. Knorr, Heinz 41 Nitzsitz, Joh., Stud. 74 Dickmann, E. W., Frankf. 22, 25, 42 ff. v. Köckeritz, Kaspar 64 Oelmann, Wilh. 25 Student 75 Heinrich II., Kaiser 51 Köpke, Pfr. 62 j Odalricus, Arehipresbyter 51 Oliver von Sabina, Kardinal­ Dieterich, Landgraf v. Thü­ Heinrich IL, der Fromme 42 f. Koppen, Joh., Präsidt. d. ringen 43 Konsistoriums 68 bisch. 32 Heinrich III., Hrz. zu Bres­ Oprechti (Albrecht), Ritter 42 Döring, Matthias. Minorit 32 lau 42 Kohlhase, Hans 75 Otto L, Markgraf 48, 55 Dominikaner 30 Heinrich d. Erlauchte Kohrad, Erzbisch. 49 Otto IL, Markgraf 24, 58, 63 (Wettin) 42 Konrad, Karl Kulturhist. 71 ff. Eggerd, Jon., Kämmerer d. Otto IIL, 3, 23, 27 f., 42 f., 51 Hele v. Sundheim, Beringer Konrad IL v. Wettin 42 Otto d. Gr. 22 Prenzl. Kalands 37 ff. Otto, Pfr. in Trechwitz 57 Ehrenberg, Christ. Gottfr., 28 f. Koser, Reinh. 22 Henrici, Andr. 75 Krammer, Mario 10 ff., 76 Naturforscher 34 Pelargus, Christoph, General­ Elisabeth, Kf.-Witwe 64 Henricus, Pfr. 57 Krause, Kommerzienrat 19 Hermann, Markgr. 28 Krause, Minna 19 superintendent 68 Ellefeld, Joach., Pfr. 34 Pennalismus 72 Elster, Otto, Literarhistor. 4 Hermannus, Pfr. 28 Krewitz, Paschen, Prenzl. Herold, Victor 35, 37 f., 50, 65 Bgmstr. 37 f. Pfitzner, Joseph 23 Erich, Erzbisch, v. Magdeburg Pfuer, Valtin, Domdechant 68 Heß, Peter, Pfr. 65 Krüger, H. A. 5 43 Philipp I. v. Pommern 35 Heyder, Erhard, Visitations- j Kügler, Herrn. 8 Erlinger, Georg, Kartograph 33 Philipp von Alanconia, Kar­ Etzlaub,Erhard, Kartograph 33 Sekretär 68 j Kühl, C. H. Frankf / Stud. 75 dinal, päpstl. Legat 31 Eugen III., Papst 38 Heyse, Paul, 11 I Kulturgesch., Berl. 75 Piasten 22, 41, 43 f. Holtze, Friedr. 2 f. \ Lamberg, Hermann, Bürger Fehse, W., Literarhist. 5 Pistor, Karl, Postrat 75 v. Holtzendorf, Adelheid, Ab- i in Jüterbog 60 Fidicin, Ernst 48, 54, 56 Plage, Felix, Frankf. Biblio­ tissin in Prenzlau 35 j Lamprecht, Karl 20 thekar 71 Fischbach, F. L. J., Chronist 29 v. Holzendorff, Poppo 44 ! Lamprecht, Pfr. 57 Pletz, Barth. Kämmerer d. Fischer, Otto 66 Hopfenbau 46 j Landbuch Karls IV. 46, 48 f., Prenzlauer Kalands 37 ff. Foerster, Karl 76 Hoppe, Willy 24, 26, 49, 61, 64 j 52 ff. Prämonstratenser 30 Foerster, Wilh. 76 j V. Humboldt, A. 76 ! Laskonogi, Wladislaw 42 Filbislaw-Heinrich, Heveller- Fontane, Aug. 12 I v. Humboldt, W. 15, 76 j Lausitzer Kultur 41 fürst 51 Hütten, Ulr. 70 f. ] La Vigne, Ingenieur 2 77 St.tahr, \V, -1 if Schmidt, lieinr, Fell* !>2, >l, WJ Steinzeit 3JI Wuttlrmui d Gi. 3, 'Ji Radtnumu, Hat'tli., Kirchen- v, SchuleiiMMT» 44 Stengel, Walter Vi» WaKlemar IV 3 \isltatiu Mt Schult'/,, .loh, Benih.» Land« tflonn, Th, ltt, IH Wehrmnnn, Marl, 2i> h'av<% Paul (Mw, 72, JÜ, 63, Sil)elmg(k), Georg, Prenzl. Wettiner 42 Tetzol, Job. 64 65, «7 Notar, 37 f. Wiehmaun, Krzblseh. 23, 4« tf. v. Thene, Geschl. 27, 29 von Itotii", Kurt, Landes- Sichter, Hau«, Bnibg. Bürg. 60 Wlöchert, Krnst 8 hptm, 34 Thomas, Lokator 42 Siegfried, Castellanus Wtlhrand, Erzbisch. 43 f. Rudolf v. Sachen Zi v. Thümen, Georg, Patron 50 v, Brdbg. 58 WilUehius, Pfr. 44, 46 Hudulf, Krzhlseh. v. Magde­ Tierliebhabereien 75 Siegfried, Bf, (1217) 51, 55 Wihnar, Bisch, 55 burg 43 Tocke, Heinrieh, Domherr in Rudolf, Michael, P£r. 37 L Slawenaufstand 51 Witte, Friedr. 9 Solmrey, H. 6 Magdeburg 31 t Witteisbacher 28 Ruppincr Bilderbogen 14 Tracht «9 11. Sombart, W. 21 Witthuhn, Thewes, Prenzi. 38 „Tunnel üb. d. Spree" 11, 14 ff. Sabinenkloster 35 Sorben 23, 51, 60 Wöpelitz, Johann, Bisch. 31, 34 Sachsenspiegel 22 v. Sparr, Graf Otto Christ,, „UnlUsten" 73 Woldemar, s, Waldemar v, Saldern, Geschl. 34 Feldzcugmstr. d. Gr. Urban VI., Papst 31 Woldenscheer, Kaspar, Pfr. 66 v. Saldern, Matth., kl Rat 34 Kurf. 11 Vaget, Heimann, Prenzi. v. Wuthenow, Joach. 33 Sander, Doroth., Ww, in Span, Tewes aus Göhlsdorf 63 Bürger 38 Wuttke, Berl. Schneider 5 Sparre, Henning, Vogt 29 Pronzlau 37 it. Valentin, Abt v. Lehnin 64, 66 V, Ylow, Cuno 47 Sander, Valentin 37 1 Spiele 75 Viadrina 69 ff. Zehnt 22, 53 Schacht, Jul. Ed., Medizinal- Spiero, H., Literarhistor. 5 Victoria, Kaiserin Friedrich 9 Zell, Heinr. 33 rat 9 Spranger, Ed. 76 Viertel, Frank! Stud. 75 Zepernlek, Peter, Pfr. 64 Schuf er, K. 51 Staege, Franz, Berl. Verleg, 6 Visitationen 30, 52» 63 ff. Ziegesar, Geschl.. 44 Schinkei, K. Fr., 76 Stella, Tilemann 33 1 Volkstheater 75 Zisterzienser 20 ft, 30; 55 f. v. sehlab rendorff, Geschl. 62 Steinbrecher, Joachim, Kam- mersekretär 88

