ANTON PELINKA DIE GESCHEITERTE REPUBLIK

KULTUR UND POLITIK IN ÖSTERREICH 1918–1938 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlagabbildungen : Vorderseite : Die besiegte Republik: Februar 1934, das mit dem Kruckenkreuz des autoritären Regimes verhängte Republikdenkmal in Wien ; Foto : Albert W. Hilscher © ÖNB Bildarchiv Inv.-Nr. H 2437/8 Rückseite: Wien, Erste Republik-Denkmal um 1930 ; © ÖNB Bildarchiv Inv.-Nr. 139.194B

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Vorwort ...... 9

1 »Unpolitische« Kultur und Fragmentierte Politik ...... 11

2 Zum Begriff der Kultur ...... 25

3 Die Republik wider Willen ...... 45

4 Vom Zentrum zur Peripherie ...... 65

5 Die Flucht aus der Republik ...... 77 5.1 Die Flucht in das Gestern ...... 83 5.2 Die Flucht in die Weltrevolution ...... 85 5.3 Die Flucht in den ...... 92 5.4 Die Flucht in den (unverbindlichen) Patriotismus ...... 98 5.5 Die Flucht in ein (welches ?) vereintes Europa ...... 101

6 Periodisierung ...... 107 6.1 1918/19 : Die ungeliebte Republik ...... 110 6.2 1920–1929 : Die ignorierte Republik ...... 118 6.3 1929–1933/34 : Die bedrängte Republik ...... 127 6.4 1933/34–1938 : Dem Abgrund entgegen ...... 135 6.5 1938, 1945 und danach : Die vergessene Republik ...... 155

7 Zwischen Gestern und Morgen ...... 165

8 Innenpolitik als Außenpolitik ...... 179

9 Ungenützte Potentiale ...... 189 9.1 Der Kalte Krieg im Inneren ...... 190 9.2 Frauen ...... 194 9.3 Liberale ...... 202 9.4 Linkskatholiken ...... 219 9.5 Jüdinnen und Juden ...... 226 9.6 Wissenschaft ...... 236

7 Zu groß für Österreich ?

10 Zu groß für Österreich ? ...... 245

11 Österreichisches Exil und Exil in Österreich ...... 259

12 Was blieb ? ...... 281

Zeittabelle ...... 291

Bibliographie ...... 295

Abbildungsnachweis ...... 311

Personenregister ...... 313

8 Vorwort

ieses Buch erscheint ein Jahrhundert nach dem Entstehen der Republik D Österreich. Es ist mit der Intention geschrieben, Zusammenhänge deut- lich zu machen – vor allem, warum die Republik zunächst scheiterte, bevor sie erfolgreich sein konnte. Die Erklärung des großen Misserfolges, der sich – nach einem Niedergang, gefolgt von einem katastrophalen Einschnitt – be- ginnend mit 1945 in einen großen Erfolg verwandelte, muss auf viele Faktoren zurückgreifen : auf die welt- und vor allem europapolitischen Gegebenheiten, auf die Österreich wenig oder auch gar keinen Einfluss hatte ; auf die ökonomi- schen Rahmenbedingungen, die soziale Sicherheit zerstören oder Wohlstand schaffen konnten – und die ebenfalls nur zum Teil von der Republik Öster- reich zu steuern waren ; von den politischen Kräften im Lande, die sich – den demokratischen Grundsätzen entsprechend – in Parteien gliederten. Das alles ist zu berücksichtigen, und das alles ergibt ein ebenso komplexes wie buntes Puzzle, das Widersprüche immer wieder aufzeigen, aber nur zu oft nicht auf- lösen kann. Dieses Buch will den Absturz der Ersten Republik – auch – aus der Perspek- tive der Kultur erklären : Kultur, verstanden als Politische Kultur, als Summe von Bewusstseins- und Verhaltensmustern, Produkt einer politisch zu etiket- tierenden Sozialisation ; aber auch Kultur, definiert wie sich diese den Kul- turseiten der Zeitungen und den Kultursendungen von Rundfunk und (zur Zeit der Ersten Republik noch nicht aktuell) Fernsehen manifestiert. Kultur reflektierte und beeinflusste die Republik – ihren Abstieg zu den Katastrophen 1934 und 1938, ihr Wiedererstehen 1945. Die Politische Kultur der Ersten Republik hilft verstehen, warum diese scheiterte : Sie drückte das zum Bürgerkrieg drängende Gegeneinander der sich voneinander streng abgrenzenden Lager aus. Die Kultur, wie sie sich in der Literatur und in der Wissenschaft manifestierte, hilft ebenfalls zu ver- stehen : Denn diese Kultur ignorierte weitgehend die Republik. Mit einigen Ausnahmen, zu denen Karl Kraus zählte und das sozialwissenschaftliche For- schungsteam, das die Studie über die Arbeitslosen im niederösterreichischen Marienthal verfasste, war die Kultur der Theater und der Universitäten gegen- über der Republik von bewusstem Negieren gekennzeichnet. Kultur war auf das Gestern bezogen – oder auf ein erträumtes Morgen. Die Gegenwart der Republik wurde von der Kultur weitgehend ignoriert. Der Begriff »Republik« bezieht sich nicht nur auf den Zeitraum zwischen der Gründung der Republik, 1918 und deren vorläufigem Ende, 1934. Um

9 Vorwort die Kontinuität über dieses Ende hinaus zu unterstreichen, ist auch der Zeit- raum des autoritären, semifaschistischen, weder republikanischen noch demo- kratischen »Ständestaates« mit einbezogen : eine Periode, in der die politische Freizügigkeit zugunsten einer »Vaterländische Front« genannten Einheitspartei ganz wesentlich eingeschränkt war. Das Buch ist der Erinnerung an Irene Harand gewidmet : Diese Frau, diese österreichische Katholikin hatte erkannt, was andere hätten erkennen müssen – aber nicht erkennen konnten oder nicht erkennen wollten ; nicht die Bischöfe ihrer, der Römisch-Katholischen Kirche, und nicht die führenden politischen Kräfte der Republik und deren Appendix, des autoritären Ständestaates. Irene Harands Beispiel zeigt uns, welche Einsichten möglich gewesen waren und welchen Konsequenzen ausgewichen wurde. Das Buch soll aber auch den Respekt vor denen ausdrücken, die aus dem Scheitern der Republik und deren Fehlern, die immer auch eigene Fehler wa- ren, gelernt hatten : allen voran Karl Renner und Julius Raab, Leopold Figl und Adolf Schärf. Ihr Leben demonstriert, dass eine Politische Kultur, die auf das Ende der Demokratie hinauslief, durch eine andere ersetzt werden konnte – durch eine Kultur, die Demokratie ermöglichte und förderte. Bei der Arbeit an diesem Buch konnte ich mich – wie schon seit Jahren – auf die Verlässlichkeit und Professionalität Ellen Pallis verlassen. Sie hat die technische Seite der Entstehung begleitet – und dafür danke ich ihr ganz be- sonders.

Budapest, Wien, Innsbruck 2017

10 11 Österreichisches Exil und Exil in Österreich

ie Sehnsucht nach einem Reich, das irgendwo hinter den Wolken D schwebte, messianisch verkündet und perfekt gedacht, fast zum Grei- fen nahe, jedenfalls aber erreichbar : Solches utopische Denken bestimmte alle drei »Lager«. Die Christlichsozialen sahen ihr Ideal in einem von der Kirche legitimierten Gottesstaat, den sie im »Namen Gottes« ja auch in Form der Verfassung vom 1. Mai 1934 zu verwirklichen trachteten. Die Sozialdemo- kraten, die Verlierer des Bürgerkrieges vom Februar 1934, sahen nach diesem Februar den parlamentarischen Weg – den sie immer präferiert hatten – in Frage gestellt und begannen, die Sowjetunion mit anderen, positiven Augen zu sehen. Otto Bauer schrieb im Exil von einem »integralen Sozialismus«, der die von der russischen Oktoberrevolution provozierte Spaltung der sozialisti- schen Arbeiterbewegung aufheben sollte. Und die deutschnationalen Parteien des Bürgerblocks mussten erleben, dass die Sehnsucht nach dem Aufgehen im großen Deutschen Reich ihre Anhänger direkt in die Arme der NSDAP trieb. Diese Sehnsucht freilich wurde real erfüllt. Alle diese Sehnsüchte scheiterten auf tragische Weise. Der Dollfuß-Schu- schnigg Staat konnte mit seinen autoritären Mitteln Österreich nicht stabili- sieren, ihm gelang nicht einmal die Vollendung seines eigentlich von Anfang an diffusen und widersprüchlichen Programms einer konsequenten berufs- ständischen Ordnung – und erst recht nicht die Abwehr des Nationalsozia- lismus. Und Otto Bauers »integraler Sozialismus« führte zu nichts – außer in die Folterkerker der GPU, in denen so viele der in die Sowjetunion geflohenen Kämpfer des Republikanischen Schutzbundes ihr Ende fanden. Verwirklicht wurde aber, in teils spontanen, teils perfekt organisierten Triumphen, die Sehnsucht des »dritten Lagers«, das sich dem Nationalsozialismus ausgelie- fert hatte. Dieser hatte schließlich einen wirklichen Messias vorzuweisen. Und eine Utopie – die in Konzentrationslagern wie Mauthausen und Vernichtungs- lagern wie Treblinka ihr reales Gesicht zeigte. Und Weltgeltung – die äußerte sich in einem von diesem Messias vom Zaun gebrochenen Krieg, der Europa, ja die Welt an den Rand des totalen Untergangs führen sollte. Die Realisierung dieser einen der in der Republik geträumten Visionen trieb viele in die Flucht – aus Österreich, aber auch nach Österreich. Wenn man die Emigration der kaiserlichen Familie als Sonderfall einstuft, gab es in den Anfängen der Republik kaum politisch motivierte Emigration aus Österreich – sehr wohl aber politische Emigration nach Österreich. Die Republik Österreich war in ihren Anfängen das Ziel der Flucht von Opfern der

