Kanton St.Gallen Kantonsbibliothek Vadiana

Büchergilde Gutenberg Zur Geschichte einer Bildungsinstitution

Ausstellungsführer

Ausstellung 11. bis 25. Juni 2021

Kantonsbibliothek Vadiana Ausstellungssaal Notkerstrasse 22 9000 St.Gallen

Öffnungszeiten Montag – Freitag 10.00 – 18.00 Samstag 13.00 – 16.00 Vitrine 1 1924, Gründung in Leipzig: Erste Bücher 3

Vitrine 2 1928, : Arbeiterliteratur 5

Vitrine 3 1928, Berlin: Kultur – Reisebücher – Sport 7

Vitrine 4 1928 –1933, Berlin: Krise – Klassenkampf Machtergreifung der Nazionalsozialisten 8

Vitrine 5 1933: Gleichschaltung der Büchergilde Berlin Neubeginn in Zürich, Wien, Prag 9

Vitrine 6 Zürich: Schweizer Autoren, Buchgestalter und Illustratoren «Geistige Landesverteidigung» 11

Vitrine 7 Der Maler Richard Paul Lohse als Vertreter der Moderne in der Schweizerischen Buchgestaltung und Grafik 12

Vitrine 8 1947: Neubeginn der Büchergilde in Frankfurt Höhepunkt und Niedergang der Büchergilde Zürich 13

Vitrine 9 Die Büchergilde Gutenberg Frankfurt 14

Literatur Dressler, Helmut: Werden und Wirken der Büchergilde Gutenberg Zürich: Büchergilde Gutenberg, 1947 Bücher voll guten Geistes. 30 Jahre Büchergilde Gutenberg Frankfurt am Main: Büchergilde Gutenberg, 1954

© 2021 Kantonsbibliothek Vadiana, St.Gallen Text und Gestaltung: Hans-Peter Kaeser Vitrine 1 1924, Gründung in Leipzig: Erste Bücher

Die Büchergilde Gutenberg wurde am 29. August 1924 vom Bildungsverband der deutschen Buchdrucker auf Antrag ihres Prä - Bruno Dressler (1879 –1952) sidenten Bruno Dressler als genossenschaftlich Präsident des Bildungsverbandes der Deut - schen Buchdrucker und Geschäftsleiter der organisierte Buchgemeinschaft gegründet. In gewerkschaftseigenen «Buchdruckerwerk - stätte». Leiter der Büchergilde in Leipzig der Folge übernahm Dressler auch die Leitung und Berlin, von 1934 –1945 im Exil in Zürich. der Gilde. Ihr erster Geschäftssitz war die Buch - stadt Leipzig. In diesen ersten Jahren der Weimarer Republik war, trotz wirtschaftlicher Not, eine kulturelle Aufbruchstimmung spür - bar. Die Büchergilde wurde, zuerst bei den Typografen, bald auch über diese Berufsgruppe hinaus, gut aufgenommen. Kurz nach der Gründung zählte sie bereits 10’000 Mitglieder. Ihr erstes Ziel war es, gute Literatur in mustergültig ausgestatteten Büchern zu verlegen. Der Stillosigkeit der damaligen Typografie, der geschmacklosen äusseren Erscheinung und den fragwürdigen In - halten wollte sie «Bücher voll guten Geistes und von schöner Gestalt» entgegenhalten. Das Anwerben von neuen Mitgliedern oblag vor allem den Vertrauensleuten und Mitgliedern der Gilde. Erfolgreiche WerberInnen wurden mit ausgesuchten, eigens gedruckten Buch - prämien belohnt. Ein wichtiges Werbemittel war die Zeitschrift der Büchergilde. Neben Ankündigungen neuer Titel wurden darin auch leicht verständliche Texte über Politik, Literatur, Kunst und Künst - lerInnen, Architektur und Typografie abgedruckt. Man hoffte, mit sorgfältiger Verlagsarbeit die Bücher der Gilde auch über den klassischen Buchhandel anbieten zu können. Dieser be - gegnete der Buchgemeinschaft indessen mit Misstrauen. Mit der Androhung den Absatz ihrer Bücher nicht mehr zu fördern, warnte der Börsenverein des deutschen Buchhandels bekannte AutorInnen davor, ihre Texte in einer Buchgemeinschaft zu veröffentlichen. In der Folge entwickelte die Büchergilde mit ihrem ersten Lektor Ernst Preczang (1870 –1949) Ernst Preczang ein eigenes Programm mit Schrift - Gelernter Buchdrucker, ab 19oo haupt - beruflich Schriftsteller und Redaktor. stellern, die der Arbeiterbewegung nahestanden. Lektor und Autor der Büchergilde von 1924 erschien das erste Buch, die Kurzgeschichten 1924 bis 1927. Verliess Deutschland 1933 zusammen mit Bruno Dressler ins Exil «Mit heiteren Augen» von Mark Twain. Mark Twain (1835 –1910) in die Schweiz. Ausbildung als Schrift setzer. Schrieb Es wurde zu einem Verkaufs erfolg mit Reiseberichte aus den USA, später mehreren Auflagen. Von Ernst Preczang selbst erschien auch aus Europa. Bekannt wurde er als Autor von «Tom Sawyer und Huck - 1925 «Der leuchtende Baum». Bemerkenswert an der leberry Finn». Seine bitterböse Gesell - Gestaltung der Novellensammlung sind Anklänge an schaftskritik und seine Stellungnahmen gegen Rassismus klassische typografische Vorbilder des 16. und 17. Jahr - fanden weltweite Beachtung. hunderts: Initiale mit Holzschnitt, Kustode am unteren Ende der Textspalte (ursprünglich Bezeichnung von Druckbögen für die Buchbinder), Alinea-Zeichen (¶) bei Absatzanfängen.

