4 I Jahresbericht 2006 Berner Heimatschutz I Rapport annuel 2006 Patrimoine bernois

I Industriekultur im Kanton Bern

Die Geschichte der letzten zwei Jahrhunderte in der Schweiz ist im Wesentlichen auch Technik- und Industriegeschichte; Industriekul- tur ist ein Teil unserer Identität. Für die Aufarbeitung der industri- ellen Vergangenheit dagegen fehlt die breite Unterstützung; sie wird weitgehend Privaten überlassen, der Schweizerischen Gesellschaft Dampfzentrale in Bern für Technikgeschichte und Indus- Foto: D. Wolf, Bern Centrale à vapeur, Berne triekultur sowie vor allem dem Ar- Photo: D. Wolf, Berne chitekten und Wirtschaftshistoriker Hans-Peter Bärtschi. Sein neuestes Werk ist die Inventarisierung der 19 Prozent der Fläche von Flüssen, I De-Industrialisierung: vom industriellen Kulturgüter im Kan- Seen, Eis, Fels und Geröll bedeckt. Werkplatz zum Finanzplatz ton Bern, wie sie nun in Buchform Dennoch leben im Kanton Bern nur Wenn die Schweiz also längst kein vorliegt und im Internet einsehbar noch rund 8 Prozent der Bevölke- Landwirtschaftsland mehr ist, auch ist. Der Schweizer Heimatschutz rung von der Alp- und Landwirt- nicht extrem dicht besiedelt und und der Berner Heimatschutz ha- schaft. Die Schweiz gehört zu den sogar reich an Rohstoffen – was ben sich mit namhaften Beiträgen wenigen Ländern, in denen die prägt dieses Land denn sonst daran beteiligt. Landwirtschaft gesamtwirtschaft- ausser das über sie verbreitete lich eine so geringe Rolle spielt. Nur «Image»? Sicher ist die Schweiz I Industriekultur im Kanton Bern 1,3 Prozent der Bevölkerung leben auch keine Industrienation mehr. – ein Pilotprojekt von der Bergwirtschaft, knapp dop- Nach 1945 wuchs die Schweiz, Hat der Kanton Bern, hat über- pelt so viele als hoch mechanisierte die Gunst der Kriegszerstörungen haupt die Schweiz noch etwas mit Talbauern und Waldbewirtschafter. in allen anderen Industrienatio- Industrie zu tun? Pflegt man nicht nen ausser den USA nutzend, zur im Kanton Bern ebenso wie in Die offizielle Schweiz verteidigt das zweitwichtigsten Nation für den anderen Fremdenverkehrsregionen Image, ein dicht besiedeltes Land Export von Industriegütern. Mit fast ausschliesslich das Bild vom ohne nennenswerte Rohstoffquel- 54 Prozent der Beschäftigten im touristisch attraktiven Alpenland? len zu sein. Dicht besiedelt – und sekundären Wirtschaftssektor über- Die Werbung mit Kühen auf satten zersiedelt – ist das Land zwar flügelte sie 1966 sogar Grossbri- Weiden, prächtigen Bauernhäusern inzwischen, aber punkto Einwohner tannien im Industrialisierungsgrad. oder Alphorn blasenden Sennen pro Quadratkilometer kommt die «Schweizerisch» wurde weltweit lassen auf eine bodenständige, Schweiz lange hinter Bangladesh, zum Inbegriff von Qualität, mit der stark landwirtschaftlich geprägte Grossbritannien, den Niederlanden, zielsicheren Armbrust als zertifi- Schweiz schliessen. Tatsächlich wer- Belgien, Indien, sogar nach West- ziertem Qualitätszeichen: Nicht nur den im Kanton Bern 40 Prozent des deutschland und Italien. Und einige Schweizer Käse, Schweizer Schoko- Bodens beackert, beweidet oder der wichtigsten Rohstoffe sind hier lade, Swiss Watches, schweizerisch für Obst- und Rebbau genutzt, reichlich vorhanden: Wasser und nannten sich auch Konzerne mit 6 Prozent mehr als im schweize- Wasserkräfte. Auch ist die Schweiz Zehntausenden von Beschäftigten, rischen Durchschnitt. Der Waldan- «steinreich» und deswegen unter wie die Schweizerische Industrie- teil von 31 Prozent liegt im Mittel, anderem das Land mit dem höch- gesellschaft, die Schweizerische und trotz der Hochalpen sind nur sten Betonverbrauch pro Kopf. Lokomotivfabrik, die Schweize- 5 I

