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A. Text der Rechtsverordnung so zu veröffentlichen nach Erlass

Verordnung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Baugesetzbuchs für das Gebiet „“ im Bezirk Neukölln von

vom xx.xx.2020

Auf Grund des § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Baugesetzbuchs (BauGB) in der Fassung der Bekanntma- chung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728), in Verbindung mit § 30 des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs (AG BauGB) in der Fassung vom 07.11.1999 (GVBl. S. 578), zuletzt geändert durch Gesetz vom 06. Dezember 2017 (GVBL. S. 664) wird verordnet:

§ 1 Geltungsbereich des Erhaltungsgebiets „Gropiusstadt“

Die Verordnung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Num- mer 2 BauGB gilt für das in der anliegenden Karte mit einer Linie eingegrenzte Gebiet „Gropiusstadt“ im Bezirk Neukölln von Berlin. Es umfasst das Gelände zwischen Ortsteilgrenze Britz/Gropiusstadt, Johannisthaler Chaus- see, Neukölln-Mittenwalder Eisenbahn, Kölner Damm, Neukölln-Mittenwalder Eisenbahn, westlicher Grenze des Rudower Wäldchens, Wildmeisterdamm, Fritz-Erler-Allee, Lipschitzallee, südlicher und westlicher Grundstücks- grenze Hirtsieferzeile 34-38, westlicher Grundstücksgrenze Hirtsieferzeile 28, Hirtsieferzeile, Goldammerstraße, Lipschitzallee, Ortsteilgrenze /Gropiusstadt, südlicher Grundstücksgrenze Goldammerstraße 30/32, Gold- ammerstraße, Fritz-Erler-Allee, Johannisthaler Chaussee, Ortsteilgrenze Buckow/Gropiusstadt, Zadekstraße, Im- buschweg, Otto-Wels-Ring, Juchaczweg, nördlicher Grundstücksgrenze Juchaczweg 22/Kormoranweg 61/67, Kor- moranweg und Fritz-Erler-Allee im Bezirk Neukölln. Die Innenkante der Linie bildet die Gebietsgrenze. Die Karte ist Bestandteil dieser Verordnung (Anlage 1).

§ 2 Gegenstand der Verordnung für das Erhaltungsgebiet „Gropiusstadt“

Zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung bedürfen in dem in § 1 bezeichneten Gebiet der Rück- bau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls die Erhaltung der baulichen Anlage wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist. Sie ist ferner zu erteilen, wenn die Änderung einer baulichen Anlage der Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungszustandes einer durchschnittlichen Woh- nung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen dient. Die Genehmigung ist auch zu erteilen, wenn die Änderung einer baulichen Anlage der Anpassung an die baulichen oder anlagentechnischen Mindestanforderungen der Energieeinsparverordnung dient.

§ 3 Zuständigkeit

Die Durchführung der Verordnung obliegt dem Bezirksamt Neukölln von Berlin.

§ 4 Ordnungswidrigkeiten

Wer eine bauliche Anlage innerhalb des Geltungsbereichs des Erhaltungsgebiets „Gropiusstadt“ gemäß § 1 dieser Verordnung ohne die dafür nach § 2 dieser Verordnung erforderliche Genehmigung rückbaut oder ändert, handelt gemäß § 213 Absatz 1 Nummer 4 BauGB ordnungswidrig und kann gemäß § 213 Absatz 2 BauGB mit einer Geld- buße belegt werden.

§ 5 Ausnahmen

§ 2 dieser Verordnung ist nicht auf Grundstücke anzuwenden, die den in § 26 Nummer 2 BauGB bezeichneten Zwecken dienen, und auf die in § 26 Nummer 3 BauGB bezeichneten Grundstücke. Das Bezirksamt Neukölln von Berlin unterrichtet die Bedarfsträger dieser Grundstücke von dieser Verordnung. Beabsichtigt ein Bedarfsträger dieser Grundstücke ein Vorhaben im Sinne von § 2 dieser Verordnung, hat er dies dem Bezirksamt anzuzeigen.

§ 6 Verletzung von Vorschriften

(1) Wer die Rechtswirksamkeit dieser Verordnung überprüfen lassen will, muss

1. eine beachtliche Verletzung der Verfahrens- und Formvorschriften, die in § 214 Absatz 1 Satz 1 Num- mern 1 bis 3 des BauGB bezeichnet sind,

2. nach § 214 Absatz 3 Satz 2 des BauGB beachtliche Mängel des Abwägungsvorganges,

3. eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, die im AGBauGB enthalten sind, innerhalb eines Jahres seit der Verkündung dieser Verordnung gegenüber dem Bezirksamt Neukölln von Berlin schriftlich geltend machen. Der Sachverhalt, der die Verletzung oder den Mangel begründen soll, ist darzulegen. Nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist werden die in den Nummern 1 bis 3 genannten Verletzungen oder Män- gel gemäß § 215 Absatz 1 BauGB und gemäß § 32 Absatz 2 AGBauGB unbeachtlich.

(2) Die Beschränkung des Absatzes 1 gilt nicht, wenn die für die Verkündung dieser Verordnung geltenden Vor- schriften verletzt worden sind.