3 «Der Krieg um den Wald», eine Geschichte über die Not der Bauern im österreichischen Erbfolgekrieg im 18. Jahrhundert von Moritz Hartmann, erschien 1925 mit einem Holzschnitt Moritz Hartmann (1821 –1872) von Curt Reibetanz als Frontispiz. Entstammte einer jüdischen Familie aus Böh - men. Studierte in Prag Medizin, veröffent - Max Barthel (1893 –1975) Max Barthel, der «Arbeiterdichter», ver - lichte da erste Texte. 1840 in Wien. War Fabrikarbeiter, Mitglied des Spar - radikaler Demokrat, wollte zum Ende der takusbundes, 1919 Beitritt zur öffentlichte 1925 «Das Spiel mit der Monarchie beitragen. 1844 in Deutschland. KPD, nach Aufenthalten in der Puppe», ein Versuch den Rhythmus des Nach polizeilicher Verfolgung, Flucht nach Sowjetunion Trennung von der Brüssel und . Freundschaft mit Heinrich KPD und Eintritt in die SPD. modernen Lebens in der Grossstadt Heine. Nach der Amnestie von 1867, Feuille - Schrieb anfänglich revolutionäre und in der mechanisierten Arbeitswelt ton-Redaktor in Wien. Gedichte und Prosatexte. Nach der Machtergreifung durch zu beschreiben. Die Buchgestaltung löst sich von den die NSDAP 1933, Bekenntnis zu den neuen Machthabern. Schrieb alten Vorbildern, die Textschrift ist nun eine Antiqua und fortan für den «Völkischen Beo - die Titelanfänge sind Zeichnungen moderner Motive. bachter», in der Folge Ausschluss aus der Büchergilde. In der Hoffnung doch noch Zugang zu den Verkaufska - nälen des Buchhandels zu finden, wurde 1926 der von der Gilde un - abhängige Buchmeister-Verlag gegründet, in dem Bücher mit ausgefalleneren Themen veröffentlicht wurden. Ein Beispiel ist Josef Luitpolds «Rückkehr des Prometheus», ein merkwürdiger Text, der mit den Holzschnitten von O.R.Schatz und der Otto Rudolf Schatz (1900 –1961) Absolvierte die Wiener Kunstgewerbe - extravaganten Satzschrift, der Hammer-Unziale, eine schule. 1922 Buchillustrator für Arthur bibliophil anmutende Erscheinung aufweist. Roessler und Luitpold Stern, Stefan Zweig, Jack London u.a. Während des Die Gestaltung der ersten Büchergilde-Titel folgte noch 2. Weltkriegs in Brünn und Prag. klassischen Vorbildern. Neue Ideen, wie sie El Lissitzky Wurde später in ein KZ eingeliefert, weil er durch seine Heirat als «jüdisch oder die Bauhaustypografen formulierten, wurden versippt» galt. Arbeitete hauptsäch - aber mit Interesse verfolgt. Bei der Gestaltung von lich als Holzschneider. Colin Ross’ «Fahrten- und Abenteuerbuch» von 1925 Colin Ross 1885 –1945 Journalist, Kriegsberichterstatter, wurden völlig neue Wege beschritten. Der junge Jan gehörte nach dem 1. Weltkrieg zu den Jan (Ivan) Tschichold (1902 –1974) Tschichold konnte hier die in seinem bekanntesten Reiseschriftstellern. In Sohn eines Schriftenmalers. Befasste sich einem Buch über Afrika aus dem Jahre schon früh mit Kalligrafie und Schriftgestal - Manifest «Elementare Typographie» 1927 zeigte er sich als Rassist. Nach tung. Nach Begegnungen mit Künstlern und formulierten Vorstellungen in die 1933 Propagandist des Naziregimes. Grafikern wie Moholy-Nagy, El Lissitzky und Kurt Schwitters am Bauhaus formulierte er Tat umsetzen. An diesem Manifest in einem Manifest Grundsätze für eine entzündeten sich viele Streitgespräche unter «Elementare Typographie», die mit vielen überlieferten Regeln brachen. Tschichold den Typografen. Umso erstaunlicher war, dass setzte die Bauhaus-Typografie um, aber immer mit grösstem Respekt für den Text - die Büchergilde, die sich mit ihrem Namen und sinn. 1933 Emigration in die Schweiz. Arbeit mit ihren ersten Werken der überlieferten Typo - in als Typograf für Verlage und Indus - trie. Schrieb Lehrbücher über Schrift und Ty - grafie verpflichtet hatte, Tschichold mit der Ge - pografie. 1947 Ruf von Allan Lane, Gründer staltung des «Fahrten- und Abenteuerbuchs» des Penguin-Verlags, nach London, entwi - ckelte dort Satzanweisungen und Erschei - beauftragte. Seine Text- und Bildanordnung war nungsbilder für die Penguin- Taschenbuch- völlig neu: Eine Antiqua als Grundschrift; Titel, reihen. 1949 Rückkehr in die Schweiz. Arbeit für verschiedene Firmen und Verlage. Paginae und Bildlegenden als Kontrast in einer fetten Serifenlosen, einer Grotesk, wie sie damals genannt wurde. Die Bildanordnung auf den Buchseiten richtet sich nach dem Blick - punkt des Betrachters.

4 Vitrine 2 1928, Berlin: Arbeiterliteratur

Bei einem Mitgliederbestand von 45’000 verlegten die Büchergilde und die Buchdruckerwerkstätte ihre Räume in das von den Brüdern Bruno und Max Taut neu errichtete Gewerkschaftshaus in Berlin. Druckerei und Verlag waren nun unter einem Dach. Auch ausserhalb Deutschlands wurde der Erfolg der Büchergilde wahrgenommen. In der Schweiz, in Österreich und in der Tschecho - slowakei entstanden im Umfeld der lokalen Gewerkschaften Niederlassungen, die den Vertrieb der deutschen Gildenbücher übernahmen. Schon früh blickte das Lektorat – ab 1928 unter der Leitung von Erich Knauf – auch auf fremdsprachige AutorInnen. Die Erich Knauf 1895 –1944 Schwierigkeiten mit deutschen Verlagen und den an sie Begann mit 14 Jahren eine Lehre als Schriftsetzer. 1915 –1918 Soldat, wäh - gebundenen SchriftstellerInnen führten dazu, dass rend des Kapp-Putsches bei den Arbeiterwehren. Ab 1921 Lokalredak - Dänen wie Hans Povlsen, Martin Andersen-Nexö, tor bei der Volkszeitung in . der Isländer Kristmann Gudmundsson, der Tscheche Ivan Freundschaft mit Erich Kästner. Ab 1928 literarischer Leiter der Bücher - Olbracht und andere ins Programm aufgenommen wur - gilde. Holte die Werke von B. Traven Martin Andersen-Nexö (1869 –1954) den. Bücher von Martin Andersen-Nexö, und Upton Sinclair in den Verlag, 1884 Schuhmacherlehre. Ab 1889 veröffentlichte Bücher zur sowjeti - erste Zeitungsartikel. 1893 an Tuber - dem «dänischen Gorki», erschienen nach schen Literatur und Geschichte. kulose erkrank t. Zur Heilung Reise der Vermittlung durch Mathilde Mann zu - Nach der Machtergreifung durch die nach Italien und Spanien. 1941 Wäh - Nationalsozialisten entlassen. Ar - rend der deutschen Besetzung erst im Insel-Verlag, der bisher nicht mit der beit als freier Journalist und Schrift - Dänemarks verhaftet. 1943 Flucht steller. 1944 wegen politischer Witze aus dem Gefängnis über Schweden Pflege sozialistischer Literatur aufgefallen denunziert, verhaftet und am Volks - in die Sowjetunion. Nach dem Krieg, war. Der Roman «Pelle der Eroberer», in dem gerichtshof von zum Tod verurteilt und hingerichtet. Niederlassung 1952 in Dresden. das harte Leben der Bauern, Fischer und Ar - beiter auf der Insel Bornholm beschrieben wird, war mit über 1300 Seiten selbst für den Insel-Verlag ein finanzielles Risiko. Die litera - rische Qualität des Werkes liess jedoch die Bedenken über den ver - pönten Inhalt schwinden. Vorabdrucke erschienen in der sozialdemokratischen Presse und machten den Autor im linken Umfeld bekannt. Schon 1926 ging das 20. Tausend in Druck. In der Büchergilde erschien «Pelle der Eroberer» und später eine Reihe an - derer Titel von Andersen-Nexö in Lizenzausgaben. In «Sonnentage» beschrieb er die Eindrücke seiner Reise nach Italien und Spanien, die er nach seiner Tuberkulose-Erkrankung 1893 unternahm. B. Traven [d.i. Otto Felge] (1882 –1969) Mit B. Traven kam ein grosser Autor zur Gilde. Das Seine Identität war lange umstritten. Er war Metallfacharbeiter und ist iden - Schicksal der Recht losen und Ausgebeuteten war das tisch mit dem Anarchisten Ret Marut, Thema seiner Bücher, deren literarischer Anspruch der 1924 nach Mexiko floh und dort im Exil kapitalismuskritische Romane und der Bezeichnung «Arbeiterdichtung» eine neue Be - Reiseberichte schrieb. deutung verlieh. Im «Das Totenschiff» beschrieb er das Schicksal eines amerikanischen Seemanns, dem sein Pass ab - handen kam und der, von einer menschenverachtenden Bürokratie seiner Identität beraubt, als Papierloser auf einem Totenschiff an - heuern musste, einem Kahn der nach dem Willen seines Reeders untergehen sollte. «Der Schatz der Sierra Madre» (verfilmt 1948), «Land des Frühlings», ein Reisebericht aus dem Hochland Mexikos und viele weitere Werke von B. Traven wurden zu Bestsellern und erreichten weltweit eine Auflage von über 30 Millionen.