259 Österreichisches Exil und Exil in Österreich verschiedensten Formen von Verfolgung und Vertreibung. Zehntausende, wohl Hundertausende Flüchtlinge, die vor allem aus den östlichen Teilen des Kai- serreiches schon während oder unmittelbar nach dem Krieg geflüchtet waren, hatten nun in der Republik mit Anfeindungen zu kämpfen. Zehntausende jü- dische (»ostjüdische«) Bürgerinnen und Bürger der Monarchie trafen in der Re- publik auf eine feindselige Abwehrfront, die in diesen Menschen nicht Öster­ reicher, sondern Juden sahen. Leopold Kunschak war ein Sprachrohr dieser xenophoben, antijüdischen Stimmung, die sich in den Anfängen der Republik manifestierte. Kunschak etwa polemisierte am 9. Oktober 1919 gegen jüdische Flüchtlinge : »Dass die öffentliche Moral so tief gesunken, dass das Redlich- keitsgefühl so schwer erschüttert ist […], das ist in erster Linie durch die jüdi- schen Flüchtlinge verschuldet, die sich als einzige Bande von Kettenhändlern, Schleichhändlern und Wucherern die ganze Zeit ihres Hierseins erwiesen ha- ben […]. Man kann ruhig die Behauptung aufstellen : Die Juden sind nicht nur die Not, sondern auch die Seuche unserer Zeit […]« (Pelinka 1972, 223). Nach dem Scheitern der ungarischen Räterepublik, 1919, flohen ungarische Kommunisten und Sozialisten vor dem einsetzenden »weißen Terror« nach Ös- terreich. Sie, die für den »roten Terror« verantwortlich gemacht wurden, such- ten und fanden in der jungen österreichischen Republik Schutz. Bela Kun, der Prominenteste unter ihnen, fiel später den stalinistischen Säuberungen in der Sowjetunion zum Opfer. Georg Lukács, der marxistische Literaturtheoretiker, konnte wie Kun in Österreich vor dem Blutbad sicher sein, das vom Regime des »Reichsverwesers« Nikolaus Horthy in Ungarn als Rache an der Linken angerichtet wurde. Lukács wurde im Exil und später auch in Ungarn zu einem der zentralen Theoretiker eines sich allmählich vom Stalinismus (freilich nicht vom Leninismus) lösenden Marxismus. Koloman Wallisch, in der ungarischen Sozialdemokratie aktiv, fand nach seiner Flucht seine politische Heimat in der Sozialdemokratie der Steiermark. Nach der Niederlage im Bürgerkrieg im Februar 1934 wurde Wallisch als Kommandant des Republikanischen Schutz- bundes der Steiermark hingerichtet – unbeschadet der Immunität, die er als Nationalratsabgeordneter genoss (Steiner 1983, 320 ; Pferschy 1983, 965). Ab 1933 flohen Gegner des Nationalsozialismus aus Deutschland auch nach Österreich. Sie fanden zeitweilig Schutz im Dollfuß- und Schuschnigg-Öster- reich. Eugen Kogon, der geborene Münchner, hatte schon vor Hitlers »Macht­ übernahme« in Österreich promoviert. Ab 1933 war er im Exil in Österreich politisch gegen den Nationalsozialismus aktiv – vor allem in katholischen Zir- keln. 1938 wurde er verhaftet, überlebte das Konzentrationslager Buchenwald und wurde mit seinem Buch Der SS-Staat einer der ersten, die systematisch über die Welt der Lager berichteten. Dietrich von Hildebrand, ein anderer deutscher Katholik, emigrierte 1933 aus dem nationalsozialistischen Deutsch-

260 Österreichisches Exil und Exil in Österreich land in das autoritäre Österreich. Hier gab er die Zeitschrift »Der christliche Ständestaat« heraus. Die Zeitschrift war ein Sprachrohr einer katholisch-kon- servativen, teilweise auch monarchistischen Opposition gegen den Nationalso- zialismus und wandte sich auch – vorsichtig – gegen die Absicht der Regierung Schuschnigg, mit der Regierung Hitler einen Ausgleich zu finden, wie das in Form des Abkommens vom Juli 1936 auch geschah (Weinzierl 1988, 66 f.). 1936 übersiedelte der S. Fischer-Verlag, geführt von Berman Fischer, von Berlin nach Wien, um dann, 1938, nach einer Zwischenstation in der Schweiz schließlich in Schweden eine (vorübergehende) Wirkungsstätte zu finden. Tho- mas Mann, dem Fischer-Verlag seit den Anfängen seiner schriftstellerischen Karriere verbunden, überlegte einen analogen Schritt : Kurt Schuschnigg per- sönlich erklärte, er würde es sich zur Ehre anrechnen, die Einbürgerung des in der Schweiz lebenden und vom Verlust seiner deutschen Staatsbürgerschaft bedrohten Nobelpreisträgers zu garantieren. Mann freilich zog schließlich eine analoge Einladung der Tschechoslowakei vor – weil der Prozess der Einbür- gerung in der Republik des Tomáš Masaryk einfacher war ; auch weil die Ent- schlossenheit und Fähigkeit der Regierung in Prag, dem Druck der deutschen Politik zu widerstehen, größer schien als die der Regierung in Wien. Thomas Mann behielt damit recht – für einige Monate, zwischen dem »Anschluss« und »München«. Aber zu diesem Zeitpunkt lebte und arbeitete Mann als tschechos- lowakischer Staatsbürger bereits in den USA. Thomas Mann schien jedenfalls keinerlei »ideologische« Bedenken gehabt zu haben, die Staatsbürgerschaft des autoritär geführten Österreich in Erwägung zu ziehen (Harpprecht 1996, Band 1, 893 f., 911 f.). Thomas Mann, neben Gerhard Hauptmann der prominenteste unter den deutschen Schriftstellern seiner Zeit, hatte die Annahme der österreichischen Staatsbürgerschaft überlegt. Carl Zuckmayer, ein Dramatiker der jüngeren Generation, verließ 1933 Deutschland, um die nächsten fünf Jahre in Öster- reich zu verbringen. 1938 musste er weiter fliehen, um schließlich in den USA, in Vermont, zu leben und zu arbeiten. Dort entstand auch Des Teufels General, ein meisterhafter Einblick in das innere Machtgefüge des NS-Staates. Nach 1945 lebte Zuckmayer in der Schweiz – wie auch Thomas Mann. Arturo Toscanini, der als deklarierter Antifaschist sich weigerte, im Italien des Benito Mussolini zu dirigieren – und für den ein Auftritt in Adolf Hitlers Deutschland erst recht nicht in Frage kam –, wirkte in den 1930er Jahren bei den Salzburger Festspielen. Der wohl bekannteste Dirigent seiner Zeit be- trachtete eine Tätigkeit in Schuschniggs Österreichs mit seinem, Toscaninis, offensiv vertretenen Antifaschismus als durchaus vereinbar. Wie Mann und Zuckmayer sah auch Toscanini die österreichische Diktatur nicht auf einer Ebene mit der des Deutschen Reiches (Steinberg 2000, 219).

261 Österreichisches Exil und Exil in Österreich

Viele der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die sich aus nachvoll- ziehbaren Gründen für die einzigen, wahrhaft echten Republikaner hielten, hatten sich 1934 mehr oder minder explizit von der demokratisch-parlamenta- rischen Republik abgewandt. Sie hatten als Republikaner in Zorn und Trauer resigniert – angesichts des militärisch errungenen und durchgesetzten Sieges der Anti-Republikaner. Viele freilich organisierten sich als »Revolutionäre Sozialisten« im Untergrund und bildeten, neben der Exil-Organisation der österreichischen Sozialdemokratie, die unmittelbar nach dem Februar 1934 ihre Tätigkeit in Brünn aufnahm, eine Art zweite Säule der Partei. Manche allerdings wurden zu Bannerträgern der Moskauer Variante des Sozialismus, des totalitären Systems, das sich ebenfalls auf Karl Marx berief (Leichter 1968, 107–188). Die Sieger des Februar und des Juli 1934 konnten ihres Triumphs nicht so recht froh werden, denn sie waren nun abhängig vom Diktator in Rom, der wiederum in die Abhängigkeit des Diktators von Berlin geriet – mit den bekannten Konsequenzen im März 1938. Vollen Erfolg hingegen hatten die Repräsentanten der Utopie des deutschnationalen Lagers, das ab 1933/34 weit- gehend mit der NSDAP gleichgesetzt werden konnte. Die Vision dieses Lagers war Wirklichkeit geworden : An die Stelle des halbherzigen Faschismus à la Dollfuß und Schuschnigg war der wahre, der totalitäre Faschismus à la Hitler getreten. Österreich hatte zu bestehen aufgehört. Die Juden waren entrechtet. Und das erträumte Reich war plötzlich Wirklichkeit – und rüstete zum Krieg. Doch bevor die Sehnsucht des deutschnationalen Lagers triumphieren konnte, schien das katholisch-konservative zu triumphieren. Im Februar 1934 rang es militärisch die Sozialdemokratie und deren Republikanischen Schutz- bund nieder – und im Juli dieses Jahres wehrte dieses nunmehr autoritär re- gierende Lager den Putschversuch der Nationalsozialisten ab. Die Ergebnisse beider Bürgerkriege lösten Wellen politisch motivierter Flucht aus. Promi- nente Sozialdemokraten wie Otto Bauer und Julius Deutsch, die – wohl zu Recht – um ihr Leben fürchteten, entkamen ins Ausland und versuchten von dort aus eine sozialdemokratische Exilorganisation aufzubauen. Hunderte ver- einfacht »Schutzbündler« bezeichnete sozialdemokratische Aktivisten flohen – zunächst vor allem in die Tschechoslowakei und Jugoslawien. Viele von ihnen folgten schließlich einer Einladung in die Sowjetunion. Und wiederum viele wurden wenige Jahre später Opfer des stalinistischen Terrors (Stadler 1974). Die Niederlage der Sozialdemokratie im Bürgerkrieg des Februar 1934 fand ihren literarischen Niederschlag in Manès Sperbers Roman Wie eine Träne im Ozean. Ein besonders aussagestarkes Exilschicksal erlitt Richard Bernaschek. Die- ser, Mitglied des sozialdemokratischen Parteivorstandes in Oberösterreich,

