! Opernchef exklusiv in LN Seite 3 ! Couragiert gegen Nazis Seite 5 2255//2266 Seiten ! Prinzen bitten zur Kasse 8/9 2006 ! Heuschreckenplage in LE Seite 10 DOPPELAUSGABE ! Geschonneck zum 100. Seite 17 Nur ! 1946 – Leipzig im Aufbau Seite 22 2 Euro! ! Kein Friede für Bethlehem Seite 24 14. Jahrgang ! www.schalom5767.de Seite 25 22. Dezember www. ! Olympisches Märchen Seite 28 leipzigs- neue.de EINE LINKE ZWEIWOCHENZEITUNG ! Zwischen Frühstück und ... Seite 31

Die Nacht soll für den Bitten der Kinder Schlaf sein. Leben soll keine Straf sein. Die Mütter sollen nicht Die Häuser sollen nicht brennen. weinen. Keiner sollt töten einen. Alle sollen was bauen Da kann man allen Bomber sollt man nicht kennen. trauen. ...

Bert Brechts Versen aus dem „Herrnburger Bericht“ ist nichts hinzuzufügen. Überall auf der Welt wollen Kinder in Frieden leben und lernen. Und sie wollen Frieden auch für andere Kinder, wie die Ein- sendungen zum internationalen Lions Mal- und Zeichenwettbewerb beweisen.

Jill Giovanelli, 13 Jahre, Rickeyville, USA 2 • MEINUNGEN LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

ja immer noch nicht die Linken) im neuen Jahr gelingen, mit der ange- Liebe Leser, liebe Freunde, liebe strebten neuen sozialistischen Partei den Zorn der Menschen in wir- Autoren von LEIPZIGS NEUE, kungsvollen Protest zu verwandeln. LEIPZIGS NEUE will Ihnen in ihrem nunmehr 15. wir wünschen Ihnen und Ihren Jahr auch weiterhin die nötigen Informationen aufbereiten, Ihnen Mut machen und die Kraft Angehörigen ein schönes Weih- geben für den aktiven Widerstand gegen die nachtsfest, einen friedvollen Jahres- Kälte in dieser Gesellschaft. ausklang, ein gesundes und aufmüpfi- Ohne Ihre Unterstützung, ohne neue Abonnen- ges Ankommen im Jahr 2007 und – ten, ohne Anzeigenkunden und ohne Spender man darf ja träumen – Politiker, die aber hat ein linkes Blättchen hier und heute für Frieden in der Welt sorgen. wenig Überlebenschancen. Herzlichen Dank deshalb all jenen, die uns im Schon vor einem Jahr mussten wir an dieser Stelle nun ablaufenden Jahr nicht nur treue Leser, feststellen, dass in Zeiten der rigorosen Umver- sondern auch unverzichtbare Sponsoren wa- teilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten ren. Bitte lassen Sie nicht nach in Ihrem Enga- nach oben nicht jeder so feiern kann, wie er gerne gement für die Existenz von LEIPZIGS NEUE. möchte, nicht jeder seine Lieben so beschenken Im Namen des Redaktionskollektivs und des kann, wie sie es verdienten. Und die Situation ist Projekts Linke Zeitung e. V. inzwischen für noch mehr Menschen eher noch Dr. Maxi Wartelsteiner Prof. Dr. Kurt Schneider schlimmer geworden. Nie die Hoffnung auf- Chefredakteurin 1. Sprecher des Vereins geben, nicht einmal die Möge es verantwortungsbewussten Linken (es sind Unsere erste Ausgabe im neuen Jahr auf Schnee, meint LN- erscheint am 12. Januar Fotograf Gerd Eiltzer Lumumba-Denkmal muss zurück Peinlicher Streit um 36 Euro Dennoch: Weihnachtsgeld für Heimbewohner Im Zusammenhang mit dem Märker sowie der für Okto- LN. Nachdem der Bundesge- Streit zwischen Freistaat und 1951 begonnenen Auslän- ber d. J. angekündigte Be- setzgeber neben anderen ein- Kommunen wird auf dem Rü- derstudium an der Univer- such der Präsidentin Chiles, maligen sozialen Leistungen cken von ca. 15 000 auf Sozial- sität Leipzig und der Grün- Absolventin des Herder- im Jahr 2004 auch die Weih- hilfe angewiesenen Heimbe- dung des Herder-Instituts an Instituts, in Leipzig waren nachtsbeihilfe für auf Sozial- wohnern ausgefochten, die der Karl-Marx-Universität Anlass, Schritte dagegen zu hilfe angewiesene Heimbe- nichts anderes zur Erfüllung 1956 erhielt die Döllnitzer unternehmen. wohner gestrichen hatte, ist persönlicher Wünsche als ein Straße 1961 den Namen Mehrere Vereine kritisierten deren Zahlung nun wieder geringes monatliches Taschen- Lumumba-Straße. Im No- im Oktober in einem Me- möglich. Zu dem in Sachsen geld haben.“ vember 1961 wurde auf morandum an den Uni-Rek- ausgebrochenen Streit, wer die Die 36 Euro Weihnachtsgeld für Initiative der FDJ vor dem tor den zu lange hingenom- dafür anfallenden Kosten jeden könnte ihre persönliche Institutsgebäude eine Lu- menen Zustand. Sie forder- trägt, erklärt der sozialpoliti- Misere ohnehin nur ein kleines „Stimmen der Völker“ – Studierende mumba-Stele eingeweiht. ten eine angemessene neue sche Sprecher der Linskfrak- bisschen verbessern. Stattdessen des Ausländerstudiums sangen, spiel- Diese Stele brachen im Mai Ehrung Lumumbas, des bis- tion.PDS, Dr. Dietmar Pell- rätselt der sächsische Finanzmi- ten und tanzten in der Leipziger Moritz- 1997 vermutlich Metalldie- her einzigen durch ein mann: nister, wie er überraschend auf- bastei. In vielen Sprachen der Welt fei- be um, der Stelen-Kopf Denkmal in Leipzig gewür- „Es ist eine Schande, dass weni- getauchte 600 Millionen Euro erten sie den 50. Geburtstag des Leip- wurde gestohlen. Die Schän- digten afrikanischen antiko- ge Tage vor dem Weihnachtsfest verwenden kann. Und da soll ziger Herder-Instituts. Solisten und dung wurde viele Jahre lonialen Politikers. Die in Sachsen noch um die Klärung die vergleichsweise läppische Gruppen aus ca. 20 Ländern führten geduldet. Erst die fotografi- Antwort verspricht immer- gerungen wurde, wer die Kosten Summe von kaum etwas mehr ein buntes und vorwiegend fröhliches schen Ermahnungen durch hin eine Prüfung des Anlie- für die Weihnachtsbeihilfe trägt. als 500 000 Euro für ganz Sach- Bühnenprogramm auf. Foto: Wienhold Claus Uhlrich und Gerhard gens. • HANS WIENHOLD Dieser wahrlich lächerliche sen nicht vorhanden sein?

LN. Mit den Rückgabeforderungen des Landtagsdebatte zur Rückgabeforderung des Hauses Wettin auf und fragte, wohl eher rheto- Hauses Wettin beschäftigte sich der risch: „Wo anders wäre es mög- Sächsische Landtag am 14. Dezember. lich, dass ausgebuffte Rechts- Eva-Maria Stange, die erst im Septem- Nationales Kulturerbe ist unteilbar anwälte der Wettiner gegen die ber ernannte Wissenschafts- und ses Wettin, Prinz Alexander von Sachsen, sierte diese Klausel dieser Tage lakonisch offenkundig unbedarften Haus- Kunstministerin, bestätigte den aufgeschrieben hatte: ,Forschergeist und als „verheerend“. Durch dieses juristi- juristen der Staatsregierung per Öff- Rechtsanspruch des Hauses Wettin, das Streben nach hohen kulturellen Werten sche Schlupfloch soll nun im großem Stil nungsklausel ein Instrument in der Hand während der Grünen-Abgeordnete der sächsischen Kurfürsten von damals Kasse gemacht werden. Gefordert wer- halten, um unsere Museen erst für die Karl-Heinz Gerstenberg die ganze bilden heute das Fundament eines moder- den, so Külow, auch „jene Dragonerva- Öffentlichkeit lahmzulegen, weil alle Angelgenheit ins Scherzhafte zog, nen und zukunftsorientierten Freistaates. sen, die ein segensreicher Wettiner im Mitarbeiter jahrelang nur noch Proveni- indem er „seiner Königlichen Hoheit Wir erkennen an, dass die Jahrhunderte Schacher gegen 600 sächsische Dragoner enzen zu klären haben, und um diese Mu- gestand, die ganze Revolution war ein lange monarchische Herrschaft in Sachsen vom preußischen Soldatenkönig erhielt. seen anschließend nach Gutdünken eines Fehler, sie tut uns leid“. segensreich für unser Land war und in In diesem aristokratischen Menschenhan- Fürstengeschlechts auszuräumen, das vor Fast könnte man meinen, Sachsens ver- mancherlei Hinsicht bis heute nachwirkt ...‘ del wechselten pro Kopf á 43 Taler Zeit- mittlerweile 88 Jahren vom sächsischen antwortliche Politiker sehen das wirklich Dass das Monarchische nachwirkt, ist wert vier Soldaten je Stück Porzellan den Volk völlig zu Recht verjagt wurde. so. Dr. Volker Külow von der Linkspartei wohl unbestreitbar, doch ob das Gottesgna- Besitzer. Heute bevorzugen die Wettiner Von der napoleonischen bis zur sowjeti- jedenfalls nährte diesbezügliche Sorgen dentum segensreich für das heutige Sach- im Umgang mit dem Freistaat den Null- schen Besatzung hat es hierzulande nie- durchaus. Er sprach von „einem politi- sen ist, steht auf einem anderen Blatt ...“ tarif. Wer geglaubt hat, mit der Mentalität mand gewagt, nationales Kulturgut anzu- schen und kulturpolitischen Skandal Als Hintergrund für die aktuelle Forde- Geiz ist geil sei ein Tiefpunkt des bun- tasten. Heute plündern die segensreichen ersten Ranges“, für den der sächsische rung nach mindestens 1600 Pozellan- desrepublikanischen Zeitgeistes erreicht, Wettiner selbst ihr ehemaliges König- Ministerpräsident persönlich Mitverant- stücken nannte Külow eine Öffnungs- sieht sich getäuscht. Gier ist geil ist die reich. Niemand anders als die sächsische wortung trage. klausel im Vergleich von 1999, den auf blaublütige Perversion des erbärmlichen Staatsregierung trägt die Verantwortung, Külow wörtlich: „Anlässlich der frei- der einen Seite der jetzige Chef des Hau- Spruchs in den Farben der Wettiner. Wo dieser skandalösen Entwicklung Einhalt staatlich-royalistischen Festveranstaltung ses Wettin, Maria Emanuel Prinz von anders wäre es möglich, dass eine ver- zu gebieten und den unverhüllt-schäbigen ,200 Jahre Königreich Sachsen‘ verkün- Sachsen, und auf der anderen Seite für staubte Adelsdynastie ein vertraglich ver- Angriff auf Schätze des Freistaates Sach- dete Prof. am 8. Septem- den Freistaat der getreue Paladin des brieftes Zugriffsrecht auf die dort ausge- sens und seiner Bürger abzuwehren. Das ber 2006 auf Schloss Pillnitz in seiner damaligen Finanzministers Milbradt, stellten Kunstschätze hätte?“ nationale Kulturerbe ist unteilbar und königsgrünen Rede, die ihm übrigens Staatssekretär Dr. Karl-Heinz Carl, mit- Der Redner der Linkspartei forderte Mi- muss deshalb unantastbar bleiben.“ sein neuer Berater in Wirtschafts- und unterzeichnet hatten. Die Frankfurter All- nisterpräsident Milbradt persönlich zum Kulturfragen und künftiger Chef des Hau- gemeinen Sonntagszeitung charakteri- Handeln im Sinne das Landes Sachsen Siehe Seiten 8/9 LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 THEMA • 3

Mit der Spielzeit 2006/07 begann die zweite, bis 2011 währende Amtszeit von Henri Maier (rechts) als Intendant der Oper Leipzig. Seit der vorigen Saison steht ihm Alexander von Maravic(links) als geschäftsführender Direktor zur Seite. Werner Wolf und Michael Zock sprachen mit ihnen über Bisheriges, Zukünftiges, aber auch über Arbeitslosigkeit vor Ort und über das Bemühen, vor allem wieder junge Besu- cher für das Musiktheater zu gewinnen. Fotos: Gerhard Märker Der Chef der Oper ist die Partitur ... In wenigen Tagen wird das große weiter repariert und ausgebaut werden. Gefühl, dass sie in Ruhe arbeiten kann, Serail“. Dagegen können wir Werke wie Haus am Augustusplatz eine lang ge- Das gilt auch für die Räume der Künstler. braucht einen finanziellen Rahmen. Und „Tristan und Isolde“, für die Gastsänger plante Renovierungspause einlegen. Im Haus Dreilinden werden weiter Ope- ganz deutlich: Kulturgelder sind keine erforderlich sind, nur von Zeit zu Zeit Ihre zweite Amtszeit hat nun mit dieser retten und Musicals gespielt, zudem Subventionen sondern Investitionen in aufführen. Spielzeit begonnen, Gründe genug, für Spielopern und Werke der Opéra comi- die Gesellschaft und in ihr Zusammenle- einen kurzen zunächst personellen que. ben. Was bleibt zu tun, um den Erwar- Blick zurück. Wie fällt der aus? HENRI MAIER: Roland Seiffarth bleibt tungen der Leipziger Opernbesucher HENRI MAIER: Ich sage immer: Die Oper mit einer Einstudierung pro Spielzeit Leipzig bleibt eine Stadt mit sehr und der 2013 zum in Leipzig stattfin- hat einen Motor, das ist zum einen das diesem Hause erhalten. Er ist der Maß- hoher Arbeitslosigkeit. Sie trifft alte denden Jahreskongress des „Richard Orchester und ist zum anderen die Mu- stab, er ist der Mann, der weiß, was Ope- und jüngere Leute, darunter auch sehr Wagner Verbandes International“ (der sik. Das bleibt bestimmend. Der Chef der rette ist, ein absolutes Markenzeichen für viele, für die der private Kulturetat fast 40 000 Mitglieder zählt) aus aller Oper ist die Partitur. Die Partitur führt das Leipzig und für die Operette überhaupt. sehr schmal geworden ist. Denken Sie Welt kommenden Teilnehmern mit Theater. Seit ich in Leipzig bin, spielt das auch an diese Musikfreunde? Wie einer Neuinszenierung des Bühnenfest- Gewandhausorchester auch in der Oper Gibt es ein spezielles Marketing- erreichen sie junge Theaterbesucher ? spiels „Der Ring des Nibelungen“ vom besser, weil Riccardo Chailly als GMD konzept für dieses in Deutschland ein- ALEXANDER VON MARAVIC: Wir haben Range der Leipziger Jahrhundert-Ins- Dirigenten mit herausragendem Niveau malige Haus, sieht man einmal von der verschiedene Angebote mit bis zu 50Pro- zenierung von Joachim Herz gerecht und Konstanz in der Leistung engagiert Staatsoperette in ab ? zent Ermäßigung. Die Junior-Card besit- zu werden? hat, die das Orchester zu großer Qualität ALEXANDER VON MARAVIC: Wenn der zen 1 500 junge Leute. Jung sein heißt für HENRI MAIER: Das kann ich nicht beant- führen. Wir konnten Sören Eckhoff als ehemalige Oberbürgermeister Tiefensee uns: bis zum Alter von 27 Jahren. Ent- worten, weil mein Vertrag nur bis 2011 neuen Chordirektor verpflichten, der mit als jetziger Verkehrsminister eine gute sprechende Ermäßigungen gibt es auch geht und ich meinem Nachfolger nicht diesem Ensemble eine ausgezeichnete Nachtzugverbindung von Leipzig nach für Hartz-IV-Empfänger. Früher sagte vorgreifen möchte. Der müsste aber bis Form erreichte. Das Verlangen des vori- schafft, könnten wir die ganzen man: Ein Saal füllt sich von vorn nach 2009 gefunden werden. Wir werden bis gen Oberbürgermeisters, das Ballett zu Berliner Operetten- und Musicalfans im hinten, heute ist es mitunter umgekehrt. dahin weitere Werke von Wagner in den reduzieren, haben wir abgelehnt. Nach „Haus Drei Linden“ begrüßen. Wir sind Also die Nachfrage nach den niedrigeren Spielplan aufnahmen. Aus der Zeit Udo dem tragischen, viel zu frühen Zimmermanns haben wir Tod von Uwe Scholz ist seit Dem Intendanten auf die Finger geschaut ... „Tannhäuser“ und „Tristan der Berufung Paul Chalmers und Isolde“ im Repertoire zum Ballettdirektor auch da erhalten. Im Frühjahr kam wieder Stabilität erreicht aber „Parsifal“ hinzu und kürzlich auch internationale Resonanz: hatte „Lohengrin“ Premiere. Das Ensemble bekommt Einla- Für die Wiedereröffnung des dungen aus Hongkong, Shang- Hauses nach der Erneuerung hai, Peking, Mallorca, Südspa- des Zuschauerraumes wird nien. Sein Repertoire reicht „Rienzi“ neu inszeniert. Zur vom klassischen Ballett bis zur 50-Jahr-Feier des Opernhau- Gegenwart. Und auch das ist ses am 8. Oktober 2010 wer- nicht zu unterschätzen: Nicht zuletzt uns bewusst, dass dieses „zweite Leipzi- Preisen ist gewachsen. Und wenn sich den „Die Meistersinger“ neu einstudiert. haben wir mit Alexander von Maravic als ger Opernhaus“ ein Juwel ist. dann auch mal einer im Saal nach vorn Dann wird noch der „Holländer“ in den geschäftsführenden Direktor endlich Sta- setzt, bitte schön ... wenn Platz ist. Für Spielplan aufgenommen. Damit hätten bilität in der Verwaltungsarbeit geschaf- Wie zufrieden sind Sie mit der bis- die Gewinnung neuer Besucher wirken wir, mit Ausnahme der beiden Frühwer- fen. Und dieser Blick hinter die Kulissen herige künstlerischen Arbeit der unsere Theaterpädagogen mit etwa 300 ke, alle Opern Wagners außer dem sei gestattet: Es waren in jüngster Zeit 18 großen Oper Leipzig? Veranstaltungen im Jahr. Das ist wahrlich „Ring“ im Repertoire. Direktions- und Leitungsposten neu zu HENRI MAIER: Ich vertrete da keine star- nicht wenig. Für Schüler und Lehrer, besetzen. Wir stehen vor großen finanzi- re Form, bin aber überzeugt, dass Eltern und ihre Kinder, für Jugendliche Welche Pläne gibt es für die Reihe ellen Entscheidungen. Aber wir haben die Regietheater, Musiktheater sein muss. Es gibt es tolle Angebote zum Anfassen, „Oper am Klavier“ im Kellertheater? Stabilität des Hauses gesichert und dabei gab viel Kritik wegen Regisseuren. Mit Bestaunen, Entdecken, Ausprobieren, HENRI MAIER: Da finden im Kellerthea- auf 50 Stellen verzichtet. Das war nicht manchen Regisseuren hatte ich eine Verstehen. Der wunderbare Opernkinder- ter wieder mehrere Abende statt, so er- einfach. Das Ensemble wird nun nach glückliche Hand, mit anderen weniger. chor bildet das Publikum von heute neute Aufführungen der Kurzopern „Die fünf Jahren umgebaut. Einige Künstler Ich habe einige Regisseure engagiert, von heran. Nicht erst das Publikum von mor- menschliche Stimme“ von Francis Pou- wie Tomas Hakala haben inzwischen eine denen ich glaubte, sie werfen ein neues gen, wie manche meinen. lenc und „Das Telefon“ von Gian Carlo internationale Karriere beginnen können. Licht auf ein Werk. Aber die Partitur ist Menotti. Als Raritäten werden Ruggiero An Stelle ausscheidender Ensemblemit- die Bibel für den Regisseur. Die Bilanz Welche Vorstellungen gibt es zur Leoncavallos Vertonung von „La Bohè- glieder werden neue kommen. ist also durchwachsen. Aber wir blicken Repertoiregestaltung beim Anrecht? me“ und Eugen d’Albert Oper „Die Ab- positiv in die Zukunft. ALEXANDER VON MARAVIC: Das Pro- reise“ aufgeführt. Igor Strawinskys „Ge- Viele Leipziger messen die Leistung ALEXANDER VON MARAVIC: Trotzdem blem für die Repertoiregestaltung ist, schichte vom Soldaten“ wird auf der der Opernintendanz auch an ihrem En- bleibt festzustellen: Mit der Steigerung dass wir nur das von Udo Zimmermann Drehscheibe geboten. Während der Er- gagement für die Musikalische Komö- der Besucher um 25 000 haben sich die eingeführte Wahlanrecht haben und Än- neuerungsarbeiten im Saal gibt es mehr die. Das Haus wird buchstäblich von Einnahmen fast verdoppelt. Doch in den derungsversuche beim Publikum wenig Veranstaltungen im Kellertheater. Doni- vielen Besuchern geliebt. Gegen Schlie- nächsten Jahren müssen wir bei bleiben- Zustimmung fanden. Die Anrechtsinha- zettis „Liebestrank“ inszenieren wir ßungsgerüchte der letzten Jahre gab es dem Kunstanspruch mit weniger Geld ber wählen Werke aus, die wir regel- zudem hinter dem geschlossenen „Eiser- immer wieder laute Proteste. Hat sich auskommen. Die Opernleitung hat auf- mäßig spielen, und solche, die nur von nen Vorhang“, dazu kommen dort die die Situation in Lindenau jetzt beru- grund der Sparvorgaben der Stadt ein Zeit zu Zeit aufgeführt werden. Neues ist neuen Ballettkreationen „Shakespeare higt? Strukturpapier erarbeitet, das drei Millio- da noch zu wenig gefragt. made in Leipzig“ und „Jason et Médée.“ ALEXANDER VON MARAVIC: Auch für nen Euro einspart. Es wird keine be- HENRI MAIER: Wenn wir selten gespielte die Musikalische Komödie ist endlich triebsbedingten Kündigungen geben. Wir Werke wie „Die Trojaner“ erhalten wol- Was unternimmt der Intendant am Stabilität erreicht. Niemand spricht mehr haben aber noch keinen bestätigten Etat len, brauchen wir dazu ein Repertoire mit letzten Tag des Jahres ? von Schließung. Diese Stabilität ist auch für die nächste Spielzeit, keine Planungs- Opern wie „La Traviata“, „Luisa Miller“, HENRI MAIER: Er dirigiert in der Musika- arbeitsrechtlich gesichert. Das ist ein sicherheit. Das erschwert zur Zeit man- „La Bohéme“, „Die Zauberflöte“, „Figa- lischen Komödie die Ouvertüre der Silves- wichtiger Punkt. Das Haus muss aber ches. Die Kunst braucht von der Stadt das ros Hochzeit“, „Die Entführung aus dem steraufführung und freut sich sehr darauf. 4 • LEIPZIG LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 Wut hält jung Über Dietrich Kittners „Unter- und Obertanen“ in einer Stadt

an könnte ganz schönen auf, doch haben sie wohl ganz andere dieser Angelegenheit wird geprüft. Frust haben über die gegen- Sorgen. Im Herbst 2006 stellt die Sozi- Ähnliche Erfahrungen machten Ge- Mwärtige Stituation ... wenn alstudie „Trendreport“ zunächst sehr werkschafter, die sich einerseits eine man nicht so eine Wut hätte! Aber Wut emotionslos fest, dass Leipzig nach Nacht um die Ohren schlugen, als sie hält auch jung.“ Die Erkenntnis for- einem Vergleich mit 16 deutschen das Leipziger Volkshaus besetzten und mulierte der linksfreche Kabarettist Großstädten, darunter , Bre- tagsüber nach Berlin fuhren, um beim Dietrich Kittner im Februar in dieser men, München Dresden und Rostock DGB gegen den Immobiliendeal zu Zeitung und frozzelte über Regie- mit 35 Prozent die zweithöchste Quote protestieren. Befürchtungen wurden Mein Leipzig lob’ ich mir ... rungsköpfe und Obertanen, die in un- bei Kindern bis zu 15 Jahren hat, die laut, dass bei den heute verschlunge- ... nicht immer. Dieser Tage bekam ich buchstäb- serem Land zunehmend Unlogik als im schlimmsten Sinne des Wortes nen Finanzwegen sogar rechtsradikale lich einen Krampf in meiner linken Hand. Nach- Logik verbreiten. „arm dran“ sind. Nicht viel besser ist Strohmänner Gefallen an diesem tra- dem ich die beim Bäcker gekauften zwei Pfann- Im gleichen Monat standen Frauen die Situation bei Jugendlichen zwi- ditionsreichen Arbeiterhaus finden kuchen genossen hatte, wollte ich die schöne und Männer bei klirrender Kälte vor schen 15 und 25. Auch hier ist der könnten. Bemerkt würde es jedoch Weihnachtspapiertüte, wegen Marmeladenkleck- dem inzwischen geschlossenen Inte- Anteil mit 22 Prozent mehr als erst, wenn alles unterschrieben ist und sen nicht weiter verwendbar, wegwerfen. Ich rim Karstadt am Brühl und protestier- erschreckend. Ja, es gibt inzwischen in die neuen Besitzer ihre Forderungen zerknüllte sie in meiner Linken hielt sie darin ten gegen anstehende 300 Kündigun- dieser Stadt wieder Leipziger, die am stellen. fest und suchte ... einen Papierkorb. Zunächst gen bei Karstadt-Quelle. Das Versand- Essen sparen müssen. Andreas Zehr, Genug der Beispiele. Jeder kann aus bei „H“ wie Haltestelle. Nichts! Alle abge- zentrum, von den Leipziger Obertanen Chef der für Hartz-IV- Empfänger seinem Umkreis und Tätigkeitsfeld schraubt. Die Straßenbahnaussteiger schmissen zuvor über Monate als Leuchtturm be- zuständigen ARGE, be-fürchtet garantiert seitenweise ähnliche Fakten ihre Schnipsel auf die Straße. Sollte ich auch? jubelt, verkam vom Hoffnungsträger „soziale Konflikte“, wenn Chancen- berichten. Und wenn sie in dieser letz- Noch war ich nicht so weit. Ich lief auf eine zum Stellenvernichter. losgkeit und Armut zornig machen. ten Ausgabe des Jahres die „Kleine blaue Papiertonne zu, die vor einem Hausein- „Der City-Tunnel lässt als Bauwerk „Armut ist in Leipzig schon längst Skandalchronik“ lesen, dann steigt gang stand. Ich öffnete den Deckel und wollte Emotionen hochkochen“– so stand es nicht mehr an ein Geburtsdatum mit Kittner „ganz schön Frust“ auf. gerade ... Da öffnete sich die Tür und ein An- auf unserer Themaseite 3, lange bevor gebunden.“ Eine Erkenntis, die im Trübe Aussichten also für das neue wohner raunzte: Das ist aber kein öffentlicher im Juli Enthüllungen der Linkspartei Neuen Rathaus an einem September- Jahr? Ich denke nicht, denn zuneh- Papierkorb! Schnappte sich die Tonne und rollte über Kostenexplosionen und Termin- vormittag auch die Diskussionen der mend entwickelt sich wieder ein Sozi- sie auf seinen Hof. desaster Staub im sächsischen Wirt- vierten Seniorenpolitischen Konferenz al- und Solidaritätsverhalten sowie Also doch einfach fallenlassen! Ich bekomme da schaftsministerium aufwirbelten. Satte bestimmten. Die „Alten“ werden zu- Protest unter vielen Menschen. „Es immer noch ein so blödes Gefühl. In anderen 13 Prozent kostet die Doppelröhre nehmend wütend, wenn ein Großteil gibt auch schlechte Zeiten, die nicht Städten wird man ja schon wegen einer verlore- unter der Stadt mehr und der Termin der Medien sie meist als unbezahlba- ohne Perspektive sind“, titelte diese nen Kippe zur Kasse gebeten. Sollte hier irgend- 2009 ist futsch. Immerhin, einem ren Pflegefall darstellt und ihnen Zeitung kürzlich und nahm damit wo ein Kassierer auf meinen Papierfall warten? Obertan in Berlin mit Leipziger Rat- Selbstbestimmung nur noch beim Anleihe bei Julius Fucik. Ich tat es dann doch, die Pfannkuchenweih- haus-Erfahrung stießen die Fakten Abschluss einer Versicherung für den „Es hat wenig Sinn, die Faust nur in nachtspapiertüte landete am Straßenrand. Nach mehr als unangenehm auf und ein Todesfall zugestanden wird. der Tasche zu ballen. Man muss seine einer halben Stunde kam ich wieder und mein sächsischer Minster verlor hinter ver- Vor dem Neuen Rathaus riefen, san- Meinung sagen und protestieren. Und Papier war weg, aufgelesen mit einer langen schlossenen Türen die Contenance. gen und demonstrierten im November sich nicht entmutigen lassen, und es Zange per Hand von einem Saubermann, der Die Leipziger Autofahrer stellen sich Arbeiter, Angestellte und Studenten nicht zulassen, dass die Obertanen vor mir mit einem blauen Kunststoff-Sack lief. inzwischen auf weitere langjährige gegen die Privatisierung der Stadtwer- einen belügen,“– meinte Dietrich Kitt- Am Abendbrottisch erfuhr ich: Dass Leipzig spa- Umleitungen ein und fragen gemein- ke. „Herr Jung hat von den Leipzigern ner. Nicht nur aufregen, sondern sich ren muss, an Papierkörben, um zu sparen. Und sam mit anderen Untertanen: Wer soll kein Mandat zum Stadtwerkeverkauf“, einmischen. In dieser Hinsicht gab es was kosten die neuen „laufenden Papierkörbe“ das bezahlen? Im November döste der hieß es da. Inzwischen ist ja bekannt, im Jahre 2006 durchaus Bemerkens- in Blau? teure Bohr-Gigant am Bayrischen dass mit einer hauchdünnen Mehrhheit wertes zu beobachten. Bahnhof vor sich hin. gegen die Leute auf der Straße abge- Euer Lipsius Der Tunnel regt zwar viele Leipziger stimmt wurde. Ein Bürgerbegehren in • JOACHIM MICHAEL

Feinkost vor dem „Aus“? „Courage leben“ „Der letzte Weg“ Die Linksfraktion.PDS im Leipziger Stadtrat begrüßt Sie waren erfolgreich, die gleichnamigen Mit einer Sonderausstellung dokumentiert derzeit das Stadthisto- die Neuaufnahme von Verhandlungen mit der Kunst- Medientage im November, mit denen sich der sche Museum Leipzig die Deportation jüdischer Nachbarn zwi- und Gewerbegenossenschaft Feinkost e.G. als bisheri- Landesfilmdienst und wir Programmgestalter schen 1942 und 1945. Kaum zu beschreibende Nöte, Leid, Blut ger Mieter des gewerblichen Teils. Bedauerlich ist, des Kinos CINEDING durch Dokumentatio- und Tränen markieren diesen Weg brutaler Menschenverachtung. dass sich die Kulturstiftung Feinkost durch ihre fort- nen, Lesungen und Spielfilme in zeitge- In dieser Zeit sind etwa 2 000 Leipziger mit dem gelben Stern für währenden Pirouetten und kompromisslose Haltung schichtliche Diskussionen einmischten. Ins- ein grauenvolles Schicksal vorgesehenen. Am 21. Januar 1943 selbst aus dem Verfahren herausgedreht hat. besondere die Veranstaltungen, die in Zusam- verlässt der erste so genannte Leipziger Judentransport die Stadt. Nicht zuletzt aus städtebaulichen und stadtfunktiona- menhang mit Filmgesprächen und Referenten In mehreren Sammelstellen sind die Totgeweihten ein bis zwei len Gründen ist aber eine rein kommerzielle Nutzung bzw. Filmemachern stattfanden, wurden gern Tage zuvor untergebracht. Genutzt werden die damalige 32. Volks- des Feinkost-Areals als wichtiger Teil des „Inneren besucht, da die Jugendlichen erfuhren, dass schule in der heutigen Erich-Weinert-Straße. Auch die Städtische Südens“ nicht denkbar. Ohne kulturell geförderte der Umgang mit Medien und speziell mit Fil- Arbeitsanstalt in der Riebeckstraße sowie das Gefängnis in der Einrichtungen besteht die Gefahr, dass unter Denk- men mehr sein kann und sollte als bloßer Wächterstraße dienen diesem Zweck. Einige versuchen diesem malschutz stehende Gebäude wie Gildesaal entlang Konsum. Die kritische Auseinandersetzung Schicksal durch Selbstmord zu entgegen. Bisher sind in Leipzig der Braustraße und die Brauereigewölbe im Keller und Diskussion mit den Filmschaffenden, 43 solcher Verzweiflungstaten registriert. Ganz wenigen gelang einem tristen Kommerzneubau weichen werden. Autoren und Experten über die Filme erleich- das Untertauchen in letzter Minute, auch durch geschicktes Agie- Deshalb sollte die Gewerbegenossenschaft neben terte gerade für ein jugendliches Publikum ren mutiger Leipziger. ihrem bisherigen gewerblichen Engagement eigene den Zugang zu den oft für sie sehr theoreti- Dokumente, Faksimiles, Leihgaben u. a. vom Erich-Zeigner-Haus kulturelle Angebote entwickeln. Das Dezernat Kultur schen Themen: Rechtsextremismus, Gewalt, e.V., der Israelitischen Religionsgemeinde, aus Birkenau, des Stadt- muss Gespräche mit geeigneten Interessenten aus der Rassismus und Zivilcourage. Die Diskussio- archives, der Verkehrsbetriebe zeigt die Ausstellung. So berühren Kulturszene aufnehmen und diese für einen Einstieg nen, die auch von den Medienpädagogen des unter anderem die Zeugnisse damals seltener Zivilcourage zur in das von der Stadtverwaltung und allen Stadtrats- Landesfilmdienstes Sachsen begleitet wur- Rettung einer jungen Frau und ihres zweijährigen Sohnes. fraktionen gewollte und der Treuhandliegenschafts- den, zogen Parallelen zum eigenen Alltag: Der Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Dr. Volker Rode- verwaltung unterstützte Projekt des „Kunst-, Kultur- Wie haben die Personen im Film gehandelt? kamp hebt hervor, „dass mit dieser Ausstellung auch besonders und Gewerbehofes Feinkost“ trotzdem noch zu er- Welche Handlungsmöglichkeiten habe ich in junge Leute angesprochen sind, damit deren Kenntnisse über jene möglichen. meinem Alltag? Wie wird an unserer Schule Zeit gefestigt werden. Es gilt, zunehmende Geschichtsfälschun- Die Linksfraktion spricht sich außerdem für eine bal- mit Minderheiten umgegangen? Gibt es in gen neonazistischer Kreise mit Tatsachen zu entlarven.“ dige Sitzung des Entscheidungsgremium zur Aus- meinem Umfeld Rechtsextremismus? Und • HERMANN GERATHEWOHL schreibung des Feinkostgeländes in Leipzig aus Ver- auch die Lehrer gingen mit neuen Ideen und tretern der TLG IMMOBILIEN GmbH, der Stadtver- Denkanstößen aus den Veranstaltungen. Wei- „Der letzte Weg“ im Stadthistorischen Museum Leipzig. waltung Leipzig und der Fraktionen aus. tere werden folgen. Zu sehen bis zum 28. Januar 2007 • SIEGFRIED SCHLEGEL • JOHANNA HEMKENTOKRAX jeweils von Dienstag bis Freitag zwischen 10 und 18 Uhr. LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 LEIPZIG • 5 Nicht hinter Bring dich ein ... der Gardine

Der zum fünften. Mal in Leipzig vergebene Preis für das Duo FOLKUS In den letzten Wochen häuften sich Vorfälle in Plagwitz Zivilcourage war ein besonderer. Ursprünglich nur mit nachdenklichen und Lindenau, dass Anwohner verunsichert, belästigt gedacht für junge Leute, die sich engagiert in Gesell- und bedroht wurden. Es gab Einschüchterungen gewalt- schaft und Leben einmischen, erhielten ihn dieses Jahr Polit-Songs bereiter Jugendlicher. Parallel dazu tauchten immer wie- Schüler u n d Erwachsene. der Aufkleber mit rechtsradikalen Inhalten auf. Anwoh- Stolz und aufgeregt präsentierten vor einem aufmerksa- am 16. Dezember 2006 ner der GutsMuthsstraße reagieren mit Verängstigung men Publikum sowie vielen Kameras und Fotografen die und Zurückgezogenheit, stehen hinter der Gardine und Schüler der 20. Mittelschule und des Kepler-Gymnasi- können mit dieser Situation nicht umgehen. Neonazis- ums die Ergebnisse ihres Forschungsprojektes mus in meinem Wohnhaus. Wie regagiere ich da ? „Die stille Heldin“. Monika Radke (links) und Janet Fockert ziehen nicht

Textproben: Fotos: Ulrich Mehrere Wochen beschäftigten sich die 12 bis14-Jähri- weg, sondern fragen : „Wenn ich nichts tue, wer soll es gen in ihrer Freizeit mit einer Zeit, die über 60 Jahre Dummheit kann man nicht verbieten und dann tun?“ Sie machen die Probleme öffentlich, trauen zurückliegt. Es entstand eine bewegende, hochinteressan- doch kann man etwas dagegen tun. Was gegen sich auch bei Fernsehinterviews Gesicht zu zeigen und te Dokumentation über die Rettungsaktion zweier Leipzi- Dummheit hilft ist Bildung ... gegen Verbote suchen Verbündete gegen den Straßenterror. Sie plädie- ger Juden durch mutige Mitbürger. Es war für die sind die Dummen oft immun. ren für Aufklärung, Aufmerksamkeit und nachbarschaft- Schüler eine intensive und neugierige Auseinanderset- liches Engagement in einer nicht einfachen und durch- zung mit Lebensverhältnissen, die für die nach 1990 Den Anfängen zu wehren ist es lange schon aus für sie nicht ungefährlichen Situation, in der sich Geborenen nur sehr schwer erahnbar sind. Unterstützt zu spät, sie sind in den Parlamenten, der brau- Neonazis und Provokateure – wie hier geschehen – in durch den Erich-Zeigner Haus e. V. und durch ne Ungeist lebt. private Räume zurückgezogen haben und somit, ober- Gespräche mit der inzwischen 97-jährigen Johanna flächlich betrachtet, kaum mit dem Gesetz in Konflikt Landgraf, erfuhren sie, was es heißt, sich damals einzu- Sie machen sich breit mit ihren Parolen. Sie kommen. Zwei Frauen sind ernsthaft besorgt, wie bei bringen und was es für andere Menschen bedeuten haben nie etwas begriffen. Immer nur folgen Nachbarn Einschüchterungsversuche bereits Wirkung kann. Nämlich: Leben zu retten. Über ein Jahr dauerten wollten sie. zeigen und sich ein schleichendes Klima der Zurückge- die intensiven Recherchen, die jetzt – zum ersten Mal – zogenheit entwickelt. Ihr Mut und ihre Unbequemlichkeit der Öffentlichkeit und demnächst den Mitschülern vorge- Steh auf und misch` dich ein. Habe auch wurden mit dem Preis für Zivilcourage jetzt öffentlich stellt werden. 2007 gehört, auch aufgrund des erhaltenen keine Angst zu schrein. Sage nein! gemacht. Preises, eine Reise nach Auschwitz zu den Vorhaben. • MIZO Papa, warum schießen die Soldaten? Weil sie nichts aus der Geschichte gelernt haben. Preisverleihung Auge um Auge macht doch alle nur blind! Zivilcourage

Anzeigen Leipziger Stadtrats-SSplitter Für eine vereinte Linke! Ausbildung Für eine starke Eine große Mehrheit im Stadtrat stimmte Anträgen der Fraktionen sozialistische Linkspartei! Bündnis 90/Grüne und Linkspar- tei.PDS zur Sicherung von Ausbil- dungsplätzen für Jugendliche in der Allen Leserinnen und Lesern von Stadtverwaltung und den Ei-genbe- trieben bis zum Jahr 2010 zu. LEIPZIGS NEUE, allen Genossinnen und Genossen Käferhaus Sozialbürgermeister Prof. Fabian im neuen Jahr erklärte, dass die Kindertagesstätte viel Gesundheit und viel Kraft für die vor „Käferhaus“ nach Um- und Anbau- maßnahmen in der International uns stehenden Aufgaben. School in ihr angestammtes Gebäude unmittelbar am Stadtpark Nonne Dr. Volker Külow, MdL, zurückkehren wird. Falls infolge der Vorsitzender des Stadtverbandes Leipzig Schulerweiterung künftig die Einrich- tung benötigt wird, muss die Interna- tional School innerhalb des Stadtteils Schleußig ein Ersatzobjekt schaffen. Das Interim in Plagwitz ist dazu nicht geeignet. 6 • SACHSEN LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