§ 7 Inkrafttreten

Die Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

Berlin, den .2020

Bezirksamt Neukölln von Berlin

Martin Hikel, Jochen Biedermann, Bezirksbürgermeister Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Soziales und Bürgerdienste

B. Karte des sozialen Erhaltungsgebiets „Gropiusstadt“

C. Begründung

I. Allgemeines Mit der Verordnung soll die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten und die weitere Verdrängung der gebietsansässigen Wohnbevölkerung verhindert werden, um negative städ- tebauliche Auswirkungen zu vermeiden.

Die städtebaulichen Ziele sind

4. die Erhaltung des bestehenden Wohnraumangebotes mit den aktuell erreichten durchschnittlichen Ausstattungsstandards und

5. die Erhaltung der Übereinstimmung von sozialer Infrastruktur, Wohnraumangebot und Zusammensetzung der Gebietsbevölkerung.

Grundlage für die Festsetzung eines sozialen Erhaltungsgebietes bildet die im Jahr 2019/20 im Auftrag des Bezirksamtes Neukölln von der LPG Landesweiten Planungsgesellschaft mbH erstellte vertiefende Untersuchung zu einem möglichen sozialen Erhaltungsgebiet gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB im Untersuchungsgebiet Gropiusstadt des Bezirks Neukölln von Berlin.

In der vertiefenden Untersuchung wurde nachgewiesen, dass die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Erhaltungsverordnung nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB – bestehendes Aufwertungspotenzial, Aufwertungsdruck, Verdrängungsgefahr sowie zu be- fürchtende negative städtebauliche Folgewirkungen – im zukünftigen Erhaltungsgebiet „Gropi- usstadt“ vorliegen.

II . Ausgangslage Die Bezirksverordnetenversammlung Neukölln hat in ihrer Sitzung am 19. Juli 2017 beschlos- sen, das Bezirksamt Neukölln mit der Durchführung eines Grobscreenings für potenzielle wei- tere Milieuschutzgebiete in Neukölln zu beauftragen. Das Grobscreening wurde für alle Wohn- gebiete in Neukölln durchgeführt, die noch nicht dem Milieuschutz unterliegen. Aus den Er- gebnissen des Grobscreenings hat sich die Erforderlichkeit für die Durchführung von weiteren Voruntersuchungen für das Gebiet ergeben.1 Am 20.12.2019 wurde ein Aufstellungsbeschluss für eine Erhaltungsverordnung für das Gebiet Gropiusstadt im Amtsblatt Berlin veröffentlicht.2

Die Gropiusstadt ist ein Stadtteil des Bezirks Neukölln und entstand zwischen 1962 und 1975 im Süden zwischen den Siedlungen Buckow, und Britz. Sie wurde mit der De- vise „Wohnen mit Licht, Luft und Sonne“ bereits in den 1950er Jahren von Walter Gropius geplant. Durch den Mauerbau und damit die Verknappung von Wohnraum wurden die Pläne

1 Bezirksamt Neukölln (Hrsg.), Ermittlung von potenziellen Anwendungsgebieten für das soziale Erhal- tungsrecht gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB oder anderer städtebaulicher Regelungs- instrumente zum Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Bezirk Neukölln (Grobscree- ning), 2018

2 Landesverwaltungsamt Berlin, Amtsblatt Berlin, Nr. 53/2019, S. 8237f..

von Walter Gropius jedoch geändert und statt niedriger Gebäude mit drei oder vier Stockwer- ken entstanden auch Wohntürme mit über 30 Etagen, im Untersuchungsgebiet ist das höchste Gebäude 22 Etagen hoch. Zwischen den Gebäuden gibt es große, offene Grünflächen und Sport- und Spielplätze. Weiterhin befindet sich am Wildmeisterdamm ein Vogelschutzgebiet. Am Bat-Yam-Platz – benannt nach der Partnerstadt Bat-Yam des Bezirks Neukölln – befindet sich das Gemeinschaftshaus Gropiusstadt. An der Ecke Fritz-Erler-Allee/Lipschitzallee befin- det sich das Gropiushaus.

Im Monitoring Soziale Stadtentwicklung 2017 wurde der Planungsraum (PLR) Gropiusstadt- Nord als Gebiet mit besonderem Handlungsbedarf ausgewiesen. Der PLR Gropiusstadt-Nord weist einen sehr niedrigen Status-Index3 auf. Im Vergleich zum Monitoring aus dem Berichts- jahr 2015 wurde der Status erstmals von „mittel“ zu „sehr niedrig“ herabgestuft, es ist eine negative Dynamik festzustellen. Diese Entwicklung wurde im Monitoring Soziale Stadtentwick- lung 2019 bestätigt. Aufgrund dieser Entwicklung wurde die Einrichtung eines Quartiersmana- gements (QM) im Rahmen des Programms Soziale Stadt für das Jahr 2021 durch den Bezirk Neukölln und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen beschlossen. Seit dem Jahr 2005 ist bereits im PLR Gropiusstadt Ost und in Teilbereichen der PLR Gropiusstadt- Nord und Gropiusstadt-Süd das QM Gropiusstadt festgesetzt. Das QM-Verfahren wird zum Ende des Jahres 2020 beendet. Ein kleiner Teilbereich des QM Gropiusstadt wird nach Been- digung des QM-Verfahrens in die neue QM-Kulisse Gropiusstadt-Nord aufgenommen.

