Geo.Alp, Vol.10 2013 47 - 60

Die mögliche Bedeutung der polymetallischen Erzvorkommen des Pfunderer Bergs bei Klausen für die prähistorische Metallurgie im Eisacktal (Südtirol, Italien)

Krismer, M., Tropper, P.

Institut für Mineralogie und Petrographie, Universität Innsbruck, Innrain 52f, A-6020 Innsbruck

Zusammenfassung

Die Bergbaureviere des Pfunderer Bergs befinden sich westlich von Klausen oberhalb des Thinnetales in den Sarntaler Alpen. Geologisch zählt die Region zum südalpinen Basement und wird zum überwie- genden Teil aus Brixner Quarzphyllit aufgebaut. Für die Metallogenese im Raum Klausen sind jedoch vor allem die zahlreichen kleineren intermediären Intrusionen, zumeist Diorite (Klausenite), interessant. Diese permischen Magmatite treten als kleinräumige gang- und lagerförmige Körper im Brixner Quarz- phyllit auf. Die Vererzungen werden in direktem Zusammenhang mit der Platznahme und der Abkühlung dieser Intrusionen gebracht. Metallogenetisch handelt es sich hierbei sicherlich um postmagmatische Bildungen in Zusammenhang mit zirkulierenden Wässern um die noch heiße Intrusion. Hydrothermale Alterationserscheinungen sowie Erzimpregnationen im Diorit weisen jedoch auch auf höhertemperierte, spätmagmatische Bildungen ähnlich den porphyrischen Kupferlagerstätten hin.

Historisch gesehen geht die erste urkundliche Erwähnung der historischen Gruben des Pfunderer Bergs zwar in das Jahr 1140 zurück, aber der Nachweis von prähistorischer Kupfermetallurgie im Eisacktal in den letzten Jahren legt nahe, dass diese Lagerstätte schon in der Prähistorie eine Rolle gespielt haben dürfte. Obwohl die mineralogischen und chemischen Eigenschaften der Pb-Zn-reichen Erze des Pfunderer Bergs geochemisch nicht mit den bisher gefundenen Schlacken und Metallen übereinstimmen, weisen neue Erzmineralfunde auf einen möglichen Zusammenhang hin. Die hier beschriebene chalkopyritreiche Cu ± Zn ± Fe ± Pb ± Bi ± Ag Sulfidparagenese könnte Silber-, Bismuth-, Blei- und Zinkgehalte in den me- tallischen Einschlüssen der Proben von Milland und Gufidaun erklären und so auf einen Zusammenhang zwischen der Lagerstätte Pfunderer Berg und den prähistorischen Verhüttungsaktivitäten im Eisacktal weisen.

Abstract The historic mining area Pfunderer Berg is located to the west of Klausen above the Thinne Valley in the Sarntal Alps. The rocks of the area belong to the Southalpine Basement and consist mainly of Quartzphyl- lites (Brixner Quarzphyllit). Important for the metallogenesis are numerous small dioritic intrusions (klausenites). These Permian magmatites occur as small dykes in the phyllitic basement. The mineraliza- tions are closely related to the emplacement and crystallization of the magma bodies as well as due to very late- to post-magmatic activities by hydrothermal fluids circulating around the cooling intrusion. However, hydrothermal alteration and ore impregnations in the diorite indicate ate also typical features of a small porphyry system. Although first mentioned in 1140 AD, widespread archaeological finds of smelting remains in the Valley indicate a possible connection to the ore deposits in prehistory. Until now, the mineralogical and geochemical data of the ore deposits did not match the composition of the slags but the recent discovery of a Cu ± Zn ± Fe ± Pb ± Bi ± Ag sulfide assemblage could indeed explain the observed Ag, Bi, Pb and Zn contents of slags from Milland and Gufidaun. This in turn would be the first evidence for a possible connection between this ore deposit and prehistoric metallurgy in the Eisack Valley.

47 1. Einleitung

Die Metalllagerstätten Südtirols, allen voran die sowohl in historischer als auch in prähistorischer Pb-Zn Lagerstätte Schneeberg und die Cu Lager- Zeit die sozioökonomische als auch die öko- stätten vom Pfunderer Berg und Prettau waren im logische Entwicklung der Region (Stöllner et Mittelalter und in der Frühen Neuzeit das Ziel in- al. 2011; Metten, 2003). Diese Arbeit soll neue tensiven Bergbaues. Diese Aktivitäten beeinfluss- Erkenntnisse zu Cu-reichen Erzen für die bronze- ten Jahrhunderte lang die Landschaft und die zeitlichen Kupfer-Verhüttungs- bzw. Bergbautä- Bevölkerung in den Bergbaugebieten. Bis heute tigkeiten in der Region rund um die polymetal- ist Bergbau ein Teil dieser Regionen. Die Wurzeln lische Lagerstätte Pfunderer Berg bei Klausen im des Bergbaues im Eisacktal sind möglicherweise Eisacktal (Südtirol, Italien) vermitteln. Die Region jedoch viel weiter in der Vergangenheit zu finden. Mittleres- und Unteres Eisacktal zwischen und Bozen ist durch das Vorhandensein von zahl- In den letzten Jahrzehnten wurden zahlreiche reichen prähistorischen (bronzezeitlichen) Kup- archäologische Fragestellungen mittels natur- ferschmelzplätzen sowohl am Talboden (Brixen) wissenschaftlicher Methoden beleuchtet um ein als auch an den Berghängen (Felthurns) und auf besseres Verständnis der sozioökonomischen den Hochflächen der Sarntaler Alpen (Ritten, und ökologischen Entwicklung in Raum und Zeit Reinswald) gekennzeichnet. Die Herkunft der zu erlangen. Für montanarchäologischen Frage- verhütteten Kupfererze ist noch relativ unklar, da stellungen sind geologische, mineralogische und bis dato keine prähistorisch abbauwürdigen Kup- chemische Untersuchungen an Erzen, Metallarte- fervorkommen bekannt sind und am Pfunderer fakten und Schlacken sehr erfolgversprechend. Berg nur untergeordnet kupferführende Pb-Zn Ein interdisziplinärer Forschungsansatz auf den Erze bekannt sind und daher bis jetzt noch kein Gebieten der Mineralogie, Archäometrie und prähistorischer Kupfererzbergbau nachgewiesen Montanarchäologie generiert dabei ein umfang- worden ist. Ziel dieser Arbeit ist es einen Über- reiches Bild der Bergbauentwicklung und deren blick über die Geologie und Bergbaugeschichte Auswirkungen auf die Gesellschaft. des Pfunderer Bergs mit möglichen Implikati- onen für prähistorische Wurzeln des Bergbaues Bergbau hat sowohl in den Ost- als auch in den im Licht neuer mineralogischer Daten zu geben. Südalpen eine lange Tradition und beeinflusste