Die Farbenfabrik Burgdorf gehörte ab 1835 zu den ersten Farblaboratorien der Schweiz Foto: H.P. Bärtschi 2005 La fabrique de couleurs de Burgdorf devint à partir de 1835 un des premiers laboratoires suisses de couleurs Photo: H.P. Bärtschi 2005

damit auch ihre grossindustrielle I ISIS – SGTI und Heimatschutz Kultur, in deren Tradition Unterneh- als Träger und Partner, Rea- men privat Lehrkräfte und Techni- lisierung durch Arias ker ausbildeten, in deren Tradition Die Informationsplattform für sie Pensionskassen, Krankenkassen, schützenswerte Industriekultur- Kinderkrippen, Kantinen oder güter der Schweiz ISIS entstand Kegelklubs führten. Das alles ist im als Projekt der Schweizerischen Zuge der Deregulierung dem Staat Gesellschaft für Technikgeschichte als Aufgabe überbunden worden, und Industriekultur SGTI. Auslöser der zudem sparen und die Vermö- waren Totalabbruchpläne für das gen milder besteuern soll. Sulzer-Areal im Jahre 1989. Auch der Schweizer Heimatschutz betei- I Beginn der Industriekultur- ligte sich massgeblich am Projekt. güter-Erfassung Dem Büro ARIAS-Industriekultur in rische Waggonfabrik, Alusuisse Die aktuelle Erfassung von Indus- Winterthur wurde die Realisierung oder Swissair. triekulturgütern erfolgte spät, erst übertragen. Als Firmeninhaber war in der Endphase der De-Industria- Hans-Peter Bärtschi für die Mittel- Die Kultur dieser Heimat, oder min- lisierung. Das ist auf den Mangel beschaffung sowie für die techni- destens die Basis davon, war die an öffentlicher Unterstützung für sche Umsetzung verantwortlich. Industrie. In den drei vergangenen dieses Anliegen zurückzuführen. Es gelang ihm, in vierjähriger Jahrzehnten wurden über 60 Pro- Bereits 1991 stellte man mit einer Arbeit 90 Prozent der notwendigen zent der industriellen Arbeitsplätze Umfrage bei allen Kantonen und finanziellen Mittel aus privaten und abgebaut; im sekundären Sektor Gemeinden der Schweiz fest, gemein- sind heute nur noch 23,6 Prozent dass die materiellen Zeugen der nützigen Beiträgen zu sammeln. der Erwerbstätigen beschäftigt. Produktion und des Transports nur Häufig wird die Globalisierung als lückenhaft oder in gewissen Be- I Welche Objekte erfasst ISIS Ursache dieses Wandels gesehen: reichen gar nicht erfasst sind. In der und wie? Weil sich die Werkplätze Richtung Folge begannen einzelne Kantone ISIS ist eine Informationsplattform, Osten verschieben, in Länder mit und Städte diese Kulturgüter zu ein Inventar, das eine systema- sehr schlechten Arbeitsbedin- dokumentieren und Massnahmen tische Übersicht über interessante gungen, lohne sich die Produktion gegen deren Zerstörung zu ergrei- Zeugen der industriellen Vergan- in der Schweiz nicht mehr. Dabei fen. Auf Bundesebene geschah genheit bietet. Erfasst werden: wird der schwerwiegende Wandel nichts dergleichen, wogegen bei- Zeugen der Produktion: vom Werkplatz Schweiz zum Fi- spielsweise in Deutschland bereits - Maschinen (Turbinen, Arbeits- nanzplatz Schweiz übersehen. Wo in den 1980er-Jahren Kriterien maschinen, Kraftübertragungen früher Unternehmer Gewinne er- für die Bestandesaufnahme und usw.) zielten, indem sie langfristig eigene Wertung von industriekulturellen - Bauten und ihre Umgebung Produkte entwickelten, mit ihnen Gütern erarbeitet wurden. Diese (Fabriken, Kanäle, Stauseen usw.) Märkte eroberten und Fabriken schrieb Hans-Peter Bärtschi in den Zeugen des Transportes: aufbauten, erzielen heute Finan- 1990er-Jahren für schweizerische - Verkehrsanlagen (Häfen, ciers, meist anonym, kurzfristig Verhältnisse um und schuf vier Be- Strassen, Bahnlinien usw.) Gewinne. Mit der Entwicklung zu wertungskriterien zum Schutz von - Verkehrsmittel (Dampfschiffe, ungeheuren Dimensionen verwal- industriellem Kulturgut: historischer Lastwagen, Lokomotiven usw.) teter Guthaben hat die Schweiz Wert, Seltenheitswert, Erhaltungs- Sammlungen und Dokumente: ihre industrielle Basis verloren und zustand und Gefährdungswert. - Sammlungen (Fahrzeuge, Geräte 6 I Jahresbericht 2006 Berner Heimatschutz I Rapport annuel 2006 Patrimoine bernois