Leipziger und sächsischer Caren Lay: 3000 öffentlich geförderte Arbeitsmarkt im November Stellen sind finanzierbar Noch Abwärtstrend Laut Koalitionsvertrag will der on orientiert, ist zum Scheitern sitzende der Linksfraktion, for- Gegenüber Okto- Berliner Senat 2500 Langzeitar- verurteilt. Ein-Euro-Jobs schönen derte von Ministerien wie von der ber sank die Ar- beitslosen zu sinnvoller Tätig- zwar die Arbeitslosenstatistik, Regionaldirektion der BfA, sich beitslosenzahl im keit verhelfen. Bezahlt aus Geld, sind aber rechtlose, prekäre Be- zur öffentlichen Beschäftigung Arbeitsagentur- das bisher für Alg II ausgegeben schäftigungsverhältnisse.“ Poli- von zunächst mindestens 3000 bezirk Leipzig wird. Kein Streit in diesem Punkt tisches Ziel müsse es sein, „Ar- Menschen zu bekennen. Bei Ein- (Stadt + Umland) um 1497 Perso- über „Rot“-Rot: Die Linksfraktion beiten im öffentlichen Interes- satz von Geldern, die die Kom- nen und gegenüber dem Vorjahr des sächsischen Landtags findet se für 1300–1400 Euro Brutto- munen für Unterkunftskosten um 8265 auf 65 357 – niedrigster Koalition steuert das Modell öffentlich geförderter lohn bei 30 Stunden Wochen- und arbeitsmarktpolitische Maß- Stand seit 1999. Die Quote sank Arbeit vorbildlich. arbeitszeit zu ermöglichen“. Die nahmen erhalten, sowie von auf 16,6 Prozent. Produktionszu- nicht um Auf der Pressekonferenz der Frak- gleiche Summe werde derzeit für Mitteln aus dem Europäischen wachs und nahe Mehrwertsteuer- Die jüngst vom Bundesamt für tion vom 1. Dezember erläuterte Ein-Euro-Jobber ausgegeben, nur Sozialfonds müsste das Land für erhöhung wirkten weiter (natür- Statistik veröffentlichten Anga- Wirtschaftssenator Harald dass das Geld nicht in voller Hö- 3000 öffentlich geförderte Ar- lich auch die Abnahme der Be- ben, nach denen 17 Prozent Wolf: „Eine Arbeitsmarktpolitik, he bei ihnen ankommt. beitsplätze lediglich 10–15 Mil- völkerung), doch am Rückgang der Menschen in den neuen die ausschließlich auf Integrati- Caren Lay, stellvertretende Vor- lionen Euro aufwenden. • gb gemeldeter freier Stellen deutet Bundesländern ein Leben an sich schon das traditionelle Kip- oder unterhalb der Armuts- pen am Jahresende an. grenze führen müssen, sind Es läuft nicht wie geschmiert MdB Nitzsches Zurzeit kann die Bezirksagentur überholt. Sie beziehen den Stammtisch? im Schnitt acht Arbeitslosen zu- Zeitraum seit Inkrafttreten von Wachau wehrt sich gegen Müllermilch-Müll Siehe Chronik sammen eine Stelle anbieten. Hartz IV nicht ein. Für Sach- Die Gemeinde Wachau, um die Mehrheit der 3800 Stimmberech- 7646 Personen meldeten sich im sen muss angenommen wer- es hier geht, liegt in der Lausitz. tigten grünes Licht für das Pro- November neu oder zum wieder- den, dass inzwischen bis zu Im Ortsteil Leppersdorf will die jekt gibt. Bestechung aus Steu- holten Mal arbeitslos. Seit Jah- einem Viertel der Bevölke- Sachsenmilch AG (Müllermilch- ermitteln, denn für die jüngste resbeginn kamen 640 solche Mel- rung als arm gilt. Konzern) jährlich 300 000 Tonnen Werkserweiterung erhielt der dungen aus der Land- und Forst- Der Sozialhaushalt des Frei- Müll verbrennen, um ihren Ener- Konzern nach Angaben der wirtschaft, 2350 aus dem produ- staats für die nächsten bei- giebedarf zu decken. Am 10. De- Landtagsabgeordneten Andrea zierenden Gewerbe, 5178 vom den Jahre reagiert darauf völ- zember sollte ein Bürgerentscheid Roth (Linksfraktion) eine dreifa- Bau, 16 411 vom Dienstleistungs- lig unzureichend. Angesichts darüber befinden, ob sich die Wa- che Förderung von 31,2 Millio- bereich und 18 489 aus Ausbil- einer verbesserten Einnahme- chauer fürs nächste Vierteljahr- nen Euro + 15 Prozent Zuschuss dung/Qualifizierung (41,6 Pro- situation hätte umgesteuert hundert ein Müll-Heizkraftwerk für Gebäude + 27,5 Prozent für zent über Vorjahr!). Offene Stel- werden können, ja müssen. vor die Nase setzen lassen. Anlagen und Maschinen! len werden vielfach von Zeitar- Darauf zielten 30 Änderungs- Sachsenmilch wollte sichergehen Doch nicht immer überrollen Geld Halbritter beitsfirmen und privaten Vermitt- anträge der Linksfraktion. Mit und bot jedem Haushalt in Wa- und gute Worte den Verstand. Mit „Wenn ich was zu sagen hätte, lern besetzt, was mit hohen Ein- der Ablehnung dieser Anträ- chau – jedoch nicht in drei wei- 65,5 Prozent der gültigen Stim- gäbe es keine dreckigen Gamm- kommensverlusten verbunden ge vergaben die Koalitions- teren betroffenen Gemeinden – men bei 68 Prozent Beteiligung ler mehr, keine schmutzigen Ita- ist. Im Hauptamt Leipzig betrifft fraktionen Chancen, Armut in für die nächsten drei Jahre 390 wies Wachau die Selbstbestim- liener und keine stinkenden Tür- das von 6500 Stellen immerhin Sachsen zu lindern. Euro „Energiezuschuss“, knapp mung á la Milch-Müller ab. Hof- ken. Dann wäre auch die Luft 2100. – Die ARGE betreut im wieder sauberer.“ So wird es in den nächsten elf Euro im Monat, falls die fentlich endgültig. • G. BRAUN Agenturbereich 81 532 Men- beiden Jahren kein kostenfrei- schen, in der Stadt 32 282, das es Vorschuljahr, kein Sozial- sind 75,6 Prozent der 42 677 Ar- oder Kulturticket für Hartz-IV- Hals nicht voll Kein VEB Präzedenzfall beitslosen Leipzigs. Sie unter- Betroffene geben. Die Tafeln LN. Karstadt-Quelle verlangt LN. Die US-Fondsgesellschaft LN. Ein Dresdner Realschü- stützt zudem 30 885 erwerbstä- für Bedürftige erhalten keinen von seinen 1500 Mitarbeitern Lone Star schließt zum Jahres- ler gewann vor dem Verwal- tige Alg-II-Empfänger, die Nied- Zuschuss. Und was nützen in Leipzig, auf über 30 Pro- ende das Biria-Fahrradwerk in tungsgericht gegen das Re- driglöhne beziehen. die Appelle der Sozialmini- zent Lohn und Gehalt, auf Neukirch/Lausitz. Mit dessen La- gionalschulamt. Weil mehr In Sachsen insgesamt sank die sterin für gesunde Ernährung Urlaubstage, Urlaubsgeld gerbeständen und Aufträgen steigt als 18 Prozent des Deutsch- Arbeitslosigkeit gegenüber Ok- der Kinder, wenn unser An- und tarifliche Altersvorsorge sie bei MIFA (Sangerhausen) ein. unterrichts ausfielen, darf er tober um 3856 und gegenüber trag auf ein kostenfreies Mit- zu verzichten. Die Personal- „250 Menschen und ihren Fami- die Abschlussprüfung im dem Vorjahr um 35 785 Personen. tagessen für Schüler aus und Kostenstruktur müsse lien vor Weihnachten die Exis- Fach Deutsch wiederholen. Entgegen dem Trend verfestigte Hartz-IV-Haushalten abge- sich den sinkenden Umsät- tenzgrundlage zu entziehen ist Er war mit der Note der er- sie sich aber bei Menschen über lehnt wurde? zen anpassen. einfach unmenschlich“, klagt sten Prüfung unzufrieden. 55 (knapp 50 000) und bis 25 • DIETMAR PELLMANN Wirtschaftsminister Thomas Jurk. (39 674). • J. SPITZNER

28. November Menzel (bis vor kurzem NPD) erhält vor- Grimma. Vorm Amtsgericht beginnt ein läufiges Hausverbot für den Landtag. Er Prozess gegen den Inhaber eines Wurze- wollte einen Revolver auf die Besucher- ner Versandhandels für rechtsextreme Me- SSACHSENACHSEN-C-CHRONIKHRONIK tribüne schmuggeln lassen. dien, darunter „Schulhof-CD“. 28. November bis 18. Dezember 14. Dezember Torgau. Der Ölkonzern Shell und der fran- Dresden. Die Linksfraktion.PDS bringt zösische Glashersteller Saint-Gobain wol- Gesetzentwürfe zur „Förderung der un- len in der Elbestadt Dünnschicht-Solar- 4. Dezember kreisen für die 5100 geduldeten Flücht- mittelbaren bürgerschaftlichen Selbstver- zellen fertigen, teilt Saint-Gobain mit. Dresden. Die Bundesbeauftragte für MfS- linge Sachsens fordert die Ausländerbe- waltung“ der Kommunen und zur „Rege- 29. November Unterlagen und Kultusminister Flath unter- auftragte Friederike de Haas. Der geplan- lung des Rechtsanspruches von Schulkin- Moritzburg. Nur 19 Prozent der Buchen zeichnen eine Kooperationserklärung, um te Nachweis von Arbeit nach Tarifrecht sei dern auf eine kostenfreie Mittagsversor- Sachsens sind gesund, informiert Land- „Defizite in der Darstellung“ des MfS an eine schwer zu nehmende Hürde. – Im Frei- gung“ in den Landtag ein. wirtschaftsminister . Seit Schulen und Hochschulen zu überwinden. staat leben rund 85 000 Ausländer aus 173 Dresden. Obst und Gemüse in Sachsen 1991 hätten sich deutliche Schäden ver- 7. Dezember Ländern – zwei Prozent der Bevölkerung. sind zum Teil erheblich mit Giftstoffen be- zehnfacht. – Insgesamt ist im Freistaat Hoyerswerda. Der wegen NPD-Nähe un- 9. Dezember lastet, teilt MdL Johannes Lichdi (Grüne) jeder siebte Baum schwer krank. ter Druck geratene Bundestagsabgeordne- Oschatz. Der SPD-Landesparteitag bestä- anhand einer Ministerantwort mit. 30. November te Henry Nitzsche gibt das Amt des CDU- tigt Thomas Jurk als Landeschef mit 85,5 16. Dezember Chemnitz. Rund 50 000 Tonnen reines Kreisvorsitzenden Kamenz/Hoyerswerda Prozent der Stimmen. Stellvertreter wer- Leipzig. Mit dem jüngsten Brand regi- Wolfram werden bei Pöhla (Erzgebirge) ab. Kurz darauf tritt er aus der CDU aus, den Petra Köpping und Rolf Schwanitz. striert die Polizei dieses Jahr schon mehr vermutet, ferner Zinn, Zink und Kupfer. die ihn halten wollte. Der neue Generalsekretär Andreas Weigel als 210 Brandstiftungen in der Stadt. Die Wismut-Tochter Wisutec prüft Chan- Leipzig. Die Klavierbauer der Blüthner- lässt wenige Tage später, wegen früheren 18. Dezember cen des Erzabbaus, kündigt Geschäfts- Pianofabrik bestehen mit einem einstün- Betrugs verurteilt, das Amt ruhen. Dresden. Rund 300 Kilogramm radioak- führer Christian Kunze an. digen Warnstreik auf einem Tarifvertrag. Weißwasser. Infolge Fehlzündung einer tiven Materials des Kernforschungszen- 1. Dezember 8. Dezember Panzerhaubitze sterben auf dem Truppen- trums Rossendorf werden ins Herkunfts- Oschatz. Ein Teil des „O-Schatz-Parks“ mit Kamenz. Die Zahl der sächsischen Schüler übungsplatz Oberlausitz zwei Soldaten, land Russland geflogen. Der Transport nach Grünem Klassenzimmer und Tierpark hat sich seit 1996 halbiert, meldet das Sta- vier werden verletzt, einer davon schwer. Podolsk bei Moskau kostet etwa eine Mil- wird eröffnet. Damit beginnt die eintritts- tistische Landesamt. 13. Dezember lion Euro, die bisherige Bewachung des freie Nachnutzung der Landesgartenschau. Dresden. Gleichbehandlung in allen Land- Dresden. Der Abgeordnete Klaus-Jürgen Materials monatlich 92 000 Euro. LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 SACHSEN • 7

onderbar ist das zweite Jahr der dieses grobe Foul gegen die rechtsstaatli- schen Gedankengutes nicht zuzulassen.“ als Feindbild ausgedient. Er lebt nur noch vierten Legislaturperiode des Säch- che Ordnung nicht durchgehen und be- Damit, so die SPD-Innenpolitikerin Mar- fort als Phantom in den Köpfen der CDU- Ssischen Landtags gewesen. Die scherte allein schon deshalb der Abge- git Weihnert in einer Pressemitteilung, Führungsetage und wohl bei manchen größten Veränderungen gab es in der ordnetenanklage ein Begräbnis dritter spiele die PDS der NPD in die Hände. Mitarbeitern des Landesamtes für Verfas- Fraktion, deren Partei die überwältigende Klasse. Dazu sagte Klaus Bartl: „Wer diejenigen, sungsschutz, die ihr angestammtes Be- Mehrheit der Sachsen verbieten lassen Nun, da alles vorbei ist, darf der politisch die dem gesellschaftlichen Grundkon- schäftigungsfeld nicht einbüßen wollen. würde: Vor Jahresbeginn stiegen drei der interessierte Zeitgenosse natürlich einmal sens, der allein offensichtlich nicht aus- zwölf NPD-Abgeordneten aus, verblie- tiefgründiger darüber sinnieren, was das reicht, auch einen verfassungsrechtlichen Milbradt voll von ben allerdings im Parlament und lassen alles sollte. Das Gericht stellte ja zutref- Rahmen geben wollen, als Handlanger Bank-Affäre erfasst dort allein schon durch ihre Kleinen fend fest, dass nichts von dem, was das der NPD verunglimpft, hat jeden politi- Weiter kräftig ins Rollen kam der Lan- Anfragen ein Fortbestehen rechtsextremi- schwarz-rosa-braun-gelb-grüne Bündnis schen Anstand aufgegeben.“ desbank-Untersuchungsausschuss. Nach zu Papier gebracht hat, nicht schon von Nach den erneuten Ausfällen des Lausit- dem Rücktritt von rund einem halben den Zeitungen im August und September zer CDU-Bundestagsabgeordneten Hen- Dutzend Führungspersönlichkeiten des Von MARCEL BRAUMANN 2004 vor den Landtagswahlen breitgetre- ry Nitzsche, der auf einer CDU-Patriotis- landeseigenen Geldinstituts infolge eines ten worden war. Mit einer Ausnahme: mus-Veranstaltung mit Ex-Kultus- wahrhaftigen Affären-Konglomerats ge- einer aktuellen Aschermittwochsrede von minister Matthias Rößler proklamierte, raten nun Ministerpräsident Milbradt und stischer Gesinnung erkennen. Im laufen- Porsch, die allen Ernstes von den Land- dass der „Schuldkult“ abzutun sei und Finanzminister Metz immer mehr unter den Jahr fuhr der Parlamentarische Ge- tags-Anklägern als Belastungsmaterial „Deutschland nie wieder von Multi- Druck. Milbradt sieht sich dem Vorwurf schäftsführer der NPD-Fraktion und gewertet wurde. Doch diese war „für die Kulti-Schwuchteln in Berlin regiert ausgesetzt, den Landtag im Februar 2005 Fahrlehrer Uwe Leichsenring auf der Feststellung der Untragbarkeit nicht prä- wird“, sind allerdings verschärfte Zweifel mit der Mitteilung belogen zu haben, Überholspur in den Tod; der Abgeordne- gend“, urteilten die Richter kühl. berechtigt, ob dieser gesellschaftliche zwei führende Bank-Manager hätten die te Menzel wurde nicht wegen seiner Hit- Die Kampagne gegen Porsch begann Grundkonsens in Sachsen überhaupt be- politische Verantwortung übernommen ler-Bekenntnisse, sondern wegen finanzi- bekanntlich „zufällig“ in jenen Wochen, steht. Denn immerhin ist inzwischen der und daher um ihre Abberufung gebeten. eller Unregelmäßigkeiten aus der Frakti- als die CDU erstmals in Umfragen vor CDU-Ortsvorsitzende von Wittichenau, Ex-Manager Fuchs wies diese Darstel- on ausgeschlossen; und Jung-Nazi Mat- Wahlen die absolute Mehrheit einbüßte. ein Hoyerswerdaer Staatsanwalt, von sei- lung vor dem Untersuchungsausschuss thias Paul soll nicht nur seinen Landtags- zurück, vor Gericht sind Verfahren in der computer für Kinderpornografie genutzt Sache anhängig, u. a. eine Klage auf Un- haben, er legte nach staatsanwaltlicher terlassung. Gegen den Willen der Staats- Haus- und Bürodurchsuchung sein Man- regierung hat inzwischen das Landgericht dat nieder. Dennoch drehte sich politisch Leipzig seine Akten dem Ausschuss über- mehr um die Nazis, als notwendig gewe- Ein Jahr der geben, Staatskanzlei und Finanzminis- sen wäre. terium zierten sich bei Redaktionsschluss noch und schoben verfassungsrechtliche Gegen entschädigungslose Bedenken vor, die das Gericht ausdrück- Massenenteignung Tiefpunkte lich für gegenstandslos erklärt hatte. Doch das Landtags-Thema des Jahres Selbst die konservative Zeitung Welt 2006, das unmittelbar die meisten Men- äußerte bereits Zweifel daran, dass Milb- schen auf einen Schlag betroffen hat, ist sächsischer Politik radt diese Geschichte überlebt. die drohende Enteignung von schät- zungsweise 200 000 Eigentümern von 2006 iim Landtag: Verwaltungsreform, Garagen, die zu DDR-Zeiten errichtet Doppelhaushalt – linke wurden. Die Linksfraktion ergriff gleich Zweii Mall schwarz-rosa-braun-gellb-grünes Bündniis Alternativen mehrfach die parlamentarische Initiative, um die fatalen Folgen des „Schuld- Der größte Brocken des laufenden Jahres rechtsanpassungsgesetzes“ zu entschär- ist sicherlich die Kreis- und Verwaltungs- fen. Denn es kann nicht angehen, dass reform, die nach jahrelangem Dorn- Menschen, die sämtliches Baumaterial röschenschlaf ihren Anfang genommen mühevoll zusammentragen mussten und hat. Allerdings ist das ganze Projekt danach zahllose Arbeitsstunden investier- gleich doppelt missraten. Erstens fehlt es ten, nicht nur entschädigungslos enteig- ihm an demokratischer Transparenz, net werden können, sondern womöglich lehnte doch die Koalitionsmehrheit wie- sogar auf eigene Kosten die Garage wie- derholt das Verlangen der Linksfraktion der abzureißen haben. „Herausforderer“ Porsch wurde zu ge- nem Parteiamt zurückgetreten, weil er für ab, einen zeitweiligen Sonderausschuss Aber das Thema ist mit der Ablehnung fährlich. Man kann lange darüber speku- seine Forderung, Nitzsche müsse sich Verwaltungsreform einzurichten. Und der Anträge der Linken im Bundes- und lieren, wie sich die Kampagne auf das entschuldigen, von Parteifreunden ausge- das, obwohl sich die SPD mehrfach ver- Landtag nicht vom Tisch. Klaus Bartl, Wahlergebnis auswirkte, zumal die PDS lacht wurde und trotz monatelanger Be- bal diesem Vorstoß angeschlossen hatte. rechtspolitischer Sprecher der Links- ihr mit Abstand bestes Wahlergebnis mühungen keinerlei nennenswerte partei- Zweitens wurde ein monatelanges Ge- fraktion.PDS im Sächsischen Landtag, erzielte. Aber dass auf diese Weise ein interne Unterstützung bei der Zurück- zerre um neue Kreiszuschnitte und Kreis- der die konzertierte Aktion für die Inter- gewisser Anteil von Protestwählern nach weisung solcher NPD-typischen Redens- sitze losgetreten, während die eigentli- essen der Garageneigentümer auf den rechts getrieben wurde, ist wohl nicht arten fand. chen Fragen, so der Kommunalexperte Weg gebracht hatte, rät zu Klagen bis hin ganz von der Hand zu weisen. So wurde Umso erfreulicher ist die Volksinitiative der Linksfraktion, Michael Friedrich, wie zum Europäischen Gerichtshof für Men- eine – demokratische – Mehrheit gegen „Courage zeigen“ für ein neues Staatsziel effektive Verwaltungsstruktur und Bür- schenrechte, da auch für die Garagen der die CDU unmöglich und damit als Ret- gegen Rassismus und Fremdenfeind- gernähe in den Hintergrund gedrückt grundgesetzliche Schutz des Eigentums tungsanker eine Koalition der Wahl- lichkeit, die den Wortlaut des auch von wurden. gelten müsse. Spätestens die europäi- verlierer CDU und SPD installiert, die SPD und Grünen verfemten Vorstoßes Den Jahresabschluss bilden diesmal die schen Richter würden in diesem Sinne eigentlich niemand so recht wollte und der Linksfraktion für eine antifaschisti- Beratungen über den Doppelhaushalt entscheiden, ist sich Bartl sicher. die sich politisch ständig auf den Füßen sche Klausel aufgegriffen hat. Denn „es 2007/2008. Die Linksfraktion hat zum steht. Dies diene den abgedrifteten Pro- vergeht in Deutschland kaum ein Tag vierten Mal einen Alternativen Haushalt Begräbnis dritter Klasse testwählern als Lehre, dass sie sich und ohne fremdenfeindliche Übergriffe, und und zum ersten Mal ein komplettes För- für Abgeordnetenanklage uns allen nicht nur eine widerwärtige Sachsen ist durch die Hetztiraden der dermittelkonzept vorgelegt. Schwer- Definitiv beendet dagegen ist das mehr Truppe eingehandelt, sondern auch das NPD nicht nur bundesweit im Gerede“, punkte sind Entbürokratisierung und als zweijährige Schauspiel um MfS- Potential für wirkliche soziale Verän- so Linksfraktionschef Peter Porsch. Konzentration der Mittel auf wirkliche vorwürfe und Abgeordnetenanklage ge- derungen blockiert haben. Die CDU-Landtagsfraktion kämpft auf Zukunftsinvestitionen in Bildung sowie gen Linksfraktionschef Peter Porsch. Das ihrer Homepage vehement gegen diese eine wirksame Armutsbekämpfung. Wer sächsische Verfassungsgericht hat den Bündnis gegen Porsch auch Initiative, u. a. mit der Begründung: Die das will, hat auch das Geld für ein Antrag von Abgeordneten der CDU, gegen Antifa-Klausel CDU-Fraktion des Sächsischen Landta- kostenloses Mittagessen aller Grund- SPD, NPD, FDP und Grünen, Porsch Dasselbe absonderliche Bündnis, das sich ges ist gegen Extremismus aller Art, egal schüler aus Hartz-IV-Familien. Eine wegen unbewiesener Stasivorwürfe aus für die Abgeordnetenanklage zusammen- ob dies linksextreme, rechtsextreme oder Milliarde Euro Umschichtung pro Jahr dem Parlament werfen zu lassen, verwor- fand, wischte auch gemeinsam den Vor- radikal islamistische Bestrebungen sind. im gegebenen Finanzrahmen zeugen fen. Offenbar hatte die zweifelhafte Front stoß der Linksfraktion.PDS vom Tisch, Sie ist auf keinem Auge blind. zugleich von Gestaltungswillen wie von der Ankläger nicht ernsthaft damit ge- eine „antifaschistische Klausel“ als wei- Mit diesem Bekenntnis hat sich die CDU finanzpolitischer Solidität. Es wird der rechnet, in der Sache Recht zu bekom- teres Staatsziel in die Landesverfassung nun allerdings tatsächlich aus dem Kon- CDU/SPD-Koalition jedenfalls sehr men, und vorsichtshalber die vom selben aufzunehmen. Darin sollte es heißen: „In sens der Gesellschaft verabschiedet, denn schwer fallen, den Abbau von über 3000 Gericht früher bereits eindeutig benannte diesem Rahmen ist es Pflicht des Landes nach allen Meinungsumfragen hält die Lehrerstellen zu begründen, nachdem Jahresfrist zwischen Bekanntwerden der und Verpflichtung aller im Land, rassisti- überwältigende Mehrheit der sächsischen die Linksfraktion vorgerechnet hat, dass Vorwürfe und Einreichen der Anklage- sche, fremdenfeindliche und antisemiti- Bevölkerung den Rechtsextremismus für sich Sachsen diese Lehrer weiter locker schrift weit überschritten. Das Gericht sche Aktivitäten sowie eine Wiederbele- die entscheidende Gefahr, der Linksex- leisten kann – wenn man die richtigen ließ den Abgeordneten erwartungsgemäß bung und Verbreitung nationalsozialisti- tremismus hat mangels Vorhandensein Prioritäten setzt! 8 • HIER UND HEUTE LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

„Gier oder Gerechtigkeit?“, fragte und Herzog zu Sachsen und ist Groß- vestoren für Sachsen werben. Weihnach- direkten Herkunft die Erbfolge des adop- der Spiegel am 6. November 2006. kreuzträger des souveränen Malteser Rit- ten 2004 ließ er als erste Maßnahme tierten Prinzen Alexander als Chef des In einem einspaltigen Beitrag terordens und Ritter des österreichischen Dresdner Christstollen in Mexiko vertei- Hauses Wettin an, was 2002/03 zu einer informierte das Magazin, dass die Ordens vom Goldenen Vlies. Er ist der En- len. (Ein Insider: „Sechsstelliges Jahres- öffentlichen Schlammschlacht führte und „umtriebigen Wettiner“ 1600 kost- kel des letzten sächsischen Königs Fried- honorar, aber zu wenig zählbare Inves- verlor. Prinz Rüdiger hat ebenfalls drei barste Porzellanobjekte, die zum rich August III., der 1918 im Ergebnis des torenabschlüsse“.) Gegenwärtig ist er im erwachsene Söhne. Bestand der Dresdner Kunst- verlorenen Krieges und der Novemberre- Büro des Ministerpräsidenten Milbradt sammlungen gehören, darunter volution abdanken musste. Maria Emanuel als einer seiner Berater tätig. Er hat vier Erneute Fürstenabfindung Stücke, die jedes für sich bereits lebt heute in der Schweiz am Genfer See. Kinder, darunter drei Söhne (!). Das Haus Wettin wurde nach dem Zweiten mehrere Millionen Euro wert sein 2. Prinz Albert von Sachsen (72), ein 4. Prinz Dedo (84), Sohn von Prinz Ernst Weltkrieg entsprechend dem sowjetischen dürften, vom Freistaat Sachsen Bruder von Maria Emanuel und promo- Heinrich von Sachsen (Schlossherr auf Besatzungsstatut komplett enteignet. zurückfordern. Die Meldung vierter Betriebswirtschaftler. Er verfasste Moritzburg), eines 1971 in Irland verstor- Nach dem Beitritt der DDR zur BRD wurde, teilweise ausführlich kom- ein verlogenes und sich durch schwülsti- benen weiteren Sohnes des letzten Kö- stellten die Wettiner unverzüglich beim mentiert, in der gleichen Woche ge Hymnen auf das Königstum disquali- nigs. Dedo vergrub zusammen mit sei- Amt für offene Vermögensfragen Rück- bundesweit von allen wichtigen fizierendes Geschichtswerk über die Wet- nem 2003 verstorbenen Bruder Prinz gabeanträge. Sie wussten bereits, „wohin Medien nachgedruckt. der Hase läuft“, nämlich in Richtung einer weiteren Fürstenabfindung. 1994 ettiner? Gab es da nicht bereits verabschiedete der Bundestag gegen die eine abenteuerliche Geschichte Die Prinzen bitten Stimmen der Abgeordneten von SPD, Wüber einen „Schatz der Wet- Grünen und PDS/Linke das „Entschä- tiner“? digungs- und Ausgleichsleistungsgesetz“ Im Oktober 1996 hatte der Hobby- (EALG), das den in den deutsch-deut- Schatzgräber Hanno Vollsack in einem schen Verträgen festgelegten Grundsatz Waldgebiet in der Nähe der Moritzburg zur Kasse aushebelte, wonach die 1945 bis 1949 unter Zuhilfenahme eines amerikani- besatzungsrechtlich und -hoheitlich vor- schen Metalldetektors drei Kisten mit genommenen Enteignungen fortgelten. wertvollen Erzeugnissen der europäi- Über Habgier einer überlebten Adelskaste Die Aushebelung bezog sich auf die schen Goldschmiedekunst, Tafelsilber und ihre Förderer „beweglichen Sachen“ und damit auch und Münzen gefunden, die im Februar auf Kunstgegenstände usw. 1999 schlossen nach jahrelangen zähen Verhandlungen Wettiner und Landes- Von MANFRED BOLS regierung Sachsen auf der Grundlage eines Angebotes des Landes Sachsen einen Vertrag über die Rückgabe von 1945 von Angehörigen des Hauses Wettin Kunstgütern ab. vor ihrer Flucht gen Westen dort vergra- Von den 18000 Kunstgegenständen er- ben worden waren. Unter ihnen befanden hielten die Wettiner 6000 zurück, die sich ein goldener Mohrenkopfpokal (17. übrigen kaufte das Land für 23,6 Mio. Jh.), ein Trinkgefäß in Form einer Grei- Mark. Davon wurden 11 Millionen Mark fenklaue (16. Jh.) und ein Doppelkreuz- mit Unterstützung des Bundes und der Reliquiar (13. Jh.). Der Inhalt der Kisten Kulturstiftung der Länder bar überwiesen, wurde auf 20 Millionen DM geschätzt der Rest mit Immobilien (erneute Aus- und vom Freistaat als Eigentum der Wet- hebelung des EALG) unter anderem am tiner anerkannt. Sachsen kaufte umge- Herzogingarten in Dresden abgegolten. hend einzelne wertvolle Stücke für seine In einer Klausel wurde dem Haus Wettin Museen und ließ einige Objekte, wie die das Recht auf Nachforderungen einge- genannten Kostbarkeiten, zu nationalem räumt, falls seine Rechercheure noch ihm Kulturgut erklären. Weitere Stücke mach- einst gehörende Stücke entdecken sollten. ten die Wettiner 1999 durch Verstei- Diese Nachforderungen wurden nun erst- gerung bei Sothebys zu Bargeld. mals erhoben, womit wir wieder bei der Bereits 1947 hatte die Rote Armee im eingangs genannten Meldung des Spie- gleichen Forst das eigentliche Haupt- gels angekommen sind. Sie lenkt den versteck entdeckt. Es handelte sich um 40 zwangsläufig sich auftürmenden Volks- Kisten mit wertvollen Stücken, darunter zorn gegen die Abzocker und nicht gegen Teile des goldenen Tafelservices August den diese Ungeheuerlichkeiten erst er- des Starken. Auch diese Kisten waren, möglichenden bürgerlichen Staat und das allerdings zeitlich früher, von Ange- EALG. hörigen des Hauses mit Hilfe von franzö- Der 66. Deutsche Archivtag kritisierte sischen Kriegsgefangenen, die auf der tiner. 1990 schlug er auf einer Montags- Gero die erwähnten 43 Kisten in zwei schon 1995 das Gesetz wegen Hast und Moritzburg Zwangsarbeit leisten muss- demo der Dresdener die Wiedereinfüh- Verstecken im Moritzburger Forst. Sein Verletzung parlamentarischer Regelun- ten, verpackt und dann, natürlich ohne rung der Monarchie vor. Prinz Albert Vater Ernst Heinrich war einer der schil- gen bei der Verabschiedung. Es gab Hilfe der Franzosen, vergraben worden. kümmert sich um Werbung und PR für lernsten Prinzen der Wettiner. Er diente außerdem 1998/99 Initiativen zur Überar- Die Kunstgüter wurden damals als die Wettiner. Auf seiner Webseite nennt als Offizier im 1. Weltkrieg, hatte sich beitung und Änderung des Gesetzes. Im Kriegsbeute abtransportiert und gelten er sich „Seine Königliche Hoheit“. Nach noch 1933 dem "Stahlhelm" angeschlos- Thüringer Landtag forderte die PDS- heute als Teil-Kompensation für die eigenen Angaben lebt er in Dresden unter sen und war Führer der Moritzburger Fraktion im Zusammenhang mit der durch Deutschland während seines ver- „bedrückenden“ Lebensverhältnissen in Gliederung. 1934 wurde er im Zusam- skandalösen Zahlung von 15,5 Mill. Euro brecherischen Angriffkrieges gegen die einer Mietwohnung und seine Schwes- menhang mit dem angeblichen Röhm- an den Prinzen Michael von Sachsen- UdSSR angerichteten Schäden. tern in „ärmlichen“ Verhältnissen in Putsch von den Nazis verhaftet, aber nach Weimar-Eisenach für einen „Verzicht“ München. Mit seinem Bruder ist er auf- fünf Tagen plötzlich wieder freigelassen. auf zweifelhafte Ansprüche eine Bundes- Wer sind sie heute – die grund eines Erbfolgestreites im Hause Arbeitete zeitweise in der Abwehr in ratsinitiative zur Änderung des EALG. Wettiner? Wettin (s.u.) zerstritten. Dresden, war vom Kriegsdienst aufgrund Auch in Dresden hätte man sich mehr Die Ausgrabung von 1996 rückte die 3. Prinz Alexander (52), Neffe von Maria des Sondererlasses Hitlers befreit. Auf Zeit lassen können, da viele Fragen über „Albertinische Linie“ des sogenannten Emanuel und 1999 von diesem adoptiert, seiner Flucht 1945 führte er eine wertvol- Ursprung und Herkunft der einzelnen Hauses Wettin – es gibt noch die Ernes- da dessen eigene Ehe keine Nachkom- le Votivkrone Ludwig IX. (1226–1270, Kostbarkeiten unklar waren. Eine im tinische Linie – schlagartig ins grelle men hervorgebracht hatte. A. ist damit König von Frankreich) mit sich, die er Gesetz festgelegte Nießbrauchsfrist für Licht der Öffentlichkeit. designierter Nachfolger des Chefs, was der französischen Regierung übergab und unentgeltliche Nutzungsgarantie bis 2014 Nach unbestätigten Angaben existieren gerichtlich nach einem Erbfolgestreit sich und seiner Familie damit das Exil in hätte genug Zeit für eine rechtsstaatliche noch elf männliche Mitglieder der A.L., 2002/03 bestätigt wurde. Er hat 30 Jahre Irland erkaufte. In seinen Memoiren Auseinandersetzung darüber ermöglicht, so dass der Fortbestand des „Adels- lang in Mexico City gelebt und zuletzt rechnet er sich zu den Hitlergegnern. wem was gehörte und wer wem für was geschlechtes“ für die nächsten Gene- eine Export-Import-Firma geführt. Nach Dedo verließ später Irland, nahm einen etwas zu zahlen hat. rationen gesichert sein dürfte. der Wende siedelte er nach Dresden über, bürgerlichen Namen an und lebte mit sei- Die wichtigsten Akteure sind: 2004 erhielt er die deutsche Staats- nem Bruder Gero in Kanada und den Der Adel – historisch 1. Prinz Maria Emanuel (80), Chef des bürgerschaft. Prinz Alexander von Sach- USA. schuldig – überlebt Hauses Wettin und Bevollmächtigter der sen-Gessaphe, wie der volle Name lautet, 5. Prinz Rüdiger von Sachsen (53), Sohn Die Wettiner hatten schon einmal in ihrer Firma: GbR Haus Wettin Albertinische wurde im Februar 2003 für zwei Jahre des verstorbenen Prinzen Thimo, dessen Geschichte „Entschädigungen“ erhalten, Linie, die seit Jahren einstiges Eigentum zum „Ansiedlungsbeauftragten“ im säch- Vater ebenfalls Prinz Ernst Heinrich war. und zwar 1924 durch die sogenannte Für- wiederzuerlangen sucht. Der Prinz nennt sischen Wirtschaftsministerium ernannt. Rüdiger ist damit Urenkel des letzten Kö- sich außerdem noch Markgraf zu Meißen In dieser Funktion sollte er weltweit In- nigs. Er focht mit dem Argument seiner Fortsetzung Seite 9 LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 HIER UND HEUTE • 9 Leser werben Leser Leser werben Leser Leser werben Leser

Wir haben keine Millionen und auch Außerdem: Wir lassen uns nicht durch die vielen kein Porzellan, das wir auf Wettiner Präsente anderer Zeitungen irre machen, sondern Art zurückfordern können, um es zu setzen auf Begegnung und Individualität. versilbern. Wir bitten zum rundenTisch. Wir haben 1000 Ideen Und der ist reserviert für Leser, die uns mindestens zu und ein kleines Team, das im kom- drei neuen Abonnenten verholfen haben. menden Jahr fünfzehn wird. Wir präsentieren Wir brauchen Ihr Engagement, diesen erfolgreichen LN-Werbern die um unsere Leserschar zu vergrößern Backkünste unserer Chefredakteurin nebst ihrer Gesellschaft – und zum Nachtisch Wir können keine Straßenbahnen Flimmernde Entdeckungen besprühen. aus unserem Film- und Fernsehlink. Wir wollen auch nicht 1000 Plakate Einmalig und appetitlich! kleben. Wir setzen auf’s Weitersagen und Ihre Auf die Plätze fertig los. Leselust. Ihr Nachbar, ihr bester Freund, ihr Arbeits- Aber: Wir öffnen kollege, ihr Onkel (und von all denen natür- eine große Bücher- lich die weiblichen Entsprechungen) warten kiste und spenden jedem LN-Leser für schon darauf, endlich einen Leipzigs-Neue- einen neuen LN- Aboschein Abonnenten tolle, ausfüllen zu dürfen. von den Autoren signierte Bücher und CD, die uns der Eulenspiegel Verlag zur Ver- Der steht übrigens auf Seite 30 fügung stellte. Dankeschön im und eignet sich auch hervorragend Namen unserer werbenden Leser. für ein Geschenkabo.