2. Geographische Lage Der Pfunderer Berg ist ein, vom Hochplateau des Höhenrückens. Das größte der drei Reviere der Villanderer Alm nach NE ziehender, Höhen- wird als Rotlahn bezeichnet. Insgesamt 14 Stol- rücken, welcher im Nordosten zu allen Seiten len und zwei Tagbaue zwischen 1400 m Seehöhe steil in das Thinnetal beziehungsweise Eisacktal und 800 m Seehöhe weisen auf den historischen abfällt (Abbildung 1). Das Thinnetal ist ein tief Bergbau hin. Das Revier Kaltwasser befindet sich eingeschnittenes, schwer zugängliches Seiten- am NW-Abhang des Pfunderer Bergs und besteht tal des Eisacktals welches den Höhenrücken auf aus vier Stollen und einem Tagbau. Das Revier drei Seiten begrenzt. Die Bergbauspuren finden Wolfsgraben befindet sich am E Fuß des Pfunde- sich nicht nur am Gipfel des Pfunderer Bergs, rer Bergs im Thinnetal. Vier Stollen zählen zu die- dort beißen die Erzgänge an der Oberfläche aus sem, in sehr unzugänglichem Gelände liegenden und wurden übertage gefördert, sondern auch Revier. am NE-Abhang, am N-Abhang und am E-Fuß

48 Geo.Alp, Vol.10 2013 Abbildung 1: Übersichtskarte des Eisacktales zwischen Brixen und Klausen und den westlich anschließenden Sarn- taler Alpen. Die grünen Punktsignaturen markieren die Erzvorkommen des Pfunderer Bergs und jene auf der Vil- landerer Alm. Die mit roten Punkten markierten Lokalitäten mit prähistorischen, metallurgischen Funden basie- ren auf der Zusammenstellung von Anguilano (2002), EBZ…Endbronzezeit (=bronzo finale), KPZ…Kupferzeit (=eneolitico) Die LiDAR Basisdaten wurden von der Abteilung Informationstechnik der Provinz Bozen zur Verfügung gestellt.

48 Geo.Alp, Vol.10 2013 Geo.Alp, Vol.10 2013  49 3. Die Geschichte des Bergbaues am Pfunderer Berg

3.1. Mittelalter und Neuzeit Der Bergbau am Pfunderer Berg ist durch die ur- (Exel, 1998). Der lange währende Streit wurde kundlich festgehaltene Schenkung zwischen den vertraglich im Jahre 1489 beendet und begann Grafen von Wolkenstein und dem Kloster Neustift erneut im Jahre 1536, diesmal jedoch zwischen bei Brixen, aus dem Jahre 1140, belegt. Die Ur- König Ferdinand und dem Bischof Christof (Exel, kunde gilt als eine der ersten Erwähnungen eines 1998). Erst im Jahre 1547 endete der Kampf um Bergwerkes im gesamten Tiroler Raum (Dorf- das Bergwerk infolge der neuen Festlegung der mann, 1974). Die Schenkung verweist auf ein Grenzen der Territorien (Exel, 1998). „Silberbergwerk“ am Pfunderer Berg (Exel, 1998). 1177 wurde die Schenkung von Kaiser Friedrich Unter der Herrschaft des Tiroler Grafs Sigmund I. Barbarossa bestätigt. Dabei verlieh der Kaiser die und seines Nachfolgers Maximilian wurden im Nutzbarkeit und alle Bergwerksgerechtigkeiten Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts die Geschicke dem Kloster Neustift (Dorfmann, 1974). Eine wei- der Gruben an Gewerken übertragen, da die tere Belehnung durch denselben Kaiser an den Landesfürsten aufgrund von Geldmangel den Fürstbischof Heinrich zu Brixen und dessen Nach- Bergbau nicht betreiben konnten. Als Gegenlei- folger erfolgte alsbald im Jahre 1189 (Dorfmann, stung mussten die Gewerken als Entschädigung 1974). Festgehalten ist darin jedoch die Auflage, eine Pacht in Form von Fron und Wechsel ent- dass die Hälfte des Ertrages der Gruben an den richten. Die wichtigsten Gewerken am Pfunde- Kaiser abgeliefert werden müssten. Weitere Ur- rer Berg waren Hans Stöckl aus Schwaz, Hans kunden mit ähnlichem Inhalt folgten zu Beginn Paumgarten und die Familie Fugger aus Augs- des 13. Jahrhunderts (Dorfmann, 1974). Die zahl- burg. Das 16. Jahrhundert ist vor allem durch reichen Urkunden aus dem auslaufenden 12. Jahr- Bergbauaktivitäten der Gewerken, geprägt. Mitte hundert und im 13. Jahrhundert belegen eine des 16. Jahrhunderts erreichte der Bergbau am erste Blütezeit des Bergbaues am Pfunderer Berg. Pfunderer Berg seinen Höhepunkt. Am Anfang Im 13. Jahrhundert wurden die Grafen von Tirol Lan- des 17. Jahrhunderts kam es zu einem zeitlich desfürsten und beherrschten bis in das folgende begrenzten Niederganges des Bergbaues und die 14. Jahrhundert unangefochten den Metallberg- Gewerken zogen sich zwischenzeitlich aus dem bau. Infolge der Belehnung des Bergwerkes an Bergbau zurück. Im Laufe dieses Jahrhunderts Kardinal Nikolaus Cusanus, seines Zeichens Bi- wurde mehr oder minder intensiv prospektiert schof von Brixen, durch Kaiser Ferdinand III. im und Erz abgebaut. Parallel zum Pfunderer Berg Jahre 1452 entbrannte ein insgesamt 95 Jahre war zu diesem Zeitpunkt auch das Bergwerk auf währender Streit um die Gruben vom Pfunderer der Villanderer Alm (am Seeberg) in Betrieb. Berg (Exel, 1998). Zu Beginn kam es vor allem zu Streitigkeiten zwischen Sigmund dem Münz- Eine erneute Blühte erlebte der Bergbau Mitte reichen (1439 -1490) und den Brixner Bischöfen. des 17. Jahrhunderts durch Mathias Jenner. Der Ein gewichtiger Grund für diese Zwistigkeiten ist Pfarrer von Klausen war vorher als Dekan in Fü- die grenznahe Lage des Bergbaugebietes. Die gen im Zillertal tätig und führte dort erfolgreich Gemeindegrenzen von und Klausen/ das nahe Goldbergwerk (Dorfmann, 1974). Die Latzfons zeichnen aktuell noch die ungefähre Stollen Barbara, Kassian und Katharina wurden Lage der Grenzen zwischen der Grafschaft Tirol, unter der jennerschen Regie vorangetrieben. dem Bistum Brixen und dem Bistum Trient nach Gleichzeitig wurde auch der Bergbau auf der Vil- und verläufen geradewegs durch den Nord- landerer Alm betrieben (Dorfmann, 1974). Nach ostabhang des Pfunderer Bergs, wo der Berg- dem Tod von Matthias Jenner im Jahre 1691 über- bau hauptsächlich stattfand. Demzufolge kam nahmen seine Erben erfolglos den Bergbau und es zu einem erbitterten Kampf um die territori- 1712 wurde es teilverstaatlicht. 1785 wurde das ale- und bergmännische Herrschaft der Gruben Bergwerk vollständig verstaatlicht (Dorfmann,