Der alte Bahnhof Frutigen war nur 12 Jahre in Betrieb. Für die Vollendung der Lötschberg- bahn entstand 1913 der neue Bahnhof Foto: H.P. Bärtschi 2005 L’ancienne gare de Frutigen fut exploitée pendant 12 années seulement. La nouvelle gare fut construite en 1913 dans le cadre de la réalisation finale du chemin de fer du Lötschberg Photo: H.P. Bärtschi 2005

usw.) bereits ab dem 18. Jahrhundert mit oder zu Orten mit über- - Archive (Maschinenpläne, Bau- Flusskorrektionen entgegentrat: wiegendem Arbeitsplatzanteil in pläne, Schriftdokumente usw.) Die Flüsse Kander (1714), Aare der Metallverarbeitung entwickelt. Möglichst sämtliche industriekul- samt Juragewässern (1841/1891) Andere Kleinstädte mit industrieller turellen Zeugen werden erfasst. und (1875) wurden sehr Dominanz über lange Zeit sind Je mehr historische Substanz von aufwendig in für den Menschen Langenthal (Porzellan- und Maschi- einem Objekt an Ort und Stelle ungefährlichere Bahnen gebracht. nenindustrie), Burgdorf (Maschi- vorhanden ist, desto wertvoller Die reichen Wasserkräfte wurden nen- und Textilindustrie) und Thun ist ein Ensemble und desto eher vor allem in der 1. Hälfte des (Metall- und Rüstungsindustrie). findet es Aufnahme im Inventar. 20. Jahrhunderts für den Bau von Ist jedoch beispielsweise von der Grosskraftwerken an der Aare und Im ganzen Kantonsgebiet finden produktiven Substanz nur noch an der Kander (BKW ab 1909) und sich Industriemühlen. Im Emmental die Gebäudehülle erhalten, so fällt im Oberaargebiet (1925–1990) liegt ein Wirtschaftsschwerpunkt in es aus der Wertung heraus. In die genutzt. der holzverarbeitenden Industrie. Datenbank aufgenommen werden Im Bereiche des Bergbaus und der letztlich nur Objekte von regionaler Im Bahn- und Strassenbau wirkte Industrie der Steine und Erden und nationaler Bedeutung. Objekte die in der Schweiz zentral gelegene wurden nach einem Autarkie-Boom aus dem primären und tertiären Bundeshauptstadt Bern sehr aktiv der 1940er-Jahre alle Bergwerke Wirtschaftssektor, also aus der mit. Früh schon beteiligte sie sich stillgelegt. Geblieben sind wichtige Landwirtschaft und dem Dienstlei- beim Bau von Kunststrassen im Zeugen des Berner Bergbaus (z.B. stungssektor, werden nicht berück- Mittelland und von Alpenstrassen. bei Trachsellauenen) und aktive sichtigt. Die zeitliche Abgrenzung Vorerst erfolglos blieb sie mit der Ton-, Kies- und Steinbruchwerke, beträgt 40 Jahre: Erfasst sind in Finanzierung einer Eisenbahntrans- das bedeutendste für die Zement- der Regel Objekte, die vor 1970 versale Bern–Luzern–Zürich (ab industrie in Reuchenette. entstanden sind. 1859), später förderte sie erfolg- reich die Jura–Simplon-Achse von I Internetauftritt und Buch Im Inventar wird ein Objekt auf Frankreich über Neuenburg (1901) als Resultat bis zu acht A4-Seiten dargestellt: und (1915) nach Bern Zwischen 2002 und 2006 wurden Die Objektübersicht wird mit bis und über den Lötschberg (1913) Grundlagen zur detaillierten Erfas- zu sieben Infoblättern ergänzt zum Simplon (BLS). In die Belle- sung von technischem Kulturgut im (Produktion, Antrieb, Übertragung/ Epoque-Zeit der Jahrhundertwende Kanton Bern sowohl für den Inter- Transport, Hochbau, Tiefbau, fiel auch die touristische Erschlies- netauftritt wie für eine Publikation Archiv, Sammlung). sung der Alpen durch Bergbahnen bereitgestellt. Die Aufnahme- und (Brünig 1888, Brienzer Rothorn Bewertungskriterien wurden I Das Pilotprojekt Kanton Bern 1892, Berner Oberland und Jung- verfeinert, ebenso die Datenbank Für das Pilotprojekt wurde der Kan- frau 1890–1912, Montreux–Ober- und die Internetplattform für die ton Bern wegen seiner Grösse, der land 1905). mehrsprachige Nutzung auf den Zweisprachigkeit und wegen seiner neuesten Stand gebracht. – Der zentralen Lage ausgewählt. Die Seit dem 18. Jahrhundert hatte Berner Heimatschutz unterstützte zwei wichtigsten Themen sind der der Jura – insbesondere auch diese Arbeiten grosszügig. Kraftwerk- und Wasserbau sowie der Berner Jura – eine spezielle der Strassen- und Eisenbahnbau. uhrenindustrielle Ausrichtung. In Zunächst wurden Industriekul- Einerseits verursachten die Gebirgs- diesem Zusammenhang haben sich turobjekte aus allen Gemeinden bäche und Flüsse immer wieder die Städte Biel oder Moutier und berücksichtigt. Nach einer ersten Überschwemmungen, denen man Dörfer wie Saint-Imier, Tavannes Triage fielen von über 2000 kurz 7 I