5 Oskar Maria Graf (1894 –1967) 1928 stiess auch Oskar Maria Graf zu den AutorInnen Sohn eines Bäckermeisters in Berg am Starnberger See. Nach dem der Gilde. Der bayerisch-amerikanische Schriftsteller Tod des Vaters Mitarbeit in der von schildert in seiner Autobiografie Jack London (1876 –1916) seinem Bruder Max übernomme - War in seiner Jugend Zeitungsjunge, später Arbeiter nen Bäckerei. Sein Bruder Maurus «Wir sind Gefangene» die Miss - in verschiedensten Jobs. Kurzes Studium an der Uni - weckt in ihm das Interesse für Lite - handlungen, die er bei der Ar - versität Berkeley. Mit seinen Abenteuerromanen ratur. 1911 nach München, bewegte «Ruf der Wildnis» und «Wolfsblut» erlangte er sich dort im Umkreis der Anarchis - beit in der Bäckerei seines Berühmtheit. Seine sozialistische Haltung ist in allen ten Erich Mühsam und Gustav Werken offensichtlich. Landauer. 1914 erste Gedichte in der Bruders erleiden musste. Zu den Upton Sinclair (1878 –1968) «Aktion». 1927 erschien sein auto - amerikanischen Schriftstellern, Jugend in bitterarmer Familie. Finanzierte sein biografischer Roman «Wir sind Ge - Studium an der Columbia Universität mit dem fangene». 1938 Flucht mit seiner die sich der sozialen Probleme Schreiben von Witzen und Groschenromanen für späteren Frau Mirjam Sachs nach der Unterschicht annahmen ge - Magazine und Zeitungen. Sozialkritik war das Thema New York. Nach dem Krieg verschie - seiner Literatur. War vor allem am Anfang des 20. dene Lesereisen nach Europa. Starb hörten Jack London, Upton Sin - Jahrhunderts in den USA und in Europa sehr populär. 1967 in New York. John dos Passos (1896 –1970) clair und John Dos Passos, die 1913 Studium der Kunst und Architektur an der Har - mit ihren Romanen kämpferische Töne vard University. 1916 in Spanien, 1917 als Sanitäter in der französischen Armee. Nach Kriegsende Anthro - gegen politische Korruption und kapitalisti - pologiestudium in Paris an der Sorbonne. In den 20er Jahren Sympathisant der Sowjetunion, ging später sche Auswüchse anschlugen. Auch Autoren auf Distanz zur stalinistischen Linken. 1942 –45 Jour - romanischer Spra chen sind nun mit Über - nalist im 2. Weltkrieg Vicente Blasco Ibañez (1867 –1928) setzungen in der Büchergilde vertreten, etwa Vicente Studierte an der Universität von Valencia Recht. Als Mitglied der Blasco Ibañez, der spanische Kämpfer für die Republik, Republikanischen Partei wurde er oder Romain Rolland , der pazifistische Romain Rolland (1866 –1944) mehrmals verurteilt. Verbrachte Studium in Literatur und Geschichte. 1889 –1891 einige Jahre im Exil in Paris. 1894 Franzose, der sich nach den bitteren Musikstudium in Rom. Ab 1904 Dozent für Gründung der Zeitung «El Pueblo», Erfahrungen des ersten Weltkriegs in Musikgeschichte an der Sorbonne. Vor 1914 in der seine Beiträge gegen die zahlreiche Reisen nach Westeuropa, längere spanischen Regierungen erschie - seiner Zeitschrift «» für eine Aufenthalte in der Schweiz. 1903 Beginn mit nen. 1898 Wahl ins Parlament. der Arbeit am Roman «Jean-Christophe». 1915 1908 Rückzug aus der Politik. Verständigung zwischen Frankreich Nobelpreis. Beim Ausbruch des Ersten Welt - 1921 Niederlassung in Nizza. und Deutschland einsetzte. kriegs in der Schweiz. Versuchte zwischen Frankreich und Deutschland einen Waffenstill - Die Russische Revolution von 1917 weckte in den stand zu erreichen. 1914 –1915 Arbeit bei der Zentralstelle für Kriegsgefangene beim IKRK. Arbeiterbewegungen in Westeuropa Hoffnungen Nach 1918 Gründung einer Friedensbewegung auf eine politische Wende hin zu einer gerechten linker Intellektueller mit Henri Barbusse. 1937 Rückzug nach Vezelay (Burgund). Erlebte Gesellschaft. Auch viele Intellektuelle blickten noch vor seinem Tod die Befreiung Frankreichs. fasziniert auf das gesellschaftspolitische Experiment in der jungen Sowjetunion. Dass dieses Experiment in einer menschenverachten - den Diktatur endete, konnte man sich in den zwanziger Jahren noch nicht vorstellen. Es bestand deshalb grosses Interesse an russischen Au to ren. Der marxistische Historiker Michail Pokrowski deutet die Revolution von 1917 als Ergebnis der Ausbeutung Michail Pokrowski (1868 –1932) Geschichtsstudium an der Universität Moskau. Michail Scholochow des Volkes durch den Adel. Michail Scholo - 1903 Eintritt in die Sozialdemokratische Arbei - (1905 –1984) chow und Michail Soschtschenko beschrei - terpartei Russlands. Besucht 1905 Lenin im Sohn eines Bauern und der Schweizer Exil. Anschluss an die Bolschewiki. Witwe eines Kosaken. Schloss ben das Leben der Sowjetmenschen nach Verfolgt durch Behörden, verbringt er Jahre im sich im Alter von 13 Jahren Exil. Nach der Revolution von 1917 Funktionen im den Bolschewiki an. Seinen den Umbrüchen der Revolution. Alexei sowjetischen Bildungswesen. Lebensunterhalt verdiente er Silytsch Nowikow-Priboj diente in der rus - Michail Soschtschenko (1894 –1958) sich als Arbeiter. Besuchte 1913 –15 Jus-Studium Universität Petersburg. Teil - Schriftstellerkurse. Ab 1924 sischen Marine. Er schrieb von den bruta - nahme am Weltkrieg, Gasvergiftung, 1917 Entlas - widmete er sich nur noch sei - sung aus der Armee. 1918 –1919 Teilnahme am ner schriftstellerischen Tätig - len Bedingungen, denen die Matrosen Bürgerkrieg in der Roten Armee. Ab 1920 erste keit. 1932 Eintritt in die ausgesetzt waren und von der sträflichen satirische Erzählungen in Zeitschriften. KPdSU. Ab 1938 Abgeordneter 1943 Publikationsverbot durch die Partei. 1953 im Obersten Sowjet. 1965 No - Unfähigkeit der Offiziere. nach dem Tod Stalins rehabilitiert. belpreis für Literatur für sein Eine Huldigung des Bergbaus und der Alexei Silytsch Nowikow-Priboj (1877 –1944) 1940 abgeschlossenes Haupt - 1899 zur Armee in die Ostsee-Flotte eingezogen, werk «Der stille Don». Grubenarbeiter im Ruhrgebiet ist «Der Teilnahme am Russisch-Japanischen Krieg in der Seeschlacht von Zussima, bei der fast 5000 rus - Kohlenpott» von Georg Schwarz . Die kontrastrei - sische Matrosen fielen. Durch seinen schonungs - che Anordnung von Text und Bild stammen von losen Bericht über die Missstände in der Marine, musste er vor der zaristischen Obrigkeit 1907 Hermann Schulz und seinen Lehrlingen der Buch - nach London fliehen. 1913 mit Hilfe Maxim Gor - kis Rückkehr nach Russland. Nach 1918 zahlreiche druckerwerkstätte. Veröffentlichungen über die Entwicklung der sowjetischen Flotte.

