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ANALYSEN

GESELLSCHAFT ZUR RENAISSANCE DER EUROPÄISCHEN KONSERVATIVEN REVOLUTION

VOLKMAR WÖLK INHALT

«Im liberalen Menschen erkennt die deutsche Jugend den Feind» 2

Auf der Suche nach der Konservativen Revolution 4

Moeller van den Bruck: Einheitsfront der Revolutionäre von rechts und links 7

Die Konservative Revolution als europäisches Phänomen oder als Chimäre? 9

«Gesellschaft des Spektakels» und identitäres Spektakel 11

Tumult: «Das Schillern der Revolte» 14

Auf der Suche nach dem «Katechon Europa» 17

Literatur 20 2 «IM LIBERALEN MENSCHEN ERKENNT DIE DEUTSCHE JUGEND DEN FEIND»1

Ein Gespenst geht um in Europa, das Ge- ihrer Lektüre: «Gelassen in den Wider- spenst der Konservativen ­Revolution. Ob stand: Ein Gespräch über Heidegger».9 der Wissenschaftler Hajo Funke, der den In Krisenzeiten, die nicht nur soziale und Einfluss der verschiedenen Strömungen politische Verwerfungen zur Folge ha - der Konservativen Revolution auf Tei- ben, sondern stets auch ideologische le der AfD beschreibt,2 ob sein Kollege Umbrüche hervorbringen, bietet sich der Claus Leggewie, der – wenig überzeu- Rückgriff auf bekannte Phänomene zur gend – betont, es handele sich um «Anti- Beschreibung neuer Entwicklungen an. Europäer», und in einem Rundumschlag Vorstellungswelt und Habitus von Donald den norwegischen Terroristen Anders Trump legen die neuerliche Lektüre der Breivig, den russischen Propagandis- Studien von Richard Hofstadter über den ten des Eurasiertums Alexander Dugin «paranoiden Stil in der amerikanischen und den radikalislamischen Theoretiker Politik»10 nahe. Und wenn die AfD-Vorsit- Abu Musab al-Suri unter diesem Label zende Frauke Petry im Interview verkün- zusammenfasst,3 oder Volker Weiß, der det, man müsse den Begriff «völkisch» ausführt, der Rückgriff auf dieses Ideo- rehabilitieren, und apodiktisch fordert: logienbündel der Weimarer Zeit erfol- «Dann sollten wir daran arbeiten, dass ge auch, um das «Dritte Reich» aus der dieser Begriff wieder positiv besetzt ist. Traditionsbildung ausschließen zu kön- Volk mit Rassismus zu konnotieren, halte nen. Es handele sich um einen «geisti- gen Erinnerungsort der ‹Neuen Rech- 1 Moeller van den Bruck, Arthur: Das Dritte Reich, Hamburg: 4 Hanseatische Verlagsanstalt, 1931, S. 127. 2 Funke, Hajo: ten›». Ergänzt werden sollte, dass die Von Wutbürgern und Brandstiftern. AfD – – Gewalt- Beschreibung als «Erinnerungsort» nur netze, : Verlag für Berlin-Brandenburg, 2016, S. 123– 137. 3 Leggewie, Claus: Anti-Europäer. Breivik, Dugin, al-Suri eine Facette erfasst, denn die sich Erin- & Co., Berlin: Suhrkamp, 2016. 4 Weiß, Volker: Die «Konser- nernden arbeiten zugleich an einer Aktu- vative Revolution». Geistiger Erinnerungsort der «Neuen Rech- ten», in: Langebach, Martin/Sturm, Michael (Hrsg.): Erinne- alisierung und gelegentlich sogar Weiter- rungsorte der extremen Rechten, Wiesbaden: Springer VS, 2015, S. 101–120. 5 Da es sich bei den Akteuren im vorlie- entwicklung ebendieses Gedankenguts. genden Themenfeld zu 99 Prozent um Männer handelt, verzich- Vorbei die Zeiten, da Ideologen 5 der tet der Text bei Personenbezeichnungen auf die Nennung der weiblichen Sprachform. 6 In den Sozialwissenschaften gibt es 6 «Neuen» Rechten die Begrifflichkeit momentan noch immer keine allgemein akzeptierte Definition für ihre Ahnengalerie durchaus kritisch des Ideologiekonstrukts «». Im angelsächsischen Kontext wird sogar häufig das Gegenteil der in diesem Text dar- durchleuchteten, beispielsweise Mar- gestellten Strömungen darunter verstanden. Um zu verdeutli- chen, dass das scheinbar Neue dabei gar nicht so neu ist, wird kus Josef Klein, der die Konservative Re- hier durchgängig die Schreibweise «Neue» Rechte verwen- volution als «Chimäre» abtat,7 oder der det. 7 Klein, Markus Josef: Die romantische Komponente. Zur Verbindlichkeit des Begriffs der «Konservativen Revolution», in: damalige nationalrevolutionäre Vorden- Wir selbst 1/1996, S. 42 ff. 8 Eichberg, Henning: Der Unsinn ker , der sie schlicht der «Konservativen Revolution». Über Ideengeschichte, Nati- onalismus und Habitus, in: Wir selbst 1/1996, S. 5–33. 9 Sell- als «Unsinn» abqualifizierte, denn es er- ner, Martin/Spatz, Walter: Gelassen in den Widerstand. Ein Gespräch über Heidegger, Schnellroda: Edition Antaios, 2015. bringe «diese Begriffsmontage keinen Zum Verständnis von «Widerstand» im Spektrum der «Neuen Erkenntnisgewinn».8 Heute sonnen sich Rechten» vgl. Korsch, Felix: Wehrhafter Rassismus. Materiali- en zu Vigilantismus und zum Widerstandsdiskurs der sozialen stattdessen junge Vertreter dieser «Neu- Bewegung von rechts, in: Burschel, Friedrich (Hrsg.): Durch- en» Rechten im Glanz der Autoren ver- marsch von rechts, Berlin: Rosa-Luxemburg-Stiftung, 2016, S. 15–54. 10 Hofstadter, Richard: The Paranoid Style in Ame- gangener Zeiten und kokettieren mit rican Politics, New York: Vintage Books, 2008 (zuerst 1965). 11 ich für falsch», dann darf man ihr nicht auf die NS-Ideologie oder auf die Konser- 3 so viel historisches Unwissen zutrauen, vative Revolution verwiesen, wahlweise dass ihr nicht vollkommen bewusst ist, eine Charakterisierung als «anti-europä- dass «völkisch» von Anfang an vor allem isch» oder «asylkritisch» vorgenommen. radikal-nationalistisch und rassistisch- Und so schillernd die bevorzugten Termi- antisemitisch geprägt, vom «Blut und ni sind, so widersprüchlich sind die Inhal- Boden»-Denken getränkt war, von Anfang te, mit denen sie gefüllt werden. an innerhalb der Staatsgrenzen lebende Wenn Hajo Funke auf die Konservative Menschen aus dem «Volk» ausschloss Revolution als Quelle jener neuen rechten und dass «völkisch» im englischen und Bewegung verweist, auf jenen von Armin französischen Sprachraum mangels eines Mohler geprägten Begriff, jenen «Kunst- eigenen Begriffs mit «racist» oder «racial» griff, der mit einigen gewagten Konstruk- übersetzt wird.12 Nein, zu auffällig ist der tionen, Auslassungen und Legenden auf- Gleichklang mit ihrem Medienberater Mi- wartet»,15 so trifft dies zweifellos ebenso chael Klonovsky, der wenige Tage zuvor in zu wie die Warnung, es greife zu kurz, seinem Webtagebuch «acta diurna» die diese neue rechte Bewegung als faschis- Frage nach den Gründen für die geringe tisch und rassistisch zu stigmatisieren. Resonanz der Paralympics mit dem Satz Letzterem Einwand ist selbst dann zu- beantwortet hatte: «Weil Sport die Feier zustimmen, wenn wir berücksichtigen, des gesunden, schönen, erotischen, ath- dass Mohler selbst, nach seinem politi- letischen Körpers ist.»13 Genau das ist völ- schen Standort befragt, ein wenig kokett kisches Denken par excellence. antwortete, er sei ein «Faschist im Sinne Die Ideologie(n) der Konservativen Revo- von José Antonio Primo de Rivera». Fa- lution hat oder haben offenkundig ebenso schismus sei für ihn, «wenn enttäusch- Hochkonjunktur wie der politische, wis- te Liberale und enttäuschte Sozialisten senschaftliche und mediale Diskurs über sich zu etwas Neuem zusammenfinden. sie. Inzwischen hat sogar das Bundesamt Daraus entsteht, was man Konservative für Verfassungsschutz mit der Identitären Revolution nennt.»16 Ein dergestalt defi- Bewegung14 erstmals seit langen Jahren nierter Faschismus umschifft in der Tat wieder eine Struktur der «Neuen» Rech- die Klippe «NS-Regime» als Erinnerungs- ten ins Visier genommen. Seitdem die ort der extremen Rechten und stellt ihn Aufmärsche der Patriotischen Europä- in den Kontext eines Phänomens, das für er gegen die Islamisierung des Abend- die Gegenwart bevorzugt als «Querfront- landes (Pegida) in der medialen und wis- strategie» beschrieben wird. senschaftlichen Öffentlichkeit angelangt sind, seitdem mit der Ablösung Bernd 11 Petry, Frauke: «Wir wollen keinen Bürgerkrieg», Inter - view, in: Welt am Sonntag, 11.9.2016, S. 4. 12 Zur Begriffs- Luckes als Vorsitzendem der AfD deren geschichte ausführlich vgl. Schmitz-Berning, Cornelia: Vo- Anteil an Ideologie der extremen Rech- kabular des Nationalsozialismus, Berlin: de Gruyter, 2007, S. 645 ff. 13 Klonovsky, Michael: Acta diurna, Webtagebuch, ten nicht mehr zu übersehen war, hält die Eintrag vom 1.9.2016, unter: www.michael-klonovsky.de/ac- ta-diurna. 14 Zu dieser Bewegung ausführlich Glösel, Kath- Debatte um die Charakterisierung dieser rin/Strobl, Natascha/Bruns, Julian: Die Identitären. Handbuch neuen extremen Rechten an. Klarheit hat zur Jugendbewegung der Neuen Rechten in Europa, Münster: Unrast, 2. erw. u. akt. Aufl. 2016. 15 Weiß, Volker: Er forderte sie nicht gebracht. Wahlweise wird von die Revolution von rechts, in: Die Zeit 29/2016, S. 15. 16 Ar- «Rechtspopulismus» oder der «Neuen min Mohler zitiert nach einem Interview in der Leipziger Volks- zeitung: David, Fred: «Ich bin ein Faschist», Interview mit Ar- Rechten» gesprochen, wahlweise wird min Mohler, in: Leipziger Volkszeitung, 25./26.11.1995, S. 2. 4 AUF DER SUCHE NACH DER KONSERVATIVEN REVOLUTION