50 Geo.Alp, Vol.10 2013 1974). Im 19. Jahrhundert war die Produktivität Staat den Bergbaubetrieb 1920 erneut auf. Nach sehr gering. Trotzdem investierte das Österrei- nur einem Jahr wurden die Bemühungen durch chische Montanärar Mitte des 19. Jahrhunderts ein erneutes Hochwasserereignis im Thinnetal Geld in den Bau neuer Verkehrswege und Erzauf- zunichte gemacht. 1939 wurde das Bergwerk an bereitungsanlagen im Thinnetal t (Dorfmann, die private Gesellschaft Atesina und in der Folge 1974). Durch ein Unwetter im Jahr 1872 wurde an die private Gesellschaf SAGMA t verpachtet. die neue Infrastruktur zerstört und der Bergbau Letztere begann 1941 mit dem Abbau, der 1943 ein-gestellt (Dorfmann, 1974). Eine kurze Be- endgültig eingestellt wurde. Dies war gleichzeitig triebs-periode erfolgte zwischen 1889 und 1905. die letzte Betriebsperiode. Nach dem Ersten Weltkrieg nahm der italienische

4. Regionalgeologischer Überblick

Die Region Klausen befindet sich im südalpinen ähnlichen Metamorphosebedingungen und des kristallinen Basement welches größtenteils aus monotonen Charakters nur schwer zu fassen. Quarzphyllit mit Eingeschalteten Permischen Plu- Sassi & Spiess (1993) unterteilen das Basment toniten und Gängenaufgebaut wird. Im mittleren in einen unteren pelitischen-psammitischen Eisacktal werden die Phyllite als Brixner Quarz- Komplex, welcher aufgrund von Fossilienfunden phyllit bezeichnet. Im Hangenden des Basements ins Kambrium bis Ordovizium gestellt wird. Die befindet sich der Etschtaler Vulkanit Komplex klastischen, marinen Sedimente dieses Kom- (ehemals Bozner Quarzporphyr) aus dem Perm. plexes zeigen variszische Metamorphosealter. Diese vulkanischen Ablagerungen bilden ihrer- Der vulkano-sedimentäre Komplex liegt strati- seits die Basis für die Ablagerungen des Grödner graphisch über den vorhin beschriebenen Abfol- Sandsteins, der Verrucano Konglomerate sowie gen. Der Komplex besteht aus Metapeliten und der mesozoischen Karbonate der Dolomiten. Metapsammiten mit Einschaltungen von sauren bis basischen Vulkaniten, Vulkanoklastika sowie Das südalpine Basement besteht größtenteils aus stratiformen Fe-Cu-(Zn, Pb) Mineralisationen. Die paläozoischen, pelitischen bis psammitischen, magmatische Aktivität wird als spät-Ordovizisch marinen Sedimenten sowie eingeschalteten interpretiert (Sassi & Spiess, 1993). Der kalk-alka- Metavulkaniten. Während der variszischen Ge- lische Charakter der Vulkanite weist möglicher- birgsbildung wurde das Basement schwach me- weise auf eine krustale Anatexis in Verbindung tamorph überprägt (Ring & Richter, 1994; Wyhli- mit der vulkanischen Aktivität hin. Der obere pel- dal et al., 2010). Das austroalpine Äquivalent zum tische-psammitische Komplex ist stratigraphisch südalpinen Basement sind die paläozoischen über dem vulkano-sedimentären Komplex einzu- Schiefer der Nördlichen Grauwackenzone und ordnen. Die metamorphen marinen Sedimente des Innsbrucker Quarzphyllits welche einen ähn- wurden im Silur und im Devon abgelagert. lichen lithologischen Aufbau aus klastischen ma- rinen Sedimenten und eingeschalteten Vulkani- Im Bereich von Klausen ist das Basement durch ten zeigen. Auch diese Gesteinesabfolgen zeigen monotone Quarzphyllitabfolgen gekennzeich- eine grünschieferfazielle Überprägung im Zuge net. Jedoch sind vor allem im Bereich von Gufi- der variszischen Orogenese. Im Gegensatz zum daun zahlreiche prä-variszische, metabasitische Brixner Quarzphyllit wurden diese Gesteine aber Einschaltungen (Amphibolite) bekannt. Die ge- zusätzlich eoalpidisch metamorph überprägt. naue zeitliche Stellung dieser Metabasite ist al- lerdings noch unklar. Die stratigraphische Abfolge des südalpinen Das südalpine Basement erfuhr während der Basements ist aufgrund der Ausdehnung, der variszischen Orogenese eine schwache bis