Fortsetzung von Seite 8 war Seele und Hauptbestandteil des wil- der Wettiner, die Sachsen zugute käme. sche Herrscherhaus Wettin in der Debatte helminischen Offizierskorps. Die Kon- Die Hofschreiber attestieren den Wet- um die Rückgabe enteigneter Porzellanob- stenabfindung. Es war dies das Jahr nach sequenz für seine Verbrechen und sein tinern, sie hätten in 829 Jahren Herrschaft jekte scharf kritisiert. ,Mir fällt es schwer der Niederlage der Arbeiterklasse in der Versagen war 1918 die Entmachtung und in verdienstvoller Weise Kunstschätze zu begreifen, dass es Menschen gibt, die revolutionären Nachkriegskrise. Die Ab- Enteignung durch das Volk. „zusammengetragen“. Als wenn es nie ihren persönlichen Reichtum vor das kultu- findung, die der sozialdemokratische Luise von Toscana, bis zu ihrer 1903 Landraub, volksfeindliche fürstliche Pri- relle Erbe stellen‘, sagte er der Bild-Zei- Mi-nisterpräsident Max Heldt in Dresden durch Flucht aus Dresden erzwungenen vilegien, bauernruinierende Steuern und tung. Roth weiter, die Rückgabe-Forde- unterzeichnete, betrug die riesige Sum- Scheidung vom späteren sächsischen Rekrutierung von Kanonenfutter aus den rung sei ein Schlag ins Gesicht von 2,2 me von 300 000 Goldmark und bezog König Friedrich August III. Kronprin- Massen der Bauern gegeben hätte. Millionen Museums-Besuchern pro Jahr. das Schloss Moritzburg, einige Forst- zessin von Sachsen, schrieb 1911 mit Am 18. Dezember wurden beim Auktions- Die Schätze gehören uns allen gemeinsam, reviere und Immobilien sowie zahlreiche Unterstützung einer englischen Schrift- haus Christie‘s in London fünf wertvolle fügte er hinzu. Kunstobjekte ein. stellerin unter dem Titel „Mein Lebens- Porzellanplastiken versteigert, die die Mit dem Begriff „Prinz“ sind vielfältige, Im gleichen Jahr wurde übrigens in Sach- weg“ eine Chronique scandaleuse über die Kunstsammlungen bereits an die Wettiner meistens positive Assoziationen verbun- sen auch das Verbot der NSDAP auf- Wettiner. Darin bezeichnete sie den säch- zurückgegeben haben. Die wertvollste da- den. Wir erinnern uns an die Kindheit und grund mehrerer Vorstöße der Deutsch- sischen Hofkreis als „Sammlung der klein- von ist ein Löwenpaar, dessen Wert auf 4,5 damit an Märchen über schöne und muti- Nationalen Partei aufgehoben, deren pro- lichsten, böszungigsten und eingebildet- bis 7,5 Millionen Euro geschätzt wird, bei ge Prinzen. Prinz Karneval ist jedes Jahr minentes Mitglied der abgedankte König sten menschlichen Wesen“. Die Aristokra- 4,2 Millionen fiel der Hammer. Das Bildnis im Februar Symbol für Humor und Friedrich August III. war. tie hätte „die verdorbene ungesunde Idee, eines Fuchses mit einem Huhn sollte bis zu Lebensfreude. Birgit Prinz ist die beste Was schon damals Tatsache war, gilt daß ihr Beruf darin bestände, den Schein 450 000 Euro einspielen, fand aber noch Fußballspielerin der Welt. Hübsche noch heute: Der Adel trägt die Mitver- aufrechtzuerhalten“. „Ihr Adels- und Rang- keinen Interessenten. Albert von Sach- kleine Hunde werden gern „Prinz“ antwortung für die Entstehung und Ent- stolz“ wäre „widerwärtig“ ... sens Kommentar: Wir versteigerten, weil genannt. Und es gibt eine bekannte Pop- wicklung des deutschen Militarismus mit Sachsen nicht kaufen wollte. Gruppe in Sachsen, die „Prinzen“. Sie allen seinen Folgen, einschließlich des Ausblick DDP meldete: „Der Generaldirektor der singt übrigens auch ein interessantes Ersten Weltkrieges. Er war maßgeblich Ministerpräsident Milbradt bedankt sich Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Lied: „Du musst ein Schwein sein auf vertreten in Bürokratie und Diplomatie, heute artig für die „Sammlerleidenschaft“ Martin Roth, hat das ehemalige sächsi- dieser Welt“. 10 • HEUSCHRECKEN LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

ie Melodien rauschten dahin auf dem Leipziger die Olympia-Bewerbung, als alle bekannten Unterneh- DOpernball am 28. Oktober diesen Jahres. Doch wäh- Ein Maskenball – ein Werbe-Wall men wegen vermeintlicher Querelen um Leipzig einen rend sich die meisten Besucher vergnügten, wurde in den Bogen machten. Firmengründer Hans Wall entfuhr am Wandelgängen um ein handfestes politisches Thema gepo- 17. April 2004 der frappierende Satz: „Hier spürt man kert. Im fliegenden Wechsel entwarfen kleine Gruppen ein anderes Leben als in Berlin.“ eingeweihter Personen an diesem Abend ein Drehbuch für Stadtvermögen Wall setzte 2005 auf das Auslaufen des Leipziger Ver- den von Oberbürgermeister Jung forcierten Anteils- trages mit dem Konkurrenten DSM, packte ein paar verkauf der Stadtwerke. Alle Fragen, die im Rathaus in im Lockvogel-Angebote in seine Offerte -– und stieß trotz- der Sackgasse endeten, wurden – wohl vom Walzer dem auf einen Wall aus Ablehnung. Finanzdezernentin „Gold und Silber“ inspiriert – in der Oper zwischen Kudla (CDU) war die gewohnte Firma Ströer so lieb SPD und CDU ausgekungelt. Plötzlich schwenkte die Dreivierteltakt wie dem OB Jung (SPD). Triumph der „Leipziger Frei- CDU in Person ihres Stadtrats-Fraktionsvorsitzenden heit“ über den Berliner Wall? Alexander Achminow auf die zuvor geschmähte Privati- vergeigt Es scheint, dass Rüdiger Storim, Geschäftsführer der sierungslinie ein, während sich der Oberbürgermeister Ströer Deutsche Städte Medien GmbH, erfolgreich Vor- einen teilweisen Verkauf der Holding LVV, zu der Stadt- feldarbeit leistete. Studenten der hiesigen Universität werke, Wasserwerke und LVB gehören, abhandeln ließ. chwer wiegt die Frage, wie es das Leipziger Rathaus ließ er vor Jahresfrist ausgerechnet an Kampagnen für Derweil steckten Wirtschaftsdezernent Albrecht (CDU) Smit der Objektivität beim Bewerten von Geboten Burkhard Jung im OB-Wahlkampf basteln. So macht und Finanzvorstand Dr. Christian Holzherr des Ener- hält. Ein jüngst bekannt gewordener Fall nährt Zweifel man sich Freunde. Ohne Ausschreibung bekam Ströer gieriesen EnBW, der nach Anteilen der profitablen an der Unbefangenheit der Entscheider. Dabei ging es seine begehrte Vertragsverlängerung. Keine Chance für Leipziger Stadtwerke giert, den ganzen Abend in immer um den heiß umkämpften Markt der so genannten Stadt- Wall. Im vereinbarten Paket, das auch den Verwaltungs- besserer Stimmung die Köpfe zusammen. Nimmt man möblierung. Genau genommen sind Sitze und Bänke an ausschuss passierte, steht, dass Ströer während der Ver- die Akteure in klassischer Marxscher Deutung als Haltestellen allenfalls ein notwendiges Übel, wenn nur tragslaufzeit einmalig 250 000 Euro zur Verfügung „Charaktermasken des Kapitals“, dann war der Opern- die dahinter angestrahlten Werbeträger ihre frohe Bot- stellt. Für welche Gegenleistung? ball der größte Maskenball der letzten Jahre. schaft vom geilen Geiz möglichst grell unter die Ver- „Der Glaube an die unsichtbare Hand des Marktes wird Inzwischen liegt – nach einem mit hauchdünner braucher bringen. in Leipzig auf eine harte Probe gestellt“, meint dazu der SPD/CDU-Mehrheit im Stadtrat durchgequetschten Son- Im Spiel sind Millionen. Der unheimlich heiße Markt Vorsitzende der Leipziger Linkspartei, Dr. Volker dierungsmandat – der Ball im Feld von KPMG. Die Refe- wurde in Leipzig Anfang der 1990er Jahre strategisch auf- Külow. „Zyniker könnten auf die Idee kommen, mit dem renzen der Unternehmensberatungsgesellschaft sind im geteilt. JCDecaux bekam alles rund um die LVB, das Stadtwerkeverkauf bis zur nächsten Wahl in Leipzig zu diesjährigen Tatsachen-Bestseller „Beraten und ver- Deutsche Städte Marketing DSM (längst ein Teil des warten, um dem Anteilserwerber Gelegenheit zu geben, kauft“ nachzulesen. KPMG also soll einen Käufer für Ströer-Konzerns) die kommunalen Flächen. Ins außen- reizende Nettigkeiten für einen willigen Politik-Aspiran- 49,9 Prozent Stadtwerke-Anteile finden. Dafür kommen werblich streng aufgeteilte Leipzig drängt inzwischen ten auf den eigentlichen Kaufpreis draufzupacken.“ Banken, Fonds und Investmentgesellschaften in Frage. auch die Wall AG aus Berlin. Sie ließ keine Gelegenheit Alles ganz einfach – das versprechen die Stadtwerke mit Vor anderthalb Jahren hätte die Bundes-SPD sie zoolo- aus, den Rathaus-Oberen zu schmeicheln. Wall reanimier- ihrem Slogan doch jeden Tag. gisch allesamt als Heuschreckenschwarm klassifiziert. te im März 2004 mit versprochenen zwei Millionen Euro • HOLGER SACHSE

Teuflischer geht es nicht! alles tun, um die Häuser im Besitz des Unumstößliche Tatsache aber war da So sehe ich das Drehen wir die Zeit einige Wochen zurück: DGB zu halten, denn es gehe „nicht nur längst: Die geschichtsvergessenen Priva- Hanjo Lucassen, DGB-Vorsitzender in um die Tradition, sondern auch um die tisierer lassen sich nicht beirren. Jegliche Sachsen, äußerte sich in einem Interview Zukunft und Heimat der Gewerkschafts- Proteste, jegliche Argumente einer er- ewahre, besorgt: „Ich halte es für absolut falsch, bewegung". Sollte die DGB-Führung zürnten Gewerkschaftsbasis, von Partei- „gut in- dass man fast nur Häuser im Osten ver- nicht einlenken, würden die Leipziger gruppierungen und selbst von Kirchen Bformierte kauft. Ich plädiere nicht dafür, Traditions- Gewerkschafter mit Unterschriftenlisten gingen den Gewerkschaftsbossen und Kreise“ haben häuser im Westen zu veräußern. Aber es und Mahnwachen gegen den Verkauf den Aufsichtsräten der Gewerkschafts- mir nichts ge- gibt Gebäude, die in den 50er und 60er protestieren, denn „jede Trutzburg hat Holding BGAG sonst wo vorbei. steckt. Schlüpfrig Jahren erbaut wurden und reine Büroge- Mittel, sich zu wehren“. Die Leipziger hatten im November in Ber- finde ich bloß, bäude ohne Traditionen sind. Dazu ge- Das trutzige Wehren musste schon weni- lin allerdings angekündigt: „Eines muss was der jüngste euch klar sein, wir werden weiter für den Bericht des Bun- Erhalt des Volkshauses kämpfen.“ desnachrichten- Gut gebrüllt! Allein – der DGB hat seine dienstes über die Eiskalte Tatsachen Mitglieder an Cerberus verraten. italienische Mafia so herausgelassen hat: Bleibt ein einziger Rat an die Betrogenen. Sie sei in Sachsen, Thüringen und an der und ein heißer Rat Ich leihe ihn mir von B. Traven. In seinem Ostseeküste besonders präsent! DGB verrät für einen dicken Scheck Mitgliederforderungen Buch „Regierung“ schilderte er die Häupt- Es war im Oktober 2001, als ein Reise- lingswahl eines mexikanischen Indianer- führer in Palermo auf die Frage nach der stammes und schlussfolgerte: „Es wäre Mafia laut lachte. „Das fragen Sie? Sie hören die frühere DGB-Zentrale mitten im ge Tage später eingeläutet werden. LN den Proletariern wohl ernsthaft zu raten, kommen doch aus Ostdeutschland, dieser Zentrum von Düsseldorf oder ein Haus, berichtete über die Besetzung des 100- jene gut ausgeprobten indianischen Wahl- tollen rechtlichen Grauzone. Bei Ihnen das in feinster Lage am KaDeWe in West- jährigen Volkshauses, über Demonstra- methoden anzuwenden, insbesondere wäscht unsere Mafia längst ihr Geld. Was berlin steht. Wenn also die Notwendigkeit tionen und die außerordentliche Regio- gegenüber den Beamten ihrer gewerk- der inzwischen für Gebäude in Leipzig besteht, Häuser zu verkaufen – was man nalversammlung des DBG am 11. No- schaftlichen und ihrer politischen Organi- gehören ...“ Wir doofen Ossis lachten uns bisher im Übrigen nicht schlüssig be- vember. Dieser war der eingeladene Mi- sationen.“ auch – ungläubig. gründet hat –, dann sollte man über solche chael Sommer – beinah verständlicher- Genug geschwätzt. Lösungen nachdenken, bevor man die Tra- weise – ferngeblieben. Also fuhren 50 nd was machten die Indianer? – Unleugbare Tatsache ist: Der deutsche Im- ditionshäuser veräußert.“ Zumal diese sächsische Gewerkschafter zehn Tage Jährlich wird ein neuer Häuptling mobilienmarkt boomt und Finanzinvesto- Häuser, wie er einräumte, vor allem im später unangemeldet zum DGB-Bundes- Ubestimmt. Er muss sich mit ent- ren von überall her konnten schon ihre Osten tief im Herzen der Mitglieder ver- vorstand nach Berlin, um klarzumachen: blößtem Allerwertesten auf einen sehr, überschüssigen Milliarden in deutschen ankert seien, weil „der FDGB als mehr „Wir lassen uns unsere Geschichte nicht sehr niedrigen Stuhl setzen, unter den ein Wohn- und Gewerbeimmobilien anlegen. empfunden wurde als reine Interessenver- verhökern“. Ferner überbrachten sie den Tontopf mit vielen Zuglöchern gescho- Auf diesen Ausverkaufszug sind auch sol- tretung bei Lohnverhandlungen. Die Häu- Beschluss der Regionalversammlung über ben wird, damit die Holzkohle darin auch che ursprünglich ausschließlich dem ge- ser sind ein Mittelpunkt in den Städten. eine Satzungsänderung des DGB, denn es tüchtig am Glühen bleibt. Das Feuer meinen Volk verbundene Institutionen wie Dort haben Gewerkschafter Heimat gefun- könne „nicht zugelassen werden, dass unter seinem Hintern, so wird jedem der DBG aufgesprungen. Erinnert sei nur den und Widerstand geleistet, dort waren fernab einer lokalen oder regionalen Ver- neuen Häuptling in blumigen Reden klar- an die 20 000 Wohnungen der gewerk- kulturelle Zentren der Arbeiterbewegung.“ bindung und Identifizierung mit Gewerk- gemacht, möge ihn – nicht zuletzt der schaftseigenen Baubecon, die im vergan- schaftseigentum Entscheidungen über den zurückbleibenden Schwielen wegen – genen Jahr für eine Milliarde Euro an eine olche Argumente konnte Gewerk- Umgang damit durch Gremien getroffen immer daran erinnern, „dass er nicht auf US-Beteiligungsgesellschaft gingen. schaftsboss Michael Sommer nicht werden können, ohne die Kolleginnen und diesem Stuhl sitze, um sich auszuruhen, Bestürzende Tatsache ist, dass ein neues Sgänzlich ignorieren. Als die ersten Kollegen vor Ort zu beteiligen …“ sondern um für das Volk zu arbeiten, und Riesengeschäft in Sack und Tüten ist. Verkaufsbekundungen auch in Leipzig wie Das geschäftsführende Vorstandsmitglied dass er sein Amt aufzugeben habe, wenn Während ich diese Beitrag schrieb, erreich- eine Bombe einschlugen, war ein Treffen Claus Matecki sowie Norbert Haak, Be- seine Zeit um sei. Sollte er sich dennoch te mich die Nachricht: Der DGB verkaufte mit ostdeutschen Gewerkschaftsfunktio- reich Finanzen, versprachen nach einer anders verhalten, würde man ihm ein die traditionsreichen Gewerkschaftshäuser nären geboten. Sommer versprach, prüfen kontroversen Diskussion, das Anliegen der Feuer unter dem Hintern entfachen, groß in Dresden, Leipzig, Chemnitz, Magde- zu lassen, ob sich die ostdeutschen Häuser Mitglieder erneut mit „zuständigen Kolle- genug und lange genug, dass weder von burg, Rostock, Zwickau, Bautzen, Jena, aus dem zum Verkauf stehenden Immobili- gen zeitnah zu besprechen“. Diese Ergeb- ihm noch vom Sessel etwas übrig bleibe.“ Suhl und Cottbus, sowie ein westdeutsches enpaketen herauslösen lassen. nisse würden dann schnellstmöglich über- Wohlgesprochen, die Indianer. Darum Gewerkschaftshaus in Hannover – insge- Der Leipziger DGB-Vorsitzende Bernd mittelt. Bla bla bla. Dennoch, auch die Ber- wurden sie ja auch fast ausgerottet von samt 37 Immobilien – an die Cerberus- Günther war dann auch zuversichtlich, linfahrer waren optimistisch und freuten einer zivilisierten Welt. Gruppe. Namen sind Zeichen: Cerberus, dass klug entschieden werde. Man wolle sich über einem „Teilerfolg“. • MAXI WARTELSTEINER LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 MEDIEN • 11

nter der Überschrift Eine merk- Leser und die Herausgeber ihrer Werke würdige Stadt druckte die Leipzi- dankbar. Das bereits einige Jahre (ab Band Uger Volkszeitung in ihrer Wochen- Kastriert bis zur I) währende Sponsoring der Kultur- und endausgabe vom 9. Dezember in der Rei- Umweltstiftung Leipziger Land der Spar- he Nachdenken über Leipzig einen Text kasse Leipzig ist eine große Hilfe. Es war des „Literaturforschers und Lene-Voigt- kein Zufall, dass der in Connewitz gegrün- Intimus Wolfgang U. Schütte“. Argus war Unkenntlichkeit dete Verlag 2005 die Nr. 1 aller „Schönsten aufgefallen, dass – im Vergleich mit vor- Bücher“ herausbrachte: „Mit einem Reh hergehenden Veröffentlichungen anderer kommt Ilka ins Merkur: Leipziger Gedich- Autoren zum gleichen Thema – der Text Was in der LVZ von einem unbequemen Text eines te“ herausgegeben von Frauke Hampel recht kurz, das Bild hingegen erstaunlich und Peter Hinke, versehen mit bezaubern- groß war. Nun besagt die Länge eines Querdenkers übrig blieb den Illustrationen von Thomas M. Müller, Artikels nichts über die Qualität seines sein Abdruck nicht der kleinste. Der dritte schen Hans Marquardt. Welch tolles Pro- einer einfühlsamen Gestaltung von André Inhalts, doch beim Lesen dessen, was da stammt vom ersten Bürger Leipzigs. Was gramm hatte der Leipziger Verlag Philipp Göhlich und einem klugen Essay des gedruckt in dem Blatt stand, kamen Argus ihm nicht vorzuwerfen ist. Doch dass er Reclam jun., der sogar von BRD-Verlagen großen, nun 60-jährigen Andreas Rei- Zweifel, ob das wirklich von Wolfgang sich von seinen in Verruf geratenen Mana- darum beneidet wurde. Da ich drei Jahre mann. Unverzeihlich, dass im verdienstvol- Schütte, den Argus recht gut kennt, stam- gern auf dem Kopf herumtanzen lässt und als Werberedakteur und Pressereferent bei len „Stadtlexikon Leipzig von A bis Z“ me. Zum Beispiel diese Zeilen: ihnen dann den Freikauf erlaubt, das wäre Reclam gearbeitet habe, weiß ich, wovon sein Name fehlt. Schön aber, dass „Ilka“, Überlassen wir es den Baedekern und Sta- schon ein längeres Nachdenken über die ich rede. Wie soll man angesichts solcher edel gedruckt von der in Leipzig-Mölkau tistikern, festzustellen, daß es in Leipzig ein verfallenden Sitten in Leipzig wert. Negativereignisse die Wende gut finden? ansässigen Druckerei Pöge, in keiner Gewandhaus, ein Reichsgericht und so- Gestrichen wurde nach dem Satz in der Kastriert wurde jene Textstelle, die in der anderen Stadt als Leipzig erschien. undsoviel Zigarrenläden gibt. Man kann LVZ mit dem Satz beginnt „Lange vor dem für Geld manches, für Geld, mit ein bissel Reclam-Aus ...“ Im Original lautet sie: assen wir kleinere Streichungen bei- Kultur amalgamiert, alles haben. In Berlin Lange vor diesem Tiefschlag, aufgemerkt, seite, bliebe noch die Antwort auf wie in Paris mag es brausendes Leben die Argus jetzt kommt etwas Positives, wurde eine Ldie Frage, was hatte Wolfgang U. Hülle und Fülle geben. Das klassische Publikation ins Leben gerufen, die es in Schütte denn zur Leipziger Medienvielfalt Weimar war ein krummes Nest mit hol- keiner anderen deutschen Großstadt gibt: geschrieben, das der LVZ nicht gefiel und prigem Pflaster und war doch Deutsch- die „Leipziger Blätter“. Keine Gründung das mit seiner Zustimmung gestrichen lands geistiger Vorort. Im alten Berlin von oben, die „Blätter“ konnten nur ent- wurde? Hier die anstößige Textstelle: lieh sich die kaiserliche Familie von stehen, weil Helmut Richter, damals Vorsit- Damals [in Leipzig zur DDR-Zeit] gab es einem Hotel einmal wöchentlich eine höl- LVZ „Selbst wenn die ‚Pfeffermühle‘ er- zender des Leipziger Schriftstellerverban- Pressevielfalt, auch wenn sich manche Zei- zerne Badewanne, die über den Schloß- neut (bei Schütte „wieder einmal“) auf des und noch nicht mit dem Titel Professor tungsseiten zum Verwechseln ähnlich platz gerollt wurde. Und doch war Berlin der Suche nach einem neuen Domizil ist“ geehrt, alle Künstlerverbände an einen sahen. Doch Kultur, Lokales und Sport Deutschlands pflichtmäßiger, kategori- die Zeilen und hoffentlich bald an ande- Tisch brachte, den Verlag E. A. Seemann lasen sich im „Sächsischen Tageblatt“, der scher Mentor. Der Stern Weimars ist erlo- rer Stelle im Zentrum etwas Neues findet. und Interdruck ebenso gewann wie die „Union“, den „Mitteldeutschen Neuesten schen. Das alte Berlin im Piratentum des Allerdings ist es kein feiner Zug der Kulturfunktionäre in SED-Bezirksleitung Nachrichten“ anders als im Organ der weltstädtischen up to date am Untergehen. Stadtoberen, vorsichtig formuliert, lieb- und Rat des Bezirkes. Bis 1989 von Berli- SED-Bezirksleitung. Wo ist die Vielfalt ge- München haut sich, mit bajuwarischer los mit diesem Kabarett umzugehen. ner Holzköpfen kritisch beäugt, heute dank blieben? Mit einer Tages-, einer Zweiwo- Beharrlichkeit, rastlos mit reaktionären Über die „Lachmesse“ darf man sich Kulturstiftung und Passage Verlag ein chen-Zeitung, einem Boulevardblatt und Holzhämmern selbst vor den Schädel, freuen – uneingeschränkt. Arnulf Eich- glanzvolles publizistisches Aushängeschild Anzeigen-Zeitungen sind wir weder heimli- erstickt im ewigen Hulladiridoriöh vom horn und seinen Mitstreitern sind auch im dieser Stadt. Einer der Mitgründer gewe- che noch unheimliche Hauptstadt. Das ist Märzenbock bis zum Oktoberkult. nächsten Jahr viele Besucher und schöne sen zu sein, macht mich stolz, auch wenn ein trauriges Ergebnis der irrigerweise Des Rätsels Lösung folgte am Sonntag, Programme zu wünschen. ich einen anderen Titel favorisierte und, Wende genannten gesellschaftlichen Um- dem 10. November, als ein gutes Dutzend aus heutiger Sicht, daneben lag. wälzung, die wir mit unseren montäglichen Leute – darunter auch Argus – eine E- er Absatz in der LVZ, der mit dem Selbst die Passage über die Lene-Voigt- Demonstrationen um den Ring, immer fein Mail von Wolfgang Schütte folgenden In- Satz beginnt „Buchstadt wären Gesellschaft und die Connewitzer Ver- ordentlich nach Feierabend, erreichten. halts erhielten: „In der LVZ vom 9. 12. 06 Dwir auch gern, sind wir heute aber lagsbuchhandlung fiel weitgehend dem Argus erspart sich jedes weiteren Kom- stand unter der Rubrik ‚Nachdenken über nicht mehr“ lautet bei Wolfgang U. redaktionellen Rotstift zum Opfer. Ge- mentars zu dieser Rotstiftattacke der Leipzig‘ ein von mir gezeichneter Text, Schütte so: Buchstadt wären wir gern, strichen wurde nach dem Satz „Womit LVZ-Kollegen auf den bestellten Bei- den ich in dieser Form der LVZ, Lokalteil heute ist Leipzig höchstens Buchdorf. ich beim 16 Jahre jungen und diesem trag eines renommierten Leipziger Lite- Leipzig, nicht zur Verfügung stellte, es Selbst wenn wir einen Verlag wie das nicht eben auf Rosen gebetteten Verlag raturforscher. Sie spricht für sich – oder wurde eine stark kastrierte Fassung – mit erfolgreich arbeitende Unternehmen bin, der sich mutig dem Gesamtwerk der anders gesagt, für den Geist, der in die- einer Ausnahme: nicht vorhandene Medi- Faber & Faber in unseren Mauern wissen. Lene Voigt annahm.“ Dafür sind ihm viele sem Blatt Platz gegriffen hat. envielfalt – ins Blatt gehoben, ohne Herzliche Gratulation Rücksprache mit dem Autor. Ich bitte um zum genialen Coup der Anzeige freundliche Kenntnisnahme.“ überfälligen Neuauflage Argus verglich, was Wolfgang U. Schütte zahlreicher DDR-Kin- wirklich schrieb mit jenem Text, den die derbuch-Klassiker. Unseren Mandanten und Freunden LVZ mit seinem Namen schmückte. Zum Demgegenüber steht die Beispiel die obigen Sätze. Sie sind natür- Geschichte des „Bör- lich nicht vom Autor, vielmehr handelt es senblatts für den Deut- ein frohes Weihnachtsfest und sich dabei um ein von ihm gebrauchtes schen Buchhandel“. Das Zitat aus einem Artikel Walter Frankes, war die in Leipzig ge- ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2007. den der 1922 im Leipziger Tageblatt publi- gründete älteste deut- zierte. Doch seien wir großzügig und billi- sche Fachzeitschrift, zu Rechtsanwalt Dr. Roland Wötzel- Rechtsanwalt Michael Franz gen den bearbeitenden Redakteur zu, dass deren Redakteuren zeit- Tätigkeitsschwerpunkte: Tätigkeitsschwerpunkte: er nur vergessen hat, die Anführungsstriche weise der heutige Best- zu setzen. Aber das nun Folgende hat mit sellerautor Bernd-Lutz privates Baurecht privates Baurecht schlampigem Redigieren nichts mehr zu Lange und der Autor Architektenrecht Architektenrecht tun – das ist Zensur. Gestrichen wurden – gehörten. Wo ist das Immobilienrecht Wohnungseigentumsrecht wie gesagt, ohne den Autor davon zu infor- „Börsenblatt“ geblie- Interessenschwerpunkte: Interessenschwerpunkte: mieren – folgende Textstellen: ben? An seinem Grün- Bankrecht öffentliches Baurecht Wollten wir wirklich, dass vielen Beamten dungsort jedenfalls Gesellschaftsrecht Kommunalrecht aus den uns damals noch fremden Bundes- nicht. Wie auch die ländern ihr Karriereknick mit neuen ruhmreichen Verlage Rechtsanwältin Mareike Bauer Rechtsanwältin Kristina Mehl, Posten im Osten versüßt wurde? Zu selten Kiepenheuer und Insel. trifft man einen sächsischen Landsmann Doch alles übertrifft den Tätigkeitsschwerpunkte: LL. M.oec. (in freier Mitarbeit) an oberster Stelle der Hierarchie. A pro- Untergang des Ur-Leip- Arbeitsrecht Tätigkeitsschwerpunkte: pos Chef. Wussten Sie, dass sich zwei des ziger Reclam-Verlages. Architektenrecht Mietrecht Größenwahnsinns verdächtige LVB-Ma- Die Besitzer und ihre Mietrecht Verkehrsrecht nager mit ihren Fuß-Abdrücken auf der Gesellschafter entpupp- Interessenschwerpunkte: Familienrecht Haltestelle Hauptbahnhof verewigten? ten sich als Nasehoch- Insolvenzrecht Der vom abgewählten westdeutschen träger, begriffen nichts Interessenschwerpunkte: Gewerkschafter zum LVB-Chef Emporge- von der grandiosen Lei- Tierarzt- und Tierhalterrecht Gesellschaftsrecht stiegene ist jetzt ungekrönter Dienstrei- stung dieses Verlages Wettbewerbsrecht sekönig, intimer Kenner eines bescheide- unter der Leitung des Anwälte Dr. Wötzel, Bauer und Franz Otto-Schmiedt-Straße 26, 04179 Leipzig Tel.: nen Hotels im Emirat Dubai sowie des Bil- charismatischen und 0341/4512014 ligfliegers Concorde. Kurioserweise ist manchmal auch choleri- 12 • GESELLSCHAFT LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

ange Zeit dachte ich wie viele Die Sommerferien dauerten nur vier Wo- gar keine Fahne, das ging auch nicht. Wie nach Salzwedel transportiert. Unterwegs andere auch, dass eine Flagge nur chen und Anfang August begann schon zum Beispiel der Hoke. Er war eigentlich wies uns der wohlgenährte gummikauen- die vornehmere oder offizielle wieder der Unterricht. Aber wir hatten kein Nazi, aber Gemeindevorsteher. Und de Ami-Kraftfahrer beständig auf den uns BezeichnungL für die Fahne eines Staates ziemlich bald einen Feiertag, eigentlich da hat er dann das Flaggengesetz auf völlig neuartigen „Fahnenschmuck“ der sei. Was für ein Irrtum! Aus der Fachlite- nur eine Feierstunde zum Reichsverfas- seine Weise ausgelegt. Anscheinend hatte Häuser und murmelte wie im Selbstge- ratur weiß ich nun endlich, dass Fahne und sungstag, zur Erinnerung an die am 11. er „von früher“ noch eine schwarz-weiß- spräch wieder und wieder: now Flagge nicht dasselbe sind. Der Unter- August 1919 von der Nationalversamm- rote Fahne und darauf haben seine Frau- with flagg, no Hakenkreuz! schied zwischen beiden ist beträchtlich. lung beschlossene neue Verfassung Als en womöglich eigenhändig einfach ein Bei einer Fahne ist nämlich das Fahnen- wir an diesem Tag in die Schule kamen, schwarzes Hakenkreuz genäht. Ich hab m 8. Mai 1945 dann die Kapitula- tuch mit einer Fahnenstange oder einem war schon geflaggt. Wir hatten zwei Fah- diese Kompromiss-Fahne jedenfalls tion Hitlerdeutschlands. Im Som- Fahnenstock fest verbunden, während die nenmasten: An dem einen war die mehrmals aus Hokes Giebelfenster hän- mer wurde ich aus dem Lazarett Flagge mittels Flaggleine gehisst, also auf- schwarz-rot-goldene Fahne (Flagge!) der gen sehen. Später hatte der Gemeinde- ASalzwedel entlassen. Schlesien war pol- gezogen wird. Das Fahnentuch selbst kann Weimarer Republik aufgezogen und am vorsteher dann aber auch wie viele eine nisch geworden, von zuhause kein anderen Mast die schwarz-weiße, die „richtige“ Hakenkreuz-Fahne, Lebenszeichen. Aber in Töplitz, wo ich Preußenfahne. Am Volkstrauertag, dem späteren „Hel- geboren bin, lebten unsere Verwandten. Von ERICH WEGENER Mein Heimatort gehörte ja zum Kreis dengedenktag“, wurde (jedenfalls vor Und bei Tante Gertrud fand ich ein vorü- Bunzlau, der zum Regierungsbezirk den öffentlichen Gebäuden) halbmast bergehendes Zuhause. An der Dorfstraße, Liegnitz und der wiederum zur Provinz geflaggt. Während der Nazi-zeit gab es wo die sowjetische Kommandantur ein- jedoch in beiden Fällen identisch sein. Der Nieder-Schlesien. Und Schlesien war Teil viele Gedenktage und andere erhebende quartiert war, wehte die rote Fahne mit Unterschied besteht in der Art und Weise von Preußen. Da bis 1918 der preußische Anlässe zum Flaggen: Der Hammer und Sichel. Als dann die ersten der Benutzung und Handhabung des Fah- König zugleich deutscher Kaiser war 30. Januar Parteien zugelassen wurden, sah man hier nentuches. Aber immerhin. Und dann gibt (oder umgekehrt), so waren auch nach und da eine rote Fahne der KPD oder es noch eine dritte Variante: das Banner Krieg und Revolution alle SPD. Aber auch die Kirche zeigte ihre (abgeleitet vom französischen Panier). So Preußen Fahne mit dem blauen Kreuz. wurden schon im Mittelalter die Feld- 1949, als am 7. Oktober die DDR ge- zeichen benannt, unter denen sich gründet wurde, war ich schon in das Landsknechtsaufgebot der Ban- bei der damaligen Landesregierung Bran- nerherren sammelte. Im Unterschied denburg. Der DDR-Gründung war die zur Fahne und Flagge ist das Banner Schaffung der Nationalen Front voraus- an einer mit dem Schaft locker ver- gegangen, mit der ursprünglich (und bundenen Querstange befestigt. Flaggen und noch bis zum Eintritt der BRD in die Diese vielleicht etwas lange theoreti- NATO 1955) die Einheit Deutschlands sche Einleitung war schon nötig, um in erkämpft werden sollte. Zugleich wurde das folgende besser verstehen zu kön- en die neue (eigentlich alte) Flagge nen. Es muss etwa im Jahre 1930 gewe- ahn Schwarz-Rot-Gold wieder eingeführt, die sen sein. Mit meinem Freund Haase F dann ab 7. 10. 1949 als Staatsflagge der Martin – wir waren damals 7 bis 8 Jahre n DDR verfassungsrechtlich verbindlich alt – stocherten wir auf Haases „Oberbo- ebe war. den“ herum. Das war abenteuerlich. L Ich sang damals in einen kleinen Chor Denn dort standen alte Truhen und Kisten em beim Gesundheitsministerium der Lan- mit allerlei vergilbten Zeitschriften und ein desregierung. Zwei Kollegen hatten ausrangierten Haus- und Küchengeräten, m spontan ein neues Fahnenlied kompo- alles „von früher“. Am schönsten waren niert. Es ging etwa so: Wir haben der die alten Anziehsachen, dunkle Gehröcke Fronten viel gesehen im letzten blutigen und Weiberhüte mit bunten Wachsblu- Kriege. Die Front, die in Zukunft wird men verziert. Wir putzten uns damit an erstehen, führt den Frieden zum Siege. und freuten uns, wie wir aussahen. Als Nationale Front! Das Banner entrollt! ... wir in der Ecke noch eine etwas ver- Wir haben der Fronten viel gesehen, wir staubte eingerollte Fahne stehen sahen, wollen sie niemals wieder. Die Front, die schnappten wir uns die und stürmten mit in Zukunft wird erstehen, umschließt uns Hallo und Gejohle runter auf den Hof und Deutsche als Brüder usw. Dieses Lied, raus auf die Straße, und die Fahne flatter- das insgesamt gewiss kein Kunstwerk te im Winde. Doch im letzten Augen- war, nahm der Landessender Potsdam blick erschien Papa Richard, fuchtelte noch stolz darauf, eben Preußen zu sein. war der „Tag der Machtergreifung“, der auf. Wir trugen es auch auf Kundgebun- mit den Armen: Wo habt ihr denn die Nach einer kurzen Ansprache des Leh- 20. April war „Führers Geburtstag", der gen und verschiedenen anderen Veran- Fahne her? Die ist verboten! rers, worin er die Novemberrevolution 1. Mai war jetzt der „Tag der nationalen staltungen vor, so dass es in Potsdam und Wir kriegten einen Schreck und waren in ignorierte, den Schandvertrag von Ver- Arbeit“, am 12. März 1938 wurde die auch darüber hinaus recht bekannt wurde. unserem lustigen Aufputz plötzlich völlig sailles anprangerte und die Weimarer „Ostmark“ (Österreich) „heim ins Reich“ Bald darauf luden namhafte Vertreter der ernüchtert. Die „Foahne“ war verboten, Verfassung würdigte, wurden ein paar geholt und am 1. Oktober 1938 folgte Nationalen Front einige von uns zu einer weil sie halt auch „von früher“ war. Sie Gedichte vorgetragen. Und dann wurde auch der Anschluss des Sudetenlandes. Diskussion oder Aussprache über unser war weiß und wurde durch ein schmales gesungen. Nicht die Nationalhymne, das Und immer wehten zur Feier des Tages Lied ein. Die gut singbare Melodie fand schwarzes Kreuz in vier Felder geteilt. In Deutschlandlied. Wir sangen laut und die Hakenkreuzfahnen. – Als Hitler- allgemein Anerkennung. Der Komponist dem linken oberen Feld waren klein die heftig: Ich bin ein Preuße, kennt ihr deutschland 1939 den Zweiten Weltkrieg Hanns Eisler äußerte sich sogar sehr Farben schwarz-weiß-rot eingefügt mit meine Farben? Die Fahne weht mir begonnen hatte, gab es viele neue Gele- lobend darüber. Auch beim Text wurde dem Eisernen Kreuz darauf. Außerdem schwarz und weiß voran ... genheiten. Spätestens nach der Schlacht die gute Absicht gelobt. Aber einige befand sich in der Mitte des Kreuzes von Stalingrad (1942/43) wurde in Gedanken und Passagen darin seien noch ein schwarzer Adler. Wie ich später in knappes Jahr später – 1933, als Deutschland nicht mehr geflaggt. falsch, hieß es. Besonders die Zeilen: Wir erfuhr: der preußische Adler. das Dritte Reich begann – sah Erst zum Ende des Krieges, als vom haben der Fronten viel gesehen, wir wol- Inzwischen weiß ich natürlich, dass es man, soviel ich weiß, die preußi- Osten und Westen her die Truppen der len sie niemals wieder! Der mit anwesen- sich bei unserer Fahne damals um die scheE Fahne dann nicht mehr. Aber die Siegermächte immer weiter auf deutsches de damalige Erste Sekretär des FDJ-Zen- Kriegsflagge des Deutschen Kaiserrei- schwarz-rot-goldene Fahne auch nicht. Gebiet vordrangen und Flüchtlingsströme tralrats Erich Honecker erklärte, dass wir ches handelte, das ja 1918 infolge des Verhohnepipelt wurde sie ja von den durchs Land fluteten, steckten viele Men- Deutschen die Fronten des letzten Krie- „verlorenen“ Krieges und der November- Nazis lange zuvor. Man sagte: schwarz- schen wieder Fahnen heraus. Doch die ges freudig begrüsst hatten, weil sie uns revolution zugrunde gegangen war. – Der rot-mostrich oder schwarz-rot-Kacke waren weiß und auf die Schnelle aus die Befreiung vom Hitlerfaschismus Kaiser ging, die Generale blieben! Eine oder Schlimmeres. Bettlaken zusammengestoppelt. gebracht haben. Wir stimmten dem einer- ziemlich gerade Linie bis zur Machter- Die Hitler-Regierung hat dann auch bald seits zu, betonten aber andererseits, dass greifung Hitlers am 30. Januar 1933. ein neues Flaggengesetz verabschiedet: ls ich im April 1945 aus dem wir trotzdem keine Kriegsfronten, son- Unser Fahnenerlebnis hatten wir ja schon Die Reichsfarben sind schwarz-weiß-rot. Lazarett in Werder auf einem dern nur noch Frieden haben wollen. 1930. Da waren die Nazis noch lange Die Reichsflagge ist die Hakenkreuz- Lastkahn über die Havel zur Elbe Trotzdem: öffentlich konnten wir unser nicht an der Macht. Aber Reichspräsident Flagge. Gemeint war damit: das schwar- Atransportiert wurde, erwarteten uns am schwarz-rot-goldenes Bannerlied, auf das war damals bereits der Generalfeldmar- ze Hakenkreuz im weißen Kreis auf dem Westufer – gleich hinter Havelberg – wir so stolz waren, nicht mehr vortragen. schall des vergangenen Kaiserreiches roten Fahnentuch. bereits die Amerikaner. Unser Schiff Schließlich resignierten wir und der Chor Paul von Hindenburg ... Wir hatten ja in Rückenwaldau auch einige hatte vorsorglich groß und sichtbar mit fiel auch bald auseinander. 1952 wurden Ein anderes Fahnenerlebnis hatte ich Bauern und andere Leute, die deutschna- einer weithin leuchtenden Rot-Kreuz- dann bekanntlich die Landesregierungen etwa zwei Jahre später, 1932. Ich war tional oder auch gar nichts Derartiges Fahne geflaggt. Auch vorn am Bug war aufgelöst und ich wechselte nach Leipzig. gerade zehn Jahre alt und in der Schule in waren. Die schwarz-rot-goldene Fahne ein großes rotes Kreuz angebracht. Vom die obere Klasse versetzt worden „zu den durften sie nicht mehr rausstecken, die Kahn weg wurden wir dann quasi gefan- Großen, beim Kanter!“ Hakenkreuzfahne wollten sie nicht, aber gengenommen und mit Jeeps und LKW Fortsetzung Seite 13 LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 UMWELT • 13