262 Österreichisches Exil und Exil in Österreich hatte das Signal gegeben, sich gegen die Polizei zur Wehr zu setzen, als diese am 12.Februar 1934 in Linz daranging, das Waffenlager des Republikanischen Schutzbundes zu beschlagnahmen. Damit war der Funke gezündet, der den Bürgerkrieg auslöste. Bernaschek wurde verhaftet. Er entkam aber aus dem Gefängnis in Linz, gemeinsam mit einigen anderen sozialdemokratischen und nationalsozialistischen Gefangenen. Er floh nach Deutschland, wo er die Exilführung der österreichischen NSDAP traf. Nach einigen Wochen des von der NS-Führung finanzierten Aufenthaltes in Deutschland reiste er über die Schweiz weiter in die Tschechoslowakei und die Sowjetunion. Nach dem »An- schluss« kehrte Bernaschek ganz offen nach Linz zurück, wurde Staatsbürger des Großdeutschen Reiches und arbeitete unter anderem als Angestellter der Stadt Linz. 1944 wurde er verhaftet und am 18. April 1945 im KZ Mauthausen ermordet – etwa zwei Wochen vor der Befreiung des Lagers (Kykal, Stadler 1976). Bernaschek wurde in einem bestimmten Abschnitt seines Lebens von den Nationalsozialisten unterstützt – und phasenweise war er (etwa durch sein Auftreten in München) der NSDAP nützlich, freilich ohne jemals ihr oder einer ihrer Organisationen beizutreten. Bernascheks tragisches Schicksal zeigt, dass in dem Dreieckskonflikt zwischen dem katholisch-konservativen Regime, dem sozialistischen Lager und dem Nationalsozialismus – in den fast das ge- samte deutschnationale Lager aufgegangen war – taktische Absprachen mög- lich waren, die nicht nur in Österreich beobachtet werden konnten : Dass es der nationalsozialistische Untergrund war, der Bernaschek aus dem Gefängnis befreit und ihn in Deutschland politisch zu instrumentalisieren versucht hatte, entspricht dem Konfliktmuster, dass der »Feind meines Feindes mein Freund« ist. Der zweite Bürgerkrieg des Jahres 1934, der in der Ermordung Engelbert Dollfuß’ seinen Tiefpunkt fand, führte zu der Flucht Tausender Nationalso- zialisten. Diese fanden im deutschen Exil die Unterstützung, die sie suchten ; und viele von ihnen schlossen sich der »Österreichischen Legion« an, die von Bayern aus Übergriffe in Österreich plante und durchführte, sich aber vor al- lem für den Tag des »Anschlusses« bereithielt (Schafranek 2011). Doch dieser trieb andere in die Flucht – die, für die der Begriff des »österreichischen Exils« vor allem geprägt wurde. Das Jahr 1938 war das Jahr, das als »Finis Austriae« in die Geschichte eingehen sollte – als der tiefste Einschnitt in der Geschichte, den das Nach-Habsburgische Österreich erfahren sollte. Das Jahr 1938 zeigte, wie ausgehöhlt der autoritäre »Ständestaat« war. Schu- schnigg, der noch wenige Tage vor dem 11. März »Rot-Weiß-Rot bis in den Tod« skandieren hatte lassen, kapitulierte kampflos vor der militärischen Er- pressung, die aus Berlin kam. Er konnte sich auch des Bundesheeres nicht

263 Österreichisches Exil und Exil in Österreich

mehr sicher sein – zu sehr schien ihm das Militär bereits vom NS-Soldatenring unterwandert. Seine Rundfunkrede am Abend des 11. März, mit der er vor aller Welt feststellte, er weiche der Gewalt, war ein Manifest der Schwäche nicht nur des mit ihm identifizierten Systems einer halbherzigen, unfertigen Diktatur, sondern dieses Österreich überhaupt, wie es 1918 entstanden war : Er wolle kein »deutsches Blut« vergießen, führte er zur Begründung seines Rückzugs an – und er verabschiedete sich mit einem »deutschen Wort : Gott schütze Österreich«. Mit so viel deutscher Gesinnung war es eben nicht leicht, zum Widerstand gegen das Deutsche Reich zu mobilisieren. Wie Polizei und Bürokratie wurde nun auch die Kultur sofort »gesäubert«. Die Salzburger Festspiele wurden »entjudet« und existierten ohne Max Rein- hardt und ohne die Erinnerung an Hugo Hofmannsthal weiter. Arturo Tosca- nini, der als Nicht-Jude vielleicht auch in dem zur »Ostmark« gewordenen Ös- terreich hätte weiterarbeiten können, mied nun konsequent Salzburg und Wien. Toscanini hatte sich freilich schon vor 1938 nicht nur als deklarierter Anti-Fa- schist, sondern auch durch seinen Konflikt mit Clemens Krauss, dem Direktor der Staatsoper, der 1934 nach Berlin ging und so seine politischen Sympathien offenlegte, bei den Nationalsozialisten zurpersona non grata gemacht (Dusek 2015). Bruno Walter, dessen Dirigententätigkeit an der Staatsoper in Wien schon vor 1938 von nationalsozialistischen Protesten gestört worden war (wie konnte Walter als Jude sich »erdreisten«, Wagners »Ring« zu dirigieren), setzte seine Karriere in den USA fort. Eric Voegelin, Dozent an der Rechts- und Staats- wissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, der im Zusammenhang mit seinem Buch Der autoritäre Staat als Sympathisant des Dollfuß-Schuschnigg Regimes galt, emigrierte ebenfalls in die USA – als Nicht-Jude hätte er vermut- lich die Chance gehabt, sich durch politische Anpassung im »Großdeutschen Reich« abzusichern. Sigmund Freud entkam, um in London zu sterben. Ernst Karl Winter und Irene Harand, die vielleicht konsequentesten Hitler-Gegner in Österreich, schafften es nach New York. Am 1. April 1938 wurden 150 Personen aus Österreich in das Konzentrati- onslager Dachau verbracht. Unter den Häftlingen befanden sich prominente Angehörige des katholisch-konservativen und des sozialistischen Lagers. Zwei unter ihnen sollten nach 1945 Kanzler der Republik werden – Leopold Figl und Alfons Gorbach. Zwei weitere Häftlinge wurden in der Zweiten Republik Bundesminister – Josef Gerö und Franz Olah. In den Lagern des nationalsozi- alistischen Deutschland standen die, denen die Aufgabe der Wiedergründung der Republik zufallen sollte, auf derselben Seite – auf der Seite der Opfer, und zwar unbeschadet ihrer politischen Gegnerschaft in den Jahren vor 1938. Die Universitäten entließen politisch nicht genehme, vor allem jüdische Lehrende, und auch die Studentenschaft wurde »judenfrei« gemacht. 1945

