Rorschach – St.Gallen – Winterthur Zwischen 170-Jähriger Eisenbahngeschichte Und Zukunft
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146. Neujahrsblatt Herausgegeben vom Historischen Verein des Kantons St.Gallen Rorschach – St.Gallen – Winterthur Zwischen 170-jähriger Eisenbahngeschichte und Zukunft Anton Heer Satz und Druck: Cavelti AG, Druck und Media, Gossau 2006 DIE HERAUSGABE DES NEUJAHRSBLATTES WURDE VOM KANTON ST.GALLEN UND DER METROHM AG, HERISAU, UNTERSTÜTZT. COPYRIGHT 2006 BY HISTORISCHER VEREIN DES KANTONS ST.GALLEN IN KOMMISSION BEI DER VGS VERLAGSGEMEINSCHAFT ST.GALLEN POSTFACH, 9001 ST.GALLEN REDAKTION: PROF. JOSEF WEISS SCHUBERTSTRASSE 5, 9008 ST.GALLEN TELEFON 071 245 50 69 VERKAUF: SABON-VERLAG MAGNIHALDEN 3, 9000 ST.GALLEN SATZ, DRUCK, LITHOS: CAVELTI AG, DRUCK UND MEDIA, 9200 GOSSAU 2006 ISBN: 3-907928-55-5 Inhalt Rorschach – St.Gallen – Winterthur Einführung . 7 Aus der Frühzeit . 9 Das st.gallische Eisenbahnunternehmen . 16 Der moderne Bundesbetrieb SBB . 39 Die Rorschacher Verkehrsfrage. 53 Ausblick . 60 Chronik . 73 Biografisches. 86 Quellen. 100 Glossar . 109 Über den Autor . 112 St.Galler Chronik 2005 . 117 St.Galler Bibliografie 2005 . 147 Archäologischer Jahresbericht . 197 Historischer Verein des Kantons St.Gallen . 209 Rorschach – St.Gallen – Winterthur Zwischen 170-jähriger Eisenbahngeschichte und Zukunft Einführung Das Jahr 2006 ist ein verkehrsgeschichtlich denkwür- gen, die Suche nach den Quellen, haben sich denn auch diges Jahr, denn seit genau 150 Jahren sind Region und mehr als gelohnt. Es zeigte sich insbesondere, dass ver- Stadt St.Gallen mit der Eisenbahn erreichbar. Ein Teil schiedene Wertungen oder Deutungen durch unreflek- der Zeitgenossen nimmt die Eisenbahn als minuten- tiertes Zitieren zu nicht haltbaren Gewissheiten wurden genau funktionierendes und effizientes Transportsystem oder Legenden-Charakter annahmen. Es zeigte sich aber wahr, dem heute eigentlich wenig Spektakuläres abzu- auch, dass zahlreiche bemerkenswerte Fakten unverdien- gewinnen ist. Andere wiederum sehen im kaum noch terweise der Vergessenheit anheim fielen. vertrauten öffentlichen Verkehrsmittel einen kostspieli- gen Anachronismus. Für beide Seiten sind der schnelle, Was im Rahmen der verfügbaren Zeit und des mögli- komfortable und möglichst billige Transport von A chen Umfangs machbar war, lässt sich etwa charakte- nach B ebenso eine Selbstverständlichkeit wie die per- risieren als Leitfaden durch 170 Jahre Eisenbahnge- fekt funktionierenden Logistikketten des Güterver- schichte der Verkehrsachse Rorschach–St.Gallen–Win- kehrs. In welchem Mass sich diese Ansprüche der Ge- terthur. Dieses Neujahrsblatt darf möglicherweise sogar genwart ebenso in der ferneren Zukunft befriedigen las- den Anspruch erheben, Türöffner zur schweizerischen sen, ist eine offene Frage. Der hiermit angebotene Blick Eisenbahngeschichte zu sein, denn die erste bisher nach- in die Vergangenheit macht diese Ungewissheit deut- weisbare Initiative für eine schweizerische Eisenbahnver- lich. bindung wurde in Rorschach im Januar des Jahres 1836 in die Öffentlichkeit getragen. 