Protestbriefen an den Vorsitzenden des diesem Umweg zu erhalten.“ in einer Stunde ausgelöscht werden – Wittenberger Stadtrates einen Gegen- Eine taufrische Meldung aus was heißt da „erneuerbarer“ Rohstoff? LLeeiippzziiggeerr wind mitentfachten, wie ihn die dortigen setzt diesen Zuständen nur noch ein i- Von dem Kohlendioxyd, unter dem unse- Stadtchefs nach eigenem Bekunden noch Pünktchen auf. Man weiß nicht, soll man re Erde jetzt schon abstirbt, gar nicht zu SSttaaddttwweerrkkee nicht erlebt hatten. (Eine Umfrage einer lachen oder weinen. Angesichts des zu- reden. Eine ausgewachsene Buche pro- örtlichen Zeitung zu diesem Kraftwerks- nehmenden Holzmangels in Sachsen- duziert schließlich nicht nur jährlich ggrreeiiffeenn aann projekt ergab zudem eine 96-prozentige Anhalts Industriebetrieben bereitet das 4500 Kilogramm Sauerstoff, sie entzieht Ablehnung!) Land eine Aktion zur „Holzmobilisie- der Luft auch noch 6000 Kilogramm Frevell an 160jjähriigen Aber wie in der bundesdeutschen rung“ vor, wie eine Sprecherin des Agrar- CO2, jedenfalls solange sie lebt. Aber für Laubbäumen Scheindemokratie so üblich, die von der ministeriums kundtat. Neben der zuneh- solche Gedanken ist in des Investors pro- der Dübener Heiide Straße haben nichts zu melden. Die menden Holzverfeuerung in privaten Ka- fitgierigen Plänen ohnehin kein Raum. waren bloß gut, als sie die DDR hinweg- minen sei die Ursache des Holzmangels – Beschöniigend heiißt das Ganze fegten. Nun herrscht wieder Ordnung im Achtung! – in den staatlich geförderten Alternativen Biomassekraftwerk Staate. Darum ließen sich Wittenbergs Biomassekraftwerken zu sehen. Gleich- Dabei, und deshalb hört der Kampf OB Naumann und viele seiner Stadträte zeitig erfährt man, dass das größte Zell- gegen dieses Kraftwerk auch nicht auf, auch willig vom scheuen Reh namens stoffwerk Mitteleuropas bei Stendal seine gäbe es genug Alternativen. Ein wirkli- Investor anlügen; sogar das Amtsblatt Produktion vorübergehend unterbrechen ches Biomassekraftwerk auf der Basis durfte verbreiten, dass das geplante bio- musste. Auch die Plattenwerke in Magde- von (reichlich vorhandenem) Raps- LN 17,19 und 21’06 massebefeuerte Kraftwerk elektrische burg und Nettgau seien von der Verknap- schrot, umweltsauber und energetisch Energie CO2-neutral aus der erneuerba- pung und Verteuerung des Rohstoffes effektiv, dazu von örtlichen Anbietern ren Energiequelle Holz erzeugt. Holz betroffen. entwickelt, hat LN schon vorgestellt. Eine unendliche Geschichte Erstens: Solche Kraftwerke wie das von Noch einmal deutlich die Frage, für Inzwischen haben sich 21 Wittenberger Sie hatte einen traurigen Höhepunkt, als den Leipziger Stadtwerken geplante sind die sich endlich auch Leipziger Stadt- – vom örtlichen Netzwerk „Innogas“, am 27. September der Witten- giftige CO2-Schleudern und zu kaum räte interessieren sollten: Vertreter der Dessauer Stadtwerke und berger Stadtrat gegen enorme ein Mitglied des Bauausschusses Bürgerproteste ein sogenann- Wittenberg – im europäischen tes Biomassekraftwerk in Pie- Zentrum für Bioenergie Güssin- steritz genehmigte. Das dafür Was soll durch die Esse? gen von einer weiteren umwelt- benötigte Laubstammholz soll und dazu noch tatsächlich arbeits- aus den ohnehin laubholzar- Geplante und genehmigte Giftschleuder der Leipziger Stadtwerke darf nicht ans Netz kräftefreundlichen Variante über- men Naturparks Dübener zeugt (denn ein fadenscheiniges, Heide und Fläming kommen. Investor eher ein Totschlag-Argument sind die Leipziger Stadtwerke, die sich etwas anderem nütze, als unser Treib- Was wollen die Leipziger Stadtwerke „Arbeitsplätze“ – ganze 20 – musste beim für das 20-MW-Kraftwerk (5 MW wer- haus weiter anzuheizen Gar nicht zu in ihrem künftigen Kraftwerk im Stadtwerkeplan ja auch herhalten). Was den am Standort höchstens gebraucht) sprechen vom umweltverpestenden sachsen-anhaltischen Piesteritz wirk- die Wittenberger dort in Österreich sahen, dank einer sehr überholungsbedürftigen LKW-Transport der geplanten 160 000 lich verbrennen? war ein Energiekonzept mit Holz- Tonnen Baumstämme pro Jahr durch die vergasungsanlage, Biogasanlage und Pho- bundesdeutschen Gesetzgebung fette Der Protest geht weiter Fördermittel versprechen. Und was geschützte Heide. tovoltaik mit einem energetischen Wir- noch? Bei dem, was in den Leipziger Zweitens: Dreist schreiben die Stadt- Ein mündiger Bürger, wie er sich betont kungsgrad von über 85 Prozent. Zusam- kommunalen Betrieben (einschließlich werke-Verantwortlichen von der „erneu- selbst nennt, der Wittenberger Drogerist men mit einem Forschungszentrum sorgte aller Privatisierungsbestrebungen) vor erbaren Energiequelle Holz“. Träger, sammelt derzeit Unterschriften das für 40 direkte Arbeitsplätze und die sich geht, sollte man vorsichtig sein. Tatsache ist ja nicht nur, dass der Roh- gegen das Holzkraftwerk, den großen Ansiedlung weiterer 50 Unternehmen – Und dreimal bei allem nachfragen, was stoff Holz allmählich knapp (und damit Bluff, und hält dazu auch für Nichtkun- alles in allem über 1000 neue Arbeitsplät- dort angezettelt wird. Dennoch hat sich auch teurer) wird. Die Leipziger Kraft- den sein Geschäft zusätzlich zu den son- ze. 2007 sollen weitere 500 dazukommen. kein einziger Leipziger Stadtrat hinter werksmanager ignorieren einfach, was stigen Zeiten durchgehend geöffnet. Im Beeindruckend für die Gäste (monatlich die Wittenberger Linksparteifraktion sogar Lieschen Müller in diversen Zei- Text, den er dazu ausgelegt hat, rechnet er bis zu 6000 Besucher sind auch kein gestellt, die energisch gegen diesen tungen nachlesen konnte, dass zum Bei- vor: Für den Betrieb des Kraftwerkes schlechter Wirtschaftsfaktor) aus Sachsen- Wald- und Umweltfrevel ankämpfte. spiel das Holzkraftwerk in Brand-Erbis- werden 160 000 Tonnen naturbelassenes Anhalt vor allem, dass die Holzverbren- Energisch unterstützt von Wissenschaft- dorf (einer ziemlich waldreichen Ge- Stammholz benötigt, das sind nach forst- nungsanlage jährlich nur 20 000 Tonnen lern und Naturschützern, die hieb- und gend) mangels Holznachschub nach nur wirtschaftlichem Mengenmaß stündlich Holz benötigt. Außerdem, ein Holzkraft- stichfest nachwiesen, dass das benötigte zwei Jahren pleite war. 14,5 Festmeter. Eine Buche – die vom In- werk mit nur 35 Prozent Wirkungsgrad zu Laubstammholz – also 150- bis 160- Oder ignorieren sie es gar nicht? Ich vestor bevorzugte Holzart – braucht 150 bauen, das konnte den Güssingern nur ein jährige Eichen und Buchen, die das vor- zitiere, was wir schon am 20. Oktober in Jahre, um ganze fünf Festmeter Holz her- mitleidiges Lächeln abringen. sintflutliche Kraftwerk mit einer energe- LN schrieben: „Da aber in der Kiefern- anwachsen zu lassen (einschließlich der „Innogas“ hat entschieden, solche Anla- tischen Effizienz von etwa 35 Prozent Heide der Laubholzbedarf nie gedeckt Krone, auf die Hälfte der Menge entfällt, gen, die schonend mit unseren Ressourcen durch den Schornstein jagen will – über- werden kann, sei eine Spekulation er- die die Stadtwerker aber nicht verwenden umgehen, soll es auch in ihrer Region haupt nicht vorhanden ist. laubt: Wenn das Kraftwerk erst steht und können oder wollen). Also müssen sechs geben. Theoretisch also Grund genug für Leipzigs Neue hat über Monate aus- dann das Holz fehlt, wird es dann auf Buchen 150 Jahre heranwachsen, um den Wittenberger Stadtrat, seine unmündi- führlich zur Sache berichtet. Unsere Müllverbrennung umgerüstet? Wäre ein dann in einer Stunde im Holzheizkraft- ge Entscheidung für die Leipziger Stadt- Leser waren es auch, die mit zahlreichen raffinierter Schachzug, um so ein ge- werk verbrannt zu werden. 150 Jahre, das werke zurückzunehmen. fürchtetes, aber auch lukratives Ding auf sind mehr als 1,3 Millionen Stunden, die • MAXI WARTELSTEINER

Fortsetzung von Seite 12 mus“. DDR-Fahnen wurden geschwenkt Haase, als wir – Martin und ich – vor 1933 Und man kann auch schon wieder längst Als die BRD im Jahre 1955 der NATO und tausendfach ertönten Rufe „Wir sind die alte Reichskriegsflagge wehen ließen. überwunden geglaubte andere Fahnen beitrat und die Gegensätze sich verschär- das Volk“. Später, im November, begann Wobei, die Angst war unbegründet ... Die sehen. Solche, wie sie vor 60 Jahren als die fen, kam es zur krassen Abgrenzung, der schon die Wende. Andere (rechte) Kräfte DDR-Fahne heute öffentlich zu zeigen, Weimarer Republik in den letzten Zügen Traum von der Einheit Deutschlands war setzten sich an die Spitze und ernteten, wäre ja wirklich riskant. lag, bereits im Schwange waren, öffentlich für unabsehbare Zeit ausgeträumt. Als was sie nicht gesät hatten. Bundeskanz- geduldet und polizeilich geschützt. äußeres Zeichen der Abgrenzung wurde ler Kohl trat in Dresden auf, versprach ber Fahnen gibt es natürlich im Nein, Hakenkreuzfahnen waren bis jetzt der schwarz-rot-goldenen Staatsflagge jedem die reiche D-Mark, großen Wohl- vereinigten Deutschland und auch noch nicht öffentlich zu sehen. Aber die der DDR das neue Staatswappen einge- stand und sonnige Reisen nach Mallorca. in den Neuen Bundesländern nach Reichskriegsflagge mit Balkenkreuz und fügt: Hammer und Zirkel im Ährenkranz. Und viele brüllten „Wir sind ein Volk!“ Awie vor jede Menge: Natürlich weht am Schwarzem Adler darin (die den Vater mei- Die drei Symbole sollten formal das und schwenkten schwarz-rot-goldene Fah- „Tag der Einheit“ und an manchen anderen nes Freundes damals so beunruhigte) wird Bündnis zvsischen Arbeitern, Intelligenz nen. Aber die hatten in der Mitte, wo einst- „Tagen“ die alte Staatsflagge Schwarz- bei Neo-Nazi-Aufmärschen geschwungen und Bauern symbolisieren. mals das Staatswappen saß, ein großes run- Rot-Gold (allerdings ohne Emblem). Aber und besungen. Und alles schon wieder wie 35 Jahre lang, bis 1990, wurde diese des Loch. Mehr noch aber sah man nagel- man sieht sie eigentlich nur vereinzelt und damals: ohne wesentliche offizielle Ein- DDR-Flagge zu allen Staatsfeiertagen neue BRD-Fahnen. Sie war ebenso frisch vorwiegend an den amtlichen Gebäuden. schränkung und sogar unter Polizeischutz. und anderen Ereignissen aufgezogen, importiert wie die dazugehörigen zahlrei- Doch massenweise wehen andere bunte Diese Zeichen und Spuren schrecken gewöhnlich zusammen mit der roten chen Mitglieder der Jungen Union, die als Fahnen tagtäglich an vielen Ecken und wahrhaftig. Und damit schließt sich nun Arbeiterfahne. Auch wir hier in Leipzig Animateure der Jubelstimmung jedesmal Enden in Städten und Dörfern. Vor Kauf- der Kreis meiner bisherigen Erinnerungen haben, wie allgemein üblich, beide Fah- mit Dutzenden Bussen eingereist wurden. häusern und Supermärkten, an Tankstel- und Lebenserfahrungen mit Flaggen und nen herausgesteckt. Letztmalig allerdings Unser Sohn hatte noch im Sommer 1990 len, bei Gebrauchtwagen-Händlern und Fahnen. Was kann nun noch am 7. Oktober 1989. Zu dieser Zeit be- gefragt, ob wir ihm hier in Leipzig noch anderen merkantilen Einrichtungen flat- gannen die großen Demonstrationen in eine echte neue DDR-Fahne mit Emblem tern sie heiter, optimistisch und lockend Dr. Erich Wegener hat diesen Beitrag 1991 Leipzig und anderen Städten der DDR. besorgen könnten. Vielleicht wäre es im Winde und künden mit vielen Farben verfasst und mir, seinem „Doktorvater“, Am Anfang ging es ja eindeutig um mehr damals noch möglich gewesen. Aber ich und Firmenzeichen von der üppig „boo- geschenkt. Er verstarb 2002 im Alter von 80 Demokratie und „verbesserten Sozialis- fühlte mich jetzt ähnlich unsicher wie Herr menden“ Marktwirtschaft hierzulande. Jahren. Kurt Schneider 14 • CHRONIK LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

keiten für eine Pressekonferenz Mai bereitzustellen, deren Gegen- stand dieser völkerrechtswidri- Während die Wasserwerke für KLEINE CHRONIK ge Ausbau des Airports zum 2005 einen Rekordgewinn ver- Drehkreuz für NATO-Trans- buchen können, liegt der durch- portflugzeuge sein sollte. schnittliche Wasserverbrauch pro Kopf bei nur 89,9 Litern, weil die April Preise wesentlich höher sind als in vergleichbaren westdeutschen In der Zerbster Straße (Eu- Städten. Dort beträgt der Ver- Leipziger tritzsch) will die LWB eine ar- brauch 120 bis 150 Liter. chitektonisch wertvolle Wohn- anlage abreißen, die sie selbst Die Arbeitsgemeinschaft Be- verfallen ließ. freiungskriege 1813, die von der Stadt das Torhaus Dölitz in Eine Schlägerei zwischen Fuß- Erbbaupacht übernommen hat, ist ballfans am „Adler“ und Rand- in finanziellen Nöten, weil die Skandale dale nach einem Fußballspiel in Stadt den ursprünglichen jährli- Probstheida, bei der eine Stra- chen Zuschuss von 30 000 DM ßenbahn demoliert wird, erfor- auf 10 500 Euro gekürzt hat und dern massive Polizeieinsätze. sich die Betriebskosten seit der Übernahme verdoppelt haben. Der erste Sozialreport der Stadt 2006 weist aus, dass der Anteil derer, Unbekannte schänden auf dem die in relativer Armut leben Ostfriedhof 187 Gräber, darun- (Einkommen weniger als 50 ter Grabsteine zum Gedenken an sowjetische Soldaten des Januar Staatsanwaltschaft Dresden im Zweiten Weltkrieges. Fall des Umbaus im Alten Rat- Die Stadt Leipzig verteuert zahl- haus lässt die Verstrickungen Erwachsene müssen für eine reiche kommunale Dienstleis- des Kulturamtes und des Hoch- Fahrt im „Gläsernen Leipziger“ tungen: Müllgebühren steigen bauamtes unter den Tisch fal- künftig 13 statt bisher 11 Euro um durchschnittlich 30 Prozent, len. Ex-Kämmerer Kaminski zahlen, Ermäßigungsberechtig- Strom um fünf Prozent, Fern- muss mit einer Anklage rechnen. te 11 statt 9 Euro. wärme um 17,9 Prozent. Ange- hoben werden die Gebühren für Februar Ein Trupp brutaler Schläger Gartenabfall und den Friedhof. fällt im Rosental über 60 Gym- Die Hundesteuer steigt, und Stadträte bringen zutage, dass nasiasten her, die dort feierten. eine Zweitwohnungssteuer wird der geplante Verkauf von Flä- Untersuchungen ergeben, dass eingeführt. Auf der Tagesord- chen rund um das Bildermuse- die Clique seit langem Schüler nung steht auch die Erhöhung um nicht möglich ist, weil ein in Gohlis bedroht und ihnen der Eintrittspreise für Museen großer Teil Eigentum des Bun- Geld und Handys abnimmt. und den Zoo. Die Leistungen des ist. Die Fläche, auf der der Knapp zwei Wochen später wer- nach dem Leipzig-Pass verrin- Erweiterungsbau des Stadtge- den am gleichen Ort fünf Väter gern sich, der Familienpass fällt schichtlichen Museums steht, und acht ihrer Söhne von Ju- ersatzlos weg. muss nun dem Bund für 625 gendlichen tätlich angegriffen Millionen Euro abgekauft wer- und zum Teil schwer verletzt. Die Stadtwerke Leipzig wollen den – ein Erbe von Tiefensee, die abgehalfterten Kommunal- Lütke-Daldrup und Kaminski, Nach einem Fußballspiel in beamten Kaminski und Tschen- die die Abgeordneten hinters Leutzsch knüppeln Polizisten se, gegen die noch Ermittlungen Licht führten. grundlos auf Zuschauer ein, die laufen, als Berater anstellen. Mehrfach skandalgezeichnet: der Bau des Citytunnels friedlich das Stadion verlassen. Stadträte werten diese Absicht Wie das Leipziger Amtsgericht Polizeipräsident Müller sieht als politische Instinktlosigkeit. mitteilt, gingen bei ihm im sich veranlasst, polizeiinterne Jahre 2005 für 2161 Immobilien allem verfallene Gründerzeit- Prozent des Durchschnittsein- Ermittlungen einzuleiten. Das Landgericht sieht sich ver- Anträge von Gläubigern auf häuser und Plattenbauten abge- kommens), sich bis 2003 auf anlasst, den von LVB-Chef Zwangsversteigerung ein. rissen wurden, wollen Rathaus zehn Prozent erhöht hat. Die An- Sparkassenchef Krakow wird Hanns im Aufsichtsrat ohne und LWB nun auch 2500 Woh- zahl der versicherungspflichtig beschuldigt, einen zweistelligen Ausschreibung durchgepeitsch- Das Sozialamt will die Zu- nungen in unsanierten Häusern Beschäftigten ist von 2001 bis Millionenkredit rechtswidrig ten Verkauf der Tochterfirma schüsse für Frauenhäuser kür- aus den Jahren zwischen 1920 2004 um 13 000 Personen auf trotz fehlenden Verwendungs- VCL vorläufig zu untersagen. zen, die damit ihre Existenz be- und 1960 vor allem in Mockau, 179 000 gesunken. Die Anzahl zwecks und ablehnender Hal- droht sehen. Bereits in diesem Eutritzsch und Lößnig ver- geringfügiger Beschäftigungs- tung der Kreditkontrolle an eine Oberbürgermeister-Kandidat Jahr stehen dem Amt für Verei- schwinden lassen. verhältnisse und Arbeitsloser Privatperson vergeben zu haben. Burkhard Jung kündigt an, im ne 158 000 Euro weniger als hat stark zugenommen. 68 von Falle seiner Wahl Markklee- 2005 zur Verfügung. Die Bahn AG kündigt fünf Fa- 1000 Menschen beziehen Sozi- Die überarbeitete Schulnetzpla- berg, Markranstädt, Schkeuditz milien ihre Kleingartenparzel- alhilfe (1995: 21,5). 2004 gab nung sieht vor, in den nächsten und Taucha nach Leipzig einge- Die Wahl des Oberbürgermei- len in der Anlage „Reichsbahn es 44 500 Wohngeldempfänger, vier Jahren 14 Bildungseinrich- meinden zu wollen, und stößt sters findet im zweiten Wahl- Kleingärten Engelsdorf“, um 13 500 mehr als 1998. tungen zu schließen, darunter damit auf eine allseitige gut be- gang mit einer Beteiligung von dort eine Lagerhalle zu errich- fünf von zwölf Berufsschulen. gründete Ablehnung der Be- knapp 32 Prozent der Wahlbe- ten. Sie hat die Fläche an einen Zur Entlastung des Leipziger troffenen. rechtigten statt. Nur 16 Prozent Investor verkauft, ohne den Vor- Haushalts um 170 000 Euro jähr- Für die 3500 Stellen am künfti- der Wahlberechtigten schenken stand der Anlage und den Stadt- lich will das Kulturdezernat die gen DHL-Kreuz auf dem Flug- Ex-Oberbürgermeister Leh- Burkhard Jung ihr Vertrauen. verband der Kleingärtner zu in- Eintrittspreise für das Stadtge- hafen Halle-Leipzig sind 34 000 mann-Grube ruft die städtischen formieren. Bauordnungsamt schichtliche Museum im Alten Bewerbungen eingegangen. Unternehmen zu Wahlkampf- März und Denkmalschützer erteilen Rathaus von drei auf vier Euro spenden für Burkhard Jung auf die Baugenehmigung, obwohl und für das Schillerhaus von Juni und verstößt damit gegen Vor- Das sächsische Kultusminsteri- die Gartenanlage im Flächen- zwei auf drei Euro für Erwach- schriften des sächsischen Innen- um verlangt von Leipzig – vor- nutzungsplan ausgewiesen ist. sene erhöhen. Deutlich teurer In Altenheimen, die von der ministeriums. bei an Oberbürgermeister, Bei- werden auch Führungen. Im Unternehmensgruppe Marseille- geordneten und Stadträten –, die Bundesverteidigungsminister Museum der Bildenden Künste Kliniken betrieben werden, fin- Die Händler am Leipziger Markt, Festlegung für zwei Mittelschu- Jung stellt am Flughafen Halle- kostet das Einzelticket künftig det angestauter Unmut über den deren Umsätze durch die Groß- len sofort zu vollziehen, wo- Leipzig die NATO/EU-Initiati- sieben statt bisher fünf Euro. autoritären Leitungsstil und baustelle City-Tunnel existenz- nach keine Schüler in künftige ve SALIS (Strategic Airlift In- Rechtsverletzungen des Ge- bedrohend zurückgegangen 5. Klassen aufgenommen wer- terim Solution) in Dienst. Die Untreue gegenüber der Stadt schäftsführers in massiven Be- sind, erhalten von der Stadt den sollen. Das bedeutet prak- Geschäftsführung des Flugplat- beim Stadionbau und Steuerhin- schwerden von Heimbewohnern keine Entschädigung. tisch das Aus für diese Schulen. zes Halle-Leipzig lehnt es mit terziehung führen zur Anklage und Mitarbeitern sowie der rich- fadenscheiniger Begründung des ehemaligen Kämmerers Pe- terlich verfügten Wahl eines Be- Der Einstellungsbeschluss der Nachdem bisher in Leipzig vor ab, der Linkspartei Räumlich- ter Kaminski beim Landgericht. triebsrates seinen Ausdruck. LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 CHRONIK • 15

Amtsträger im Rathaus erwägen Eine knappe Mehrheit von die Umbenennung des nach CDU- und SPD-Stadträten gibt dem hingerichteten Antifaschi- 49,9 Prozent der Anteile an den sten und Sozialdemokraten Wil- Leipziger Stadtwerken zum Ver- helm Leuschner benannten Plat- kauf frei und ignoriert damit die zes in Königsplatz. Da gammeln, Warnungen von Experten und auf einem die Proteste einer breiten Öf- Der Leipziger Gedenkstätte für Betriebshof fentlichkeit. Beschäftigte der Zwangsarbeiter, der einzigen ih- der Leipziger Unternehmen befürchten drasti- rer Art in Deutschland, droht Universität, sche Lohneinbußen. Zugleich wegen fehlender finanzieller die Teile des gibt das Unternehmen bekannt, Förderung das Aus. Marx-Reliefs dass es ab Januar 2007 die Prei- vor sich hin ... se für Strom um 10, für Fern- Die überarbeitete Gebührenord- Foto: Märker wärme um 11 und für Gas um nung der Musikschule sieht eine 8,5 Prozent erhöhen wird. Erhöhung der Gebühren von die Veräußerung eines 49,9- der Stadt in einem schlechten Zu- durch Hartz IV beträgt 28,1 neun Prozent, für Erwachense Prozent-Anteils der Stadtwerke. stand, weil im Vergleich zu 1994 Millionen Euro. Die städtischen Einem Häftling der Justizvoll- sogar um 50 Prozent vor. Nach dem Urteil von Stadträten nur 15 Prozent der Mittel für Re- Investmittel für Straßen, Kinder- zugsanstalt Torgau gelingt nach käme damit das gesamte städti- paratur und Reinigung zur Ver- gärten und Schulen sollen von einer Behandlung in der Uni- Für den City-Tunnel werden sche Firmengeflecht ins Wan- fügung stehen. bisher etwa 100 auf 71,5 Millio- versitäts-Zahnklinik die Flucht. statt der geplanten 11,2 Millio- ken, da die Leipziger Versor- nen Euro reduziert werden. nen Zugkilometer jährlich nur gungs- und Verkehrsgesell- Aufgrund eines seit Jahren an- Dezember etwa fünf Millionen vergeben, schaft (LVV) die Gewinne von dauernden Streits zwischen ei- Zu den Immobilien, die die Ge- womit seine Wirtschaftlichkeit Stadtwerken und Wasserwerken nem Hausbesitzer und einer En- werkschaftsholding BGAG des Die Stadt Leipzig hat nahezu gefährdet ist. Der Freistaat Sach- mit den Verlusten der Verkehrs- ergiehandelsfirma verfügt das DGB verkaufen will, gehört eine Milliarde Euro Schulden. sen hat rechtzeitige Vertragsver- betriebe verrechnet. OBM Jung Landgericht die Sperrung der auch das traditionsreiche, weit- Der Jahresetat weist ein Minus handlungen mit Sachsen-Anhalt hat sein Konzept ohne Konsul- Fernwärmeversorgung für 4000 gehend mit Arbeitergroschen fi- von rund 80 Millionen Euro auf. und Thüringen versäumt. Ihm tation mit Stadtpolitikern und Haushalte in Leipzig-Grünau. nanzierte Leipziger Volkshaus. Das leistet der Privatisierung droht nun auch die Rückzahlung Stadtwerkern ausgearbeitet. Die Entscheidung erfolgt trotz kommunaler Unternehmen Vor- von Fördermitteln. Das Marx-Relief am abzureißen- der Proteste von Mitgliedern. schub. Regierungspräsident Volkshochschule und Stadtbibli- den Universitätsgebäude am Au- Steinbach fordert, mehr als die Ein Bildertausch zwischen dem othek sind aufgefordert, zur Sa- gustusplatz wird entfernt, ohne Oktober Hälfte der Stadtwerke und auch Museum der Bildenden Künste nierung des Stadthaushalts ihre dass über seine künftige Plazie- die Leipziger Wohnungs- und und einem Südtiroler Geschäfts- Einnahmen zu erhöhen und da- rung entschieden wurde. Rechtsextreme, von Worch an- Baugesellschaft zu veräußern. mann platzt, weil der Stadtrat zu neue Entgeltverordnungen geführte Demonstranten mar- dem Tausch nur unter dem Vor- zu erarbeiten. Von den durch Bil- Das Bildermuseum verstößt ge- schieren erneut mit staatlicher Die Planungen für die Neuge- behalt eines neuen Gutachtens dermuseum und Stadtgeschicht- gen Jugendschutzvorschriften, Genehmigung durch die Stadt, staltung des Areals am ehema- zugestimmt hat, das dann aber liches Museum zu erbringenden indem es eine Installation Schlin- diesmal vom Hauptbahnhof ligen Konsument-Warenhaus einen deutlich höheren Wert der 700 000 Euro Mehreinnahmen gensiefs, die als gewaltverherrli- zum Ostplatz. Die Polizei be- verlaufen chaotisch. Während Gemälde auswies. bis 2007 werden voraussichtlich chend, öbszön und pornografisch hindert Gegendemonstranten. die „Blechbüchse“ bereits ver- nur 235 000 realisiert. beurteilt wird, ohne Zugangsbe- kauft wurde, Gestaltungsvor- Die Stadtverwaltung stellt fest: schränkung präsentiert. Eine Studie der Stadtverwal- schläge für vorgesehene Neu- Der Wegfall geplanter Haushalt- August tung prognostiziert bis 2020 ei- bauten am Brühl erarbeitet wur- einnahmen, die Steigerung der In Leipzig-Lindenthal wird eine nen weiteren drastischen Bevöl- den und der LWB-Aufsichtsrat Ausgaben, besonders durch die Der Mitteldeutsche Verkehrs- Straße nach dem Flugpionier und kerungsrückgang im Stadtteil einen Investor auswählte, wird wachsende Anzahl Langzeitar- verbund und damit die LVB er- Konstrukteur Hermann Dorner Grünau. Die Wohnungsgenos- ein Gutachten zur Auswirkung beitsloser, und die Kürzung der höhen mit Monatsbeginn zum benannt, der hier im ersten Welt- senschaften zweifeln die Pro- neuer Handelseinrichtungen auf Landeszuschüsse führen zu wiederholten Male ihre Tarife. krieg Militärflugzeuge baute. gnose an und wehren sich gegen den Einzelhandel in der Innen- einer absehbaren Erhöhung des Sie steigen um durchschnittlich geplante massive Abrisse in den stadt erst im Januar erwartet. Haushaltdefizits der Stadt von fünf Prozent. Nach Ankündigung des Ober- Wohnkomplexen 5.1, 7 und 8. Viele Einzelhändler bangen um 22 auf 32,5 Millionen Euro in bürgermeisters soll die Oper in ihre Existenz. diesem Jahr und gefährden die Wie die Stadtratsfraktion der den Jahren 2007/08 4,9 Millio- Die LVB verleasen rechtswidrig langfristigen Haushaltsiche- Linkspartei enthüllt, wird der nen Euro weniger Haushaltmittel mit staatlichen Fördermitteln Die jahrelangen Verhandlungen rungskonzepte. City-Tunnel 73,3 Millionen Euro erhalten. Vorgesehen ist der Ab- erworbene Busse und müssen zur Neugestaltung des ehemali- (13 Prozent) teurer als geplant – bau von mindestens 100 Stellen. nun 620 000 Euro zurückzahlen. gen Feinkostgeländes an der Die Wohnungsbaugesellschaft durch höhere Baukosten (50,9) Karl-Liebknecht-Straße sind Leipzig-West ist zahlungsun- und zusätzliche Planungsleistun- September November gescheitert. Die beiden Bewer- fähig. 44 000 Zeichner einer gen (22,4). Die geplante Fertig- ber konnten sich nicht auf ein Schuldverschreibung müssen stellung des Tunnels verschiebt LVB-Chef Wilhelm Georg In 159 Sporthallen der Kommu- gemeinsames Konzept einigen. um ihre Einlagen fürchten. Nach- sich von 2009 auf 2011/12. Ver- Hanns gerät in Verdacht, beim ne werden Sicherheitsmängel forschungen offenbaren eine kehrsminister und Ex-Oberbür- Abschluss eines Cross-Boarder- festgestellt, die Nutzungsein- Um jährlich 72 000 Euro einzu- Geldwäsche großen Stils. Meh- germeister Tiefensee schweigt. Vertrages in den USA von einer schränkungen erfordern. sparen, lässt die Stadt rund 300 rere hundert Millionen Euro USA-Beraterfirma Luxus-Ge- öffentliche Papierkörbe, beson- sind in internationalen Kanälen Die Leipziger Stadtwerke wollen schenke und einen fünftägigen Aus der Antwort von Sachsens ders an Haltestellen der LVB, verschwunden. bei Wittenberg ein sogenanntes Urlaub in Dubai erhalten zu Innenminister Buttolo auf eine entfernen. Biomassekraftwerk bauen, das haben, und hüllt sich gegenüber Abgeordnetenanfrage geht her- Juli jährlich mindestens 135 Festme- der Öffentlichkeit in Schwei- vor, dass im Jahre 2005 die An- Den Stadträten wurden bis jetzt ter Holz verschlingen würde, was gen. Auch ähnliche Vorwürfe zahl rechtsextremer Straftaten schwerwiegende Rechtsverstöße Ab 1. Juli dient der Flughafen zu großen Kahlschlägen im Flä- gegen Klaus Heininger, Mana- im Schulbereich auf 151 ange- in den Finanzbeziehungen zwi- Halle-Leipzig auch als Zwi- ming und in der Dübener Heide ger der Wasserwerke, bleiben stiegen ist (Vorjahr 100) und schen Stadt und Leipziger Ver- schenlandeplatz der NATO, vor führen würde. weitgehend unbeantwortet. Die Leipzig mit 17 Delikten daran sorgungs- und Verkehrsgesell- allem der USA, beim Transport Ergebnisse nachfolgender inter- einen wesentlichen Anteil hat. schaft in den vergangenen Jah- von Truppen und Waffen nach Zugunsten des Baus eines Ein- ner Untersuchungen bleiben un- ren verheimlicht. Afghanistan, dem Irak und an- kaufszentrums soll in der Schef- ter Verschluss. Die Beschuldig- Eine Studie des Sozialamtes deren Kriegsgebieten, was gegen felstraße ein historisch wertvol- ten verweigern eidesstattliche über die Lebensverhältnisse von CDU und SPD lehnen den von den 2+4-Vertrag von 1990 ver- les, erst vor wenigen Jahren re- Aussagen. Langzeitarbeitslosen weist eine Linkspartei und Grünen bean- stößt. konstruiertes Jugendstilhaus ab- hohe Kinderarmut in Leipzig tragten Volksentscheid zum gerissen werden. Bei der geplanten Privatisierung aus. Die Eltern von 35 Prozent Stadtwerkeverkauf strikt ab. Die Beratungsfirma BBVL, von der kommunalen Stadtreinigung der Kinder bis 15 Jahre erhalten Oberbürgermeister Jung mit der Wegen der Erhöhung der Anzahl drohen den Beschäftigten laut ALG II oder Sozialgeld. Die Arbeitsagentur Leipzig gibt Analyse des Kulturetats der der Bedarfsgemeinschaften nach der Gutachterfirma BBVL von verfügbaren 65 Millionen Stadt beauftragt, sieht Einspar- Arbeitsmarktgesetz Hartz IV von Lohneinbußen bis zu 40 Prozent. Experten der Leipziger Woh- Euro Arbeitsförderungsmitteln möglichkeiten in den seit lan- 45 500 auf 49 000 muss die Stadt nungs- und Baugesellschaft für Langzeitarbeitslose 15 Mil- gem gebeutelten Kultureinrich- 18 Millionen Mark mehr für de- Der Etatentwurf der Stadtver- stellen fest, dass in der Stadt lionen an den Bund zurück und tungen bis 2009 in Höhe von ren Unterkunft erbringen. waltung für 2007 sieht ungeach- rund 2500 denkmalgeschützte gehört damit zu den schlechte- 6,5 Millionen Euro. tet einer Reihe von Sparmaß- Häuser zunehmend verfallen sten Agenturen in Sachsen. Laut Tiefbauamt befindet sich nahmen ein Defizit von 45,55 und etwa 400 davon akut ein- Und das Jahr ist Der Oberbürgermeister plant ein Großteil der 50 000 Gullys in Euro vor. Die Mehrbelastung sturzgefährdet sind. noch nicht zu Ende ... 16 • OST UND WEST LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

erechtigkeit zu schaffen, ist es gelungen, alle Angehöri- braucht einen langen gen des ehemaligen MfS unter- GAtem“ – diese universal „Gerechtigkeit zu schaffen, schiedslos gesellschaftlich aus- auslegbaren Worte schrieb der zugrenzen und zu Prügelknaben Bundespräsident Horst Köhler der Nation zu machen. Gerech- am 14. November dieses Jahres tigkeit, die im Grunde genom- nach dem Besuch der ehemali- braucht einen langen Atem“ men beinhaltet, jedermann fair gen Untersuchungshaftanstalt und moralisch angemessen zu des MfS in Berlin-Hohenschön- behandeln, wird es auch in die- hausen, die heute als sogenannte sind in der Birthler-Behörde ist es so eine Sache. Der bei den staatlich verhängten, erhebli- ser Ordnung, die von sich rea- Gedenkstätte unseriöse Aufar- einsehbar. Glaubwürdigen Hin- Wahlen in Berlin gescheiterte chen Kürzung der Altersbezüge litätswidrig behauptet, sie sei ein beitung von DDR-Geschichte weisen zufolge geht aus ihnen CDU-Kandidat Pflüger behaup- für ehemalige Angehörigen des Rechtsstaat, für diese Personen- betreibt, in das Gästebuch der hervor, dass Herr Wichmann tete jedenfalls unter dem Beifall MfS (siehe auch LN 1/06) wie gruppe nicht geben. Es ist dieses Einrichtung. Köhler hat sein vom ersten Tag seiner Untersu- der Bürgerrechtler, „Täter“ seien eine Verhöhnung klingt. ein besonders markanter Aus- Orakel natürlich in einer ganz chungshaft an voll geständig keine Zeitzeugen. Die ganze Kampagne, Ellen druck des Hasses der Herrschen- bestimmten Richtung gemeint, war. Damit hätte es keinerlei Für ehemalige Mitarbeiter des Brombacher von der PDS den und der ihnen dienenden nämlich „Opfern“ des DDR- Grund gegeben, ihn in eine MfS, die u. a. damit gemeint sprach mit Recht vom Entfachen Schreihälse auf den Sozialis- Regimes Gerechtigkeit wider- ,Beugehaft-Zelle‘ einzusperren. sind, gilt für diese Leute das einer Pogromstimmung, hängt mus. Insofern ist es wichtig, fahren zu lassen und die „Täter“ natürlich, genauso wie der Köh- dass Zeitzeugen aus dem MfS zu bestrafen. Als wenn in den lerbesuch, mit der heftigen öf- diesen nicht das Feld überlassen. vergangenen 16 Jahren nichts Die Ermittlungsorgane der Bundesrepublik haben keine fentlichen Diskussion darüber Nach den Protesten ehemaliger zusammen, ob die Praxis der geschehen wäre. Mit dem Be- Mühe gescheut, um Straftäter innerhalb des MfS MfS-Mitarbeiter hat das Thema Überprüfung von Bewerbern und griff „Täter“ ist es allerdings so ausfindig zu machen. 30 000 Ermittlungsverfahren „Stasi“ in Presse und vor allem eine Sache. Mitarbeitern im Öffentlichen im Fernsehen wieder rasant an wurden eingeleitet. Daraus entstanden 143 Anklagen, Es sind Straftäter gemeint, und Dienst auf Tätigkeit für das MfS, Fahrt gewonnen. Der Frust der Straftäter sind Personen, die die mit zwölf Geld- und acht Haftstrafen endeten. die am 31. 12. 2006 nach Gesetz Menschen soll auf den seit Jah- einen im Gesetz festgelegten Und diese wurden bis auf eine auch noch zur enden sollte, weitergeführt wird. ren auserkorenen Sündenbock Straftatbestand erfüllen. Und da Bewährung ausgesetzt. Auf Entscheidungsträger und abgeladen werden. Doch die liegt der Hase im Pfeffer. Die Abgeordnete wurde Druck im Ablenkung von den wahren Pro- Ermittlungsorgane der Bundes- Es gab dazu allerdings auch Grundgesetz nicht. Erst verteu- Sinne der Fortsetzung der Über- blemen kann ebenso wie die republik haben keine Mühe keine Möglichkeit, da diese felt, dann mit Berufung auf die prüfungspraxis ausgeübt. Überzeichnung des Terrorismus gescheut, um Straftäter inner- Zelle zum Zeitpunkt der Haft von dadurch geschaffenen Unterstel- Das Gesetz wurde dann auch in nicht verdecken, dass sich im halb des MfS ausfindig zu ma- Herrn Wichmann (1963) ein lungen entrechtet. Ob die Mitar- etwas veränderter Form am 30. kapitalistischen Deutschland chen. 30 000 Ermittlungsverfah- Lagerraum war, der erst nach beiter im Rückblick auf die 11. 06 durch den Bundestag für einiges zusammenbraut. ren wurden eingeleitet. Daraus 1990 wie auch andere Grusel- DDR und die Einschätzung der fünf Jahre verlängert. Am glei- Bestimmte Kräfte sähen Horst entstanden 143 Anklagen, die Attraktionen der ,Gedenkstätte‘ Tätigkeit der Sicherheit auch chen Tag wurde übrigens, welch Köhler übrigens auch gern als mit zwölf Geld- und acht Haft- (z. B. die sogenannte Wasserfol- selbstkritisch und kritisch urtei- ein Zufall, die „empörende“ „Opfer“. Der Spiegel meldete strafen endeten. Und diese wur- terzellen) ,rekonstruiert‘ wurde.“ len, wird negiert. den bis auf eine auch noch zur Der Dresdner Historiker Horst Als frühere Mitarbeiter des MfS Bewährung ausgesetzt. Personal Schneider hat bereits 2005 in am 14. März 2006 in einer Podi- Als frühere Mitarbeiter des MfS am 14. März 2006 und Verantwortliche der Unter- seiner Broschüre Das Gruselka- umsdiskussion über die „Ge- in einer Podiumsdiskussion über die „Gedenkstätte“ suchungshaftanstalt Hohen- binett des Dr. Hubertus Kna- denkstätte“ in Hohenschönhau- in Hohenschönhausen gegen die Verfälschung be(lari) (Spotless-Verlag, Ber- sen gegen die Verfälschung der schönhausen waren nicht darun- der Geschichte protestierten, ter. lin) die Manipulationen in der Geschichte protestierten, war „Gedenkstätte“ entlarvt, und nämlich Schluss mit lustig ge- war nämlich Schluss mit lustig gewesen. aut Bild hat sich der 1,78 kürzlich erschien im Eulenspie- wesen. Meter große Köhler bei gelverlag zum Thema das Buch Sie wurden durch Medien und Entdeckung gemacht, dass in am 27. 11. 06, dass der „heutige Lseinem Besuch in eine eines Zeitzeugen Besuchszeit. Politiker als Stasi-Pöbel, Stasi- der Birthler-Behörde mit Dul- Bundespräsident“, als er noch 1,62 Meter hohe „Beugehaft- Westdiplomaten in besonderer Horden, unbelehrbare Ewigge- dung der Leitung noch zirka 50 im Bonner Finanzministerium Zelle“ gezwängt. Dort hätten Mission. Peter Pfütze, von 1974 strige, Menschen „ohne Un- Personen arbeiten, die „stasibe- tätig war, „jahrelang“ vom – Häftlinge Höllenqualen gelitten. bis 1989 als Mitarbeiter des MfS rechtsbewusstsein“, straff orga- lastet“ sind. Donnerwetter ! man beachte die korrekte Na- „Stasi-Opfer“ Dieter von Wich- verantwortlich für die Organisa- nisierte „Stasi-Schergen“, Mör- mensnennung – Ministerium für mann, der den Bundespräsiden- tion und Betreuung von Diplo- der, Folterknechte beschimpft ie Sache ist natürlich Staatssicherheit „bespitzelt“ ten führte, wäre dort vier Mona- matenbesuchen in Haftanstalten und mit Holocaust-Leugnern- etwas komplexer. Die worden wäre. Das stellte sich te eingekerkert gewesen. der DDR, bietet darin Einblicke oder KZ-Aufsehern verglichen. DBewertung der DDR zwar später als Ente heraus, aber Wolfgang Schmidt, Sprecher in die Tätigkeit der Untersu- Selbst Theo Koll, Moderator der stützt sich seit langem dementiert wurde es durch das des „Insiderkomitees zur kriti- chungsabteilung des MfS und ZDF-Sendung Frontal, ließ sich hauptsächlich auf die verleum- Magazin nicht. Gerechtigkeit zu schen Aneignung der Geschich- die Praxis der Strafverfolgung in vor der Kamera zu der hasser- derische Darstellung der Tätig- schaffen, braucht eben einen te des MfS“ erklärte dazu der DDR im Spannungsfeld füllten Bemerkung hinreißen: keit des MfS. Mit dem Begriff langen Atem. schriftlich: „Die Vernehmungs- deutsch-deutscher Beziehungen. „Sie sitzen auf ihren fetten Ren- Spitzeltätigkeit läßt sich Hass protokolle im Fall Wichmann Aber auch mit den Zeitzeugen ten!“ Was nun angesichts der am besten ankurbeln. Generell • MANFRED BOLS