Mohler verändert hier eine Grundthe- Strömungen gegen Liberalismus und se der Faschismustheorie des israeli- Demokratie habe die Synthese erst er- schen Historikers Zeev Sternhell, ohne möglicht.20 allerdings diesen als Quelle zu benen- Folgen wir dem auf Sternhells Pfaden nen. Sternhells Ansicht nach war der wandelnden , dann wäre Faschismus kein Produkt der Nach- das, was heute gemeinhin unter «Quer- kriegskrise der Jahre 1918 ff., sondern front» subsumiert und am Beispiel der zu entstand in Form einer «faschistischen Faschisten mutierten ehemaligen Linken Synthese» in Frankreich bereits im letz- wie Jürgen Elsässer skandalisiert wird,21 ten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, in ganz und gar nicht neu und erst recht Italien und in Österreich im ersten Jahr- nicht auf eine konservative Machterhal- zehnt des 20. Jahrhunderts. «Zu jener tungsstrategie am Ende der Weimarer Zeit erkannten französische Nationalis- Republik zu reduzieren,22 sondern die- ten zum ersten Mal die Möglichkeiten se «Querfront» wäre konstitutiv für die einer Synthese aus bestimmten Formen Konservative Revolution wie auch für des Sozialismus und aus dem politi- den idealtypischen Faschismus.23 Folgen schen Autoritätsdenken der Nationalis- wir Mohlers Interpretation von Sternhell, ten.»17 Sternhell zitiert , dann müssen wir zudem folgern, dass es den Führer der Action française, der er- sich bei der historischen Konservativen klärt hatte, es gebe eine «Form des So- Revolution gar nicht um ein deutsches zialismus, die, wenn sie ihrer demokrati- schen und kosmopolitischen Anhängsel entkleidet wird, mit dem Nationalismus 17 Sternhell, Zeev: Faschistische Ideologie, Berlin: Verbrecher Verlag, 2002, S. 36. 18 Ebd. 19 Sternhell, Zeev: Ni droite, ni ebenso zusammenpassen wird, wie gauche. L’idéologie fasciste en ,: Gallimard, 4. erw. ein gut gefertigter Handschuh zu einer Aufl. 2012 (zuerst 1983). 20 Mohler, Armin: Die Konservative Revolution in Deutschland 1918–1932, Darmstadt: Wissen- schönen Hand passt».18 Entgegen Moh- schaftliche Buchgesellschaft, 3. Aufl. 1989, Ergänzungsband, S. 103 + 113. Mohlers Rezension des Sternhell-Buches um- lers Darstellung ging es konkret um die fasst 15 Seiten, weit mehr, als jedem anderen besprochenen Verflechtung des royalistischen «inte- Werk gewidmet wird. 21 Vgl. z. B. Culina, Kevin/Fedders, Jo- nas: Im Feindbild vereint. Zur Relevanz des Antisemitismus in gralen Nationalismus» mit dem revolu- der Querfront-Zeitschrift Compact, Münster: edition assemb- tionären Syndikalismus, nicht aber um lage, 2016. 22 Schildt, Axel: Militärische Ratio und Integration der Gewerkschaften. Zur Querfrontkonzeption der Reichswehr- «enttäuschte Liberale» und «enttäuschte führung am Ende der Weimarer Republik, in: Saage, Richard (Hrsg.): Solidargemeinschaft und Klassenkampf, Frankfurt Sozialisten». Die Verdrehung ist kein zu- a. M.: Suhrkamp, 1986, S. 331–364; Strenge, Irene/Schleicher, fälliger Lapsus Mohlers, denn er dürfte Kurt von: Politik im Reichswehrministerium am Ende der Wei- marer Republik, Berlin: Duncker & Humblot, 2006. 23 Diesen zu den Ersten gehören, die in Deutsch- Einfluss Sternhells auf den späten Armin Mohler bestätigt Karl- land Sternhells Werk gründlich zu Kennt- heinz Weißmann, der für die «völlig überarbeitete und erweiter- te Auflage» des Mohler’schen Standardwerks verantwortlich nis genommen haben. In seiner Analyse zeichnet und seit Jahrzehnten selbst zur Riege der wenigen In- 19 tellektuellen der deutschen «Neuen» Rechten zählt. Er spricht von Sternhells Hauptwerk gibt Mohler für die fragliche Zeit von einem «Zerfall des klassischen Links- an, dessen Verständnis von Faschismus Mitte-Rechts-Schemas», auf den mit ideologischen Konzep- ten reagiert worden sei, «die gekennzeichnet waren durch die entspreche ungefähr dem, was er selbst Aufnahme von Vorstellungen, die traditionell nur der Linken als Konservative Revolution beschreibe. oder der Rechten zugewiesen wurden»; Mohler, Armin/Weiß- mann, Karlheinz: Die Konservative Revolution in Deutschland Die gemeinsame Gegnerschaft beider 1918–1932. Ein Handbuch, Graz: Ares, 2005, S. 8. Spezifikum der Ideologieentwicklung sich reformistisch zunehmend mit der 5 handelte, sondern dass wir von einer eu- parlamentarischen Demokratie und dem ropäischen (Ideen-)Bewegung ausgehen kapitalistischen Wirtschaftssystem ar- müssen. rangierte. Diese revolutionären Syndi- Begeben wir uns zurück zu jenem von kalisten, die damals tonangebend in der Sternhell angesprochenen Zeitraum, Gewerkschaft CGT waren, suchten ein den Jahren nach 1900 in Frankreich, neues revolutionäres Subjekt und fanden so begegnen wir der ersten faschisti- es – in der Nation. Dem Namenspatron schen (oder konservativ-revolutionären) Proudhon folgend, sollte diese Nation in Gruppierung avant la lettre: dem Cerc- anti-jakobinischer Tradition föderal und le Proudhon. Benannt nach dem Anar- dezentral organisiert sein, da nur auf die- chisten Pierre-Joseph Proudhon,24 war se Weise die Identität der Regionen ge- er ini­tiiert durch führende Intellektuel- wahrt werden könne. le der monarchistisch-nationalistischen Zu den Autoren der mit 200 Abonnen- Action française, wahrscheinlich gar ten und 600 gedruckten Exemplaren animiert durch deren Führer Charles ebenso marginalen wie kurzlebigen Zeit- Maurras, und hatte ursprünglich die Auf- schrift gehörte von revolutionär-syndi- gabe, «Syndikalisten zur Monarchie zu kalistischer Seite namentlich Georges bekehren».25 Die Gruppierung entstand Valois, der später der Action ­française nach einem mehrjährigen gemeinsa- men Diskus­sions­prozess, der erst er- möglicht worden war durch die Krise der 24 Auch wenn man dem Urteil von Frédéric Krier nicht völlig bisher gegensätzlichen Strömungen,26 folgen mag, sind der Antisemitismus, Rassismus und Antife- minismus des Theoretikers in seinem Werk nicht zu leugnen, wobei beider Antisemitismus die An - vgl. Krier, Frédéric: Sozialismus für Kleinbürger. Pierre Joseph 27 Proudhon – Wegbereiter des Dritten Reiches, Köln u. a.: Böh- näherung wesentlich erleichterte. Der lau, 2009. Für die frühe Rezeption Proudhons durch die extre- Gründung am 17. November 1911 folg- me Rechte vgl. Netter, Marie Laurence: Proudhon et les droites. De l’Action française à Uriage, in: Mil neuf cent 10/1992, S. 64– te die He­rausgabe der Cahiers du ­Cercle 76; sowie für die Zwischenkriegszeit: Voyenne, Bernard: Proud- ­Proudhon als Vierteljahreszeitschrift ab hon et Sorel dans l’ (1930–1937), in: Mil neuf cent 10/1992, S. 77–85. Die heutige «Neue» Rechte greift vor 1912. Nicht die Massenwirkung war die allem auf sein Föderalismuskonzept zurück, so Isabel, Thibault: L’idée fédérale chez Pierre-Joseph Proudhon, in: Krisis 42, Aufgabe des als Debattenorgan konzi- 2015, S. 78–108. Auf den Einfluss Proudhons auf Sorel ist wie- pierten Blattes. Hier ging es um den Aus- derholt verwiesen worden, z. B. Rolland, Patrice: La référence proudhonienne chez , in: Mil neuf cent 7/1989, tausch zwischen integralen Nationalis- S. 127–161. 25 Poumarède, Géraud: Le Cercle Proudhon ou ten, die die Demokratie als schädlich für l’impossible synthèse, in: Mil neuf cent 12/1994, S. 78, vgl. auch Navet, Georges: Le Cercle Proudhon (1911–1914). Entre die Ganzheit der Nation ansahen und die le syndicalisme révolutionnaire et l’Action française, in: Mil neuf cent 10/1992, S. 46–63. 26 Mazgaj, Paul: The Action Française für sich verinnerlicht hatten, dass die Na- And Revolutionary Syndicalism, Chapel Hill: University of North tion nie zur Ganzheit finden könne, wenn Carolina Press, 1979. 27 Ebd., bes. S. 128–149. Marc Crapez bezeichnet Proudhon als einen der «Erfinder des sozialistischen ein beträchtlicher Teil dieser Na­tion – Antisemitismus», Crapez, Marc: L’Antisémitisme de gauche au das Proletariat – sozial ausgeschlossen XIXe siècle, Paris: Berg International, 2002, S. 40–50. 28 Zur hohen Wertschätzung, die Sorel in konservativ-revolutionären bliebe, und revolutionären Syndikalis- Kreisen noch heute genießt, vgl. Mohler, Armin: Georges So- rel – Erzvater der Konservativen Revolution. Eine Einführung, ten in der geistigen Nachfolge Georges Bad Vilbel: Edition Antaios, 2000. Daneben zur Rezeptions- ­Sorels,28 denen ihr revolutionäres Sub- geschichte: Buckmiller, Michael: Sorel et le «conservatisme révolutionnaire» en Allemagne, in: Cahiers Georges Sorel 3, jekt – das Proletariat – abhandengekom- 1985, S. 51–75. Für die Aktualität seines politischen Ansatzes men war, da dieses keineswegs zielstre- in diesem Spektrum spricht die gegenwärtige Schwemme von Wiederveröffentlichungen von Sorels Werken in Verlagen, die big an der Revolu­tion arbeitete, sondern der «Neuen» Rechten zumindest nahestehen. 6 beitrat, bevor er seine eigene Partei, trägt, und in dessen Brust ein Hammer die ­, gründete.29 Ihm zur Seite eingelassen ist. In der Krise, die stets die stand der Freund und wichtigste Schü- Mutter der Ideologiebildung und -verän- ler ­Georges Sorels, nämlich Édouard derung ist, erfolgt – wie in diesem Fall – Berth,30 der in der Zeitschrift allerdings zunächst der Rückgriff auf ideologische vorsichtshalber nur unter Pseudonym in Ansätze, die auch unter veränderten Um- Erscheinung trat. Wie Sorel erlebt dieser ständen in modifizierter Form zur aktu- gegenwärtig eine Renaissance – aufsei- ellen Krisenbekämpfung brauchbar sein ten der «Neuen» Rechten. Sein Haupt- könnten. In den Kreisen der Nouvelle werk «Die Missetaten der Intellektuellen» Droite kommt es folgerichtig seit einigen erschien 2007 im Hausverlag der Nou- Jahren zu einer Relektüre der Autoren je- velle Droite, versehen mit einer 140 Sei- ner Strömungen der Konservativen Re- ten umfassenden Präsentation durch volution, die die Verknüpfung des sozia- , den noch immer ein- len mit dem nationalen Gedanken in den flussreichsten Intellektuellen der Nou- Mittelpunkt stellen.36 velle Droite.31 So wie der Cercle Proudhon seine Wirk- samkeit nicht bereits zur Zeit seiner Exis- tenz entfaltete, sondern erst in der um- fassenden Nachkriegskrise des Ersten Weltkrieges prägend auf Strömungen der extremen Rechten in Frankreich und teilweise in anderen Ländern Westeuro- 29 Zur aktuellen rechten Rezeption von Valois vgl. v. a. Valla, Jean-Claude/Valois, Georges: De l’anarcho-syndicalisme au pas wirkte, so erfolgt seine neuerliche fascisme, Paris: Librairie Nationale, 2003; zur Biografie vgl. Gu- chet, Yves: Georges Valois, Paris: L’Harmattan, 2001; zur wis- Renaissance in der aktuellen multiplen senschaftlichen Auseinandersetzung besonders Dard, Olivier Krise.32 Gleich zwei Neuausgaben der (Hrsg.): Georges Valois, itinéraire et réceptions, Bern u. a.: Pe- ter Lang, 2011. 30 Benoist, Alain de: Édouard Berth ou le so- Cahiers wurden in schneller Folge ver- cialisme héroïque. Sorel – Maurras – Lénine, Grez-sur-Loing: öffentlicht. Zu der einen, erschienen im Pardès, 2013. 31 Berth, Édouard: Les méfaits des intellectu- els, Paris: Éditions Krisis, 2007. 32 In diesem Zusammenhang nationalrevolutionären Verlag Avatar, hat ist es wichtig zu erwähnen, dass in konservativ-revolutionä- ren Kreisen der Begriff der Krise untrennbar verbunden ist mit Alain de Benoist ein 100-seitiges «Vor- dem der Dekadenz. Erst Letztere ermögliche es der Krise, ihre wort» beigetragen,33 zur anderen, pu­ Wirksamkeit voll zu entfalten. Vgl. Freund, Julien: De la déca- dence, in: Contrepoint 18, 1975, S. 131. 33 Cahiers du Cerc- bliziert im Verlag Kontre Kulture des ehe- le Proudhon, Paris: Avatar éditions, 2007. 34 Bezeichnender- maligen Mitglieds der Kommunistischen weise trägt die von Soral nach seinem Ausscheiden aus dem Front National gegründete Gruppierung den Namen Égalité et Partei Frankreichs (PCF) und späteren Réconciliation (Gleichheit und Versöhnung), damit wie mit ih- rem Motto «Gauche du travail, droite des valeurs» (Links in der Mitglieds des Zentralkomitees des Front Arbeitswelt, rechts in den Werten) auf die Ursprünge der Kon- National, ,34 steuerte Pierre de servativen Revolution in Frankreich verweisend. Zu Soral vgl. d’Angelo, Robin/Molard, Mathieu: Le système Soral. Enquête 35 Brague eine 160-seitige Studie bei. Auf sur un facho business, Paris: Calmann-Lévy, 2015; sowie Chau- dem Cover des letztgenannten Bandes veau, Stéphanie: Au-delà du cas Soral. Corruption de l’esprit public et postérité d’une nouvelle synthèse réactionnaire, in: findet sich ein deutlicher Verweis auf die Agone 54, 2014, S. 95–122. 35 Brague, Pierre de: Le Cercle Proudhon ou l’existence d’une Révolution conservatrice fran- deutsche Konservative Revolution, näm- çaise, in: Cahiers du Cercle Proudhon, o. O.: Kontre Kulture, o. J. lich das Zeichen der «Widerstands»-Krei- (2014). 36 Vgl. Wölk, Volkmar: Tertium non datur. Anmerkun- gen zum Widerschein des revolutionären Nationalismus in der se um die gleichnamige Zeitschrift des «Neuen» Rechten, in: Wamper, Regina/Kellershohn, Helmut/ Nationalbolschewisten , Dietzsch, Martin: Rechte Diskurspiraterien. Strategien der An- eignung linker Codes, Symbole und Aktionsformen, Münster: der Reichsadler, der Schwert und Sichel Unrast, 2010, S. 102–123. MOELLER VAN DEN BRUCK: EINHEITSFRONT 7 DER REVOLUTIONÄRE VON RECHTS UND LINKS

