Multifunktionalität von Niederwäldern in Rheinland-Pfalz: Aspekte des Naturschutzes und des Tourismus

Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Brsg.

vorgelegt von Tímea Helfrich-Hau

Freiburg im Breisgau

2014

Dekanin: Prof. Dr. Barbara Koch Referent: Prof. Dr. Werner Konold Korreferent: Prof. Dr. Dr. h.c. Gero Becker 2. Betreuer: Prof. Dr. Jürgen Bauhus Datum der mündlichen Prüfung: 4. 6. 2014

Danksagung

Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen des Projektes "Schutz und Nutzung: Ein Raum-Zeit- Konzept für die multifunktionale Entwicklung der Stockausschlagwälder in Rheinland-Pfalz". Für die Förderung des Projektes und die Möglichkeit, dass ich mich mit dem hochinteressanten Thema der Niederwälder beschäftigen durfte, möchte mich an dieser Stelle bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) herzlich bedanken. Und nun möchte ich mich bei vielen Personen namentlich bedanken, die mich bei der Erstellung dieser Arbeit sehr unterstützt haben: Mein größter Dank gilt Prof. Dr. Werner Konold für die Betreuung und Begutachtung meiner Arbeit. Sein kompetenter Rat und seine Hilfe kamen mir in zahlreichen Angelegenheiten zu gute. Seine Anregungen und kritischen Kommentare haben zum guten Gelingen dieser Arbeit maß- geblich beigetragen. Herzlichen Dank! Ein besonderer Dank geht auch an Prof. Dr. Jürgen Bauhus für die konstruktiven Gespräche und die Übernahme der Zweitbetreuung. Ich möchte mich auch bei Prof. Dr. Dr. h.c. Gero Becker für die Bereitschaft zur Übernahme des Koreferats bedanken. Ein großer Dank gilt ebenso den Kollegen Dr. Patrick Pyttel und Dr. Christian Suchomel, mit de- nen ich eine tolle gemeinsame Promotionszeit und eine sehr gute Zusammenarbeit erleben durf- te. Mein Dank geht auch an alle Projektpartner sowie den gesamten Projektbeirat für die anre- genden und konstruktiven wissenschaftlichen Diskussionen während der Projektlaufzeit. Für die Unterstützung bei der Auswahl der Untersuchungsflächen und bei der Geländearbeit möchte mich bei den ForstamtsleiterInnen Susanne Gühne und Ludwig Walter (Forstamt Nastät- ten), Dr. Stefan Göbel (Forstamt Cochem), Dr. Herbert Kraft und Erhard Schaefer (Forstamt Baumholder) und Hans-Leo Cremer (Forstamt ) sowie den Revierleitern Herrn Mohr, Herrn Adel, Herrn Felsen und Herrn Bäcker bedanken. Ein besonderer Dank gilt auch Dr. Matthias Schneider (Forstamt Baumholder) und Wolfgang Kratz (Landesforsten Rheinland- Pfalz) für die wertvollen Ratschläge und die Bereitschaft auch am Wochenende meine Arbeit während den Geländeaufnahmen zu unterstützen. Ein großer Dank geht ebenfalls an die acht „Niederwald-Experten“, die ihr Wissen über Nieder- wälder mir geteilt haben sowie alle Befragten, die an der Passantenbefragung teilnahmen und somit zum Gelingen dieser Arbeit maßgeblich beigetragen haben. Einen ganz besonderen Dank schenke ich zudem Sabine Assmann, die freundlicherweise das Korrekturlesen übernahm und mir dabei wertvolle Tipps und Anregungen gab. Ich danke Ihr auch für die tollen Gespräche und die seelische Unterstützung. Ich möchte mich auch bei der brasilianischen Doktorandin, ehemaligen Kollegin und Büronachbarin Jorgeane Schäfer dos San- tos für die unermüdliche Hilfe bei GIS-Fragen und die gemeinsame, unvergessliche Zeit am Insti- tut bedanken. Mein Dank geht ebenso an Sarah Jotz und Petra Höldin sowie alle KollegInnen an der Professur für Landespflege für die guten Gespräche über all die Zeit. Ein großer Dank gilt auch Rainer Dietrich, Ilona Winkler und Anne Caffier, die ich immer um kurzfristige Unterstüt- zung bitten konnte und Frau Issenmann für die Pflege meines PCs. Diese Arbeit wäre ohne ihre Hilfe nicht möglich gewesen, weshalb ich mich bei allen herzlich bedanke. Für die Unterkunft während den Geländearbeiten möchte ich mich bei Frau Sieben und Frau Grolig bedanken. Als „Stammgast“ wurde ich bei ihnen immer mit einem leckeren Frühstück verwöhnt und nicht selten nach einem harten Arbeitstag mit Kuchen „zu Hause“ erwartet. Nicht zuletzt danke ich meiner Familie für die Ausdauer, Ruhe, Geduld und andauernde Motiva- tion, womit sie stets an meiner Seite standen und mich immer wieder aufgemuntert haben. Das gilt auch besonders für meinen Verlobten Patrick, der nicht nur unermüdlich Kapitel für Kapitel Korrektur gelesen hat, sondern an mich und die Fertigstellung dieser Arbeit immer geglaubt hat.

Freiburg, im November 2013

Tímea Helfrich

i

Kurzfassung

In Rheinland-Pfalz befinden sich nach Schätzungen etwa 160.000 ha Stockausschlag- wälder, die in ihrer Entstehung auf die traditionelle Niederwaldbewirtschaftung zurück- zuführen sind. Die Niederwaldwirtschaft war bis zum Übergang vom 19. zum 20. Jh. in Mitteleuropa eine weit verbreitete Nutzungsform des Laubwaldes und bot dabei ein be- deutendes Holzpotenzial. Herkömmlich wurden die Niederwälder in einer kurzen Um- triebszeit (i.d.R. max. 40 Jahre) bewirtschaftet, sind allerdings mittlerweile schwer- punktmäßig zwischen 60 und 90 Jahre alt, da sie aufgrund mangelnder Rentabilität seit den Nachkriegszeiten nicht mehr „auf den Stock gesetzt“ wurden und folglich durchge- wachsen sind. Im Zuge der in jüngster Vergangenheit verstärkten Nachfrage nach Ener- gieholz erfährt die Niederwaldbewirtschaftung mit dem Ziel der Brennholzerzeugung wieder mehr Interesse. Zudem kommen den Niederwäldern eine erhebliche natur- schutzfachliche sowie eine hohe landeskulturelle Bedeutung zu. Eine Wiederaufnahme der Niederwaldwirtschaft durch traditionelle Nutzungsweise ist allerdings nicht mehr vorstellbar, weshalb es sich als nötig erwies, neue Erkenntnisse unter Berücksichtigung der aktuellen forstpolitischen, -ökonomischen und -ökologischen Ziele sowie techni- scher Fortschritte in den Holzernteverfahren zu einer zeitgemäßen Niederwaldnutzung zu sammeln. Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen des praxisorientierten For- schungsprojektes „Schutz und Nutzung: Ein Raum-Zeit-Konzept für die multifunktionale Entwicklung der Stockausschlagwälder in Rheinland-Pfalz“. Als Ergebnis des Projektes wurden die politischen, wirtschaftlichen und waldbaulichen Rahmenbedingungen einer modernen Niederwaldbewirtschaftung aufgeklärt sowie ihre Rolle im Naturschutz und deren touristische Nutzugsmöglichkeit auf Landesebene überprüft. Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehen die naturschutzfachlichen und touristischen Aspekte der Niederwaldwirtschaft.