50 Geo.Alp, Vol.10 2013 Geo.Alp, Vol.10 2013  51 mittelgradige Metamorphose welche sich heu- Gleichzeitig entstanden auch eine Vielzahl kleiner te in einer regionalen Metamorphosezonierung Intrusionen und Gänge. Geochemisch handelt es widerspiegelt. Der Metamorphosegrad nimmt sich um hoch-K kalkalkalische Gesteinsassozia- von SE ausgehend (Chlorit-Zone, Comelico) ge- tionen welche ein breites Spektrum von basisch gen NW hin zu (Granat-Zone, Brixen). Im Bereich bis sauer und intrusiv bis extrusiv abdeckten (Rot- von Brixen wurden Temperaturen von ca. 500°C tura et al., 1998). und 5- 6 kbar ermittelt. Das variszische, regio- nalmetamorphe Ereignis im Südalpin wird mit In diesem extensiven Milieu kam es im Bereich 350 -300 Ma angeben wobei die 350 Ma Alter Klausen-Villnöß zu kleineren, gangförmigen Dio- als erstes Aufheizstadium interpretiert werden. ritintrusionen. Folglich ist anzunehmen, dass die Alter um 320 Ma datieren das Temperaturma- Villnößer Linie die Platznahme dieser kleinern ximum und Alter um 300 Ma beziehen sich auf Intrusionen ermöglicht bzw. gesteuert hat. Eini- die Abkühlung (Sassi & Spiess, 1993). Im Endsta- ge der größten Intrusionen im Bereich Klausen- dium der variszischen Orogenese kam es dann Villnößtal findet sich im Bereich des Pfunderer zu postkollisionaler Hebung und Extension und Bergs und des Nockbaches nordwestlich von im Zuge dessen zur partiellen Schmelzbildung in Klausen. Der Zusammenhang zwischen der ca. der Kruste gefolgt von intensiven magmatischen E-W streichenden Villnößtal Linie und den ca. E-W Aktivitäten (Sassi & Spiess, 1993; Rottura et al., angeordneten Gängen und Gangsystemen der 1998). Folgende Lithologien des Südalpins sind Dioritintrusionen und Hauptvererzungen, spricht Produkte des permischen, magmatischen Events für eine strukturell gesteuerte Platznahme der (Rottura et al., 1998): Schmelzen und erzführenden, hydrothermalen Lösungen. Die Platznahme des Magmas führte 1. Etschtaler Vulkanit Komplex (Alte Bezeich- unter anderem zu einer kontaktmetamorphen nung: Bozner Quarzporphyr) Überprägung des umliegenden Quarzphyllites. 2. Brixner Granit Dieser Kontakt ist im Gelände kaum mehr zu be- 3. Ifinger Granit obachten und in den meisten Fällen tektonisch 4. Kreuzberg Granit überprägt. Die Pb-Zn-Cu -Fe-Ag Vererzungen des 5. Cima d` Asta Granit Pfunderer Bergs werden aber in direkten Zusam- menhang mit der Intrusion und Platznahme der Diorite in Verbindung gebracht.

5. Metallogenese der Lagerstätte Pfunderer Berg

Das Gebiet um den Pfunderer Berg umfasst drei Das z.T. porphyrische Gefüge der Diorite weist auf Hauptgesteinsarten eine schnelle Abkühlung hin (Dorfmann, 1974). Die polymetallischen, hydrothermalen Pb-Zn-Cu- a. Diorit Fe-Ag Vererzungen des Pfunderer Bergs treten b. Kontaktgestein sowohl im Diorit als auch im Kontaktgestein auf. c. Quarzphyllit Seltener aber auch beschrieben ist ihr Auftreten im Quarzphyllit. Der Diorit tritt in Form mehrerer kleiner Intrusi- onen zwischen dem Eingang zum Villnösstal und Die Vererzungen zeigen sich in einer Vielzahl von der Villanderer Alm auf. Die Form der Dioritintru- Ausbildungen, der größte Teil der Vererzungen ist sionen ist in den meisten Fällen gangförmig. Der gangförmig bis unregelmäßig angelegt. Biswei- Diorit ist zum Teil feinkörnig, zum Teil porphyrisch len sind jedoch auch brekziöse, kokarden- und ausgebildet, die Mineralparagenese ist Plagioklas bandartige Strukturen, in einigen Fällen auch + Klinopyroxen + Biotit + Quarz (Dorfmann, 1974). disseminierte Vererzungen sowie feinste Quarz/