Somit kann es kaum als zufällig ange- fe es auch hier viel zu kurz, ihn einfach sehen werden, dass Alain de Benoist in in eine Reihe mit den Nazis zu stellen, einer seiner jüngsten Veröffentlichun- doch ist die ausdrückliche Betonung not- gen als beispielhaft für die deutsche wendig, dass Moellers Verurteilung und Konservative Revolution neben Oswald Verachtung von Demokratie und Parla- Spengler gerade den «deutschen Sozia­ mentarismus, seine Forderung nach ei- lismus» Werner Sombarts, den Natio- nem Systemwechsel, bei den heutigen nalbolschewisten Ernst Niekisch sowie «Rechtspopulisten» ihren Widerhall fin- Arthur Moeller van den Bruck vorstellt37 – den in Begriffen wie «Altparteien», «Sys- jenen Moeller van den Bruck, der in sei- temparteien» und «Parteienkartell», im nem Hauptwerk «Das Dritte Reich» den wachsenden Selbstverständnis inner- Konservativen als den natürlichen Feind halb der AfD, bei dieser «Alternative für des Parlamentarismus darstellt, eines Deutschland» handele es sich um eine Parlamentarismus, «der sich schließlich Systemalternative für Deutschland. Äu- nur selbst seiner Unfähigkeit überführen ßerungen wie die von Björn Höcke, die kann»,38 Moeller, der eine Übereinstim- Deutschen als Schicksals- und Notge- mung des Konservativen mit dem «jun- meinschaft zusammenschweißend, «die gen Revolutionär» konstatiert, der «seine dramatische Lage (sei) nicht mal mit dem Enttäuschung durch die Revolution offen Hunneneinfall und den Mongolenstür- auf seine Enttäuschung durch die Demo- men vergleichbar», momentan bestün- kratie zurückführt».39 Aus dieser Konver- de «vielleicht die letzte Chance für un- genz auf der Grundlage eines «Generatio­ ser Volk, noch einmal aufzuwachen», 43 nenwechsels» wird, so Moeller van den sollen einerseits den Krisendiskurs ver- Bruck, die Konsequenz folgen, dass «sich stärken, andererseits die Notwendigkeit Niemand mehr in Deutschland finde[t], eines radikalen Bruchs mit dem System der noch eine Rechtfertigung der libe- verdeutlichen. Immer wieder wird in den ralen Errungenschaften übernimmt».40 Publikationen der «Europäischen Neuen Moeller schließt: «Der Liberalismus ist Rechten» in diesem Zusammenhang er- diejenige Weltanschauung, nein, An- wähnt, dass «wir» uns in einer Phase des schauungswelt, von der sich die Jugend «Vor-Bürgerkriegs»44 befänden. Um die- in Deutschland heute mit Ekel, mit Un- se Not zu wenden, sei die Überwindung willen und einer besonderen Verachtung der Spaltung zwischen links und rechts abkehrt, weil es nichts gibt, das ihrer ei- unverzichtbar. genen Art, die Welt anzuschauen, entge- gengesetzter und zugleich widerwärtiger wäre.»41 37 Benoist, Alain de: Quatre figures de la Révolution Con- servatrice allemande, Paris: Les Amis d’Alain de Benoist, Es ist in Deutschland wesentlich Moeller 2014. 38 Moeller van den Bruck, a. a. O., S. 126. 39 Ebd., van den Bruck, als «moderner Antimo- S. 127. 40 Ebd. 41 Ebd. 42 Grundlegend dazu Weiß, Volker: Moderne Antimoderne. Arthur Moeller van den Bruck und der derner», der als Katalysator des Wandels Wandel des Konservatismus, Paderborn u. a.: Ferdinand Schö- des Konservatismus hin zu dessen revo- ningh, 2012. 43 Geis, Matthias: Rechts überholt, in: Die Zeit 44/2015. 44 Vgl. beispielhaft Werner, Eric: L’Avant-guerre ci- lutionärer Variante wirkt.42 Natürlich grif- vile, Sion: Xenia, 2. Aufl. 2015. 8 Was heute bei Björn Höcke oder auch mus, Produktivismus und Utilitarismus, Alain Soral aufscheint, blieb bei den Na- zu denen die liberale Gesellschaft ge - tionalrevolutionären der 1960er und führt hat, auftreten.»46 Er schlussfolgert: 1970er Jahre noch isoliert. So konstatier- «Es geht nicht um ein ‹weder links noch te etwa Henning Eichberg, anknüpfend rechts›, sondern darum, deren beste Ei- an die 68er-Revolte: «Der mit Vorsicht ge- genschaften zu retten. Es kommt darauf brauchte Begriff ‹rechts› als Kollektivum an, neue politische Konfigurationen zu für Konservative und Nationalisten [ist] entwickeln, die beide transzendieren.»47 […] als analytisch-systematischer Ter- Der metapolitische Ansatz blieb in jenen minus […] gerade durch die Verbindung Jahren, in denen sich der Übergang von mit einem revolutionären Sozialismusbe- der bipolaren Welt des «Wodka-Cola-Im- griff […] unbrauchbar geworden.»45 Die- perialismus» zur unipolaren Welt der US- se Formulierung strahlte nicht über das Hegemonie vollzog, noch unfähig, mate- Zirkelwesen der damaligen Nationalre- rielle Gestalt in Form einer Organisation volutionäre hinaus. Die Krise durch die oder gar Bewegung anzunehmen. Rebellion der Jahre 1967 ff. schien nach Zwar stellte Alexander Dugin, Hauptver- mehrheitlich konservativer Anschau- treter des Eurasismus und wohl wich- ung gerade nicht für eine Konvergenz zu tigster russischer Propagandist der sprechen, sondern im Gegenteil für die Konservativen Revolution, fest, gerade Notwendigkeit einer scharfen Abgren- angesichts der damaligen Entwicklung zung von links. Es war wieder einmal die mit der «Wende» in Deutschland sei die Chaosfurcht,­ die vor diesem Schritt zu- Erforschung der Konservativen Revolu- rückschrecken ließ. tion «hyper-aktuell», denn deren Ideen Und selbst das scheinbare «Ende der seien heute «die einzige Alternative zum Geschichte», der Untergang des real- kapitalistischen Albtraum und zur atlan- sozialistischen Blocks, reichte als Kri- tischen Ausweitung der amerikanischen senszenario nicht hin, die Forderung der Macht». Dieser «außerordentlich frucht- Überwindung der Spaltung zwischen bare» und «vielfältige» Ideologiekorpus links und rechts zu befördern. Es ver - biete «die einzige operative und realis- hallte schlicht, wenn Alain de Benoist tische Möglichkeit, das Recht und die verkündete: «Die Vorstellungen von Pflicht Europas zu stärken, der Invasion ‹rechts› und ‹links› haben keine Aussa- aus der ‹Neuen Welt› zu begegnen». 48 gekraft mehr […] [Es] scheint das Links- rechts-Paradigma zunehmend durch 45 Singer, Hartwig (d. i. Henning Eichberg): Sozialismus von «rechts». Ein historischer Abriss, in: Junges Forum 2/1970, einen Bruch zwischen ‹Zentrum› und S. 2. 46 Benoist, Alain de: unveröff. Interview mit Le Mon- ‹Peripherie› ersetzt worden zu sein. Das de, 1992, zit. nach: Telos 98/99, 1994, S. 173–180, hier S. 178. 47 Benoist, Alain de: End of the Left-Right-Dichoto- erstgenannte korrespondiert mit einer my: The French Case, in: Telos 102, 1995, S. 73–89, hier: S. 89. herrschenden Ideologie, deren Aufga- Benoist beruft sich dabei auf den Konservativen Revolutionär José Ortega Y Gasset, der bereits 1930 in seinem Buch «Der be darin besteht, die Marktwirtschaft Aufstand der Massen» diese Unterscheidung als wertlos erach- tet hatte. Die zahllosen mit diesem Urteil übereinstimmenden zu legitimieren, und die letztgenannte Beispiele in dem Band belegen, dass wir es mit einer grund- schließt alle jene ein – unabhängig von legenden Traditionslinie dieses Flügels der extremen Rechten zu tun haben, vgl. Imatz, Arnaud: Droite/gauche: pour sortir de ihrem Werdegang –, die als Herausfor- l’équivoque. Histoire des idées et des valeurs non conformis- derer des axiomatischen Inhalts aus In- tes du XIXe au XXIe siècle, Paris: Pierre-Guillaume de Roux, 2016. 48 Dugin, Alexander: Panorama de la «Révolution Con- teresse und Verschnitt aus Ökonomis- servatrice en Russie», in: Vouloir 6/1996, S. 10–15, hier: S. 15. Dugin verweist in einer späteren Fassung gien, Italien, Spanien, in ganz Europa» 9 seines Aufsatzes darauf, dass es neben gegeben habe, wo dank der «immen- den «natürlicherweise konservativ-revo- sen Bemühungen der Intellektuellen der lutionären» Ländern Deutschland und Neuen Rechten» dieses «ideologische Russland Ausformungen dieses ideolo- Erbe großen Werts» wiederentdeckt gischen Komplexes in «Frankreich, Bel- werde.49

DIE KONSERVATIVE REVOLUTION ALS EUROPÄISCHES PHÄNOMEN ODER ALS CHIMÄRE?