OrtsbezeiehnungeOrtsbezeic n

Die KreiaangabeKreitiangaben entHprarheeinsprechen dedeimn Kegionmgal>e»chIuMegiertmgaix ß vom 6. 6. 1950, nach dem die Kreis© Beeskow-Storkow, LebiwLebiiH,, ('alaiCaluiu Guben die neuen KreisnameK n FürstenwaM** (Spree), Seeiow, Senften-

l>ergberg,, Frankfurt (Oder) erhielten und bedeuteiulbedeutende 4Änderunge n der früheren Kreis- und Gemeinde« grenzen erfolgten. W. F. M. = s wüste Feldmark

Albrechtsberg b. Oderberg Bernickow (Königsberg) 30 Buekowsee 40, 44 ' Eggersdorf (Seeiow) 43 . (Oberbarn.) 26 Berlin 1 ff., 6 ff., 26, 28, 34. Buckow (Pomm.) 25 ! Kken (Zauch-Belz.; W.F.M.) Altena b. Chorin (Anger- 67, 75 Budorf (Zauch-Belz.; W.F.M.) ! 54 1, 58 münde; W.F.M.) 24 Biese (Osterbürg) 27 54, 57, 60 | Elbe 51 Altena b. Rüdersdorf (Für­ Biesenthal (Niederbarn.) 26 Busendorf (Zaueh-Belz.) 49, | Eidena (Greifswald) 22, 25 stenwalde; W.F.M) 24 Billingshöhe (Grafschaft) 22 52, 54, 57 f., 67 \ Eisholz (Zauch-Belz.) 52, 54, Alt Friedland (Seeiow) 46 Blankenburg (Bln.-B.) 29 Bussow (Zaueh-Belz.; W.F.M.) | 56 1, 59, 62, 65, 67 Alt Krüssow (Ostprign.) 30 Blankensee (Luckenw.) 48 ff, 54 1, 57 I Erfurt 32 Alt Landstaerg (Niederbarn.) BUesendorf (Zauch-Belz.) 54, Eschershausen 6 3, 43 Calvörde (Altm.) 30 57 ff., 61 f , 65, 67 Etzln (Osthavelland) 521 Alt Langerwisch (Zauch-Belz) Caputh (Zauch-Belz.) 11, 53 1, Blumberg (Niederbarn.) 26 57, 63, 67 Feldberg (Meckl.) 35 50, 53 1, 57, 62 f., 65, 67 Bochow (Zauch-Belz.) 54 ff., Chorin (Atigerm.) 24 f., Ferch (Zauch-Belz.) 50, 53 1» 67 Aitona b. Harnburg 24 50, 62 1, 67 Cistetal (Zauch-Belz.; W.F.M.) Fichtenwalde (Zauch-Belz.) 48 AllTöplitz (Zauch-Belz.) 49 Böhmen 43 Flcksdorf (Zauch-Belz.; Alt mark 2 t 1, 50 54 Botzow-Of&ntenburg (Nieder­ W.F.M.) 52, 54, 57, 61 Andreasberg b, Sänne (Oster- Colpin (Zauch-Belz.; W.F.M,) barn.) 20 ff. 54, 5« Finow (Oberbarn.) 26 1 bürg) 30 Bötzow (Osthavelland) 33 CrÖssin-Sce (Teltow) 49 Finowfurt (Oberbarn.) 29 Angermünde 24 Borkheide (Zauch-Belz.) 48 IXiber-See (Seeiow) 42 Frankenfelde (Luckenw.) 24 Arnswalde 25 Borkwalde (Zauch-Belz.) 48 Duhme (Luckenw,) 50 Frankfurt (Oder) 43, m, 69 ff. Assau (Zauch-Belz. W.F.M.) Borsendorf (Zauch-Belz,; Dahmsdorf (Seeiow) 41 ff., 46 Freienthal (Zauch-Belz.) 62 Arendsee (Osterburg) 27, 55 W.F.M.) 54, 57 Damelang (Zauch-Belz.) 53 f., Freienwaide/Oder (Ober­ Arcmdsee (Prenziau) 26 f. Boßdorf (Wittenberg, fr, 62, 67 barn.) 43 Bärwalde (Luckenw.) 49 1 Zaueh-Beiz.) m f. Damsdorf (Teltow) 54, 57, Freitzow (Zauch-Belz.; BallenstÜdt 22 Brachwitz (Zauch-Belz.) 54, 64» 67 W.F.M.) 52, 54, 57 Batdenitz (Luckenw.) 48 57 f., 62, 65, 67 Dai brletzen (Zauch-Belz.; Fresdorf (Zauch-Belz.) 54, Barnim (Land) 22 ft, 26 ff., 42, Brandenburg 28, 30 f., 48 ff. 56 ff., 62 1, 67 44, 48, 51 W.F.M.) 54, 57, 60 Brandenburg-Neustadt 50, 59, Friedrichsaue (Seeiow) 23 Beelitz (Zauch-Belz.) 30, 48 ff, Deetz (Zauch-Belz.) 51 f., 54 ff., 65 ff. 59, 67 Krohnsdorf (Zauch-Belz.) 54, Beelitz-Heilstätten (Zauch- 57, 60 Bol7.) 