264 Österreichisches Exil und Exil in Österreich wurden die, die an den Universitäten wegen ihrer »nicht-arischen« Abstam- mung 1938 ihre Positionen verloren hatten, keineswegs automatisch in diese wieder eingesetzt. Denn auf diesen Stellen befanden sich ja die, die 1938 und danach von den NS-Machthabern protegiert worden waren. Von diesen muss- ten freilich diejenigen, die wegen ihrer NS-Mitgliedschaft »belastet« waren, gehen – zumeist allerdings nur für einige Zeit. Manfried Welan hat diese Ge- schichte des Kommens und Gehens für die Rechts- und Staatswissenschaftli- che Fakultät der Universität Wien nachgezeichnet (Welan 2014, 55–96). Am 8. Oktober 1938 verwüsteten etwa hundert Angehörige der Hitler-­ Jugend das Erzbischöfliche Palais in Wien. Es war die Antwort auf eine öffent­liche Anti-NS-Demonstration der Katholischen Jugend (Weinzierl 1988, 143–151). Der Unterschied zwischen der Repression in einem autoritären und der Repression in einem totalitären System war sehr schnell augenscheinlich. Am schlimmsten freilich sollte diese Differenz zwischen der Repression un- ter Schuschnigg und der unter Hitler die Menschen in Österreich treffen, die nach den willkürlichen Kriterien des NS-Staates als »jüdisch« etikettiert wa- ren. Gerade die politische Linke tat sich freilich schwer, den Antisemitismus als spezifisches Merkmal des Nationalsozialismus zu sehen. Die Linke war gefangen in ihrer undifferenzierten Faschismus-Begrifflichkeit, der sie daran hinderte, den besonderen Charakter des Nationalsozialismus wahrzunehmen, der eben nicht einfach ein Faschismus war, sondern – darüber hinaus – ein massenmörderischer Rassismus, dessen Vernichtungsenergien sich vor allem gegen »die Juden« richteten. Otto Bauer verfasste im Exil, kurz nach dem Treffen Schuschniggs mit Hit- ler im Februar 1938 und kurz vor dem 11. März, eine Analyse, deren Fehl- prognose ein grundsätzliches Nichtverstehen des Nationalsozialismus der meisten in der linken Emigration (und der Linken generell) deutlich macht : In Österreich sei eine »Doppelherrschaft« im Entstehen – eine Art Koalition zwischen »Klerikofaschisten« und »Nazifaschisten« (Hanisch 2011, 367). We- nige Tage später saßen Schuschnigg und die anderen führenden »Klerikofa- schisten« in der Haft der Gestapo, der »Nazifaschisten«. Die in den Reihen der illegalen Revolutionären Sozialisten Aktiven, die noch am 10. März sich zu einer Ja-Parole bei der von Schuschnigg geplanten Abstimmung und damit zu einem Ja für das »kleinere Übel« durchgerungen hatten, mussten nun eine andere Intensität politischer Repression erfahren. Sie hatten entweder schon vor dem 11. März oder spätestens unmittelbar danach begreifen müssen, dass zwischen »Klerikofaschisten« und »Nazifaschisten« ein grundlegender Unter- schied bestand. Diejenigen unter den Sozialdemokraten, die dem Terror ins Ausland entkommen konnten, blieben freilich zumeist in der verengten Sicht ihres Faschismus-Begriffes gefangen. Aber : Ein Sozialist wie ,

265 Österreichisches Exil und Exil in Österreich

falls er jede Widerstandstätigkeit vermieden hätte, wäre nicht direkt von den NS-Machthabern am Leben bedroht gewesen ; ein Jude wie Bruno Kreisky wäre zum Tode verurteilt gewesen – gleichgültig, was er politisch getan oder nicht getan hätte. Die »Volksabstimmung« vom 10. April 1938 sollte dem durch die Besetzung bereits vollzogenen »Anschluss« den Mantel einer Legitimität verleihen. Es war eine Fassade, deren Charakter als Propagandafarce leicht zu durchschauen war : Jüdinnen und Juden durften nicht wählen, jede von der NS-Regierung abweichende Meinung wurde im Vorfeld der Abstimmung unterdrückt. Vor den Wahllokalen sorgten SA-Männer für den entsprechenden Druck, und al- lein die Anordnung der Abstimmungsformulare – mit einem großen Kreis für »Ja« und einem kleinen für »Nein« – machte ebenso klar wie das Ergebnis von 99 Prozent, dass es sich nicht um eine faire und schon gar nicht um eine freie demokratische Entscheidung handelte (Botz 1978, 151–189). Der »Arisierung« genannte Raubzug war in vollem Gange – unter spontaner Beteiligung eines Teils der österreichischen Bevölkerung. Literaten und andere »Kunstschaffende« überboten sich mit Ergebenheitsadressen an das neue Re- gime – wie etwa Karl Heinrich Waggerl. Der Erzbischof von Wien, Kardinal Theodor Innitzer, unterzeichnete einen Brief an den »Führer« mit »Heil Hitler«, und Österreichs katholische Bischöfe riefen – wie auch Karl Renner – dazu auf, bei der »Volksabstimmung« genannten Legitimierungsfarce vom 10. Ap- ril 1938 des »Anschlusses« mit Ja zu stimmen. Und Karl Böhm grüßte in der Staatsoper bereits mit dem Hitler-Gruß. Andere Österreicherinnen und Österreicher freilich waren auf der Flucht vor dem Regime, dem Hunderttausende in den Tagen des März 1918 zujubel- ten. Vielen sollte die Flucht nicht gelingen, sie starben – Zehntausende öster- reichische Jüdinnen und Juden und Tausende österreichische Roma und Sinti, denen nichts anderes vorzuwerfen war, als dass sie geboren waren. Viele tat- sächliche (oder auch vermeintliche) österreichische Gegner des Regimes wur- den ermordet – vor allem kommunistische und monarchistische Aktivistinnen und Aktivisten des antinazistischen Widerstandes, aber auch Personen, die sich in den politischen Strukturen des »angeschlossenen« Österreich hervorgetan hatten. Neben vielen anderen waren darunter der Christliche Gewerkschafter Johann Staud, Präsident des autoritär geführten Gewerkschaftsbundes der Ära Dollfuß/Schuschnigg, der im KZ Flossenbürg ermordet wurde. Käthe Leich- ter, sozialdemokratische Autorin und Expertin der Arbeiterkammer, erlitt ein analoges Schicksal im KZ Ravensbrück. Von denen, die vom NS-Regime unmittelbar an Freiheit und Leben bedroht waren – von den Jüdinnen und Juden Österreichs, hatten schon viele vor dem 11. März 1938 und viele unmittelbar danach den Weg ins Exil beschritten.

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Viele gingen in das britische Mandatsgebiet Palästina, der zionistischen Vision folgend. Israel war als Fluchtziel eine Chance, der Verfolgung zu entkommen und so zu überleben (Weinzierl, Kulka 1992). Es waren auch Menschen aus Österreich, die in Palästina aktiv sich an der Vorbereitung der Staatsgründung beteiligten ; und es waren auch Offiziere österreichischer Herkunft, die in der Haganah (der Vorstufe der Armee des Staates Israel) eine Funktion hatten (Bas­ sett 2016, 538 f.). 1934 waren vor allem Repräsentantinnen und Repräsentanten der politi- schen Linken geflohen, aber auch viele derjenigen, die am NS-Putsch vom Juli dieses Jahres beteiligt waren. Bei der Flucht der österreichischen Nati- onalsozialisten waren Behörden des nationalsozialistischen Deutschland be- hilflich. Die Flucht der Linken konnte sich auf ein internationales Netzwerk stützen, freilich nicht auf die Regierungen anderer Staaten (Gardiner 1983). 1938 mussten noch viel mehr Menschen des sozialistischen Lagers, des ka- tholisch-konservativen Lagers und der als »Jüdinnen und Juden« etikettierten Menschen ihr Leben durch Flucht retten. Auf der Flucht waren Vertreterinnen und Vertreter der österreichischen Kultur und Wissenschaft. Die österreichi- sche Kultur wurde durch diese Flucht des Jahres 1938 auch und vor allem zu einer Exilkultur. Karl Kraus, der wie kein Zweiter in Österreich das Wesen des Nationalso- zialismus erkannt und es dokumentiert hatte, musste den »Anschluss« nicht mehr erleben. Egon Friedell beging am 16. März Selbstmord. Joseph Roth war bereits ebenso im Exil wie Stefan Zweig : Roth starb 1939 in Paris – wie schon vor ihm, ebenfalls im Pariser Exil, Ödon von Horvath. Zweig beging 1942 aus Verzweiflung über den Siegeszug der Achsenmächte in Brasilien Selbstmord. Alma Mahler und Franz Werfel waren mit Hilfe Mussolinis entkommen und erreichten nach Irrfahrten 1941 US-amerikanischen Boden. Dort war bereits der erste Finanzminister der Republik, Josef Schumpeter, als Professor an der Harvard University etabliert – und Paul Lazarsfeld, der intellektuelle Star der österreichischen Jungsozialisten in den 1920er und 1930er Jahren, als Profes- sor an der Columbia University. Maria Jahoda hatte sich ebenfalls ins Exil gerettet, um schließlich als Professorin an der University of Sussex in Groß- britannien wirken zu können. Ins britische Exil schaffte es auch Elias Canetti, der sephardische Jude aus Russe in Bulgarien, der zwischen 1924 und 1938 in Wien gelebt hatte. Ludwig Wittgenstein und Karl Popper überlebten ebenfalls im Exil. Beide schrieben, wie auch Schumpeter und Lazarsfeld, ihre wichtigs- ten wissenschaftlichen Werke im Ausland, das ihnen – anders als Österreich – schon vor 1938 Leben und Arbeit sichern geholfen hatte. Der 1883 geborene Joseph Schumpeter, der politisch nicht einfach einzu- ordnen war, gehörte nicht zum österreichischen Exil im engeren Sinn : Er war

