Materialien & Texte Aus Den Sieben Körben Uncreative Writing Das
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VTXTM_Cover_1-2016_var.qxp 09.03.16 19:17 Seite 1 PP.b.b..b.b. GGZZ 009Z0382589Z038258 M VVerlagspostamterlagspostamt 11150090 WWienien Nr.Nr. 2/20171/2016 . •€ €5,90 5,9 0/ SFr./ SF r6,50. 6,50 Materialien & Texte aus Uncreativeden sieb Writingen Körben Kenneth GoldsmithNeue Gesc überhicht edasn v Schreibenon Alexan inde undr Klu mitge Neuen Medien, das Internet und die Geisterwelt „Themen außerhalb meines Selbst Dasinter Leichentuchessieren mich der Literaturnicht“ Thomas LangLebe nüber un d KnausgårdsAnsichten von Kampf und seine Folgen Pierre Drieu la Rochelle, Narzisst BRD Noir P h Ichilipp Fe lundsch im Ge sderpräch m iUrknallt Frank Witzel über die schwarze Romantik der alten Bundesrepublik Raoul Schrott im Gespräch mit Erich Klein über – fast alles Beiträge von Felix Philipp Ingold, Teresa Präauer, Ulrich Faure, Uwe Schütte, Norbert Gstrein, Martin Roda Becher, Arno Geiger, Thomas Lang, Susanne Schleyer, Andreas Maier, Klaus Siblewski, Alexander Nitzberg, Michael Braun, Klaus Zeyringer, Fatima Naqvi, Stefan Gmünder, Katrin Hillgruber u.a. „Niemand weiß, ob Adorno auf den Hohn der drei jungen Frauen mit Tränen reagierte.“ (Seite 6) FELIX PHILIPP INGOLD DOPPELSCHLAG bei / by ritterbooks 104 Seiten brosch. mit CD ISBN: 978-3-85415-557-7 € 17,90 SFR 30,80 „Niemals keine Nachtmusik“ enthält thematisch höchst unterschiedliche, informell, nach „innerer“ Notwendigkeit angelegte, teils in Prosa-Betrachtung mündende Gedichte Felix Philipp Ingolds aus den letzten zehn Jahren, dazu ein Hörstück für drei Stimmen. Konzentriert und nonchalant zugleich unternimmt der findige Form- Experimentator und Forscher von Wirkungen poetischer Sprache Sondierungsgänge ins System sprachlicher Zeichen und untersucht im kreativen Prozess Mechanismen der Produktion von Bedeutung und Sinn. Ingold durchstreift dabei einen ganzen Kosmos an Tradition von Kunst, Dichtung, Musik und Philosophie, umkreist Fremdes mit Anspielungen und amalgamiert solches mit Eigenem zu hochkomplexen poetischen Gebilden. Mit Ironie, akkuratem Humor und Wortwitz beutelt Ingold konfektionierte Lyrismen und gängige Weisen metaphorischen Denkens durcheinander und führt uns vor, wie sich poetisches Sprechen heute aus jedem Gedicht heraus neu zu entwerfen vermag. 80 Seiten brosch. 22 x 22 cm ISBN: 978-3-85415-548-5 € 13,90 SFR 24,30 mit einem Nachwort von Magnus Wieland In seinem neuen und, ich sage es gleich, wunderbaren Gedichtband „Fortschrift“, einem „Gedicht in fünfzehn Würfen“, gelingt Felix Philipp Ingold eine wunderbare Schwebe zwischen dem, was ihm nicht als Sinn sich konstituiert, sondern in Form und Wort zufällt, was er aber kohärent ordnet; wobei das Zufallen das Material wie das Prinzip betreffend Mallarmé meint. (...) Sperrig, aber zugleich notwendig und schwebend beginnt sich so alles zu entfalten: Wortmagie, doch aufgeklärte; wer sich den Band nicht ansieht, dem wird womöglich Entscheidendes „nicht zufallen“. Martin A. Hainz, „Fixpoetry“, Mai / 2017 www.ritterbooks.com Inhalt Mit Helmut Kohl an Rilkes Grab Gisela Trahms über Marcel Beyers Das blindgeweinte Jahrhundert ...............4 Schleyers Fotojournal ..................................................... 