In der Tat ist es wohl nur einer national Schuon, Leopold Ziegler, Alain Danié- verengten Sichtweise zu verdanken, lou u. a.) zusätzlich aufgenommen wer- wenn in Deutschland noch immer die den müsste. Was bleibt dann noch von Konservative Revolution als weitgehend Mohlers Begriff? Selbst der über Jahr- deutsches Phänomen betrachtet wird. zehnte maßgebliche deutsche National- Zu Frankreich liegen neben den weiter- revolutionär Henning Eichberg moniert, hin unverzichtbaren Arbeiten von Zeev es handele sich lediglich um «eine verba- Sternhell und einer Reihe von Einzeldar- le Paradoxie ohne politische Realität». 55 stellungen auch etliche Monografien mit Für Stefan Breuer ist es schlicht «ein un- Gesamtschau vor,50 auch zu Italien,51 Spa- haltbarer Begriff, der mehr Verwirrung nien,52 England, Belgien und den Nieder- als Klarheit stiftet», der deshalb «aus der landen53 gibt es entsprechende Untersu- Liste der politischen Strömungen des chungen. 20. Jh. gestrichen werden»56 sollte. Die behandelten Autoren sperren sich al- Bleibt also von der Konservativen Revo- lerdings gelegentlich der recht willkürli- lution nichts übrig als die Erfindung ei- chen Kategorisierung der Konservativen nes Begriffs durch Armin Mohler? Ist die Revolution, die Armin Mohler vorgenom- Bildung eines Idealtypus im Sinne Max men hatte. Schon für Deutschland ist Webers unmöglich? Nun, Zeev Stern- fraglich, ob die Landvolkbewegung ein 49 Dugin, Alexander: La Révolution Conservatrice russe, in: eigenständiger Strang des Ideologiebün- Eurasia 2/2006, S. 11–36, hier: S. 36. 50 Z. B. Andreu, Pi- dels Konservative Revolution gewesen erre: Révoltes de l’esprit. Les Revues des années trente, Pa- ris: Éditions Kimé, 1991; Dard, Olivier: Le rendez-vous man- ist; für andere Länder gibt es keine Ent- qué des relèves des années 30, Paris: PUF, 2002; Loubet del Bayle, Jean-Louis: Les Non-conformistes des années 30. Une sprechung für dieses Phänomen. Auch tentative de renouvellement de la pensée politique françai- die Bündischen bleiben eine deutsche se, Paris: Seuil, 1969. 51 Veneziani, Marcello: La Rivoluzione Conservatrice in Italia. Genesi e sviluppo della «ideologia itali- Spezialität. Armin Pfahl-Traughber be- ana» fino ai nostri giorni, Carnago: Sugarco, 1994. Der Autor mängelt Mohlers Einbeziehung der Völ- zählt selbst zur italienischen «Neuen» Rechten. 52 Marcigli- ano, Andrea: I figli di Don Chisciotte. La Rivoluzione Conser- kischen, da dadurch «letztendlich auch vatrice in Spagna prima della Guerra Civile, Roma: Panthe- on, 2003. 53 Weißmann, Karlheinz (Hrsg.): Die Konservative keine terminologische Unterscheidung Revolution in Europa, Schnellroda: Institut für Staatspolitik, mehr zu den Nationalsozialisten mög- 2013. 54 Pfahl-Traughber, Armin: Die «Konservative Revolu- tion». Der publizistische Angriff auf den demokratischen Ver- 54 lich» sei. Dagegen wäre zu erwägen, fassungsstaat der Weimarer Republik, in: Mut, Januar 1998, ob nicht der «Integrale Traditionalismus» S. 40–56, hier: S. 44. 55 Singer, a. a. O., S. 13. 56 Breuer, Ste- fan: Anatomie der Konservativen Revolution, Darmstadt: Wis- (Julius Evola, René Guénon, Frithjof senschaftliche Buchgesellschaft, 1993, S. 181. 10 hell verweist für den Faschismus darauf, losophen Costanzo Preve als Beispiel für dass es nur wenige Begriffe gebe, «die eine gelungene Überwindung des Links- gleichzeitig derart verschwommen und rechts-Gegensatzes an.59 Preves Weg unpräzise umrissen sind» wie dieser. Er führte ihn von der Kommunistischen Par- ergänzt, dass dieser Mangel allerdings tei Italiens und der linksradikalen Demo- auch auf die Demokratie zutreffe, denn crazia Proletaria zum Herausgabekreis deren «Konzepte sind zu breit angelegt, der «neu-»rechten Zeitschrift Krisis. Die um sie in Worte zu fassen».57 Und er zi- französische nationalrevolutionäre Grup- tiert Norman Kogan, der bei der Über- pe Organisation socialiste révolution- prüfung des von ihm maßgeblich mit naire européenne widmete Preve nach italienischem Material erarbeiteten Mo- dessen Tod eine Broschüre mit Texten dells von Faschismus zu dem verblüf- und Interviews.60 Den Übergang ermög- fenden Schluss kam, dass «Italien un- licht hatte sein militanter Antiamerikanis- ter dem Faschismus kein faschistischer mus im Gewand des Antiimperialismus. Staat war».58 Trotz dieser offenkundi- Basis dieses Antiamerikanismus wie­ gen Unzulänglichkeiten nutzen wir die derum war sein Antiliberalismus. Begriffe allerdings weiterhin. Auch die Einen ähnlichen Weg wie Preve ist Paul Konservative Revolution ist als Idealty- Piccone gegangen, langjähriger Heraus­ pus dann nutzbar, wenn wir ihren Kern- geber der US-amerikanischen sozial- gehalt begrenzen. Im Gegensatz zum wissenschaftlichen Zeitschrift Telos, die herkömmlichen Konservatismus entwi- aus der dortigen 68er-Bewegung ent- ckelten die Konservativen Revolu­tionäre standen ist. Auch er wird (posthum) ein offensives Konzept zur gesellschaftli- im He­rausgabekreis der Krisis geführt. chen Transformation, deren Ziel ein klas- Die Liberalismuskritik durch Telos führ- sentranszendierender Sozialkörper war, te dort zu einer positiven Rezeption Carl in dem jedes Individuum seinen festen, Schmitts und letztlich zu einem «drift ihm zustehenden Platz hat. Als Voraus- from Left to Right».61 Inzwischen werden setzung dafür wurde die Überwindung in dem der Zeitschrift angeschlossenen der Dichotomie zwischen «links» und gleichnamigen Verlag vorwiegend Über- «rechts» durch einen «Dritten Weg» jen- setzungen von Schriften Carl Schmitts seits von Kapitalismus und Sozialismus und Ernst Jüngers publiziert. Tamir Bar- angesehen, ebenjener Synthese aus so- On führt Übereinstimmungen in den zialen und nationalen Elementen. Analysen von «Neuer Linker» und «Neuer Das Bestreiten der Gültigkeit des anta- Rechter» an, die genau solche Fronten- gonistischen Begriffspaares «links» und «rechts» zieht sich deshalb wie ein roter 57 Sternhell, a. a. O., S. 11 ff. 58 Kogan, Norman: as a political system, in: Woolf, Stuart Joseph (Hrsg.): The Nature Faden durch die Geschichte der Konser- of Fascism, London 1968, S. 16. 59 Imatz, Arnaud: Le cliva- vativen Revolution bis zum heutigen Tag. ge droite/gauche en question, in: Nouvelle Revue d’Histoire 85, 2016, S. 14–17, hier: S. 15. Die benannte Zeitschrift wur- Arnaud Imatz, französischer Spezialist de durch begründet, der nach seinem Su- izid zum Idol besonders der «Identitären» geworden ist. Zum der extremen Rechten für die Geschich- gleichen Thema von Imatz ausführlich: Imatz, Arnaud: Par te des Spanischen Bürgerkriegs, führt delà droite et gauche. Permanence et évolution des idéaux et des valeurs non conformistes, Paris: Godefroy de Bouillon, im Interview mit der Nouvelle Revue 1996. 60 Rébellion (Hrsg.): Hommage à Costanzo Preve. Tex- d’Histoire neben Jean Baudrillard den ita- tes – Entretiens, Toulouse: Rébellion, 2014. 61 Vgl. dazu: Bar- On, Tamir: Where have all the fascists gone?, Aldershot: Ash- lienischen, ehemals marxistischen Phi- gate, 2007, S. 148–154. wechsel ermöglichen: «Rebellion gegen gen «Institut für Demokratie und Zusam- 11 die etablierten (‹alten›) politischen Ideo- menarbeit» aus dem engen Umfeld Wla- logien und Eliten sowohl der Rechten als dimir Putins anzunehmen.63 auch der Linken, Angriff auf etatistischen Fakt ist, dass es erst solcher «Blutauffri- und korporatistischen Autoritarismus, schungen» bedurfte, die zumindest die totale Verachtung des schrankenlosen, Frage erlauben, ob in der 68er-Bewe- globalen Kapitalismus, Ablehnung von gung auch rechte Inhalte steckten64 oder Liberalismus und Neoliberalismus, Ab- ob durch sie Strategien zur Verfügung lehnung des traditionellen Konservatis- gestellt wurden, damit aus den metapo- mus, Ablehnung der orthodoxen Varian- litischen Ansätzen der «Neuen» Rechten ten von Sozialismus und Kommunismus, eine reale Bewegung erwachsen konn- ein ausdrücklicher geopolitischer Anti- te, die in die Politik eingreift oder das be- amerikanismus.»62 Dem letztgenannten absichtigt. Dies geschah und geschieht geopolitischen Antiamerikanismus dürf- nicht in jedem Fall im direkten Weg über te es auch zu verdanken sein, dass ehe- Renegaten, sondern kann ebenso durch malige Linke wie Jürgen Elsässer kein die Verarbeitung linken Gedankenguts Problem damit hatten, Unterstützung und dessen Wendung nach rechts ge- beispielsweise von dem in Paris ansässi- schehen.