Zum Themenfeld „Naturschutz und Niederwaldwirtschaft“ wurde im ersten Schritt ein Überblick über die heute vorkommenden Niederwaldformen unter Berücksichtigung des Standortes und der bisherigen Behandlung gegeben. Basierend auf einer Literatur- recherche und Expertenbefragungen wurden schließlich zwölf Formen von Niederwäl- dern in Rheinland-Pfalz erfasst. Darauffolgend wurde die Bestandesstruktur der identi- fizierten Waldformen aufgenommen, sowie die Bestände pflanzenökologisch untersucht. Die Strukturaufnahme erfolgte durch eine Kombination der Lamprecht-Methode und der IUFRO-Klassifikation. Unter den aufgenommenen Strukturparametern zeigten die Baumartenzusammensetzung, die Baumdichte, der Brusthöhendurchmesser, die Anzahl der Stockausschläge und die Kronenlängenklasse trotz des durchgewachsenen Zustan- des eine den Niederwäldern ähnliche charakteristische Tendenz. Im Gegensatz dazu hat- ten die Merkmale wie Schichtung und Totholzangebot der Bestände sowie Vitalität und Dynamik der Gehölze mehr Ähnlichkeit mit Hochwäldern. Die Vegetationsaufnahmen erfolgten durch die Erstellung von Artenlisten, anhand derer die Charakterisierung der Standorte nach den ökologischen Zeigerwerten nach Ellenberg vorgenommen wurde. Zeigerwertberechnungen verdeutlichten die Differenzierung der Niederwaldformen nur mäßig. Den Ergebnissen zufolge ließ sich feststellen, dass die Nutzungsaufgabe primär auf den Verlauf der mittleren Lichtzahlen und möglicherweise auch der mittleren Nähr- stoffzahlen wirkte. Die bodenversauernde Wirkung der früheren Niederwaldnutzung konnte durch die ermittelten mittleren Reaktionszahlen nicht mehr festgehalten wer- den. Zum Schluss wurden in erster Linie basierend auf den Ergebnissen der Struktur- ii

sowie Vegetationsaufnahmen Empfehlungen gemacht, welche Behandlungsstrategie für die ehemaligen Niederwälder am besten geeignet ist. In Anbetracht von wirtschaftli- chen, bodenschützerischen und naturschutzfachlichen Aspekten ließen sich drei Be- handlungsstrategie ableiten:

- die Energieholzgewinnung mit der Unterstützung der naturschutzfachlichen Zie- le durch die Wiederbelebung der Niederwaldwirtschaft, - die Überführung in Hochwälder, - und die stabilisierenden Pflegemaßnahmen auf schwachwüchsigen Standorten.

Im zweiten Teil des Themenschwerpunktes „Naturschutz und Niederwaldwirtschaft“ wurden zwei beispielhaft ausgewählte Testgebiete mit verschiedener Landschaftsaus- stattung ausgewählt, in welchen unterschiedliche Szenarien und mögliche Niederwald- bewirtschaftungskonzepte simuliert und anschließend deren Umsetzbarkeit aus natur- schutzfachlicher Sicht diskutiert wurden. Hierzu wurde im ersten Schritt der „Istzu- stand“ mithilfe von ArcGis 10.0 erfasst und analysiert. Darauffolgend wurden drei weite- re Szenarien konzipiert und die Änderungen der Landschaftsstruktur mit Berechnung von Landschaftsstrukturmaßen (LSM) durch die Programmerweiterung V-LATE festge- halten. Es konnte hierbei festgestellt werden, dass „das Szenario mit einer Niederwald- klasse“ für den Naturschutz mehr Nachteile als Vorteile bringen würde. Die „Puffersze- nario“ könnte u.U. aus naturschützerischer Sicht akzeptiert werden, allerdings ist deren praktische Ausführbarkeit fragwürdig. Im Gegensatz dazu könnte das „Überführungs- szenario“ sowie aus naturschutzfachlichem als auch ökonomischem Blickwinkel einen guten Kompromiss darstellen, jedoch unter dem Vorbehalt, dass auf den restlichen Flä- chen die Niederwaldwirtschaft wieder aufgenommen wird. In einem weiteren Schritt wurden deshalb wahrheitsgetreue Bewirtschaftungskonzepte (mit und ohne Überfüh- rung in Hochwald) für die ehemaligen Niederwälder erarbeitet, wobei über den natur- schutzfachlichen Aspekt hinaus auch die Geländeeigenschaften mitberücksichtigt wur- den. Das Ziel mit dem Bewirtschaftungskonzept war es zu zeigen, wie die Schläge in der Praxis zugeteilt werden müssen, damit möglicherweise ökonomische und ökologische Aspekte gleichzeitig erfüllt werden können. Darüber hinaus konnte mit den Simulati- onsbeispielen auch gezeigt werden, inwieweit die Untersuchungsräume für ausgewählte Tiere (Haselmaus, Baumpieper und Haselhuhn) als Lebensraum in Frage kommen, wenn die Niederwaldnutzung wieder aufgenommen werden würde. Hierzu wurde der Proxi- mity-Index berechnet.

Das zweite Themenfeld der vorliegenden Arbeit („Tourismus und Niederwaldwirt- schaft“) beschäftigt sich mit der Wahrnehmung und der touristischen Nutzungsmöglich- keit der (ehemaligen) Niederwälder. Hierzu wurden insgesamt 148 Touristen und Ein- heimische auf der Burg Thurant und im Mattheiser-Wald bei befragt sowie acht „Niederwaldexperten“ (Bürgermeister, Förster, Naturschutzbeauftragten und Entschei- dungsträger von Tourismusbüros mit jeweils zwei Personen) interviewt. Die Passanten- befragung erfolgte anhand eines standardisierten Fragebogens, wobei die Antworten anschließend statistisch ausgewertet wurden. Im Gegensatz dazu wurden mit den Ex- perten leitfadengestützte Interviews geführt, die im Anschluss qualitativ untersucht wurden. Den Ergebnissen zufolge lässt sich festhalten, dass sich der Begriff „Nieder- wald“ für die Mehrheit der Befragten als erklärungsbedürftig darstellt und mittlerweile weitgehend unbekannt geworden ist. Obwohl die Niederwaldnutzung einen drastischen Eingriff in die Natur bedeutet, boten deren positiven Eigenschaften (Naturschutz, Um-

iii

weltschutz durch nachhaltige Ressourcennutzung, kulturhistorische Bedeutung, Ästhe- tik etc.) gute Argumente für die Steigerung ihrer Akzeptanz im Kreis der Befragten. Die- se fanden das Thema zweifellos interessant, aber außer zum Zweck der Aufklärung lässt sich laut den befragten Experten für das Thema „Niederwald“ im Fremdenverkehr höchstwahrscheinlich kein breites Publikum gewinnen. Aus diesem Grund kann der Niederwald vermutlich als touristische Anziehungskraft am besten nur als Ergänzung zu anderen Angeboten (z.B. Wein, Kultur) fungieren, da sich der Erfolg größerer Touristen- attraktionen nur mit Niederwäldern wie z.B. geführte Exkursionen, Themenwanderwe- ge, ein (Freilicht-)Museum oder ein Niederwaldfest nicht vorbestimmen lässt.

iv

Abstract

According to estimates, there are approximately 160 000 ha of forest in Rheinland-Pfalz the origins of which can be traced back to traditional coppice management. Up until the transition from the 19th to the 20th century, coppice was a widespread form of land use in central European broadleaf forests and represented a considerable potential source of wood. These forests were customarily managed in short rotations (usually a maximum of 40 years). Today, however, the majority these stands are now between 60 and 90 years old as, due to a lack of profitability since the postwar period, they have not been coppiced in the intervening years and have outgrown. As a consequence of the recent increase in the demand for woodfuel, coppice management has become an attractive option once more as a means to produce wood for energy use. Coppice forests are also attributed considerable nature conservation value and a high cultural significance. A resumption of coppice management along traditional lines today is largely inconceiva- ble, however. For this reason, it was deemed necessary to collate new findings pertain- ing to a modern form of coppice management practised in the context of current forest policy, economic aims and ecological objectives as well as in view of technological ad- vances made in timber harvesting. To this end, numerous studies were undertaken as part of the practice-oriented research project ‘Schutz und Nutzung: Ein Raum-Zeit- Konzept für die multifunktionale Entwicklung der Stockausschlagwälder in Rheinland- Pfalz’ [Protection and use: A space and time concept for the multifunctional develop- ment of coppice forests in Rheinland-Pfalz]. The project results served to clarify the po- litical, economic and silvicultural framework conditions for modern coppice manage- ment, and its role in nature protection and its potential to contribute to regional tourism were assessed. Core elements of the study presented here are the nature conservation and tourism aspects of coppice management.