dokumentierten Objekten deren Die Bergstation des Wetterhornaufzugs 1500 weg. Die Vertiefung der An- in Grindelwald wurde seit dem Abbau der Seilbahn (1934) mitsamt der Antriebs- gaben erfolgte in Zusammenarbeit maschinerie restauriert mit der kantonalen Denkmalpflege Foto: H.P. Bärtschi 2005 und punktuell mit Gemeinden, Mu- La station de montagne de l’ascenseur du Wetterhorn à Grindelwald a été seen und Objekteigentümern. Zur entièrement restaurée après le démontage besseren Beurteilung besichtigte du téléphérique und dokumentierte das Arias-Team Photo: H.P. Bärtschi 2005 über 100 ausgewählte Objekte auch innen. Zudem wurden alle publizierten Inventare (ISOS, Moutier – Birs INSA, IVS, KGS) in die Datenbank 2 Uhren und Elektrizität: eingearbeitet. Im Internet sind so Biel – Schüss über 500 Objekte auf über 800 3 Gewerbefleiss an Fabrikkanälen: ausdruckbaren Seiten aufgeführt, Burgdorf – Emmental alles Objekte von regionaler und 4 Brücken, Brücken: nationaler Bedeutung. Hinzu Bern – Aare, Worblen kommen 140 Seiten für Objekte in 5 Alpentransversalen: französischer Sprache, 40 in eng- Thun – Lötschberg, Simmental lischer und 50 Portalseiten in den 6 Frühe Tourismus-Infrastruktur: drei Sprachen. Interlaken – Thuner-, Brienzersee 7 Hochgebirgsbahnen: Die 2001 gesamtschweizerisch Lütschinen – Jungfrau Arias-Industriekultur.ch erfassten Objekte wurden ebenfalls 8 Die grosse Kraftwerkkette: übernommen, womit im Internet Meiringen – Grimsel, Susten unter der folgenden Adresse 1300 9 Unter diesem Punkt sind wichtige Seiten abrufbar sind: Industriekulturobjekte ausserhalb der Informationsplattform für schüt- Routen branchenweise dargestellt. zenswerte Industriekulturgüter der Schweiz: www.industrie-kultur.ch Das 2006 im Rotpunktverlag Zürich erschienene Buch weist auf Das Buch mit dem Untertitel 244 Seiten rund 600 mehrheitlich «Unterwegs zu 333 Zeugen des farbige Abbildungen auf. Es ist im produktiven Schaffens» stellt Buchhandel erhältlich. die Objekte im Unterschied zur Internetplattform wirtschaftsgeo- I Ausblick grafisch, in Reiserouten und bran- Das ganze Industriekulturgut der chenmässig zusammen. Die beiden Schweiz soll mit der Zeit erfasst Medien Internet und Buch bieten so werden. Es ist vorgesehen, als zwei verschiedene Annäherungen Nächstes die Kantone Zürich und ans Thema. Die acht Entdeckungs- Aargau sowie die Ostschweiz zu rundgänge führen entlang der bearbeiten. dichtesten Achsen mit wertvollen Objekten: Hans-Peter Bärtschi, Dr.sc.techn. 1 Spuren der Eisenverarbeitung: dipl.Arch.ETH/SIA, Inhaber 8 I Jahresbericht 2006 Berner Heimatschutz I Rapport annuel 2006 Patrimoine bernois