«GESELLSCHAFT DES SPEKTAKELS» UND IDENTITÄRES SPEKTAKEL

Musterbeispiel dafür ist Guillaume ­Faye, anderen Vertretern der «Neuen» Rech- lange Jahre neben Alain de Benoist wich- ten ebenso67 wie die für den dissidenten tigster Autor der . 65 Er, Marxisten , der ebenfalls Absolvent des renommierten Institut in Zusammenhang mit den Situationis- d’études politiques an der Pariser Sor- ten stand. Éric Brun spricht in Bezug bonne, erklärt, er sei nur wenig beein- druckt von den Strukturalisten, allerdings 62 Bar-On, Tamir: Rethinking the French New Right. Alterna- tives to modernity, London/New York: Routledge, 2013, S. 55. mache er für den französischen Bereich Neben diesen negativen Übereinstimmungen nennt der Autor «bemerkenswerte Ausnahmen für Julien auch einige wenige positive (S. 55 f.), während die Aufzählung der ideologischen Differenzen wesentlich mehr Raum bean- Freund, Maffesoli, Lefebvre, Deleuze und sprucht (S. 56–62). 63 Zu diesem Institut vgl. Vaissié, Cécile: Les Réseaux du Kremlin en France, Paris: Les petits matins, Debord. Ich habe einige Zeit an der situa­ 2016, S. 101–118. 64 Seitenbecher, Manuel: Mahler, Masch- tionistischen Strömung teilgenommen, ke & Co. – Rechtes Denken in der 68er-Bewegung?, Paderborn u. a.: Schöningh, 2013. 65 Ausführlicher zu dessen Einfluss wegen der Kraft ihrer Kritik an der west- auf die aktuelle nationalrevolutionäre Strömung und beson- lichen Gesellschaft und deren Leere. Pa- ders die «Identitären» vgl. Wölk, Volkmar: Kreuzritter für das Abendland. Oder: Lutz Bachmann als Katechon der Apokalyp- radoxerweise hat das dazu geführt, dass se?, in: Burschel, Friedrich (Hrsg.): Durchmarsch von rechts, Berlin: Rosa-Luxemburg-Stiftung, 2016, S. 55–67. 66 Faye, ich in den 1970er Jahren begonnen ha- Guillaume: Les Titans et les Dieux. Interview mit Christopher be, mich für den GRECE und die Nouvelle Gérard, in: Antaios XVI, 2001, S. 110–130, hier: S. 111. 67 Vgl. Bourseiller, Christophe: , les situationnistes et 66 Droite zu interessieren.» Diese Faszina- l’extrême droite. Récupération à tous les étages, in: ders.: À tion für Guy Debords Analyse der «Ge- gauche, toute!, Paris: CNRS Éditions, 2009, S. 175–194. Als Beispiel für diese Rezeption vgl. Champetier, Charles: Debord sellschaft des Spektakels» teilt Faye mit est mort … Vive Debord!, in: Eléments 82, 1995, S. 36–41. 68 12 auf ihn sogar von einer Patronage. Die- selbst war unter Berücksichtigung ihrer se Faszination der «Neuen» Rechten ist medialen Vermarktung geplant worden. zumindest teilweise dem Umstand ge- Umgehend wurde die erzielte Aufmerk- schuldet, dass die politische Konsequenz samkeit genutzt und mit einem weite- der genannten Intellektuellen aus ihren ren Video nachgelegt, das provokant mit Analysen nicht in ihrer Beteiligung am «Kriegserklärung» betitelt wurde. Un- verhassten parlamentarisch-demokra- termalt mit der üblichen bedeutungs- tischen System bestand, nicht in ihrer schweren Musik, in Deutschland aus Bindung an Parteien, sondern dass sie den Ak­tions­videos der «Unsterblichen» der «Gesellschaft des Spektakels» einen bekannt, wurden die Verfehlungen der Spiegel vorhielten, dass sie diese Gesell- 68er-Generation angeprangert und versi- schaft mit dem einzig wirksamen Mittel, chert, man selbst stehe für jene Genera- dem des Spektakels, bekämpften. tion, die jene Zustände nicht länger hin- Genau dieser Ansatz findet sich bei den nehmen und dafür sorgen wolle, dass die heutigen «Identitären». Wenn Matthias Rückkehr zu einer Gesellschaft stattfin- Drobinski für diese feststellt, «es ähneln de, die die Identität gewährleiste. ja auch viele Techniken der politischen Nach langjähriger weitgehend vergebli- Auseinandersetzung denen der 68er: cher Arbeit in der Partei Bloc identitaire71 der kalkulierte Tabubruch, das betont hatte der Nachwuchs dieser national­ schlechte Benehmen, die Nutzung alter- revolutionären Organisation endlich das nativer Medien, die Verachtung des an- Mittel zur (Medien-)Wirksamkeit gefun- geblichen ‹Mainstreams›»,69 dann spricht den.72 Dass es sich nicht lediglich um er Aktionen an wie die Besetzung einer eine weitere völkisch-nationalistische in Bau befindlichen Moschee in Poitiers durch rund 100 Aktivisten der Généra­ tion identitaire, die wenig später als Vi- 68 Brun, Éric: Les situationnistes. Une avant-garde totale, Paris: CNRS Éditions, 2014, S. 332–342. 69 Drobinski, Mat- deo im Netz bestaunt werden konnte und thias: Der neue Rechtspopulismus, in: Süddeutsche Zei- bereitwillig von allen Medien als Spekta- tung, 13.8.2016. 70 Vgl. Blanc, William/Naudin, Christophe: Charles Martel et la bataille de Poitiers. De l’histoire au my - kel aufgegriffen wurde. Bewusst wurde the identitaire, Paris: Libertalia, 2015. 71 Im Sommer 2016 hat diese Mutterorganisation der Génération identitaire ihren als Datum für die Besetzung der angeb- Parteienstatus aufgegeben. Letztere, inzwischen nach Eigen- liche Jahrestag jener Schlacht gewählt, angaben auf 2.000 Mitglieder angewachsen, werde ihre Ar- beit fortsetzen, während sich der Bloc identitaire künftig auf durch die Charles Martel die aus Süden Schulungs- und Strategiearbeit konzentrieren werde. Ange- vorrückenden Mauren zurückschlug und strebt werde eine Art Arbeitsteilung mit dem Front National, wobei die «Identitären» jene Aktionen durchführen, die sich dabei angeblich ein erstes Mal Europa einer Wahlpartei verbieten. Hinter diesem Schritt steht eine Beitrittswelle aus Reihen der «Identitären» zum Front Natio- vor den eindringenden Arabern rette- nal, die hätte gebremst werden können, wenn Doppelmitglied- te. Dass weder der genaue Termin noch schaften in einer anderen Partei bestanden hätten. 72 Für die Nachwirkung dieses Handstreichs spricht, dass das genutzte der exak­te Ort dieser Schlacht historisch und zum Mythos erhobene Symbol der Schlacht von Poitiers gesichert feststehen, störte die beteilig- umgehend von anderen Gruppen der extremen Rechten auf- gegriffen wurde. So fand am 7. Juni 2015 unter dem Titel «Vers ten «Identitären» wenig, denn sie hatten une nouvelle reconquête» das erste Treffen diverser kleinerer Organisationen statt. Vgl. die Redebeiträge in Synthèse natio- von Georges Sorel die Notwendigkeit nale, Sondernummer 5, Herbst 2015. Der Belgier Robert Steu- der Nutzung mobilisierender Mythen ge- ckers, Gründer und Kopf der phasenweise mit dem GRECE kon- kurrierenden gesamteuropäischen Synergies Européennes, 70 lernt. betitelt seine jüngste Veröffentlichung, einen Sammelband zur Die Aktion war der Beginn der Erfolgsge- «Neuen» Rechten und deren Quellen, folgerichtig «Sinergias Identitarias», vgl. Steuckers, Robert (Hrsg.): Sinergias Identi- schichte der «Identitären». Bereits die Tat tarias, Alicante: Editorial EAS, 2016. 77 Struktur der extremen Rechten han- ge. Dies alles werde dazu führen, dass 13 delt, sondern dass die «Identitären» da- «morgen die Barbaren» die Herrschaft bei zugleich die in Frankreich verbrei- in Europa übernähmen. 78 Die zuneh- tete Europaorientierung der dortigen mende Rezeption der Nouvelle Droite in Konservativen Revolutionäre (z. B. Denis Deutschland führt dazu, dass mit erheb- de Rougemont, Alexandre Marc, Pierre licher Verspätung Schlüsselwerke dieses Drieu la Rochelle) übernommen hatten ideologischen Lagers ins Deutsche über- und den bereits im Cercle Proudhon und setzt werden79 und deren Autoren auch in von seinen ideologischen Nachfolgern angesehenen Medien wie der Frankfurter wie Yann Fouéré73 gepflegten Föderalis- Allgemeinen Zeitung breiten Raum fin- mus vehement vertraten, wurde bei der den.80 Mit dem Österreicher Martin Licht- Analyse häufig übersehen. Beide Merk- mesz und mit Benedikt Kaiser, der sein male sorgten indes dafür, dass der Front Studium in Chemnitz mit einer Arbeit National sich gegen die Aufnahme be- über und des- kannter Repräsentanten der «Identitä- sen Europaideologie abgeschlossen hat, ren» heftig sträubte. arbeiten nunmehr beim Verlag Antaios Inzwischen existiert seit 2010 mit Arktos­ zwei Personen, die dazu beitragen sollen, ein mehrsprachiges Verlagshaus, das die notorische nationale Borniertheit der wichtige Autoren des «neu-»rechten deutschen extremen Rechten zu über- Lagers – von Alain de Benoist über Ale- winden81 und mit Personen wie Drieu la xander Dugin bis zu Moeller van den Rochelle Denker in Deutschland zu po- Bruck – in Übersetzungen zugänglich pularisieren, deren Werke und politisch- macht. All dies trug erheblich dazu bei, philosophische Ansätze im deutsch- die Identitäre Bewegung zum Export- sprachigen Raum bisher kaum rezipiert schlager werden zu lassen, die mit Casa Pound ihre Entsprechung in Italien be- 73 Z. B. Fouéré, Yann: L’Europe aux cent drapeaux. Essai pour 74 sitzt, schnell in Österreich Fuß fasste servir à la construction de l’Europe , Paris: Presses d’Europe, und sich auch in Deutschland, zunächst 1968. 74 Vgl. Albanese, Matteo u. a.: Fascisti di un altro millen­ nio? Crisi e partecipazione in CasaPound Italia, Roma: Bonan- als virtuelle Bewegung, etablierte. Dies no, 2014. 75 Faye, Guillaume: Convergence of Catastrophes, London: Arktos, 2012 (zuerst Paris 2004 unter dem Pseudo- hat wenig mit «Rechtspopulismus» zu nym Guillaume Corvus). 76 Faye, Guillaume: La colonisation tun, ebenso wie die Stigmatisierung de l’Europe. Discours vrai sur l’immigration et l’islam, Paris: L’Æncre, 2000; Blot, Yvan: L’Europe colonisée, o. O.: ­Éditions als «Neonazis» nicht trifft. Solche Cha- Apopsix, 2014. Blot gehörte seit Ende der 1960er Jahre dem rakterisierungen sind nicht einfach nur GRECE an, wechselte später zum Front National, den er 2000 wieder verließ. 77 Vgl. besonders Menzel, Felix/Arronax, falsch, sie führen auch zu einer gefähr­ ­Pierre: Der vertagte Bürgerkrieg. Frieden, Brutalität und Chaos in der totalitären Moderne, Chemnitz: Blaue Narzisse, 2016; so- lichen Unterschätzung. wie aus der Fülle der Literatur Lyman, Otto: Vom kommenden Die «Neue» Rechte mit ihrem Vor- und Bürgerkrieg. Eine Zukunftsvision, Berlin: Selbstverlag, 2012; Rioufol, Ivan: La guerre civile qui vient, Paris: Pierre-­Guillaume Umfeld, in Deutschland von Pegida über de Roux, 2016; Werner, a. a. O. 78 Poupart, Franck: Demain die AfD bis zum rudimentären Thinktank les barbares. Chroniques du grand effondrement , o. O.: o. A., 2014. 79 Camus, Renaud: Revolte gegen den großen Aus- «Institut für Staatspolitik», ist sich einig tausch, Schnellroda: Antaios, 2016; Raspail, Jean: Das Heer- lager der Heiligen, Schnellroda: Antaios, 2015 (zuerst Paris in der Analyse, dass wir in einer Phase 1973). 80 Vgl. beispielsweise Konrad Weiß mit einem eben- der «Konvergenz der Katastrophen»75 le- so langen wie bewundernden Text über Jean Raspail, den er in der «neu-»rechten Sezession variierte. Vgl. Weiß, Konrad: Ge- ben, die zu einer «Kolonisierung Euro- neralkonsul eines Königreichs der Phantasie, in: Frankfurter pas» führe oder schon geführt habe76 und Allgemeine Zeitung, 6.4.2016; ders. in: Sezession 73, 2016, S. 32–37. 81 Z. B. Kaiser, Benedikt/Wegner, Nils: ­Dissidente die einen Bürgerkrieg bereits in sich tra- Denkzirkel Europas, in: Sezession 73, 2016, S. 24–29. 14 wurden. Damit bewegen sie sich – ein men Rechten – zeitgleich mit einem neu- Novum in der Nachkriegsgeschichte der erlichen Boom dieses Autors in Frank- traditionell denkfaulen deutschen extre- reich.82