Im Gebiet Gropiusstadt lebten am 31.12.2018 rund 24.000 Personen. Die größte Altersgruppe ist die der Personen im Alter über 65 Jahre mit rund 29 %. Im Vergleich zum Bezirk Neukölln und der Gesamtstadt ist der Anteil an Personen in der Altersgruppe 65 Jahre und älter größer, dafür ist der Anteil an Personen im Alter zwischen 27 und 44 Jahren geringer. Rund 48 % der Personen im Gebiet Gropiusstadt haben einen Migrationshintergrund, damit liegt der Anteil auf dem bezirklichen Niveau und deutlich über dem Wert der Gesamtstadt mit 34 % (je Stand: 31.12.2018).

2. Aufwertungspotenzial

Der Wohnungsbestand im Untersuchungsgebiet ist durch 2- und 3-Zimmer-Wohnungen bzw. Wohnungen mit 60 bis 100 qm geprägt. Insgesamt gibt es eine ausgeglichene Wohnungsbe- legung, das heißt, dass Haushalte eine Wohnung mit Zimmern entsprechend der Anzahl der Haushaltsmitglieder plus eines weiteren Zimmers bewohnen. Abweichende Über- oder Unter- belegungen sind rechnerisch auszugleichen, so dass grundsätzlich eine adäquate Wohnraum- versorgung der gebietsansässigen Wohnbevölkerung möglich ist.

3 Der Status-Index wird im Monitoring Soziale Stadtentwicklung (MSS) aus den vier Indikatoren Arbeitslo- sigkeit, Langzeitarbeitslosigkeit, Transferbezug und Kinderarmut zum jeweiligen Stichtag der Berichtslegung gebil- det. Der Dynamik-Index stellt jeweils die Veränderung eines Statusindikators im zeitlichen Verlauf dar. Der Me- thodik des MSS liegt eine standardisierte Berechnung der Indikatoren zu Grunde, die eine Vergleichbarkeit der Planungsräume in Berlin ermöglichen soll. Weitere Informationen: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen; Monitoring Soziale Stadtentwicklung Berlin, 2019, S. 34f.

Nur rund 3 % der Wohnungen befinden sich nicht im privatwirtschaftlichen Wohnungsbestand. Der größte Teil des privatwirtschaftlichen Wohnungsbestands ist im Eigentum von wenigen privaten Wohnungsunternehmen. Rund ein Viertel der Wohnungen befinden sich im Wohnei- gentum und sind vermietete oder selbstgenutzt Eigentumswohnungen. Es bestehen ein gro- ßes Umwandlungspotenzial und in dem homogenen Wohnungsbestand Potenzial für Woh- nungszusammenlegungen und -teilungen. Rund 17 % der Wohnungen waren im Jahr 2018 im PLR Gropiusstadt Nord Sozialmietwohnungen. Im PLR Gropiusstadt Süd war es 2018 nur noch rund 1 % des Wohnungsbestandes. Im Zeitraum der Jahre 2013 bis 2018 ist der Sozial- mietwohnungsbestand im PLR Gropiusstadt Süd um rund 97 % zurückgegangen.

Rund 54 % der Befragten haben in ihrer Wohnung Mängel festgestellt. Am häufigsten wurden undichte Fenster und Türen sowie eine Asbest-Belastung angeführt. Zusätzliche Ausstattung wünschen sich rund 35 % der Befragten, ihnen geht es passend zu den Mängeln vor allem um die Modernisierung der Fenster, oft auch um die Modernisierung des Badezimmers und eine energetische Gebäudesanierung.

Im gesamten Untersuchungsgebiet ist ein hohes bauliches Aufwertungspotenzial festzustel- len. 25 % der Fassaden sind unsaniert und rund 85 % der Fassaden sind nicht nach EnEV gedämmt. Aufgrund der hohen Anzahl an seriellen Typenbauten im Untersuchungsgebiet ist damit zu rechnen, dass sich Sanierungsentwürfe auf eine Vielzahl von Gebäuden übertragen lassen. Entsprechend umfassend können Modernisierungen ausfallen und in der Folge einen hohen Anteil der Wohnbevölkerung (sukzessive) betreffen. Außerdem ist die Umsetzung auf- grund der seriellen Typenbauten in kurzer zeitlicher Abfolge möglich. Ähnlich verhält es sich mit dem Potenzial zur Aufstockung von Gebäuden.