52 Geo.Alp, Vol.10 2013 Kalzit + Erz Äderchen im Diorit zu beobachten. magmatischen Aktivitäten hat möglicherweise Letztere werden als stockwerkartige Vererzun- auch einen Einfluss auf die Genese und den Me- gen bezeichnet. Der Hauptteil der Erze ist an tallgehalt des Erzvorkommens. ein diskordantes Gangsystem gebunden (Ba- umgarten et al., 1998). Diese Gänge waren auch das Ziel des historischen Bergbaues. Man kann 5.1. Die Bergbaureviere drei verschiedene, gegen NNW einfallende und Historische kann man drei Hauptreviere festhal- ca. 60° steil stehende Erz-Gänge unterscheiden ten. Das Revier „Rotlahn-Roßtal“ ist das größte Re- (Baumgarten et al., 1998). Der Bezeichnung fol- vier und zieht von der Gipfelkuppe des Pfunderer gend wird vom Liegend-, Mitter-, und Hangend- Bergs in NE-Richtung bis hinunter in die Talsoh- gang gesprochen. Syngenetisch angelegte, sehr le des Thinnebaches (Rotlahn) bzw. finden sich spitzwinkelig (in Bezug auf die Erzgänge) verlau- die sogenannten Fuggerstollen in NW Richtung fende sinistrale Verschiebungen haben bei der unterhalb der Gipfelkuppe im Roßtal. Insgesamt Platznahme der Mineralisationen eine gewich- umfasst dieses Revier 19 Stollen bzw. Tagverhaue tige Rolle gespielt, indem sie die Hohlraumschaf- (Exel, 1998). Schwerer Zugänglich sind die Stol- fung maßgeblich beeinflusst haben (Baumgarten len im Revier „Kaltwasser“. Dieses Revier umfasst et al., 1998). Die Erzgänge sind mehrfach durch 5 Stollen im sogenannten Kaltwassergraben, der alp-idisch reaktivierte Aufschiebungen versetzt. in W-Richtung vom Gipfel des Pfunderer Bergs in Die Störungszonen wurden von den Bergleuten das Thinnetal hinabführt (Exel, 1998). als „Wände“ bezeichnet und fallen gegen SW hin Auf der E-Flanke des Pfunderer Bergs befindet ein. Der Versatz reicht von wenigen cm bis hin zu sich das sehr schwer zugängliche Revier Wolfs- 10er m (Baumgarten et al., 1998). graben, welches 4 Stollen umfasst (Exel, 1998).

Über die Entstehung und Genese der Lagerstätte gibt es noch sehr wenige moderne Überlegungen. 5.2. Die Erzmineralien Der genetische Zusammenhang zwischen dem Die polymetallischen Vererzungen des Pfunderer Diorit und der Vererzung, das metamorph-meta- Bergs enthalten vorwiegend Pb-, Zn-, Cu- und somatisch veränderte Kontaktgestein, sowie das Fe-Sulfide (Exel, 1998). Daneben treten unter- brekziöse, kokardenförmige sowie disseminierte geordnet auch Ag- und Bi-Sulfide sowie Au zu- und aderförmige (stockwerkartige) Auftreten tage (Krismer et al., 2011). Die Erzparagenese der Vererzungen weist auf eine porphyrische des Pfunderer Bergs besteht hauptsächlich aus

Lagerstätte hin. Diese Lagerstätten treten im Pyrit (FeS2), Zinkblende (ZnS), Bleiglanz (PbS), Dachbereich von sauren- bis intermediären Intru- und Kupferkies (CuFeS2). Als Nebengemengteile sivkörpern auf und sind durch disseminierte Im- treten Freibergit Ag6Cu4(Fe,Zn)2Sb4S13, Ag-Te- prägnation und stockwerkartige Vererzung des traedrit (Cu,Ag)6Cu4(Fe,Zn)2Sb4S13 und Polybasit zumeist subvulkanischen Teils des Intusivkörpers (Ag,Cu)16(Sb,As)2S11 auf. Während Ag-Tetraedrit gekennzeichnet. Die betroffenen Gesteine haben mit den Hauptbestandteilen die Matrix bildet, zumeist eine porphyrische Textur und werden kommen Freibergit und Polybasit als feinste Ein- während der Vererzung stark hydrothermal um- schlüsse im Bleiglanz vor (Krismer et al., 2011). Wei- gewandelt. In Zusammenhang mit diesen aus- tere beschriebene Erzphase sind gediegen Silber,

geprägten hydrothermalen Aktivitäten kommt gediegen Gold, Elektrum (AuAg), Akanthit (Ag2S), es zum retrograden Sieden der Hydrothermen Stephanit (Ag5SbS4), Pyrargyrit (Ag3SbS3), Dyskra- und infolge dessen zur hydraulischen Spaltung sit (Ag3Sb), Arsenopyrit (FeAsS), Markasit (FeS2), des Gesteines was zur Bildung der erzführenden Pyrrhotin (Fe1-xS), Cubanit (CuFe2S3), Boulange- Brekzien führt. Die hydrothermalen Gänge in den rit (Pb5Sb4S11), Jamesonit (Pb4FeSb6S14), Mag- Magmatiten sowie im Basement sind sehr häu- netit (Fe3O4), Siderit (FeCO3) sowie sekundär fig mit porphyrischen Lagerstätten assoziert. Die Hämatit (Fe2O3), Goethit (FeO(OH)) und Chalko- Remobilisation von stratiformen Fe-Cu-(Zn-Pb) phanit ((Zn, Fe,Mn)Mn3O7·3H2O) (Exel, 1998; Kris- vererzungen aus dem Basement, im Zuge der mer et al., 2011). Eine besondere Erzparagenese

52 Geo.Alp, Vol.10 2013 Geo.Alp, Vol.10 2013  53 wird von Krismer et al. (2011) beschrieben. Hier- 5.3. Mineralogie der chalkopyritreichen Erze bei handelt es sich um einen chalkopyritreichen, Neben den dominanten Pb-Zn ± Cu-Fe-Ag Erzen bleiglanz- und zinkblendearmen Erztyp mit (inklusive zahlreicher Akzessorien) des Pfunderer Pb-Bi-Ag Phasen der homologen Lillianit-Serie Bergs wurden von Krismer et al. (2011) auch chal-

(PbN-1-2xAgxBi2+xSN+2; N…steht dabei für die struk- kopyritreiche sowie blei- und zinkarme Erze be- turelle Anordnung der Pb-Bauelemente in der schrieben, welche mit Pb-Bi-Ag Phasen vergesell- Kristallstruktur, x…ist der Ag Gehalt; Pring und schaftet sind. Diese Erzparagenese kann für die Etschmann, 2002). Die wichtigsten Bi-Pb Phasen prähistorische Metallurgie im Raum Eisacktal auf sind Gustavit (Ag3Pb5Bi11S24) und der außerhalb jeden Fall in Betracht gezogen werden, da Colpa- der Serie liegende Cosalit (Pb2Bi2S5) (Krismer et ni et al. (2009) sowohl in den Proben aus Milland al., 2011). (Gemeinde Brixen) als auch Gufidaun (Gemein- de Klausen) Bismuthphasen feststellen konnte. Die Gangart besteht hauptsächlich aus Quarz Hauptsächlich handelt sich um metallische Pha-