Under the heading ‘Nature protection and coppice management’, the first step involved generating an overview of the various forms of coppice in existence today, giving con- sideration to the site and the past management. Based on a literature review and on a survey of experts, twelve forms of coppice management were ultimately identified in Rheinland-Pfalz. Subsequently, the stand structure of the coppice types identified was recorded and the stands studied from a plant ecology perspective. The recording of the stand structure involved a combination of the Lamprecht method and the IUFRO classi- fication. Of the structural parameters recorded, the tree species composition, stocking density, diameter at breast height, number of shoots and crown length classes all exhib- ited characteristics similar to those of coppice forests in spite of their outgrown condi- tion. Other parameters such as layering, the dead wood volumes, the vitality and the dy- namics of the tree stands on the other hand more closely resembled high forest. The vegetation study comprised the drawing up of species lists, on the basis of which a char- acterisation of the sites using the ecological indicator values according to Ellenberg was carried out. Indicator value calculations highlighted the differentiation of the coppice forest types only moderately. The results revealed that the abandonment of use primari- ly affected the average light values and possibly also the average nutrient values. The soil acidifying effect of earlier coppice management could no longer be ascertained on the basis of the average reaction values obtained. Finally, based primarily on the results of the structure and the vegetation recordings, recommendations were made with re- gard to the most suitable management strategy for the former coppice forests. Taking

v

into account economic, soil protection and nature conservation aspects, three manage- ment strategies were derived:

- woodfuel production with support for nature protection objectives through a res- toration of coppice management; - transformation to high forest; - and tending measures targeting stand stabilisation on sites with poor growth.

In the second part of the ‘Nature protection and coppice management’ component of the project, two test areas with contrasting landscape characteristics were selected in order to simulate different scenarios and possible coppice management concepts, and to sub- sequently discuss the feasibility of their implementation from a nature conservation perspective. The first step involved assessing and analysing the current situation with the aid of ArcGIS 10.0. Three further scenarios were subsequently conceived and the alterations to the landscape structure were identified by means of a calculation of land- scape metrics using the V-LATE programme extension. This revealed that the ‘scenario with a single coppice forest class’ would produce more disadvantages than advantages from a nature protection perspective. The ‘buffer scenario’ may under certain circum- stances be acceptable from the nature protection standpoint but the practical implemen- tation appeared questionable. By contrast, the ‘transformation scenario’ might represent a good compromise from both a nature protection and an economic perspective, but subject to the condition that coppice management be resumed on the remaining areas. In a further step, realistic management concepts (with and without transformation to high forest) were, therefore, developed for the former coppice forests. In addition to the nature conservation aspects, these also included the landscape characteristics. The ob- jective behind the management concept was to show how management units should be arranged in practice so that, insofar as it is possible, economic and ecological aspects can be addressed simultaneously. Using the simulation examples it was also possible to show the extent to which the areas investigated are suitable as habitat for selected ani- mals (hazel dormouse, tree pipit, hazel grouse) in the event that coppice management is resumed. This was achieved by calculating the proximity index.

The second topic of this study (‘tourism and coppice management’) focused on percep- tion and on the opportunities for tourism offered by the (former) coppice stands. A total of 148 tourists and locals were surveyed at the site of the Burg Thurant and in the Mat- theiser Wald near Trier, and a further eight ‘coppice experts’ (mayors, foresters, nature conservation functionaries and decision makers within tourism offices, with two repre- sentatives from each group) were interviewed. The survey of passers-by was carried out on the basis of a standardised questionnaire, with a subsequent statistical analysis of the answers. By contrast, the interviews with the experts were semi-structured and the con- tents subjected to a qualitative analysis. The results indicated that, for the majority of those questioned, the German term Niederwald [English: coppice forest] required fur- ther explanation as it has become largely unknown. Although coppice management rep- resents a drastic intervention in nature, the positive characteristics of coppice stands (nature protection, environmental protection as a consequence of sustainable resource use, the historic cultural significance, aesthetics, etc.) provide good arguments for the enhancement of their acceptance amongst those surveyed. The subjects invariably found the topic interesting but, according to the experts, it is unlikely that, beyond educational purposes, the issue of ‘coppice forest management’ will play any meaningful role in tour- vi

ism. For this reason coppice can presumably only provide a tourism attraction where it enhances other propositions (e.g. wine, culture), as the success of larger tourist attrac- tions comprised solely of coppice, for example, guided tours, information hikes, (open air) museums or a ‘coppice-fest’ cannot be predicted.

vii

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Problemstellung ...... 1 2 Zielsetzung ...... 4 3 Stand des Wissens ...... 5 3.1 Definition des Begriffs Niederwald ...... 5 3.2 Funktionen der Niederwälder ...... 5 3.2.1 Kulturhistorischer Wert der Niederwälder ...... 6 3.2.2 Bedeutung der Niederwälder für den Naturschutz ...... 13 3.2.3 Bodenschutz ...... 17 3.3 Politische Rahmenbedingungen für (ehemalige) Niederwälder ...... 17 3.4 Verbreitung der (ehemaligen) Niederwälder in Rheinland-Pfalz ...... 19 4 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz ...... 22 4.1 Grundlagenkenntnisse zum Niederwald aus pflanzenökologischer Sicht ...... 22 4.1.1 Entstehung und Baumartenzusammensetzung der Niederwälder...... 22 4.1.2 Strukturveränderung der Niederwälder im Verlauf der Sukzession ...... 26 4.1.3 Spuren der Niederwaldnutzung in der Vegetation ...... 27 4.2 Zielsetzung des Kapitels ...... 29 4.3 Material und Methoden ...... 29 4.3.1 Beschreibung des Untersuchungsgebietes ...... 29 4.3.2 Auswahl der Untersuchungsflächen ...... 35 4.3.3 Aufnahme der Bestandesstruktur ...... 35 4.3.4 Vegetationsaufnahme ...... 37 4.4 Beschreiburg der rheinland-pfälzischen Niederwaldformen ...... 38 4.4.1 Zusammenstellung der Niederwaldformen basierend auf deren Baumartenzusammensetzung ...... 38 4.4.2 Analyse der Struktur der ehemaligen Niederwälder ...... 40 4.4.3 Flora und Vegetation der ehemaligen Niederwälder ...... 46 4.5 Ableitung möglicher Behandlungsstrategien für die ehemaligen Niederwälder68 4.5.1 Methodenkritik: Identifizierung der Niederwaldformen und Erhebungen auf Bestandesebene ...... 68 4.5.2 Überführung vs. Wiederaufnahme der Niederwaldwirtschaft ...... 70 5 Stockausschlagwälder in der Landschaft...... 85 5.1 Grundlagenkenntnisse zur Landschaftsstruktur und Landschaftsstrukturmaßen 85 5.1.1 Landschaftsökologische Konzepte zur Erklärung der Landschaftsstruktur ...... 85 5.1.2 Was ist Landschaftsstruktur? ...... 86 5.1.3 Welche Wirkung übt die Landschaftsstruktur auf ökologische Prozesse aus? ...... 88 5.1.4 Was sind Landschaftsstrukturmaße? ...... 90 5.1.5 Theoretische Grundlagen zu den Landschaftsstrukturmaßen ...... 91 5.2 Zielsetzung des Kapitels ...... 96 5.3 Material und Methoden ...... 97 5.4 Darstellung möglicher Behandlungsstrategien für die ehemaligen Niederwälder anhand von Landschaftstrukturmaßen ...... 106 5.4.1 Dreidimensionale Darstellung der vier Grundszenarien – eine Analyse anhand von Flächenmaßen ...... 106 5.4.2 Vorstellung der Modelle anhand von Diversität-, Umfang- und Formmaßen ...... 114 5.4.3 Simulation einer klassischen Niederwaldwirtschaft ...... 118 viii