TUMULT: «DAS SCHILLERN DER REVOLTE»

Einen alternativen Beitrag mit Teilschnitt- ­Tilitzki, der ebenfalls zum Autorenstamm mengen bei der Zielgruppe leistet eine der Etappe zählte.85 andere Zeitschrift. Ein Blatt mit Tradition, Neben dem Bezug auf Julien Freund gibt dessen Wurzeln in das Jahr 1978 zurück- es einen zweiten Punkt, den Herausge- reichen.83 Die heute in Dresden erschei- ber Frank Böckelmann mit Guillaume nende Vierteljahreszeitschrift Tumult hat Faye teilt: die situationistische Vergan- einen weiten Weg zurückgelegt, bei dem genheit. Heute dagegen charakterisiert der heutige alleinige Herausgeber, Frank der rechte Blog «eigentümlich frei» Bö- Böckelmann, die einzige Konstante dar- ckelmanns Zeitschrift als «konservativ- stellt. anarchisch». Anarchisch, nicht anar- In der Gegenwart widmet die Zeitschrift chistisch. Der Anarch, das ist im rechten Tumult dem auch von Guillaume ­Faye Weltbild der Idealtypus des souveränen verehrten Julien Freund einen Themen- Menschen, ist Ernst Jüngers «Waldgän- schwerpunkt, begleitet publizistisch die ger», ein aristokratischer Individualist, Proteste gegen die «Bilderberger»84 und übt sich in der «Analytik des Gutmen- 82 Vgl. Guchemand, Frédéric: Bienvenue dans le domaine pu- schen». Wo ehedem noch weltbekann- blic. Le grand retour de Drieu la Rochelle, in: Éléments 162, te Intellektuelle wie Jean Baudrillard, Mi- 2016. Vgl. auch das Themenheft «Drieu la Rochelle – le Fran- çais d’Europe», Cahiers d’Histoire du Nationalisme 10/2016. chel Foucault, Michel Serres oder Paul In sechs Bänden wird gegenwärtig erstmals Drieus gesam- Virilio als korrespondierende Mitglie- tes unselbstständiges Schrifttum publiziert: Drieu la Rochel- le, Pierre: Drieu en kiosque, Paris: Place Maubert, 2016 ff. Für der der Redaktion geführt wurden, wer- Deutschland ist eine Neuausgabe des 1966 erstmals erschie- nenen Romans «Die Unzulänglichen» («Gilles») geplant. Ein den heute Andreas Raithel und Ulrich Werk, das man durchaus als faschistischen Schlüsselroman Schacht als «Berater» im Impressum be- charakterisieren kann, in dem bereits damals gegen die «Über- fremdung» Europas aus Afrika und dem arabischen Raum po- nannt. Raithel gehörte zum Gründungs- lemisiert wird. Der Verleger, dessen erste Veröffentlichung stamm der «neu-»rechten Zeitschrift dieser «Schlüsseltext der europäischen Literatur des 20. Jahr- hunderts» werden soll, ist der Burschenschafter Philip Stein, Etappe, Schachts Prominenz gründet einer der Mitbegründer der «neu-»rechten Struktur «Ein Pro- zent». Vgl. «‹Europa muß zusammenstehen!› – Im Gespräch sich wesentlich auf seinen Status als mit Philip Stein über den Jungeuropa Verlag und Pierre Drieu DDR-Dissident und seine Aktivitäten am la Rochelle», unter: www.sezession.de/56128/europa-muss- zusammenstehen-im-gespraech-mit-philip-stein-ueber- rechten Rand der Union. Als einer der den-jungeuropa-verlag-und-pierre-drieu-la-rochelle.html/ Lektoren wurde kurzzeitig der Dresdner print/. 83 Vgl. Wölk, Volkmar: «Das Schillern der Revolte», in: Der Rechte Rand 162, 2016, S. 7. 84 Lauermann, Manfred: Literaturwissenschaftler und Spezialist Einflüsterer und Menschenrechtsdealer: die Bilderberger, in: Tumult 2/2016, S. 17–22. Lauermann ist ein ehemaliger ortho- für die Gebrüder Ernst und Friedrich Ge- dox-marxistischer Linker, dessen Verachtung der bürgerlichen org Jünger Ulrich Fröschle angegeben, Gesellschaft ihn nach rechtsaußen hat wandern lassen. 85 Zu diesem siehe: Luca/Milly/Timo: Vom «Pluriversum der Völker» auch er dem Kreis um die Etappe ent- und «Roosevelt’schen Weltherrschaftsplänen». Eine Einfüh- stammend. Er ist abgelöst worden durch rung in die obskure Gedankenwelt des neu-rechten FU-Do- zenten Christian Tilitzki, in: Out of Dahlem, Sommersemester den Philosophiehistoriker Christian 2009, S. 34–41. der durch seine Entschlossenheit zum Anfänge in der revanchistischen «Deut- 15 Widerstand besticht. Hätte man Frank schen Jugend des Ostens» und als Mit- Böckelmann, den Kopf hinter dem Blatt glied der faschistischen französischen mit dem Untertitel «Vierteljahresschrift Partei .87 Auch er gehörte für Konsensstörung», in der Gründungs- zu den Mitbegründern der Zeitschrift Tu- phase des Blattes, damals noch mit dem mult. Seine Vergangenheit in der Jeune Untertitel «Schriften zur Verkehrswis- Nation charakterisiert er heute als «frühe senschaft», mit dieser Zuschreibung Europäisierung».88 Als konservativ hätte konfrontiert, hätte er sich vermutlich ei- sich wohl niemand von ihnen bezeich- nen besonders gelungenen Akt der Sub- net, den Anarchen dagegen hätten eini- version zugeschrieben. Wie kann man ge als nicht ganz unberechtigt akzeptiert. ausgerechnet ein Wort wie «Tumult» im Doch am Ende des «roten Jahrzehnts» Kontext einer Begrifflichkeit verorten, die (Gerd Koenen), der Jahre bis 1977/78, auf den Diskurs der Konservativen Re- stand das Scheitern. Das Scheitern der volution verweist? Tumult steht für un- Subversiven Aktion wie der Subver­sion gerichtete, ziellose Unordnung, letztlich insgesamt, das des Sozialistischen Deut- für die Vorstufe des Chaos. Und ist nicht schen Studentenbunds (SDS) wie der die Chaosfurcht die ideologische Mutter antiautoritären Bewegung. Die Alterna- jeglichen rechten Denkens, das Streben tive zum Staatssozialismus hatte sich nach (dauerhafter) Ordnung ihr zuge­ nicht als tragfähig erwiesen. Immerhin: hörig? Vom orthodoxen Marxismus hatte man Frank Böckelmann war in seiner Jugend- zumindest Lenins Diktum, dass jegliche zeit Aktivist der Subversiven Aktion, ei- revolutionäre Bewegung einer revolutio- ner Nachfolgestruktur der linksradika- nären Theorie bedürfe, nicht verworfen. len Situationistischen Internationale.86 Also wurde Theorie rezipiert. Theorie, die Um «Konsensstörung» ging es ihm und die Grenzen bisheriger Ansätze spreng- seinen Mitstreitern schon damals, auch te, jene der linken Dissidenten. Theori- wenn an den Tumult noch nicht einmal en, die nicht länger in einer Klasse das gedacht wurde. Stattdessen war man revolutionäre­ Subjekt sahen, sondern Teil der Revolte, jener der Jahre 1967/68, vielmehr «nicht vollständig unterworfene lieferte wichtige Impulse für die Heraus- Widerstandssubstrate», jene «renitenten bildung und Ideologie der sogenann- Restbestände», die sich «der Totalität der ten antiautoritären Linken. Zwar kam Kapitalverwertung entziehen».89 Wie die die Subversive Aktion nie über ein Zir- revolutionären Syndikalisten zur Zeit des keldasein hinaus, doch war ihr Einfluss beträchtlich. Noch heute bekannte Na- 86 Als Ein- und Überblick siehe Böckelmann, Frank/Nagel, Her- men wie Rudi Dutschke, Dieter Kunzel- bert (Hrsg.): Subversive Aktion. Der Sinn der Organisation ist mann, Herbert Nagel und Bernd Rabehl ihr Scheitern, Frankfurt a. M.: Neue Kritik, 2002. 87 Auch der Carl-Schmitt-Exeget Günter Maschke, einer der wichtigsten unter den Protagonisten sprechen dafür. deutschen Autoren der «Neuen» Rechten, hatte bei seinem wechselvollen Weg durch die Linke bei der Subversiven Ak- Bernd Rabehl, inzwischen zum Professor tion Station gemacht. 1964 versuchte er, eine Ortsgruppe in in Berlin avanciert, allerdings landete im Tübingen aufzubauen. Siehe Maschke, Günter: Verräter schla- fen nicht, Kiel: Regin, 2011, S. 19–22. 88 Böckelmann/Nagel Lager der extremen Rechten, war zuletzt a. a. O., S. 502. 89 Böckelmann, Frank: Vorübungen für die sogar als Gutachter aktiv für die NPD. Schrift «Lieferungen für eine Revolutionsmaschine», in: ders. u. a.: Das Schillern der Revolte, Berlin: Merve, 1978, S. 35–61, Herbert Nagel wiederum hatte seine hier: S. 35 f. 16 Cercle Proudhon suchte man verzweifelt ligen Zeit um eine «Philosophie der Apo- nach einem neuen revolutionären Sub- kalypse».93 Nun, zeitgemäß ist das Blatt jekt, man kämpfte – so der Untertitel des damit allemal: Apokalyptisches Denken, «Das Schillern der Revolte» einleitenden mindestens als «Untergang des Abend- Aufsatzes – «Für eine entgrenzte Theorie landes» oder als «Konvergenz der Kata­ der Subversion». strophen», hat Hochkonjunktur. Das Entgrenzen meint mehr, als die Gren- neue revolutionäre Subjekt scheint in zen der Orthodoxie und des Dogmatis- den Pegida-«Abendspaziergängern» ge- mus zu überschreiten. Wer Grenzen nur funden. Die Konservativen Revolutionäre überschreitet, erkennt sie trotzdem an. von heute, so scheint es, sind gelegent- Wer entgrenzt, bestreitet deren Gültig- lich auch die Revolutionäre von gestern. keit, letztlich auch die von Grenzen ins- gesamt. Auch die zwischen links und rechts. Und so kam Karin Priester bereits 1995 zu dem Schluss, es handele sich bei Tumult-Autoren wie Dietmar Kamper und Walter Seitter um «geistige Pfadfin- der der Neuen Rechten», die – nach ihrer Aneignung Martin Heideggers – «apoka- 90 Priester, Karin: Philosophie der Apokalypse. Geistige Pfad- finder der Neuen Rechten, in: Blätter für deutsche und interna- lyptisches Denken, meist in Verbindung tionale Politik 10/1995, S. 1241–1251. Eine deutliche Tendenz mit der Gnosis» pflegten. Dabei gehe es für ein vergleichbares Abdriften nach rechts in der Gegenwart konstatiert Priester den einflussreichen linken Theoretikern um mehr als um Esoterik, nämlich «um Chantal Mouffe und Ernesto Laclau, die «das Volk als Kate- die Kritik des Bestehenden, die radikal chon» entdeckt hätten. Ihre Rezeption des Konservativen Re- volutionärs habe zu einer frappierenden «Konver- vor jeder konkret-historischen Gesell- genz ihres Denkens mit dem wohl bekanntesten Theoretiker der Neuen Rechten, Alain de Benoist,» geführt, was Priester schaftskritik ansetzt und weit über sie unter der Überschrift «Laclau, Mouffe und die Neue Rechte: hinauszugehen beansprucht». Es han- Feindliche Brüder im Nichts?» belegt. Vgl. Priester, Karin: Mys- tik und Politik. Ernesto Laclau, Chantal Mouffe und die radika- dele sich um einen «Radikalismus des le Demokratie, Würzburg: Königshausen & Neumann, 2014, non plus ultra mit jenem elitären Hauch S. 270 ff. 91 Heidegger klagt, das Grundmotiv Dekadenz be- dienend: «Der geistige Verfall der Erde ist so weit fortgeschrit- von ‹radical chic›, der jede konkret-histo- ten, dass die Völker die letzte geistige Kraft zu verlieren drohen, die es ermöglicht, den […] Verfall auch nur zu sehen und als rische Gesellschaftskritik als spießigen solchen abzuschätzen.» Und, wie auf die Konservativen Revo- Reformismus erscheinen lässt». 90 Sie lutionäre heutiger Zeit zugeschnitten: «Dieses Europa, in heil- loser Verblendung immer auf dem Sprunge, sich selbst zu er- verweist – nicht nur für die Mannschaft dolchen, liegt heute in der großen Zange zwischen Rußland der Tumult – auf die zentrale Bedeutung auf der einen und Amerika auf der anderen Seite. Rußland und Amerika sind beide, metaphysisch gesehen, dasselbe; diesel- Heideggers, der nicht zuletzt durch die be trostlose Raserei der entfesselten Technik und der bodenlo- sen Organisation des Normalmenschen.» Heidegger, Martin: Radikalität seines Denkens faszinier- Einführung in die Metaphysik, Tübingen: Niemeyer, 5. durch- te, als Wendemarke des ideologischen ges. Aufl. 1987, S. 28 f. 92 Pornschlegel, Clemens: Pappka- merad Heidegger. Zur Verdrängung der Judenfrage aus der 91 Wegs. Was bei Tumult mit Faszination bundesrepublikanischen Moderne, in: Tumult 3/2015, S. 62– begann, endet heute vorläufig in einer 70; Gerlich, Siegfried: und der Aufgang des Abendlandes. Die «Schwarzen Hefte» gegen ihren Herausge- Verteidigung des Philosophen gegen den ber verteidigt, in: Tumult 4/2015, S. 71–76. 93 Indirekt bestä- tigt das Ulrich Raulff, früher geschäftsführender Redakteur der Anwurf des Antisemitismus, der spä- Tumult, wenn er seinen Ausstieg aus der Zeitschrift begrün- testens nach der Veröffentlichung sei- det: «Zunehmend macht sich der Einfluss von Autoren spürbar, die, wie der Berliner Soziologe Dietmar Kamper, die Welt mit ner «Schwarzen Hefte» vehement wur- dunklen Weisheitslehren beschenkten, die der Stillage nach de.92 Es handele sich, so Priester weiter, als French theory galten.» Vgl. Raulff, Ulrich: Wiedersehen mit den Siebzigern. Die wilden Jahre des Lesens, Stuttgart: Klett- bei der Ideologie des Tumult der dama- Cotta, 2014, S. 114. AUF DER SUCHE NACH DEM «KATECHON EUROPA» 17