(SiO2) und untergeordnet aus Kalzit (CaCO3), Baryt sen im chemischen System Ag-As-Bi-Pb-Sb-Zn (BaSO4) und Fluorit (CaF2) (Exel, 1998). Weiters wer- (Colpani et al., 2009). Die mineralogische Cha- den in seltenen Fällen auch Datolit (Ca(HBSiO5)), rakterisierung der chalkopyritreichen Erze vom Prehnit (Ca2Al2Si3O10(OH)2), Apophyllit ((K,Na) Pfunderer Berg erfolgte mittels Auflichtmikro- Ca4(Si8O20)(F,OH)·8H2O) und Chabasit ((K2,Na2, skopie und Elektronenstrahlmikrosonde (EPMA). Mg,Ca,Sr)2[Al2Si4O12]2·12H2O) beschrieben (Exel, 1998). Die Cu-Zn-Fe-Pb-Bi-Ag-S Paragenese: In den mag- matischen Gesteinen des Pfunderer Bergs treten Im Zuge der erzmineralogischen und -petro- vor allem Galenit + Sphalerit dominierte Para- logischen Neuuntersuchung von Krismer et al. genesen auf, im Kontaktgestein hingegen sind (2011) wurden unter anderem chalkopyritreiche vorwiegend chalkopyrit- und pyritreiche Para- Erzstufen beprobt und mineralogisch charakte- genesen üblich (Exel, 1998; Dorfmann, 1973). risiert. Besonders hervorzuheben sind dabei die Entsprechend der geologischen und morpho- Pb-Bi-Ag Sulfide welche als Nebengemengeteile logischen Situation findet man in den höheren enthalten sind. Die genannten Proben sind mög- Lagen vorwiegend Blei-Zink Paragenesen im licherweise für die prähistorische Kupfermetal- Diorit, während in den tiefer gelegenen Revie- lurgie im Eisacktal von Interesse und werden im ren im Kontaktgestein vorwiegend Chalkopyrit Folgenden erzmikroskopisch beschrieben. dominiert.

Abbildung 2: Auflichtmikroskopische Übersichtsaufnahmen der chalkopyritreichen Cu-Pb-Bi- Ag Paragenese: a) Chalkopyrit ist die Haupterzphase mit Einschlüssen von Pyrit und Gustavit (40x, IIP); b) Gustavit-Cosalit Anwachssaum an ein Chalkopyrit- korn mit ausgeprägten α-β Umwandlungslamellen (100x, IIP).

54 Geo.Alp, Vol.10 2013 Neben den Hauptphasen Chalkopyrit ± Pyrit ± (Abbildung 2b). Die Pb-Bi-Ag Phasen treten in Sphalerit treten im Kontaktgestein als Neben- Form von Anwachssäumen und Einschlüssen um gemengeteile auch Pb-Bi-Ag Sulfide auf. Diese und in Chalkopyrit auf (Abbildung 2a und 2c). Cu-Zn-Fe-Pb-Bi-Ag-Zn-S Paragenese wurden Lichtmikroskopisch können bereits mehrere Pha- erstmals von Krismer et al. (2011) nachgewiesen. sen identifiziert werden (Abbildung 3a-3d). Allen In der folgenden Abhandlung werden diese Erze gemeinsam ist ein hohes Reflexionsvermögen. genauer beschrieben. Es handelt sich um farblose bis leicht braun- be- ziehungsweise gelbstichige Minerale (Abbildung Texturen und Mineralogie: 2a, 2c). Bei schrägestelltem Analysator zeigen Die Proben bestehen vorwiegend aus Chalko- die Phasen Gustavit und Cosalit sehr kräftige pyrit mit gut ausgebildeten α-β Umwandlungs- Anisotropieeffekte (Abbildung 1a, 3b). Blei- lamellen und Quarz als Gangart (Abbildung 2a). glanz ist mit Matildit verwachsen (Abbildung 3c) Chalkopyrit tritt in Form von disseminierten, und zeigt im Gegensatz zu letzterem keine Ani- makroskopisch sichbaren, xenomorphen Kör- sotropieeffekte (Abbildung 3d). Matildit zeigt nern in Quarz auf. Untergeordnet zeigen sich ausgeprägte Effekte bei schräg gestelltem Ana- idiomorphe Pyritaggregate als Einschlüsse in lysator (Abbildung 3d), diese sind jedoch deutlich Chalkopyrit oder fein verteilt in der Gangart (Ab- weniger intensiv als bei Gustavit und Cosalit. Der bildung 2a). Neben Pyrit finden sich in allen Pro- Modalbestand der Pb-Bi-Ag Phasen liegt im Pro- ben fein verteilte Sphaleritkörner in der Gangart zent bzw. Zehntelprozentbereich

Abbildung 3: Deatilierte auflichmikrokopische Dokumentation der Pb-Bi-Ag Phasen: a) Gustavitaggregat in Chalkopyrit aus Abbildung 2a (500x, IIP); b) Abbildung 3a mit schräg gestelltem Analysator (500x, XP); c) Galenit-Matilditverwachsung in Chal- kopyrit (200x, IIP); d) Abbildung 3c mit schräg gestelltem Analysator (500x, XP).

54 Geo.Alp, Vol.10 2013 Geo.Alp, Vol.10 2013  55 6. Diskussion

6.1. Der Pfunderer Berg ein Erzlieferant für aber stark abhängig von den thermischen und die prähistorische Kupferproduktion? atmosphärischen Bedingungen während des Die Nutzung der Erze des Pfunderer Bergs in vor- Schmelzvorganges (Krismer et al., 2011). Zink christlicher Zeit ist bis heute nicht klar belegt. Wie wird aufgrund seines chemischen Verhaltens vor- erwähnt ist das erste Zeugnis die Urkunde aus wiegend in der Schlacke angereichert (Krismer et dem Jahre 1140. Für eine frühere Nutzung, vor al., 2011) während Blei sowohl im Metall als auch allem in prähistorischer Zeit, gibt es sowohl Für- in der Schlacke angereichert werden kann (Kris- sprecher als auch Gegenstimmen. mer et al., 2011).