5.4.4 Räumlich-funktionale Zusammenhänge der Niederwaldbestände aus tierökologischer Sicht 123 5.5 Deutung der Landschaftsstruktur als ergänzendes Mittel zur naturschutzfachlichen Bewertung der Szenarien ...... 132 5.5.1 Methodenkritik: Datengewinnung zur Analyse der Landschaftsstruktur ...... 132 5.5.2 Grenzen der Anwendung von Landschaftsstrukturmaßen ...... 133 5.5.3 Bewertung der Szenarien aus der Sicht des Naturschutzes ...... 134 5.5.4 Voraussetzungen zur Wiederaufnahme der Niederwaldwirtschaft aus der Sicht des Naturschutzes ...... 138 6 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder ...... 141 6.1 Grundlagenkenntnisse zum Thema „Tourismus und Niederwald“ ...... 141 6.1.1 Stellenwert des Tourismus ...... 141 6.1.2 Neue Trends im Tourismus ...... 144 6.1.3 Wahrnehmung der Landschaft und der Wälder ...... 145 6.2 Zielsetzung des Kapitels ...... 149 6.3 Material und Methoden ...... 149 6.3.1 Passantenbefragung ...... 149 6.3.2 Experteninterviews ...... 155 6.4 Ermittlung des touristischen Potenzials der ehemahligen Niederwälder ...... 160 6.4.1 Auswertung der Passantenbefragung auf der Burg Thurant ...... 160 6.4.2 Auswertung der Passantenbefragung im Mattheiser-Wald bei Trier ...... 180 6.4.3 Auswertung der Expertengespräche ...... 182 6.4.4 Mögliche touristische Strategien für Niederwälder ...... 203 6.5 Reflektion der Passantenbefragung ...... 204 6.5.1 Methodenkritik: Passantenbefragung ...... 204 6.5.2 Landschaftswahrnehmung und Einstellung zu Wald und Niederwaldwirtschaft der Befragten...... 207 6.6 Reflektion der Experteninterviews ...... 214 6.6.1 Methodenkritik: Experteninterview ...... 214 6.6.2 Expertenmeinungen zu der touristischen Nutzungsmöglichkeit der (ehemaligen) Niederwälder ...... 214 7 Ausblick ...... 219 8 Literaturverzeichnis ...... 221 Abbildungsverzeichnis ...... 243 Tabellenverzeichnis...... 245 Abkürzungen ...... 246 Anhang ...... 248

ix

x Einleitung und Problemstellung

1 Einleitung und Problemstellung

Die (ehemaligen) Niederwälder sind in weiten Teilen Europas charakteristische Elemen- te der Kulturlandschaft und verfügen über eine lange Nutzungsgeschichte. Ursprünglich wurden die Niederwälder zur Gewinnung von Brennholz bzw. als Waldweide genutzt (BAUER 1962). Im Laufe der Zeit kamen jedoch weitere Nutzungsformen dazu, wie z.B. die Holzkohleherstellung für die Eisenproduktion, die Pottaschegewinnung für die Glasherstellung oder die Lohrindegewinnung für die Lederproduktion (SCHMITHÜSEN 1934, BAUER 1962, GILDEMEISTER 1962). Mit der Einführung der Stallhaltung für die Nutz- tiere dienten die Niederwälder zusätzlich für die Streusammlung und Laubfuttergewin- nung (STURM 1959: 201, GILDEMEISTER 1962: 21). Die ackerbauliche Nutzung des Nieder- waldes (Wald-Feldbau-Systemen) verbreitete sich vor allem dort, wo es an Anbaufläche für Getreide mangelte (MÜLLER-WILLE 1980: 21). Insofern bildeten die Niederwälder häufig die Existenzgrundlage für die ländliche Bevölkerung. Der Untergang der traditionellen Niederwaldwirtschaft gegen Ende des 19. Jh. lässt sich mit zwei wirtschaftlichen Ereignissen in Zusammenhang bringen. Zum ersten ließ die Nachfrage nach der teuren heimischen Lohrinde nach, als die billigeren ausländischen Gerbstoffe auf dem Markt kamen, was zu der sog. Schälwaldkrise führte (SCHWIND 1984: 211). Zum zweiten war ab der zweiten Hälfte des 19. Jh. der Transport der Steinkohle durch den Ausbau der Eisenbahn in weit entfernte Gebiete möglich, weshalb das Brenn- holz als Energielieferant an Bedeutung verlor (BAUER 1963: 152). Infolge dieser Ereig- nisse war die Bewirtschaftung der Niederwälder nicht mehr rentabel und dies führte dazu, dass sie nach und nach in Hochwald überführt oder umgewandelt wurden. Auf ertragsschwachen Standorten lohnte sich eine Überführung oder Umwandlung öfters nicht und folglich wurde in vielen Niederwaldbeständen auf eine weitere Bewirtschaf- tung verzichtet. Im 20. Jh. konnte die Niederwaldwirtschaft nur in Nachkriegszeiten ein kurzes Wiederaufleben verzeichnen. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die meisten Niederwälder nicht mehr genutzt und gelten mangels regelmäßiger Nutzung in ihrem derzeitigen Zustand als „durchgewachsen“. Aus der Sicht des Naturschutzes gehen die Meinungen über die Niederwälder auseinan- der. Einerseits ist die Niederwaldwirtschaft ein drastischer Eingriff in die Natur, ander- seits wurden durch diese Nutzungsform teilweise Lebensräume geschaffen, die vor al- lem für viele wärmeliebende Arten als wichtige „Ersatzbiotope“ fungieren, die aber we- gen der Nutzungsaufgabe heute nur noch selten anzutreffen sind (KAULE 1991: 102-103). Der Erhalt von lichten Wäldern ist aus naturschutzfachlichen Gesichtspunkten wün- schenswert, weil dort i.d.R. mit einem größeren Besatz mit Tieren und Pflanzen zu rech- nen ist (BLAB 1984: 142-144, FISCHER 2002: 70). Zudem wird der Artenreichtum durch das Vorhandensein vielfältiger Strukturen auf kleiner Fläche erhöht, wobei diese Struk- turen durch die für den Niederwald charakteristische Raum-Zeit-Dynamik entstehen. Dies bedeutet, dass die Niederwälder in Abhängigkeit von der Umtriebszeit in Schläge eingeteilt werden („Raum“), welche zeitlich versetzt („Zeit“) und zyklisch wiederkeh- rend („Dynamik“) abgetrieben werden. Dadurch wird der Flora und Fauna eine große Vielfalt an verschiedenen Lebensräumen geboten. Niederwälder stellen auch für seltene Arten wie z.B. für den Speierling (Sorbus domestica) oder die Elsbeere (Sorbus tormina- lis) wichtige Habitate dar (OBERDORFER 1992: 120, ROSSMANN 1996: 52-53, SUCHMEL et al. 2013: 11). Infolge des Nutzungsverzichtes drohen jedoch diese lichtbedürftigen Baumar- ten überwachsen zu werden und durch die „Ausdunkelung“ der Niederwälder gehen