Berliner Regierungsstellen bestätigen aber schon viel früher zu reicher Spitzel- den zunehmenden Bruch des Brief- und tätigkeit genutzt Postgeheimnisses zur Überwachung und Überwachungsstaat mit Tradition Bekannt sind Zahlen aus den 1960er Jah- Ausforschung potentieller Kritiker, wie Seinerzeit Millionen Postsendungen aus der DDR bespitzelt ren, die das Bundesverfassungsgericht in www. foreign-policy miteilt: einem Urteil zur Postkontrolle 1969 veröf- aut Bundesinnenministerium wurde fentlichte. Damals richtete sich die Über- Ldie Zusammenarbeit zwischen den seither von mehr als 6000 Bundesbürgern ziert werden. Rückschlüsse auf den Inhalt wachungsmaßnahme vornehmlich gegen Zollbehörden und dem deutschen In- unterstützt, unter ihnen der Bielefelder der Kommunikation, auf persönliche Inter- die Deutsche Demokratische Republik: landsgeheimdienst zum Zweck der Post- Rechtsprofessor Christoph Gusy, der Präsi- essen und die Lebenssituation der Kom- „Es sind Millionen von Schriften eingezo- kontrolle „intensiviert“. Völlig „rech- dent der Internationalen Liga für Men- munizierenden seien möglich. Die Folge: gen worden, deren größerer Teil in der tens“ – erst vor fünf Jahren bestätigte der schenrechte, Rolf Gössner, der Europaab- Informanten, Ratsuchende oder Hilfsbe- DDR hergestellt wurde, neben Broschüren Bundestag das „Verbringungsverbotsge- geordnete Tobias Pflüger, die Bundestags- dürftige könnten nunmehr davor zurück- und Zeitschriften auch Zeitungen. Im Janu- setz“, ergänzt durch die künftige „vor- abgeordnete Silke Stokar und die Bremer schrecken, sich an Journalisten, Anwälte ar 1966 wurden von etwa 548 000 unter- sorgliche Speicherung“ der Verbindungs- Strafrechtsprofessorin Edda Weßlau. oder Beratungsstellen zu wenden. We- suchten Schriften etwa 538 000 zurückge- daten aller Telefon- und Internetnutzer. Das Bundesjustizministerium fordert Tele- sentliche Grund- und Bürgerrechte wie der halten. Im Januar 1967 waren es von etwa Außerdem stehen ab März 2007 mit der kommunikationsanbieter auf, demnächst Informantenschutz, das Anwalts- und das 402 000 untersuchten Briefen etwa sogenannten Anti-Terror-Datei sowohl monatelang zu speichern, wer mit wem per Arztgeheimnis würden also unterlaufen. 392 000 Briefe, die zurückgehalten wur- Angaben über „Terrorverdächtige“ als Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung Bereits jetzt wird der Postverkehr der Bun- den.“ An der Postkontrolle beteiligt waren auch über deren Kontaktpersonen Poli- stand. Bei Handy-Telefonaten und SMS desbürger flächendeckend kontrolliert. Das zu dieser Zeit neben Zollämtern und zeibehörden sowie Geheimdiensten un- soll zudem der Standort des Benutzers fest- „Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher Staatsanwaltschaften auch die von der eingeschränkt zur Verfügung. gehalten werden; anonyme E-Mail-Konten und anderer Verbringungsverbote“ vom Bundeswehr aufgestellten Einheiten für Bürgerrechtsaktivisten befürchten einen und Anonymisierungsdienste sollen verbo- 24. Mai 1961 schränkt das von der deut- „Psychologische Kampfführung“ (PSK), weitreichenden Staatsumbau nach auto- ten werden. Wie die Beschwerdeführer schen Verfassung garantierte Brief- und wie der ehemalige PSK-Offizier Thomas ritärem Muster. Ihre gegen die „Vorratsda- erklären, können so Bewegungsprofile er- Postgeheimnis ein. Die Gültigkeit des Mielke dem RBB mitteilte. Nach wie vor tenspeicherung“ gerichtete Sammelklage stellt, geschäftliche Kontakte rekonstruiert Gesetzes wurde vom deutschen Parlament in die Postkontrolle involviert ist das Bun- vor dem Bundesverfassungsgericht wird und Freundschaftsbeziehungen identifi- im Dezember 2001 einstimmig bestätigt – desamt für Verfassungsschutz. LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 ERWIN GESCHONNECK ZUM 100. • 17

„Wen tsui“ – wünschen die alten Chinesen bei solchen Gelegenheiten: „Zehntau- „Ich war ein Nichts ...“ send Jahre.“ Lebensbekenntnisse vor 13 Jahren bei viel Kaffee und nicht verspeistem Kuchen Einer von vielen Glückwun- schen zum 80. in der Zeit- schrift: FILM UND FERN- m 30. Juni 1993 klingelte an ihr Haus, und es gibt erste SEHEN (1986) Aich pünktlich 15.00 Uhr Filmnebenrollen: „In jenen Ta- unweit des Alexanderplatzes bei gen“, „Liebe 47“ und „Hafen- Erwin Geschonneck, der einem Mann, vor dem ich als melodie“. „Und keine Schau- Publikum und Kritik schon Kind Angst hatte: Erwin spielschule?“ werfe ich ein. „Ich oft zu Lobeshymnen hinriss, Geschonneck. Gleich würde mir habe keine Schauspielschule hat in der Rolle des Friseurs der „Holländer-Michel“ die Tür besucht und halte auch nicht Kowalski seine Laufbahn öffnen. Es erschien aber der allzu viel davon“. Den Satz lässt gekrönt. „Lord vom Alexanderplatz“, er so aber nicht stehen, korri- KINO-EULE zu und der lächelte so freundlich, giert sich etwas und meint: „ Für „Jakob der Lügner“ (1975) als würden wir uns schon sehr m e i n e Wege zum Theater zu lange kennen. „Komm`se rein kommen, hat es sich nicht erge- Als gewitzter und listenrei- junger Mann!“ Zwei Stunden ben und dann war ich ja auch cher Karbid-Kalle absolvier- hatte „Karbid-Kalle“ Zeit für ein nicht mehr der Allerjüngste.“ te er in „Karbid und Sauer- umfängliches Radio-Interview. Auch ohne Schule engagiert ihn ampfer“ die turbulenten und Wie bereitet man sich auf ein Bertolt Brecht für das Berliner komischen Abenteuer eines Gespräch mit einem berühmten Ensemble. modernen Odysseus ... Schauspieler vor, der noch dazu Wolfgang Carle in dem Buch fast doppelt so alt ist, wie man eschonneck war, nein, SCHAUSPIELER (1970) selbst? Seine Filme nahezu alle Gbleibt eines der prägendsten gesehen, und die frisch gedruck- und bekanntesten Gesichter der Du hast darüber gewacht – ten Memoiren „Meine unruhi- DEFA und des DDR-Fernse- mit Bruno Apitz gemeinsam gen Jahre“ gerade gelesen. Und hens. Wer da ein wenig Nach- – dass wir Jungen, die den trotzdem kam alles zunächst ein hilfe braucht, schaue in diversen Faschismus nur als Kinder wenig anders, denn Erwin Lexika nach und die zahlreichen erlebt hatten, keine Senti- Geschonneck war damals Filmtitel werden zu Bildern, mentalität in den Stoff hi- wütend. Die abfällige Äußerung Eine Filmlegende wird am 27. Dezember 100 Jahre Szenen und vertrauten Erinne- neinbrachten. von Volker Schlöndorff, „dass rungen. Kein Künstler kann wir- betonierte Straßen und schleppte und der Lager-SS Theater. „Die Erinnerungen des Regisseurs der Name DEFA nicht gut ken ohne Publikum. Auch als Steine. „Und ich sagte mitunter Blutnacht auf dem Schrecken- Frank Beyer an die gemeinsa- riecht“, traf den Mann, der zwi- 90-Jähriger trat er noch vor die sehr laut, was ich dachte und stein oder Ritter Adolars Braut- men Drehtage von „Nackt schen 1948 und 1990 dort Film- Kamera und würde gern weiter landete bald in der Agitations- fahrt und ihr grausiges Ende“ ist unter Wölfen“ (1963) geschichte mitgeschrieben hatte gruppe meiner Partei, der KPD.“ eine Parodie auf Ritter- und spielen, wenn die Gesundheit es ins Mark. Geschonneck machte zuließe. Und als er vor einigen 1932 drehte Slatan Dudow den Gespensterstücke, die das Genre Für den weithin bekannten diese Arroganz wütend, mit der Jahren aus der Hand des CDU- berühmten Proletarier-Film „Kuh- als Tarnung verwendet. Die es Geschonneck brachte die platt und mies abgeurteilt wur- Innenminsters den deutschen le Wampe“. Geschonneck sang spielen und die Häftlinge, die es Rolle des Oberst Ebershagen de. „Das wird sich in puncto Filmpreis für sein Lebenswerk damals im Massenchor der Fich- sehen, lachen über die Gescheh- einen besonderen Erfolg. DEFA wieder ändern“, mutmaß- erhielt prägte sich der damalige tesportler mit und kam so auch nisse auf der primitiven Bretter- Durch seine Darstellung te der lebenserfahrende Mann. „Unbekannte aus dem Osten“ – vor die Filmkamera Dudows. bühne. Und der „Regisseur“ Ge- eines Wehrmachtsoffiziers das war er tatsächlich immer Ein Jahr später fahndeten SA- schonneck wagte sogar eine le- wurde vielen ihre eigene ch stellte mein Tonbandgerät noch für einige – mit seiner kur- Schlägertrupps nach dem „roten bensgefährliche Hitler-Verul- widerspruchsvolle Haltung an, trank den vom „Oberst zen Rede nachhaltig ein. Er I Agitator.“ Der emigrierte quer kung. „Lachen im KZ?“, frage während des Zweiten Welt- Ebershagen“ gebrauten Kaffee bedankte sich als Künstler u n d durch Europa über Polen und ich etwas verunsichert. „Na, krieges bewusst. und tastete mich zu den Le- als Kommunist. Ein scheinbar die Sowjetunion in die Tsche- klar! Lachen hilft beim Überle- Regisseur Günter Reisch über bensdaten vor: „Ich war ein völlig unzeitgemäßes Bekennt- choslowakei. Im März 1939 ver- ben!“ Vor den anrückenden Bri- „Gewissen in Aufruhr“ Nichts und kam aus dem nis? haftete ihn dort die Gestapo. ten wird der Häftling Geschon- (1962) Nichts“, so umschrieb er die ers- Internierungen in Sachsenhau- neck aus Hamburg-Neuengam- Als ich damals 1993 von Berlin ten Lebensjahre. Aufgewachsen nach Leipzig zurückfuhr, knurr- sen. Dachau und Neuengamme me durch die SS auf das Häft- Die DEFA ordnete ihn jahre- in der Ackerstraße, einem alten te mir der Magen. Das angereg- folgten. lingsschiff „Cap Arkona“ ver- lang ins Fach der zwielichti- Berliner Elendsviertel. Der te Gespräch hatte mich den schleppt. Das Bombardement gen Charaktere und negati- Sohn des Flickschusters aus der bereitgestellten Kuchen zum m Sommer 1943 spielen im am 3. Mai 1945 überlebt er nur ven Helden ein. Das begann Nummer 6/7 wurde Bankbote, Kaffee völlig übersehen lassen. IKonzentrationslager Dachau knapp. Dann holte ihn die Ham- mit „Das kalte Herz“ sowie Liftboy und Hilfsarbeiter; er • MICHAEL ZOCK Häftlinge vor ihren Kameraden burger Theaterleiterin Ida Ehre „Das Beil von Wandsbeck“ und endete mit dem „Haupt- Der Mensch wird nicht als Held geboren. mann von Köln“. UNSERE FILMSTERNE Manchmal weiß er nicht weiter, rafft sich auf, strauchelt erneut, glaubt, es geht nicht weiter, Magazin der Jugend (1959) verzweifelt. Und es geht doch weiter. Indem er Widerstände körperlich und geistig überwindet, wird er stärker. Erwin Geschonneck in „Meine unruhigen Jahre“ Lieber Geschi, dass Du als Puntila wunder- bar bist, weißt du ja. Trotz- dem bitte etwas mehr Tempo! Bertolt Brecht an seinen Hauptdarsteller (1952)

PS Eine weitere Kino-Ikone des 20. Jahrhunderts wurde am 27. Dezember geboren, vor genau 105 Jahren in Berlin: Marlene Dietrich Sie starb 1992 in ihrer Pariser Wohnung. 1963 drehte sie ihren letzten großen Film: Das Urteil von Nürnberg. 18 • BÜCHER LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

isela Steineckerts Episoden- Lebensgeschichten aus Groman enthält fast alles, was Nicht Sympathieträgerin - die aufgewühlte Seele ge- Russland und Deutschland, genwärtig begehrt: jene post- feministischen Einsichten, die in Identifikationsobjekt von Schülern berichtet ihrer Radikalität seit Judith But- ler und deren deutscher Entgeg- schon gar nicht Wieder hat die Körber-Stiftung mündliche Bericht der Inter- nung, Alice Schwarzer, helfen gemeinsam mit der russischen viewten gelegentlich zurück. können, weibliche Lebensent- geben. Sie tut es mit den Mitteln am Schreiben, Auszeichnungen Menschenrechtsorganisation Noch immer fällt es den heuti- würfe leidlich umsetzbar er- der Einfühlung und einer detail- dafür. Doch davon erfahren wir Memorial preisgekrönte Schü- gen Großeltern offenbar scheinen zu lassen. Was das versessenen Genauigkeit, die nichts Genaues. Sie setzt ein mit: lerarbeiten publiziert, 16 an der schwer, sich über ihre Erlebnis- Glück sei, was zu tun und besser man nicht mit Selbstmitleid ver- „So ein schöner, schlampiger Zahl, die über russische und se bis in alle, oft schrecklichen zu vermeiden, wie das Leid zu wechseln sollte. „Damals war Sommer“ und schließt mit „Wie deutsche Einzelschicksale in Einzelheiten zu offenbaren. ertragen und dem Chaos ein Sinn ich sehr jung und hatte mich in ich ihn an die Oliven verlor“. historischen Konfliktsituatio- Mit Interesse wird wird man abzugewinnen sei. Von der eine Ecke ohne Tür gebracht. Selbst der wohlmeinende Leser nen berichten. Neu ist die Ein- eine Arbeit über die deutschen Liebe, der Freundschaft, dem Weder besaß ich ausreichend die hat es an solchen Stellen schwer, beziehung von deutschen Offiziere in Jelabuga lesen Trost noch so kleiner Alltagsbe- Kraft des Verstandes, noch den ihren Erlebnissen eine andere als Arbeiten aus dem Geschichts- (zumal ja seinerzeit Otto Rühle gebenheiten und dem Wissen um Aberwitz spontanen Handelns, die offensichtliche Lesart abzu- wettbewerb des Bundespräsi- im Verlag der Nation mit die Endlichkeit des Lebens. außerdem tat mir niemand gewinnen. Die Kunst der Ver- denten. Das Bemerkenswerte „Genesung in Jelabuga“ ein Alles Kostbarkeiten – und in Böses. Als säße ich im engen knappung beherrscht sie virtuos: an diesem Vorhaben ist, wie viel gelesenes Buch verfasst Steineckerts Schilderungen oft Käfig, so fühlte ich mich (…) Anstatt Geschichten zu erzählen, schon bei der Besprechung des hat)), auch über die Deutschen ironisch durchdrungen, da zu- und die Freunde standen alle auf übermittelt sie Eindrücke, Ge- vorhergehenden Bandes „Rus- in Transkaukasien sowie über gleich voller Verweise auf die der Seite dessen, der mir nichts rüche, Anblicke, körperliche slands Gedächtnis“ dargestellt das Leben der deutschen Rake- Allgegenwärtigkeit einer entzau- Schlimmeres tat, als nicht geliebt Empfindungen – und Gespräche. (2003, siehe LN vom 19. 3. tenspezialisten im nordrussi- berten Welt. zu werden.“ Des Volkes Stimme im so 2003), dass Jugendliche das schen Gorodomlja nach dem Doch ihre Absicht ist es nicht, Damit ist sie kaum Sympathie- genannten deutschen Herbst Leben einfacher Menschen an Zweiten Weltkrieg weiß man jemanden auf literarischem We- trägerin und Identifikationsob- klang dabei selten so grausam Knotenpunkten der Geschichte hierzulande wenig. Leider er- ge zur Verantwortung zu ziehen, jekt schon gar nicht. Sie ist ein authentisch. beider Länder erforschen: so klärt die Herausgeberin noch und schon gar nicht sich selbst. Alltagsmensch, rückblickend auf • SYLVIA WOHLFELD das Schicksal der Deutschen in einmal in oberlehrerhafter Wei- Es genügt ihr, sich in einer ihrem ein Leben, in dem es Hass gege- Gisela Steineckert: Die blöde- Russland in der Stalinzeit und se jeden einzelnen Beitrag. Roman angemessenen Kurzwei- ben hat und vermutlich irgend- sten Augenblicke meines danach, das Leben unter deut- Und ob Wolfgang Büschers im ligkeit als schuldbeladene und wie auch Liebe. Es hat auch Lebens. Verlag Neues Leben, scher Okkupation, die Stellung Geleitwort geäußerte These verlorene Seele erkennen zu Freundschaft gegeben und Lust Berlin 2006. 223 S.. 19,90 Euro der Bevölkerung zu den deut- vom permanenten „75-jährigen schen Kriegsgefangenen, das deutsch-russischen Krieg“, so olfgang Schreyer, Jahrgang grundwissen und viele Details Schicksal der Ostarbeiter in griffig das klingen mag, wirk- W1927, hat seit 1954 zeitge- Krimineller als nicht nur zum 11. September, Deutschland usw. Die meisten lich stimmt, ist sehr zu be- schichtliche Romane geschrieben. sondern zur US-Politik seit Pearl Berichte machen die emotiona- zweifeln, zumal für ihn die Spannung pur ist sein Markenzei- jeder erdachte Harbour akribisch zusammenge- le Betroffenheit der Verfasser DDR nicht stattfindet. chen. Und da er seine Stoffe der tragen zu haben. Das Ergebnis ist deutlich, zeigen aber auch, wie • E. HEXELSCHNEIDER Wirklichkeit entnimmt, sind auch Krimi ein atemberaubendes Buch über schwer es ihnen fällt, sich zu- Irina Scherbakowa (Hrsg.): seine Akteure nicht gepilchert die zahllosen Rätsel, die der 11. nächst überhaupt ein allgemei- Unruhige Zeiten. Lebensge- oder nach dem Muster „Gut- Der Mitautor, mit dem er erstma- September aufgab. nes Bild über historische Zu- schichten aus Russland und Böse“ gestrickt, es sind echte lig mit diesem Buch in die Öf- • H. SÄNGER sammenhänge und die kompli- Deutschland. Mit einem Vor- Menschen in konkreter Situation fentlichkeit tritt, ist sein 50 Jahre Wolfgang & Paul Schreyer: zierten deutsch-russischen Be- wort von Wolfgang Büscher. unter Extrembedingungen. Womit jüngerer Sohn, dem das Ver- Die Legende. Was am 11. Sep- ziehungen zu machen. Hinter edition Körber-Stiftung, er nachweist, dass die Wirklich- dienst zukommt, auf Grundlage tember geschah. Roman. Das diesem Selbstverständigungs- Hamburg 2006. 319 S.,14,00 keit spannender und krimineller eines mehrjährigen umfangrei- Neue Berlin 2006. 302 S., prozess tritt der unmittelbare Euro. ist als jeder erdachte Krimi. chen Literaturstudiums Hinter- 14,90 Euro

unmehr zum vierten mal in Folge hat samen Flughafens von Halle und Leipzig Nder Leipziger Lehmstedt-Verlag sei- Leipziger historischer in Schkeuditz am 27. April 1927, die Ein- nen historischen Kalender vorgelegt, der weihung des Thüringer Bahnhofes vor sowohl Taschenkalender als auch Stadt- 150 Jahren am 11. Juli und die Gründung chronik, Lesebuch und Nachschlagewerk Kalender 2007 des Edeka Waren-Einkaufsverein Leipzi- ist. Dazu tragen neben den rund 700 ge- ger Kaufleute vor 100 Jahren am 21. nannten runden bzw. halbrunden Jubiläen dienstvollen Stadtbaurat Hubert Ritter, den Markgraf Dietrich von Wettin und Oktober, der Stadtgeschichte vor allem 26 essayar- den bekannten Verleger Anton Philipp den Rauchwarenhändler und Stifter Bewährte Autoren verbürgen für inhaltli- tige Kalenderblätter bei. Reclam, den Gewandshauskapellmeister Chaim Eitingon. che Solidität und sprachliche Gediegen- Die personengeschichtlichen Beiträge Kurt Masur, den Begründer der Experi- An stadtgeschichtliche Ereignisse erin- heit. Der neue Kalender ist wiederum für behandeln den Musikverleger Friedrich mentalpsychologie Wilhelm Wundt, den nern solche Essays, um nur einige zu nen- Jung und Alt bestens zu empfehlen. Hofmeister, den Zeitschriftengründer und Nestor der Herzchirurgie Martin Herbst, nen, wie: Die Eröffnung des Studenten- • KURT SCHNEIDER Philosoph Otto Menke, den Künstler von den Bildhauer Carl Seffner, den Märtyrer clubs Moritzbastei am 2. Februar 1982, Leipziger historischer Kalender 2007. Weltruf Max Klinger, den namhaften der deutschen Demokratie Robert Blum, die des neuen Schauspielhauses am 1. Lehmstedt Verlag, Leipzig 2006. 224 Germanist Hans Mayer, den Nobel- den ev. Studentenpfarrer Siegfried März 1957, die der neuen Kleinmesse vor Seiten, 50 Abb., Festeinband. 9,90 preisträger Wilhelm Ostwald, den ver- Schmutzler, den Physiker Robert Döpel, 100 Jahren am 7. April, die des gemein- Euro

s ist durchaus zukunftsbestimmt, denten Asteris Kutulas im Januar 1990) Ewenn Erik Eberhard von der Wiener illusionslos feststellt: „Das Tragische ist, „Arbeitsgruppe Marxismus“ die Nach- Über Griechenlands Linke dass wir unterm Strich eigentlich froh kriegsgeschichte Griechenlands vorran- sein müssen, den Bürgerkrieg verloren zu gig unter dem Gesichtspunkt der durch haben. Denn stell dir vor, was unsere die Führung der Linken zu verantworten- tionäre Nachkriegsordnung hätte abge- Massendemonstrationen zur Etablierung ‚Genossen‘ aus Griechenland gemacht den verpassten Chancen betrachtet. So wendet werden können. Aber: die KP- einer Volksregierung niederschlugen, hätten! Wir hätten womöglich das ‚bulga- hätte seinem Verständnis nach beispiels- Führung habe die Durchführung der Akti- weil stets – so E. Eberhard - „die Bourge- rische Modell‘ oder gar ‚rumänische Ver- weise die nationale Konferenz vom 26. on untersagt. Geschah das zu Unrecht? oisie alle Register zur Verteidigung ihrer hältnisse‘ gehabt.“ Ein unendlicher, de- Dezember 1944 in Athen (die Stadt war Zweifellos wäre ja wohl Moskau als Ver- Klassenherrschaft zieht und nur so lange primierender Diskussionsstoff. Aber bereits seit dem 14. Oktober befreit) eine ursacher dieses Coups ins Visier geraten demokratisch ist, wie die ‚Demokratie' wenn das Buch gelesen wird, um über Wende bringen können. Churchill, Eden, zu einem Zeitpunkt, als Hitlerdeutsch- ihre Herrschaft sichert“. alten Streit und anhaltende Zerstrittenheit führende Militärs und Premierminister land noch nicht bezwungen und Atom- Es unterliegt keinem Zweifel, dass in hinweg heute zu konstruktivem Mitein- Papandreou tagten im Hotel Grande Bre- bomben – auf Japan – noch nicht gefallen Griechenland nach dem Krieg an sich ander unter Gutwilligen zu finden, erfüllt tagne, mitten im Zentrum der griechi- waren. Somit bleibt vom Athener Dezem- günstige Bedingungen für eine freie es eine wichtige Aufgabe. schen Hauptstadt. Eine radikale Gruppe ber 1944 in belastender Erinnerung, dass demokratische Entwicklung bestanden • HORST MÖLLER der Volksbefreiungsarmee hatte das kampferfahrene und gut ausgerüstete bri- haben. Und dennoch sei in diesem Gebäude untertunnelt und mit soviel tische Soldaten (unterstützt von rechten Zusammenhang auf Mikis Theodorakis Erik Eberhard: Revolution und Konter- Dynamit vollgestopft, dass durch eine griechischen Verbänden) unter Einsatz verwiesen, der (in einem Gespräch mit revolution in Griechenland. Wien spektakuläre Aktion die geplante reak- von Panzern und der Royal Air Force die dem früheren Leipziger Germanistikstu- 2005. 590 S., 18 Euro LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 BÜCHER • 19 Brechts Abgehoben, realitätsfremd Kinder- Eindrücke beim Lesen der Schröderschen Erinnerungen

buch egenwärtig scheint es für Der erste der drei Bände er- menhang mit dem Wahlkampf Gmanche deutsche Medien schien im November 1898, der 2002, wo er vor 8000 Dresdnern Es ist schon einige Zeit nichts Aufregenderes zu geben dritte – die Abrechnung mit dem sprach. Von den DDR-Politikern her, da wurde doch in als Schröders Erinnerungen. Kaiser – gar erst 1921, als Wil- nennt er Walter Ulbricht, weil einer hiesigen Tages- Bild und Spiegel veröffentlich- helm II. schon im holländischen der ein freies Aufmarschgelände zeitung tatsächlich ein ten Vorabdrucke, der Ex-Kanz- Exil lebte. Bismarcks Memoiren in Berlin gebraucht habe. Der Mann regelrecht gefei- ler ist auf großer Tournee, kaum waren (wie die Churchills) an- Palast der Republik sei ein ert, weil er für seine eine Talk-Show, die ihn nicht spruchsvolle Literatur. „architektonischer Fehltritt“ Kinder in der DDR einlädt. Das erste Buchexemplar Konrad Adenauer hat Jahre, gewesen, ein „Koloss“, für noch Mühe/Leidenschaft nicht eigene Kinderbücher schrieb, erhielt Kai Dieckmann, der viele Mitarbeiter und acht Schröder „unziemlich und grob“. noch Verstand/Daß ein gutes die nun, in der Freiheit, endlich Bild-Chefredakteur. Eine re- Bände gebraucht, um seine Schröder hat in Warschau einen Deutschland blühe/wie ein andres verlegt werden konnten. Schön. nommierte Zeitung lobte: „Die Sicht auf die Geschichte darzu- Kranz niedergelegt und an die gutes Land ...“ Oder gar das „Lob Wäre da nur nicht der Grund für beste PR-Kampagne seit Harry stellen. berühmte Geste Willy Brandts des Kommunismus“. Armer seine Schreibarbeit: In der DDR Potter“. Das alles ist bemerkens- Erst 2005 veröffentlichte der erinnert, er war auf dem Sol- Mann. gab es ja nichts, was man Kin- wert genug, um zu fragen: Vorgänger Schröders, Helmut datenfriedhof in St. Petersburg. Aber zum Glück gibt es auch dern anbieten konnte. Warum diese organisierte Auf- Kohl, den zweiten Band seiner Er schwärmt von Putin. Aber aufgeschlossenere Eltern. Und Man würde sich auf das Niveau merksamkeit? Erinnerungen, die die Jahre weiß er etwas über die Vor- die dürfen sich freuen, dass die- dieses Mannes begeben, käme Dazu gesellen sich Fakten: Kein 1982-1990 umfassen. leistungen der DDR für die Ver- ses Lesebuch dem Vergessen man ihm jetzt mit ganz anderen früherer Kanzler hat seine Den meisten Memoiren von söhnung mit den osteuropäi- entrissen wurde und beim Auf- verlegerischen Tatsachen. Und, Memoiren so schnell geschrie- Politikern ist gemeinsam, dass schen Nachbarn? Wer findet bau-Verlag neu herausgekom- wahrscheinlich verbohrt, wie er ben. Keiner hat schon vorher sie ihre Politik nachträglich glo- eine Bemerkung über negative men ist. Wieder wunderbar ist, wäre Brechts Kinderbuch – verkündet, dass er beim Verkauf rifizieren und die Gelegenheit Folgen der „Wiederver- phantasievoll illustriert von Eli- erstmals erschienen 1965 beim Rekordzahlen brechen will. nutzen, um mit den Gegnern einigung“ in Ostdeutschland, z. zabeth Shaw. Kinderbuchverlag der DDR – (Lafontaines 310 000 für „Das abzurechnen. Was die Gegner B. über das verhängnisvolle Diese Textauswahl mit absurden für ihn wirklich ein Greuel: so Herz schlägt links“ sind zu über- anbetrifft, sind es bei Schröder Wirken der Gauck- Behörde? Geschichten, frechen Liedern, viel Politik; allein diese Kinder- treffen.) Einen Historiker reizen vor allem Lafontaine und Ge- Die Ostdeutschen existieren für Gedichten, Erzählungsausschnit- hymne „Anmut sparet nicht Vergleiche, zuerst mit dem werkschaftsführer. Was seine Schröder nur in einer Episode, ten ist einfach fabelhaft und Eisernen Kanzler. Nachdem Glanztat betrifft, sieht er sich beim Elbehochwasser im ein Schatz für jedes Kinder- Otto von Bismarck Anfang 1890 selbst als deutscher Friedensbe- August 2002, das Schröder im zimmer. Wobei Eltern und vom jungen Kaiser Wilhelm II. wahrer im Irakkrieg. Seine per- Wahlkampf nutzte (ein Foto Großeltern sich ebenso fest- in Ungnaden entlassen worden sönliche Schuld als Kanzler der zeigt ihn mit Milbradt). lesen werden. war, begann er im Oktober 1890 rotgrünen Koalition an der Teil- Ein abgehobener Politiker, rea- Allein diese Geschichte Lothar Bucher, einem 48er und nahme Deutschlands an der litätsfremd, der bekundet: „Auf- vom Herrn K, dessen Wir- späteren Diplomaten, seine Aggression gegen Jugoslawien geschrieben habe ich, was mir tinnentochter ihn fragte Erinnerungen zu diktieren. vernebelt er hinter Triaden für wichtig schien“. „Wenn die Haifische Men- Bucher vermerkte über Bism- gegen Milosewitz. • HORST SCHNEIDER, schen wären, wären sie arcks Erinnerungen: „Bei nichts, Einen Sachsen interessiert DRESDEN dann netter zu den kleinen was misslungen ist, will er betei- natürlich, wie er den „Auf- Fischen?“ ersetzt ganze ligt gewesen sein, und niemand schwung Ost“ wertet und auf die Gerhard Schröder: Entschei- Lehrbücher. • M. W. lässt er neben sich gelten.“ DDR-Geschichte blickt. Prüfe dungen. Mein Leben in der Bismarck hat bis zu seinem jeder Dresdner und Leipziger Politik. Hoffmann und Cam- Bertolt Brecht. Ein Kinder- Tode am Text gefeilt, der litera- selbst, wie kläglich das Ergebnis pe. Hamburg 2006, 512 Sei- buch. Aufbau Verlag, 2006. risch eine Meisterleistung ist. ist. Dresden nennt er im Zusam- ten, 25 Euro 237 S., 16,90 Euro Anzeige