I Le patrimoine industriel du canton de Berne

L’histoire suisse des deux der- niers siècles est essentiellement marquée par l’histoire des tech- niques et l’histoire industrielle ; le patrimoine industriel fait forme de pâturages ou d’espaces tières premières essentielles y sont partie de notre identité. L’assimi- consacrés à l’arboriculture ou la disponibles en abondance : lation du passé industriel n’est viticulture, ce qui représente 6 pour l’eau et la houille blanche. La pas l’objet d’un soutien général ; cent de plus que la moyenne suisse. Suisse est également un pays riche elle demeure largement entre les Alors qu’avec 31 pour cent la part en « matériaux pierreux » et ceci mains d’initiatives privées telles revenant à la forêt correspond à explique qu’elle est le pays dont la que l’Association suisse d’histoire la moyenne nationale, seulement production de béton par habitant de la technique et du patrimoine 19 pour cent de la surface totale, est la plus élevée. industriel ou de l’architecte et à l’exclusion des Hautes-Alpes, historien spécialisé en économie : comptent des fleuves, des rivières, I De-industrialisation : de la place M. Hans-Peter Bärtschi. Sa plus des lacs ou sont recouverts de industrielle à place financière récente œuvre traite de l’inven- glace, de roches et d’éboulis. Près Si la Suisse n’est déjà plus – et taire des biens industriels dans de 8 pour cent seulement de la ce depuis longtemps – un pays à le canton de Berne qui peut être population du canton de Berne vocation agricole, mais bien plutôt consultée soit sous la forme d’un vivent de l’économie alpine et de un pays affichant certes une faible ouvrage ou sur l’Internet. Patri- l’agriculture. La Suisse fait partie densité de population au mètre moine suisse et Patrimoine bernois des quelques pays dont la part de carré mais riche en matières pre- ont considérablement contribué à l’agriculture dans l’économie du mières – qu’est-ce qui caractérise cette publication. pays est minime. Seulement 1,3 le mieux ce pays sinon l’« image » la pour cent de la population vivent plus répandue qui en est faite ? Certes I Le patrimoine industriel du can- de l’exploitation de l’agriculture la Suisse a perdu depuis longtemps ton de Berne – un projet pilote alpine, près du double sont exploi- déjà son statut de nation indus- L’industrie ne joue-t-elle pas un se- tants d’une agriculture hautement trielle. Après 1945 la Suisse devint cond rôle dans le canton de Berne mécanisée dans la plaine et exploi- le deuxième plus grand expor- voire la Suisse dans son ensemble ? tants forestiers. tateur de biens industriels, tirant Ne s’agit-il pas plutôt dans le cas ainsi profit de l’état de destruction du canton de Berne comme dans La Suisse officielle défend l’image commun à toutes les autres nations toutes les autres régions touris- d’un pays avec une forte densité industrielles excepté les E.U. Avec tiques de cultiver presque exclusi- de population mais dépourvue de 54 pour cent d’actifs travaillant vement l’image d’une région alpine sources substantielles de matières dans le secteur secondaire, elle était attractive pour le tourisme ? Les premières. Ici « forte densité en 1966 loin devant la Grande-Bre- vaches paissant dans des prairies à de population » rythme entre- tagne en terme d’industrialisation. l’herbe grasse, les superbes fermes temps même avec entièrement « Swiss made » incarnait dans le paysannes ou les bergers soufflant « saccagée » ; cependant que sur la monde entier la qualité, avec le dans un cor des alpes autant de base du nombre d’habitant au ki- signe de l’arbalète infaillible comme symboles publicitaires qui donnent lomètre carré la Suisse se place loin label certifié de qualité : à côté du de la Suisse l’image d’un pays à vo- derrière le Bangladesh, la Grande- fromage suisse, du chocolat suisse, cation fortement agricole. C’est un Bretagne, les Pays-Bas, la Belgique, des montres suisses, le savoir-faire fait incontestable si l’on considère l’Inde, voire l’ex-Allemagne de suisse englobait également les que 40 pour cent du sol est cultivé l’Ouest et l’Italie. D’autre part, il groupes employant des dizaines dans le canton de Berne, soit sous faut signaler que certaines des ma- de milliers de personnes, la société 9 I

