Mut Zum Kleinen Verzicht? Uberflüssiger Streit Um Grenzbeschreibungsdaten
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Heute auf Seite 20: Interview mit Staatssekretär Priesnitz UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND Jahrgang 39 — Folge 30 Erscheint wöchentlich Landsmannschaft Ostpreußen e. V. Postvertrlebsstück.Gebühr bezahlt 23. Juli 1988 Parkallee 84/86, 2000 Hamburg 13 C5524C Grenzen von 1937: Mut zum kleinen Verzicht? Uberflüssiger Streit um Grenzbeschreibungsdaten VON HARRY POLEY Das Deutsche Reich hat den Zusammenbruch satzungsmächten ihre zu besetzenden Zonen zuge• 1945 uberdauert, es .existiert fort", besitzt nach wie teilt wurden. vor Rechtsfähigkeit, ist allerdings als Gesamtstaat Besatzungsgebiet sollte nicht das Deutsche Reich nicht handlungsfähig. Das hat das Bundesverfas• mit seinem Vorkriegs-Gebietsstand sein, sondern sungsgericht am 31. Juli 1973 auf Grund einschlägi• .Deutschland... innerhalb seiner Grenzen, wie sie ger Grundgesetzartikel und der voraufgegangenen am 31. Dezember 1937 bestanden". Diese Formel eigenen Rechtsprechung festgestellt. Daran hat es taucht dann noch einmal in der „Berliner Erklärung bis heute festgehalten. Der letzte Beschluß hierzu, in Anbetracht der Niederlage Deutschlands" vom 5. das sogenannte Teso-Urteil datiert vom 21. Oktober Juni 1945 auf, in der es u. a. auch heißt, die Über• 1987. Es hat zum Rechtsstatus des Völkerrechtsub• nahme der Regierungsgewalt durch die Besat• jekts «Deutsches Reich" Stellung genommen und zungsmächte bewirke nicht die Annektierung sich mit den Aussagen des Grundgesetzes hierzu Deutschlands. Es sollte damit der Eindruck erweckt auseinandergesetzt. Es hat nicht die Grenzen des werden, als wolle man sich an das von der Völker• fortbestehenden Reiches beschrieben. An anderer rechtsgemeinschaft allseitig anerkannte Verbot Stelle hat das Gericht beispielhaft acht Grenzen gewaltsamer Annexionen halten und die verabre• verschiedener Qualität, darunter auch die Grenze deten Gebietsabtrennungen „bis zu der Friedens• des Deutschen Reiches nach dem Stande vom .31. konferenz" zurückstellen. Dezember 1937" in anderem Zusammenhang auf• In Wahrheit war mit der Formel der Grenzen von gezählt. 1937 bereits die Annexion zweier deutscher Gebie• Auch der — nach dem ursprünglichen Kommis• te vorweggenommen worden. In der Zeit zwischen sionspapier nachgebesserte — Leitantrag des dem 1. Januar 1938 und dem Kriegsbeginn am 1. Wiesbadener CDU-Parteitages spricht nicht von September 1939 waren auf Initiative, unter Mitwir• diesen Grenzen von 1937, was merkwürdigerweise kung oder Zustimmung der europäischen Groß• zu Kritik und Mäkeleien geführt hat. Aus den eige• mächte zwei der seit den Friedensdiktaten von 1919 nen Reihen der Partei wird bemängelt, daß stattdes• schwelenden Konfliktherde in Europa beseitigt Unvergessenes Katyn Zeichnung aus „Die Welt" sen von .Deutschland in seinen rechtmäßigen worden. Im September 1938 waren die sudeten• Grenzen" oder „in allen seinen Teilen" die Rede ist. deutschen Gebiete mit dreieinhalb Millionen Deut• So war kürzlich in einem nicht unbedeutendem In• schen und im März 1939 das mit Ausnahme einer formationsdienst zu lesen, wobei der Verfasser den- 20jährigen litauischen