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weder als politisch noch »rassisch« Verfolgter in die USA gekommen und auch mit keinem der Exilzirkel näher verbunden. An die Harvard University wurde er als bereits weltweit renommierter Wirtschaftswissenschafter berufen – ihm musste keine Hilfe angeboten werden. Doch bezeichnend war, dass Schum- peter seine Karriere als Österreicher in Österreich begonnen hatte, dann aber von und in Österreich nicht gehalten werden konnte. Schumpeter war schon in sehr jungen Jahren Professor für Nationalökonomie an den Universitäten Czernowitz und Graz geworden. In Graz hatte er für den Verband »Para Pa- cem« 1916 eine Schrift veröffentlicht, mit der er – der kosmopolitischen Posi- tion Stefan Zweigs sehr ähnlich – zu einem Verständigungsfrieden aufrief und ausdrücklich gegen das »verabscheuungswürdige Treiben jener« polemisierte, »die ihr Bestes tun, den Riss in der Kulturwelt zu vertiefen und zu vergiften, namentlich auch zu verhindern, dass sich die Völker sobald wie möglich nach dem Friedensschluss kulturell, politisch und wirtschaftlich versöhnen […]« (Schumpeter 1916). 1919 wurde Schumpeter – auf Vorschlag der Sozialdemo- kratischen Arbeiterpartei, der er nicht angehörte – Staatssekretär (Minister) in der provisorischen Regierung Renner, zuständig für das Finanzressort. In seiner etwa einjährigen Regierungstätigkeit machte er sich Otto Bauer zum politischen Gegner, vor allem auch weil er Bauers unbedingte Orientierung an einem Anschluss an Deutschland ablehnte. Nach einer Professur an der Uni- versität Bonn wurde Schumpeter 1932 Professor in Harvard. 1942 veröffent- lichte er sein bekanntestes Buch (Capitalism, Socialism and Democracy), in dem er die Grundlagen des marktwirtschaftlichen Denkens auf politische Prozesse übertrug und so eine »realistische« Theorie der Demokratie entwickelte Swed( ­ berg 1991 ; Nowotny 2007). Wie Schumpeter hätte auch Friedrich Hayek nicht aus Österreich fliehen müssen : Hayek war weder jüdischer Herkunft noch war er politisch links engagiert. Seine Karriere, die ihm später – 1974 – den Nobel- preis für Wirtschaftswissenschaften einbringen sollte, führte in aus Österreich weg : Österreich konnte ihn nicht halten, und mit dem Nationalsozialismus wollte Hayek nichts zu tun haben. Paul Lazarsfeld wurde in den USA zu einer Leitfigur der sozialwissenschaft- lichen Innovation. Zusammen mit Robert Merton, Seymour Martin Lipset und anderen machte er das Sociology Department der Columbia University in New York zu einer, wenn nicht der ersten Adresse der Sozialwissenschaften. Die Untersuchungen zum Wahlverhalten bei den US-Präsidentschaftswahlen 1940 und 1948 (The People’s Choice, Voting) waren bahnbrechend für das Ver- ständnis politischen Verhaltens als Resultante verschiedener, oft divergieren- der gesellschaftlicher Einflussfaktoren. Nach 1945 engagierte sich Lazarsfeld innerhalb der Ford Foundation für die systematische Förderung des sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Nachwuchses in Österreich. Die Vertreibung ei-

268 Österreichisches Exil und Exil in Österreich nes wesentlichen Teils des intellektuellen Potentials 1934 und insbesondere 1938 aus Österreich hatte ja Land und Gesellschaft kulturell und wissenschaft- lich verwüstet. Lazarsfeld gelang es, mit anderen – wie Oscar Morgenstern – die Ford-Stiftung 1963 für die Gründung des Instituts für Höhere Studien und Wissenschaftliche Forschung in Wien zu gewinnen : Der Exil-Österrei- cher hatte sich erfolgreich für Österreich verwendet (Marin 1978, 39–49 ; Lan­ genbucher 2008, 279 f.). Österreichs Kultur zeigte im Exil Lebendigkeit und politische Sensibilität. Franz Werfel, der mit Alma Mahler nach einer mühsamen und gefährlichen Reise von Frankreich über Spanien und Portugal in die USA gelangt war, setzte seiner Flucht ein direktes und ein indirektes Denkmal : In Jakubovsky und der Oberst schilderte er die Flucht eines polnischen Offiziers und eines polnischen Juden vor der in Frankreich 1940 vorrückenden deutschen Wehrmacht. Und in Das Lied der Bernadette, seinem letzten Roman, erfüllte Werfel sein Ver- sprechen, nach seiner Rettung die Wunder von Lourdes zu würdigen. Stefan Zweig, der – obwohl nicht im engeren Sinn »politisch« – aus Verärgerung über die Polizeistaatsmethoden des autoritären Regimes Österreich schon vor dem »Anschluss« verlassen hatte, schrieb in der Schachnovelle eine Erzählung, in der das Wien des Jahres 1938, das Wirken der Gestapo und das durch diese berüchtigte Hotel Metropol so beschrieben wird, als wäre er dabei gewesen : in diesem Einfühlungsvermögen Carl Zuckmayer ähnlich, der in den USA in Des Teufels General die Atmosphäre im Berlin des Jahres 1941 so eingefangen hatte, als wäre er selbst Zeuge der Geschehnisse gewesen. Doch auch in Zweigs Schachnovelle spielt das im März 1938 untergegangene Österreich nur die Rolle einer Kulisse. Die zentrale Figur des Romans, ein der Gestapo-Haft gerade noch entkommener politischer Flüchtling, könnte prinzipiell auch 1933 aus Deutschland oder 1939 aus der Tschechoslowakei geflohen sein. Zweig lieferte eine Analyse der psychischen Folgen einer Ge- stapo-Einzelhaft – und nicht eine der gesellschaftlichen, politischen, wirt- schaftlichen Verhältnisse in Österreich. Diese auffallende Abwesenheit Öster- reichs ist auch bei Hermann Broch festzustellen. Broch, in den USA in dem geisteswissenschaftlichen Milieu Amerikas bald etabliert, beschäftigte sich im Exil literarisch mit dem Österreich vor 1914 – etwa in Hofmannsthal und seine Zeit. Aber anders als die anderen, aus Österreich kommenden Schriftsteller im Exil nahm Broch lebhaft Anteil am politischen Geschehen seines Gastlandes. Er veröffentlichte politische Schriften, in denen er sich mit der Demokratie auseinandersetzte – vor allem mit der Demokratie, wie er sie in den USA er- lebte. Und in diesen Schriften formulierte er komplexe Einsichten in politische Grundwerte, wie sie Franklin D. Roosevelt und Winston Churchill in der »At- lantik Charta« formuliert hatten. Die universellen Menschenrechte und die

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Vereinten Nationen, die von Roosevelt als Nachfolgeorganisation des Völker- bundes geplant und politisch durchgesetzt wurden, spielen im politisch-essay- istischen Schaffen des späten Broch eine zentrale Rolle. Broch, der 1950 kurz vor seiner Rückkehr nach Europa verstarb, war zu einem Advokaten westlicher, liberaler Demokratie geworden. Vielleicht fiel ihm deshalb zu dem Österreich, wie er es erlebt und wie es zwischen 1918 und 1938 Bestand hatte, nicht allzu viel ein (Broch 1978 ; Lützeler 2011). Zu groß für Österreich war jedenfalls Arnold Schönberg. In den Jahren vor 1914 hatte sich Schönberg einen Platz im musikalischen Milieu Wiens verschafft – als Neutöner, der über Gustav Mahler hinaus zu neuen Ufern der Musik aufbrach, insbesondere mit der Technik der Zwölftonmusik. Schön- berg hatte in den ersten Jahren der Republik in Wien den »Verein für musi- kalische Privataufführungen« gegründet, und junge Komponisten wie Hans Eisler studierten bei Schönberg. Doch 1925 nahm dieser, der den Gegenpol zur etablierten Musik der Wiener Philharmoniker und der Staatsoper bildete, einen Ruf nach Berlin an, als Professor an der Preußischen Akademie der Künste. Als er wegen seiner jüdischen Herkunft diese Position verlor, ging er nicht zurück nach Österreich, sondern zunächst nach Frankreich, dann in die USA. Im kalifornischen Exil hatte er engen Kontakt zu Thomas Mann, in dessen Roman Doktor Faustus Schönberg als »Adrian Leverkühn« eine Rolle spielt. Obwohl er in den Anfängen der Republik von dieser demonstrativ ge- ehrt worden war, kehrte er nicht dorthin zurück (Harrprecht 1995, Band 2, 1386–1389, 142 f.). Schönbergs Schüler Alban Berg und Anton Webern hatten einen teilweise anderen Lebensweg. Webern leitete in Wien die Arbeiter-Sinfoniekonzerte – ein Teil der Versuches des »Roten Wien«, den Zugang zur modernen Musik zu verbreitern. Webern überlebte die NS-Herrschaft in Österreich und starb kurz nach der Befreiung des Landes 1945 in Mittersill in Salzburg. Alban Berg, der 1935 im Alter von 50 Jahren in Wien starb, schuf mit der 1925 erstmals auf- geführten Oper Wozzeck und der 1937 uraufgeführten Oper Lulu die beiden wohl bekanntesten und international erfolgreichsten Opern dieser Periode. Beiden Opern liegt ein literarischer Stoff deutscher Dichter zugrunde – von Georg Büchner und von Frank Wedekind. Dass Wozzeck in Berlin und Lulu in Zürich uraufgeführt wurden, spricht auch dafür, dass Berg (wie die gesamte Schönberg-Schule) in Zwischenösterreich nicht wirklich Wurzeln schlagen konnte. Die Staatsoper spielte ein Programm, das traditionell war – vor allem Mozart, Wagner, Verdi, Strauss. Ihre Erfolge konnten die »Neutöner« vor al- lem außerhalb Österreichs erzielen. Die Premiere von Ernst Kreneks Oper Jonny spielt auf im Jahr 1927 war eine Ausnahme in dem der Tradition verpflichteten Programm der Staatsoper.