6 Vitrine 3 1928, Berlin: Kultur – Reisebücher – Sport

Im Programm der Büchergilde war auch ein grosses Angebot von Sachbüchern vertreten: Reportagen, Reisebücher sowie kunst- und naturwissenschaftliche Titel. Der technische Fortschritt in der Fo - tografie und die Verfeinerung der grafischen Reproduktionstechni - ken erlaubten neue Formen der Illustration. Es erschienen Bücher zu Themen, die für diesen Verlag neu waren. John Leopold Schi - kowski schrieb eine Geschichte des Tanzes von der Antike bis zu den Tanzpionieren der 20er Jahre, also bis zu Mary Wigman, Harald Kreutzberg und dem Triadischen Ballet von Oskar Schlemmer. Nach wie vor beauftragte die Büchergilde KünstlerInnen mit der Alfred Kubin (1877 –1959) Studierte Malerei in München Ausstattung ihrer Bücher, so beispielsweise Alfred Kubin, und Wien. 1909 schrieb und illus - der die Anthologie «Das Blaue Auge» mit seinen abgrün - trierte er den phantastischen Roman «Die andere Seite».1909 digen Zeichnungen illustrierte. Erich Knauf, der neue Lek - Gründung der «Neue Künstlerver - tor der Gilde, schrieb mit «Empörung und Gestaltung» einigung München» mit Kandin - sky, Jawlensky, Gabriele Münter eine Geschichte der modernen Grafik von Jean François u.a. . Illustrierte über 60 Bücher Millet bis Käthe Kollwitz. Ausserdem verfasste er eine z.B. von Poe, Dostojewski, Canetti. Im «Dritten Reich» wurden 63 sei - Monografie über Honoré Daumier. Der Neugierde der ner Werke als «entartet» diffa - miert und beschlagnahmt. Mitglieder für fremde Völker und Kontinente begegnete Herbert Bayer (1900 –1985) die Gilde mit Reiseberichten. Herbert Bayer gestaltete Nach einer Lehre in einem Kunstge - werbeatelier, Studium am Bauhaus das Buch «Jagd durch das tausendjährige Land» von in Weimar bei Johannes Itten, Paul Armin T. Wegner. Er berichtet darin von sei - Armin Theophil Wegner (1886 –1978) Klee und Wassily Kandinsky. Nach Studierte Jurisprudenz. 1916 als Sani - 1925 Leiter der Werkstatt für Druck ner Reise durch Palästina. Das Wort «tau - tätssoldat im Osmanischen Reich, und Reklame am Bauhaus. Verliess sendjährig» im Titel wurde vom Autor im Zeuge des Völkermordes an den 1928 das Bauhaus und zog nach Ber - Armeniern. Seine Berichte und Fotos lin. Arbeitete dort als Werbegrafiker. Jahr 1932 nicht zufällig gewählt. dazu wurden von westlichen Regie - Nach der Machtergreifung durch In den zwanziger Jahren wurde der Sport zu rungen nicht beachtet. Sie gelten die Nazis, Anpassung an die neuen heute als Beweise für den Genozid. Verhältnisse und Ausführung von einem wichtigen Thema. Von Helmut Wag - Nach dem Krieg Reiseschriftsteller. Aufträgen für die NS-Propaganda. Schrieb 1933 einen Brief an Hitler, in Trotzdem wurden 1937 Bilder von ner stammte die kritische Studie «Sport dem er gegen die Judenverfolgun - ihm in der Ausstellung «Entartete und Arbeitersport», über die sich schon da - gen protestierte. In der Folge Verhaf - Kunst» gezeigt. 1938 Emigration tung und Folter durch die . in die USA. Dort bis zu seinem Tod mals abzeichnenden Auswüchse des Sports. Nach der Freilassung Emigration als Grafiker, Fotograf und Architekt Wagner forderte, dass sich jeder anständige nach Italien. tätig. Werktätige dem «Profitum» verweigern sollte, um sich der Ausbeutung durch geschäftstüchtige Sportmanager zu entzie - hen. Überraschend an diesem Buch ist die durchgehend ange - wandte Kleinschrei bung des Textes, selbst bei Satzanfängen und Eigennamen. Fussball und Radfahren zogen grosse Publikumsscha - ren in ihren Bann. Die Büchergilde ant wortete darauf mit dem Reportageroman «Giganten der Landstrasse» von André Reuze, André Reuze (1885 –1949) Französischer Schriftstel - einem Bericht über die «Tour de France», bei der die Gesundheit ler und Journalist. Schrieb der Radfahrer von Geschäftemachern aufs Spiel gesetzt wird. unter verschiedenen Pseu - donymen Kriminalro - Georg Trump (1896 –1985) Georg Trump gestaltete dieses Werk sachlich- mane, daneben zahlreiche Ab 1912 Studium an der Kunstgewerbe - nüchtern. Der erschöpfte Rennfahrer auf dem Reiseberichte und Sportre - schule Stuttgart. Nach dem Krieg Stu - portagen für verschiedene dium mit Imre Reiner und Walter Brudi Buch deckel und die klug in Szene gesetzten Zeitschriften. bei Ernst Schneidler. Unter Paul Renner mit Jan Tschichold Lehrer für Schrift und eindrücklichen Fotos stehen für die Dramatik die - Typografie an der Meisterschule für ses Radrennens. Buchdrucker Berlin. Übernahm 1934 auf Bitten Renners, nach dessen Abberufung durch die Nazis, die Leitung der Münch - ner Schule.

7 Vitrine 4 1928 –1933, Berlin: Krise – Klassenkampf, Machtergreifung der Nazionalsozialisten Die Weltwirtschaftskrise von 1929 verschärfte die sozialen und po - litischen Auseinandersetzungen in der jungen Weimarer Republik und beförderte den Aufstieg der Nationalsozialisten. In den Wirren jener Zeit erschienen im Programm der Büchergilde Titel, die wie Mahnungen gelesen werden können. Von Boris Wiktorowitsch Sawinkow erschien 1931 eine Boris W. Sawinkow (1879 –1925) Stammte aus einer adligen Familie deutsche Übersetzung seines Romans «Erinnerungen und schloss sich als Rechtsstudent der eines Terroristen». Darin berichtet er über seine Erfah - sozialrevolutionären Bewegung an. Nach der Revolution von 1917 stellte er rungen als Mitglied in der Kampforganisation der sozial- sich aber entschieden gegen das Sow - revolutionären Partei. Er war für zahlreiche Attentate jetsystem und beteiligte sich an be - waffneten Attentaten gegen die auf Vertreter des Zarismus mitverantwortlich. neuen Eliten. Sein Kampf gegen die Erich Knauf verfasste 1931 mit «Ça ira» einen dramati - Bolschewiki wurde u.a. von Winston Churchill unterstützt. 1922 emigrierte schen Bericht über den Kapp-Putsch von 1920, über er nach Paris. Vom sowjetischen Ge - heimdienst nach Russland gelockt, jenen gescheiterten Umsturzversuch, mit dem reaktio - wurde er verhaftet und kam 1925 im näre Militärs die 1918 gegründete Weimarer Republik Lubjanka-Gefängnis zu Tode. stürzen wollten. Die Einbandgestaltung und die Abbildungen im Text widerspiegeln den Tumult jener Tage. Karl Rössing (1897 –1987) Harte Gesellschaftskritik übte Karl Rössing mit Studierte an der Kunstgewerbeschule in München bei Fritz Helmuth Ehmcke Schrift hundert Holzschnitten in «Mein Vorurteil ge- und Illustration. 1921 Teilnahme an der gen diese Zeit», eine satirische Sicht auf heuch - «Internationalen Schwarz-Weiss-Ausstel - lung» u.a. mit George Grosz, Alfred Kubin lerische Moralvorstellungen und den Zustand und Käthe Kollwitz. 1921 Berufung an die der Justiz. Seine Häme traf auch den akade- Folkwangschule nach Essen. In der NS-Zeit Anpassung an die neuen Machtverhältnisse. mischen Dünkel und die «blasierten Schöngeis - 1947 Berufung an die Akademie der Bilden - den Künste Stuttgart. ter» der Bauhausavantgarde mit ihren Wassily- Stühlen. Von Johannes Schönherr erschien 1927 «Die grosse Be - Johannes Schönherr (1894 –1961) Sohn armer Eltern konnte dank Sti - freiung», die Geschichte eines jungen Menschen. Sie pendien das Lehrerseminar Dresden Max Schwimmer (1895 –1960) wurde von Max Schwimmer illustriert. besuchen. Soldat im 1. Weltkrieg nach Lehrerseminar in Leipzig. Soldat im einer Gasvergiftung ausgemustert. 1. Weltkrieg. 1919 Studium der Sein 1933 erschienener Roman «Der grosse Tätigkeit als Volksschullehrer und am Kunstgeschichte und Philosophie Befehl» mit Abbildungen von Lithografien Leipziger Arbeiterbildungsinstitut. Ab an der Universität Leipzig. Bewegte 1927 Lektor der Büchergilde. sich in der antibürgerlichen Kaba - und Radierungen Max Pechsteins richtet Max Pechstein (1881 –1955) rettszene um Reimann, Weinert 1896 –1900 Lehre als Dekorationsmaler, und Ringelnatz. Lehrtätigkeit an sich gegen Nationalismus und Krieg. Die 1903 –1906 Kunstakademie Dresden. der Kunstgewerbeschule Leipzig. Nationalsozialisten verhinderten nach der Mitglied der Künstlervereinigung «Die 1933 Entlassung aus dem Lehr - Brücke» mit Heckel, Kirchner, Schmidt- dienst durch die Nazis. Danach Macht ergreifung die Auslieferung dieses Rotluff u.a. 1908 in Berlin. Mitglied der hauptsächlich als Illustrator tätig. «Berliner Secession», 1913/14 Südsee - 1945 nach Kriegsende, Eintritt Buches in Deutschland. Die Auflage wurde reise. Soldat im 1. Weltkrieg. 1923 Pro - in die KPD. Ab 1951 Leiter der Abtei - beschlagnahmt und vernichtet. Nur die be - fessur an der Preussischen Akademie lung Grafik an der Hochschule für der Künste. Von Emil Nolde als Jude Bildende Künste Dresden. reits an die Niederlassung in der Schweiz bezeichnet. 1933 Verlust des Lehramts, gesandten Exemplare konnten verkauft werden. Auch konnte seine arische Abstammung das Werk «Der Streit um den Sergeanten Grischa» von aber nachweisen und versuchte mit kompromissbereiter Haltung seine Arnold Zweig fiel mit vielen anderen Titeln der Gilde Stellung zu behaupten. 1937 Ausschluss aus der Akademie. Präsentation seiner den Säuberungen des Naziregimes nach 1933 zum Werke in der Ausstellung «Entartete Opfer. Kunst». 1945 Ernennung zum Professor an der Universität der Künste in Berlin.