In den meisten größeren Kupferlagerstätten in den Ostalpen (Schwaz-Brixlegg, Kitzbühel, Mit- 6.2. Räumliche Verteilung der bronzezeit- terberg uvm.) ist zumindest für die Mittel- und lichen Kupferverarbeitung im Eisacktal End-/Spätbronzezeit Bergbau belegt (Stöllner et Im Eisacktal zwischen Klausen und Brixen findet al., 2011; Goldenberg und Rieser 2004; Golden- man sowohl in den Tal- als auch Hanglagen zahl- berg, 2004). Auch in den Südalpen östlich von reiche Hinweise auf endbronzezeitliche (Laugen Trient sind endbronzezeitliche Kupferschmelz- Kultur) Kupfermetallurgie (Abbildung 1; Dal Ri, plätze dokumentiert, die Erze stammen vermut- 1972; Anguilano et al., 2002; Artioli et al., 2008; lich aus kleineren lokalen Vorkommen (Met- Colpani et al., 2008; Lunz, 1993). Weitere Funde ten, 2004). Neben dem endbronzezeitlichen sind von den westlich des Eisacktals liegenden Schmelzplatz Reinswald in den Sarntaler Alpen Hochflächen der Sarntaler Alpen (Ritten, Villande- finden sich sowohl im Eisacktal (Brixen) als auch rer Alm, Reinswald) dokumentiert (Abbildung 1; auf den Hängen und Hochflächen der östlichen Lunz, 1993). Sarntaler Alpen zahlreiche Cu-Schlackenhalden Fundplätze aus dem selben Zeitabschnitt. Diese Der Schmelzplatz Seeberg bei Reinswald: In den Fülle von Schmelzplätzen lässt ein lokales Kup- 1970er Jahren wurde im Bereich am Fuße des fervorkommen vermuten. Der Pfunderer Berg Seebergs bei Reinswald ein endbronzezeitlicher ist dabei die einzige Lagerstätte welche neben Kupferschmelzplatz dokumentiert (Dal Ri, 1972). Pb, Zn und Ag auch kupferführend ist. Hinge- Der Schmelzplatz befindet sich nur wenige 100 m gen wird bezweifelt, dass der Kupfergehalt der unterhalb des kleinen Bergbaugebietes Seeberg anstehenden Erze für die prähistorische Nut- auf zirka 1800 m Seehöhe. Anhand von typolo- zung ausreichte. Baumgarten (2005) konstatiert, gischen Merkmalen von Keramikfundstücken dass die kupferzeitlichen, matellurgischen Kup- konnte der Schmelzplatz der Laugen Kultur aus ferschlacken von Milland bei Brixen (Dal Ri et der auslaufenden Bronzezeit zugeordnet werden al., 2005; Cremante & Storti, 2005; Artioli et al., (Dal Ri, 1972). Die Lage des Fundkomplexes ist 2005) in keinem Zusammenhang mit den Erzen umso erstaunlicher wenn man bedenkt, dass die von Pfunderer Berg noch mit anderen relevanten Erze im Bergbaugebiet Seeberg ausschließlich regionalen Lagerstätten stehen. Hinweis dafür Pb, Zn, Fe und Ag-führend sind. Die nächsten Cu- ist der zinkreiche und bleiarmen Charakter der führenden Erze stehen am Pfunderer Berg an, Schlacken. Eine entsprechende Erzparagenese ist dieser ist über den sogenannten Toten und die untypisch für die Kupfervorkommen in Südtirol Hochfläche der Villanderer Alm zu erreichen. Für (Baumgarten, 2005). Krismer et al. (2011) schließt den Hin- und Rückweg zum Pfunderer Berg sind aus der blei- und zinkreichen Erzzusammenset- jedoch insgesamt zirka 1100 Höhenmeter über zung, der Haupterze der Pfunderer Berges, dass 6 Kilometer Luftlinie zurückzulegen. beide Elemente in höheren Konzentrationen im extrahierte Metall oder in der anfallenden Die Schlackenfunde von Milland bei Brixen: In Schlacke auftreten müssen. Die Fraktionierung der Talsohle in Milland bei Brixen wurde in der Elemente zwischen Schlacke und Metall ist den 2000er Jahren bei Bauarbeiten eine große