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Sie wurde einer der großen Skandale in der Wiener Operngeschichte. Sowohl das Libretto, das einen »schwarzen« Jazzmusiker in den Mittelpunkt stellte, als auch die Übernahme von Elementen des Jazz waren der Anlass für heftige politische Demonstrationen (Berger 2015, 735). Dass die Oper als »jüdische Provokation« denunziert wurde, zeigte einmal mehr die Ungeistigkeit des An- tisemitismus : Krenek war als Katholik aufgewachsen, katholisch erzogen und »Arier« im Sinne der Kriterien der »Nürnberger Gesetze«. Er verbrachte die Jahre der NS-Zeit im US-amerikanischen Exil – als nicht-jüdischer Gegner des Nationalsozialismus. Krenek, der einige Jahre mit Anna Mahler (der Tochter von Gustav und Alma Mahler) verheiratet war, nahm in den Jahren der Re- publik und des »Ständestaates« lebhaften Anteil an den Diskussionen, die um Karl Kraus und seine »Fackel« geführt wurden. Er beteiligte sich auch an den Überlegungen Ernst Karl Winters, Österreichs Identität gegenüber Deutsch- land abzugrenzen und so eine bessere Position in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus zu gewinnen. Nach seiner Rückkehr nach Österreich formulierte Krenek sein Öster- reich-Verständnis so : »Wenn ich von Österreich spreche oder daran denke, meine ich zweierlei : das gegenwärtige Staatsgebiet […] und die Idee des über- nationalen Reiches, die eine ganz andere, historisch bedingte, theoretische Vorstellung ist« (Berger 2015, 744). Die Republik war »das gegenwärtige Staats- gebiet« – eine nüchterne Gegebenheit. Das Österreich, das Gefühle hervorrief, war ein anderes – auch wenn es auf eine »theoretische Vorstellung« reduziert ist. Die Republik war Wirklichkeit, aber Sehnsüchte und Träume – die stan- den für diejenigen, die ihre Bewusstseinsbildung noch vor 1914 erfahren hat- ten, mit dieser Republik nicht in Verbindung. Österreich lebte in der österrei- chischen Exilkultur fort. Aber es war nicht das Österreich der Republik. Billy Wilder und Otto Preminger, die ihre ersten Regieerfolge in Wiener Theatern erzielt hatten, wurden zu Stars in Hollywoods Filmwelt. Preminger konnte und wollte seine österreichische Prägung offenbar nicht loswerden – wie sein Film Der Kardinal demonstriert, der Theodor Innitzers Ambivalenz im Wien in den Wochen und Monaten nach dem »Anschluss« zeigt. Ernst Lothar, Schriftsteller und Regisseur, Direktor des Theaters in der Josefstadt, verbrachte die Jahre der NS-Zeit mit Adrienne Gessner in den USA, wo er am Colorado Springs College lehrte. Nach seiner Rückkehr entstand der Film Der Engel mit der Posaune, der auf Lothars gleichnamigem Roman aufbaute und der die Geschichte Österreichs erzählt – freilich unter weitgehender Ausklam- merung der Republik. Was zwischen den Polen des K.-k.-Österreich und der NS-Zeit stattfand, das war kaum der Beachtung wert. Die Republik, dieses Zwischenösterreich der zwei Jahrzehnte nach 1918, schien keine Spuren im kulturellen Bewusstsein und im politischen Narrativ hinterlassen zu haben –

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sieht man vom Opfer- und Märtyrermythos der Sozialdemokratie im Gefolge des Februar 1934 ab. Clemens Holzmeister, dem politischen Katholizismus verbunden, Architekt des Salzburger Festspielhauses und der Seipel-Dollfuß-Kirche in Wien – aber auch der Wiener Feuerbestattungshalle –, wirkte als Städtebauer in der Tür- kei des Kemal Pascha Atatürk. Die republikanischen Regierungsgebäude des als neue Hauptstadt ausgewählten Ankara sind von seiner architektonischen Handschrift geprägt. Er überlebte die NS-Herrschaft ebenso in moslemischer Umgebung wie Josef Dobretsberger, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Graz und Sozialminister unter Kurt Schuschnigg. Dob- retsberger näherte sich nach seiner Rückkehr nach Österreich, nach 1945, der KPÖ an. Irene Harand und Ernst Karl Winter überlebten im US-Exil. Nach New York hatte sich auch Alma Mahler-Werfel nach einigen Jahren in Kalifor- nien und dem Tod Franz Werfels zurückgezogen – eine Frau, die durch ihre Verbindungen mit Mahler und Gropius, Kokoschka und Werfel als klassische Salondame galt, die viel später, nach ihrem Tod, fast zu einer Ikone des Femi- nismus wurde : Sie hatte nie die Chance bekommen, sich in Kunst und Kultur anders als über ihre Männer zu definieren. Unter den Österreichern, die vor dem NS-Regime ins Ausland flüchteten, kam Rüdiger Starhemberg eine besondere Stellung zu. Starhemberg, der 1923 in den Reihen der putschenden Nationalsozialisten in München gegen die deutsche Demokratie, gegen die Weimarer Republik marschiert war, hatte bald Abstand von der NSDAP genommen und war zu deren Gegner geworden. In Österreich hatte er – als aristokratischer Gutsbesitzer in Oberösterreich – beim Aufbau der Heimwehren eine entscheidende Rolle gespielt. Als dekla- rierter Gegner von Demokratie und Parlamentarismus, wie im »Korneuburger Eid« 1930 programmatisch manifestiert, war Starhemberg für den Druck auf die Parteiführung der Christlichsozialen verantwortlich, ihren verbalen Anti- marxismus zu einer Abkehr vom Grundkonsens der Republik weiterzuführen. Starhemberg sah sich – grundsätzlich zu Recht – als Vertreter der italienischen Variante des Faschismus. Im Februar 1934 nahm Starhemberg für sich und die Heimwehren in An- spruch, entscheidend zum militärischen Erfolg der Regierung Dollfuß gegen den Republikanischen Schutzbund beigetragen zu haben. Als Dollfuß’ Stell- vertreter in der Regierung wurde er nach dessen Tod Führer der Vaterlän- dischen Front. Starhemberg wandte sich gegen Schuschniggs Versuch, durch ein Abkommen im Juli 1936 einen Modus Vivendi mit dem nationalsozialis- tischen Deutschland und der NSDAP zu finden. Von Schuschnigg deshalb entmachtet, musste er – als nunmehr entschiedener Gegner der Nationalsozi- alisten – 1938 ins Exil. Er schloss sich der französischen Luftwaffe an, um ge-

272 Österreichisches Exil und Exil in Österreich gen Hitler-Deutschland zu kämpfen, kam aber nicht mehr zum Einsatz. Nach der Niederlage Frankreichs 1940 erreichte er Argentinien, um dort wieder als Landwirt – wohl besser : Großgrundbesitzer – zu leben. Unter den Österrei- cherinnen und Österreichern, die es in dieses Land verschlagen hatte, war er ein einmaliger Fall : ein deklarierter Faschist, der zunächst mit den, dann ge- gen die Nationalsozialisten gekämpft hatte und von diesen mit dem Tod be- droht worden war. Starhemberg starb 1955, kurz nach seiner Rückkehr nach Österreich (Starhemberg 1971). Wer zählt all die Namen derer, die den Nationalsozialismus entweder nicht oder nur im Exil überleben konnten ! Österreich – so schien es – war am Ende. Und mit ihm die österreichische Kultur. Otto Bauers Reaktion auf den »An- schluss«, nicht die Wiederherstellung Österreichs müsse nun das Ziel sein, son- dern die gesamtdeutsche Revolution, war nicht nur von einer besonderen, Bau- ers Illusionen signalisierenden Naivität. Sie zeigte auch, wie hoffnungslos im Jahre 1938 Österreichs Schicksal erscheinen musste. 1938, Finis Austriae : Wer hätte den Mut gehabt, in diesem Moment der Geschichte daran zu zweifeln ? Die Sehnsucht des dritten Lagers war erfüllt ; und die beiden anderen Lager hatten vor der Geschichte verloren. Gemessen an der Bedeutung des österreichischen kulturellen Exils blieb das politische Exil auffallend bedeutungsarm. Das österreichische Exil war politisch gespalten und ohne klare Perspektive von Österreichs Zukunft. In Großbritannien und in den USA zögerten österreichische Sozialdemokraten besonders lange, bis sie sich auf das Ziel der Wiederherstellung der Republik Österreich (und damit auf eine Absage an Otto Bauers »gesamtdeutsche Re- volution«) verständigten (Kuschey 2008, 216–248). Julius Deutsch, Oscar Pol- lak, Marianne Pollak, Friedrich Adler, Josef Buttinger, Karl Czernetz, Walter Wodak, Otto Leichter und andere waren lange Zeit unentschlossen, ob und in welcher Form die österreichische Sozialdemokratie sich politisch positionieren sollte. Insbesondere die Frage, ob Otto Bauers Formel von der »gesamtdeut- schen Revolution« und die damit verbundene Absage an die Wiederherstellung eines unabhängigen Österreich die Parteilinie sei, blieb jedenfalls bis nach der »Moskauer Deklaration« vom 1. November 1943 offen. Erst dann setzte sich die Meinung durch, das Kriegsziel der Alliierten – die Wiederherstellung Ös- terreichs in den Grenzen von 1937 – sollte auch das Ziel der österreichischen Sozialdemokratie sein. Das kommunistische österreichische Exil in Großbritannien hatte – wie Eric Hobsbawm beobachten konnte – eine verglichen mit der Sozialdemo- kratie klare Perspektive. Die Kommunistinnen und Kommunisten hielten an der vor 1938 festgelegten Linie fest, Österreichs Unabhängigkeit gegenüber Deutschland kulturell und politisch zu betonen (Hobsbawm 2003, 168 f.). Das