150 Jahre sind verflossen seit der Eröffnung der ersten Eisenbahnlinie auf st.gallischem Boden. Welche Visio- Um dem Anspruch des Leitfadens gerecht zu werden, nen, handfesten Erwartungen oder Ängste waren da- der vor allem den Zugang zu einem Stück wenig er- mals prägend und entscheidend? Wie sind die in der schlossener und kaum zusammengefasster Verkehrs- Literatur ab und zu kolportierten Aussagen über die geschichte ermöglicht, wurden die folgenden Mittel ge- Frühzeit der schweizerischen Eisenbahnen, d.h. des in- wählt: dustriellen oder maschinengebundenen, regionenüber- • begleitende verkehrsgeschichtliche Kurzdarstellung, greifend organisierten Transports aus heutiger Sicht zu • kommentierte Wiedergabe zeitgenössischer Darstel- werten? Wie wurde und wird das Transportmittel im lungen, Verlauf der Zeit wahrgenommen? Und nicht zuletzt: • umfassender, historisch geordneter Quellennachweis, War die Eisenbahn, die vor 150 Jahren St.Gallen erreich- • historische und geografische Übersichtsinformatio- te, eine Zwangsläufigkeit – oder gar eine Zufälligkeit, nen, die die Industrialisierung mit sich brachte? • Sammlung biografischer Daten. Soweit einige spontane Fragen zu einem Stück Kultur-, Die Aufarbeitung dieses Stücks Eisenbahngeschichte Wirtschafts- und Technikgeschichte entlang der heuti- war mit einem erheblichen zeitlichen Einsatz verbunden. gen Hauptverkehrsachse Rorschach–St.Gallen–Winter- Der vorliegende Beitrag ist Ergebnis sowohl spontan- thur. Antworten darauf lassen sich bestenfalls bruch- chaotischer Recherchen als auch systematischer Auswer- stückartig aus der eher spärlichen Literatur gewinnen. tungen und sehr gezielter Sucharbeit. Zahlreiche über Im Gegensatz zu den verschiedenen Privatbahnen der Jahre aufgebaute Verbindungen ermöglichten den Zu- Ostschweiz wurde über die kaum spektakulär erschei- gang zu persönlichen Überlieferungen und Informa- nenden SBB-Linien erstaunlich wenig publiziert. Eigent- tionsfragmenten, zu verschiedensten Sammlungen, Ar- liche Übersichts- oder Standardwerke zu einem wesent- chiven und Quellen. Für die verschiedenenorts gewährte lichen Aspekt der wirtschaftlichen Entwicklung der Re- wohlwollende Unterstützung sei hiermit gedankt. Zu gion an einer wichtigen Eisenbahnachse scheinen weit- besonderem Dank bin ich gegenüber folgenden Institu- gehend zu fehlen. Die aufwändige Suche nach den lokal tionen verpflichtet: dem Bundesarchiv in Bern, den oder regional geprägten Publikationen, den massgeben- Staatsarchiven der Kantone St.Gallen, Thurgau und den maschinen- oder bautechnischen sowie verkehrs- Zürich, den Stadtarchiven von St.Gallen, Wil und Win- wirtschaftlichen Fachbeiträgen und Quellen wurde da- terthur sowie SBB-Historic. In alphabetischer Reihen- her absehbar und Verpflichtung. Diese Nachforschun- folge will ich hiermit auch die Personen erwähnen, die 7 meine Arbeit in irgend einer Form wesentlich unter- nur schwer zugänglichen Quellentexten sowie sonstigen stützt haben: K. Anderegg, F. X. Bischof, D. Heer, weiterführenden Informationen zum bearbeiteten The- P. Hauser, M. Kaiser, M. Mayer, K. Niederer, H.G. Wäg- ma «Rorschach–St.Gallen—Winterthur». Im Laufe des li, W.Warth, J. Weiss. Jahres 2006 werden verschiedene Quellentexte und Re- gister usw. unter der Homepage des «Historischen Ver- Die erreichte Vollständigkeit des Gesamtbildes hat einen eins des Kantons St.Gallen» aufgeschaltet. Das Internet erfreulichen Stand erreicht. Erfahrungsgemäss wird erst findet damit eine Verwendung als unterstützendes Medi- die Publikation des nun erreichten und dokumentierten um, das den weltweiten Zugang zu einem seit 170 Jah- Wissensstandes, d. h. des vorliegenden Neujahrsblattes ren grenzüberschreitenden Thema fördert. 