Die Seminare finden in Leipzig statt und 60 Jahre nach der letzten Einheitspartei · dauern jeweils von 10 bis 14 Uhr. Selbst- DR. STEFAN BOLLINGER · 9. Juni 2007 verständlich ist auch die Teilnahme an ein- Tagungsort zelnen Seminaren möglich. Wegen der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen e.V. Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 20 ist Harkortstraße 10 · 04103 Leipzig eine Anmeldung erforderlich (die Reihen- folge des Eingangs der Anmeldung ent- Tagungsbeitrag Seminarangebot scheidet über die Berücksichtigung). Pro Seminar wird ein Teilnehmerbeitrag von 5 € erhoben. THEMEN UND TERMINE Teilnahmebestätigung Parteibildungsprozesse I Auf der Suche nach einer effektiven Die angemeldeten Teilnehmer erhalten eine Organisations- in der deutschen Bestätigung und weitere Informationen. form · PROF. DR. WOLFGANG SCHRÖ- Arbeiterbewegung DER · 20. Januar 2007 Seminargrundlage ist die Publikation: Par- II Einheit und Vielfalt der proletarisch- teibildungsprozesse in der deutschen Arbei- sozialistischen Parteibildung im letzten terbewegung. Hrsg. von Klaus Kinner. Rosa- WOLFGANG BITTNER, gelegent- Ein neuer Parteibildungsprozess befindet lich auch Autor für LN, ist ein pas- sich in Deutschland auf dem Weg Drittel des 19. Jahrhunderts · PROF. DR. Luxemburg-Stiftung Sachsen 2006 (Texte zur politischen Bildung. H. 36). 123 S. sionierter Weltanschauer und ein JUTTA SEIDEL · 10. Februar 2007 unermüdlich Lesender. Und an Die aktuellen Prozesse der Entwicklung der III Der politisch-ideologische Differenzie- Kostenbeitrag: 7 Euro, Mitglieder der beidem lässt uns der promovierte Linken in Deutschland drängen zu Fragen rungsprozess in der deutschen Arbeiterbe- Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen 5 Euro. Jurist auch mit seinem neuesten an die Geschichte. Die Herausbildung und wegung während des Ersten Weltkrieges Nach Eingang Ihrer Teilnahmebestätigung Essay- und Vortragsband teilha- und seine organisatorischen Auswirkungen. senden wir sie Ihnen zu (Preis 5 Euro , mit ben. Weil er auf den Widerhall in Entwicklung der Arbeiterbewegung, der der Erfahrung seiner Leser setzt, deutschen wie der internationalen, war PROF. DR. KURT SCHNEIDER · 17. März Rechnung). Sollten Sie bereits im Besitz weil das Buch Menschen mitein- immer ein Prozess der Formierung, der 2007 der Broschüre sein, vermerken Sie dies bitte ander verbindet – weil er eine Brüche und Spaltungen, der Neukonstitu- IV Der deutsche Parteikommunismus – auf der Teilnahmebestätigung. gerechtere Welt will. So entführt ierung. Konstituierung, Brüche, Spaltungen im Par- er den Leser in seine Kanada- Es war immer ein mühsamer und wider- teibildungsprozess · Anmeldung (jeweils einen Monat vor dem Abenteuer ebenso wie in die Welt Seminartermin) unter der Abenteuerliteratur, sinniert er spruchsvoller Prozess. Es ist nützlich, einen PROF. DR. KLAUS KINNER · 28. April über Lesekultur und hat eine Blick auf die Geschichte dieses Prozesses 2007 Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen e.V. schlesische Botschaft parat. Ein zu werfen und dabei nicht nur das 20. und V Die Gründung der SED. Ein Fazit mit Harkortstraße 10 · 04107 Leipzig schmaler Band, der reich macht. 21. Jahrhundert ins Auge zu fassen. dem Abstand von sechs Jahrzehnten · Tel: 0341 9608531 • MX Das einzig sichere Wissen über die Zukunft PROF. DR. GÜNTER BENSER · 19. Mai Fax: 0341 2125877 Wolfgang Bittner. Schreiben, ist unsere Kenntnis der Vergangenheit, so 2007 Rosa-Luxemburg-Stiftung.Sachsen@t-onli- Lesen, Reisen. Essays und Vor- träge. Athena-Verlag, Ober- relativ sie sein mag. VI Schon wieder eine Einheit, aber anders? ne.de hausen 2006. brosch. 113 S. 20 • FEUILLETON LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

s war ein Jahr der Gedenktage für zo und Finale“ und der „Frühlingssinfo- auch der von Todesgedanken durchdrun- zo sind von ernsten Gedanken durchdrun- Edrei überragende Komponisten: für nie“ die oft unterschätzte „Rheinische“ genen letzten, der fünfzehnten Sinfonie gen. In so konzentrierter Abfolge wurde Wolfgang Amadeus Mozart (250. Ge- besonders eindringlich und nachhaltig. gewachsen. Beim leichtfüßigen, wohl zum Ereignis, welchen Reichtum der burtstag), Robert Schumann (150. Todes- Der Blechbläserklang dieser Instrumente von Jugenderinnerungen geprägten ersten Komponist auch auf diesem Gebiet tag) und Dmitri Schostako- schuf. Während die Sinfonien witsch (100. Geburtstag). Der einen musikalischen Makrokos- Kalender legte nahe, die konzer- mos bilden, sind die Streichquar- tanten Würdigungen Mozarts Ein denkwürdiges Musikjahr tette als kammermusikalischer im ersten Halbjahr, die für die Mikrokosmos zu verstehen. anderen Meister im zweiten zu gestalten. und die Art, wie ihn Herreweghe model- Satz ließ er Beziehungen zur ersten Sin- lierte, gab dem von Schumann als „feier- fonie aufblitzen, vermittelte aber auch, arl Amadeus Hartmann, der bedeu- lich“ bezeichneten vierten Satz einen bis- dass ernste Gedanken dahinter stecken. Ktendste deutsche sinfonische Zeitge- lang kaum so gehörten ergreifenden Aus- Dieses Schweben zwischen gelöstem und nosse Schostakowitschs, wird leider in Von WERNER WOLF druck. Das lebenssprühende Finale ernsten Musizieren kennzeichnete auch Leipzig noch immer zu wenig beachtet. erklang da-gegen mit beglückender die Gestaltung des knappen dritten Sat- Im Vorjahr war zum 100. Geburtstag die- Leichtigkeit. zes. Doch das tragische Geschehen im ses großen Meisters keine einzige Sinfo- Für den Abschluss der Schumann-Ehrun- von schmerzlicher Klage erfüllten zwei- nie in Leipzig zu hören. Und die für das gen hatte das Gewandhaus Philippe Her- ür das die Schostakowitsch-Ehrung ten Satz und der sich erschütternd auf- jüngste Rundfunkkonzert angekündigte reweghe mit seinem Orchestre des Fbeschließende Konzert verpflichtete bäumenden Passacaglia im Finale „Zweite“ fiel der Erkrankung Fabio Lui- Champs-Elysées eingeladen. Nach den das Gewandhaus den temperamentgela- bestimmte letzlich dieses sinfonische sis zum Opfer. Hartmann gehört unbe- von Riccardo Chailly mit dem Gewand- denen dänischen Dirigenten Thomas Vermächtnis und wurde von Dausgaard dingt in ein Entdeckerkonzert. Immerhin hausorchester gespielten, für das heutige Dausgaard. (Merkwürdig, dass Riccardo und dem Orchester mit bezwingender war in besagtem Rundfunkkonzert Instrumentarium durchaus im Sinne Chailly vom russischen Meister nur das Kraft erfühlt. wenigstens das ergreifende Concerto Schumanns geschaffenen Einrichtungen erste Klavierkonzert und die zweite Jazz- Wenige Tage vorher beendete das funebre mit der vorzüglichen Geigerin von Gustav verdeutlichte dieses Konzert Suite, aber keine Sinfonie dirigierte.) Gewandhaus-Quartett den Zyklus mit Arabella Steinbacher unter Leitung des mit Instrumenten der Schumann-Zeit, Dausgaard begann den Abend mit der allen 15 Streichquartetten Schostako- kurzfristig gewonnenen, überlegen diri- welch verschiedene Interpretationen ersten Sinfonie. Seine spürbare Freude an witschs, an dem mehrere Ensembles des gierenden Spaniers Miguel Gomez möglich sind. Fraglos hat der Klang der diesem Geniestreich des 19-jährigen Hauses beteiligt waren. Wie die 15. Sin- Martinez zu erleben. Originalinstrumente, wenn er ihnen von Komponisten übertrug er mit herausfor- fonie erweist sich auch das letzte Streich- Jetzt bestimmen gut besuchte oder aus- Spezialisten wie Herreweghe entlockt dernder Gestik auf das glänzend aufspie- quartett als ein Werk des Abschieds. verkaufte Aufführungen des Bachschen wird, seinen besonderen Reiz. So gestal- lende Orchester. Selbst die an zweiter Stelle stehende Weihnachtsoratoriums das Leipziger Mu- tete der Dirigent nach „Ouvertüre, Scher- Der noch junge Dirigent zeigte sich aber Serenade und das ihr folgende Intermez- sikleben.

urz vor Schließung des Zuschauer- heikle Akustik des Opernhauses nicht gehend von der szenischen und musikali- Kraumes im Opernhaus wurde noch bedacht. Zudem bekommt die strecken- schen Gestaltung ab. Und für die sind Hilfe, die Globolinks! rasch Franz Lehárs unverwüstliche weise hektische Betriebsamkeit in Spiel Künstler am Werk, die genau wissen, wie „Lustige Witwe“ mit der Hoffnung auf und Tanz dem Stück nicht sonderlich und Lehár-Operetten gespielt werden müs- ALS WEIHNACHTSÜBERRASCHUNG klingende Kassen in den Vorweihnachts- widerspricht der höchst einfallsreichen, sen: der Regisseur Wolfgang Lachnitt, bescherte die Mendelssohn-Hochschule und ihm folgenden Silvestertrubel ge- walzerseligen Musik Lehárs. Die Verle- der Dirigent Roland Seyffarth wie auch für Musik und Theater im Hause am hievt. Uneingeschränkt für diese Auf- gung der Handlung von Paris in das pseu- der die hier besprochene Aufführung lei- Dittrichring eine quicklebendige Stu- führung werben kann man dank der für dopariserische Hotel Paris mit nachge- tende Co-Dirigent Stefan Diederich. dio-Aufführung von Gian Carlo Menot- die Titelpartie gewonnenen Wo die Geschichte ins Senti- tis Oper für Kinder und Leute, die Kin- großartigen Gabriele Fonta- mentale umkippen könnte, der mögen, „Hilfe, Hilfe, die Globo- na, weiterer guter gesangli- schafft leichte Ironie Distanz. links!“. cher Leistungen und des LehárLehár doppeltdoppelt gehörtgehört Dabei finden Mehrzad Monta- Das einstündige Werkchen nimmt die unter Frank Beermann be- zeri als Paganini und Marion Angst vor gefährlichen außerirdischen schwingt musizierenden Ge- Costa als Anna Elisa auch im Wesen, die Teile Amerikas besetzt wandhausorchesters. Nicht nur das Lied stelltem Eifelturm in Las Vegas bringt Gesang stets den richtigen Tonfall, eben- haben sollen, gehörig auf die Schippe. vom Waldmägdelein singt die Fontana inhaltlich nichts Schlüssigeres als das falls Kathrin Göring als Bella Giretti. Nur durch Musik können diese seltsa- bezaubernd, vom Orchester ebenso Original. Schließlich wissen die Theater- Und immer wieder sorgen Paganinis kau- men Wesen vertrieben werden. Zuerst bezaubernd begleitet. Sie lässt auch die besucher von heute eh schon, dass es vor ziger Impressario (Karl Zugowski) oder hilft einer auf dem Weg befindlichen Entwicklung dieser Frau erleben. Neben hundert Jahren in Paris genauso um die der täppisch werbende Marchese Pimpi- Schulklasse die singende und Geige ihr überzeugen Robin Adams als Danilo, Millionen dieser famosen Witwe ging nelli (Andreas Rainer) mit ihren echt spielende Emily (Katharina Schrade). Ainhoa Garmendia als Valencienne, wie es nun in amerikanischen Las Vegas komödiantischen Auftritten für Aufhel- Dann mobilisiert die Musiklehrerin Tomasz Zagorski als Camille de Rossilon überzogen vorgeführt wird. lung. Der spielfreudige Chor (Einstudie- Madame Euterpova (Nadja Mchantaf und Artur Korn als Mirko Zeta und wei- rung Wolfgang Horn) und das Ballett alternierend mit Sandra Hrabluik) das tere Sänger. wei Wochen vor dieser amerikani- (Choreographie Mirko Mahr) tragen das Lehrerkollegium der Schule und rettet Doch die Regie Francisco Negrins sowie Zsierten „Lustigen Witwe“ kehrte nach Ihre zu diesem erheiternden Thea- musizierend und marschierend die die Bühnengestaltung Rifail Ajdarpasics langer Pause eine andere Lehár-Operette terabend mit den Atmosphäre schaffen- bedrohte Klasse. Der Chemnitzer Sän- und Ariane Isabell Unfrieds fördern die in das Haus Dreilinden zurück: „Pagani- den Bühnenbildern von Bernd Franke ger und Regisseur Matthias Winter Anziehungskraft des Stückes leider weni- ni“. Der Hauptlibrettist Paul Knepler und Kostümen von Imme Kachel bei. So setzte diesen Spaß mit wenig Mitteln in ger. Da geht es nicht nur in den Dialogen stützte sich für diese empfindungsreiche wirkt die um gut 20 Minuten längere Szene und führte die beeindruckenden holprig zu, die Negrin als Ausländer Tor- Künstler- und Liebesgeschichte am Hofe Aufführung des „Paganini“ kürzer als die Sänger zu mitreißender Spiellaune. An sten Duit überließ. Der wusste nämlich der Fürstin Anna Elisa Bacciocchi zu der „Lustigen Witwe“. Hoon Song leitete das musikalische damit auch nicht viel anzufangen und hat Lucca durchaus auf manche Fakten. Ob Geschehen sicher. • - LF wohl auch die für das gesprochene Wort das ins Rührselige abgleitet, hängt weit- • W. W.

ein zehnjähriges Bestehen probte umzusetzen und auszu- Spirituals „erklingen“. Ganz Da es uns an Glauben fehlt, mangelt es uns an Sfeierte am 1. Advent der Ge- probieren. 1991 gegründet zog oben in der Hitliste findet sich Vertrauen. Wir unterwerfen uns dem Konsum und bärdenchor des Berufsbildungs- das Berufsbildungswerk nach das weltbekannte „Happy Day“ huldigen einer exhibitionistischen Prominenz. Im werkes für Hör- und Sprachge- Knauthain, an die westliche Pe- (Oh, glücklicher Tag). Durch die Detail wissen wir alles, im großen Ganzen nichts. Wir schädigte. ripherie der Messestadt. Zu den wunderbare, einmalige Art ihrer sind wie zu schnell groß gewordene Kinder, die sich Die jungen Leute trafen Interpretation von Tönen mit vor der Erfahrung klug wähnen. Indem wir dem sich zu ihrem Geburts- Hilfe von Gebärden bekom- rattenfängerischen Fortschritt hinterherlaufen, tag im Leipziger Ring- Musik ohne Töne men Menschen, denen sonst entgehen wir der Klärung des Augenblicks und ver- Cafe. Beheimatet ist der Chor in Unentwegten gehören heute die Musik versagt ist, sinnliche säumen die Lust uns selbst zu begegnen. Es ist ein Leipzig-Knauthain. Bei einem acht bis zehn junge Leute. Weit- Eindrücke, die in ihren Alltag weitgehend sinnentleertes Leben, das unsere ersten Auftritt in Dresden, das aus mehr waren im Ring-Cafe bereichern. Auch eine neue und war 1996, wurden junge Ge- bei dem „Chor-Auftritt“ dabei intensive Art von Kulturerfah- Wurzeln in unserer Geschichte, Kultur und Religion hörlose und Schwerhörige aus und waren begeistert. rung. Es erfordert viel Übung verkümmern und uns in Umtriebigkeit und Spaßsucht Leipzig ermutigt, zu Hause Das Programm bestimmen die und Sensibilität dieses gestische zu Marionetten werden lässt. In atemberaubender Ähnliches zu beginnen. Sänger selbst. Dabei werden un- Gestalten zu erlernen. Inzwi- Geschwindigkeit katapultieren wir uns selbst ins Aus. Ramona Trapp und Claudia terschiedlichste Musikszenen schen entwickelten sich auch Winkler, zwei pädagogische beachtet und vorgestellt. Quer die Leipziger „Sänger“ zu Kön- GUNTER PREUß Mitarbeiterinnen und Gebärden- durch die Jahrhunderte und es nern. Das Singen mittels Gebär- Aus „Clownstränen“ ( Sinn- und Unsinnsprüche), dolmetscherinnen, ergriffen die gibt keine Grenzen im Genre. den bereitet ihnen selbst und erscheint 2007 im "Plöttner-Verlag", Leipzig.) Initiative, um auch in ihrer Hei- Rhythmusbetonte, zeitgemäße anderen auch viel Muße und matstadt das in Dresden Er- Melodien, Kirchenlieder und Muse. • H. G. LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 FEUILLETON • 21

ie schweren Glastüren des ecki- Lenbach „Bildnis Fritz von Harck“ gen Kunstkolosses – auch be- (1879), der Portraitierte war ein Onkel Dkannt als Museum der bildenden von Karl-Eduard von Schnitzler. Wir Künste Leipzig – hinter mir gingen zu. träumten uns hinein in den „Schmadri- Der Handlauf im Treppenhaus berührte bachfall im Lauterbrunner Tal“ (Joseph meine Finger. Mit dem Fahrstuhl ging es Anton Koch, 1811), schwelgten im tür- nach oben. Zur Kunst des neunzehnten kisfarbenen „Mühlental bei Amalfi“ Jahrhunderts. Mich schien jemand am (Karl Blechen, 1831), waren betroffen, Ärmel zu zupfen. Ich drehte mich um. Nie- ewig gemahnt und gewarnt von „Opfer mand! „Hallo?“, rief ich. Wieder spürte des Faschismus I“ (Hans Grundig, 1946), ich einen Ruck und spähte in die andere glaubten mit „Frucht der Liebe“ (Will Richtung. Dort sah ich sie! Ein schöne, Semmi) an das Leben. Vor Werner Tüb- junge Dame. Ihr braunes Haar mit einem kes „Erinnerung an Sizilien“ (1974) quol- güldenem Diadem geschmückt. Sie trug len Tränen aus Mignons hell schimmern- ein weißes, transparentes Gewand mit dem Gesicht. Ich reichte ihr mein Ta- Gürtel, dazu zwei Engelsflügel. In der schentuch. Heimweh schmerzte. Wir Hand eine Laute. „Kennst du mich schmunzelten bei der „Allegorie der nicht?“ Vor Schreck konnte ich nichts Malerei“ (unbekannter Künstler, 18. erwidern. „Gestatte, dass ich mich vor- Jahrhundert) über die Besessenheit und stelle: Mein Name ist Mignon.“ Ich sah Schönheit und Hässlichkeit. Mignons auf das Schild neben dem Bilderrahmen, Blicke fochten gleich darauf einen Eifer- dem sie entstiegen war, und fasste mich. suchtskampf mit einer attraktiven Blondi- „Dein Vater ist Friedrich Wilhelm von ne im himmelblauen Gewand aus: „Die Schadow.“ „Das ist wahr. Geboren bin hl. Maria Aegyptiaca“ (Francesco Trevi- ich 1828.“ Gut gehalten – aber das sagte sani). ich ihr nicht. Sie begann mit der Laute zu „Komm, lass uns mal ausruhen“, be- spielen. In feinstem Tone sang sie: schwor ich Mignon. „Kennst du das Land, wo die Zitronen „Kunst braucht Muße und Muse. Auch blühn, im dunkeln Laub die Goldorangen die Kunstbetrachtung. Zum Verweilen glühn, ein sanfter Wind vom blauen Him- schön sind die Lichthöfe, die hellen Ter- mel weht, die Myrte still und hoch der rassen mit den Ausblicken auf das alte Lorbeer steht, kennst du es wohl?“ Ich Leipzig.“ Wir setzten uns an die Brühl- konnte es nicht glauben und doch war sie Seite. Mignons Blick fiel auf die bunten zum Greifen nah. „Und nun?“ „Ich werde Stoffbahnen von Fischer-Art. „Weißt du, dir mein Reich zeigen.“ „Als Jahreskar- mir gefällt das überhaupt nicht. Was sind tenbesitzer kenne ich mich aus.“ das für Zeiten. Kommerz-Comics werden WWeihnachteihnachtsengelsengel MignonMignon Ein wahrlich traumhafter Museumsrundgang

Sie schien beleidigt. „Du verschmähst für Kunst gehalten. Wenn ich an meine mich?“, flüsterte sie. Ich schüttelte den Freunde Corinth, Blechen und Koch Kopf. „Dann komm!“ Wir eilten durch denke – was waren das für Maler.“ „Ich die Säle und Höfe und die Galerien. Vor hätte Lust auf einen Kaffee oder eine einem Bild blieben wir stehen. „Ist das heiße Schokolade. Darf ich meine holde nicht wie in Fausts Studierzimmer?“ Begleiterin einladen? Du bist so blass, („Alchimist mit seiner Frau im Laborato- dass dir eine Stärkung nicht schaden rium“, David Ryckaert, 1648). Mignon könnte.“ liebte die Holländer und Flamen offenbar „Zu viel der Aufmerksamkeit. Ich labe genauso wie ich. Diese Meisterwerke mit mich an den Früchten, die Michael Went- den tausend Geschichten und dem Odem zel 1829 gemalt hat, Weintrauben, Ana- vergangener Zeiten. nas, Äpfel, nett angerichtet mit Blumen.“ Mignon schwieg, blickte nach unten. „In Ich wollte aufstehen. „Soll ich allein ins diesem Jahr blieben weniger Besucher Museumscafé gehen?“ Mignon atmete vor den Schätzen stehen.“ „Ich habe tief: „Allein ja, aber das hiesige Café davon gelesen. Es war Fußball-Weltmei- empfehle ich dir nicht. Freundlichkeit sterschaft und die Sommersonne glühte.“ und Service lassen zu wünschen übrig. „Die Fußball-Ausstellung schreckte doch Gehe doch in die Buchhandlung ein paar mehr ab, genau wie der Schlingensief. Es Straßen weiter, dort gibt es Heißgetränke war so leer, dass ich durch das Museum umsonst. Studenten schwärmen davon.“ rasen konnte, ohne aufzupassen.“ „Gleich- So stürmte ich los und traf dort einen wohl, die Tischbein- und Tübke-Ausstel- Kumpel wieder, dem ich unbedingt lungen waren sehenswert.“ „Da stimme meine neue Museumsbekanntschaft vor- ich dir zu, Jüngling. Es reicht aber nicht. stellen wollte. Wir entronnen dem Weih- Viele Besucher wollen mehr DDR-Kunst nachtstrubel, den leuchtenden Bäumen, sehen und haben Pech. Die Abteilung zur den zuckrigen Buden. Hinein in das Par- verflossenen Republik war viele Monate alleluniversum der Bilder und Plastiken. geschlossen.“ „Ach Mignon, wenn es nur Wo war Mignon? Ich stürmte die Holz- das ist. Wenn sie zu sehen ist, dann im treppen nach oben. Ich zeigte auf das Bild Keller neben den Toiletten. Komm, jetzt von Schadow. „Hier ist sie. Sie hat mit zeige ich dir Bilder, die mir am Herzen mir gesprochen. Mein Gegenüber hielt liegen, in die ich versinken kann.“ Ich mich gerade noch rechtzeitig zurück, den führte Mignon zu einer anderen Dame. Rahmen anzufassen. „Mensch, ich glaube „Susanna und die beiden Alten“ von du brauchst Urlaub!“, herrschte er mich Nicolaes de Helt-Stocade, weniger an. Er schob mich davon, ich blickte vol- lüstern die Alten, weniger pikiert die ler Sehnsucht über meine Schulter. Zwin- Susanna. kerte mir Mignon nicht zu? Und dieser Wir streiften durch das Haus: Johann zarte Gesang? „So lasst mich scheinen, Peter Hasenclever mit seiner ironischen bis ich werde, zieht mir das weiße Kleid Trilogie rund um Hieronymus Jobs, nicht aus! Ich eile von der schönen Erde Franz von Stuck „Kreuzigung Christi“ hinab in jenes feste Haus.“ Ach Mignon! (1913), in der derben düsteren Art weit ins 20. Jahrhundert blickend, Franz von • TEXT UND FOTOS D. M. 22 • GESCHICHTE LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

as erste Jahr nach den Leipzig vor 60 Jahren: cher Arbeit 892 Paar Filzstiefel, Kriegsjahren war beson- 645 Stricksachen, 8975 Klei- Dders schwer. Fritz Selb- dungsstücke und 15 306 Wä- mann, damals Vizepräsident der Nüchterne Zahlen, die lebendige schestücke her. Landesverwaltung Sachsen, Wesentliche Veränderungen der stellte im Rückblick fest, dass Eigentumsverhältnisse in der sich in ihm alle Sorgen um die Geschichte schrieben Stadt waren erfolgt. Im Ergebnis nackte Existenz der Menschen, des Volksentscheides über die um ihre Ernäherung und Unter- Enteignung der Betriebe der kunft, um die Wiedererrichtung Nazi- und Kriegsverbrecher von Betrieben und Hunderttau- waren 104 Leipziger Betriebe senden zerstörten Wohnungen, mit 10 991 Beschäftigten in das die Bekämpfung von Schwarz- Eigentum des Volkes überführt handel und grassierenden Volks- worden. 57 beschlagnahmte Be- krankheiten, aber auch das Rin- triebe mit 16 763 Beschäftigten gen um die Überwindung der blieben vorläufig unter sowjeti- scher Verwaltung. Wichtig war Aufbauar- beiten am nach wie vor die notwendige Von KURT SCHNEIDER Querbahn- Veränderung des Produktions- steig des profils der Betriebe, das den Hauptbahn- Erfordernissen des wirtschaftli- geistigen Zerrüttung in den hofes chen Neuaufbaus entsprechen Köpfen der Menschen zusam- (1946) musste. mendrängten. „Was in diesem Jahr getan wurde“, notierte er, Schritt für Schritt zur „das wurde Geschichte, was Normalität versäumt wurde, war unwieder- Foto unten: Die Kriminalität in der Stadt, bringbar verloren.“ zeitgenös- begünstigt durch mangelhafte Vierzig Prozent des Wohnraums sisches Straßenbeleuchtung und stark in Leipzig waren im Bombenre- Plakat zerstörte Straßenzüge, zeigt eine gen vernichtet worden. Die fallende Tendenz. Gab es im Ja- Wirtschaft lag ein Jahr nach dem weitere Maßnahmen zur Betreu- Stadt große Bedeutung zu. Preis von 2 RM. Die Zahl der nuar 5897 und im August 7053 Ende des Krieges noch immer ung der Umsiedler erlassen. In Die Leipziger Theater und die Jugendheime erhöhte sich im Fälle, so sind es im Dezember zu großen Teilen am Boden. der Stadt gab es zu diesem Zeit- Konzerte des Gewandhauses Verlauf des Jahres von 14 auf 5036 Fälle. Die Zahl der schwe- Dennoch hatte im Mai 1946 die punkt 13 sogenannte Auffangla- hatten im Jahre 1946 über 1,7 28, von denen 20 mit einem ren Verbrechen ging um 58 Pro- erste Leipziger Frühjahrsmesse ger – fast ausschließlich in Millionen Besucher. Die im Aufwand von 120 000 RM voll- zent zurück. 220 Sondereinsätze stattgefunden. Die Zahl der Aus- Gasthöfen – für Umsiedler und Sommer wiedereröffnete Park- kommen instandgesetzt werden wurden gegen den Schwarzen steller betrug 2 746, die der Heimkehrer, die etwa 6000 Per- bühne des Gohliser Schlößchens konnten. Die am Jahresende in Markt und weit über 10 000 Besucher 172 000 davon aus den sonen aufnehmen konnten und zählte in 47 Veranstaltungen von Leipzig bestehenden 274 Stadt-, Kontrollen in Fahrzeugen Westzonen 13 000 – ein bemer- der Umsiedlerstelle des Sozial- „Iphigenie auf Tauris“ und Betriebs-, Land- und Schulju- durchgeführt. Um die Krimina- kenswertes und weit beachtetes amtes der Stadt unterstanden. In „Spiel im Schloß“ über 20 000 gendgruppen der FDJ hatten 51 lität, insbesondere die Wirt- Ereignis. diesen Lagern wurden von Janu- Besucher. Der Thomanerchor Arbeits- und Interessengemein- schaftsverbrechen, wirksamer Zum 100. Todestag von Friedrich ar bis Dezember 1946 insgesamt bestritt 212 Veranstaltungen. schaften gebildet, die sich mit bekämpfen zu können, erfolgte List, dem bedeutenden Wirt- 69 968 Umsiedler und 39 877 Höhepunkte waren die Mitwir- Politik, Geschichte, Kultur, eine Reorganisation der Polizei. schaftstheoretiker und -praktiker, Heimkehrer betreut. kung bei der Bach-Feier der FDJ Kunst, Musik u. a. m. beschäf- Ende 1946 versahen in Leipzi- fand eine Gedenkfeier in der im März und die zyklische Auf- tigten. Vom 1. bis 8. Dezember ger Betrieben 380 Betriebs- Kongresshalle statt, musikalisch Millionenfaches führung der großen Chorwerke veranstaltete die FDJ mit jungen schutzleute ihren Dienst. gestaltet vom Gewandhausorche- Kulturerlebnis von Johann Sebastian Bach. Künstlern im Petershof eine So wie in Leipzig ging es 1946 ster. Am 1. Dezember wurde im In dieser sorgenvollen Zeit kam 35 637 Jugendliche besuchten Ausstellung von neuen Werken auch in ganz Sachsen voran. Die Alten Rathaus eine Friedrich-List der weiteren Ingangsetzung des 27 Opern- und Schauspielauf- der Malerei, Grafik und Plastik, Zahl der Arbeitslosen ging von Gedenkausstellung eröffnet. geistig-kulturellen Lebens in der führungen zum verbilligten die Prof.Max Schwimmer wür- 204 000 auf 37 000 zurück, die digte. der berufstätigen Menschen Schutt, Schutt und stieg von 1,98 auf mehr als 2,4 nochmals Schutt Anfang Dezember feierte die Comeniusbücherei, die mit Millionen. Mehr als 700 000 Ende 1946 hatte Leipzig 380 000 Bänden einst größte Umsiedler Männer, Frauen und 627 161 Einwohner, darunter Fachbücherei Deutschlands, ihr Kinder erhielten Unterkunft und zahlreiche Neu-Leipziger: Um- 75-jähriges Bestehen, Die Ge- Brot, die im Arbeitsalter stehen- siedler. Die Gleislänge der werkschaften spenden der durch den Männer und Frauen eine Trümmerbahn in der vom Krieg Bombenangriffe am 4. Dezem- Arbeit. zerstörten Stadt betrug 29,7 km ber 1943 schwer geschädigten gegenüber 20,5 km am Anfang Die Neunte beschloss Einrichtung 25 000 RM. Das das 1. Friedensjahr des Jahres. 28 Loks und 552 Bibliographische Institut be- Loren beförderten 1946 rund schäftigte im Dezember 1946 Oberbürgermeister Dr. Erich 3 252 834 m Trümmerschrott bereits in drei Schichten 420 Zeigner würdigte am Abend des zum neuen Scherbelberg, ins Männer und Frauen. 31. Dezember 1946 im Capitol Johannistal und in das Dölitzer Den Leipziger Zoo hatten über vor Werktätigen und Persönlich- Grubenfeld. Noch waren etwa eine halbe Million Menschen keiten der antifaschistisch-de- 3 177 970 m Trümmermassen auf besucht, den Tierkindergarten mokratischen Verwaltung und den Straßen und Plätzen der annähernd 170 000. Ein Teil des des Kulturlebens die Aufbaulei- Stadt wegzuräumen. Der abzu- zerstörten Aquariums konnte stungen im ersten vollständigen tragende Schutt der zahlreichen instandgesetzt und der Öffent- Friedensjahr. Er nennt Beetho- Ruinen betrug immer noch ca. lichkeit übergeben werden. vens Neunte Sinfonie, die – einer 4 600 000 m3. Leipziger Tradition folgend – nun An einen Wohnungsneubau war Gesellschaftliches wieder an jedem Jahresende noch nicht zu denken. Die In- Leben wieder intakt erklingt, den in geistiger und sitt- standsetzungsarbeiten an Wohn- Die Leipziger Kommunalen licher Größe geeigneten festli- und Krankenhäusern, an Indus- Frauenausschüsse führten 129 chen Abschluss eines Jahres und triebetrieben, Schulen und dgl. Bildungs- und Kulturveranstal- zugleich den hoffnungsfrohen erforderten die gesamte Baukapa- tungen durch, an denen 17 384 Beginn des nächsten. zität. 1946 leisteten im Rahmen Personen teilnahmen. Während Das Gewandhausorchester, der der Volkssolidarität 228 000 Per- des Sommers 1946 sammelten Gewandhauschor, verstärkt sonen – darunter sehr viele Frau- die Frauenausschüsse Obst und durch Mitglieder des Opern- en – 1 140 000 unbezahlte freiwil- Gemüse für Kinder- und Alters- und des Riedelchores, interpre- lige Aufbaustunden. heime sowie für Krankenhäuser. tieren anschließend zusammen Am 29. Oktober 1946 hatte der Zur Unterstützung bedürftiger mit einem Solistenquartett Beet- Oberbürgermeister Dr. Erich Bürger stellten Mitglieder der hovens Werk unter der Leitung Zeigner rechtzeitig vor Winter- Frauenausschüsse aus zumeist des Generalmusikdirektors Her- beginn eine Anordnung über altem Material in ehrenamtli- bert Albert. LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 GESCHICHTE• 23

m 21. Dezember 1936 erließ das in Paris tätige Vor 70 Jahren: front vereinigt“ haben. Im weiteren wurde über die pro- A„Komitee zur Vorbereitung der deutschen Volks- grammatischen Forderungen informiert. Sie reichten vom front“ den bedeutsamen Aufruf „Bildet die deutsche „Sturz und Vernichtung der Hitlerdiktatur“ bis zur „Ent- Volksfront! Für Frieden, Freiheit und Brot!“. Betont Aufruf für eine eignung der Großgrundbesitzer“ und der „Verstaatlichung wurde, dass die Volksfront keine neue Partei sein will, der Banken, der Schwerindustrie und Energiewirtschaft“. sondern ein Bund aller derer, die entschlossen sind, ihre deutsche Die Gruppe sandte ihr Programm an den Prager Parteivor- Kraft für die Vernichtung der braunen Zwangsherrschaft stand der Sozialdemokratie und an das ZK der KPD, um einzusetzen. „Erst der Sturz der nationalsozialistischen als Grundlage für das gemeinsame Handeln zu dienen. Machthaber“, hieß es, „wird jeder politischen, geistigen antifaschistische und religiösen Strömung die Möglichkeit geben, für ihre ufgrund ziemlicher Auseinandersetzungen scheiter- Ansichten, Ziele und Ideale in freier Gleichberechtigung Volksfront Ate der hoffnungsvolle Beginn einer breiten antifa- einzutreten.“ Die Geschichte der Nachkriegszeit habe schistischen Volksfrontbewegung um die Jahreswende gezeigt, „wie kleine Gruppen Bevorrechteter, die den Nicht gelöste Aufgaben sind bleibende Aufgaben 1937/38. Was blieb, war ihre Idee. Großgrundbesitz, die großen Industriekonzerne und die Nach der Befreiung vom Faschismus wurden die 1936 Banken beherrschen, zu Totengräbern der Freiheit wur- er Aufruf trug die Unterschriften von 20 Sozialdemo- als unausweichlich bezeichneten Maßnahmen für die den. Um die Freiheit zu sichern, wird das neue Deutsch- Dkraten, 40 Kommunisten und 10 Mitgliedern der Errichtung eines wahrhaft demokratischen Deutschland land die Volksfeinde ihrer Macht entkleiden. Es wird die Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) sowie nur in der SBZ/DDR verwirklicht. Rüstungsindustrie und die Großbanken verstaatlichen, von 28 Schriftstellern, Künstlern, Wissenschaftlern und Indem nach der „Wende“ der Osten Westen wurde, wurden Es wird alle Sabotageversuche des Großkapitals unter anderen Emigranten.. Zu den Unterzeichnern gehörten von diese erkämpften Veränderungen, die ein antifaschistisch- Anwendung der schärfsten Mittel zu verhindern wis- der SPD: S. Aufhäuser, M. Braun, A. Braunthal, R. Breit- demokratisches Erbe Ostdeutschlands waren, wieder rück- sen.“ Diese Zielsetzung schloss ein, die Junker zu ent- scheid, O. Friedländer, H. Hirschfeld, J. Lips und A. Meu- gängig bzw. anderweitig zunichte gemacht. eignen und den Militarismus auszurotten. sel; von der KPD: A. Ackermann, F. Dahlem, W. Florin, W. Nach 70 Jahren stellt sich die Frage, ob die damalige In der festen Absicht, die Ziele und Ideale der ange- Koenen, P. Merker, W. Münzenberg, W. Pieck, H. Wehner Erkenntnis und Programmatik nur noch für die Geschichte strebten breiten Volksfront zu verwirklichen, betonte der und W. Ulbricht; von der SAP: W. Brandt, H. Diesel, W. relevant ist, also keine aktuelle Bedeutung mehr hat? Aufruf, dass sich alle Gegner des heutigen Regimes ver- Fabian, R. Frey, P. Frölich, M. Koch, J. Schwab und J. Ich bin der Meinung, dass nicht gelöste Aufgaben der pflichten, „geeint zu bleiben und in geschlossener Front Walcher. Als Vertreter der Schriftsteller, Künstler, Wissen- Geschichte, die die Zukunft eines Volkes betreffen, stets zu streiten, bis der Gegner besiegt und ein freies schaftler u. a. hatten J. R. Becher, G. Bernhard, E. Bloch, bleibende Aufgaben sind. Wenn Ort, Zeit und Bedingun- Deutschland geschaffen ist“. F. Boenheim, H. Budzislawski, L. Feuchtwanger, W. Herz- gen übereinstimmen, wird der uns von der Geschichte Der Aufruf verurteilte scharf die mörderische militärische felde, E. E. Kisch, H. Mann, K. Mann, K. Rosenfeld, M. auferlegte Zwang zum Handlungsbedarf. Mitwirkung Deutschlands an der Niederschlagung des um Seydewitz, E.Toller, B. Uhse, A. Zweig u. a.unterzeichnet. • KURT SCHNEIDER seine Freiheit kämpfenden spanischen Volkes, der als Teil Anzeige der rücksichtslosen „Vorbereitung eines neuen Krieges, benfalls am 21. Dezember 1936 wurde in einer der furchtbarer sein wird als alle bisherigen Kriege“, Berliner Widerstandsgruppe um die Sozialdemo- bezeichnet wurde. Dementsprechend verurteilte er den Ekraten O. Brass und H. Brill mit einem „Zehn- „Kreuzzug gegen die Sowjetunion“ und den „Ausrot- Punkte-Programm“ der Gedanke der antifaschistischen tungskampf gegen alle freiheitlichen Bewegungen in der Volksfront unterstützt. Es enthielt die Mitteilung, dass Welt“. Für alle Opfer des Regimes, die in den Zuchthäu- sich, um „Deutschland von der Schmach und Schande sern, Gefängnissen und Konzentrationslagern schmachte- der Diktatur zu befreien ... und die Gefahr eines neuen ten, wurde die Freiheit gefordert. Dazu hieß es: „Aufhe- Krieges mit allen Mitteln zu bekämpfen, die demokrati- SEMINARANGEBOT bung aller Terrorgesetze und Ausnahmegesetze! Keine schen, sozialdemokratischen und kommunistischen Partei- der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen Folter, keine Konzentrationslager mehr!“ en und Gruppen Deutschlands zu einer Deutschen Volks- in Zusammenarbeit mit der Rosa-Luxemburg- Stiftung Thüringen

Was sich hinter LEIPZIGER STRAßENNAMEN verbirgt (45) Was heißt Gerechtigkeit? Die Programme ganz unterschiedlicher Parteien beru- fen sich auf „Gerechtigkeit“ als Grundwert. In einer Da wo heute das Neue Rathaus, das kostete. geschändet. Der Zustand der bereits Serie von Seminaren wird die neuere Philosophie zu Stadthaus und die Deutsche Bank ste- 1706 öffneten sich die Tore der Fest- fast 300 Jahre alten Gemäuer wurde diesem Thema befragt. Über das hinaus, was wir aus hen und der Burgplatz liegt, stand bis ung den Schweden ebenso wie den immer desolater. Trotzdem zog 1867 den Medien und von den Einzelwissenschaften erfah- 1895 die Pleißenburg. Darum auch Preußen im 1. Schlesischen und im das Schützenregiment 108 in die ren, wollen wir zu einem möglichst umfassenden eige- heißt dieser Platz nach der einstigen Siebenjährigen Krieg. Pleißenburg ein und wurde im darauf- nen Urteil kommen. Wir werden unsere linke Identität Befestigungsanlage der Stadt. Doch Durch das schnelle Wachstum der folgenden Jahr durch das Infanteriere- nicht preisgeben, sondern stärken, indem wir uns auch das war nicht der erste Trutzbau an Leipziger Vorstädte lag die Pleißen- giment 107 abgelöst. Das Leben dürf- mit Ideen auseinandersetzen, die aus einer anderen dieser Stelle. Nach einem Bürgerauf- burg bald inmitten von Vorstadtbau- te für die Soldaten nicht gerade ange- Haltung erwachsen sind. Es wird einführende Refera- stand im Jahr 1215 hatte Markgraf ten, was schließlich ebenso wie die nehm gewesen sein. Die einzige offe- te geben, aber auch genug Zeit zur Diskussion. Dietrich der Bedrängte die Leipziger Weiterentwicklung der Feuerwaffen ne Seite (am Promenadenring) wurde Philosophische Grundkenntnisse sind nicht erforder- Stadtmauern niederreißen lassen und zur Einsicht führte, daß Festungsanla- von einem tiefen feuchten Graben lich, wohl aber die Lust, sich auf Philosophie einzu- drei Zwingburgen zur Einschüchte- gen ziemlich nutzlos geworden umzogen, dessen Entwässerung so lassen. rung der aufmüpfigen Leipziger waren. 1764 wurde die Pleißenburg mangelhaft war, daß die daraus auf- bauen lassen. Übrig davon blieb nur aus der Liste der Festungen gestrichen steigende Luft einen üblen Gestank THEMEN UND TERMINE die Pleißenburg. Es war ein fest- verbreitete, der unter der Leipziger I Gerechte Regierung: Menschen- und Bürgerrechte · ungsartiger Bau, der von den Leip- Bevölkerung sprichwörtlich war. 13. Januar 2007 ziger als „Schloß“ bezeichnet Burgplatz In der Stadt ging sogar das II Soziale Gerechtigkeit: Verteilung von Gütern und wurde. Hier auch trug einst Luther Gerücht um, daß sie ein Herd der Lasten · 3. März 2007 seinen Disput mit Eck aus. Eine Choleraepedemie von 1866 gewe- III Gerechter Krieg ? Probleme des Völkerrechts · 14. erfolgreiche Belagerung während des und eine vorwiegend zivile Nutzung sen sein soll. Hinzu kam, daß der ein- April 2007 Schmalkaldischen Krieges führte im begann. Neben der katholischen zige Weg aus dem Zentrum der Stadt IV Gerechtigkeit angesichts der Globalisierung: Welt- Jahr 1547 zur fast völligen Zerstörung Kapelle, staatlichen Behörden und der zum Westen durch die Burg verlief. wirtschaftsordnung · 12. Mai 2007 der Pleißenburg. Kunstakademie sowie Salz-, Mehl- Beides wurde von den Bürgern der V Gerechtigkeit gegenüber künftigen Generationen Herzog Moritz ließ sie von 1549 bis und Weinlagern blieb jedoch auch die Stadt als Übel empfunden. Der Rat und der Natur: Nachhaltigkeit · Herbst 2007 1569 vom Baumeister und Leipziger Unterkunft für Soldaten erhalten. Die der Stadt war darum bemüht, die Nut- VI Geschlechtergerechtigkeit · Herbst 2007 Bürgermeister Hyronimus Lotter Kasernenbesatzung schwankte sehr zung der Pleißenburg als Kaserne zu VII Zusammenhänge und Widersprüche zwischen den nach dem Muster der Zitadelle von stark und war zeitweilig überhaupt beenden und sie anderen Zwecken verschiedenen Dimensionen von Gerechtigkeit · Herbst Mailand neu errichten. Sie war die nicht vorhanden. Die Pleißenburg zuzuführen. Eine Gelegenheit dazu 2007 erste Befestigungsanlage in Deutsch- wurde auch weiterhin als außerhalb bot sich, als Anfang der 70er Jahre das Die Seminare dauern jeweils von 10 bis 16 Uhr und wer- land, die allein nach den Regeln der der Stadt gerechnet, obwohl sie Reichsgericht in Leipzig aufgebaut den von Dr. Edelbert Richter (Weimar) und Wolfram Kriegskunst angelegt wurde. Dabei bereits seit Jahrzehnten inmitten die- werden sollte. Nach einem Riesen- Tschiche (Klinke) geleitet. vernachlässigten die Bauherren in ser lag. Hickhack kaufte die Stadt schließlich Literaturhinweise starkem Maße den Bau von Wohnun- Erst nachdem 1830 zwei Schützenba- das Gemäuer, ließ es abreißen und Dieter Birnbacher: Verantwortung für zukünftige Generationen. Stutt- gen. Am Rande der Stadt, von dieser taillone in die Pleißenburg verlegt wollte das gute Bauland parzelliert gart 1988. Ernst Bloch: Naturrecht und menschliche Würde. Frankfurt am Main durch Befestigungsanlagen getrennt, worden waren, begann diese ihr verkaufen. Da kam man auf die genia- 1985 (zuerst 1961). sollte sie den Feind abschrecken und Dasein als Truppenunterkunft. Für le Idee, daß ja hier das neue Rathaus Stefan Gosepath, Georg Lohmann: Philosophie der Menschenrechte. gleichzeitig die dem Markgrafen un- diese Bataillone wurde 1838 ein errichtet werden könnte. Und so Frankfurt am Main 1998. Axel Honneth: Kampf um Anerkennung. Frankfurt am Main 1992. sicheren Bürger warnen. Trotzdem großes Kasernengebäude auf die ehe- geschah es dann auch. John Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit. Frankfurt am Main 1979. wurde sie im 30jährigen Krieg zwei- malige Bastei gesetzt. Dadurch erhielt Der freie Platz hinter dem Rathaus Michael Walzer: Sphären der Gerechtigkeit. Frankfurt am Main 1992. mal fast kampflos an die Belagerer der Gebäudekomplex ein völlig ver- erhielt zur Erinnerung an die Pleißen- Tagungsort / Tagungsbeitrag / Teilnahmebestäti- übergeben, was dem Festungskom- ändertes Aussehen. Der Anblick des burg 1911 seinen Namen Burgplatz. gung / Anmeldung – siehe Seminar-Anzeige Seite 19 mandanten schließlich den Kopf einst schönen „Schlosses“ wurde arg • DIETER KÜRSCHNER 24 • ZEITGESCHICHTE LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