8 Vitrine 5 1933: Gleichschaltung der Büchergilde Berlin, Neubeginn in Zürich, Wien, Prag Nach der Besetzung der Büchergilde in Berlin durch die Sturmab - teilung (SA) emigrierten ihr Geschäftsfürer Bruno Dressler und der Lektor und Autor Ernst Preczang in die Schweiz. Die Gildennieder - lassung in Zürich wurde als eigenständige, von Berlin unabhängige Genossenschaft neu gegründet. Ihre Mitglieder waren die grossen Gewerkschaften, einige Genossenschaftsdruckereien und der Ver - band Schweizerischer Konsumvereine. Die Geschäftstellen in Wien und Prag folgten diesem Beispiel. Bruno Dressler und Ernst Preczang setzten ihre Arbeit in der Geschäftsführung und im Lek - torat der Züricher Gilde fort. Angesichts der knappen finanziellen Mittel war die Schweizer Gilde auf die Zusammenarbeit mit Wien und Prag angewiesen. Wie der Börsenverein in Deutschland verwei - gerte auch der Schweizerische Buchhändler- und Verlegerverein jede Zusammenarbeit. SchriftstellerInnen mit Verträgen anderer Verlage durften in der Büchergilde nicht publizieren. Die Schweizer Gilde setzte deshalb vorerst auf Übersetzungen. B. Traven wurde zu einem Stammautor. Über die Prager Gilde wurden tschechische KünstlerInnen und SchriftstellerInnen wie Karel Capek Karel Capek (1890 –1938) Sohn eines Landarztes. Studierte in in das Programm aufgenommen . Karel Capek schrieb Prag und Berlin Philosophie. Seit 1917 mit «Hordubal» einen abgründigen Kriminalroman. als Journalist und Redaktor tätig. Von 1921 –1923 auch als Regisseur am Pra - In der Buchausstattung nahm der Schutzumschlag – ger Theater. Ab 1923 Reisen in Europa. ursprünglich nur als Schutz des Einbands gedacht – Seine satirischen Romane zeugen von scharfer Beobachtungsgabe und mit seiner Werbewirksamkeit eine immer wichtigere einem trockenen Humor. Hugo Steiner-Prag (1880 –1945) Rolle ein. Hugo Steiner-Prag schuf die Umschläge und Sohn eines Buchhändlers. Be - suchte ab 1898 die Kunstakademie Illustrationen zu Emil Vacheks «Die Hühner- Emil Vachek (1889 –1964) Prag, später München, wo er Schü - stiege» und zu Harry Blombergs «Volk in der Nach dem Gymnasium, Handels - ler von Franz von Stuck war. 1905 schule in Prag. Ab 1911 Journalist und vom Judentum zum Katholizismus Fremde». Blomberg war ein schwedischer Redaktor in Prag. In seinen Romanen, konvertiert. 1907 deutscher Staats - Schriftsteller und Sozialist. Die treibende Kriminalromanen und humoristi - bürger. Lehrtätigkeit, künstleri - schen Kurzgeschichten karikierte er scher Leiter des Propyläen-Verlags. Kraft hinter der Neugründung in Zürich war bürgerliche Moral vorstellungen. Nach der Machtergreifung der Na - ihr erster Präsident, der SP-Nationalrat Hans Oprecht tionalsozialisten Rückkehr nach Prag, Emigrierte nach dem deut - (1894 –1978). Sein Bruder Emil Oprecht (1895 –1952) war schen Einmarsch in die USA. Mitinhaber der Buchhandlung «Oprecht und Helbling» an der Rämistrasse in Zürich. Ihr wurde 1938 der Europa-Verlag an - gegliedert. Emil Oprecht und seine Frau Emmy engagierten sich für die aus dem faschistischen Ausland in die Schweiz geflüchteten SchriftstellerInnen und KünstlerInnen. Im Europa-Verlag boten sie den EmigrantInnen im Schweizer Exil Publikationsmöglichkeiten. 1933 erschien bei Oprecht der Roman «Fontamara» des italieni - schen Emigranten Ignazio Silone. Er be - Ignazio Silone (1900 –1978) Sohn eines Kleinbauern. Nahm als Jugendlicher an schreibt in einer einfachen Sprache den den Kämpfen der Landarbeiter gegen die Grossgrund - Kampf der Bauern und Landarbeiter um besitzer teil. 1921 Eintritt in die Kommunistische Partei Italiens, von der er sich nach den stalinistischen die elementarsten Lebens grund lagen in Schauprozessen abwandte. 1930 Emigration in die dem erfundenen Dorf Fontamara in den Schweiz. Beginn seiner schriftstellerischen Tätigkeit. 1941 und 1943 wegen politischer Tätigkeit interniert. Abruzzen. 1944 Rückkehr nach Italien.

