Demokratisierung Und Perspektiven Der Bäuerlichen Partizipation in Madagaskar
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Institut für Agrarpolitik, Marktforschung und Wirtschaftssoziologie Demokratisierung und Perspektiven der bäuerlichen Partizipation in Madagaskar Inaugural-Dissertation Zur Erlangung des Grades Doktor der Agrarwissenschaften (Dr. agr.) der Hohen Landwirtschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn vorgelegt am 03.07.2000 von Jean-Aimé A. Raveloson aus Madagaskar D 98 Referent: Prof. Dr. Thomas Kutsch Korreferenten: Prof. Dr. Ernst Lipinsky Prof. Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky Tag der mündlichen Prüfung: 6.10.2000 Demokratisierung und Perspektiven der bäuerlichen Partizipation in Madagaskar Kurzfassung Alle nachkolonialen Regierungen und Regimes in Madagaskar entzogen sich der freien Wahlentscheidung, der Einflussnahme und der Kontrolle der Gesellschaft. Seit Ende der 80er Jahre befindet sich Madagaskar in einem Prozess der politischen Demokratisierung, der neue Perspektiven der gesellschaftlichen Entwicklung und Partizipation eröffnet. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Analyse des Demokratisierungsprozesses in Bezug auf dessen Bedingungen, Ursachen, Verlauf und Ausgang, auf die in ihm agierenden sozialen und politischen Akteure und auf die Blockadeversuche des alten Regimes sowie auf die Perspektiven der Demokratie und der bäuerlichen Partizipation, deren Realisierungschancen erst im Rahmen der Demokratisierung bestehen. Dazu wurden empirische Untersuchungen in Form von Interviews und teilnehmenden Beobachtungen im Rahmen eines Madagaskar-Aufenthaltes Mitte 1995 durchgeführt. Die Ergebnisse der Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die Demokratisierung vollzieht sich in Madagaskar unter sehr ungünstigen kulturellen, sozialstrukturellen und -ökonomischen Bedingungen. Das alte Regime ließ kaum Handlungsspielräume für oppositionelle Aktivitäten und gesellschaftliche Selbstorganisation zu und stabilisierte sich durch Repression. Der Demokratisierungsprozess wurde hauptsächlich durch interne Faktoren verursacht. Er wurde durch Liberalisierer aus dem gespaltenen Regimelager und durch den ökumenischen Kirchenbund initiiert. Städtische gesellschaftliche Gruppen mit Mittelschichtcharakter erzwangen die Ablösung des alten Regimes. Am Ende des Regimeablösungsprozesses konnten sich einige wenige politische Akteure im Rahmen der Verhandlungen und einer zwischen ihnen vereinbarten Konvention durchsetzen. Die Ethnizitätspolitisierung gehörte zur Machterhaltungsstrategie des alten Regimes. Es zeigt sich eine intensive Nutzung von negativen Erfahrungen aus der madagassischen Geschichte durch die agierenden politischen und sozialen Akteure. Zudem griffen diese auf demokratiehemmende madagassische soziokulturelle Elemente zurück. Die Gründung neuer Institutionen erfolgte über das Nationale Forum und durch Wahlen im Rahmen einer formellen Transitionszeit. Das neue formal demokratische Regime unter der Präsidentschaft Zafys war durch uneffiziente Regierungsführung und geringe Problemlösungsfähigkeit der neuen Institutionen und regierenden politischen Akteure gekennzeichnet. Es hat die Chance verspielt, Partizipationsstrukturen für gesellschaftliche Gruppen und Akteure aufzubauen und die angeschlagene Wirtschaft wieder zu stabilisieren und in Schwung zu bringen, was für die Demokratie-Konsolidierung in Madagaskar unabdingbar ist. Die Aussichten dafür haben sich mit der Wiedereinführung des Präsidialsystems angesichts der damit in Madagaskar gemachten negativen Erfahrungen eher verschlechtert. Die Implementierung “von oben” der Programme zum Aufbau von Partizipationsstrukturen “für” die bäuerliche Bevölkerung erfolgte ohne deren reale Partizipations- und Selbstorganisationsmöglichkeit und gehörte zur Etablierungs- und Stabilisierungsstrategie der neuen Herrschaftselite. Democratisation and perspectives for the peasant participation in Madagascar Summary All of the post-colonial governments and regimes in Madagascar avoid democratic elections, thus evading the exertion of influence and control by the society. Since the end of the eighties, Madagascar has followed a political democratisation process opening new perspectives for development and participation. The aim of this study is to analyse the democratisation process with regard to its conditions, causes, course and outcomes, the social and political actors involved in this process, the ancient regime’s attempt to block the democratisation, as well as the perspectives of the democracy and the peasant participation which could have only been possible if a democratic system were established. For this, an empirical study was carried in the form of interviews and participative observation during a stay in Madagascar in the middle of 1995. The results of the study can