Weihnachten schaut die Welt nach Nach ihrer Lehre sollen die Juden ins Bethlehem, dem Ort, wo nach biblischer Heilige Land zurückkehren, um die Wie- Überlieferung vor mehr als zweitausend derkunft Christi zu ermöglichen. Die völ- Jahren Jesus Christus zur Welt gekom- Krieg, Politik kerrechtswidrige Siedlungspolitik wird men war. Sechshundert Jahre später ver- von dieser Seite tatkräftig gefördert. Sol- kündete Mohammed mit dem Koran den che einander ausschließende Ansprüche Islam, der auch Jesus Christus als Pro- auf Palästina erschweren eine politische pheten anerkennt. Der Nahe Osten ist der und Religion Lösung in dem Maße, wie sie Einfluss Ursprung dreier Weltreligionen: Juden- auf die Politik erlangen. tum, Christentum und Islam. Ist unter solchen Bedingungen ein Kom- Doch gerade das Heilige Land, wo nach promiss überhaupt möglich? dem Lukas-Evangelium in Bethlehem in im Heiligen Land Uri Avnery bejaht das. Aber es sei viel, der Geburtsnacht von Jesus die Botschaft viel schwerer. Einem frommen Muslim vom „Frieden auf Erden“ verkündet Von Heinz-Dieter Winter, Botschafter a. D. sei es erlaubt, einen Waffenstillstand über wurde, ist Schauplatz eines nicht enden 100 Jahre und mehr auszurufen. Ariel wollenden Konfliktes, der in diesem Jahr Sharon, der seine Karriere als uneinge-

Bethlehem und das Heilige Land zwischen Ideal und Wirklichkeit zum sechsten Krieg seit 1945 führte. daran Beteiligte auch religiöse Motive, diese Kräfte, vor allem in der Nationalre- schränkter „Großisrael“-Vertreter be- Wer heute den Weg von Maria und Josef Überzeugungen und Emotionen gerade ligiösen Partei und im Gusch Emunim gann, dann aber die Siedler aus dem vor zweitausend Jahren von Nazareth im Heiligen Land auch sein mögen, („Block der Getreuen“) konzentriert, die Gazastreifen abzog, sprach über „langfri- nach Bethlehem gehen will, wird den Ge- haben vor allem politische Ursachen und Siedlertätigkeit in den besetzten palästi- stige Abmachungen“. In der Politik ten- burtsort von Jesus nur unter größten müssen durch politische Übereinkünfte nensischen Gebieten. Diese wurde bisher dieren vorläufige Maßnahmen, dauerhaft Schwierigkeiten, als muslimischer oder geregelt werden. Im israelisch-palästi- von allen israelischen Regierungen unter- zu werden. Es wären jedoch viel Weis- christlicher Palästinenser vielleicht über- nensischen Konflikt geht es um Territori- stützt und droht, den Palästinensern heit, Raffinesse, Spitzfindigkeit und haupt nicht erreichen. Durch die von Isra- um und eigene staatliche Existenz. Auf Geduld erforderlich, um unter diesen el errichtete Mauer, von Israel „Sicher- der Grundslage der UNO-Resolution 181 schwierigen Umständen eine Lösung zu heitszaun“ genannt, ist das zehn Kilome- von 1947 sollte Israel als jüdischer Staat Konflikte und Kriege, erreichen, meint Uri Avnery. auf etwa 56 Prozent des Territoriums des ter von Jerusalem entfernte Bethlehem so wichtig für daran Von Weisheit ließ sich die Politik der fast eingemauert. Der Besucher muss ehemaligen britischen Mandatsgebietes USA und der Europäischen Union mit über Wälle steigen, die von der israeli- Palästina gegründet werden. Dem bis Beteiligte auch ihrer Reaktion auf den Wahlsieg der palä- schen Armee aus Erde und Felsbrocken heute nicht existierenden palästinensi- religiöse Motive, stinensischen Hamas nicht leiten. Denn zusammengeschichtet wurden. Israeli- schen Staat waren damals etwa 44 Pro- Überzeugungen und diese ist zu einem langfristigen Waffen- sche Kontrollposten und für ihn verbote- zent zugedacht. Im Ergebnis der Nahost- Emotionen gerade stillstand, zur sogenannten Hudna bereit. ne „strategische Straßen“ werden seine kriege von 1948/49 und von 1967 eigne- im Heiligen Land auch Und das Ende von Krieg und Gewalt te sich Israel über 78 Prozent des ehema- Wanderung immer wieder unterbrechen. sein mögen, haben vor allem wäre wohl zunächst das Allerwichtigste, Bethlehem selbst, vor zehn Jahren noch ligen Mandatsgebietes an und strebt um dem Heiligen Land dauerhaften Frie- eine blühende Pilgerstätte, macht heute heute die Einverleibung weiterer großer politische Ursachen und den für Muslime, Juden und Christen einen trostlosen und verwahrlosten Ein- Teile des Westjordanlandes an. Die Palä- müssen durch politische gleichermaßen zu ermöglichen. druck. Besucher sehen aufgerissene Geh- stinenser kämpfen heute noch für den Übereinkünfte Die weihnachtliche Friedensbotschaft im steige, von Schlaglöchern zerstörte Stra- eigenen Staat und sind bereit, ihn in den geregelt werden. Lukas-Evangelium erinnert daran, dass ßen und unfertige Häuser. Säcke mit Grenzen von 1967, d. h. auf den noch die Weltreligionen Wwesentliches für Abfall türmen sich an der Straße zu stin- verbliebenen 22 Prozent zu errichten. den Frieden leisten können, wenn sie kenden Bergen, man sieht kaum noch täti- Eine unheilvolle Entwicklung setzte ein nicht fundamentalistisch für menschen- ge Handwerker. Die Hotels haben keine als, als radikal-religiöse Kräfte auf bei- nochmals einen großen Teil des von feindliche Ziele instrumentalisiert wer- Gäste. den Seiten die Religion für ihre politi- ihnen beanspruchten nach 1967 verblie- den. Der katholische Religionswissen- Im Jahr 2002 wurde die Geburtskirche schen Ziele instrumentalisierten. Unter benen Territoriums von 22 Prozent zu schaftler Hans Küng hat in seinen welt- von der israelischen Armee belagert und dem Eindruck des Wahlsieges der islami- rauben. weit bekannten wegweisenden Büchern beschossen, weil sich 40 junge Palästi- stischen Hamas empfand es der israeli- Mit dem Beginn der ersten Intifada 1987 über Judentum, Christentum und Islam nenser, vor allem von der Al-Aqsa-Bri- sche Friedensaktivist Uri Avnery in vollzog sich auch unter den Palästinen- die unerschütterliche Hoffnung begrün- gade, dort hinein geflüchtet hatten. In die einem Aufsatz im Februar 2006 als sern eine Entwicklung, die religiösen det, „dass alle drei Weltreligionen Kirche einzudringen, in der auch Musli- bedrückenden Albtraum, dass der Palä- Kräften, der aus den Moslembrüdern her- gemeinsam einen unverzichtbaren Bei- me beten dürfen, wagte die israelische stinakonflikt einen religiösen Charakter vorgegangenen Hamas, einen zunehmen- trag zu einer friedlicheren und gerechte- Armee nicht. Diese Kirche wurde zwi- annimmt. Er, der wie kaum ein anderer in den Einfluss gab. Diese machte schließ- ren Welt leisten werden“. So zeigt auch schen 326 und 335 vom römischen Kai- den letzten Jahrzehnten die brutale Unter- lich der säkularen PLO, der auch viele das von Hans Küng begründete Welt- ser Konstantin I. an der Stelle errichtet, drückungspolitik Israels gegenüber den palästinensische Christen angehören, den ethos, gemeinsam getragen von religiö- wo gemäß der Überlieferung Jesus gebo- Palästinensern angeprangert hat, macht führenden Rang streitig. Entsprechend sen und nicht religiösen Menschen, dass ren wurde. Um eine Katastrophe zu ver- darauf aufmerksam, dass gegenüber der ihrer Charta aus dem Jahre 1988 ist es Alternativen gibt zu der von Samuel P. hindern, handelte der damalige amerika- ursprünglich eher nichtreligiösen zioni- Hamas aber „davon überzeugt, dass das Huntington vor zehn Jahren verkündeten nische Außenminister Colin Powell nach stischen Bewegung nach dem Sechstage- Land Palästinas ein islamisches Waqf- Perspektive eines angeblich unvermeidli- etwa vier Wochen Belagerung zwischen krieg 1967 orthodoxe religiöse Kräfte im Land für die Generationen der Muslime chen „Kampfes der Kulturen“ zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Sha- wachsenden Maße die israelische Staats- bis zum Tag der Auferstehung ist“. Das dem Islam und dem Westen im 21. Jahr- ron und Arafat einen Kompromiss aus, der politik beeinflussen und die jüdische bedeutet, dass unter religiöser Obhut hundert. Wenn Bethlehem, der Geburts- zur Deportation der 13 Palästinenser führ- Religion ihrer universellen Werte berau- befindlich kein Teil Palästinas an Nicht- platz Jesus, wieder eine blühende Pilger- te, die von Israel als „gefährliche und über- ben, so dass sie zu einem „engstirnigen, gläubige gegeben werden darf. stätte wird und Muslime, Christen und führte Terroristen“ benannt wurden, die militanten, fremdenfeindlichen Stammes- Anspruch auf das Heilige Land als reli- Juden im friedlichen Miteinander die hei- übrigen blieben in Freiheit in Palästina. glauben, dem es um Eroberung und eth- giösen Besitz erhebt auch eine Gruppe ligen Stätten der drei Weltreligionen in Was hat der Palästinakonflikt mit Religi- nische Säuberung“ geht, mutierte. Sie evangelikanischer christlicher Funda- Jerusalem besuchen dürfen, dann wäre on zu tun? erheben Anspruch auf das ganze Heilige mentalisten mit beträchtlichem Einfluss das eine inspirierende Vision für den Konflikte und Kriege, so wichtig für Land. Deshalb unterstützen und fördern unter den Neokonservativen in den USA. „Frieden auf Erden“. LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 ZEITGESCHICHTE • 25

eit Jahrzehnten leben das israelische Diese Stimmen brauchen Unterstützung. auf, mit der Europäischen Union Deutscher jüdischer und das palästinensische Volk als Nur wenig Unterstützung kommt jedoch aus • die israelische Besatzungspolitik nicht Vertreter geht auf SNachbarn. Es gäbe viele Möglichkei- Deutschland. Das hat seinen Grund: Vor 61 länger zu tolerieren ten zur Zusammenarbeit und zur gemeinsa- Jahren endete mit der Niederlage Nazi- • kurzfristig den Boykott der Palästinensi- Distanz zu Israels men Entwicklung. Stattdessen wird ihr Deutschlands der unter Führung von Deut- schen Autonomiebehörde zu beenden Besatzungspolitik Leben vergiftet durch Krieg und Gewalt, schen begangene Massenmord an den Juden • endlich die Verwirklichung eines lebens- durch Bedrohung und Terror, durch gegen- Europas. Scham und Trauer über dieses Ver- fähigen palästinensischen Staates ernsthaft Online-Petition für den seitigen Hass, Verachtung und Respektlo- brechen lässt viele Menschen zur Politik des anzustreben, in Gaza und dem gesamten Frieden im Nahen Osten sigkeit. jüdischen Staats Israel schweigen. Aber die- 1967 besetzten Westjordanland einschließ- Das Grundübel ist die seit 1967 andauernde ses Schweigen ermöglicht neues Unrecht. lich Ost-Jerusalems, mit voller Souveränität Rolf Verleger, Mitglied im israelische Besetzung palästinensischen und freiem Verkehr. Direktorium des Zentralrats Gebiets. Die Besetzung bedeutet Entwürdi- Online-Petition Damit wird eine Sicherheitsregelung für die der Juden in Deutschland, gung und Entrechtung der Palästinenser. Sie Staaten der Region zu verbinden sein, appelliert mit der am 22. 11. lähmt ihr wirtschaftliches, politisches und besonders für das sich bedroht fühlende 2006 veröffentlichten Berli- soziales Leben. Darüber hinaus verhindert Israel, ebenso wie für seine Nachbarstaaten. ner Erklärung „Schalom dieses täglich neu erlebte Unrecht einen „Schalom Fragen des Rückkehrrechts der von Israel 5767“ an die Bundesregie- friedlichen Ausgleich des alten Unrechts, 1948 vertriebenen Palästinenser können rung, endlich eine aktive das den Palästinensern mit der Vertreibung einvernehmlich gelöst werden, wenn Israel Rolle zur friedlichen Lösung von 1948 angetan wurde. All dies treibt die 5767“ als Zeichen der Versöhnungsbereitschaft die des Nahostkonflikts einzu- Spirale der Gewalt an. Es ist an der Zeit, Vertreibung als Unrecht benennt. Der Status nehmen. Diese Erklärung diese Spirale zu durchbrechen und einer Jerusalems als Doppelhauptstadt wird zu steht als Online-Petition im dauerhaften Friedenslösung den Weg zu (Berliner Erklärung) klären sein. Ein Vorschlag der Arabischen Internet unter bereiten, die Liga zur Einigung mit Israel liegt vor. Der • dem palästinensischen Volk ein selbstbe- Frieden wäre greifbar nahe. www.schalom5767.de stimmtes Leben in Würde ermöglicht „Was Dir verhasst ist, tu Deinem Nächsten zur Verfügung und kann • beiden Nationen die Existenz in interna- nicht an.“ So fasste vor zweitausend Jahren dort auch von nichtjüdi- tional anerkannten Grenzen sichert Um in diese erstarrte Situation Bewegung Rabbi Hillel das Wesen des Judentums schen Bürgern unterzeich- • die gesamte Region befriedet und dadurch zu bringen, haben wir, Jüdinnen und Juden zusammen. Das sollte auch heute der Leit- net werden. die ganze Erde friedlicher und sicherer wer- aus Deutschland, als Erstunterzeichnende faden menschlichen Handelns sein – auch in Mitarbeiter von LEIPZIGS den lässt. diese Erklärung auf den Weg gebracht. der Politik. NEUE haben bereits unter- In beiden Gesellschaften, der israelischen Denn wir sehen mit Entsetzen, wie der mit zeichnet. wie der palästinensischen, gibt es seit lan- so großen Hoffnungen gegründete Staat Bitte unterstützen Sie mit Ihrer Unter- Mehr als 60 jüdische Men- gem Stimmen für Verständigung; die „Gen- Israel in einer Sackgasse der Gewalt fest- schrift diese Erklärung: schen aus Deutschland sind fer Vereinbarung“ ist dafür wegweisend. steckt. Wir fordern die deutsche Regierung www.schalom5767.de Erstunterzeichnende des Aufrufs. Sie stellen sich Jüdische Erstunterzeichnende der Berli- Ursula Epstein (Musikpädagogin, Aachen) Abraham Melzer (Verleger, Neu-lsenburg) damit gegen die offizielle ner Erklärung Schalom5767 Erica Fischer (Schrittstellerin, Berlin) Gerhard Moss (St. Peter-Ording) jüdische Meinung und for- Vera Ansbach (Berlin) Alfred Fleischhacker (Journalist, Berlin) Deborah Philips (freie Künstlerin, Berlin) dern auf, sich für ein unab- Ursula Ansbach (Berlin) Dr. Michael Fleischhacker (Biologe, Berlin) Largalith Pozniak (Zahntechnikerin, Ham- hängiges Palästina einzu- John Attfield (Geschäftsführer, Buchholz) Bettina Fraenkel (Behindertenpädagogin, burg) setzen, als unabdingbare Dr. Hanna Behrend (Historikerin, Berlin) Berlin) Sara Reifenberg (Rentnerin, Berlin) Voraussetzung für Frieden Dr. Friedel Beier (Rechtsanwältin, Berlin) Buth Fruchtman (Autorin, Berlin) Prof. Dr. Fanny-Michaela Reisin (lnformatik, und Gerechtigkeit. Edna Bejarano (Sängerin, Hamburg) Kurt Goldstein (Ehrenvorsitzender Internatio- Berlin) Esther Betarano (Sängerin, Hamburg) nales Auschwitz-Komitee, Berlin) Michael Riese (Lehrer, Alsfeld) Ansprechpartner bei Rückfragen: Joram Bejarano (Musiker, Hamburg) Werner Goldstein (Journalist, Berlin) Dr. Ruth Rosenberg (Tierärztin, München) Prof. Dr. Rolf Verleger, Scha- Susan Berger (Berlin) Harri Grünberg (Politologe, Berlin) Rafi Rothenberg (Kameramann, Köln) lom 5767, Postfach 110137, Jutta Bergt (Rentnerin, Weil am Rhein) Kurt Gutmann (Berlin) Ruth Rürup-Braun (lnnenarchitektin, Karlsru- 23534 Lübeck Judith Bernstein (München) Hella Händler (Berlin) he) Fon/Fax : 0451 500 29 16 Stacey Blatt (Duisburg) Werner Händler (Berlin) Dr. Sonja Sager (Juristin, Berlin) eMail: Sharon Blumenthal (Juristin. Köln) Doreet Harten (Kuratorin, Berlin) Shelly Steinberg (Studentin, München) [email protected] Prof. Dr. Y. Michal Bodemann (Soziologe, Michal Kaiser-Livneh (Psychotherapeutin, Dr. Klaus Sternberg (Lehrender, Berlin) Berlin / Toronto) Berlin) Dr. Maria Striewe (Ärztin, Neuss) lris Borchardt-Hefets (Biologin, Berlin) Schira Kaiser (Studentin, Berlin) Richard Szklorz (Journalist, Berlin) Aktuelle Frage Marion Brasch (Journalistin, Berlin) Dr. Inge Lammel (Autorin, Berlin) Prof. Dr. Jochanan Trilse-Finkelstein (Ger- Prot. Dr. Almut Sh. Bruckstein (Philosophin, Dr. Kate Leiterer (Biologin, Berlin) manist, Berlin) ! Zum ersten Mal seit Monaten Berlin) AngeIika Levi (Regisseurin, Berlin) Prof. Dr. Ernst Tugendhat (Philosoph, Tübin- hat sich der israelische Mini- Tsalrir Cohen (Journalist, Berlin) Gabriel Levy (Psychologe, München) gen) sterpräsident Olmert zu Kom- Gerty Colden (Rentnerin, Berlin) Dr. Oswald LeWinter (Autor, Seligenstadt) Nora van der Walde (Lehrerin, Buchholz) promissen bereit gezeigt. Kann Martin Colden (Maler, Berlin) Dr. Erika Lifsches (Ärztin, Mühlheim/Ruh0 Prof. Dr. Rolf Verleger (Psychologe, Lübeck) dadurch unsere Initiative scha- Hilary Coleman (Ärztin und Übersetzerin. Dr. Hanno Loewy (Direktor des Jüdischen Dr. Susan Winnett (Literaturwissenschaftle- lom5767 überflüssig werden? Düsseldorf) Museums Hohenems) rin, Hamburg) Buth Czichon (Berlin) Dr. Edith Lutz (Lehrerin, Köln) Dr. Andrea Zielinski (Anthropologin, Ham- Sollte sich Olmert tatsächlich zu Marianne Degginger (Berlin) Petra Mendelsohn (Bibliothekarin, Berlin) burg) einer Wendung entschließen und eine Friedenspolitik in der Nach- folge von Jizchak Rabin machen, rof. Rolf Verleger ist Psy- September 2006, zu Beginn des dann wird ihm genauso wie Rabin Pchologe an der Universität Wie kam es zu schalom5767.de? neuen jüdischen Jahrs 5767, in der geballte Widerstand der An- Lübeck und Mitglied im Direk- Berlin getroffen und diese hänger von „Groß- Israel“ entge- torium des Zentralrats der Juden ihn am 9. August 2006 seine te, friedliche Lösung im Palä- Erklärung auf den Weg gebracht. genschlagen, innerhalb Israels in Deutschland. Jüdische Gemeinde Lübeck als stinakonflikt möchte und damit Damit das Jahr 5767 ein Jahr des und außerhalb Israels. Abwarten, Am 23. Juli 2006, als der Liba- Vorsitzenden des Landesver- im Konflikt steht zur offiziellen Friedens wird. ob Olmert diesen Weg wirklich nonkrieg tobte, schrieb er einen bands Jüdische Gemeinschaft Haltung dieser und früherer Informationsmaterial: wählt und ob er auf diesem Weg Brief an das Präsidium des Zen- Schleswig-Holstein ab. Bundesregierungen. Rolf Verlegers Brief vom Erfolg haben wird, reicht daher tralrats. Darin kritisierte er Isra- Auf der anderen Seite erhielt Daher: Wo ein Brief nicht weiter- 23.07.06 (pdf) nicht aus. Sondern es wird äußerst els militärische Maßnahmen ge- Verleger auf die Veröffentli- kommt, müssen viele Stimmen Interview der „Zeitung gegen wichtig sein, unterstützende Stim- gen den Libanon und plädierte chung des Briefs eine überwälti- laut werden. Aus diesem Grund den Krieg 2“ mit Rolf Verleger men für den gerechten Frieden für eine friedliche Lösung des gende positive Resonanz. Es ist ist schalom5767.de gegründet (pdf ) laut, deutlich und vernehmlich Palästinakonflikts. offensichtlich, dass die Mehr- worden. Jüdische Menschen aus Aktueller Bericht aus Gaza (.pdf hören zu lassen. Aufgrund dieses Briefs setzte heit der Deutschen eine gerech- Deutschland haben sich Ende |deutsch, englisch) 26 • POST LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

um Tag der Erinnerung an die Gute Resonanzen auf LN ZFormierung der ersten Grenz- polizeieinheiten vor 60 Jahren in Tag der Erinnerung in Meine Frau, Dr. Marie-Luise len politischen und weltan- der sowjetisch besetzten Zone Otto, und ich sind seit An- schaulichen Fragen und Pro- trafen sich kürzlich 110 Vetera- beginn Abonennten von Leip- blemen. Er bezeichnet sich nen in der ehemaligen Garni- Perleberg zigs Neue und freuen uns mit selbst als christlicher Sozialist sonsstadt Perleberg. Sie kamen Krieg Reisen nur mit Erlaubnis daten. Sie bekundeten ebenfalls jeder Ausgabe über das gestie- und war u. a. der erste und bis- aus allen Regionen der Westgren- der Alliierten zulässig waren. Die ihr aufrichtiges Mitgefühl den gene journalistische Niveau, her einzige Bibliotheksdirek- ze der DDR und Berlin. Die meisten Bewegungen in beiden Menschen, die beim Versuch des über die inhaltliche Tiefe und tor-West, der bereits vor 1990 Gesellschaft zur rechtlichen und Richtungen erfolgten jedoch ille- illegalen Grenzübertritts tödliche Breite der Publikationen. Stell- eine Wanderausstellung „Anti- humanitären Unterstützung e.V. gal über die Demarkationslinie. Verletzungen oder Körperschä- vertretend für einige andere fa-Literatur“ veranstaltete, die Perleberg (GRH) als Organisator Ab Herbst 1945 setzten Nieder- den erlitten haben. heben wir besonders heraus die 1990 auch in der Stadtbiblio- schätzte ein, dass diese Veranstal- sachsen, Bayern und Hessen In der Aufarbeitung der DDR- Berichte von Sarkis Latchinian thek Leipzig gezeigt wurde. tung Ausdruck der Verbunden- Grenzsicherungskräfte ein. Der Vergangenheit habe nicht jede zu Israel, Libanon und Syrien, Neben dem ND liest er gründ- heit sei. Die meisten Teilnehmer Aufbau der Grenzpolizei in der positive Erinnerung ausgelöscht Werner Wolf und Michael Zock lich LN und wirbt auch für sie. hätten einen großen Teil ihres SBZ erfolgte auf Befehl der werden können. Andererseits zu kulturellen Ereignissen, In seinem Brief vom 4. No- Lebens der militärischen Siche- SMAD am 1. Dezember 1946. müsse man täglich das Argument Edmund Schulz’ Rezensionen vember 2006 schrieb er mir: rung der Staatsgrenze der DDR Das Wiedersehen der Veteranen zur Kenntnis nehmen, dass die zu neuen Büchern oder Klaus „Völlig neu war mir auch, was gewidmet. Diese Erinnerungen mit Freunden und Kameraden DDR ein „Unrechtsstaat“ war. Huhns Sportbeiträge. Werner Wolf in Leipzigs könne ihnen niemand nehmen, soll künftig regelmäßig stattfin- Rechtsanwalt Dr. Friedrich Wolff Mit meiner Zuschrift wende ich Neue über Schostakowitsch hieß es. Auch in der Diskussion den. Mit Achtung und Dankbar- stellte klar, dass „Unrechtsstaat“ mich erstmals an die Redaktion geschrieben hat ...“ Oder: herrschte Einigkeit, dass es für keit wird man um den 1. De- ein politischer Begriff ist, ein und will Sie wissen lassen, dass „Auch der Artikel über das die ehemaligen Angehörigen und zember an die 500 000 ehemaligen Kampfbegriff und kein Rechts- wir aus unserem Freundes- und Alter (Gegenstand der 4. Seni- Zivilbeschäftigten der Grenz- DDR-Bürger erinnern, die von begriff: „In keinem bundesdeut- Bekanntenkreis einigen treu orenpolitischen Konferenz der truppen keinen Grund gibt, sich 1946 bis 1990 die Pflichten zum schen Rechtslexikon findet sich Gebliebenen, die außerhalb PDS in Leipzig) hat mir viel ihrer Pflichterfüllung zu schämen Schutz ihres Landes und zur Erhal- das Stichwort Unrechtsstaat. Es Leipzigs wohnen, je ein Exem- gegeben. Beachtlich die Aus- und ihre Biografie zu verleugnen. tung des Friedens erfüllt haben. wird von der Politik verliehen plar von LN zusenden. Wir kau- sagen ,Das Alter hat seine Der Vorsitzende der GRH Per- Die Teilnehmer erneuerten ihr und von den Medien verbreitet.“ fen diese Zeitungen über unser Schönheit, keine von Lei-den- leberg, Dietrich Flachs, stellte ehrendes Gedenken für die 25 im HELMUT KAHL, Abo hinaus und erhalten dafür schaften, Gefühlsausbrüchen rückblickend fest, dass nach dem Grenzdienst ermordeten Sol- PERLEBERG gute Resonanzen. geprägte, sondern eine erlösen- Stellvertretend für einige an- de beruhigende Schönheit‘ und ie immer wieder strapazierte wiederholter schwerer Naturkata- dere möchte das an einem Ju- ,Solange ein Mensch noch ein hübsche Formulierung von Solidarität! strophen kämpft das Land um die gendfreund verdeutlichen, der Ziel vor den Augen hat, das er D der „kritischen Solidarität“ ge- von A. Brie, G. Zimmer und H. tägliche Grundversorgung. Was in Worms lebt. Als er 1990 erreichen muss, noch eine Auf- genüber Kuba, ist Anlass, eine die immer wieder zitierten Men- zum Bibliothekar-Kongress in gabe vor sich sieht, so lange Markov entschieden verurteilt, kleine Jahresrückschau zu halten. auch wir Leipziger. schenrechtsverletzungen betrifft, Leipzig weilte, machte er wird er nicht wirklich alt‘.“ Die Entschließung des Europa- so liegt Kuba nach Erkennt-nissen mich wieder ausfindig. Seit- Letztlich hat sich der Parteivor- parlaments zu Menschenrechts- stand, von der Protestwelle über- internationaler Menschen-rechts- dem besteht zwischen uns eine PROF. DR. HELLMUT OTTO, problemen in Kuba vom 2. rollt, distanzierend durchgerun- organsiationen im positiven Sinn freundschaftliche briefliche MARKRANSTÄDT Februar 2006, durchgesetzt von weit hinten. Deutschland, die Verbindung zu vielen aktuel- gen, dies sei nicht „Position der einer starken antikubanischen Linkspartei.PDS“. Westeuropäer überhaupt und die Mehrheit unter Zustimmung von Wir von Cuba Si Leipzig weisen USA aber haben über Jahrzehnte Klasse, Klaus. Getroffen! drei Abgeordneten der Links- die akademisch verbrämten, aber unangefochten profitträchtige Be- partei.PDS hat die Parteibasis inhaltlich fragwürdigen Argu- ziehungen zu tatsächlichen Ver- Der nur dreieinviertel Zeilen- plexus. (Oder wie das heißt – verärgert. Sie führte zu besonders mente und das andauernde sture brecherstaaten gehalten. Schlusskommentar von Klaus knockout). schweren innerparteilichen Aus- Beharren dieser drei auf ihrer Posi- Die „kritische Solidarität“ ist, zu- Huhn zum Gerangele von Klasse, Klaus. Getroffen. einandersetzungen und setzte die tion zurück. Unter der illegalen mindest was die Solidarität be- Axel Schulz in einem profitio- Betroffen unter hohen Recht- Blockadepolitik, die in Kuba bis- trifft, wohl nur ein Lippenbe- nellen Boxring trifft den FRANZ-KARL HITZE fertigungsdruck. Auch die Cuba- her 86 Milliarden Dollar Schaden kenntnis. Akteur genau auf den Solar- BERLIN Si-Gruppen haben das Verhalten verursacht hat, und angesichts J. SPITZNER, LEIPZIG

Wanderungen war – die Kirche scheint ihre Erfahrungen gesammelt Das Impfen und die große Freiheit zu haben – hieben sie auch den Tisch in Stücke und durch Neufünfland zogen mit der gesammelten Kollekte davon. Fröhliche Weihnachten! IN BEESKOW RAUNT MAN SICH seit langem ES GAB SCHON unwirtliche Tage und deshalb holte EINEN SCHILDBÜRGERPROZESS FÜHRTEN sie eine gute Adresse zu. Es handelt sich um einen Schreib- sich der Wanderer ein paar Pillen für Hals und Rachen, in Bergen. Eines Tages fand eine Frau ein Knöllchen an warenladen. Den hatte der jetzige Besitzer 1990 von der bevor er loszog. Fragen Sie nicht nach dem Preis, aber er ihrem Auto. TÜV und Abgassonderuntersuchung seien Treuhand übernommen und die hatte ihn verpflichtet, will nicht meckern, denn er bekam eine Apotheken-Illu- versäumt worden. Die Frau ging in die Werkstatt, wo sie die Vorräte ins Angebot zu bringen. Dazu gehörten auch strierte mit auf den Weg. Kostenlos! Und was ich aus das Auto gekauft hatte, und zwar mit der Überzeugung, Kartons mit Ansichtskarten. Wer also dort des Weges dem bunten Blatt alles erfuhr! Zum Beispiel hatten die TÜV und Gasprüfung seien erledigt. Die Werkstatt be- kommt, kann seinen Lieben eine Karte mit einem knall- Redakteure den Prof. Klaus Wahle aus Münster befragt, stätigte ihr das. Am nächsten Tag tauschte jemand von der roten Wartburg schicken, oder mit fröhlichen Urlaubern was er vom Impfbewusstsein der Deutschen hält, und Zulassungsstelle heimlich die Plaketten aus. Also rief die in der „Konsum-Gaststätte“. Das Geschäft blüht und der weil die wohl mangelhaft ist, auch noch die tollkühne Frau bei der Bußgeldstelle an und die riet ihr, dass sie flugs Händler fürchtet höchstens den Tag, an dem seine Vorrä- Frage gestellt: „Wäre die Impfpflicht wie ehemals in der Widerspruch einlegen solle. So landete sie vor Gericht und te erschöpft sind. DDR sinnvoll?“ Darauf der gelahrte Mann: „Zwar wa- die Richterin legte den Fall kopfschüttelnd zu den Akten. GAR NICHT LUSTIG ist die Geschichte, die man uns ren die Durchimpfungen in der DDR außerordentlich Zwei Polizeiobermeister aus Rügen und Schwerin waren bei Genthin erzählte. Dort hatte ein wackerer Mann gut. Aber ich bin der Meinung, dass der mündige Bürger als, ich weiß nicht was, dazugeladen worden. Hätte man seine kranke Mutter bis zum letzten Tag umsorgt und über seine Gesundheit frei entscheiden sollte.“ auf den Unfug verzichtet, wäre einiges für die Greifs- gepflegt. Er hatte sogar seine Arbeit aufgeben müssen Als er damit die unfreie DDR gebührend abgetadelt hatte, walder Obdachlosen dazugekommen. und war also der Mutter zuliebe zu den Hartz-IV-Emp- müssen ihm wohl leise Zweifel gekommen sein, deshalb HÄUSER VERSCHENKEN spielen sie derzeit im fängern hinabgestiegen. Als sie starb, hatte er nicht mal riet er hinterher: „Man könnte darüber nachdenken, dass Thüringer Land. Der Bürgermeisters von Schleusingen mehr die Mittel, um die Beerdigung bezahlen zu können. nur geimpfte Kinder überhaupt in den Kindergarten oder ließ die Stadtverordneten wissen, dass eine Unterneh- Also wandte er sich an das Sozialamt in Burg und das in die Schule gehen dürfen.“ Der Wanderer wusste nun mensberatung Innenstadthäuser angeboten habe. Auch ließ ihn wissen, dass er die Rechnung einschicken solle alles über die große Freiheit: Jeder darf selber entscheiden, diese Geschichte hat Weihnachtsmärchenhaftes an sich: und dann das Geld bekäme. Es handelte sich um 1800 ob seine Kinder geimpft werden sollen – und wenn er nicht Eine Bamberger Gesellschaft hatte einst Großeinkäufe Euro, von denen das Sozialamt 200 sofort strich, weil es will, dürfen sie nicht in die Schule! Immerhin: Ich hatte bei der Treuhand getätigt, die besten Lagen bebaut und sich um Blumen handelte und Blumen – wurde er den richtigen Schwung für einen langen Marsch! abkassiert, mit den Innenstadthäusern aber nichts anfan- beschieden – seien „Privatsache“. Ein halbes Jahr ging IM SCHÖNEN GREIFSWALD erfuhr ich noch, dass gen können und sie nun zurückgeschenkt. Inzwischen ins Land, das Sozialamt lud den Sohn zweimal zu einem man dort nach alter Sitte einen riesigen Weihnachtsstollen sind sie reif für den Abriss, aber die Denkmalschutzbe- Gespräch ein, sagte dann aber ab. Beim dritten Mal gebacken und dann verkauft hatte. 417,95 Euro wurden hörde ist dagegen. Also wird man den Weihnachtsmann eröffnete man ihm, er solle der Mutter baufälliges Häu- dabei eingenommen. Und – erfuhr der Wanderer – einen fragen müssen, was man tun soll? schen verkaufen und die Bestattung davon bezahlen. „Teil dieser Summe“ würde der Oberbürgermeister dem NIEMANDEN GEFRAGT HATTEN Diebe im märki- Einem Journalisten eröffnete er: „Bevor ich mein Eltern- Obdachlosenheim Eldena überreichen. Wir wetteten, wie- schen Prötzel. Als die Adventsfeier der Senioren zu Ende haus verkaufe, hänge ich mich auf!“ Das klang gar nicht viel da für die Obdachlosen übrig bleiben dürfte, und den und die Kollektekassette voll war, droschen sie ein Fenster nach Weihnachten ... Wetteinsatz bringen wir demnächst dort vorbei. ein, und weil die Kassette an einem Tisch festgeschraubt • KLAUS HUHN LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 POST • 27

Das hatten wir schon, Staatsterrorist Nr. 1 das hatten wir schon! Haben Sie auch so Keine Terrorgruppe, kein einzelner Terrorist, kein „Schurkenstaat“ in der Welt ängstigt soviel Tucholsky schrieb 1919 in seinem Gedicht kesse Fotos? wie die aggressive und unberechenbare Politik „Einkäufe“: des Chefs im Weißen Haus. Mit seinen perma- nenten Drohgebärden und kriegerischen Hand- Was schenke ich dem kleinen Michel lungen gegenüber anderen Staaten sowie seinem zu diesem kalten Weihnachtsfest? überheblichen Weltherrschaftanspruch, der Den Kullerball? Den Sabberpichel? durch nichts und niemanden legitimiert ist, hat er Ein Gummikissen, das nicht näßt? sich während seiner Amtszeit zum Staatster- Ein kleines Seifensiederlicht? roristen Nr. 1 in der Welt qualifiziert. Das hat er noch nicht. Das hat In seiner Politik liegen auch die Ursachen, wa- er noch nicht. ... rum sich kollektiver und individueller Terror in den letzten Jahren so stark ausbreiten konnten. Seit Jahren sind nun auch wir Ost- Die bedrohten Völker und okkupierten Staaten deutschen „vereinmichelt“ und von der sehen darin oft ihre einzige Chance (wenn auch Reaktion reich beschenkt. In Teilen der mit untauglichen Mitteln und Methoden), sich Welt stehen wieder deutsche Soldaten, das gegen die USA und ihre Getreuen zur Wehr zu Groß- und Bankenkapital agiert global und setzen. Im übrigen sollte niemand damit rechnen, ungeniert, Sozialstaat steht im Lexikon, dass sich mit den kürzlich stattgefundenen Kon- medial beherrscht das Volk. gresswahlen Wesentliches am militanten Kurs Wir können uns nur wünschen, dass sich des Präsidenten ändert. die Menschen „entmicheln“, die soziale Eine Schande ist es deshalb, dass sich die BRD, die sich nach außen in der Rolle des Rechts- Kälte der Solidarität weicht und uns ange- Schnappschüsse wie der von Gerd Eiltzer sind nicht nur die Würze fürs pri- sichts des viel gepriesenen Aufschwungs vate Album, sondern durchaus auch für eine linke Zeitung wie LN. Unsere staates gefällt, ausgerechnet Mr. Bush zum weitere Kriege erspart bleiben, denn: Das kleine Truppe kann nicht überall sein. Aber unsere Leser sind fast überall Busenfreund erkoren hat, der nach der Meinung hatten wir schon, das hatten wir schon! – da müsste doch manche Fotonachricht abfallen? Honorare zahlen wir lei- der Mehrheit der Weltbevölkerung eher vor ein RALF HUNSTOCK, der prinzipiell nicht. Aber uns und damit anderen Lesern zu guten Foto- Kriegsverbrechertribunal gehört. LEIPZIG informationen zu verhelfen, das ist doch auch kein schlechter Lohn – oder? GOTTFRIED FLEISCHHAMMER, LEIPZIG

