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Download Leseprobe ANTON PELINKA DIE GESCHEITERTE REPUBLIK KULTUR UND POLITIK IN ÖSTERREICH 1918–1938 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildungen : Vorderseite : Die besiegte Republik: Februar 1934, das mit dem Kruckenkreuz des autoritären Regimes verhängte Republikdenkmal in Wien ; Foto : Albert W. Hilscher © ÖNB Bildarchiv Inv.-Nr. H 2437/8 Rückseite: Wien, Erste Republik-Denkmal um 1930 ; © ÖNB Bildarchiv Inv.-Nr. 139.194B © 2017 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1, A-1010 Wien, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat : textbaustelle, Berlin Umschlaggestaltung: hawemannundmosch, Berlin Satz : Michael Rauscher, Wien Druck und Bindung : CPI Moravia, Pohorelice Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-205-20236-3 | eISBN 978-3-205-20550-0 Inhalt Vorwort .................................... 9 1 »Unpolitische« Kultur und Fragmentierte Politik .......... 11 2 Zum Begriff der Kultur ........................ 25 3 Die Republik wider Willen ...................... 45 4 Vom Zentrum zur Peripherie ..................... 65 5 Die Flucht aus der Republik ...................... 77 5.1 Die Flucht in das Gestern ..................... 83 5.2 Die Flucht in die Weltrevolution ................. 85 5.3 Die Flucht in den Anschluss ................... 92 5.4 Die Flucht in den (unverbindlichen) Patriotismus ....... 98 5.5 Die Flucht in ein (welches ?) vereintes Europa .......... 101 6 Periodisierung .............................. 107 6.1 1918/19 : Die ungeliebte Republik ................ 110 6.2 1920–1929 : Die ignorierte Republik ............... 118 6.3 1929–1933/34 : Die bedrängte Republik ............. 127 6.4 1933/34–1938 : Dem Abgrund entgegen ............. 135 6.5 1938, 1945 und danach : Die vergessene Republik ....... 155 7 Zwischen Gestern und Morgen .................... 165 8 Innenpolitik als Außenpolitik ..................... 179 9 Ungenützte Potentiale ......................... 189 9.1 Der Kalte Krieg im Inneren .................... 190 9.2 Frauen ................................ 194 9.3 Liberale ............................... 202 9.4 Linkskatholiken .......................... 219 9.5 Jüdinnen und Juden ........................ 226 9.6 Wissenschaft ............................ 236 7 Zu groß für Österreich ? 10 Zu groß für Österreich ? ........................ 245 11 Österreichisches Exil und Exil in Österreich ............ 259 12 Was blieb ? ................................ 281 Zeittabelle .................................. 291 Bibliographie ................................. 295 Abbildungsnachweis ............................. 311 Personenregister ............................... 313 8 Vorwort ieses Buch erscheint ein Jahrhundert nach dem Entstehen der Republik D Österreich. Es ist mit der Intention geschrieben, Zusammenhänge deut- lich zu machen – vor allem, warum die Republik zunächst scheiterte, bevor sie erfolgreich sein konnte. Die Erklärung des großen Misserfolges, der sich – nach einem Niedergang, gefolgt von einem katastrophalen Einschnitt – be- ginnend mit 1945 in einen großen Erfolg verwandelte, muss auf viele Faktoren zurückgreifen : auf die welt- und vor allem europapolitischen Gegebenheiten, auf die Österreich wenig oder auch gar keinen Einfluss hatte ; auf die ökonomi- schen Rahmenbedingungen, die soziale Sicherheit zerstören oder Wohlstand schaffen konnten – und die ebenfalls nur zum Teil von der Republik Öster- reich zu steuern waren ; von den politischen Kräften im Lande, die sich – den demokratischen Grundsätzen entsprechend – in Parteien gliederten. Das alles ist zu berücksichtigen, und das alles ergibt ein ebenso komplexes wie buntes Puzzle, das Widersprüche immer wieder aufzeigen, aber nur zu oft nicht auf- lösen kann. Dieses Buch will den Absturz der Ersten Republik – auch – aus der Perspek- tive der Kultur erklären : Kultur, verstanden als Politische Kultur, als Summe von Bewusstseins- und Verhaltensmustern, Produkt einer politisch zu etiket- tierenden Sozialisation ; aber auch Kultur, definiert wie sich diese den Kul- turseiten der Zeitungen und den Kultursendungen von Rundfunk und (zur Zeit der Ersten Republik noch nicht aktuell) Fernsehen manifestiert. Kultur reflektierte und beeinflusste die Republik – ihren Abstieg zu den Katastrophen 1934 und 1938, ihr Wiedererstehen 1945. Die Politische Kultur der Ersten Republik hilft verstehen, warum diese scheiterte : Sie drückte das zum Bürgerkrieg drängende Gegeneinander der sich voneinander streng abgrenzenden Lager aus. Die Kultur, wie sie sich in der Literatur und in der Wissenschaft manifestierte, hilft ebenfalls zu ver- stehen : Denn diese Kultur ignorierte weitgehend die Republik. Mit einigen Ausnahmen, zu denen Karl Kraus zählte und das sozialwissenschaftliche For- schungsteam, das die Studie über die Arbeitslosen im niederösterreichischen Marienthal verfasste, war die Kultur der Theater und der Universitäten gegen- über der Republik von bewusstem Negieren gekennzeichnet. Kultur war auf das Gestern bezogen – oder auf ein erträumtes Morgen. Die Gegenwart der Republik wurde von der Kultur weitgehend ignoriert. Der Begriff »Republik« bezieht sich nicht nur auf den Zeitraum zwischen der Gründung der Republik, 1918 und deren vorläufigem Ende, 1934. Um 9 Vorwort die Kontinuität über dieses Ende hinaus zu unterstreichen, ist auch der Zeit- raum des autoritären, semifaschistischen, weder republikanischen noch demo- kratischen »Ständestaates« mit einbezogen : eine Periode, in der die politische Freizügigkeit zugunsten einer »Vaterländische Front« genannten Einheitspartei ganz wesentlich eingeschränkt war. Das Buch ist der Erinnerung an Irene Harand gewidmet : Diese Frau, diese österreichische Katholikin hatte erkannt, was andere hätten erkennen müssen – aber nicht erkennen konnten oder nicht erkennen wollten ; nicht die Bischöfe ihrer, der Römisch-Katholischen Kirche, und nicht die führenden politischen Kräfte der Republik und deren Appendix, des autoritären Ständestaates. Irene Harands Beispiel zeigt uns, welche Einsichten möglich gewesen waren und welchen Konsequenzen ausgewichen wurde. Das Buch soll aber auch den Respekt vor denen ausdrücken, die aus dem Scheitern der Republik und deren Fehlern, die immer auch eigene Fehler wa- ren, gelernt hatten : allen voran Karl Renner und Julius Raab, Leopold Figl und Adolf Schärf. Ihr Leben demonstriert, dass eine Politische Kultur, die auf das Ende der Demokratie hinauslief, durch eine andere ersetzt werden konnte – durch eine Kultur, die Demokratie ermöglichte und förderte. Bei der Arbeit an diesem Buch konnte ich mich – wie schon seit Jahren – auf die Verlässlichkeit und Professionalität Ellen Pallis verlassen. Sie hat die technische Seite der Entstehung begleitet – und dafür danke ich ihr ganz be- sonders. Budapest, Wien, Innsbruck 2017 10 11 Österreichisches Exil und Exil in Österreich ie Sehnsucht nach einem Reich, das irgendwo hinter den Wolken D schwebte, messianisch verkündet und perfekt gedacht, fast zum Grei- fen nahe, jedenfalls aber erreichbar : Solches utopische Denken bestimmte alle drei »Lager«. Die Christlichsozialen sahen ihr Ideal in einem von der Kirche legitimierten Gottesstaat, den sie im »Namen Gottes« ja auch in Form der Verfassung vom 1. Mai 1934 zu verwirklichen trachteten. Die Sozialdemo- kraten, die Verlierer des Bürgerkrieges vom Februar 1934, sahen nach diesem Februar den parlamentarischen Weg – den sie immer präferiert hatten – in Frage gestellt und begannen, die Sowjetunion mit anderen, positiven Augen zu sehen. Otto Bauer schrieb im Exil von einem »integralen Sozialismus«, der die von der russischen Oktoberrevolution provozierte Spaltung der