1 Einleitung und Problemstellung zudem beispielsweise wichtige Schmetterlingsbiotope zunichte. Insgesamt spielen die Niederwälder also eine wesentliche Rolle beim Erhalt der biologischen Vielfalt. Verschiedene Schutzfunktionen machen die Niederwälder zudem wertvoll. Entlang von Fließgewässern werden Bäume öfters „auf den Stock gesetzt“, da die Wurzelausschläge den Uferbereich gut stabilisieren können (ROSSMANN 1996: 220). In Hanglage bietet die hohe Anzahl der Stämme Schutz vor Erosion. Des Weiteren kommt es infolge der andau- ernden und dichten Bestockung zu einer üppigen Durchwurzelung des Bodens, welche sich auf die Bodendurchlüftung, den Wasserhaushalt und schließlich auf das vollständi- ge Bodenleben vorteilhaft ausübt (ebd.: 128). Sind die Stockausschläge jedoch wegen unterbliebener Nutzung „überaltert“, kann es zu Stabilitätsproblemen kommen (GERBER & ELSENER 1998: 11). Aus wirtschaftlicher Sicht gibt es zwei Alternativen, die die ehemaligen Niederwälder im 21. Jh. wieder attraktiv machen können. Infolge der Rohstoffverknappung fossiler Ener- gieträger und steigender Energiekosten ist das Entwicklungspotenzial von Brennholz als regenerative Ressource für die Energie- und Wärmeversorgung als sehr hoch zu bewer- ten. Die Nachfrage nach Holz ist seit Jahren enorm und zeigt eine steigende Tendenz (WIPPERMANN & WIPPERMANN 2010: 21-22). Nach der langen Heizperiode im Winter 2005/2006 führte der hohe Energieholzbedarf bereits zu erheblichen Versorgungseng- pässen (HAHN 2010: 13). Aufgrund dessen stellt die Wiederbelebung der Niederwald- wirtschaft mit dem Ziel der Energieholzgewinnung eine denkbare Option dar, um der Brennholzknappheit entgegenzuwirken. Als zweite Alternative für die Behandlung der ehemaligen Niederwälder kommt die Überführung in Hochwald mit Wertholzerzeugung in Frage, sofern der Bestand reich an Edellaubhölzern ist und die Bäume hochwertige Schaftformen aufweisen. Wertholzstämme von Edellaubhölzern erzielen seit Jahren Spitzenerlöse auf dem Holzmarkt (http 1), allerdings lässt sich die Umstellung auf eine Wertholzproduktion nur mit einem langfristigen und konsequenten Waldmanagement erzielen. Die meisten Niederwälder wurden mindestens seit 50-60 Jahren, mancherorts sogar über 100 Jahren nicht mehr bewirtschaftet. Anhand der oben dargestellten Ursachen lässt sich jedoch ein kompletter Nutzungsverzicht vermutlich weder aus ökonomischen noch aus ökologischen Gründen befürworten. Um die Zukunft der ehemaligen Nieder- wälder planen zu können, fehlen fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse über grund- legende Bedingungen, ob z.B. die überalterten Stöcke noch ausschlagen oder wie weit sich die neuen Erntetechniken im Stockausschlagwald einsetzten lassen. Bei einer zeit- gemäßen Niederwaldbewirtschaftung müssen über die wirtschaftlichen und waldbauli- chen Voraussetzungen hinaus auch naturschutzfachliche und soziale (Wahrnehmung und Akzeptanz der Niederwälder) Aspekte mitberücksichtigt werden. Aufgrund dessen wurde die vorliegende Arbeit mit dem übergeordneten Ziel ins Leben gerufen, um Nutzungsperspektiven für Stockausschlagwälder unter gegenwärtigen Rahmenbedingungen aufzuzeigen. Die Untersuchungen wurden im Rahmen eines drei- jährigen Projektes „Schutz und Nutzung: Ein Raum-Zeit-Konzept für die multifunktiona- le Entwicklung der Stockausschlagwälder in Rheinland-Pfalz“ durchgeführt. Gefördert wurde das Projekt von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Im Verbundprojekt wurden mehrere Schwerpunkte gesetzt. Ertragskundliche Fragestel- lungen mit besonderer Rücksicht auf Elsbeere und Speierling sowie Fragestellungen über „Wiederaustrieb nach dem Hieb“ und „Nährstoffversorgung“ wurden vom Wald- bau-Institut der Universität Freiburg bearbeitet. Das Institut für Forstbenutzung und Forstliche Arbeitswissenschaft befasste sich mit Themen wie „Biomassepotenzialen“ und „Holzernteverfahren“ für den Stockausschlagwald. In der vorliegenden Arbeit wer-

2 Einleitung und Problemstellung den schließlich naturschutzfachliche bzw. touristische Fragestellungen bezüglich der Stockausschlagwälder untersucht. Der Abschlussbericht des Projektes von BECKER et al. (2013) umfasst sämtliche Teilstudien.

3 Zielsetzung

2 Zielsetzung

Für die vorliegende Arbeit lassen sich folgende konkrete Forschungsfragen formulieren, die in vier Teilstudien dargestellt werden:

Teilstudie I: Stand des Wissens

 Welche Funktionen übernehmen derzeit die ehemaligen Niederwälder?

Teilstudie II: Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

 Welche Niederwaldformen lassen sich in Rheinland-Pfalz unterscheiden?  In welchem Zustand befinden sich aktuell die identifizierten Niederwaldformen? Können die aufgenommenen (Struktur)merkmale den aktuellen Zustand der un- tersuchten Wälder adäquat widerspiegeln?  Aus welchen Pflanzenarten setzen sich die identifizierten Niederwaldformen zu- sammen? Wie verteilen sich die mittleren ökologischen Zeigerwerte auf diesen Flächen?  Welche Behandlungsstrategie lässt sich aus den Bestandesstrukturmerkmalen und den Ergebnissen der pflanzenökologischen Aufnahmen für die durchgewach- senen Niederwälder ableiten?

Teilstudie III: Stockausschlagwälder in der Landschaft

 Welche Landschaftsstrukturmaße (LSM) können für die Beschreibung der Land- schaftsstruktur am besten eingesetzt werden? Welche sind darunter die für die Praxis aussagekräftigsten?  Wie lässt sich die Eignung der Niederwaldbestände als Lebensraum für ausge- wählte Tiere mithilfe von LSM überprüfen?  Wie sieht ein praxisorientiertes Bewirtschaftungsmodell für (ehemalige) Nie- derwälder aus, bei dem über den ökonomischen Aspekt hinaus auch bodenschüt- zerische und naturschutzfachliche Gesichtspunkte mitberücksichtigt werden?

Teilstudie IV: Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

 Wie werden die ehemaligen Niederwälder von den Touristen und Einheimischen in den früher niederwaldreichen Regionen von Rheinland-Pfalz wahrgenommen?  Inwieweit sind die Niederwälder für den Tourismus interessant? Was denken die Experten und die Touristen darüber?  Inwieweit lassen sich die Niederwälder in die unterschiedlichen touristischen Konzepte einbinden?

4 Stand des Wissens

3 Stand des Wissens

3.1 Definition des Begriffs Niederwald

„Niederwald“ ist die Bezeichnung für einen Wald aus Stockausschlag, der infolge menschlicher Nutzung entsteht. Die Niederwaldwirtschaft basiert auf der vegetativen Regenerationsfähigkeit von Bäumen und Sträuchern, wobei die stockausschlagfähigen Waldbestände nach kurzen Umtriebszeiten schlagweise abgetrieben werden (SCHMITHÜ- SEN 1934: 9, ROSSMANN 1996: 19). „Daher bleibt der Wald stets auf einem relativ niedrigen Niveau, was ihm den Namen „Niederwald“ gibt“ (GRÜTZ 1986: 1166). Die Ausschläge ent- stehen entweder aus Wurzelbrut oder aus einem abgesägten Wurzelstock. Aufgrund der meist jährlichen Flächenrotation innerhalb des Gesamtbestandes ergibt sich schließlich ein Waldbild, das durch ein Nebeneinander von kahlen Freiflächen und dichten Nieder- wald mit allen dazwischen liegenden Übergängen charakterisiert ist. In der Literatur werden als Umtriebszeiten für den Niederwald i.d.R. 10 bis 40 Jahre an- gegeben. Hierzu nennt MANTEL (1942: 440) beispielsweise 16-35 Jahre, MÜLLER-WILLE (1980: 11) 12-40 Jahre, ROSSMANN (1996: 19) zwischen 1-2 und 30-40 Jahren und bei der Schwarzerle sogar bis zu 60-80 Jahren, GÜTHLER et al. (2005: 61) 10-30 Jahre und CON- RADY et al. (2007: 11) 15-40 Jahre. Die Unterschiede ergeben sich daraus, dass die Um- triebsperioden früher je nach Holzart und Verwendungszweck der Stockausschläge aus- gerichtet wurden. Der Begriff „Niederwald“ lässt sich mit „Stockausschlagwald“ nicht gleichstellen. Stock- ausschlagwälder können auch natürlicherweise entstehen (siehe auch Kap. 4.1), wohin- hingegen als Niederwald eine Waldbetriebsart bezeichnet wird. In der Forstpraxis wird zwischen den zwei Begriffen nach dem Alter des Waldbestandes einen Unterschied ge- macht. Folglich wird in der Praxis ein Stockausschlagwald mit einem durchgewachsenen (ehemaligen) Niederwald gleichgesetzt, wobei der letzte Hieb länger als die übliche Um- triebszeit (s.o.) zurückliegt und somit der Bestand als überaltert gilt. Die Herkunft „Nie- derwald“ ist jedoch durch die Stockausschlagcharakter gut erkennbar.

3.2 Funktionen der Niederwälder

Niederwälder erfüllen eine Vielzahl von Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen1. Als charakteristischer Bestandteil der Mosel- und Mittelrheintal-Landschaften bestimmen sie neben den ausgedehnten Rebflächen und Flüssen das berühmte Landschaftsbild. Niederwälder verfügen über eine lange Geschichte und werden u.a. mit den Kelten und Römern in Zusammenhang gebracht, weshalb sie aus kulturhistorischem Blickwinkel als besonders wertvoll angesehen werden. U.a. tragen der hohe kulturhistorische Wert und die Erholungsfunktion dazu bei, dass den Niederwäldern ein wichtiges touristisches Po- tenzial zugeschrieben wird. Zudem spielen sie eine wichtige Rolle beim Erhalt der biolo- gischen Vielfalt und erfüllen wegen der hangstabilisierenden Wirkung bodenschützeri- sche Aufgaben.