2006 den Zugang zu weiteren bisher verborgenen Quellen ermöglichen. Quellensuche und Geschichts- Der Einsatz für die vorliegende Arbeit erforderte nicht schreibung bleiben ein laufender Prozess und sind nie zuletzt auch die Toleranz und Unterstützung durch die abgeschlossen. eigene Familie. Herzlichen Dank. Das moderne Medium Internet ermöglicht die ergän- zende Publikation von bisher unveröffentlichten oder Flawil, im Herbst 2005 Anton Heer 8 Aus der Frühzeit Die Frage nach einem Schlüsselereignis, das den Beginn sche Berichte lassen einiges über die damals herrschen- der Eisenbahnbestrebungen in der Ostschweiz definiert, de Stimmung erahnen. Sehr hohe Erwartungen wur- wird wahrscheinlich ohne Antwort bleiben. Lässt man den in die bald nutzbaren Möglichkeiten moderner sich von der Suche nach ersten Anwendungen des Rad- Eisenbahn- oder Maschinen-Technik gesetzt. Der eben- Schiene-Systems leiten, dann wird eine Werkbahn oder falls anwesende Strasseninspektor, Oberingenieur allenfalls ein Grubenhund im Zentrum des Interesses L. Negrelli, versuchte die Vertreter des Handelsstandes stehen. In den folgenden Betrachtungen sollen nicht wieder auf den Boden der technischen Realitäten zu- Werkbahnen, sondern die Eisenbahnen im Sinne des öf- rückzuholen. Damals waren beispielsweise Steigungen fentlichen Personen- oder Güter-Verkehrs gewürdigt von über 20 Promille als eisenbahntechnisch nicht werden. Aus diesem Blickwinkel dürfte das gesuchte oder nur schwer beherrschbar einzustufen. Für die dis- Schlüsselereignis – oder das historische Datum – etwas kutierte Eisenbahnlinie zwischen Rorschach und leichter und eindeutiger festzulegen sein. St.Gallen waren aber Steigungen von 20 bis 25 Promil- le vorzusehen. Aus wirtschaftspolitischer Sicht ging es damals nicht zuletzt auch um die Festigung oder gar Die Rorschacher Versammlung Stärkung des wichtigen Hafenortes und Umschlagplat- als Ausgangspunkt? zes Rorschach sowie des Handelszentrums St.Gallen. Dass Interessierte aus dem nahen Thurgau im Kreise Für die Ostschweizer Eisenbahnbestrebungen waren der Rorschacher Versammlung nicht willkommen wa- die Eröffnungen der Eisenbahnverbindungen zwischen ren, kann als Hinweis auf bereits bestehende verkehrs- Brüssel und Mecheln sowie zwischen Nürnberg und politische Spannungen gedeutet werden. Fürth im Jahre 1835 die massgebenden äusseren Mo- mente. Sie brachten das moderne Verkehrsmittel in Die gehegten Erwartungen waren hoch, die Bereitschaft fast schon greifbare Nähe und ebenso ins Bewusstsein zu wesentlichen finanziellen Beiträgen an eine Lösung breiterer Bevölkerungskreise. Insbesondere für den in der Vekehrsfrage hielt sich dagegen in Grenzen. Immer- Rheineck, Rorschach und St.Gallen tätigen Handels- hin wurde ein Komitee nominiert, das die Sache weiter stand mussten diese beiden Eisenbahnunternehmungen verfolgen sollte. Folgende Mitglieder wurden bestimmt: Signalwirkung