sozialisti- schen Arbeiterbewegung aufheben sollte. Und die deutschnationalen Parteien des Bürgerblocks mussten erleben, dass die Sehnsucht nach dem Aufgehen im großen Deutschen Reich ihre Anhänger direkt in die Arme der NSDAP trieb. Diese Sehnsucht freilich wurde real erfüllt. Alle diese Sehnsüchte scheiterten auf tragische Weise. Der Dollfuß-Schu- schnigg Staat konnte mit seinen autoritären Mitteln Österreich nicht stabili- sieren, ihm gelang nicht einmal die Vollendung seines eigentlich von Anfang an diffusen und widersprüchlichen Programms einer konsequenten berufs- ständischen Ordnung – und erst recht nicht die Abwehr des Nationalsozia- lismus. Und Otto Bauers »integraler Sozialismus« führte zu nichts – außer in die Folterkerker der GPU, in denen so viele der in die Sowjetunion geflohenen Kämpfer des Republikanischen Schutzbundes ihr Ende fanden. Verwirklicht wurde aber, in teils spontanen, teils perfekt organisierten Triumphen, die Sehnsucht des »dritten Lagers«, das sich dem Nationalsozialismus ausgelie- fert hatte. Dieser hatte schließlich einen wirklichen Messias vorzuweisen. Und eine Utopie – die in Konzentrationslagern wie Mauthausen und Vernichtungs- lagern wie Treblinka ihr reales Gesicht zeigte. Und Weltgeltung – die äußerte sich in einem von diesem Messias vom Zaun gebrochenen Krieg, der Europa, ja die Welt an den Rand des totalen Untergangs führen sollte. Die Realisierung dieser einen der in der Republik geträumten Visionen trieb viele in die Flucht – aus Österreich, aber auch nach Österreich. Wenn man die Emigration der kaiserlichen
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  • Von Der Fremdarbeit Zur Integration? – (Arbeits)Migrations- Und Integrationspolitik in Der Zweiten Republik
    Demokratiezentrum Wien Quelle online: www.demokratiezentrum.org Quelle print: Bernhard Perchinig, Von der Fremdarbeit zur Integration? Migrations- und Integrationspolitik in Österreich seit 1945. In: Vida Bakondy, Simonetta Ferfoglia, Jasmina Janković, Cornelia Kogoj, Gamze Ongan, Heinrich Pichler, Ruby Sircar und Renée Winter (Hg.): Viel Glück! Migration heute. Wien, Belgrad, Zagreb, Istanbul. Good Luck! Migration Today. Vienna, Belgrade, Zagreb, Istanbul. Vienna (Mandelbaum Verlag) 2010, 142 – 160. , Bernhard Perchinig Von der Fremdarbeit zur Integration? – (Arbeits)migrations- und Integrationspolitik in der Zweiten Republik. Selektivität und Integration: Die Politik gegenüber den „Displaced Persons“ und den Volksdeutschen Im letzten Kriegsjahr und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gab es in Europa etwa 30 Million Flüchtlinge und Vertriebene 1. In Österreich waren zwei große Gruppen bestimmend: Die „Displaced Persons“ (DP´s) - vom NS- Regime zwangsrekrutierte Arbeiter, Kriegsgefangene und jüdische Überlebende der Konzentrationslager - einerseits; und die aus Ost- und Zentraleuropa vertriebenen deutschen Minderheiten, die „Volksdeutschen“, andererseits. Zu den „Displaced Persons“ der ersten Nachkriegszeit kamen zwischen 1945 und 1947 mehrere Wellen jüdischer Flüchtlinge vor den Pogromen in Osteuropa, die größte darunter nach dem Pogrom von Kielce im Sommer 1947. Österreich hatte kein Interesse an einer Ansiedlung. Für Österreich wäre dies einem Schuldeingeständnis und einer Wiedergutmachungspflicht gleichgekommen, aber auch der neugegründete Staat Israel drängte auf eine rasche Weiterreise 2. In der Bevölkerung gab es massive Vorurteile gegen die DP´s. Sehr früh entstand innerhalb der österreichischen Parteienlandschaft – nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die Kosten der Flüchtlingsbetreuung von den Alliierten der Republik verrechnet wurden - ein parteiübergreifender Konsens darüber, die Lager der DP´s möglichst schnell zu schließen, ihre Insassen außer Landes zu bringen und Integration zu verunmöglichen.
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