7 Ich und der Urknall Erich Klein im Gespräch mit Raoul Schrott über Literatur als Ahnendienst, die Dauer der Berge, Kochen für Philippe Soupault und sein Buch Erste Erde .....8 Writer at Large 8 Ein Spendenaufruf des Brenner Archivs Innsbruck im Jahre 2066 des Herrn. Von Norbert Gstrein ......................................................... 20 Die Bewohner von Château Talbot Von Arno Geiger .................. 23 Materialien & Texte aus den sieben Körben Durchlässigkeit. Ursprünglich positive Bedeutung des Wortes „vergeblich“. Von Alexander Kluge ......................................................... 24 24 Neulich Von Andreas Maier ................................................ 32 Lyrik-Logbuch Von Michael Braun und Paul-Henri Campbell .............. 33 Ausschreibungen ........................................................ 35 Bedingt brauchbar Ein Streifzug durch germanistische Kompendien. Von Uwe Schütte ............ 36 Präauer streamt Von Teresa Präauer ..................................... 41 Grenzgänge der Literatur Lektüre- und Betriebsberichte von Felix Philipp Ingold ........................ 43 Eine Art stirbt aus 41 Nachschrift auf Gerd-Peter Eigner (1942–2017). Von Alban Nikolai Herbst ..... 50 Das Leichentuch der Literatur Thomas Lang über Karl Ove Knausgårds literarische Anpassungsleistung . ...... 52 Das Netz als telepathischer Raum Von Kenneth Goldsmith ...................................................... 60 Nachts schreiben, um am Tag nicht verloren zu gehen Gedanken zu Literatur und Selbsterfahrung. Von Arne Rautenberg ............. 66 Fragebogen: Gerrit Bartels ............................................ 71 Preis-Telegramm ........................................................ 72 60 Termine / Impressum ....................................................74 VOLLTEXT 1/2017 SEITE 3 Mit Helmut Kohl an Rilkes Grab Vom Busenattentat auf Adorno zum Fall von Strauss-Kahn, Heintjes „Mama“ und der Affe mit der Kamera – Das blindgeweinte Jahrhundert von Marcel Beyer vernetzt Disparates zu einem individuellen Gespinst. VON GISELA TRAHMS chriftsteller, und besonders jene, Handelt es sich um eine Reportage, wie Irrealitätsmarker unbeachtet, glaubt er die „die eigene Arbeit nicht als Orts- und Datumsangabe suggerieren? drei Seiten lang auf einem durch Daten SBürotätigkeit in der Fiktionsver- Oder doch um eine Erzählung, Genre und Details fixierten Felsen zu stehen, waltung“ betrachten, lieben das Grenz- Mystery? Wie von einer hoch gelege- bis dieser ihm plötzlich unter den Fü- land zwischen den Gattungen, wo sie nen Plattform aus schaut der Leser ins ßen wegrollt. Ja, was denn nun? Was ist die Pfähle selbst einschlagen können. Schneetreiben, hat das Knattern der Tatsache, was Fiktion? Marcel Beyer gibt schon auf der Rück- rotierenden Flügel in den Ohren, fühlt Schon das Cover, ein Szenenfoto seite des Covers an, was sein neues Buch sich ins epochale Jahr 1989 versetzt aus Murnaus Stummfilm-Klassiker Das blindgeweinte Jahrhundert jeden- (doch die Mauer wird erst im Herbst Faust, stimmt nicht nur auf Ton und falls nicht ist. „Es ist schwer, nicht einen fallen), hört dann von einem Staatsgast, Atmosphäre des Textes