4B Braunsehweiß 33 Derwltz (Zauch-Belz.) 54, 57, Fürstenwaide (Spree) 43 P.elersdorf (Oberbarn.) 26 Breslau «ö m, 67 Oarzau (Seeiow) 43 Heizt« (Zaueh-Belz.) 48 1, 51, Briechowa (W.F.M.) 31, 5« DetitscivBork (Zauch-Belz.) i 55, 64 Briese (Nledcrbarn.) 26 54, 57 1 65, 07 Oerwdorf (Wolmlrstedt) 29 Bensdorf (Zauch-Belz.; Bliest (Angerm.) 35 Dobbertin (Meckl.) 20 Glauer Berge (Teltow) 30 W.F.M.) 4ö Britz b. Chorin (Oberbarn ) 24 Dobbrlkow (Luckenw.) 49 Ollen (Osthavelland) 26 Bergholz (Zauch-Belz.) S4» 57» Brück (Zauch-Belz.) 48, 50, 56 Donwtedt (Gardelegen; Glindow (Zauch-Belz.) ISO ff.» 62, «5, 67 Buch (Bln.-B.) 2» W.F.M.) 30 54 ff., 50, 63, 67 BfrghoJz-Rehbrücke (Pots­ Gnesen (Erzbist.) 22 dam) 48 Buchholz (Zauch-Belz.) 54, 57, Dtifoie (W.F.M.) 56 65, 67 i Göhlsdorf (Zauch-Belz.) 54 ff., Bernau (Niederbam. 3» 281, 67 Dyrotz (Osthavelland) 53 I 60, 62 t, 67 Buchholz (Niederbarn.) 42 Eberswalde (Obfrbarn.) 26, i Buckow (Seeiow) Soff. 78 28 t I <,V»I«(lorf (Seelow; W.F.M.) 42 Kümmernde (Zauch-Belz.; Magdeburg 4 f., 31 ff., 42 II, Oder Hl, 35, 41, 43, (>1 tjoiit/. (Seelow) 30 W.F.M.) 54, 57 ff., 01 f., «5 47 ff., 50, 62 f., 66 Oderbruch 46 fiortzke (Jerichow l) 49 Knmmln (l'omin.) 22, 3!i, 37 Manenberg t>. Strausberg OüYrberg (Anf'erm.) 25 IT., 42 Göttin (Ost Havelland, fr. Kanin (Zauch-Belz.) 49, 54, (Oberbam.) 30 Oranienburg (Nlctlbarn.) 26 ff. Zauch-Helz,) 49, 54 f., 57 f., 57 ff., 67 Marienberg b. Len.sen (Wer;t- Oüdorf (Teltow) 51 (52 f., (Jii, 67 Kannenborg b. Werben prigu.) 30 Oaternurg 27 Götz (Zaueh-Belz.) 53 lt., B7, 67 (Oslerbürg) 27 Mariendorf (Bln.-M.) 30 Oststernberg 41 Gohlitz (Westhavelland) 54, 58 Karow (Bln.-K.) 29 Marienfelde (Bln.-M.) 30 Goldberg (Meckl.) 20 Karwitzcr See (Meckl.) 35 Marienfließ (Ostprign.) 30 Pnnrsteiner See (Angerm) 24 Gollenberg b. Kftslln/Fomm. Kasow, Hof; b. Lützow Marienpforte (Templin) 30 Panke 26 30 ( Charlottenburg) 29 Mariensee (Angenn ) 24 Pankow (Bln.-P.) 29 Gollwitz (Zauch-Belz.) 54, 57, Kemnltz (Zauch-Belz.) 491, Marienwalde (Neum.) 25, 30 Pascwalk 36 59, 62, 65, 67 54, 57 ff., 62 1, 67 Markau (Osthavelland) 58 Paterdamm (Zauch-Belz.) 56 Golm (Zauch-Belz.; W.F.M.) Kctzln (Oslhavelland) 53, 58 Markendorf (Zauch-Belz.; Peehüle (Luckenw.) 48 f. 54, 57 Ktenitz, Land (Seelow) 41 W.F.M.) 54, 57, 60 Pehlitz (Angerm.) 24 Golm, Hoher (Luckenw.) 30 Klaistow (Zauch-Belz.) 49, 54, Mecklenburg 22 f., 32, 35 Pehlitzwerder (Angerm.) 24 Golzow (Zauch-Belz.) 54 f., 57, 57 f., 67 Mehlsdorf (Luckenw.) 48 Perleberg (Westpxign.) 33 59.1, 62, 67 Klausdorf (Luckenw.) 53 ff., Meinsdorf (Luckenw.) 50, 52, 65 Pernitz (Zauch-Belz.) 52, 541, Gramzow (Angerm.) 37 57, 60 Meißen 22, 33, 42, 63 57, 62, 67 Gretas (Zauch-Belz.) 54» 57 f.» Klaushagen (Meckl.) 35 Memleben, Kloster 51 Petershagen (Seelow) 47 63, 67 Klein Briesen (Jerichow I) 49 Merseburg (Vertrag) 51, 59 Petznick (Templin) 35 Greiffenberg (Angerm.) 35 Klein Buckow (Oberbarn.) 