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katholisch-konservative Exil stand, vor allem in den USA und Kanada, unter dem Einfluss monarchistischer Bestrebungen. Mit dem politisch linken Ös- terreich-Exil, das in den USA vor allem durch Julius Deutsch vertreten war, konnte nur wenig politische Gemeinsamkeit entwickelt werden (Goldner 1977, 107–125). Andere vom Deutschen Reich militärisch besetzte Staaten waren von Exil- regierungen repräsentiert, die in London oder anderswo die Interessen ihres Landes vertraten – mit der klaren Zielrichtung, für die Zeit nach der Befrei- ung von Hitler-Deutschland politisch vorbereitet zu sein. Eine österreichische Exilregierung hingegen gab es nicht – jedenfalls keine, die in irgendeiner Form einen österreichischen Konsens vertreten hätte. Nur das legitimistische Exil schaffte es, eine freilich von niemandem anerkannte Exilregierung in den USA zu bilden. Diese ganz auf die Person des ältesten Sohnes des letzten Kaisers ausgerichtete Regierung hatte nicht die geringsten Chancen, zu einer Verstän- digung mit dem sozialdemokratischen oder kommunistischen Exil zu kom- men. Die Exilregierung hatte auch von vornherein mit den grundsätzlichen Bedenken derer zu kämpfen, die etwa – im Namen der Tschechoslowakei – den Österreich-Begriff der Monarchisten als Kampfansage an das Wiedererstehen der Tschechoslowakischen Republik verstanden. Die auf Otto Habsburg aus- gerichtete Exilregierung, die auf die relative Stärke des monarchistischen Wi- derstandes gegen den Nationalsozialismus pochen konnte, wurde schließlich ein Opfer interner Streitigkeiten im eigenen Milieu (Goldner 1977, 65–106 ; Plöchl 2007). Eine besondere Rolle kam den Österreichern zu, die militärisch gegen das nationalsozialistische Deutschland kämpften – als spezifisch österreichische Einheiten in den Streitkräften der Alliierten oder auch als Partisanen vor al- lem in den alpinen Regionen des Landes (Goldner 1977, 126–175 ; Luza 1984, 1986–1998 ; Neugebauer 2014, 192–205 ; Traussnig 2016). Diesem militärischen Widerstand kam vor allem deshalb Bedeutung zu, weil 1945 die österreichische Regierung darauf verweisen konnte, um so zu belegen, dass der in der Mos- kauer Deklaration geforderte Anteil Österreichs an seiner Befreiung tatsäch- lich geleistet worden war. Die in Österreich verbliebenen Sozialdemokraten waren für den Wieder- beginn 1945 politisch prägender als das sozialdemokratische Exil : Sie waren in den Tagen des April 1945 einfach da. Die Sozialdemokratie – allen voran Karl Renner – war zur Stelle, um (gemeinsam mit der als Nachfolgerin der Christlichsozialen Partei neu gegründeten Österreichischen Volkspartei und der KPÖ) unter der wohlwollenden Förderung der sowjetischen Behörden eine Provisorische Regierung ins Leben zu rufen, die am 27. April 1945 die Unabhängigkeit Österreichs erklärte. Die bestimmenden Sozialdemokraten in

274 Österreichisches Exil und Exil in Österreich dieser Gründungsphase waren weder die, die im Exil lebten (denn diese konn- ten ja erst nach Wochen oder Monaten zurückkommen), und auch nicht die, die noch als Häftlinge in den Lagern des NS-Regimes waren. Adolf Schärf hatte Kontakte mit dem deutschen Widerstand und wurde deshalb auch 1944 verhaftet, kam aber wieder frei – ebenso wie Karl Seitz. Karl Renner aber, der »Mann für alle Jahreszeiten«, hatte sich von jeder Widerstandstätigkeit fern- gehalten. Und er stand schon bereit, als im April 1945 sowjetische Truppen seinen Wohnort Gloggnitz erreichten – bereit, um wieder Hand anzulegen ; bereit, um die Republik abermals zu gründen. Ähnliches galt auch für das katholisch-konservative Lager : Entscheidend war, wer im Frühjahr 1945 im Lande war, in den von den Alliierten befrei- ten Gebieten. Die Repräsentanten dieses Lagers, die 1945 die Österreichische Volkspartei gründeten, hatten ebenfalls ihre Anti-NS-Haltung glaubwürdig unter Beweis gestellt : Insbesondere traf dies auf Leopold Figl zu, den ersten Obmann der Volkspartei und ersten Bundeskanzler der Zweiten Republik. Figl war 1945 nur knapp der Hinrichtung entgangen. Auch der erste Gene- ralsekretär der ÖVP, Felix Hurdes, hatte längere Zeit im Konzentrationsla- ger verbracht. Häftlinge im Konzentrationslager waren auch Alfons Gorbach, Bundeskanzler der Republik von 1961 bis 1964, und Alfred Maleta, der in der Zweiten Republik (wie Hurdes auch) Präsident des Nationalrates werden sollte. Karl Gruber, im Mai 1945 provisorischer Landeshauptmann Tirols und dann Staatssekretär (Außenminister) der Regierung Renner, kam aus dem konservativen Widerstand und sicherte der in Wien gegründeten ÖVP eine gesamtösterreichische Basis. Die einzige Exilgruppe, die 1945 eine wesentliche Rolle zu spielen ver- mochte, waren die Kommunistinnen und Kommunisten. Sie kamen aus Moskau nach Österreich zurück (Fischer 1969, 291–427) – oder auch in den Reihen der Österreichischen Freiheitsbataillone, die auf der Seite der jugos- lawischen Partisanen gegen die deutsche Wehrmacht gekämpft hatten. Die KPÖ wurde für ihre Anti-Nazi-Aktivitäten letztlich aber nicht belohnt – zu sehr wurde sie mit der Sowjetunion und dem Verhalten der Roten Armee identifiziert, die es nicht erreichen konnte, in Österreich gesellschaftlich als das anerkannt zu werden, was sie objektiv war : eine Armee der Befreier. Zu sehr spielten antikommunistische und »antibolschewistische«, latent rassis- tische Vorurteile (in denen auch die NS-Propaganda weiterwirkte) mit dem real erlebten Verhalten der ihrer Befreierrolle nicht wirklich gerecht werden- den Roten Armee einander in die Hände. Zu sehr hatte die KPÖ wohl auch den zwar vorhandenen, nicht aber dominanten »antifaschistischen« Öster- reich-Patriotismus in Österreichs Gesellschaft überschätzt. Die Kommu- nistische Partei hatte gegenüber den historisch fest in ihrer Lagertradition

275 Österreichisches Exil und Exil in Österreich verankerten anderen Parteien – der SPÖ und der ÖVP – im freien Wettbe- werb um Wählerstimmen keine Chance nicht obwohl, sondern weil Antifa- schismus und Österreich-Patriotismus in diesen beiden anderen Parteien viel schillernder, viel ambivalenter waren. Doch alle Tragödien, aller Heroismus des österreichischen Exils und des Exils in Österreich verblassen angesichts des Schicksals des Geschichtsmäch- tigsten aller Österreicher im Exil. , österreichischer Staatsbürger, hatte im Ersten Weltkrieg als Freiwilliger in einer bayerischen Einheit der Ar- mee des kaiserlichen Deutschland gedient. Sein Umzug von Wien nach Mün- chen, 1913, kann wohl nicht als Flucht gedeutet werden – jedenfalls nicht als Flucht vor politischer Verfolgung ; wenn schon, dann als Flucht vor der eige- nen Erfolglosigkeit. Es war die kaiserliche deutsche Armee, die seinem Leben Halt gab ; und es war die nach dem Ende des Krieges einsetzende politische Karriere in Deutschland, die ihn zu der zentralen politischen Figur Europas in den 1930er und 1940er Jahren machte. Hitler hatte nicht die demokratische Republik Österreich verlassen, sondern das alte Österreich. Wie er in Mein Kampf beschrieb, störte ihn an diesem Ös- terreich vor allem die Multikulturalität, die Multinationalität. Habsburg-Ös- terreich war für ihn zum Feindbild geworden, dem er die Utopie eines »rassisch reinen«, eines deutschen Nationalstaates entgegenstellte, der eine Weltmacht- rolle vor allem in einem Expansionsdrang nach dem Osten Europas erzwin- gen sollte. Mit dem Österreich, das 1923 – dem Jahr des Putschversuches von München – existierte, hatte dieses Feindbild nichts zu tun. Ob nun Hitlers Weltsicht wirklich schon 1913 fertig und entscheidend für seine Emigration nach Deutschland war ; ob nicht doch seine berufliche Erfolglosigkeit das we- sentliche Motiv war und er seine rassistische, völkische Begründung erst als Überbau in München konstruierte, ist bis heute umstritten (Longerich 2015, insbes. 57–91). Sicher ist aber, dass das kleine Österreich der Republik für ihn keine besondere bewusstseinsbildende Rolle spielte. Das Österreich der Zwi- schenkriegszeit war für den von Großmachtphantasien beflügelten Hitler von höchstens sekundärer Bedeutung. Österreich war 1918 für den zukünftigen Diktator unwichtig geworden. Er sah es als Objekt einer (seiner) Aggression, und politisch ging es ihm 1938 vor allem darum, die Zustimmung Benito Mussolinis zum »Anschluss« zu errei- chen – unabhängig davon, was Österreichs Regierung darüber dachte. Als er im Februar 1938 den österreichischen Kanzler Kurt Schuschnigg in Berch- tesgaden empfing, um ihn massiv unter Druck zu setzen, behandelte Hitler Schuschnigg wie einen latent aufsässigen Satrapen, den er durch Drohungen zur Ordnung zu rufen hatte. Während Schuschnigg Hitler mit »Herr Reichs- kanzler« ansprach, war Schuschnigg für Hitler immer nur »Herr Schuschnigg«.