Zwischenherrschaft seit jenigen, die sich nicht für diese in Versailles den 1422 unbestritten deutsche Memelland mit 155 000 Kein Rendez-vouz mit der Wahrheit Deutschen aufgezwungene Unrechtsgrenze einset• Ostpreußen in die Obhut ihres Vaterlandes zurück• zen, unterstellt, sie wollten in böser Absicht schon gekehrt. Mit der Abtrennung dieser deutschen Ge• H. W. — „Das Massaker in Katyn ist eines der Gorbatschow werde bei einem Besuch in vor Friedensverhandlungen Deutschland verklei• biete ohne jeden Hinweis auf eine friedensvertrag• schlimmsten Verbrechen, die in der Neuzeit Auschwitz sprechen und auf diesem Boden nert wissen. liche Regelung — wie er für die übrigen deutschen begangen worden sind, — denn es war ein erreichen, daß das Massaker von Katyn an• Ostgebiete in das Potsdamer Protokoll hineinge• Massenmord an Tausenden von Kriegsgefan• gesichts der NS-Verbrechen relativiert würde. schrieben war—liegt eine eklatante Verletzung des genen. Nicht einmal das nationalsozialistische Sozusagen nur noch eine quantite negliable. Lust an Separatweg Völkerrechts vor, das Gebietsübertragungen ohne Deutschland ist einer solchen Tat schuldig." Nun, Gorbatschow reiste nicht nach Ausch• Es sei dahingestellt und ist hier auch nicht zu un• Zustimmung der Betroffenen verbietet. Diese Feststellung traf der polnische Professor witz. Dafür legte Frau Raissa einen Kranz tersuchen, ob im Falle des Wiesbadener Leitantra• Die Befürworter jener Grenzen von 1937nehmen, für zeitgenössische Philosophie und Doktor nieder — ein Gedenken, das wohl auch in ges bei dem einen oder anderen solche Gedanken so scheint es, den Bruch des Völkerrechts und die der Theologie, Joseph Bochenski, anläßlich Katyn angebracht gewesen wäre. Verletzung des Rechtes auf Selbstbestimmung still• tatsächlich eine Rolle gespielt haben. Aus allzu vie• des Besuches von Gorbatschow in Polen und Die Polen waren voller Erwartung und eine len Äußerungen hört man leider die Lust heraus, schweigend billigend hin. Sie wiegen sich offenbar sagte weiter, dieses auf Anordnung der so• in der Illusion, die einseitige Grenzbeschreibung versöhnliche Bemerkung hätte für einen Neu• den Separatweg in ein Klein-West-Europa zu gehen wjetischen Regierung ausgeführte Verbre• und damit die .Deutsche Frage" unter den Teppich des Besatzungsgebietes sei so etwas wie eine Be• beginn genutzt werden können. Doch Gorba• zu kehren. standsgarantie des im Diktat von Versailles 1919 chen sei in der eindeutigen Absicht begangen tschow verpaßte diese Sternstunde. Wenn Wie dem auch sei, die viel gepriesenen Grenzen den Deutschen zugestandenen Staatsgebiets. Sie worden, die Klasse der Gebildeten, der Intelli- man in Polen sagte, die Aussöhnung zwischen von 1937 haben weder mit dem Recht noch mit der glauben offenbar, das Verschweigen dieses ihrer gentsia, also die nationale Führungsschicht, zu Polen und Rußland führe durch das Nadelöhr Selbstbestimmung etwas zu tun. Sie stehen viel• Meinung nach kleineren Unrechts und entspre• dezimieren. Deshalb sei Katyn in Polen auch von Katyn, so hat Gorbatschow hier den Zwirn mehr für die ersten Annexionen, die Deutschlands chendes Wohlverhalten gegenüber den Anne• als Trauma erlebt worden. Die Anerkennung nicht eingefädelt. Kriegsgegner noch vor