47 Mertensdorf (Zauch-Belz.) Petzow (Zauch-Belz.) 49, 53 f., Grenzel (Zauch-Belz.; W.F.M.) Klein Damelang (Zauch-Belz.) 52, 54, 57, 60 Mesdunk (Zauch-Belz.) 57 ff., 67 54, 57, 60 54, 57 53 ff., 57, 67 Phöben (Zauch-Belz.) 54, 57ff., Griepensee (Seelow) 44, 47 Klein Kreutz (Westhavel­ Michelsdorf (Zauch-Belz.) 54, 62 1, 67 Grimnitzsee (Angerm.) 35 land) 49 57, 62 1, 67 Pforta (Thür.) 21 Großbeeren (Teltow) 14, 51 Kleinmachnow (Teltow) 51 Plane 48 ff., 55 Michendorf (Zauch-Belz.) 53, G roß-Damelang (Zauch-Belz.) Klobichsee, Gr. (Seelow) 39, 42 Planow (Zauch-Belz.; 54, 63, 67 53, 55, 57 Klosterdorf (Oberbam.) 24 W.F.M.) 54. 57 Mittelmark 51, 59 Groß Kreutz (Zauch-Belz.) Klosterfelde (Zauch-Belz.) Plattenburg (Westprign.) 33 f Mittenwalde (Teltow) 51, 66 54 ff., 57, 59, 63, 67 24, 29 Plawe (Angerm.; W.F.M.) 24 Möilendorf (Zauch-Belz.; Grünow (Oberbarn.) 24 Knoblauch (Osthavelland 52 f. Plessow (Zauch-Belz.) 54 1, 57, W.F.M.) 48 1, 54, 57 Grüntal (Oberbarn.) 29 f Königsberg (Neumark) 30 61 ff., 67 MUncheberg (Seelow) Grüssau (Schles.) 25 | Königshorst (Osthavelland) 23 Plötzin (Zauch-Belz.) 54 ff., 25, 41 ff., 46 Gütergotz (Teltow) 51 Köpenick (Bln.-K.) 43 61 ff., 65, 67 Münchehofe (Seelow) 39, 42 f. Guten-Paaren (Westhavel­ Körzin (Zauch-Belz.) 50, 53 1, Polen 22 Mune (Zauch-Belz.; W.F.M.) 60 land) 55 57, 67 Pommern 22, 33, 35, 41, 43 Gutkendorf (Teltow) 49, 51 Nahmitz (Zauch-Belz.) 53 ff., Kolbatz (Pomm.) 22, 25 571, 67 Potsdam 48 ff., 56, 67 Hamburg 33 Krahne (Zauch-Belz.) 52, Nauen (Osthavelland) 30, 51, Prag 311, 70 Hardenbeck (Templin) 35 56, 67 54 ff., 63, 65, 67 Prenzlau 35 ff Harlungerberg b. Brandb. 30 Netzen (Zauch-Belz.) 52, 541, Krielow (Zauch-Belz.) 531, 571, 621, 67 Prignitz 211, 30 ff. Hasenfelde (Seelow) 43 57, 59, 03, 67 Neuendorf b. Beelitz (Zauch- Pritzhagen (Oberbarn.) 47 Katenick (Zauch-Belz.; Belz.; W.F.M.) 53 f., 57, 60 Küstrin 22 41 Prützke (Zauch-Belz.) 52, 54 f., W.F.M.) 54, 57 Kunersdorf (Zauch-Belz.) Neuendorf b, BrüJck (Zauch- Belz.) 54, 56 1, 67 57 ff., 61, 65, 67 Havel 26, 48, 50 f., 55, 59 52 ff., 57, 67 Pyritzer Weizacker (Pom.) 25 Kursachsen 63 Neuendorf zu Treuenbrietzen Havelberg (Westprignitz) 3, (Zauch-Belz.) 54, 57, 60 Qr.artschen (Königsberg) 22 Kyritz (Ostprign.) 32 31, 36, 51, 63 Neuendorf b. Golzow-Ober- Quilitz « ; jetzt Havelland 21 1, 26, 52 Ladeburg (Jerichow bzw. jünne (Zauch-Belz.; Marxwalde (Seelow) 42 Heckelberg (Oberbarn.) 26 Oberbarn.) 29 W.F.M.) 52 Rädel (Zauch-Belz.) 24, 51, 54, Heegermühle (Oberbarn. 26 1, Landsberg/Warthe 3 Neuenkamp (Pomm.) 25 57, 59, 62, 67 29 Langerwisch (Zauch-Belz.) Neuhof b. Zonna (Luckenw.) 23 Ragösen (Angerm.) 24 50, 531, 57, 62 1, 65, 67 Heiligengrabe (Ostprign.) 30 Neukammer b. Nauen (Ost­ Rahmersee (Niederbarn.) 26 Lanke (Niederbarn.) 26 havelland; W.F.M.) 30 Heiligensee (Bln.-H.) 33 Rathenow (Westhavel'd) 67 Heinersdorf (Teltow) 51 Lapenow (Oberbarn.) 42, 44 Neukölln (Bln.-N.) Reiter­ grab 21 Reckahn (Zauch-Belz ) 54 f Heinrichau (Schies.) 25 Lausitz 23, 43 Lebus 22, 25, 30, 36, 41 ff. Neu Langerwisch (Zauch- 57 ff., 63, 67 Hellsee (Niederbarn.) 26 Leest (Zauch-Belz.) 49 Belz.) 50, 53 f., 57, 62, 65, 67 Reesdorf (Zauch-Belz.) 531, Hennickendorf (Fürstenw.) 