1 Eine ausführliche Darstellung der Erholungsfunktion des Niederwaldes findet im Kap. 6 separat statt.

5 Stand des Wissens

3.2.1 Kulturhistorischer Wert der Niederwälder

3.2.1.1 Die Geschichte des Niederwaldes in Deutschland mit besonderer Rücksicht auf das Mosel-Rhein-Gebiet

Zur Entstehung der Niederwälder gibt es unterschiedliche Theorien. Den Annahmen, dass die Niederwaldwirtschaft durch die Römer oder über Gallien durch Überlieferun- gen von Klostern eingeführt wurde (ROSSMANN 1996: 87), steht die Ansicht über eine selbstständige Entstehung an unterschiedlichen Orten und unabhängig voneinander entgegen (HAUSRATH 1982: 19). Die Wurzeln der Niederwaldwirtschaft gehen an den Rhein- und Moselhängen vermut- lich bis in die Jungsteinzeit (3500 bis 1800 v.Chr.) zurück, als die ersten Menschen den Raum besiedelten und infolge dessen die umliegenden Wälder zunächst als Waldweide bewirtschafteten, während die Kelten diese später in der Eisenzeit − vor allem in der La- Tène-Zeit (5. Jh. bis 1. Jh. v.Chr.) − hauptsächlich zur Gewinnung von Holzkohle nutzten (MANZ 1993: 9-10). Die keltischen Siedler schöpften die Gaben der Natur großzügig aus. Sie gründeten Siedlungen auf den gerodeten Flächen, betrieben Viehzucht und Ackerbau und verhütteten Eisen (KRAUSE 2007: 41-42). Der enorme Holzbedarf zur Eisenverhüt- tung veranlasste die Kelten vermutlich zur Einführung des planmäßigen Niederwaldbe- triebs. Die Hüttenplätze befanden sich in damaliger Zeit in kleinen Bachtälern, umgeben von bestockten Hängen, wo alle Grundlagen für die Eisenherstellung – Eisenerz, Holz, Wasser und Luftzug als „Schürmittel“ − vorhanden waren (BAUER 1963: 152). Die ersten ausgedehnten Niederwaldflächen entstanden also möglicherweise bereits in der Eisen- zeit (ebd.: 152). Ob der geregelte Niederwaldbetrieb tatsächlich als keltisches Erbe auf- zufassen ist, beruht jedoch nur auf Spekulationen und wurde schriftlich nie fixiert. Dahingegen steht es ohne Zweifel fest, dass die Römer die Niederwaldwirtschaft ge- kannt haben. Der Weinbau und die Technik der Weinbereitung wurden ab etwa 50 v.Chr. von den Römern nach Germanien gebracht (BRAATZ et al. 2007: 19). Mit der Einführung des Weinbaus ging gleichzeitig die Rebsteckengewinnung aus Edelkastani- enniederwald hervor (ROSSMANN 1996: 87). Darüber hinaus nutzten die Römer ausge- dehnte Wälder, um ihr Brennholzbedarf für Fußbodenheizungen und Bäder zu decken (NENNINGER 2001: 188-190) und Lohe als Gerbstoff für die Lederherstellung zu sichern (HACHENBERG 1992: 27). Die Schlagwälder in der Römerzeit zum Zwecke der Brenn- und Bauholzgewinnung wurden „silvae caeduae“ genannt (BLUME et al. 1852: 397, NENNINGER 2001: 46). Die ersten schriftlichen Beweise über die Niederwaldwirtschaft stammen aus dem 9. Jh. aus dem Kloster Prüm. Die damaligen Aufzeichnungen weisen auf die Produktion von größeren Mengen an Weinbergs- und anderen Pfählen, Lohbunden, Fackeln, Achsen, Schindeln, Reifen, Holztonnen und Brennholz hin, woraus man auf eine seit längerer Zeit praktizierte Niederwaldwirtschaft schließen kann (BAUER 1962: 57-59). Die Bezeich- nung „Nederwald“ wurde zum ersten Mal im Jahre 1329 bei einem Waldtausch zwischen dem Kloster Brauweiler und Cochem verwendet (HAUSRATH 1982: 16). Bis zum Ende des 13. Jh. stellte der Wald ein im Überfluss vorhandenes Gut dar, dessen Nutzung jahrhundertelang uneingeschränkt möglich war (GILDEMEISTER 1962: 17). Laut BAUER (1979: 154) wurde der Wald im späten Mittelalter und in der beginnenden Neu- zeit als „unermeßliche Nutzungsquelle“ angesehen. Mit der Zunahme der Bevölkerungs- dichte wurden jedoch neue Siedlungen gegründet, wozu großflächige Waldrodungen durchgeführt werden mussten (HASEL & SCHWARTZ 2002: 45, RÖSENER 1985: 42). Zudem musste die wachsende Bevölkerung ernährt werden, weshalb die Ackerflächen zu Un-

6 Stand des Wissens gunsten des Waldes ausgedehnt wurden (RÖSENER 1985: 40). Die Waldzerstörung ver- schärfte sich weiterhin durch die uneingeschränkten Beweidungen, Holzentnahmen für Brennholzzwecke, Streuentnahmen und anderen Sammeltätigkeiten. Mit der Entwick- lung der Eisenindustrie um die Wende vom 14. zum 15. Jh. nahmen die Holzkohle- und Brennholznutzungen zu, weshalb der Wald zunehmend als „nutzbares Kapital“ erachtet wurde (LAMPRECHT 1886: 517). Gleichzeitig kümmerte sich niemand um die Erneuerung des Waldes, denn das Holz wurde nur entnommen, aber nicht nachgepflanzt (BAUER 1979: 154). Solche Ereignisse führten schließlich dazu, dass der Wald immer knapper wurde. Folglich wurden die ersten örtlichen Regulierungen zur Schadensbegrenzung in Form von Wald- oder Forstordnungen bereits im 15. Jh. eingesetzt. Demnach wurden manche Waldnutzungen verboten (z.B. die Nutzung des Waldes als Waldweide für Zie- gen) oder beschränkt (z.B. die Zahl der Hüttenwerke musste aus Mangel an Holzkohle begrenzt werden) (BAUER 1962: 115, 1963: 152). Kurz daraufhin wurden ebenfalls die Schlageinteilung und die mehrjährige Schlagruhe im Niederwald eingeführt (HACHEN- BERG 1992: 62). Von der schlagweisen Nutzung des Waldes erhoffte man sich über die permanente Versorgung mit Holz hinaus auch eine natürliche Verjüngung (MANTEL 1980: 87). Da der Wald aber für die ganze Bevölkerung als wichtige Ressource und Energiequelle fungierte, griffen die Verordnungen häufig erst Jahrhunderte später. Die größte Waldverwüstung aller Zeiten fand im Untersuchungsraum während der fran- zösischen Besatzungszeit (1794-1814) statt (GILDEMEISTER 1962: 37). Der Holzbedarf war in dieser Zeit wegen der Eisenindustrie für Waffenproduktion immens hoch. Um dies decken zu können, wurden die bis zu dieser Zeit verbindlichen Regelungen um den Schutz der Wälder komplett aufgehoben und stattdessen sind veraltete französische Ordnungen in Kraft getreten (GILDEMEISTER 1962: 37, MANZ 1993: 11). Da die Aufsicht der Gemeindewälder abgeschafft wurde, verschlechterte sich die Situation durch die Aus- beutung der Wälder von der heimischen Bevölkerung zusätzlich (GILDEMEISTER 1962: 37). In der napoleonischen Zeit verbesserten sich die Umstände etwas, als u.a. die staat- liche Aufsicht der Gemeindewälder wieder aufgenommen wurde (GILDEMEISTER 1962: 38, BAUER 1979: 159). Insgesamt konnte die Waldzerstörung im Untersuchungsraum jedoch erst unter preußi- scher Herrschaft eingedämmt werden (MANZ 1993: 11). Laut GILDEMEISTER (1962: 40-41) waren die wichtigsten Maßnahmen der preußischen Forstverwaltung u.a. „die Auffors- tungen von Ödlandflächen, die Umwandlung von Niederwald und Mittelwald in Hochwald, die Ausbreitung der Nadelholzkulturen, die Ablösung von Nutzungsrechten der Gemeinden im Staatswald und die Beseitigung der schädlichen Nebennutzungen in den Gemeindewäl- dern“. Zu Beginn des 19. Jh. stieg die Nachfrage nach Gerbmitteln enorm an, wodurch sich die Eichenschälwälder zu der rentabelsten Waldwirtschaftsform entwickelten. Der Gerb- stoffgehalt ist bei 15-20 jährigen Eichen am höchsten und bei Stockausschlägen höher als bei Kernwüchsen, weshalb der Niederwaldbetrieb für die Lohrindegewinnung bes- tens geeignet war (SCHMITHÜSEN 1934: 19, MANZ 1995: 5). Doch diese Blütezeit dauerte nicht lange an, weil die einheimische Gerbrinde im Übergang vom 19. zum 20. Jh. auf- grund der Einführung der billigeren ausländischen Gerbstoffen wertlos wurde und folg- lich war der Erhalt der Niederwälder nicht mehr rentabel, weshalb diese umfangreich in Hochwaldbetrieb überführt oder umgewandelt wurden. Nur dort wo die Niederwälder eine Schutzfunktion erfüllten, wurde auf solche waldbaulichen Maßnahmen verzichtet (GROTH 1957: 584). Insgesamt war die Zielsetzung der Forstpolitik jedoch im 20. Jh. ein- deutig: die ertragsschwachen Niederwälder müssen in Hochwälder umgewandelt wer- den.