Und sie sind bereit, die «Metapolitik», 94 vor dem Tag X Avantgardisten und Vor- die seit den Gründungsjahren der Nou- denker, die Geschichten, Bilder und Ide- velle Droite zu Beginn der 1960er Jah- en in Umlauf bringen. Das ist gegenwär- re und seit Dominique Venners prä - tig die Aufgabe eines Jungen Europas.»99 gender strategischer Schrift «Für eine Und sie fahren fort: «Die wechselseitige positive Kritik»95 die unbestrittene Leit- Verknüpfung und das Ineinandergreifen linie ihrer Arbeit darstellte, zu ergänzen von Metapolitik und politischem Akti- durch die schnöde Realpolitik. So dekla- vismus sind unverkennbar die entschei- riert ­Pierre Krebs, Kopf des marginalen dende Grundvoraussetzung, ja dringen- «neu-»rechten Thule-Seminars, in seiner de Notwendigkeit, um nicht im Treibsand jüngsten Veröffentlichung großspurig: zwischen Salonrevoluzzer und blindem «Reconquista! Wir sind keine Abendspa- Sansculottentum zu verenden.»100 Als ziergänger. Wir sind Deutschland-Erwe- vorbildhaft für diesen Ansatz werden – cker!»96 Weniger abfällig urteilen ande- sichtlich fasziniert – «CasaPound» und re, wichtigere Strukturen der «Neuen» die französischen «Identitären» vorge- Rechten über die Pegida-Abendspa - stellt. Die EU sei lediglich eine «Zwi- ziergänger. Als das Institut Iliade, 97 das schenstation auf dem Weg zur Weltge- in mancherlei Hinsicht die frühere Rolle des GRECE übernommen hat, im April 94 Das Konzept der «Metapolitik» wird nicht zuletzt durch die 2016 vor knapp 1.000 Teilnehmenden Nouvelle Droite selbst immer wieder mit einem angeblichen im Pariser «Haus der Chemie» seinen «Gramscismus von rechts» in Verbindung gebracht. Wahr- scheinlicher ist die Nutzung anderer Quellen aus dem eigenen jährlichen Kongress abhielt, da wurde ideologischen Lager. Sie scheint diesen Terminus zu verdanken, der in seinem «Essai sur le principe gé- die Schlussrednerin mit minutenlangen nérateur des constitutions politiques et des autres institutions stehenden Ovationen verabschiedet. humaines» geschrieben hatte: «Ich habe sagen gehört, dass die deutschen Philosophen das Wort Metapolitik erfunden ha- Es handelte sich um keine andere als ben, das für die Politik das sein soll, was das Wort Metaphysik um Tatjana Festerling, ehemalige Ober- in Bezug auf die Physik darstellt. Es scheint, dass dieser neue Ausdruck sehr gut geeignet ist, um die Metaphysik der Poli- bürgermeisterkandidatin von Pegida in tik auszudrücken.» Zit. n. Taguieff, Pierre-André: Julius Evola penseur de la décadence, in: Politica Hermetica, Bd. 1, 1987, Dresden, vorgestellt als Vertreterin der S. 36. 95 Venner, Dominique: Pour une critique positive. Écrit «wichtigsten Widerstandsbewegung par un militant, pour les militants, Nantes: Ars Magna, 2006 (zuerst Paris 1964). 96 Krebs, Pierre: Was tun? Ein Vademe- in Europa», die mit ihrem Schlusssatz cum der Reconquista, Bad Wildungen: Ahnenrad der Moderne, «Der Preis der Freiheit ist der Mut!» die 2016, hintere Umschlaginnenseite. 97 Vorsitzender des Insti- tuts ist mit dem Historiker Joseph Conrad, Nachfolger von So- Anwesenden zu donnerndem Applaus minique Venner als Herausgeber der Nouvelle Revue d’Histoire, 98 ein langjähriger Weggefährte der Nouvelle Droite. Sein Stellver- veranlasste. Von ihr erhoffte sich nicht treter, Jean-Yves Le Gallou, war bereits in der Gründungsphase nur der Moderator ein Zeichen für «eine Funktionär des GRECE und wurde später Europaabgeordneter des Front National. Seine frühere «metapolitische» Arbeit im deutsch-französische Achse des Wider- Denkzirkel Club de l’horloge führt er heute zeitgemäß als Prä- stands und des Kampfes für die europäi- sident der Internetsender «Radio Liberté» und TVLiberté» wei- ter. 98 Die Rede von Tatjana Festerling steht unter www.you- sche Identität». tube.com/watch?v=Zf1IGNe8JSU online. 99 Menzel, Felix/ Stein, Philip: Junges Europa, Chemnitz: Blaue Narzisse, 2013, Oder, wie es die deutschen «Identitä- S. 64. Der Broschürentitel kann als Hinweis gewertet werden, ren» Felix Menzel und Philip Stein in ih- dass das zu schaffende Europa das Werk der Jungen sein muss und nur sein kann. Man kann darin allerdings auch einen Bezug rem Szenario «Avantgarde und Metapo- auf die transnationale faschistische Organisation Jeune Euro- litik» ausdrücken: «Um einen Umbruch pe des belgischen Nationalbolschewisten Jean Thiriart sehen, die ihre Blütezeit in den 1960er Jahren hatte und auch über vorzubereiten, braucht es jedoch lange eine marginale deutsche Sektion verfügte. 100 Ebd., S. 65 f. 18 sellschaft»; sie diene der Förderung der für die technokratisch-reformistische Globalisierung. «Wir wollen hingegen Rechte, wie sie etwa von Bernd Lucke ein ‹Katechon Europa›, das sich der Ni- verkörpert wird», sei. vellierung durch den ökonomischen Op- Die Linke könne «die vielfältigen Krisen portunismus mutig mit der eigenen Kul- nicht nutzen», ergänzt der Autor, denn tur entgegenstellt.»101 Obwohl man sich sie gehe «an ihrer unheiligen Allianz mit als konservativ begreife, sehe man gro- dem herrschenden Liberalismus zugrun- ße Übereinstimmungen in dem Manifest de».106 Er schlussfolgert: «Die Linke ist «Der kommende Aufstand» des linksra- also weltanschaulich ‹entkernt› und als dikalen französischen «Unsichtbaren Ko- Kraft, die bloß noch gesellschaftspoliti- mitees».102 sche Minderheitenanliegen vertritt, keine «Das europäische Feld zu besetzen, fundamentale Opposition [mehr].»107 Da heißt, der Linken den entscheidenden es «nur wenige linke Ausnahmegestal- Schritt voraus zu sein»,103 ergänzt Bene- ten» – zum Beispiel Sahra Wagenknecht dikt Kaiser. Er verweist darauf, dass Eu- und Diether Dehm – gebe, die allerdings ropa ursprünglich eine rechte Idee ge- «innerhalb der Linken verhasst» seien wesen sei und dies auch bleibe. In den oder «für ihre Volksnähe angefeindet»108 1930er Jahren sei dies bedingt gewesen würden, ist für ihn die Konsequenz un- durch die Feindbestimmung, die Suche ausweichlich: «Will man sich nicht des nach einem «Dritten Weg» jenseits von Etikettenschwindels schuldig machen, «Amerikanismus» und «Bolschewis- muss daher eine sozialpolitische Abwen- mus». Eine moderne Rechte in der Tradi- dung vom herrschenden Ungeist des tion eines Drieu la Rochelle und in ideo- Neoliberalismus erfolgen.»109 Das The- logischer Anlehnung an die Nouvelle senpapier gipfelt in dem apodiktischen Droite müsse das Ideologem einer «drei- Satz: «Die Rechte wird die soziale Fra- fachen Zugehörigkeit» aufgreifen, wobei ge wiederentdecken oder sie verpasst die kollektiven Identitäten Europa, Nati- eine historische Chance.»110 Das deckt onen und Regionen sich nicht feindlich sich weitgehend mit den Ansätzen des gegenüberstünden, sondern sich viel- AfD-Flügels um Alexander Gauland und mehr «komplementär zueinander ver- Björn Höcke, die nicht zuletzt aus die- halten».104 «Die Reformation der EU ist sem Grund gegen die sozialpolitischen nicht möglich», konstatiert Kaiser. De- Zumutungen im Entwurf des Parteipro- ren Eingriffe in den Alltag seien nicht das gramms, maßgeblich verantwortet von Kernproblem. «Das wird vielmehr von der neoliberalen Speerspitze im Partei- der kapitalistischen EU in ihrer Gesamt- vorstand um Beatrice von Storch und heit verkörpert. Für eine Neufundierung ­Alice Weidel, Sturm gelaufen sind, da sie des gesamteuropäischen Erbes jenseits rein materialistischer Denkweisen sollte alles Bestehende im europäischen Rah- 101 Ebd., S. 86. 102 Unsichtbares Komitee: Der kommen- de Aufstand, Hamburg: Nautilus, 2010. 103 Kaiser, Bene- men hinterfragt werden – auch die Wirt- dikt: Europa und die Rechte – Zehn Thesen zu einem Neube- schaftsstruktur.»105 Der Verzicht darauf, ginn, in: Sezession 74, 2016, S. 42–45, hier: S. 45. 104 Ebd., S. 43. 105 Ebd. 106 Kaiser, Benedikt: Das Ende der lin- «jenseits der kapitalistischen Logik [zu] ken Hegemonie. Neun Thesen zur deutschen Linken – denken», sei eine «Kapitulationserklä- und den Antworten von rechts, in: Neue Ordnung 3/2016, S. 23–26. 107 Ebd., S. 26. 108 Ebd., S. 24. 109 Ebd., rung des Geistes», die «kennzeichnend S. 25. 110 Ebd. nur zu genau wissen, dass eine Program- schen Modifikationen vor Augen. Die na- 19 matik, die den sozialen Interessen eines tionalrevolutionäre Zeitschrift Réfléchir beachtlichen Teils der Klientel der Partei & Agir fragt zwar auf der Titelseite des widerspricht, eine Einschränkung der ei- Sommerheftes 2016 vor dem Bild einer genen Basis nach sich ziehen würde. Burka noch «Gegen den Islam?», um sich Stattdessen gelte es, den «ursprüngli- dann im Dossier der Ausgabe umgehend chen Sozialismus» wiederzuentdecken, daran zu erinnern, dass nicht der Islam, jene «Hoffnung für morgen», der eine sondern der Liberalismus der Hauptfeind «antiliberale Ideologie» gewesen sei, der ist. Und so wirbt man mehr oder weni- darauf ausgerichtet gewesen sei, «ge- ger vorsichtig dafür, gerade den antilibe- gen die Auflösung der Sitten und gegen ralen Islam als möglichen Verbündeten das menschliche Elend zu kämpfen, die zu betrachten.113 Damit überfordert man durch die industrielle Wirtschaftsweise möglicherweise (noch) die eigene Klien- befördert wurden».111 Natürlich darf in tel, stolpert den zweiten Schritt vor dem diesem Zusammenhang nicht der posi- ersten, aber die nächste Runde ist einge- tive Bezug des Autors auf Pierre-Joseph läutet. Proudhon fehlen. Angesichts des «Ver- rats der Linken», so beim französischen Volkmar Wölk (*1952) lebt im sächsischen Arbeitsgesetz der sozialdemokratischen Grimma; Ausbildung als zerstörungsfreier Werk- Regierung, bedürfe es eines «revolutio­ stoffprüfer, langjährig als Journalist, ­Publizist nären sozialistischen Gegenschlags». und Erwachsenenbildner tätig. Zahlreiche Um die Unausweichlichkeit dieses We- Buch- und Zeitschriftenbeiträge, Mitarbeiter ges zu unterstreichen, wird in diesem des ­Hintergrunddienstes Der Rechte Rand. Spektrum immer wieder das Menetekel Arbeitsschwerpunkt: Ideologieentwicklung eines drohenden «kommenden Bürger- der europäischen extremen Rechten. kriegs» beschworen, die Lage als «Vor- Bürgerkrieg» beschrieben. Die Strömung, die gemeinhin als «Neue Rechte» beschrieben wird, ist also wie- der bei ihren Ursprüngen angelangt, bei der ideologischen Synthese des Cercle Proudhon, die sich seit Moeller van den Brucks «Das Dritte Reich» wie der be- 111 Isabel, Thibault: Le Socialisme originel, un espoir pour de- main, in: Rébellion 75, 2016, S. 20–23. Der Autor ist gegenwär- rühmte rote Faden durch die Geschich- tig Chefredakteur der Krisis, des Theorieorgans der Nouvelle Droite. 112 Zu den einschlägigen Ansätzen in diesem Bereich te der Konservativen Revolutionäre und vgl. die Dissertation von Lüdders, Marc: Die Suche nach ei- (europäischen) Faschismen und deren nem Dritten Weg. Beiträge der deutschen Nationalökonomie in der Zeit der Weimarer Republik, Frankfurt a. M. u. a.: Peter Erben bis zum heutigen Tage zieht. Es Lang, 2004. Der Alte Herr der Burschenschaft Germania Ham- ist die ewige Suche nach dem «Dritten burg Marc Lüdders war Vorsitzender der deutschen Sektion der europäischen «neu-»rechten Organisation Synergies Europé­ Weg», ob nun in der Politik oder der Öko- ennes um den Belgier Robert Steuckers. 113 Vgl. das Inter- 112 view mit dem italienischen Professor Claudio Mutti, einen lang- nomie. jährigen nationalrevolutionären Aktivisten und Theoretiker, der In einer solchen Lage ist es zwingend ge- schon vor längerer Zeit zum Islam konvertiert ist (S. 17 f.), oder den Beitrag «Islamophobie et mouvement national» (S. 19 ff.) boten, das Nachdenken (réfléchir) durch von , einem früheren führenden Nationalre- das Handeln (agir) zu ergänzen. Und man volutionär, der heute dem Front National angehört und dessen philo-islamischen Neigungen stark ausgeprägt sind, in: Réflé- hat dabei bereits die nächsten ideologi- chir & Agir 53, 2016. 20 LITERATUR