24 Lehnin (Zauch-Belz,) 241, 27, Neumark 22, 66 57, 67 Hennigsdorf (Osthavelland) 48, 50, 52, 55 f., 59, 62, 64 ff. Neuruppin (Ruppin) Rehbrücke (Potsd.-R.) 49 18 f. Lehnitzsee (Niederbarn.) 26 11, 13 ff., 33 Reichenfelde (Königsberg) 30 Hermersdorf (Seelow) Leipzig 14, 17, 32, 70, 73 Neuseddin (Zauch-Belz.) 48 Retzig (Feldmark) 62 42 1, 47 Leitzkau (Jerichow I) 22 49 Neuzelle (Frankfurt/Oder) 25 Rieben (Zauch-Belz.) 54, 57, Hohenbarnim (Oberbam.) 11 Letschin (Seelow) 13 Nichel (Zauch-Belz.) 48, 50, 59, 62 1, 65, 67 Hohenflnow (Oberbarn.) 26 Leubus 25, 42 ff. 53 1, 57, 62, 67 Rietz (Zauch-Belz.) 52 ff., 57, 67 Hohen-Henningen (Salzwedel) Niebel (Zauch-Belz.) 53 1, 57, Liebenberger Mühle (Nieder­ 60, 67 Ringenwalde (Templin) 35 30 barn.) 43 Niebelhorst (Zauch-Belz.) 49 f. Rokitz (Zauch-Belz.; W.F.M,) Holtenau b. Kiel 24 Llegnitz 43 I 54, 57 ff., 61, 65 Ilow (Luckenw.) 47 Lienewitz (Zauch-Belz.) 49, ! Nicderfinow (Angerm.) 26 54, 57 i Niederlausitz 30, 42, 51 Rosdunk (Zauch-Belz.) 55 Isekenberg b. Lenzen (West- Roskow (Westhavelland) 49 prlgn.) 30 Liepe (Angerm.) 25, 27 j Niemegk (Zauch-Belz.) 51, 60 Rostock 9, 33, 43 Jahnsfelde (Seelow) 42 Liepnitzsee (Niederbarn.) 26 1 Nienburg 56 Rotes Luch 41, 43, 46 Jerichow 3 Lietzen (Seelow) 22, 25 ; Nieplitz, Fl. (Zauch-Belz.) Rüdersdorf (Fürstt nwalde) Jeserig (Zauch-Belz.) 54, 57, Linthe (Zauch-Belz ) 48 I 49 1, 50, 56, 60 23 ff. 59 1, 621, 661 Litzkendorf (Zauch-Belz.; Nonnendamm (b. Bln.-Spand.) ; 29 Ruhlsdorf (Oberbarn.) 24 Jütchendorf (Teltow) 49, 51 W.F.M.) 52, 54, 57 ff., 61 1 Nonnen wiesen (b. Buckow/ Saare, Fl. 60 Jüterbog (Land) 23 1, 30, Lodiz (Westhavelland; '• Seelow) 47 Saarmund (Zauch-Belz.) 26, W.F.M.) 55 : 48 ff., 56 Nudow (Teltow) 51 49 ff., 54, 56 ff., 60 ff., 64 1, Löcknitz (Niederbarn.) 41 ! Jüterbog (Luckenw.) 48, 51 Nulhe 26, 49 ff., 56, 60 67 Kähnsdorf (Zauch-Belz.) 53 1, Löwenberg (Niederbarn.) 43 Salzbrunn (Zauch-Belz.) 68 561, 59, 67 Lubowsee (Niederbarn.) 26 j Obersdorf (Seelow) 42 ff., 46 Schfipe (Zauch-Belz.) 531, 54, Kagel (Fürstenw.) 23 1, 43 Lucksfleiß (Zauch-Belz.) 50 | Obersee (Niederbarn.) 26 57, 80, 65, 67 Koltenhausen b. Zinna Lübeck 33 Oberalaw (Zaueh-Belz.; W.F.M.) 54, 57 Schenkendorf (Teltow) 51 (Luckenw.) 23 1 Lühsdorf (Zauch-Belz.; I Schermützelsee (Seelow) 391 Kammer (Zauch-Belz.) 51, 55, W.F.M.) 52 ff., 57, 60, 65, 67 , 57, 59, 62, 67 Maduesee (Pomm.) 25 I 79 Schiaß (Zauch-Belz.) 49, 53 f., Spree 41, 43 Trebnitz (Seelow) 42 f. Wildenbruch (Zauch-Belz.) 57 1» 67 Sputendorf (Teltow) 51 Trechwitz (Zauch-Belz.) 52, 54, 52 ff,, 56 ff., 65, 67 Schlagenthin (Seelow) 42 f., 46 33, 67 Tremsdorf (Zauch-Belz.) 52 ff., Wilmersdorf (Bln.-W.) 51 Schlalach (Zauch-Belz.) 52, 54, Stahnsdorf (Teltow) 51 571, 67 Wilsnack (Westprign.) 30 ff. 57 £, 62, 65, 67 Stargeser (Zauch-Belz.; Treuenbrietzen (Zauch-Belz.) Wismar 33 Schlaube 41 f. W.F.M.) 54, 57, 611 48 ff., 55 ff., 60, 62 ff. Wittenberg (Lutherstadt) Schlesien 22, 43 64, 70, 72 Stendal 3, 32 ff., 64 Uckermark 22, 27 1, 30, 35 f., 52 Wittbrietz'en (Zauch-Belz.) 52 Schiunkendorf (Zauch-Belz.) Sternberg (Meckl.) 