Fabriques désaffectées de Tavannes Watch et Chemins de fer du Jura à Tavannes. Photo : H.P. Bärtschi 2003 Stillgelegte Fabriken der Tavannes Watch und Chemins de fer du Jura in Tavannes Foto: H.P. Bärtschi 2003

valeur de risque. industrielle façon suisse, les fa- des caisses de pension, de la caisse briques suisses de locomotives et de maladie, des crèches, des cantines I ISIS – ASHT et Patrimoine wagons, Alusuisse ou Swissair. ou d’un club de quille. Mais cette suisse sponsors et partenaires, « tâche » a dû être, conséquemment réalisation par Arias La culture de ce pays ou tout au à la dérégulation, déléguée à l’Etat La plate-forme d’information moins sa base culturelle était alors qui doit en outre épargner et pré- relative aux biens culturels du l’industrie. Au cours des trois der- voir une imposition moins lourde. patrimoine industriel dignes de nières décennies, plus de 60 pour protection de la Suisse, ISIS, fut cent des emplois industriels ont été I Objets industriels – débuts de au tout début un projet organisé supprimés ; le secteur secondaire l’inventaire par l’ASHT (Association suisse emploie aujourd’hui seulement 23,6 Le recensement actuel des objets d’histoire de la technique et du pour cent des actifs. Très souvent la industriels a été réalisé à une patrimoine industriel). Les plans globalisation est invoquée comme époque relativement récente de démolition totale de la Sulzer- étant à l’origine de cette mutation : datant de la phase finale de la Areal en 1989 sont à l’origine puisque on assiste à un déplace- dé-industrialisation. Ceci s’explique de cette entreprise. Patrimoine ment des places industrielles vers du fait du peu de moyens finan- suisse a aussi énormément l’Est, dans des pays où les condi- ciers mis à disposition par l’Etat participé au projet. Ce projet tions de travail sont très mauvaises, pour la réalisation de cet objectif. fut confié au bureau ARIAS – la production en Suisse n’est plus Dès 1991, on a pu constater à patrimoine industriel, Winterthur. rentable. Par là-même, on ne me- l’occasion d’une enquête réali- En sa qualité de gérant, c’est à sure pas l’ampleur de la mutation sée auprès de tous les cantons M. Hans-Peter Bärtschi qu’il aux lourdes conséquences dont et les communes suisses, que les revint les tâches de recherche la Suisse est l’objet : le passage témoins matériels de l’industrie de sources de financement et de du rôle de place industrielle au et des transports n’avaient été mise en œuvre technique. Au statut de place financière. Là où que partiellement recensés voire terme d’une collecte échelonnée autrefois les entreprises réalisaient n’avaient jamais fait l’objet d’un sur quatre ans, il put recueillir 90 des bénéfices basés sur le déve- inventaire dans certains domaines. pour cent des moyens financiers loppement sur le long terme de Par la suite, quelques cantons et indispensables provenant de sub- leurs propres produits avec lesquels communes s’attelèrent à documen- sides privés et de subsides versés elles conquéraient les marchés et ter les objets industriels et prirent par des organisations d’utilité construisaient des manufactures, également des mesures contre leur publique. des financiers réalisent aujourd’hui détérioration. Au niveau fédé- des profits à court terme, le plus ral rien de tel ne fut entrepris. A I Quels sont les objets recensés souvent anonymes. Avec l’am- revanche, l’Allemagne, pour ne par l’ISIS ? Quelle méthode pleur incommensurable des avoirs citer qu’elle, avait déjà élaboré d’inventaire est utilisée ? gérés, la Suisse s’est départie de dans les années 80 des critères L’ISIS est une plate-forme d’in- son fondement industriel et ainsi pour le recensement et l’évalua- formation, un inventaire, qui également de sa culture basée sur tion du patrimoine industriel. M. propose un aperçu systématique les grandes industries selon laquelle Hans-Peter Bärtschi procéda à leur des témoins intéressants du traditionnellement il revenait aux adaptation au cours des années 90 passé industriel. Font partie de entreprises, d’une part, la formation selon les besoins suisses et élabora l’inventaire : professionnelle des enseignants quatre critères d’évaluation pour la Objets témoins de la production privés et des techniciens, et d’autre protection du patrimoine indus- industrielle : part, la mise à disposition de cer- triel : valeur historique, valeur de - Machines (turbines, machines, taines prestations telles que celles rareté, valeur de conservation et mécanismes de transmission, 10 I Jahresbericht 2006 Berner Heimatschutz I Rapport annuel 2006 Patrimoine bernois