Zum gebietstypischen Ausstattungszustand gehören die Merkmale Badezimmer mit Dusche oder Badewanne sowie einer Toilette, eine zentrale Heizungs- und Warmwasserversorgung, ein Balkon mit bis zu 4 qm Grundfläche und ein Aufzug. Anknüpfend an das Baualter der Gropiusstadt zwischen den Jahren 1962 und 1975 sind Ausstattungsmerkmale, die auf einen Substandard hindeuten im Gebiet nicht vorhanden. Die Wohnsiedlung ist aber in die Jahre gekommen und weist umfassende energetische Modernisierungspotenziale wie die Dämmung von Fassaden, den Austausch von Fenstern und den Einbau energieeinsparender Heizungs- anlagen auf. Darüber hinaus bestehen Instandsetzungsbedarfe sowie Mängel in den Wohnun- gen. Die Nutzung der bestehenden Aufwertungspotenziale hat aufgrund der Baustruktur und der homogenen Eigentumsstruktur umfassende Auswirkungen auf einen hohen Anteil an Woh- nungen und somit auf die Gebietsbevölkerung.

3. Aufwertungsdruck

Das Angebots- und Bestandsmietniveau im Untersuchungsgebiet Gropiusstadt liegt noch un- ter den Vergleichswerten des Bezirks Neukölln und der Gesamtstadt. Aus diesem Grund trägt die Gropiusstadt erheblich zur Versorgung von Mieterinnen und Mietern mit preisgünstigem Wohnraum bei, der in anderen Quartieren Neuköllns oder der Gesamtstadt in diesem Umfang kaum noch vorhanden ist. Mit einem Bestandsmietniveau von 6,16 Euro/qm nettokalt wird der

Mietspiegelwert aus dem Jahr 2019 von 6,70 Euro/qm noch unterschritten; auch das Ange- botsmietniveau beträgt in den drei Planungsräumen mit rund 8,00 Euro/qm nettokalt rund zwei Euro weniger, als in der Gesamtstadt. Im zeitlichen Verlauf steigen die Angebots- und Be- standsmieten aber auch in der Gropiusstadt, entweder nach dem Wechsel der Mietpartei oder im Zuge von Mieterhöhungen gemäß Berliner Mietspiegel oder in der Folge einer durchgeführ- ten Modernisierung.

Das Modernisierungsgeschehen ist in der Gropiusstadt in den letzten Jahren stark angestie- gen, denn rund ein Viertel der Haushalte war in den letzten fünf Jahren von einer Modernisie- rung betroffen. Rund die Hälfte der durchgeführten Modernisierungen bezieht sich auf ener- getische Maßnahmen wie die Dämmung von Fassaden oder den Austausch und die Erneue- rung von Fenstern. Daneben sind auch umfangreiche Sanierungen der Stränge, Aufzüge und die Modernisierung von Badezimmern häufig durchgeführte Maßnahmen, die zur baulichen und energetischen Ertüchtigung der Wohnsiedlung beitragen.

So waren rund 65 % der Haushalte in den letzten fünf Jahren von einer Mieterhöhung betrof- fen. Die höchsten Mietsteigerungen wurden nach einer durchgeführten Modernisierung erzielt: Über 30 % der Mieterhöhungen nach Modernisierung haben prozentuale Erhöhungen von 25 % und mehr verursacht. Vor dem Hintergrund der bestehenden baulichen Aufwertungspo- tenziale und der eingeschränkten Mieterhöhungspotenziale gemäß einer Anpassung an den Mietspiegel sowie der Einführung der Mietpreisbremse, können sich daraus Anreize für Eigen- tümerinnen und Eigentümer ableiten, die Gebäude und Wohnungen zu modernisieren.

Hinzu kommt, dass in den letzten fünf Jahren ein überdurchschnittlich starker Rückgang des Sozialmietwohnungsbestandes im Vergleich zum Durchschnitt der Stadt Berlin verzeichnet wurde. Im PLR Gropiusstadt Süd sind in dieser Zeit 97 % der Sozialbindungen ausgelaufen. Im PLR Gropiusstadt Nord sind mit rund 17 % noch rund 1.000 Wohnungen mit Belegungs- bindung vorhanden, doch auch hier geht die Zahl zurück und wird in den kommenden Jahren weiter sinken. Dies wird sich stark auf den Wohnungsbestand und das Mietniveau auswirken. Die Mietpreisbindung entfällt und Mieterhöhungen für diese Wohnungen richten sich dann nicht mehr nach den jeweils abgeschlossenen Förderungsverträgen mit dem Land Berlin, son- dern wie für andere nicht geförderte Wohnungen nach dem Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln) bzw. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Das eröffnet erhebliche Spielräume.

Daneben sind weitere umfangreiche öffentliche und privaten Maßnahmen in der Wohnsiedlung geplant und in Umsetzung, die den Wohnstandort aufwerten, indem z. B. die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum erhöht wird, öffentliche Räume neugestaltet werden, soziale Infrastruk- tureinrichtungen erweitert, ausgebaut und den Bedarfen der Wohnbevölkerung angepasst so- wie der Wohngebäudebestand auf einen höheren energetischen und zeitgemäßen Zustand gehoben wird. Diese öffentlichen und privaten Maßnahmen können Entwicklungsimpulse nach sich ziehen, die sich auf den lokalen Wohnungsmarkt im Hinblick auf höhere Mietpreise und zu erwartende Renditen und ggf. der Schaffung höherwertiger Ausstattungszustände und der Bildung von Wohneigentum äußern können. Aufgrund des nicht vorhandenen kommunalen

Wohnungsbestands im Untersuchungsgebiet Gropiusstadt bestehen kaum bezirkliche Steue- rungsmöglichkeiten, um den wohnungswirtschaftlichen und baulichen Aufwertungsdruck auf- fangen zu können.