30, 33 Unzer Heide (Westprign.) 33 j 54, 56 1, 61, 64 1, 67 52 ff., 57, 62, 65 ff. Sternberg (Land) 43 Wittstock (Ostpiign.) 67 Schmachtenhagen (Nieder­ Stobberow (Seelow) 41 ff. Verden, Bistum 31 Wolletzsee (Angerm.) 35 bam.) 26 f., 29 Stolzenhagen (Angerm.) 29 Vierraden (Angerm.) 35 Woltersdorf (Niederbam.; Schmargendorf (Bln.-S.) 51 Stolzenhagen (Niederbarn.) W.F.M.) 24 Schmergow (Zauch-Belz.) 54, 24, 261 Wachow (Westhavelland) 49 57, 65, 67 Wriezen (Oberbarn.) 24, 43 Stolzenhagen Walkenried (Thür.) 21 Wollup (Seelow) 23 Schmertzke (Westhavelland) (Saatzig/Fomm.) 29 Walther-Nienburg 50, 52 ff., 62 1, 65, 67 Wust (Zauch-Belz.) 52, 54, 57, Strausberg (Oberbarn.) 3, (Jerichow II) 51 59, 63, 65, 67 Schönberg (Meckl.) 33 26 ff., 43, 46 Wandiitz (Niederbn.) 29 Zachow (Westhavelld.) 55 Schönefeld (Luckenw.) 54, 57, Stücken (Zauch-Belz.) 52, 54, Wandlitzsee (Niederbn.) 26 Zauche 24, 26, 47 ff. 59, 621, 65, 67 57 ff., 621, 65, 67 Warthe 21 Schönerlinde (Zauch-Belz.) 24 Zauchwitz (Zauch-Belz.) 52, Swinemünde 11, 13 ff. Wedding (Bln.-W.) 29 54, 57, 63, 65 f., 67 Schönfelde (Seelow) 43 Sydow (Jerichow II) 29 Wegenstedt (Altmark) 30 Schönholz (Oberbarn.) 29 Zehdenick (Templin) 30 Sydow-Fließ 27 Welse (Angerm.) 35 Schönow (Bln.-Zehlendl) 51 Zehlendorf (Niederbam.) 26 Tangermünde 3, 30, 64, 66 Wendisch-Bork (Zauch-Belz.) Schönwalde (Niederbarn.) 24 Zepernick (Niederbam.) 29 Tegastorf (Zauch.-Belz.; 53 1, 57, 67 Schöpfurth-Steinfurth (Ober­ Zerbst (Anhalt) 64 W.F.M.) 54, 57 Wendisch-Kreutz (Zauch- barn.) 261, 281 Zernow (Zauch-Belz.; Tegel (Bln.-T.) 33, 76 Belzig) 54, 57 Schorfheide 28 WF.M.) 54, 57, 59 Teltow 27, 42, 51 Wendisch-Hogäsen (Zauch- Schrapsdorf (Zauch-Belz.; Belzig) 54 Ziesar (Land) ,49 W.F.M.) 49 Teltow (Land) 49, 51, 56 Wendiseh-Tornow (Zauch- Ziesar (Jerichow) 67 Schwielowsee (Zauch-Belz.) 48 Tempelhof (Bln.-T.) 22, 26, 30 Belzig) 54 f., 57 Zinna (Luckenw.) 23, 30, 32, Schwina (Zauch-Belz.) 24, Tesekendorf (Zauch-Belz.; Wendland (Hann.) 23 48 1, 55, 61 531, 57, 67 W.F.M.) 54, 57 Werbellin (Angerm.) 28 Zinndorf (Niederbam.) 24 Seddin (Westprign.) 21 Theenhof (Osterburg) 27 Werben (Altmark) 30 Zolchow (Zauch-Belz.) 54, 57, Seddin (Zauch-Belz.) 53 1, Töplitzer Werder (Zauch- Werbig (Zauch-Belz.) 57, 60 59, 67 561, 60, 67 Belzig) 49 Werder (Zauch-Belz.) 241, 50; Zossen (Teltow) 66 Törnow (Zauch-Belz.; W.F.M.) Sernow (Zauch-Belz.; W.F.M.) 54 ff., 591, 63, 67 Berichtigung zum 1. Band 54, 57, 60 52, 541, 57 Werneuchen (Niederbarn.) 26 (1950); Siethen (Teltow) 51 Tornow-See (Seelow) 47 Weseram (Zauch-Belz.) 49 S. 2, Z. 4 lies: Geburtstag. Sieversdorf (Seelow) 421, 46 Trebbin (Teltow) 49, 66 Weststernberg 41 S. 2, Z. 15 lies: Wirkl. Geh. Sittichenbach (Thür.) 21, 24 Trebegoz (Zauch-Belz.; Wida (Zauch-Belz.; W.F.M.) : Krieg&rat. 54, 57 Smer-Damm 50, 56 W.F.M.) 54, 57 Spandau (BJn.-S ) 3, 26 f , 33, 67 Trebitz (Zauch-Belz.) 48 Berichtigung S. 32, 2. Sp., 3. Abs., 6. Z. lies: entschieden