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AKTUELLE PUBLIKATIONEN

Stefanie Majer Stephan Kaufmann und Eva Roth «PASS AUF, DER WILL GERECHTE ARMUT? DEINEN KEKS!» MYTHEN UND FAKTEN MYTHEN UND FAKTEN ZUR UNGLEICHHEIT IN ZUR NEUEN SOZIALEN DEUTSCHLAND UNSICHERHEIT luxemburg argumente Nr. 11 luxemburg argumente Nr. 12 Oktober 2016, ISSN 2193-5831 Oktober 2016, ISSN 2193-5831 Verteilungskämpfe bestimmen die Politik: Verunsicherung bestimmt zunehmend Die einen erhalten Geld, andere müssen das Leben vieler Menschen. Um die abgeben, wieder andere gehen leer aus. aktuelle gesellschaftliche Entwicklung Die Verteilungsfrage ist nicht irgendeine zu beschreiben, sprechen manche von Frage, sie ist zentral. Denn ob ein indivi- neuer sozialer Unsicherheit, andere duelles oder gesellschaftliches Bedürfnis benutzen ein Fremdwort dafür: Preka- befriedigt wird oder nicht, hängt davon risierung. Wie können wir dem Gegen- ab, ob es die Mittel dafür gibt. Wer Geld einander-Ausgespielt-Werden eine hat, bestimmt also darüber, wofür Geld gemeinsame Perspektive und Solidarität ausgegeben wird, wessen Interessen entgegensetzen? Realität werden und wessen nicht. Download unter: Download unter: www.rosalux.de/publication/42726 www.rosalux.de/publication/42683 AKTUELLE PUBLIKATIONEN

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LUXEMBURG 2/2016 «KLASSE VERBINDEN»

In der LuXemburg 2-2016 geht es um Fragen neuer Klassen­ politik, um die Rolle einer «verbindenden Partei» darin und um Chancen und Widersprüche munizipalistischer Bewegungen und Praxen. Was können Plattformen erreichen, die Fragen des Links- Seins völlig anders stellen und Menschen einbinden, die mit «Politik» bisher nichts zu tun hatten? Wie lassen sich aus punktuellen ­Initiativen verbindende Praxen entwickeln, die nicht im Klein-Klein verbleiben, sondern im Stande sind, das globale Austeritäts­regime in Frage zu stellen? Welche Rolle können linke Parteien darin spielen, welche die Gewerkschaften? Und wie müssen (auch linke) Institutionen umgebaut werden, um eine Teilhabe der Vielen zu ermöglichen und gleichzeitig strategische Entscheidungen treffen zu können? Diese Ausgabe ist eine Koproduktion mit der US-amerika­ nischen Zeitschrift Jacobin. Download unter: www.zeitschrift-luxemburg.de/klasse-verbinden-luxemburg-2-2016/ IMPRESSUM

ANALYSEN Nr. 31 wird herausge­geben von der Rosa-Luxemburg-Stiftung V. i. S. d. P.: Ulrike Hempel Franz-Mehring-Platz 1 · 10243 Berlin · www.rosalux.de ISSN 2194-2951 · Redaktionsschluss: November 2016 Layout/Herstellung: MediaService GmbH Druck und Kommunikation Lektorat: TEXT-ARBEIT, Berlin Gedruckt auf Circleoffset Premium White, 100 % Recycling «Die Strömung, die gemeinhin als ‹Neue Rechte› beschrieben wird, ist also wieder bei ihren Ursprüngen angelangt, bei der ideologischen Synthese des Cercle Proudhon, die sich seit Moeller van den Brucks ‹Das Dritte Reich› wie der berühmte rote Faden durch die Geschichte der Konser­ vativen Revolutionäre und (europäischen) Faschismen und deren Erben bis zum heutigen Tage zieht. Es ist die ewige Suche nach dem ‹Dritten Weg›, ob nun in der Politik oder der Ökonomie.»

VOLKMAR WÖLK

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