ür 200 Millionen Euro verkauft die Von Privatisierungsplänen bedroht ist FFreie und Hansestadt Hamburg 52 auch die HHLA insgesamt. Bis zu 49 landeseigene Immobilien an den Und wieder Immobilien Prozent will die Hansestadt an einen Frankfurter Immobilieninvestor Deut- zahlungskräftigen Investor verkaufen. sche Immobilien Chancen (DIC). Im Allein von der Ausgliederung der Bieterverfahren hat sich DIC nach verschleudert Speicherstadt und des Fischmarkts Angaben gut informierter Kreise ge- Euro aus dem Besitz der Hansestadt anwaltschaft ermittelt gegen den Ham- wären 100 Arbeitsplätze betroffen. gen den Hamburger Investor Dieter bereits übernehmen. Unter diesen Im- burger Finanzsenator und den Askle- Derzeit ziehen dunkle Wolken über Becken und den britischen Fonds mobilien befanden sich auch die Wirt- pios-Chef Bernhard Broermann we- Hamburgs geplanten Prachtbau, die Patron Capital durchgesetzt. Wohl be- schafts-, Justiz- und Finanzbehörde, die gen Betrugsverdachts. Führende Mit- neue Philharmonie am Hafen, auf. Die darf das Geschäft noch der Zustim- von Hamburg bereits langfristig zu- arbeiter von Asklepios und der Stadt Kosten des neuen Musiktempels ex- mung von Senat und Bürgerschaft. rückgemietet wurden. Was die Mieten sollen gewusst haben, dass das Unter- plodieren derzeit von einst geschätzten Dass diese kommt, steht bei den Mehr- über Jahre die Hamburger kosten wer- nehmen nicht in der Lage ist, den 186 auf über 241 Millionen Euro. Von heitsverhältnissen im Parlament außer den, das verschweigt der CDU-Senat. LBK-Kaufpreis in Höhe von 350 Mil- diesem Betrag sollen nun 114 Mil- Frage. Gegenüber den Medien erklärte Verkauft wurden auch die sieben Kran- lionen sowie die versprochenen 150 lionen aus Hamburgs Steuertopf kom- ORRESPONDENZ Hamburgs Finanzsenator Wolfgang kenhäuser aus dem Eigentum der Stadt Millionen Euro an Investitionen zu men, die andere Summen sind steuer- Peiner (CDU): „Wir haben mit diesem abzugsfähige Spenden von betuchten K 2005 an das hessische Krankenhaus- bezahlen. Auch soll Asklepios vor dem Verkauf konsequent die Politik fortge- unternehmen Asklepios. Dabei hatten Kauf eigenes Vermögen auf andere Sponsoren. Ob das die gesamten Kos- setzt, städtische Immobilienunterneh- sich die Hamburger bei der letzten Bür- Gesellschaften transferiert haben. ten des neuen Konzertbaues sind, ist men sowie den Hamburger Haushalt gerschaftswahl mehrheitlich gegen den Vor Toresschluß will der Noch-Fi- fraglich. Aus dem Bieterverfahren ist von immobilienwirtschaftlichen Risi- Verkauf ausgesprochen. Kaum war der nanzsenator Peiner, der zum Jahres- der Baukonzern STRABAG ausge- ken zu entlasten.“ Verkauf unter Dach und Fach, gab es für ende sein Amt aufgibt, weitere Im- schieden. Hauptgrund war, dass die für Zum jüngsten städtischen Immobilien- das Krankenhauspersonal Arbeitszeiter- mobilen auf den Markt werfen. Be- das Haus vorgesehene Glasfassade paket, das zum Verkauf ansteht, gehören höhungen und Gehaltskürzungen. droht davon aus dem Eigentum der nicht zu verwirklichen ist. Hochtief ein Gebäudeensemble an der Dam- Nach einer anonymen Anzeige im Stadt ist die Hamburger Hafen und will die Elbphilharmonie zum Fest- AMBURGER morstraße/Große Theaterstraße sowie Spätherbst gegen Wolfgang Peiner Lagerhaus AG (HHLA). Die HHLA preis bauen und zwanzig Jahre das H Amtsgerichte und Finanzämter in ermittelt die Staatsanwaltschaft Frank- erwirtschaftet nicht nur satten Gewinn Gebäude warten. Das Risiko der Glas- Wandsbek, Harburg und Bergedorf. furt am Main im Zusammenhang mit über den Containerumschlag, sie be- fassade wälzen die Bauprofis aus Zwei Immobilienpakete konnte der In- dem Teilverkauf des Landesbetriebs wirtschaftet auch die historische Spei- Essen auf die Hansestadt ab. vestor Ixis Capital Partners für 800 Mio. Krankenhäuser (LBK). Die Staats- cherstadt und den Fischmarkt. • KARL-H. WALLOCH Anzeigen

Die Genossinnen und Genossen der Basis- An alle, die ihn kennen und organisation Innerer Süden trauern um ihren Zum Gedenken achten. Genossen Der Kämpfer gegen Fritz Trimper Prof. em. Dr. sc. Gerhard Hirschfeld Faschismus ist am 22. November 2006 in 28.12.1919 – 2. 12. 2006 Bad Waldsee verstorben. Albert Holzmüller Deine Begeisterung und Einsatzbereitschaft werden uns sehr fehlen. Leipzig war ihm immer Heimat, und der geb. 25. 10. 1917 Wir werden dich nie vergessen Universität blieb er nach dem Studium ab gest. 7. 12. 2006 ist nicht mehr. 1957 bis 1986 aktiv verbunden. Die Tugend der Beständigkeit prägte Ein erfülltes Leben für Wir trauern um unseren Kameraden sozialistische Ideale hat sich auch seine Lebenshaltung: Sein Herz vollendet. Albert Holzmüller schlug links für Links. Wir werden ihm ein ehrendes 25.10. 1917 – 07.12. 2006 Gedenken bewahren. In ehrendem Gedenken – Vorstand des Stadtvorstandes für alle Leipziger Freunde Seine Genossinnen VVN-BdA Leipzig Gerda und Friedbert Barthel und Genossen der DKP Leipzig Vorstand des BdA e. V. - Sitz Leipzig 28 • SPORT LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

Von wenn man den Redakteuren der FAZ erzählen würde, mit ihren Langläufern und Speerwerfern glänzten, hat was aus unserer Sicht „moralisch“ und was „unmora- die DDR ein olympisches Universalfeuerwerk von nie KLAUS lisch“ ist. Der Vorteil wäre, man könnte in Frankfurt gesehener Brillanz losgelassen. HUHN bleiben und als Beispiel den dort ansässigen Josef Selbst die sowjetischen Freunde, ... reiben sich die Ackermann wählen, der sich als Deutsche-Bank-Chef Augen. Total verunsichert aber sind die Amerikaner, und unlängst ein paar Millionen selbst bewilligte, deswe- es gibt, nachweisbar, in ihrem Lager einige Athleten, die gen vor Gericht kam, freigesprochen wurde, was der der DDR Erfolg über Erfolg gönnen. Nicht, weil sie Bundesgerichtshof für unmoralisch hielt, deshalb den Kommunisten wären, ... aber der ,american way of life‘ Freispruch annullierte und einen neuen Prozess anbe- setzt der Züchtung von Olympiasiegern Grenzen, die es raumte, der damit endete, dass Herr Ackermann wie- im Arbeiter- und Bauernstaat nicht gibt. der freigesprochen wurde. ... Die DDR ... geht den Weg, den sie sich vorgezeichnet as schreibt ein Sportjournalist zu Weih- Ich wollte beim Sport bleiben, und weil mir unlängst hat, weiter, und sie begnügt sich nicht damit, Gold im nachten? Er könnte sich den Gewohnheiten einige Leser wegen der Erinnerung an 1956 freundliche Stadion abzuholen. In einer Schule, nahe dem Olym- Wanpassen und Märchen wählen. Er müsste Briefe schrieben, kam mir in den Sinn, ein echtes, ein pischen Dorf, hat sie Räume gemietet, um den Propa- nicht mal zu den Bänden der Gebrüder Grimm grei- gandawert frisch gewonnener Medaillen zu nützen. fen, weil im Sport das Jahr über genügend Märchen Der Werbeslogan entbehrt nicht der Attraktivität: erzählt werden. Denen müsste er höchstens den Bart Sportkolumne ,Meet the GDR-Medal-Winners‘ (begegnet den DDR- des Weihnachtsmanns ankleben und ihnen vielleicht Medaillengewinnern!). Angesichts der polizeilichen noch einen Tannenzweig in den Arm drücken, um bei Maßnahmen, die es praktisch unmöglich machen, an den Lesern „anzukommen“. Wenn die aber abwinken, Athleten heranzukommen, sowie der Tatsache, daß weil sie schon genug haben von den ewigen Märchen, Olympisches kein anderes Land seine Olympiasieger öffentlich vor- die vor allem über den DDR-Sport erzählt werden, führt, ist der Zulauf bemerkenswert. Die Leute kom- könnte er auch in die Realität der Gegenwart wech- men, und sie haben jeden Tag Gelegenheit, mit erfolg- seln, denn die hat keinen Bart! Weihnachts- reichen DDR-Athleten zu sprechen. ...“ Zum Beispiel der Zweikampf zwischen adidas und Das war für Blickensdörfer damals schon märchen- Nike. Zwei Konzerne, die ihre Millionen mit Sport- haft, aber er hatte dem noch etwas hinzuzufügen: schuhen und Trikots und Trainingsanzügen machen. „Während erfolgreiche DDR-Athleten dort ihre Au- Der eine in Deutschland, der andere in den USA. Frü- märchen togramme gaben, saß Delegationsleiter Manfred her gab es noch mehr, Reebok zum Beispiel, aber die Ewald mit den Erfolglosen bei einem festlichen Marke hat adidas letztes Jahr für schlappe drei Mil- wahres Sport-Weihnachtsmärchen zu erzählen. Abendessen im Dachrestaurant des Luxushotels Cha- liarden Euro „übernommen“ und nun spielt sogar die In diesem Fall zitiere ich sogar einen herausragenden teau Champlain und gab einem amerikanischen USA-Basketballliga im adidas-Dress. Die dadurch in altbundesdeutschen Sportjournalisten, nämlich Hans Reporter, der Kornelia Ender zu entdecken versuchte, die Ecke gedrängte Nike langte zurück und bot der Blickensdörfer. Der leider schon 1997 verstorbene folgende Antwort: ,Hier finden Sie keine Sieger. Wir Fußball-Bundesliga 50 Millionen, wenn künftig von Stuttgarter, dessen Autobiografie „Die Baskenmütze“ sind eine große Gemeinschaft und wollen auch den Bayern bis Rostock alle in Nike-Trikots spielen. So in 18 Sprachen übersetzt worden war, berichtete 1976 anderen für ihre Anstrengungen danken und zeigen, einfach geht das natürlich nicht, denn die Bundesliga aus Montreal für die Stuttgarter Zeitung und hatte den wie stolz wir auf sie sind.‘ Auch das machte Eindruck. hat einen Vertrag mit adidas und der läuft angeblich Mut zu schreiben, was er von der DDR hielt. „Man ,Das gibt's bei uns nicht einmal für die Sieger‘, staun- bis 2014. Aber Nike hatte nicht das Doppelte von adi- kann gegen die nationalistischen Aspekte des Me- te der Amerikaner.“ das geboten, sondern das Fünffache, und wer hält sich daillenspiegels angehen wie man will. Er bleibt Olym- Und das Bankett für die Medaillenlosen ist mit der hierzulande schon an einen Vertrag, wenn ihm das pias beliebtester Blickfang, und wenn man hinein- DDR auch aus der olympischen Geschichte ver- Fünffache geboten wird? Der Präsident der Deutschen guckt, schaut einem mit stolzer und ernster Würde die schwunden. Es war damals schon für viele eine Art Fußball-Liga meldete sich denn auch flugs und gab zu DDR entgegen. Giganten wie die UdSSR und die USA „Weihnachtsmärchen“, denn in keiner Mannschaft bedenken, dass man an den Nike-Millionen nicht „ein- können weder so blicken, noch haben sie Grund dazu. wurden die eingeladen, die keine Medaille errungen fach vorübergehen“ könne. Gegenüber den Posters, die sie auf der Landkarte hatten. Ich erinnere mich noch sehr gut an diese Party Ich mache mir keine Gedanken, wie die Affäre ausge- ausmachen, ist die DDR eine Briefmarke. Olympisch 1988 in Seoul. Kugelstoßer Udo Beyer hatte in Mon- hen wird, aber ziemlich klar scheint zu sein, dass adi- gesehen ist sie freilich zur blauen Mauritius avanciert treal gewonnen, war 1980 in Moskau Dritter gewor- das noch einiges rüberlangen muss, damit Nike Zwei- und nicht vergleichbar mit anderen kleinen Ländern, den und 1988 dann „nur“ Vierter. Er saß nicht mit der ter bleibt. Ist das nicht ein hübsches Weihnachtsthe- die olympische Geschichte machten. allerbesten Laune am Tisch, aber er fand es dann doch ma? Nicht für alle, denn die Frankfurter Allgemeine Als die Nurmi, Irtola und Kolehmainen aus den finni- gut, auch mal in dieser Runde gewesen zu sein. Also: Zeitung überschrieb das adidas-Nike-Duell mit den schen Wäldern traten, um dem Langlauf eine neue Die Party der Medaillenlosen – ein olympisches drei Worten: „Ein unmoralisches Angebot“. Dimension zu geben, bewunderte die Welt das kleine Weihnachtsmärchen aus „uralten“ Zeiten. Mit Hans Vielleicht wäre es aber auch ein Weihnachtsgeschenk, skandinavische Land ... aber während die Finnen nur Blickensdörfer als Kronzeugen! LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 ANZEIGEN • 29

Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern von von LEIPZIGS NEUE ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Start 2007. LEIPZIGS NEUE eine frohe Weihnacht Auch im kommenden Jahr werden und ein gesundes und friedliches neues Jahr. wir uns gemeinsam und konsequent für linke, alternative Politik in dieser Gesellschaft einsetzen. Dr. BARBARA HÖLL

Stadtvorstand Für ein Leipzig als erklärte und aktive Stadt des Friedens mit einem breiten demokratischen Bündnis gegen Das Bürgerbüro von Rechts sowie für soziale Gerechtigkeit. MdL Dr. Dietmar Pellmann wünscht allen Unseren Mitgliedern und anderen Unterstützern Leserinnen und Lesern von LN ein herzlichen Dank friedliches Weihnachten sowie einen und gute Wünsche für ein erfolgreiches Jahr 2007. erfolgreichen Start ins Jahr 2007. Friedenszentrum Leipzig e.V. Friedensweg Leipzig Zugleich bedanken wir uns für die gute Leipziger Komitee für Gerechtigkeit e.V. Zusammenarbeit im Jahr 2006 Arbeitsgemeinschaft "Flughafen - natofrei", Mitglieder des Aktionskreises gegen Rechts MdL Dr. Dietmar Pellmann Reinhard Grützner dankt allen Leserinnen und Lesern für die geleistete finanzielle, materielle und politische Solidarität mit Kuba. Wir wünschen ein gesundes und erfolgreiches neues Ein frohes Weihnachtsfest Jahr. und für 2007 Gesundheit, Optimismus Unsere Solidarität geht weiter und Kraft im Kampf gegen Sozialabbau und für die Bildung der neuen Linken wünscht das Wahlkreisbüro Die Mitglieder Allen Genossinnen und Genossen, allen von MdL Dr. Monika Runge. und Sympathisantinnen und Sympathisanten Sympathisanten der Linkspartei.PDS in Lößnig MdL Dr. Monika Runge Wolfgang Denecke der Initiative ein frohes und geruhsames Weihnachtsfest, Christliche Linke verbunden mit herzlichen Grüßen zum Jah- wünschen allen reswechsel und den besten Wünschen für Leserinnen und 2007. Lesern Vor uns stehen große Aufgaben – packen wir sie von LEIPZIGS gemeinsam an. Ein frohes Die Vorstände der NEUE Weihnachtsfest Linkspartei.PDS-Basisisgruppen Lößnig ein geruhsames und für das Jahr 2007 Weihnachtsfest Kraft und Optimismus im Kampf gegen und ein Bildungs- und Sozialabbau glückliches, friedvolles Das wünscht Ihnen CORNELIA FALKEN Jahr 2007 Der Vorstand der MdL Sachsen – Linksfraktion.PDS Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen e. V. wünscht allen Leserinnen und Lesern von LEIPZIGS NEUE frohe und besinnliche Weihnachtsfeiertage Unsere Genossin und Ursel Kalich ein friedliches und solidarisches Jahr 2007. Gemeinsam schaffen wir eine neue Linke! wird am 22. Dezember Allen Leserinnen und Lesern von Leipzigs 80 Jahre. Dr. Monika Runge, MdL Prof. Dr. Klaus Kinner Stiftungsvorsitzende Geschäftsführer Neue, allen Genossinnen und Genossen Wir danken dir für unseres Kreisverbandes ein deine langjährige frohes Weihnachtsfest und für 2007 viel Mitarbeit und Der Vorstand der TIG Leipzig bedankt sich bei allen Gesundheit und Kraft für die wünschen dir, Mitgliedern und ihren Angehörigen, bei allen Freunden liebe Ursel, für das neue vor uns stehenden Aufgaben und Sympathisanten für die solidarische Unterstützung im Lebensjahr Kampf gegen Rentenstrafrecht und soziale Ungerechtig- alles erdenklich Gute. Wolfgang Denecke keiten, wünscht ein friedliches Weihnachtsfest, Vorsitzender des alles Gute zum Jahreswechsel Kreisverbandes Deine Linkspartei.PDS- und gemeinsame Erfolge im neuen Jahr. OV Connewitz / Dölitz Leipziger Land Die nächste ISOR-Sprechstunde findet am 24. Januar 2007 statt. 30 • ANZEIGEN LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

Zu ihrem 65. BUCHHANDLUNG RIJAPIJAP Geburtstag gratulie- GbR ren wir unserer verdienstvollen !: 0341-9608531 Fax: 0341-2125877 Literatur für SIE Mitstreiterin und VERANSTALTUNGEN guten Freundin Im Dezember neu bei uns: Sonnabend, 6. Januar, 10 Uhr, Chemnitz Globalisiertes Chemnitz – eine Stadtführung. Elmer Altvater: Das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen. Treffpunkt: Industriemuseum Chemnitz, Zwickauer Str. 119 Westfälisches Dampfboot, 14,90 Euro Mittwoch, 10. Januar, 18 Uhr, Leipzig Max Otte: Der Crash kommt. Die neue Weltwirtschaftskrise und Buchvorstellung und Diskussion: Ostdeutschland – Zwischen wie Sie sich darauf vorbereiten. Econ, 18 Euro Währungsunion und Solidarpakt II. Mit Dr. Ulrich Busch, Ber- lin, und Karl Mai, Halle, Mitautor und Mitherausgeber. Moderati- Wer war wer in der DDR. Hrsg. v. Helmut Müller-Ensbergs, Jan on: Dr. Dieter Janke Wielgohs u. Dieter Hoffmann, Links, 49,90 Euro Rosa-Luxemburg-Stiftung, Harkortstr. 10 Mittwoch, 10. Januar, 18 Uhr, Chemnitz Wir beschaffen jedes lieferbare Buch. Vortrag und Diskussion: 60. Jahrestag der Nürnberger Kriegs- Wir liefern in Leipzig frei Haus! In alle anderen Orte Sachsens verbrecherprozesse. Mit Prof. Dr. Kurt Pätzold für geringes Porto! TU Chemnitz, Reichenhainer Str. 70 Dr. Christel Donnerstag, 11. Januar, 19 Uhr, Brand-Erbisdorf Bestellen Sie per Telefon, Fax oder Internet Vortrag und Diskussion: 60. Jahrestag der Nürnberger Kriegs- ! 0341 - 9 11 01 70, Fax: 0341 - 9 11 01 71 Hartinger verbrecherprozesse. Mit Prof. Dr. Kurt Pätzold. In Zusammenar- www.buchhandlung-rijap.de beit mit BrennPunkt e. V. Literaturwissenschaft- Städtischer Festsaal, Stadthaus 2 lerin, Trägerin des Freitag, 12. Januar, 16.30 Uhr, Sonnabend, 13. Januar, In Leipzig finden Sie uns in der Lysistrata-Friedens- 10–21 Uhr, Chemnitz Dem Rad in die Speichen fallen. Symposium, gewidmet Hans- Filiale Axispassage preises (LISA) sowie Joachim Vogel, sowie eine Ausstellung mit Arbeiten aus seinem 04159 Georg-Schumann-Str. 171 der Ehrenurkunde der umfangreichen künstlerischen Nachlass. Veranstalter: Fraktion Filiale Eutritzscher Zentrum Stadt Leipzig für her- Linkspartei.PDS im Sächsischen Landtag, Rosa-Luxemburg-Stif- 04129 Wittenberger Str. 83 vorragendes Bürgeren- tung Sachsen e. V., Rothaus Chemnitz e. V., Arbeitsgemeinschaft Filiale Büchermarkt Mockau Center Offene Kirche Sachsen. Eintritt frei. Anmeldung erwünscht gagement. Tel. 0371 / 5382718; Fax 0371 / 5382719. 04357 Mockauer Str. 123 Wir wünschen unserer Ev.-Luth. Kirchgemeindezentrum St. Pauli-Kreuz, Henriettenstr. 36 Christel bessere Gesundheit und gute Die Veranstaltungen sind für jedermann offen. Wir danken unserer verehrten Kundschaft Chancen für ihre weite- für ihr entgegengebrachtes Vertrauen und ren Vorhaben, die viel- wünschen ein friedvolles Weihnachtsfest fach unsere gemein- Mit dem linken SPOTLESS samen sind. und ein gesundes neues Jahr 2007! Friedenszentrum Reisebüro TUK KLAUS HUHN: Urlaub für Leipzig e.V. Gleichgesinnte im ACKERMANN Riesengebirge und Teilnahme am UND ANDERE Die Freidenker des Carl-Schorlemmer-Apotheke ANTIFA-Treffen Leipziger Verbandes Inhaber: in Mala Upa. Selbst bürgerliche Zeitungen wünschen allen frei FSD PhR Friedrich Roßner 21. – 28. August 2007 nannten den Denkenden und damit Fachapotheker für Rückfragen: Prozess einen auch Leserinnen und Allgemeinpharmazie Tel.: 0341-688 35 02 „Kuhhandel“ Lesern von Karlsruher Straße 54 04209 Leipzig AG Reisen/AG Senioren beim Anruf oder FAX: LEIPZIGS NEUE ein Telefon (03 41) 4 22 45 58 SV der Linkspartei.PDS 030 - 24009401 erfolgreiches Jahr 2007. Arzneimittel-Information Telefon/Fax (03 41) 4 12 71 91 Arzneimittel-Abgabe Büro / Apothekenleiter

bitte ausgefüllt schicken an: Bestellschein LEIPZIGS NEUE, Braustraße 15, 04107 Leipzig LIEFERANSCHRIFT: Die Zeitung erscheint vierzehntäglich und wird über die Post zugestellt. Das Abonne- ...... ment verlängert sich jeweils um ein halbes Name, Vorname Jahr, wenn ich es nicht bis einen Monat vor ...... Bezugsende in der Redaktion kündige. Straße, Hausnummer ...... Ich bitte um Rechnung PLZ, Ort Ich bezahle durch Bankeinzug ...... evtl. Telefon ...... RECHNUNGSANSCHRIFT Geldinstitut (nur extra auszufüllen, wenn dies ein ...... Geschenkabonnement ist BLZ ...... Helfen Sie uns, das Eisen zu ...... Kontonummer Name, Vorname ...... schmieden, solange es heiß ist...... Kontoinhaber Straße, Hausnummer ...... Datum, 1. Unterschrift des Auftraggebers SPENDEN bitte an: PLZ, Ort Ich kann diese Bestellung innerhalb von 10 Tagen nach Absendung (Datum Poststempel) widerrufen...... Projekt Linke Zeitung e. V., Das Halbjahresabonnement kostet 13 Euro. 2. Unterschrift des Auftraggebers Sparkasse Leipzig, Konto: 11 50 11 48 40 – BLZ 860 555 92, Kennwort: Spende für LN Studierendenabo (13 Euro im Jahr) bei Kopie des Studentenausweises Übrigens: LN ist auch ein prima Probeabo (3,50 Euro für ein Vierteljahr) Geschenk für Freunde, Bekannte , Nachbarn ... Solidaritätspreis: Ich möchte LEIPZIGS NEUE unterstützen und zahle zum Halbjahrespreis von 13 Euro zusätzlich 5 Euro. LEIPZIGS NEUE • 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006 O DU FRÖHLICHE • 31

Vor 15 Jahren letztmalig auf dem Bildschirm „Zwischen Frühstück und Gänsebraten“ Über Weihnachtslieder, Weihnachtszoff und Weihnachtsbrauch in einem neuen Nicht-Weihnachtsbuch Bei Familie Quermann gab es vor 50 Jahren einen Quermann! Deitsch und Frei wolln mehr sei! (Erz- weihnachtlichen Ehedisput. Nachzulesen im gebirgslied von Anton Günther, seit 1945 verbo- nagelneuen Buch über den 2003 verstorbenen ein- ten)“ maligen Redakteur, Conferencier, Regisseur und Antwort Quermann: „ ... wenn Sie wirklich ein ehemaligen Bäcker. alter Erzgebirgler sind, sollten Sie eigentlich wis- „Entgegen unseren sonstigen Gepflogenheiten sen, dass der böse alte Zensor Quermann derjeni- hatte ich am 1. Feiertag spielfrei. Womit also die ge gewesen ist, der veranlasste, dass AMIGA eine Zeit totschlagen? Die Gans, die in der Bratröhre Langspielplatte mit Anton Günther produzierte. vor sich hinschmurgelte, war es schon längst. Ich (...) Im übrigen möchte ich Sie darauf hinweisen, ging also meiner Nase nach und landete in der dass die in den letzten 40 Jahren entstandenen Erz- Küche. Einmal, zweimal, mehrmals, Ruth wurde gebirgslieder weder unter Zensur noch unter von Mal zu Mal ungehaltener, bis ihr der Kragen Druck entstanden sind. Ich muss annehmen, dass platzte ...“ Ihre Karte eine Provokation darstellt, die ich auf Ruth Quermann schlug ihrem Heinz also vor, doch keinen Fall hinnehmen werde.“ um diese Zeit eine Sendung zu machen, damit er Antwort Dr. Riedel: „Wie ich Ihrem Schreiben sie nicht weiter nerve. In seinem Kopf ratterte es, entnehme, muß ich annehmen, dass Sie mich eine Radiosendung für die ganze Familie und zwar wegen meiner Zuschrift ins Gefängnis bringen um die Mittagszeit. Eine tolle neue Idee. Quer- könnten. Ich ziehe daher meine Kritik als unge- mann wollte seine sprachgewandte Frau gleich als rechtfertigt zurück.“ Margot Ebert und Heinz Quermann beim „Gänsebraten“ am Gastgeberin mit unter den Tannenbaum holen, Antwort Quermann: „Ich hatte nie die Absicht, Sie 1. Weihnachtsfeiertag 1957 aber die ließ sich nicht drauf ein, sondern brachte ins Gefängnis zu bringen. (...) Wenn Sie wieder Margot Ebert ins Gespräch, da er mit ihr doch mal irgendwelche Dinge haben, die Sie loswerden schon die Schlagersendung „Amiga-Cocktail“ möchten, wenden Sie sich vertrauensvoll an ansage. mich.“ Das erste Mal servierten Margot Ebert und Heinz Die reich bebilderten 220 Seiten aus Quermanns Quermann „Zwischen Frühstück und Gänsebra- Nachlass beschreiben amüsant und nachdenklich ten“ Weihnachten 1957. Fernsehgeräte standen weitaus mehr als nur ein Kapitel Unterhaltungs- damals kaum in den Wohnzimmern, aber auch den kunst zwischen Schlagerrevue – Da lacht der Bär Adlershofern gefiel die Idee, und sie übertrugen – Herzklopfen kostenlos und der legendären Weih- die zwei Stunden. 35-mal wurde produziert. 1991 nachtsmatinee. ging die Gans dann gemeinsam mit Adlershof Warum er als ehemaliger DDR-Liberaler dann unter. 1991 nicht in die FDP eintrat, zwar die SPD wähl- Damals sagten einige: Na endlich, und ein Erzge- te, aber Gregor Gysi unterstützte und bei der Be- birgler namens Dr. Riedel aus Hannover schrieb setzung des Palastes der Republik nicht fehlte, an Heinz Quermann: „Wieder hat der alte Zensor zählt zu den zahlreichen Lebensfacetten dieses Quermann, der 40 Jahre lang die Volksmusik im auch nach seinem Tode noch sehr populären Man- Namen der SED unterdrückte und jede Unterhal- nes und ist des Nachlesens wert. tungssendung in sozialistische Zwangsjacken • - CK gesteckt hatte, dieser Weihnachtssendung seinen Das dicke Quermann Buch Quermann unsterblich als Stempel aufgedrückt. (...) laßt doch die Volks- Eulenspiegel-Verlag, Berlin 2006 „Wachsgesicht“ künstler ihr Programm selbst bestimmen! Weg mit 220 S., 19.80 Euro Wei(h)nacht ... gehört übrigens zu den ganz Das Rechte nach Bedarf zu schenken seltenen Familiennnamen im macht immer nötig, scharf zu denken. deutschsprachigen Raum. Ab und an kommt auch „Weih- Eugen Roth nachten“ oder „Weihnachter“ vor. Der legendäre, inzwi- schen verstorbene Namens- Anzeige forscher Josef Karlmann Bre- chenmacher begründet die Entstehung dieses Nachna- mens seit dem 14. Jahrhundert unter anderem mit dem Ge- burtstag der ersten Namensträ- ger. Eine weitere Möglichkeit boten alte Ortsnamen wie „Wihennachten“, um den ei- nen oder anderen so zu titulie- ren.Der Ort Wienachten bei Rohrschach heißt 1525 „uff deb Wychennechten“. Eine Siedlung Weihnachtshalde existierte in St. Gallen. Erst- malig entdeckte der Forscher den weihnachtlichen Namen im Jahre 1384 bei einem Die- trich Winacht. 1491 existierte ein Georg Winächter in Ober- bayern. Im Telefonbuch des Raumes Leipzig ist im Jahre 2006 nichts ähnliches zu finden. Und die Post an den Weih- nachtsmann geht demnach wie meist nach: Himmelpfort. • Z. Auch Weihnachtsengel unterschreiben dieser Tage in Leipzig Forderungen für bezahlbare Fahr-Tickets. Foto:Gerd Eiltzer 32 • ALLERHAND 25/26 ‘06 • 22. DEZEMBER 2006

Nix Punsch ... dafür Milch Mix

er Herr Müller kommt aus Deutsch- Müller die alte Fabrik in Niedersachsen nicht land. Der Herr Müller ist ein Unter- mehr gebraucht, er hat sie geschlossen und Dnehmer. Und das, was in den Fabri- 175 Menschen haben ihre Arbeit verloren. 64001 DP AG Postvertriebsstück Gebühr bezahlt ken von Herrn Müller hergestellt wird, habt Wenn ihr in der Schule gut aufgepasst habt, Projekt Linke Zeitung e. V., Braustraße 15, 04107 Leipzig ihr sicher alle schon mal gesehen, wenn ihr dann habt ihr sicher schon gemerkt, dass der im Supermarkt wart. Der Herr Müller stellt Herr Müller 17 Arbeitsplätze weniger ge- nämlich lauter Sachen her, die aus Milch schaffen hat, als er abgebaut hat. Dafür hat er FUNDSACHEN gemacht werden. Naja, eigentlich stellen die 70 Millionen Euro bekommen. Kühe die Milch her, aber der Herr Müller Wenn ihr jetzt die 70 Millionen durch 17 verpackt sie schön und sorgt dafür, dass sie in teilt, dafür könnt ihr ruhig einen Taschen- Im Amazonasgebiet verschwin- Die Politik der nuklearen Zwei- den Supermarkt kommen, wo ihr sie dann rechner nehmen, dann wisst ihr, dass der Herr det immer noch täglich Urwald in deutigkeiten hat Israel mit den kaufen könnt. Müller für jeden vernichteten Arbeitsplatz der Größe von 7 000 Fußballfel- USA abgestimmt. Es steht doch Die Sachen, die der Herr Müller herstellt, über 4 Millionen Euro bekommen hat. Da dern. 3sat 8. 12. in unseren Schriften: Weise, passt sind so gut, dass sogar der Herr Bohlen dafür lacht er, der Herr Müller - natürlich nur, wenn auf eure Worte auf. DLF 12.12. Werbung gemacht hat. Weil der Herr Müller niemand hinsieht. Ansonsten guckt er ganz In den 50er Jahren gab es in Han- ein Unternehmer ist, hat er sich gedacht, er traurig und erzählt jedem, wie schlecht es nover noch über 300 private Flei- Wir haben hier jetzt 70 Planstel- unternimmt mal was und baut eine neue ihm geht. Aber der Herr Müller sitzt nicht nur schereien. Jetzt sind es noch 39. len weniger als zum Zeitpunkt der Fabrik. Und zwar baut er sie in Sachsen. rum, sondern er sorgt auch dafür, dass es ihm DLF 9. 12. Wiedervereinigung. Wenn die Eigentlich braucht niemand eine neue Milch- besser geht. Er ist nämlich sparsam, der Herr (In Leipzig lt. Gelbe Seiten im Jahre Thüringer Landesregierung so fabrik, weil es schon viel zu viele davon gibt, Müller. 2006 noch genau 43) weiter macht, gibt es in der und diese viel zu viele Milchprodukte produ- icher kennt ihr die Becher, in denen Musik- und Theaterlandschaft zieren, aber der Herr Müller hat sie trotzdem früher die Milch von Herrn Müller ver- Mit dem Fahrplanwechsel der einen Kahlschlag, wie ihn die gebaut. Und weil die Leute in Sachsen ganz Skauft wurde. Die schmeckt gut und es Deutschen Bahn am 10. Dezem- Menschheit noch nicht erlebte. arm sind und keine Arbeitsplätze haben, passten 500 ml rein, das ist ein halber Liter. ber fährt kein Zug mehr nach Bad Intendant Thüringer Philharmonie unterstützt der Staat den Bau neuer Fabriken Seit einiger Zeit verkauft der Herr Müller Frankenhausen. ARD 10. 12. DLF 12. 12. mit Geld. seine Milch aber in lustigen Flaschen, nicht Arbeitsplätze hat man nämlich im Gegensatz mehr in Bechern. Die sind praktisch, weil Jetzt muss jeder jeden Job an- Die Oberschicht sagte kürzlich zu Milchprodukten nie genug. Also hat der man sie wieder verschließen kann und sehen nehmen. Axel Schulz hat es mit zur Unterschicht, dass sie sich Herr Müller einen Antrag ausgefüllt, ihn zur hübsch aus. Allerdings sind nur noch 400 ml Boxen versucht. 3sat 10. 12. ihres Problems endlich einmal Post gebracht und abgeschickt. Ein paar Tage drin, sie kosten aber dasselbe. Da spart er annehmen wolle. Damit wäre das später haben ihm dann das Land Sachsen und was, der Herr Müller und Sparen ist eine An der Börse wirft niemand Sie- Problem gelöst, wenn sich die die Herren von der Europäischen Union in Tugend, das wissen wir alle. Wenn ihr jetzt mens die schwarzen Kassen vor. Unterschicht endlich der Ober- Brüssel einen Scheck über 70 Millionen Euro fragt, warum solche Leute wie der Herr Mül- Es gibt aber Vorwürfe, weil sie schicht annehmen würde. Aber geschickt. 70 Millionen, das ist eine Zahl mit ler nicht einfach an den nächsten Baum ge- sich haben erwischen lassen. gründlich. sieben Nullen, also ganz viel Geld. hängt werden, dann muss ich euch sagen, DLF 11.12. Werner Lutz, Eulenspiegel 12/2006 Der Herr Müller hat also seine neue Fabrik dass man so etwas einfach nicht tut. (Und ein gebaut und 158 Leute eingestellt. Hurra, Herr deutscher Dichter namens Heine hat schon Die Deutschen geben 2006 rund Müller! Nachdem die neue Fabrik von Herrn vor über 150 Jahren bedauernd geschrieben: 616 Millionen Euro für Weih- ENTDECKT VON Müller nun ganz viele Milchprodukte herge- „Und man macht aus deutschen Eichen keine nachtsbäume aus. ND 12. 12. MANFRED ERBE stellt hat, hat er gemerkt, dass er die gar nicht Galgen für die Reichen.“) Wenn ihr aber das verkaufen kann, denn es gibt ja viel zu viele nächste Mal im Supermarkt seid, dann lasst Fabriken und Milchprodukte. doch einfach die Sachen vom Herrn Müller Naja, eigentlich hat er das schon vorher im Regal stehen und kauft die Sachen, die gewusst, auch die Herren vom Land Sachsen daneben stehen. Die schmecken genauso gut, und der Europäischen Union haben das sind meistens billiger und werden vielleicht gewusst, es ist nämlich kein Geheimnis. Das von einem Unternehmer hergestellt, für den Geld haben sie ihm trotzdem gegeben. Ist ja der Begriff „soziale Verantwortung“ noch nicht ihr Geld, sondern eures. Klingt eine Bedeutung hat. komisch, ist aber so. Also was hat er ge- Ach übrigens, da fällt mir ja ein, der Herr Vorsicht beim macht, der Herr Müller? In Niedersachsen, Müller will auch Erbschaftsteuer sparen und Katerfrühstück! das ist ziemlich weit im Norden, hat der Herr hat daher beschlossen, seinen Wohnsitz nach Müller auch eine Fabrik. Die steht da schon Österreich zu verlegen. Und eines sollte uns seit 85 Jahren und irgendwann hatte der Herr einigen: Nichts mehr von Müller-Milch auf Das Herz vor Ärger Müller sie gekauft. Weil er jetzt die schöne den Gabentisch. neue Fabrik in Sachsen hatte, hat der Herr • I. MEHL schneller puckert, wenn man die Frühstückseier Herausgeber: Projekt Linke Zeitung e.V., Das Letzte von LN zur Fußball-WM 2006: V.i. S. P.: Rahel Springer zuckert. Bei Licht’ betrachtet war der Fußball Redaktion: Braustraße 15, 04107 Leipzig, Tel./Fax: 0341 / 21 32 345 nichts weiter als ein Bußfall. E-Mail: [email protected] Verliebte hören auf Internet: www.leipzigs-neue.de Einzelpreis: 1 Euro, im Abonnement halb- zu balzen, jährlich (für 13 Ausgaben): 13 Euro Ausgedient ... nach 14 Jahren !!! Die Manuskript- sind ihre Cornflakes Vertrieb, Abonnement, Abrechnung, Transport-Trage- mal versalzen. Anzeigen, Werbung: Ralf Fiebelkorn, Büro- und Verlagsservice, Tasche Gärtnerstraße 113, 04209 Leipzig. von M.W. Trink ich Orangen- Tel./Fax (Redaktion): 0341/2132345 Zu den saft mit Zwiebel, Druck: Rollenoffset-Kiel GmbH Einzelne Beiträge müssen nicht mit der Mei- Hoffnungen wird mir meistens nung der Redaktion übereinstimmen. Für ganz schnell übel. unverlangt eingesandte Manuskripte und der Redaktion Fotos wird nicht gehaftet. für 2007 gehört Redaktionsschluss dieser Ausgabe: u. a.: Fällt in den Kaffee 18. Dezember Die nächste Ausgabe erscheint am Mit einer neuen ein Stück Käse, 12. Januar wird man auch Spendenkonto M-T-T-T ist für Projekt Linke Zeitung e. V. bei der Chefins mobiles darüber bäse. Sparkasse Leipzig, BLZ: 860 555 92, Büro wieder o.k. • H. V. Konto: 11 50 11 48 40