Zusammengefasst trägt das Untersuchungsgebiet Gropiusstadt aufgrund des gegenwärtigen Mietpreisgefüges zur Versorgung der Bewohnerschaft mit preisgünstigem Mietwohnraum bei. Der kontinuierliche Anstieg der Angebots- und Bestandsmieten, der Rückgang der Sozialmiet- wohnungen sowie die geplanten und in Durchführung befindlichen öffentlichen und privaten Maßnahmen in den Bereichen soziale Infrastruktur, Wohnumfeld und Wohngebäudebestand begründen jedoch einen starken Aufwertungsdruck, der sich auf die Struktur des lokalen Woh- nungsmarktes im Hinblick auf die Ausstattung der Gebäude und Wohnungen sowie des Miet- niveaus erheblich auswirken wird.

4. Verdrängungspotenzial

Die gegenwärtige Bevölkerungszusammensetzung im Untersuchungsgebiet ist im Vergleich zum Bezirk Neukölln und der Gesamtstadt durch einen höheren Anteil an Personen im Alter von 65 Jahren und älter sowie mit einem höheren Anteil an Personen mit einem Migrations- hintergrund gekennzeichnet. 2-Personen-Haushalte bilden die größte Haushaltsgruppe. Dar- über hinaus ist auch ein hoher Anteil an Alleinlebenden vorhanden, aber auch Haushalte mit Kindern sind im Gebiet ansässig. Die Indikatoren Bildung und Berufstätigkeit belegen eine heterogene Bevölkerungszusammensetzung, die auf eine sehr gemischte Wohnbevölkerung hindeutet. Besonders hervorzuheben ist der sehr hohe Anteil bereits sehr lang in der Gropius- stadt wohnenden Haushalte: 45 % der Haushalte leben bereits 20 Jahre oder länger in der Gropiusstadt. Dies spricht – trotz der Baustruktur, die teilräumlich Anonymität erwarten lässt – für gewachsene Bevölkerungsstrukturen und enge soziale Netzwerke, die durch ein breites Spektrum an öffentlicher Infrastruktur begleitet werden. Die Umzugsneigung der Haushalte ist gering ausgeprägt.

Die erwerbsbezogenen Sekundärdaten verdeutlichen, dass sich im Untersuchungsgebiet Gropiusstadt verschiedene soziale Problemlagen überlagern. Im Bezirks- und Berlin-Vergleich ist der Anteil der Arbeitslosen und Beziehenden von Transferleistungen stark erhöht, dies gilt auch für die Jugendarbeitslosigkeit bzw. den Anteil an Kindern, deren Haushalt auf Transfer- leistungen angewiesen ist. Hinzu kommt ein Anstieg der Altersarmut, die bereits auf bzw. über dem berlinweiten Niveau liegt. Aufgrund dieser soziodemographischen Strukturdaten und der Entwicklungen in den vergangenen Jahren wird in einem Teilbereich des Untersuchungsge- bietes ab dem Jahr 2021 ein QM-Gebiet festgesetzt, um den sozialen und städtebaulichen Herausforderungen im Gebiet zu begegnen. Die soziale Infrastruktur übernimmt in der Gropi- usstadt eine wichtige Funktion für die Bevölkerung, indem unterstützende, integrative Ange- bote die Regelangebote der Schulen und Kitas erweitern. Die Haushaltsbefragung belegt die zielgruppenspezifische Nutzung von Angeboten und Einrichtungen, veranschaulicht aber auch Bedarfe im Hinblick auf die Themen Barrierefreiheit, Qualität von Spielplätzen und dem Ange-

bot an Einrichtungen. Die unterstützenden Infrastrukturen sind an den Bedarfen der Bewoh- nerinnen und Bewohnern ausgerichtet und werden derzeit und in den kommenden Jahren durch den Einsatz verschiedener Fördermittel bedarfsgerecht ausgebaut und erweitert.

Das monatliche Netto-Haushaltseinkommen beträgt im Untersuchungsgebiet Gropiusstadt im Median 2.200 Euro und liegt damit leicht über dem Berliner Vergleichswert aus dem Jahr 2018. Untere und mittlere Einkommensgruppen kennzeichnen die Gropiusstadt, Haushalte mit ei- nem monatlichen Netto-Haushaltseinkommen von 5.000 Euro und mehr sind kaum im Gebiet vorhanden. Im zeitlichen Verlauf ist mit späterem Einzugsjahr in die Wohnung eine leichte Verschiebung auf höhere Einkommen festzustellen. Aufgrund des teilräumlich noch hohen An- teils an WBS-Wohnungen und des im Berliner Vergleich geringeren Mietniveaus können aber auch noch Haushalte mit geringeren Einkommen in das Gebiet ziehen. Da sich die Rahmen- bedingungen durch ein ansteigendes Mietniveau, die Durchführung von Modernisierungen und das Auslaufen von Sozialmietwohnungen jedoch ändern, sind Veränderungen in der Be- völkerungszusammensetzung zu erwarten. Insbesondere Haushalte mit Kindern weisen ein geringes Äquivalenzeinkommen und eine hohe Armutsgefährdung auf.