56 Geo.Alp, Vol.10 2013 Schlackenhalde angefahren, deren älteste Datie- al., 2002). Trotz fehlender Altersdatierung kann rungen in die Kupferzeit (Glockenbecherkultur) aufgrund des Fundinhaltes ein ähnliches Alter zurückreichen (Dal Ri et al., 2008; Colpani et al., vermutet werden. Eine weitere Lokalität findet 2008). Insgemsant wurden zirka 200 kg Schlacke man am Südwestabhang des Villanderer Bergs in sowie ein Gusskuchen geborgen (Colpani et Richtung Sarntal. Auf einer Höhenkuppe (Lokali- al., 2008; Artioli et al., 2008). Die chemische Zu- tät: Windlahn) tritt dort eine Schlackenhalde aus sammensetzung der Schlacken lässt auf eine der Späten Bronzezeit auf. Auch diese Überreste zinkreiche Chalkopyritparagenese mit gerin- der frühen Metallurgie konnte indirekt mittels ty- gem Bleigehalt schließen, welche untypisch für pologischer Merkmale von Keramikresten datiert die Region ist (Baumgarten, 2008). Das einzige werden (Anguilano et al., 2002). Kupferfragment hingegen zeigt geochemische Westlich von Brixen, am Ostabhang des Königan- Ähnlichkeiten mit den Erzen aus dem gers, findet man bei der Lokalität Perlunger in Ge- (Artioli et al., 2008). reuth ebenfalls undatierte Schlackenreste welche aufgrund des Fundinhaltes (Plattenschlacken, Metallurgische Schlacken in Gufidaun bei Klausen: Schlackenkuchen, Schlackensand) auf eine end- In der Ortschaft Gufidaun, wenige Kilometer bronzezeitliche Kupferproduktion schließen las- nordöstlich von Klausen auf einer Terrasse gele- sen (Anguilano et al., 2002). gen, konnten kupferzeitliche Siedlungsstrukturen inklusive einer ofenähnlichen Struktur archäolo- Das Schmelzplatz Fennhals: In Zusammenhang gisch dokumentiert werden (Colpani et al., 2006). mit bronzezeitlicher Kupfermetallurgie in Süd- Zu den Funden zählen auch zahlreiche metallur- tirol trifft man unweigerlich auf den sehr gut do- gische Schlackenfragmente. Die 14C Datierung kumentierter, endbronzezeitlicher Schmelzplatz von Kohleresten aus dem Bereich der Öfen ergibt Fennhals oberhalb von Kurtatsch (Hauser 1986). Alter zwischen 2600 BC und 2300 BC (Colpani et Von den insgesamt fünf ausgegrabenen Öfen al., 2006). sind drei im Archäologiemuseum in Bozen sowie zwei im Museum Zeitreise Mensch in Kurtatsch Weitere Schlackenhalden und Schmelzplätze in ausgestellt. Die isolierte Lage des Schmelzplatzes der Umgebung des Pfunderer Bergs: Die prähi- fernab jeglicher Kupfervorkommen ist ein Kurio- storischen Schlackenhalden beinhalten sowohl sität. Es gibt nur Mutmaßungen zur Erzproveni- Plattenschlacken als auch Schlackenkuchen und enz. Von nahen Kupfergruben auf der Nonsberger Schlackensand. Das Alter der metallurgischen Seite des Mendelkamms bis zu der Vorstellung, Aktivitäten fällt fast ausschließlich in die Späte dass die Lokalität aufgrund des Holzreichtums ge- Endbronzezeit. Zum Teil sind die Befunde auch wählt wurde reichen die Vermutungen (Hauser, älter. Neben den drei beschrieben Fundstellen 1986). Die Erzprovenienz ist nach wie vor nicht gibt es noch zahlreiche weitere Fundstellen an geklärt und alle „näheren“ Kupfererzvorkommen den Hängen des Eisacktales und auf den Hochflä- (Ulten, Monzoni uvm.) inklusive des Pfunderer chen der südöstlichen Sarntaler Alpen. Im Bereich Bergs (50 km Luftlinie) können natürlich als Lie- des Lodner Moors, auf der Hochfläche vom Ritten, feranten in Erwägung gezogen werden. ist ein endbronzezeitlicher Schlackenfundplatz bekannt, die Datierung (Laugen-Melaun Kultur) erfolgte anhand von stilistischen Merkmalen von 6.3. Schlussfolgerung Keramikresten (Anguilano et al., 2002). Die „chain operatoir“ der prähistorischen Kup- Am Ostabhang des Rittner Horns hinunter nach fermetallurgie im Eisacktal und im ganzen Raum ist im Bereich der Kohlgrube eine Schla- Südtirol ist bis heute nur teilweise verstanden. ckenhalde dokumentiert welche anhand der auf- Einerseits gibt es zahlreiche, klare Hinweise auf tretenden Keramikreste in die Späte Bronzezeit Verhüttung, andererseits zeichnen sich die mei- datiert (Anguilano et al., 2002). Weiter im Norden sten Lagerstätten Südtirols generell durch ge- findet man auf der Hochfläche der Villanderer Alm ringe Kupfergehalte aus. Die einzigen großen bei der Gasserhütte Schlackenreste (Anguilano et Kupfervorkommen sind im Penninikum in Prettau

56 Geo.Alp, Vol.10 2013 Geo.Alp, Vol.10 2013  57 im Hinteren Ahrntal zu finden. Diese Vorkom- Mineralogie zu den typischen blei- und zinkreichen men erklären aber keineswegs die hohe Dichte Mineralisationen auf und erklärt unter anderem an metallurgischen Rückständen im Eisacktal die Silber-, Bismuth-, Blei- und Zinkgehalte in den und den Hochflächen des Ritten und der Villan- metallischen Einschlüssen der metallurgischen derer Alm, da die Erze in diesem Falle zwischen Proben von Milland und Gufidaun (Colpani et al., 70 und 80 km durch das Ahrntal und Pustertal 2009). Die von Colpani et al. (2009) beobachte- nach Brixen und Klausen transportiert worden ten Antimon- und Arsengehalte könnten auch wären. Größere Schlackenfunde im Ahrntakl auf weitere akzessorische Phasen zurückzuführen fehlen dabei vollkommen (Baumgarten, pers. sein. Zum Beispiel ist Tetraedrit und Arsenopyrit Mitt.).Ein lokales Erzvorkommen wäre demnach am Pfunderer Berg weit verbreitet (Krismer et naheliegender. Die mineralogische und che- al., 2011). Aufgrund der chemischen Ähnlichkeit mischen Eigenschaften der Pb-Zn-reichen Erze zwischen den beschriebenen Erzen und den ar- des Pfunderer Bergs stimmen chemisch jedoch chäologischen Proben kann ein Zusammenhang nicht mit denen der Schlacken und Metalle zwischen der Lagerstätte Pfunderer Berg und den überein. Die hier beschriebenen chalkopyritrei- Verhüttungsaktivitäten im Eisacktal nicht ausge- chen Cu ± Fe ± Pb ± Bi ± Ag± Zn Sulfidparage- schlossen werden. nese hingegen weist eine deutlich abweichende

7. Danksagung

Die Autoren möchten sich bei den Mitarbeitern der Ergebnisse bedanken. Dr. Benno Baumgarten des Instituts für Mineralogie und Petrographie wird für die kritische Durchsicht des Manuskriptes für die Hilfe bei den Analyse und Auswertung gedankt.

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