Fabrique de machines, Tavannes Photo : collection Rémy Prêtre (photo historique) Maschinenfabrik Tavannes Foto: Sammlung Rémy Prêtre (historische Aufnahme)

port, bâtiment, génie civil, archives, etc.) collection). tard le financement de l’axe Jura– - Constructions et leur environ- Simplon de la France via Neuchâtel nement (manufactures, canaux, I Le projet pilote : canton de Berne (1901) et Moutier (1915) vers lacs de retenue, etc.) Le canton de Berne a été sélection- Berne et via Lötschberg (1913) vers Objets témoins des transports : né pour ce projet pilote en raison Simplon (BLS). Et c’est à la belle - Infrastructures routières (ports, de sa taille, de sa caractéristique époque soit au tournant du siècle rues, lignes ferroviaires, etc.) culturelle (bilinguisme) et enfin de que le désenclavement des alpes - Moyens de transport (bateaux à sa situation géographique centrale. a eu lieu grâce à la construction vapeur, camions, locomotives, etc.) Les deux plus importants thèmes de chemins de fer de montagne Collections et documents : traités sont : la construction des (Brünig 1888, Brienz Rothorn 1892, - Collections (véhicules, appareils, etc.) centrales électriques, des construc- l’Oberland bernois et la Jungfrau - Archives (plans de construction tions hydrauliques ainsi que des 1890–1912, Montreux–Oberland de machines, plans de construc- routes et des chemins de fer. D’un 1905). tion, documents écrits, etc.) côté, les ruisseaux de montagne et les fleuves provoquèrent à maintes Depuis le 18e siècle le Jura – et en Le plus grand nombre possible de reprises des inondations auxquelles particulier le Jura bernois – ont témoins du patrimoine industriel on fit face dès le 18e siècle à grand développé une industrie horlogère font l’objet d’un recensement. Plus renfort d’aménagement des cours spécifique. C’est dans ce contexte la quantité de substance historique d’eaux. Ainsi la Kander (1714), que des villes comme Bienne ou d’un objet est grande, plus grande l’Aar ainsi que tous les cours d’eaux Moutier et des villages tels que alors la valeur d’un ensemble ainsi jurassiens (1841/1891) et la Birs St-Imier, Tavannes ou Tramelan – que la probabilité que cet objet (1875) ont été réaménagées à sont devenus des sites offrant de fasse partie de l’inventaire. Si – par grands frais et de nouveaux tracés nombreux emplois notamment exemple – il ne reste de la « subs- sans danger pour l’Homme sont dans le domaine de l’industrie des tance productive » que l’enveloppe apparus. Cette énergie hydrau- métaux. D’autres petites villes à vo- du bâtiment, cette construction ne lique présente en abondance a été cation industrielle sur le long terme fera pas l’objet d’une évaluation. mise à profit surtout au cours de sont : Langenthal (porcelaineries et Seuls les objets d’une importance la première moitié du 20e siècle industrie des machines), Burgdorf régionale et nationale sont intégrés dans le cadre de la construction (industrie des machines et industrie dans la base de données. Les objets de centrales électriques de grande textile) et Thoune (industrie des issus des secteurs primaires et puissance situées au bord de l’Aar métaux et de l’armement). tertiaires, soit de l’agriculture et du et de la Kander (FMB dès 1909) et secteur des services, ne sont pas pris dans l’Oberaar (1925–1990). Répartis dans tout le canton, en compte. La limite temporelle est on trouve également des mou- de 40 ans : sont en règle générale Berne capitale de la Suisse, jouis- lins industriels. L’industrie de la recensés les objets dont la construc- sant d’une localisation centrale, transformation du bois constitue le tion ou l’élaboration est antérieure a participé activement dans le pilier économique de l’Emmental. à 1970. domaine des constructions de Alors que les années 40 ont été chemins de fer et de routes. Bien marquées par l’autosuffisance dans La présentation d’un objet recensé avant, elle participa à la construc- le domaine des industries minières dans l’inventaire englobe jusqu’à tion de routes sur le plateau et des et de l’industrie de la pierre et de la 8 pages format DIN A-4 : jusqu’à routes alpines. Le financement de terre, toutes les mines ont été fer- 7 pages d’informations complètent la transversale Berne–Lucerne–Zu- mées par la suite. De cette époque, l’inventaire de l’objet (production, rich (à partir de 1859) resta sans il subsiste des témoins importants entraînement, transmission/trans- lendemain, puis elle a soutenu plus de l’industrie minière bernoise (par 11 I