Dies wird zum einen durch die bereits sehr hohe Warmmietbelastung der Haushalte in der Gropiusstadt und zum anderen durch die mietenwirksamen Effekte von durchgeführten Mo- dernisierungen begründet. Trotz des im Berlin-Vergleich noch geringen Mietpreisgefüges ha- ben rund 50 % der Haushalte bereits eine Warmmietbelastung von mindestens 30 %. Dazu kommen weitere rund 20 % der Haushalte, die bereits nahe an der 30-%-Schwelle liegen. Davon sind besonders 1-Personen-Haushalte, aber auch Haushalte mit Kindern, insbeson- dere Alleinerziehende betroffen. Die Analyse der modernisierungsbedingten Mieterhöhungen belegt, dass es nach einer durchgeführten Modernisierung in über 40 % der Fälle zu Mietstei- gerungen von 20 % und mehr gekommen ist. Aufgrund des gebietsübergreifend hohen Poten- zials für bauliche Aufwertungen und die energetische Modernisierung des Wohngebäudebe- stands, ist im Zusammenspiel mit den bereits durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen mit erheblichen Folgen für den lokalen Wohnungsmarkt und die gegenwärtige Zusammenset- zung der Bevölkerungsstruktur zu rechnen. Diese Veränderungen können sich in der Folge negativ auf die Auslastung und Nachfrage, der mit erheblichem Einsatz von Fördermitteln ge- stärkten sozialen Infrastruktur auswirken.

Aufgrund der hohen Warmmietbelastung, der stark ausgeprägten erwerbsbezogenen Kenn- werte und des Einkommensniveaus sind die Haushalte im Untersuchungsgebiet nur sehr be- grenzt in der Lage, Mietpreissteigerungen zu finanzieren. Sie sind daher stark verdrängungs- gefährdet. Die noch bestehenden Aufwertungspotenziale, das ansteigende Angebots- und Be- standsmietniveau und die äußeren Einflussfaktoren des Wohnungsmarktes sowie der Ent- wicklungen im Gebiet und im Umfeld werden die Wohnsituation im Gebiet weiter beeinflussen und die Verdrängungsgefahr auch für Haushalte mit mittleren Einkommen erhöhen. Insbeson- dere folgende Haushaltsgruppen sind in besonderem Maße durch Mieterhöhungen im Zuge baulicher Veränderungen verdrängungsgefährdet:

Einkommensschwache Haushalte. Rund 38 % der Haushalte haben ein monatliches Netto- Haushaltseinkommen unterhalb des Berliner Einkommensniveaus. Diese Haushalte haben

zudem eine bereits hohe bis sehr hoher Warmmietbelastung. Weitere Mietpreissteigerungen im Zuge von baulichen Aufwertungsmaßnahmen können von diesen Haushalten nicht mehr getragen werden. Ein Umzug innerhalb des Untersuchungsgebietes zu ähnlichen Bedingun- gen wird somit zunehmend erschwert und auch der Zuzug in das Untersuchungsgebiet verläuft aufgrund der steigenden Neuvermietungspreise unter anderen Rahmenbedingungen ab.

Haushalte mit einer hohen Mietbelastung. Das bedeutet, dass nicht nur finanziell schwä- chere Haushalte mit einem geringen Einkommen, sondern auch Haushalte mit mittleren Ein- kommen von Verdrängung bedroht sind. Diese Haushalte weisen bereits eine Warmmietbe- lastung von mindestens 30 % auf. Dies betrifft rund die Hälfte der Haushalte im Gebiet. Zudem sind weitere rund 20 % der Haushalte bereits nahe an der 30 %-Schwelle. Dies betrifft Allein- lebende genauso stark wie Haushalte mit Kindern, insbesondere Alleinerziehende. Insbeson- dere Haushalte mit Kindern haben oftmals nicht die finanziellen Möglichkeiten, steigende Miet- kosten zu kompensieren. Zudem sind diese Haushalte nachfragende der sozialen Infrastruk- tureinrichtungen wie Kita und Schule, aber auch zielgruppenspezifischer Einrichtungen wie Familien- oder Nachbarschaftseinrichtungen und öffentlichen Grün- und Spielflächen.

Kleine Haushalte mit hoher Wohndauer. Eine längere Wohndauer über Zeiträume von fünf und mehr Jahren konstituiert räumlich-soziale Bindungen an das Wohnquartier. Ein hoher An- teil dieser Bevölkerungsgruppe ist Voraussetzung für funktionierende Nachbarschaften. Ins- besondere Rentnerinnen und Rentner kennzeichnen diese Gruppe. Sie bilden einen hohen Anteil der 1- und 2-Personen-Haushalte im Gebiet. Altersarmut verstärkt die angespannte fi- nanzielle Lage dieser Haushaltsgruppe und damit deren wirtschaftliche Handlungsfähigkeit, auf steigende Mieten zu reagieren.