9 Clément Moreau (1903 –1988) Von Clément Moreau stammen die Holzschnitte in der Unehelich als Karl Meffert ge - boren. 1914 –1918 Fürsorgezög - 1944 erschienenen Lizenzausgabe von «Fontamara» Um ling. Zog 1927 nach Berlin. Kam neben den Übersetzungen an Manuskripte zeitgenössi - dort u.a. mit Käthe Kollwitz und John Heartfield in Kontakt. scher AutorInnen zu kommen, veranstaltete die Gilde 1935 Anfang der 30er Jahre in der Künstlerkolonie Fontana Mar - einen literarischen Wettbewerb. Damit gelang es eine tina in Ronco (TI). 1933 bei ganze Reihe von jungen SchriftstellerInnen für die Bücher - einem Besuch in Berlin Flucht vor der drohenden Verhaftung gilde zu gewinnen. Einer der Preisträger war der deutsche durch die Gestapo in die Jonny G. Rieger mit dem Roman «Fahr zur Hölle Jonny». Schweiz. Lebte hier als illegaler politischer Emigrant. Um der Andere, höchst unterschiedliche Köpfe, etwa C.A. Loosli, Verhaftung in der Schweiz zu entgehen, reiste er 1935 ins ar - Adrien Turel, Hans Mühlestein, Jenö Marton oder Otto gentinische Exil. 1961 Rückkehr Steiger kamen dazu. Mit ihren Titeln verfügte die Bücher - in die Schweiz. Arbeitete in St.Gallen und Zürich als Thea - gilde wieder über einen ausreichend grossen Bestand an terzeichner und Zeichenlehrer. neuen Werken. Dies war umso wichtiger als 1938 durch den Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Tschechoslowakei und den Anschluss Österreichs an das deutsche Reich die Verbin - dung mit den AutorInnen, KünstlerInnen und Mitgliedern jener Länder abbrach. Stellvertretend für diese neuen AutorInnen seien hier zwei Stimmen der Schweizer Literatur erwähnt: Elisabeth Gerter und Jakob Bührer. Unter dem Pseu - Elisabeth Gerter (1895 –1955) Arbeitete 1913 als Haushalthilfe in donym Elisabeth Gerter beschrieb die Gossauerin einem Mailänder Haushalt. 1914 –18 Elisabeth Hartmann in ihrem ersten Roman Ausbildung zur Krankenschwester. 1932 Heirat (zweite Ehe) mit dem Basler «Schwester Lisa. Irrweg einer Frau» nahe am eigenen Maler Karl Aegerter. Neben journalisti - schen Arbeiten schrieb sie nach Erleben gehalten den Weg einer hart arbeitenden «Schwester Lisa» 1934 und «Die Sticker» Frau aus der Enge überkommener Vorstellungen. Ihr 1938 weitere Romane und Novellen. zweiter Roman «die Sticker» ist eine kritische Auseinandersetzung mit den Lebensverhältnissen der Arbeiter in der Textilindustrie. Im Roman «Sturm über Stifflis» nimmt Jakob Bührer Jakob Bührer (1882 –1975) Kindheit in ärmlichen Verhältnissen in eindringlich Stellung gegen die rassistische «Natio - Schaffhausen. Nach einer kaufmännischen Lehre Redaktor verschiedener Zeitungen. nale Front» und entwickelt eine Utopie für die zu - Eintritt in die Sozialdemokratische Partei. künftige Schweiz. Im unvollendet gebliebenen Werk Durch sein Eintreten für die Ziele der Par - tei verlor er seine Stelle als Leitartikler der «Im roten Feld» versuchte er eine grossangelegte Basler National-Zeitung. Danach publizis - Schweizergeschichte «von unten zu schreiben ». tische Arbeiten für die Partei- und Gewerk - schaftspresse, Lektor und Übersetzer für Die Tätigkeit der Büchergilde wurde auch in der die Büchergilde. Romandie und im Tessin wahrgenommen. 1936 gründete der Ver - leger Henry-Louis Mermod mit Hilfe von Charles Ferdinand Ramuz Charles Ferdidnand Ramuz (1878 –1947) und anderen die «Guilde du Livre». Ihre Bücher er - Studium der Philosophie in Lausanne. schienen auch in deutscher Übersetzung und zuwei - 1904 Übersiedlung nach Paris, begann eine Disser tation über den Dichter len in Zusammenarbeit mit welschen KünstlerInnen. Maurice Guérin. 1914 Rückkehr nach Lau - Géa Augsbourg (1902 –1974) Géa Augsbourg illustrierte die deutsche sanne. Beginn umfangreicher schriftstel - Erste Ausbildung als Vermes - lerischer Tätigkeit. sungszeichner. Danach Besuch Ausgabe «Ein Bursche aus Savoyen» von der Ecole de dessin Lausanne. Ramuz. Der St.Galler Künstler Ignaz Epper Ignaz Epper (1892 –1969) Neben seiner Tätigkeit als 1908 –1912 Lehre als Stickereizeichner in Maler, Karriere als Karikaturist . versah den Roman «Bergsturz auf Derbo - St.Gallen. 1913 Lithografenlehre. Der Gale - Zog 1927 nach Paris. 1940 Rück - rence» von Ramuz mit Federzeichnungen. rist Han Coray verhalf ihm zu einem Atelier kehr in die Schweiz. in Zürich und förderte ihn in seiner Galerie. Guglielmo Canevascini gründete 1944 die Guglielmo Canevascini (1886 –1965) «Ghilda del Libro», die italienischsprachige Schrift - 1904 Eintritt in die Sozialistische Partei im Tessin. Schrieb für die Zeitung «Aurora». 1913 steller wie Orlando Spreng und Piero Bianconi ver - Gründung der «Libera Stampa».1918 Leitung des Generalstreiks in Lugano. 1969 erster so - Aldo Patocchi (1907 –1986) öffentlichte. Aldo Patocchi zialistischer Staatsrat im Tessin Begann als Autodidakt literarische Texte zu illus - trieren. Teilnahme an der Biennale 1936. Mitbe - illustrierte die Titel der Ghilda und ihre Über - gründer und Präsident der Xylon (Internationale setzungen ins Deutsche mit seinen Holz - Vereinigung der Holzschneider) schnitten.

10 Vitrine 6 Zürich: Schweizer Autoren, Buchgestalter und Illustratoren «Geistige Landesverteidigung» Angesichts der Bedrohung durch den deutschen Nationalsozialis - mus und den italienischen Faschismus wurde eine von Parteien, Kulturschaffenden und Behörden getragene Bewegung gegründet, die «Geistige Landesverteidigung». Ihr Ziel war es die schweizeri - sche Kultur und Eigenart gegen totalitäre Ideologien zu verteidi - gen. Im Programm der Büchergilde wurde ihr Einfluss im hohen Anteil schweizerischer Titel sichtbar. Dazu gehörten auch Mundart - dichter wie der Schaffhauser Albert Bächtold . Er hatte Albert Bächtold (1891 –1981) Sohn eines Lehrers. Ausbildung zum mit «De goldig Schmid» den literarischen Wettbewerb Primarlehrer. 1913 –1918 in Russland. der Büchergilde von 1941 gewonnen. Weitere Titel aus 1918 verarmt, Rückkehr in die Schweiz. Nach abgebrochenem Jus-Studium seiner Feder folgten: «Wält uhni Liecht» und «De Tisch - Reise in die USA. 1921 Niederlassung in Zürich. Sportjournalist. In den 1930er telfink». Trotz der Besinnung auf schweizerische The - Jahren Beginn der schriftstellerischen men und AutorInnen blieb die politische Ausrichtung Tätigkeit. der Gilde nach wie vor gewahrt. Ellen Wilkinson war erst die dritte Frau, die in der Ellen Wilkinson (1891 –1947) Tochter einer armen Arbeiterfamilie. Studierte Büchergilde als Autorin auftrat. Ihr Roman «Die dank eines Stipendiums Geschichte an der Emil Zbinden (1908 –1991) Kluft» von 1931 wurde von Emil Zbinden University of Manchester. 1920 Mitbegründe - 1924 Lehre als Schriftsetzer in rin der Kommunistischen Partei Grossbritan - , Ausbildung in Schrift - ausgestattet. Der Schweizer Typograf, niens. 1924 als Mitglied der Labour- Partei schreiben, Zeichnen, Aquarellie - Zeichner und Holzschneider war bereits erstmals ins Unterhaus gewählt. 1945 nach ren und Holzschnitttechnik. dem Wahlsieg von Labour, Bildungsministerin 1928 Stelle als Schriftsetzer in 1932 in Leipzig für die Büchergilde tätig. im Kabinett von Clement Attlee. Berlin. Intensive Teilnahme am Kulturleben in Berlin (Kunst, Er spielte als Illustrator und Gestalter in der Schweizeri - Musik und Theater). 1929 in der schen Bücher gilde bis in die fünfziger Jahre eine wichtige Meisterklasse von Georg Belwe an der Akademie für Graphi - Rolle. Seine Schutzumschläge, Einbandentwürfe und Satz - sche Künste und Buchgewerbe anweisungen orientieren sich vorerst an der modernen Ty - Leipzig. 1931 Bekanntschaft mit Bruno Dressler. Erhält erste pografie, etwa seine Gestaltung des zweiten russischen Aufträge für Buchausstattun - Marine-Dramas über die Seeschlacht von «Zussima» von gen der Büchergilde. Rückkehr in die Schweiz. Arbeit als frei - Nowikow-Priboj. Seine eigene Bildsprache fand er später schaffender Künstler in Bern. Zbinden bleibt bis in die fünf - im kraftvollen und konturenstarken Holzschnitt. Für die ziger Jahre einer der wichtigs - sechzehnbändige Gotthelf-Ausgabe schuf er in seiner un - ten Gestalter und Illustratoren der Büchergilde. verwechselbaren Schnitttechnik hunderte von Vignetten, Initialen, grosse und kleine Illustrationen. Seine Bilder waren zuweilen nahe an der Karikatur und wurden von einer gros - sen Leserschaft angenommen. Die Bände der Gotthelf-Ausgabe er - reichten eine Gesamtauflage von über 350’000 Exemplaren. Die Büchergilde war für Schweizer KünstlerInnen und Typografen in den schwierigen Kriegsjahren eine wichtige Auftraggeberin. Remi Nüesch illustrierte das Jugendbuch «Lernt sie kennen» Remi Nüesch (1914 –1986) Maler und Grafiker in Teufen und Mentona Moser (1874 –1971) von Mentona Mose r mit naturgetreuen Holz - St.Gallen. Leiter der Kunstgewerbe - Stammte aus einer reichen schule St. Gallen. Familie, Zoologiestudium an schnitten. Max Hunziker schuf zu Christoffel der Universität Zürich. In Cam - von Grimmelshausens «Der abenteuerliche Max Hunziker (1901 –1976) bridge Ausbildung zur Sozial - Lehrerausbildung, Zuwendung zur helferin. Rückkehr in die Simplizissimus» und zu de Costers «Thyl Ulen - Malerei.1920 –1925 in Florenz, ab 1926 Schweiz. Gründungsmitglied spiegel und Lamme Goedzack» Zinkätzungen. in Frankreich, Studium der Glasmale - der Kommunistischen Partei rei. 1934 Rückkehr nach Zürich. Be - der Schweiz. Ab 1929 in Berlin Albert Lindegger, der für seine Zeichnungen, schäftigung mit Drucktechniken, aktiv im Kampf gegen die Karikaturen und Bilder berühmt war, illus - insbesondere der Hand-Zinkätzung. Nazis. 1934 Rückkehr in die Albert Lindegger (1904 –1991) Schweiz. Verarmt, auf Sozial - trierte Emile Zolas «Nana» und andere Titel. Bekannt unter dem Namen «Lindi».1926 hilfe angewiesen. 1950 auf Ein - in Paris. Politische Karikaturen in Zeitun - ladung von Wilhelm Pieck gen. 1939 in Bern als Maler, Plastiker und Übersiedlung in die DDR. Illustrator tätig. Scharfer Kritiker von Nationalismus und Faschismus.