be summed up as following: In Madagascar, the democratisation process is taking place under extremely unfavourable social, cultural and economic conditions. The ancient regime made use of suppression to stabilize itself and barely allowed room for oppositional activities and self-organization by the society. The democratisation process came as the result of internal factors and had been initiated by the ecumenical church federation as well as by break-away reformers from the camp of the ancient regime. Urban social groups of a middle-class nature forced the dissolution of the ancient regime. Only a few political actors could assert themselves at the end of the dissolution process within the framework of an agreed-upon convention and negotiations. The politicisation of the ethnicity belonged to the strategies of the ancient regime to hold onto power. This shows the intense usage of negative experiences from the Malagasy History by political and social actors. Furthermore, they fell back on Malagasy socio-cultural elements inhibiting the democratisation process. The establishment of new institutions occurred through the “Forum National”, as well as through elections within a formal transition period. The new formal democratic regime under President Zafy was characterised by an inefficient governance and an inability in solving problems by the new institutions and the governing political actors. It missed the chance to establish participative structures for social groups and actors. They also failed to stabilize and energize the extremely weakened economy, factors which are inalienable for the consolidation of democracy in Madagascar. The prospects for the democracy have been deteriorated by the reintroduction of the presidential system and the negative results the Malagasy have experienced with it. Programmes have been implemented “from above” in order to establish participative structures “for” the peasant population without really giving them a chance to organize themselves and take part in the process, one of the strategies of the new political elite used to establish and stabilize their rule. I Inhaltsverzeichnis Seite Verzeichnis der Abkürzungen VI Inhalt Einführung 1 1. Problemstellung und Zielsetzung 1 2. Theoretischer Bezugsrahmen 4 3. Zum verwendeten Material 8 4. Aufbau der Arbeit 10 I. Politikhistorische, sozialpolitische, -kulturelle und -ökonomische 13 Bedingungen I.1 Politikgeschichtliche Grundlagen 13 I.1.1 Die Frühgeschichte Madagaskars 13 I.1.2 Die französische Kolonialherrschaft 14 I.1.3 Das PSD-Regime von Tsiranana 15 I.1.4 Die Transition zur Zweiten Republik 17 I.2 Sozialstrukturelle und -kulturelle Bedingungen 20 I.2.1 Sozialstrukturen 20 I.2.2 Sozialpolitisch relevante madagassische Kulturelemente 22 I.3 Ethnizität und ihre Politisierung 27 II I.4 Das Ratsiraka-Regime 39 I.4.1 Legitimitätsquellen Ratsirakas 39 I.4.2 Die Revolutionscharta 42 I.4.3 Die Verfassung der Zweiten Republik 45 I.4.4 Das Parteiensystem 48 I.4.5 Das “sozialistische fokonolona-System” 56 I.4.6 Der Repressionsapparat 59 I.4.7 Allgemeine Wirtschaftslage 65 I.5. Die Lage der bäuerlichen Bevölkerung 67 I.5.1 Sozialökonomische Strukturen 68 I.5.2 Die “sozialistische Genossenschaftsbewegung” 70 I.5.3 Zur Neuorganisierung der bäuerlichen Bevölkerung 73 II. Der politische Transitionsprozess 80 II.1 Zugrundeliegende Erklärungsansätze 80 II.2 Aufbau der Untersuchung 82 II.3 Zur Genese des Transitionsprozesses 86 II.4 Die Liberalisierungsphase 92 II.4.1 Zu den politischen und gesellschaftlichen Reformkräften 92 II.4.1.1 Die FFKM-Kirchen 92 II.4.1.2 Von der ADM zu den Forces Vives 102 II.4.2 Ratsiraka als Entscheidungszentrum des Herrschaftsblockes 113 II.4.3 Die Wahlen von 1989 120 III II.4.4 Externe Akteure 125 II.4.5 Die Medien 130 II.5 Die Demokratisierungsphase 134 II.5.1 Zu den politischen und gesellschaftlichen Reformkräften 134 II.5.1.1 Die Forces Vives (FV) 134 II.5.1.2 Die Forces Vives Rasalama (FVR) 138 II.5.1.3 Die Forces Vives de Madagascar (FVM) 149 II.5.1.4 Die FFKM 153 II.5.2 Der regimetragende Machtblock 158 II.5.2.1 Der Republikpräsident Ratsiraka 158 II.5.2.2 Die Regime-Reformer 165 II.5.2.3 Der Regime-Demokratisierer Razanamasy 167 II.5.2.4 Die Regime-Hardliner 172 II.5.3 Die von den FVR mobilisierten Massen 178 II.5.4 Das Militär 187 II.5.5 Externe Akteure 189 II.5.6 Der Transitionsmodus 195 II.5.6.1 Die Verhandlungsprozesse der “Convention 195 du 31Octobre 1991” II.5.6.2 Die Konvention 201 II.5.6.3 Das Nationale Forum 207 II.5.6.4 Das Verfassungsreferendum 213 IV II.5.6.5 Die Präsidentschaftswahl vom 25.11.1992 219 II.5.6.6 Die Präsidentschaftsstichwahl vom 10.2.1993 224 II.5.6.7 Die Parlamentswahlen vom 16.6.1993 227 II.5.6.8 Bilanz der formellen Transition 232 II.5.7 Zur Politisierung der Ethnizität 236 II.5.8 Geschichtlicher Bezug 244 II.6 Die Dritte Republik: Stand der Demokratisierung