Haushalte mit Kindern. Viele Haushalte mit Kindern sind in ihrer wirtschaftlichen Handlungs- fähigkeit begrenzt, dies belegt das niedrige Äquivalenzeinkommen. Preissteigernde Verände- rungen der Wohnsituation können in besonderem Maße zu sozialen Härten führen, wenn keine Kompensation der zusätzlichen Mietbelastung stattfinden kann.

5. Mögliche stadtstrukturelle Folgen

Die vertiefende Untersuchung belegt, dass die Anwendungsvoraussetzungen für das soziale Erhaltungsrecht im Untersuchungsgebiet Gropiusstadt vorliegen, weil

. ein großes Potenzial zur Ausstattungsverbesserung des Wohngebäudebestandes und ein umfassendes energetisches Modernisierungspotenzial im Gebiet bestehen,

. durch die Vielzahl an geplanten und in Durchführung befindlichen öffentlichen und pri- vaten Maßnahmen ein Aufwertungsdruck festgestellt wird, der sich auf den lokalen Wohnungsmarkt und das Mietpreisgefüge auswirkt und

. sich aus der Kombination dieser Potenziale und Entwicklungen eine hohe Verdrän- gungsgefahr für die Bevölkerung ableitet, die aufgrund einer hohen Warmmietbelas- tung, der erwerbsbezogenen Kennwerte und des Einkommensniveaus kaum noch in der Lage ist, Mietpreissteigerungen zu finanzieren.

Im Untersuchungsgebiet Gropiusstadt bestehen besondere Herausforderungen, die sich auf die Themenfelder Bildung und Soziales, energetische Ertüchtigung und Qualifizierung des Wohnstandortes, den Städtebau und die soziale sowie verkehrliche Infrastruktur beziehen. Deshalb wird durch die öffentliche Hand eine bedarfsgerechte Anpassung der sozialen und verkehrlichen Infrastruktur durch einen hohen Einsatz von Fördermitteln in den nächsten Jah- ren vorangetrieben, die sich stark an den Bedarfen der Bevölkerung vor Ort orientiert. Hinzu kommt, dass auch die privaten Wohnungsunternehmen den Wohngebäudebestand energe- tisch ertüchtigt und weitere Ausstattungsverbesserungen der Wohnungen und Wohngebäude vornehmen. Das Wirkungsgefüge zwischen der bereitgestellten Infrastruktur, des Wohnungs- bestandes nach Ausstattung, Art und Miethöhe sowie der Wohnbevölkerung gemäß sozialem Status ist aus diesen Gründen aufrechtzuerhalten. Das soziale Erhaltungsrecht ist dafür ein Baustein, indem die notwendige energetische Modernisierung des Wohnungsbestandes im Sinne der Erreichung klimapolitischer Ziele sozialverträglich umgesetzt, passgenauer Wohn- raum für die Gebietsbevölkerung erhalten und wohnungswirtschaftliche Prozesse sowie Ent- wicklungsimpulse durch die Aufwertung öffentlicher Räume und der Anpassung der Infrastruk- tur abgefedert werden können.

In der Zukunft ist entsprechend den gutachterlichen Feststellungen ohne die geplante Erhal- tungsverordnung eine Aufwertung des vorhandenen Wohnungsbestandes zu erwarten. Die sich aus dem bestehenden Aufwertungspotenzial und dem Aufwertungsdruck ergebende Ver- drängungsgefahr ist für Teile der Gebietsbevölkerung erheblich und geeignet, im Geltungsbe- reich der Erhaltungsverordnung ohne deren Erlass wesentliche Veränderungen der Bevölke- rungsstruktur zu verursachen. In den letzten Jahren wurden im zukünftigen Erhaltungsgebiet Gropiusstadt bereits erste Veränderungen der Bevölkerungsstruktur festgestellt. Diese wurden durch einen kontinuierlichen Rückgang des Zuzugs von Haushalten mit einem monatlichen Netto-Haushaltseinkommen von unter 2.000 Euro und einem Anstieg der Einkommensgrup- pen einem monatlichen Netto-Haushaltseinkommen von über 3.200 Euro seit dem Jahr 2010, dem Zuzug höher qualifizierter Haushalte und einem Rückgang des Zuzugs von Haushalten mit Kindern belegt.

Mit dem städtebaulichen Instrument einer sozialen Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Ab- satz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB ist es möglich, Einfluss auf die grundsätzliche Erhaltung des Wohnungsbestandes, der Wohnungsgrößen, der Eigentumsform und Nutzung der Wohnun- gen als eine wesentliche städtebauliche Voraussetzung für die Erhaltung der im Gebiet vor- handenen Haushalts- und Bewohnerstruktur zu nehmen.