11 Vitrine 7 Der Maler Richard Paul Lohse als Vertreter der Moderne in der Schweizerischen Buchgestaltung und Grafik Im Jean Christophe-Verlag, der personell und programmatisch mit der Büchergilde verbunden war, erschien 1938 «Geld, Roman der Währungen» von Jean Mussard. Die Gestaltung des Buches be - Richard Paul Lohse (1902 –1988) sorgte Richard Paul Lohse. Auf den Umschlag setzte er In armen Verhältnissen aufge - wachsen. Als Jugendlicher verdient eine Fotografie von Börsenhändlern auf den Hinter - er sein Geld mit Gelegenheits- grund einer Börsenkurstabelle. Die Fotografie wurde arbeiten. 1918 –1922 Lehre als Reklamezeichner. Experimentiert schon von John Heartfield für «So macht man Dollars» mit verschiedenen Malstilen: Ku - von Upton Sinclair (Malik Verlag 1931) verwendet. Lohses bismus, russischer und niederlän - discher Konstruktivismus. In den Gestaltung folgt einer streng geometrischen Anord - 1940er Jahren etabliert er sich mit nung: Die Breite der Titelbuchstaben beträgt ein Fünftel der Farbsystematik seiner «Modu - laren und Seriellen Ordnungen» der Seitenbreite und entspricht der Stärke des Buch - als Vertreter der «Zürcher Schule der Konkreten» mit Camille Grae - blocks. 1943 erschien unter dem Titel «Arbeit und Geld» ser, Max Bill, Verena Loewensberg, eine neue und umfangreichere Ausgabe von Mussards Leo Leuppi, Carlo Vivarelli u. a. Sie sahen die freie künstlerische Ar - Buch in der Büchergilde. Lohse setzt auf dem Umschlag beit und die grafische Entwurfsar - der neuen Ausgabe ein Bild schwer arbeitender Men - beit nicht als getrennte Bereiche. Umweltgestaltung im weitesten schen über eine Goldminen-Aktie und verweist damit Sinne gehörte zu ihrem Verständ - auf die Ausbeutung menschlicher Arbeit durch die nis von Kunst. Vor und während des 2. Welt - Macht des Kapitals. Lohse wurde zu einem wegweisen - kriegs engagierte sich Lohse im Kampf gegen Faschismus und für den Gestalter der Schweizer Büchergilde. Seine Arbeit soziale Gerechtigkeit. Er gestaltete stand immer im Einklang mit seiner sozialen und poli - Plakate und Flugblätter für die Sozialdemokratische Partei. tischen Haltung. Gleichzeitig begann seine typogra - Die Gestaltung von «De goldig Schmid» von Albert fische Arbeit für die Büchergilde bis in die fünfziger Jahre. Gleich - Bächtold würde man dem Konstruktivisten Lohse nicht zeitig Entwurf typografischer Kon - zepte u.a. für die Zeitschrift zuschreiben. Er selbst hat stets bestritten, dieses Buch «Bauen und Wohnen», für Projekte gestaltet zu haben; in der Monografie über sein grafi - der Stadt Zürich und für Auftrag - geber aus Industrie und Gewerbe. sches Schaffen von 1999 ist es aber erwähnt. Er braucht sich dieser Arbeit nicht zu schämen. Schriftwahl, Initia - len und Farbgestaltung passen ideal zu diesem Mundart-Text. Lohse wusste genau, dass jede gestalterische Aufgabe eine eigene Lösung braucht. In den späten vierziger Jahren schuf er für die populärwissenschaft - liche Büchergilde-Reihe «Forschung und Leben» Schutzumschläge, die an den Konstruktivismus seiner Bilder aus jener Zeit erinnern. War bei «Der Vogel» von 1946 noch die Wandlung vom Ei zum flie - genden Wesen im Farbverlauf des Umschlags sinnbildlich darge - stellt, wandte er in den späteren Bänden der Reihe wie in seinen Bildern geometrische Konzepte an. Bei der Gestaltung eines seiner schönsten Bücher wäre es beinahe zu einem Bruch mit der Gilde gekommen. Hans Oprecht gab der deutschen Ausgabe von Richard Wrights Reportage Richard Wright (1908 –1960) Sohn einer armen Kleinpächterfa - «Twelve Million Black Voices» den harmlosen Titel «Wir milie im Staat Mississippi. 1927 in Neger in Amerika». Damit war Lohse nicht einverstanden. Chicago als Postangestellter. Nach Stellenverlust beginnt er 1929 Zudem stiess sein Entwurf für das Buch auf Ablehnung. Essays und Romane, häufig zum Thema Rassismus in den USA, zu Die Fürsprache Emil Zbindens mag dann einen Stim - schreiben. 1946 Einladung nach mungsumschwung bewirkt haben und Lohse konnte Paris. Begegnung mit Chester Himes und James Baldwin. Über - seine Gestaltung verwirklichen. Harte Kontraste, filmische siedlung nach Frankreich. Von Montagen und spannende Gegenüberstellungen prägen dort aus Reisen nach Afrika und Asien. seine Bildanordnung in diesem Werk. 12 Vitrine 8 1947: Neubeginn der Büchergilde in Frankfurt Höhepunkt und Niedergang der Büchergilde Zürich Die Bedeutung der Büchergilde für die schweizerische Künstler - szene der Kriegs- und Nachkriegszeit belegen zahlreiche sorgfältig gestaltete und illustrierte Bücher, etwa die Prachtausgabe von Gotthelfs «Die schwarze Spinne» mit Illustrationen des Schweizer Otto Tschumi (1904 –1985) Surrealisten Otto Tschumi . 1943 erschien der Foto - Ausbildung als Schriftenmaler und Paul Senn (1901 –1953) Lithograf. Begann in den 20er Jahren band «Bauer und Arbeiter» von Paul Senn 1917 Berufslehre als Reklame - seinen Malstil zu entwickeln. 1936 –40 mit einer Einleitung von Arnold Kübler. Die zeichner, 1922 Grafiker in Lyon. in Paris. Unter dem Einfluss von Max 1924 Bildredaktor bei den «Bas- Ernst und Hans Arp fand er seine ei - Botschaft der herben, aber einfühlsamen Fo - ler Nachrichten». 1927 –1928 Rei - gene surrealistische Formensprache. tografien war eindeutig: Versöhnung von sen in Europa. 1929 Werbeatelier in Bern. Fotoreporter für die «Zür - Stadt und Land und von Industrie- und Landarbeit. cher Illustrierte» unter Arnold Geradezu bibliophil ist das kleine Kabinettstück «Crain - Kübler. Nach 1945 im Auftrag des Roten Kreuzes in Finnland und quebille» von Anatole France gestaltet. Es ist die absurde Deutschland. Gründete mit Wer - Geschichte eines einfältigen Kleinhändlers, der in die Müh - ner Bischof, Walter Läubli, Gott - hard Schuh u. Jakob Tuggener das len der Justiz gerät. Ausgestattet mit Federzeichnungen Kollegium der Schweizerischen Théophile-Alexandre Steinlen (1859 –1923) von Théophile Alexandre Stein - Fotografen. Theologiestudium. Zuwendung zur Malerei. 1876 Textilentwerfer in Mulhouse. 1881 in Paris im Umfeld len , die vom Textsatz aus der Cochin-Anti - von Vallotton, Toulouse-Lautrec u.a. Plakate für Caba - qua umsponnen sind. Der kleine Band rets, Illustrationen für Zeitschriften und Bücher. Freundschaft mit Emile Zola und Anatole France. «Knulp» von Hermann Hesse ist von Ro - Nach 1900 vorwiegend Buchillustrationen. bert Mühlemann aus einer feinen Fraktur sorgfältig gesetzt und mit kauzigen Zeichnungen des Basler Malers Niklaus Stoecklin (1896 –1982) und Grafikers Niklaus Stoecklin illustriert worden. 1914 Kunstgewerbeschule München. Nach Kriegsausbruch Maler, Zeichner, Von Werner Wälchli stammt die Ausstat - Werner Wälchli (1922 –2010) Lithograf und Illustrator in Basel. Berufslehre als Schriftsetzer. Zeichen - Wichtigster Vertreter der «Neuen tung der Werbegabe «Macario» von B. unterricht bei Emil Zbinden in Bern. Sachlichkeit» in der Schweiz. Neben Traven. Er hat sie mit Zeichnungen nach 1946 –1948 Kunstgewerbechule Zü - Malerei und Illustration vor allem rich (Lehrer: Alfred Willimann, Walter herausragende Plakatgestaltungen. Motiven aus dem Musée de L’Homme in Käch, Ernst Keller). 1949 –1952 künst - Paris illustriert. Wälchli gestaltete auch die Umschläge lerischer Leiter der UNESCO-Publika - tionen in Paris. Ab 1953 freier Grafiker zu Stijn Streuvels «der Flachsacker» und zu Heinz Päch - in Zürich, 1956 –1987 Lehrer für Zeich - nen und Schrift an der Kunstgewer - ters «Paracelsus». beschule Zürich.