7 Stand des Wissens

Wie sich die Situation der Niederwälder des Weiteren entwickelte, wird in den folgen- den Kapiteln dargestellt.

3.2.1.2 Wichtigste Nutzungsformen der Niederwälder

Niederwälder wurden in den vergangenen Jahrhunderten vielfältig eingesetzt. Die Gründe der intensiven Verbreitung der Niederwaldwirtschaft wurden von GILDEMEISTER (1962: 45) in folgenden Punkten zusammengefasst:

 Die Entnahme von Brennholz und Bauholz durch die Landbevölkerung. Der Nie- derwald entwickelte sich vor allem in Nähe der Ortschaften.  Die Rottwirtschaft in den Talgebieten.  Die Köhlerei. Es entstanden erstmalig größere Niederwälder abseits der Täler und abseits der Ortschaften.  Der Holzeinschlag zur Pottaschegewinnung im Bereich der Glashütten und in Nä- he der Ortschaften.  Die hohen Einschläge während der französischen Besatzungszeit nach 1794.  Die Eichenlohewirtschaft.

Um die Relevanz der einzelnen Nutzungsformen herauszustellen, werden die eben aus- geführten Stichpunkte im Folgenden ausführlicher dargestellt.

Brennholznutzung

Die einfachste Nutzungsform des Niederwaldes war die Brennholznutzung. Das Brenn- holz war bis zum Einstieg in die Steinkohle- und Braunkohleverwendung für Heizzwe- cke die einzige Energiequelle. Hierzu wurde in kurzen Umtriebszeiten Schwachholz produziert, das mit einfachem Werkzeug geerntet werden konnte und leicht zu trans- portieren war. Das Krüppelholz aus dem Niederwald konnte im Vergleich zum starken Stammholz aus dem Hochwald schneller für Brennholzzwecke aufarbeitet werden. Ein großer Vorteil des Niederwaldbetriebs ist, dass das Brennholz hierbei in kurzen Um- triebszeiten nachhaltig produziert werden kann.

Stangenholzgewinnung zur Herstellung von Holzkohle

MÜLLER-WILLE (1980: 23) bezeichnet den Stangenholzbetrieb zum Zwecke der Brenn- holzgewinnung als „die älteste und allgemein verbreitete Form der Niederwaldwirtschaft“. Ausgedehnte Niederwälder zur Kohlenherstellung wurden auch „Kohlhecken“ genannt (MANZ 1993: 15). Die Blütezeit der Holzkohlegewinnung fand im Untersuchungsraum zwischen dem 15. und 19. Jh. statt, wobei ihre Wurzeln jedoch bis in die Eisenzeit zu- rückreichen (BAUER 1962: 60-68). Während dieser Zeit wurde zum Schmelzen und Ver- arbeiten von Metallen ausschließlich Holzkohle verwendet. Aufgrund seiner Beschaffen- heit beim Verkohlungsprozess stellte die Buche die ideale Holzart zur Köhlerei dar (GIL- DEMEISTER 1962: 27). Zudem war das Stangenholz (Knüppelholz) besser geeignet als Stamm- oder Baumholz, weil dieses sich schneller aufarbeiten ließ und hochwertigere Holzkohle lieferte (BAUER 1963: 152, MANZ 1993: 15).

8 Stand des Wissens

Die Spuren der Köhlerei sind im Wald sogar heute noch zu erkennen (GILDEMEISTER 1962: 26). Einen wichtigen Hinweis hierzu stellt die auf dem ehemaligen Köhlerplatz schwarz verfärbte Erde dar. Zudem hat der Meilerplatz eine typische runde Form und unter dem Laub lassen sich oft noch Holzkohlenstückchen finden.

Waldweidenutzung

Neben der Brennholznutzung ist die Waldweide die älteste Nutzungsform des Waldes. Vom Frühling bis zum Herbst wurden Rinder, Schafe, Pferde und Ziegen in den Wald getrieben. Die Rinder- oder Ochsenweide wurde als „Rauhweide“ betitelt (STURM 1959: 171). Der Schweineeintrieb in Eichen-Buchenwälder wurde dahingegen als „Schmalz- weide“ oder „Eckerich“ bezeichnet, wobei das Mästen der Schweine von Oktober bis Weihnachten („Voreckerich“) und in Vollmastjahren sogar bis April („Nacheckerich“) stattfinden konnte (BAUER 1962: 113). Im Vergleich zu Niederwäldern waren die mittel- waldähnlichen Wälder als Waldweide besser geeignet. Dabei wurde das Unterholz in einer 20-jährigen Umtriebszeit meistens als Brenn-, Pfahl- und Kohlholz entfernt, wäh- rend Eichen und Wildobstbäume wegen der Schweinemast stehen gelassen wurden (BAUER 1962: 74). Durch die Waldweidenutzung wurde im Wald besonders viel Schaden angerichtet (BAUER 1962: 115). Hierzu gehören u.a. der Verbiss von Pflanzen und Rinden bzw. das Zertreten des Waldbodens (GILDEMEISTER 1962: 18-19). Die starke Trittbelas- tung führte über die Bodenverdichtung hinaus auch zur Verhinderung der natürlichen Verjüngung. Um die Stockausschläge vor Verbiss zu schützen, wurde das Beweiden der Niederwälder in den ersten vier bis sechs Jahren nach dem Abtrieb des Holzes nicht er- stattet (MÜLLER-WILLE 1980: 14). Wegen der außerordentlichen Waldzerstörung wurden auch anderweitige Beschränkungen getroffen. Bereits im 15. Jh. wurden z.B. die Ziegen sowie Schafe und im 16. Jh. auch die Pferde aus dem Wald verbannt, weil diese durch den Rindenverbiss die schwersten Schäden verursachten (BAUER 1962: 115-117). Schließlich verlor die Waldweide ab dem Ende des 18. Jh. immer mehr an ihrem Stel- lenwert, als zum Futterzwecke Kartoffeln und Klee angebaut wurden und dadurch eine planmäßige Stallfütterung möglich war (STURM 1959: 211, MANZ 1993: 14).