Bei Nichterlass der Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB mit den damit verbundenen Genehmigungsvorbehalten sind folgende teils erhebliche negative städtebauliche Folgen für das Gebiet Gropiusstadt zu erwarten:

Verlust preisgünstigen Wohnraums: Das Untersuchungsgebiet Gropiusstadt weist gegen- wärtig eine hohe Übereinstimmung zwischen Bevölkerungsstruktur und Wohnraumangebot hinsichtlich Haushaltsgröße und Wohnungsschlüssel, Mietniveau und Einkommen sowie Aus- stattung und Wohnzufriedenheit auf. Im gesamtstädtischen Vergleich nimmt das Gebiet eine wichtige Versorgungsfunktion mit preisgünstigem Mietwohnraum ein, da das Bestands- und Angebotsmietniveau noch gering ist. Das Untersuchungsgebiet ist gegenwärtig durch einen hohen Anteil an Haushalten mit einer bereits hohen Warmmietbelastung gekennzeichnet, was nicht nur die Geringverdienenden, sondern auch Haushalte mit mittleren Einkommen betrifft. Durch die Nutzung der bestehenden Mietsteigerungspotenziale und dem zu erwartenden An- stieg von Modernisierungen steht ein großer Teil der Wohnbevölkerung unter einem hohen Verdrängungsdruck. Ein Umzug innerhalb des Quartiers zu ähnlichen Bedingungen ist kaum möglich, zudem bestehen stadtweit keine Alternativen, so dass die Erhaltung des gegenwär- tigen Wohnungsangebotes nach Art und Maß und die Untersagung bestimmter baulicher Maß- nahmen zum Abfedern modernisierungsbedingter Mieterhöhungen dazu beiträgt, preisgünsti- gen Mietwohnraum, zur Versorgung der Gebietsbevölkerung zu erhalten und somit Segrega- tionsprozessen entgegenzuwirken.

Veränderung der Nachfrage und Auslastung von Infrastrukturen sowie Folgeinvestitio- nen zum Aufbau öffentlicher Infrastrukturen in anderen Stadtteilen: In der Gropiusstadt setzt die öffentliche Hand erhebliche Fördermittel ein, um eine bedarfsgerechte Anpassung der sozialen und verkehrlichen Infrastruktur in den nächsten Jahren voranzutreiben. Die In- vestitionen orientieren sich dabei stark an den Bedarfen der Bevölkerung vor Ort. Sollte es zu einer Verdrängung dieser Bevölkerungsgruppen wie der einkommensschwachen und sozial benachteiligten Haushalte sowie der Familien und Seniorinnen und Senioren kommen, werden die öffentlichen Investitionen konterkariert und die Förderziele sind nicht zu erreichen. Verän- derungen der Zusammensetzung der Bevölkerung führen demnach zu einer geänderten Nach- frage nach Angeboten und Einrichtungen im Quartier. Zudem können städtebauliche Folge- probleme in anderen Stadtquartieren möglich sein, da es zur Konzentration von sozialen und ökonomischen Problemen kommt, die zum Beispiel den Aufbau flankierender Infrastrukturen oder sozialer Einrichtungen durch zusätzliche öffentliche Investitionen nach sich ziehen. Dar- über hinaus müsste Wohnraum für einkommensschwache Haushalte in anderen Quartieren geschaffen werden.

Aufwertung des Wohnungsbestandes im Zuge von Entwicklungsimpulsen im Gebiet und der Umgebung: In Gropiusstadt kommen verschiedene Förderprogramm zum Einsatz, die zur Anpassung der sozialen Infrastruktur, der Aufwertung und Umgestaltung öffentlicher Räume und der Stärkung von Einrichtungen und Angeboten im Gebiet beitragen. Diese öffent- lich geförderten Maßnahmen können die Attraktivität des Wohnstandortes erhöhen und Folge- investitionen der privaten Akteure im Gebiet nach sich ziehen. Daraus ergibt sich die Heraus- forderung, öffentliche und private Maßnahmen aufeinander abzustimmen. Die behutsame Weiterentwicklung des privaten Bestandswohnungsmarktes ist besonders bedeutsam, um Verdrängungstendenzen in der Gropiusstadt entgegenzuwirken.

Insgesamt sind die negativen städtebaulichen Auswirkungen einer Veränderung der Zusam- mensetzung der Wohnbevölkerung auf Umfang und bedarfsgerechte Ausstattung der Woh- nungen, auf den städtebaulichen Charakter, die Infrastrukturauslastung sowie sozialräumliche Gebietsstrukturen als erheblich einzuschätzen.

Im festzusetzenden sozialen Erhaltungsgebiet sollen daher Maßnahmen ergriffen werden, um Veränderungsprozesse soweit zu begrenzen, dass ihre Auswirkungen beherrschbar bleiben. Die soziale Erhaltungsverordnung ist das geeignete städtebauliche Instrument dafür, da die Dynamik gedämpft und ein aus stadtplanerischer Sicht adäquater behutsamer und allmähli- cher Wandel ermöglicht wird. Bauliche Maßnahmen sind in einem Umfang, der auf die Bevöl- kerung zugeschnitten ist, weiterhin zulässig.

Der Bezirk erarbeitet derzeit auf Grundlage der bestehenden Genehmigungskriterien an an- gepassten Genehmigungskriterien für den Gebäudebestand in der Gropiusstadt um den Ver- drängungsprozess zu begrenzen und die Ziele der Erhaltungsverordnung zu wahren.

D. Rechtsgrundlagen

Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1728)

Gesetz zur Ausführung des Baugesetzbuchs (AG BauGB) in der Fassung vom 07.11.1999 (GVBl. S. 578), zuletzt geändert durch Gesetz vom 06. Dezember 2017 (GVBL. S. 664)