ein, sondern Roman zu schreiben“, steht dort. Der der im Hotel Bellevue logierte, hört illustriert mit dem mondbeschienenen Satz stammt von Siegfried Unseld, ein vom Dichter Rilke, welcher im nahe Schnee oder Wolkendunst auch die Bo- Stoßseufzer über die Auseinanderset- gelegenen Château de Muzot seine denlosigkeit der Leseerfahrung. Dazu der irritierende Titel – ein Jahrhundert kann doch nicht „blindgeweint“ sein? Ein so zarter, empfindsamer Hausgott Eher müsste das Attribut wohl die trä- nenden Augen derer kennzeichnen, wie Rilke für den Saumagen-Liebhaber? die im Erleben oder im Rückblick nur Und doch, und doch … noch Schemen sehen. Der Titel sugge- riert, dass das Jahrhundert auf den Be- trachter zurückschaute, wäre es nicht zungen mit Thomas Bernhard. Hier je- letzten Jahre verbrachte und in Raron durch unzählige mediale Vermittlun- doch signalisiert das Zitat den Versuch, begraben liegt und erfährt schließlich, gen selber „blind“, das heißt unscharf die so nahe, so ferne Wirklichkeit des dass der Staatsgast Helmut Kohl sich am in seinen Konturen geworden. Ein vergangenen Jahrhunderts auf andere, besagten Apriltag einen Wunsch erfüll- zwischen Subjekt und Objekt oszillie- unerprobte Weise am Wickel zu packen. te, nämlich Rilkes Grab zu besuchen, rendes Konstrukt, das bis zum Schluss „Im leichten Gestöber, das am 14. dass er jedoch keineswegs im Helikop- beunruhigt. April 1989 über dem Rhonetal herrscht, ter angereist kam – der über eine Seite Im Kontrast dazu heißt der schlich- wäre ein von Süden heranfliegender wirbelnde und ratternde Kurzfilm ent- te Untertitel: „Bild und Ton“. Jedes der Helikopter ohnehin erst in dem Mo- sprang Marcel Beyers Fantasie. zehn Kapitel macht deutlich, wie his- ment zu erkennen, da er in der Luft ste- torische Episoden zu Bildern kompri- henbleibt, um zur Landung anzusetzen. Was ist Tatsache, was Fiktion? miert und abgespeichert werden, viele An diesem Tag ist es überhaupt nicht Warum der Autor den Politiker-Besuch unterlegt von Musik oder Geräuschen. recht hell geworden. Die Bäume stehen am Dichtergrab mit diesem Intro ver- Beyer beschwört sie in Beschreibun- da, als wüßten sie nicht weiter im Nebel, sah, weiß er, wie er gesteht, selbst nicht gen, diskutiert Varianten, verknüpft und es hätte etwas Rechthaberisches, da genau. Offenbar verlangte die schwer- sie mit anderen Bildern und Ereignis- hineinzufliegen…“ fällige, immobile Figur „Helmut Kohl“ sen, oft ungewohnten und erstaunli- Mit diesen Worten beginnt das drit- nach Bewegung und Abenteuer. Lässt chen, öffnet Türen zu Ähnlichkeiten te Kapitel, es heißt „Ein Tag in Raron“. der Leser den Konjunktiv („wäre“) als und Parallelen, kurz: stellt sie in ein SEITE 4 VOLLTEXT 2/2017 MARCEL BEYER FOTO: © JÜRGEN BAUER / SUHRKAMP BAUER JÜRGEN VERLAG © FOTO: Grundlage von Marcel Beyers neuem Text sind seine Frankfurter Poetikvorlesungen aus den Jahren 2015/16. neues Licht. Wer würde beim Stichwort Forschung, die bislang Getrenntes und Zweck. Friedrich Kittler, Witold Gom- „Rilke“ an Helmut Kohl denken? Ein so Gegenläufiges miteinander verwebt, browicz, Ignatius von Loyola, Heintje zarter, empfindsamer Hausgott für den indem sie dem Leit- und Lebensfaden – bunter könnte die Mischung kaum Saumagen-Liebhaber?