80 1, Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschlchte (1950) Herausgegeben Im Auftrage der Landesgesdiichtlidien Vereinigung für die Mark Brandenburg e. V. von Martin Henning und Dr. Heinz Gebhardt

Inhalt t Stadtrot W. May: Zum Geleit / H. Lücke i Theodor Fontane — ein Vermächtnis / Dr. HL Fricket Fontanes ßild berlinisch-brandenburgischer Dichtung / Dr. E. Fadens Berlin Hauptstadt — seit wann und wodurch ? / A. Ludewig: Die Askanierhofburg Spandau (mit 2 Skizzen) /Dr. ]. Seeger; Gemälde im Jagdschloß Grunewald (mit 4 Abbildungen) / G. Michel: • Auf dem Wege zu einer Grabstättenkartei für Berlin und die Mark Branden­ burg (mit 6 Abbildungen) / B. Stephan: Der Hermsdorfer Milow, seine i Familie und seine Zeit/ Prof. Dr. W. Hoppej Luther und die Mark Branden- ; bürg / Dr. E. Schwarz: Die Kaiandbruderschaft in Prenzlauv Der Neuruppiner Kaland (Urkunde von 1391) / H. Methling: Schiffahrt auf der Ucker / M. Henning: Vom Wanderbericht zum Jahrbuch / Bücherschau: W. Bonacker: Berlin im Werden des Stadtplanes (Dr. Faden); W. Stengel: Quellenstudien zur Berliner Kulturgeschichte (Dr. Fricke) / Namenverzeichnis