276 Österreichisches Exil und Exil in Österreich

Der Chef der autoritären Regierung Österreichs war für den deutschen Dik- tator kein Partner oder auch nur Gegner, mit dem er auf gleicher Augenhöhe verhandelt hätte (Schuschnigg 1946, 37–52). Als Hitler 1932 für das Amt des Reichspräsidenten kandidierte, musste der inzwischen staatenlose Österreicher erst durch einen rechtlichen Kunstgriff zum deutschen Staatsbürger gemacht werden, damit er überhaupt zur Wahl antreten durfte. Bis dahin war er zunächst Auslandsösterreicher, danach staa- tenlos. Um seine Phantasien, seine Visionen umzusetzen, war ihm Österreich nicht groß genug – er brauchte das große Deutschland, er musste das Deut- sche Reich zum Großdeutschen Reich machen und dabei Österreichs Selb- ständigkeit zerstören. Nur so konnte er zur negativen Figur des Jahrhunderts schlechthin werden. Für Österreich war er, waren seine Ambitionen zu groß. Von Österreich aus hätte er nicht Europa, ja die ganze Welt an den Rand des Abgrunds führen können. Österreich war diesem Österreicher ganz einfach zu klein. und Otto Bauer, nach Viktor Reimann »zu groß für Öster- reich«, waren es nicht, die das weitere Schicksal Österreichs prägen sollten : Seipel war noch vor dem Ende der Republik gestorben – ein Ende, an dessen Zustandekommen er nicht unwesentlich beteiligt war. Bauer starb zwischen »Anschluss« und Kriegsbeginn in Paris – das Wiedererstehen der Republik Österreich war bis zuletzt nicht eine Perspektive, die er für wünschenswert oder auch nur realistisch gehalten hätte. Dass die beiden »zu groß« für das klein gewordene Österreich gewesen wären, dafür gibt es einige Argumente. Otto Bauer konnte seine Vision von einem großen, demokratischen und so- zialistischen Deutschland nie hinter sich lassen. Und Ignaz Seipel sah sich als Akteur auf einem europäischen Schachbrett, in dem er vor allem als loya- ler Sohn einer globalen Kirche zu agieren hatte. Beide erlebten das alt-neue, kleine, demokratische Österreich der Zweiten Republik nicht mehr. In diesem Österreich kam dem intellektuellen Erbe dieser beiden »Großen« keine reale politische Rolle zu. Otto Bauer freilich wurde Gegenstand einer Renaissance sozialistischen Denkens. In Österreich stieg das Interesse an Otto Bauer gerade zu einer Zeit sozialdemokratischer Hegemonie – in den 1970er Jahren. Diese »Welle der Bauer-Rezeption« (Hanisch 2011, 387–393) war das Ergebnis einer gewissen Ernüchterung : Die Zweite Republik und ihre Erfolge, und gerade auch die Erfolge der Sozialdemokratie, hatten eines offenbar nicht gebracht – den So- zialismus, wie er in der Tradition des Austromarxismus zu verstehen gewesen wäre : eine »klassenlose Gesellschaft« als Essenz dessen, wofür die Sozialdemo- kratie der Ersten Republik politisch gekämpft hatte. Die »Normalisierung« der Sozialdemokratie innerhalb des Erfolgskurses der Zweiten Republik war

277 Österreichisches Exil und Exil in Österreich verbunden mit einem reformistischen Social Engineering, einer evolutionären Verbesserung der Lebensverhältnisse. Aber hatte nicht die Sozialdemokratie einmal mehr versprochen ? Otto Bauer war, diesbezüglich, von der Gnade des rechtzeitigen Todes erfasst : Er starb, ohne sich mit dem Regierungspragma- tismus beschäftigen zu müssen, für den ab 1945 die Namen Karl Renner und Adolf Schärf und später Bruno Kreisky standen. Dieser Regierungspragma- tismus schien für die »Größe« eines Otto Bauer und seiner »österreichischen Revolution« und seines »integralen Sozialismus« keinen Platz zu lassen. Und Otto Bauer schien auch in ein strategisches Denken zu passen, das – unter dem Stichwort »Eurokommunismus« – in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun- derts für die Suche nach einem sozialistischen Weg zwischen Marxismus-Le- ninismus und Sozialdemokratie stand. Bauer wurde – posthum – eine Rolle zugeschrieben, die er mit Antonio Gramsci teilte ; jenem italienischen Kom- munisten, der wie Bauer gestorben war, bevor er mit einer Wirklichkeit zu tun bekommen hatte auf die er vielleicht, wahrscheinlich keine entsprechende Antwort gewusst hätte. Ignaz Seipel erfuhr keine analoge Renaissance – nicht als Theoretiker, nicht als Praktiker. Sein Politischer Katholizismus war nach 1945 nicht mehr an- wendbar. Der »Ständestaat« war untergegangen – und das ohne eine heroische Geste, wie sie die Republik 1934 für sich in Anspruch nehmen konnte. Die österreichische Gesellschaft wurde in der Zweiten Republik von einer Welle der Säkularisierung erfasst. Für eine breite politische Bewegung, die sich un- mittelbar auf die politischen und sozialen Aussagen der Katholischen Kirche hätte berufen können, war da wenig Platz. Und einen Raum gab es auch nicht für eine nostalgische Rückbesinnung auf die Erfahrungen der Ersten Repub- lik : Während sich die Bauer-Rezeption nicht mit dem unmittelbaren Schei- tern Bauers auseinanderzusetzen hatte, weil Bauer für die Kräfte der Oppo- sition der Ersten Republik und nicht für die primär Verantwortung tragende Regierung stand, wäre eine Seipel-Rezeption mit der gegen die demokratische Republik gerichteten Politik des an der Macht befindlichen katholisch-konser- vativen Lagers konfrontiert worden. 1945 brach die Sozialdemokratie de facto mit dem Austromarxismus – und damit mit Otto Bauer. Und die Christlichsozialen verabschiedeten sich als Österreichische Volkspartei vom Politischen Katholizismus Seipelscher Prä- gung. Es war Karl Renner, dessen durchaus auch opportunistisch zu nennende Anpassungsfähigkeit und Flexibilität sich von diesen »Übertreibern des Klas- senkampfes« (Renner 1953, 80) so entschieden abhob, der zur Schlüssel- und auch zur Symbolfigur des sich nunmehr mit seinem Status einer kleinen und demokratischen Republik abzufindenden Österreich werden sollte. Die »Gro- ßen« der Ersten Republik hatten letztlich keine Geschichtsmächtigkeit. Der

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Widerspruch zwischen den großen Sehnsüchten und der politischen Realität war endlich aufgehoben. Dem freilich hatte das Scheitern der Ersten Republik und die Katastrophe des »Anschlusses« vorangehen müssen.

279 ANTON PELINKA DIE UNHEILIGE ALLIANZ DIE RECHTEN UND DIE LINKEN EXTREMISTEN GEGEN EUROPA

Die Geschichte der europäischen Integration ist voll von Beispielen dafür, dass rechte und linke Extremisten in nicht abgesprochener Allianz die Vertie- fung Europas zu verhindern versuchten – nur zu oft mit Erfolg. Das Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft 1954 und des Europäischen Verfassungsvertrages 2005 sind prominente Beispiele dafür. Ausgehend von dieser Evidenz zeigt das Buch, dass die auf den ersten Blick überraschende, gegen die EU gerichtete Frontstellung kein Zufall ist: Vom Kriegspatriotis- mus des Jahres 1914 über einen auf der extremen Linken als Antizionismus getarnten Antisemitismus bis hin zur Ablehnung der Ergebnisoffenheit der liberalen Demokratie reicht die Kette der Gemeinsamkeiten, die rechten und linken Extremismus verbinden.

2015. CA. 195 S. GB. 170 X 240 MM | ISBN 978-3-205-79574-2

böhlau verlag, wiesingerstrasse 1, a-1010 wien, t: + 43 1 330 24 27-0 [email protected], www.boehlau-verlag.com | wien köln weimar Bestenfalls als Notlösung akzeptiert, von vielen von Anfang an bekämpft, taumelte das 1918 als »Rest« gegründete Österreich dem Ende der demo­ kratischen Republik 1934 und dem Ende Österreichs 1938 entgegen. Was ein Versagen der politischen Eliten war, spiegelte sich auch in der demonstrativen Distanz von Gesellschaft und Kultur gegenüber dieser Republik. War der Weg in den Abgrund aber wirklich zwingend vor- gezeichnet?

ISBN 3-205- 20236- 8

ISBN 978-3-205-20236-3 | WWW.BOEHLAU-VERLAG.COM