der militärischen Kapitula• xionsmächten könnte größeres Unrecht verhüten der Schuld durch die Sowjetführung, so Prof. Nun wird man sagen, Gorbatschow habe tion 1945 vorgenommen haben. In Teheran kristal• helfen. Die Geschichte hat uns Gegenteiliges ge• Bochenski, sei zugleich eine Bedingung der lehrt. In aller Regel zieht der kleine Verzicht die er• doch im eigenen Land weitere Schritte auf dem lisierten sich 1943 bereits die Pläne zur Zerstücke• Möglichkeit eines friedlichen Zusammenle• Wege der Entstalinisierung getan, eine Kam• lung Deutschlands und zur Übergabe Memels und zwungene Preisgabe weiterer Rechtsgüter nach bens im östlichen Europa. des nördlichen Ostpreußens an die Sowjetunion sich. pagne übrigens, die er für seine eigenen Ziele heraus, während Churchill mit Stalin vereinbarte, „Irgendwo in Sibirien.. benötigte, weshalb hat er die Gelegenheit zu den neu zu schaffenden polnischen Staat mit dem einer Bereinigung des polnisch-sowjetischen übrigen Ostdeutschland bis zu Oder und Neiße zu Gefährlicher Rückzug Als Stalin durch den seitens der polnischen Verhältnisses vorübergehen lassen? Gewiß .entschädigen". Roosevelt hatte überdies gefordert, Der laxe Umgang mit dem Recht wird deutlich, Exilregierung in London nach Moskau ent• hätte das Eingeständnis des Verbrechens sei• der Begriff .Reich" müsse aus dem Bewußtsein und wenn man 37er Freunden die Frage vorlegt, welches sandten Botschafter Prof. Kot auf 15000 ver• tens seiner Vorgänger zu der erstrebten Be• dem Sprachgebrauch der Deutschen verschwinden hierzu befugte und ermächtigte Organ denn das Su• schwundene polnische Offiziere angespro• friedung beigetragen. und über Österreich hatte bereits die Moskauer deten- oder Memelland aus der Zugehörigkeit zu chen wurde, erhielt er die zynische Antwort, Gorbatschow ist unzweifelhaft ein kluger Außenministerkonferenz dahingehend entschie• Deutschland entlassen habe. Das Reich hatte sei• daß die „(Offiziere) vielleicht nach Sibirien ge• Taktiker, der weiß, wie weit er gehen kann. Er den, daß der Anschluß von 1938 „null und nichtig nen unbestrittenen Friedensgebietsstand. Um den und ein separater Staat zu errichten sei. gilt es zu ringen, wenn ein gesamtdeutscher Staat flüchtet" seien. Die Auffindung von über 4000 kennt seine Position und er weiß auch, daß es irgendwann auf dem Prüfstand einer Friedenskon• Leichen polnischer Offiziere durch die deut• ihm nur möglich ist, mit homöopathischen Do• In Quebec und Jalta teils modifiziert, teils ver• sche Wehrmacht im Jahre 1943 in Katyn sowie sierungen zu arbeiten. Gorbatschow steht erst schärft, wurde die Linie dieser Abmachungen ein• ferenz stehen sollte. Wer sich aber schon heute ein• gehalten. Die Absicht, nach dem Sieg über das seitigen Machtsprüchen freiwillig beugt, wer Rei• die Vorstellungen der Exilpolen veranlaßten am Anfang seiner „neuen Politik", die letztlich Reich Deutschland zunächst einmal total zu beset• chenberg und Eger, Memel und Heydekrug ab• Stalin, die Beziehungen zu den Exilpolen in eine Rückkehr zu Lenin bedeutet. Die Nomen• zen, wurde im sogenannten Londoner Protokoll schreibt, wird sich morgen nicht mehr glaubwürdig London abzubrechen und mit Hilfe der Polni• klatura, über Stalin und Breschnew zu Pfrün• vom 12. September