DIN A 4 kart. 72 S., davon 4 S. Bildbeilagen a. Kunstdr.

Märkischer Wandergruf5. Beiträge zur Landesgesdiichte. Herausgegeben von Dr. Heinz Gebhardt (1951)

Willibald Alexis, Märkische Landschaft — Dr. Hermann Kügler, Berliner Kind — Spandauer Wind und die gute alte Zeit. — Prof. Dr. Friedrich Solger, Geologischer Spaziergang längs der Spree. — Dr. Eberhard Faden, Die Spree im märkischen Berlin. — Dr. Mario Krammer, Fontanes Jugend­ land. — Dr. Berthold Schulze, Martinique bei Berlin. — Albert Ludewig, „Dat Rathüsiken up dem KerkHof" zu Spandau. — Bruno Stephan, Der Weddinger Oehlberg. — Wilhelm Schmidt, Die Schulzen von Rixdorf. — Harry Methling, Rüdersdorf. — fAax Krügel, Garzau. — Emil Dux, Juliusthurm und Tetzelkasten, Kluberinnerungen.

DIN A 5 kart. 39 mit Bildbeilagen und Skizzen

Auslieferung.- Fontane-Buchhandlung Dora Pohlmann, Berlin-Neukölln, Hermannstr. 54

w KARL SALOMO Berlin-Neukölln Sanderstrafje 27 800 Expl. Dez. 1951

books2ebooks.eu

www.books2ebooks.eu

eBooks von / from Digitalisiert von / Digitised by

eBooks on Demand Humboldt-Universität zu Berlin