La verrerie et les fabriques de machines- outils, entre autres Tornos, firent de Moutier un site industriel. Photo : tours automatiques – Musée de Moutier Die Glashütte und die Werkzeugma- schinenfabriken, unter anderen Tornos, machten Moutier zum Industrieort. Foto: Langdrehautomaten-Museum Moutier

sées et des propriétaires d’objets. 5 Transversale alpine : Afin de parvenir à une meilleure Thoune – Lötschberg, Simmental ; évaluation, l’équipe d’Arias visita 6 Anciennes infrastructures et documenta plus de 100 objets touristiques : Interlaken – lacs de sélectionnés même à l’intérieur. Thoune et de Brienz ; De plus, tous les inventaires publiés 7 Chemins de fer de montagne : (ISOS, INSA, IVS, PBC) ont été Lütschinen – Jungfrau ; intégrés dans la base de données. 8 La chaîne majeure de centrales Plus de 500 objets, tous d’une électriques : Meiringen – Grimsel, importance régionale et nationale, Susten. sont exposés sur plus de 800 pages 9 Objets importants du patrimoine imprimables sur l’Internet. A ceci industriel hors des itinéraires, ex. près de Trachsellauenen) et des s’ajoute, 140 pages en langue fran- classés par branches. carrières d’argile, de graviers et de çaise, 40 en langue anglaise et 50 pierres encore en activité, dont La portails en trois langues. Les 2001 L’ouvrage est paru en 2006 chez Reuchenette est la plus importante objets recensés à l’échelle nationale Rotpunktverlag Zurich. Il propose carrière pour l’industrie du ciment. ont également été intégrés, ce qui tout au long de ses 244 pages près représentent 1300 pages Internet de 600 illustrations pour la plupart I Fruits de cette recherche : plate- que l’on peut consulter sur le site en couleur. Il est disponible dans forme Internet et livre suivant : les librairies. Les bases d’un inventaire détaillé Plate-forme d’information pour la du patrimoine technique du canton sauvegarde des objets industriels en I Conclusion de Berne ont été recensées entre Suisse : www.patrimoine-industriel.ch Le patrimoine industriel suisse 2002 et 2006 tant dans le cadre dans son ensemble ne pourra être de la plate-forme Internet que L’ouvrage sous-titré : « Unterwegs recensé que sur le long terme. Les pour l’ouvrage y relatif. Les critères zu 333 Zeugen des produktiven prochaines étapes de recensement de recensement et d’évaluation Schaffens » (A la découverte de englobent les cantons de : Zurich, ont été affinés, de même que la 333 témoins de l’activité indus- Aargau et de Suisse orientale. base de données et la plate-forme trielle) propose, contrairement à la Internet réactualisées en vue d’une plate-forme Internet, un classement Hans-Peter Bärtschi, Dr.sc.techn. utilisation multilingue. – Patrimoine des objets par régions écono- dipl.Arch.ETH/SIA, propriétaire bernois a apporté un soutien finan- miques, sous la forme d’itinéraires Arias-Industriekultur.ch cier considérable à ces projets. de voyage et par branches. Ces deux supports – Internet / ouvrage Dans un premier temps, tous les – proposent une approche diffé- objets du patrimoine industriel de rente du thème. Les huit parcours toutes les communes ont fait l’objet de découverte longent les axes les d’une évaluation. Au terme d’une plus denses en objets de valeur : première sélection, parmi les 2000 1 Sur les traces de l’usinage du fer : objets brièvement documentés, Moutier – Birs ; 1500 ont été exclus. Les indications 2 Horlogerie et électricité : ont pu être consolidées grâce à la Bienne – Schüss ; collaboration du Service cantonal 3 Activité industrielle au bord des des monuments historiques et l’aide canaux : Burgdorf – Emmental ; ponctuelle des communes, des mu- 4 Ponts : Berne – Aar, Worblen ;