1947 unternahm Helmut Dressler, Sohn des Gründers Bruno Dress - ler, einen Neubeginn der Büchergilde in Deutschland. Berlin, der frühere Standort der deutschen Gilde, war nun eine geteilte Stadt, so wurde Frankfurt am Main zu ihrem neuen Sitz. Die Büchergilde Zürich erreichte in den 1960er Jahren mit über 100’000 Mitgliedern ihren Höhepunkt. Sie war mit einem gemässigten Programm und von einem grossen Publikum gern gesehenen KünstlerInnen wie Hanny Fries, Charles Hug, Hans Erni, Hans Fischer und anderen in der bürgerlichen Mitte angekommen. Die Konkurrenz anderer Buchgemeinschaften und das Aufkommen günstiger Taschenbü - cher grosser Verlage wurden zu einem wachsenden Problem. Die eigenen Taschenbücher der «Sphinx-Reihe» wurden trotz der Robert S. Gessner (1908 –1982) gediegenen Umschläge von Robert S. Gessner auch kein Berufslehre als Dekorateur. Erfolg. Verschiedene Rettungsaktionen folgten, bis im Jahr 1927 –1931 Kunstgewerbe - schule Zürich. Ab 1932 freier 2000 die Schweizer Büchergilde wieder an die deutsche Werbegrafiker und Maler. Ab 1940 Lehrer an der Kunst - Gilde abgetreten wurde. Seither beziehen die Schweizer gewerbeschule Zürich. Mitglieder ihre Bücher über eine Auslieferungsstelle in Zürich.

13 Vitrine 9 Die Büchergilde Gutenberg Frankfurt

Auch die deutsche Büchergilde überstand schwierige Zeiten. Durch die Rückbesinnung auf ihre politische Herkunft und ihre überlie - ferte Buchkunst kann sie ihren Platz in der modernen Verlagsland - schaft behaupten. Die grosse Dokumentation «Literaten an der Wand», herausgegeben von Hansjörg Viesel und gestaltet von Juergen Seuss (*1935) Juergen Seuss , weckt Erinnerungen an «Ça ira» aus dem Buchdruckerlehre. Hochschule für Polygraphische Industrie. Ab 1959 Jahre 1931 von Erich Knauf. Die «Lebensberichte deut - für die Büchergilde als Hersteller scher Bergarbeiter», herausgegeben von Walter Köpping, und Typograf tätig. 1985 Professor für Buchgestaltung an der Fach - ist ein Abgesang auf den Kohle-Bergbau, der im «Koh - hochschule Hamburg. lenpott» von Georg Schwarz von 1931 eine Würdigung er - fuhr. Der «Augenzeuge» von Ernst Weiss findet Ernst Weiss (1882 –1940) Ab 1902 Studium der Medizin in Prag und seinen Vorläufer im «Grossen Befehl» von Johannes Wien. Nach der Promotion Arbeit in Bern Schönherr aus dem Jahre 1933. Bücher mit hohem und Berlin als Chirurg. 1911 Rückkehr nach Wien. 1912 Schiffsarzt beim österrei - literarischem Anspruch oder mit wichtigen The - chischen Lloyd. 1913 Bekanntschaft mit men, historisch dokumentiert und in aussergewöh - Franz Kafka. 1913 erschien sein Roman «Die Galeere» bei S. Fischer. Regimentsarzt licher Gestaltung, finden wieder ihre LeserInnen. im 1. Weltkrieg. 1921 Niederlassung in Berlin als freier Schriftsteller. 1934 Emigration Der Tradition entsprechend gibt die Büchergilde nach Paris. Schrieb für Emigrantenzeit - weiterhin jungen TypografInnen und bildenden schriften wie «Mass und Wert» des Zürcher Verlegers Emil Oprecht und übersetzte KünstlerInnen Raum für neue gestalterische Ideen französische Autoren wie Balzac, Daudet und Proust ins Deutsche. Sein letzter und Experimente. Die technischen Bedingungen Roman «Der Augenzeuge» wurde 1939 in der Buchherstellung haben sich radikal verändert. Paris geschrieben. 1940 beim Einmarsch der deutschen Truppen in Paris beging Der Anspruch gute Texte mit herausragender Buch - Ernst Weiss Suizid. gestaltung und Illustration zu kombinieren ist ge - blieben.

14