Lohwirtschaft / Schälwaldbetrieb

Der steigende Bedarf an Leder − vor allem beim Militär und in der Industrie, aber auch die erhöhte Nachfrage nach Luxusartikeln − führte dazu, dass die Lohgerberei ab dem 18. Jh. aus dem üblichen bäuerlichen Nebengewerbe zu einem Großgewerbe herausge- wachsen ist (SCHMITHÜSEN 1934: 21, MÜLLER-WILLE 1980: 25). Die Lohrindengewinnung erreichte ihren Höhepunkt in der zweiten Hälfte des 19. Jh.. In der damaligen Zeit stellte die Eiche die wichtigste Gerbstoffquelle dar. In den Eichenschälwäldern wurden die Rinden der Eichen mit einem Lohlöffel vom Holzkörper abgeschält und meistens noch am Stamm getrocknet (KRATZ & FREY 2010: 21). Die getrockneten Rinden wurden schließlich gebündelt und da sie leicht waren, konnte man sie einfach transportieren (ebd.: 21). Die entrindeten Eichenstangen wurden schließlich als Brennholz, Weiberg- pfähle oder Bohnenstangen verwendet (MAUERHOF 1979: 130). Die Schälwälder verloren ihre führende Rolle als Gerbstoffquelle, als die billigeren aus- ländischen Gerbmittel (vor allem Quebracho aus Südamerika) auf den Markt kamen und gleichzeitig in der chemischen Gerbstoffgewinnung große Entwicklungsfortschritte ge- macht wurden (HUBER 1944: 40-42, MANZ 1995: 5-6). Aufgrund dessen war die heimi-

9 Stand des Wissens sche Gerbstoffproduktion unrentabel, was zum endgültigen Untergang der Schälwald- wirtschaft führte.

Gewinnung von Pfahlholz

Niederwälder sind in Weinbaugebieten weit verbreitet. Einerseits konkurrieren sie mit- einander, weil sie ähnliche klimatische Verhältnisse bevorzugen (siehe auch Kap. 4.1), anderseits profitierten die Winzer aus der Nähe der Niederwälder, da früher das Stick- oder Pfahlholz für den Rebanbau aus dem Niederwald gewonnen wurde. Darüber hinaus schützten die Niederwälder die Rebfelder auch vor Kaltluftschäden. Folglich befinden sich die ausgedehnten Niederwälder vor allem auf den Höhen und in den Flusstälern oberhalb von Rebflächen. Die Pfähle wurden meistens aus Eiche oder widerstandsfähiger Robinie angefertigt (BALLENSIEFEN 1957: 86). Vor allem am Niederrhein war es eine verbreitete Gewohnheit, Plenter-Niederwälder zu bewirtschaften, um Rahmenstangen und Stöcke für die Rebfel- der zu gewinnen (HAUSRATH 1982: 22). Hierbei wurden die Hiebe größtenteils aus Bu- chenstämmen in einer Umtriebszeit von nur 2-4 Jahren einzelstammweise durchgeführt (ebd.: 22). Des Weiteren wurden Rebpfählen auch aus Kastanienholz hergestellt, die vor allem in Baden und Elsass bevorzugt waren. Ende des 19. Jh. war die Nachfrage nach Pfählen in Baden aufgrund der guten Weinjahre so groß, dass die „Reut- und Weidfelder, Brennholzniederwald und etliche Eichenschälwälder mit Edelkastanie aufgeforstet und im Niederwaldbetrieb bewirtschaftet wurden“ (KONOLD & BREUER 2013: 188). SUCHOMEL & KONOLD (2008: 78) weisen darauf hin, dass zwischen 1870-1879 bis zu 50 % des Kasta- nienholzes zur Rebpfahlproduktion verwendet wurden.

Streunutzung

Mit der Vermehrung der Viehbestände und Verbreitung der Stallhaltung der Tiere wur- de den Wäldern in großen Mengen trockenes Laub für Streuzwecke in den Ställen ent- nommen (STURM 1959: 201, GILDEMEISTER 1962: 21). Die Umstellung fand während der französischen und der frühen preußischen Zeit statt, als es Mangel an Stroh gab und die Menschen verstärkt auf die Laubstreu der Wälder zugreifen mussten (GILDEMEISTER 1962: 38). Durch die Streunutzung wurde dem Wald natürlicher Dünger entzogen, was längerfristig zur Verarmung der Böden an Mineralstoffen führte (STURM 1959: 203, GIL- DEMEISTER 1962: 21, MANZ 1993: 15). Infolge der Zerstörung des natürlichen Schutzes vom Boden kam es zudem zur Auswaschung von Humus und Feinerdebestandteilen so- wie zur Verdunstung der Wasserreserven (GILDEMEISTER 1962: 21).

Pottaschegewinnung

Pottasche wurde in erster Linie zur Herstellung von Glas, aber auch zur Produktion von Seife und zum Färben sowie zum Bleichen und zur Düngung der Felder benötigt (BAUER 1962: 105). Für die Pottaschegewinnung eignet sich laut WEIGELMEIER (2010: 254) am besten Buche oder Eiche, aber nach GILDEMEISTER (1962: 33), MANTEL (1990: 226) und HANGARTNER (2002: 70) wurde das Buchenholz bevorzugt, weil dieses im Vergleich zu anderen Holzarten über einen höheren Kaligehalt verfügt. Zur Glasherstellung benötigte man enorm viel Holz. Zum einen wurde es als Ausgangsstoff für die Pottasche gebraucht

10 Stand des Wissens und zum anderen auch als Brennstoff für die Glasschmelze. Nach WEIGELMEIER (2010: 254) benötigte man zum Glasschmelzen in den unterschiedlichen Arbeitsphasen ver- schiedene Hölzer und zwar etwa 2/3 Weichholz (Pappel, Birke) und 1/3 getrocknetes Hartholz (Buche). Insgesamt brauchte man im Verhältnis mehr Holz zur Glasherstellung als in den Eisenhütten verbraucht wurde (GILDEMEISTER 1962: 33). Über den Holzver- brauch zur Glasproduktion wurde folgendes festgehalten (BURGSDORF 1801 und STURM 1959 zitiert nach BAUER 1962: 108): „Um einen Zenter (50 kg) Pottasche zu gewinnen, benötigte man fast einen fm Holz. Mit dieser Pottasche ließen sich unter Kalk- und Quarz- sand-Zusatz nur 5 kg Glas herstellen.“

Feld-Wald-Wechselwirtschaft

Der Wechsel von wald- und landwirtschaftlicher Nutzung im Niederwald war in West- und Süddeutschland weit verbreitet und trug regional unterschiedliche Namen. Im Mo- sel-Hunsrück-Gebiet wurde er als Rottwirtschaft (syn. Rottwald und Rottbusch) und im Siegerland als Hauberg bezeichnet (SUCHOMEL et al. 2013: 7). Reutberge (syn. Reutfeld) waren für den Schwarzwald charakteristisch, doch sie kamen auch in Teilen Hessens und in Alpenregionen vor, während sich Birk(en)berge in Bayern befanden (KAPP 1984: 266, POTT 1985: 7, CONRADY et al. 2007: 12). In der Eifel gab es zudem die Schiffelwirt- schaft, die von den Wald-Feldbau-Systemen durch das Brachestadium abgegrenzt wer- den konnte, wobei anstelle des Niederwaldes Heide und Ginster auftraten (SCHMITHÜSEN 1934: 25). Die Hackwälder waren im Odenwald beheimatet und wurden im Gegensatz zu anderen Systemen nicht beweidet (HOCHHARDT 1996: 11). Die großflächige Ausbreitung des Brandfeldbaus wurde durch das Zusammenspiel meh- rerer Faktoren begünstigt. Insgesamt lässt sich aber feststellen, dass der Brandfeldbau in früheren Zeiten dort verbreitet war, wo wenig Dauerackerland zur Verfügung stand (MÜLLER-WILLE 1980: 21). Die ungünstige Topographie erschwerte über die ackerbauli- che Nutzung hinaus auch die Ausbildung einer gut entwickelten Infrastruktur, weshalb der Getreidetransport aus der Ferne nur schwer durchzuführen war. Zudem kam es in manchen Gebieten zu einer relativ hohen Bevölkerungsdichte wie z.B. an der Untermos- el, da der Weinbau dort seit Jahrhunderten eine wichtige Rolle spielte (SCHMITHÜSEN 1934: 34). Die zunehmende Bevölkerung musste schließlich mit genügend Getreide ver- sorgt werden, weshalb der Kornanbau in Waldgebieten immer mehr auf die Hänge ge- drängt wurde (ebd.: 34). Die Funktion der Feld-Wald-Wechselwirtschaft war in allen Verbreitungsgebieten ziem- lich ähnlich, wobei sie im Verlauf einer Umtriebszeit i.d.R. folgende unterschiedliche Aufgaben erfüllten:

 Lohschälwald  Holzkohlegewinnung  Brennholznutzung  Getreideanbau  Streugewinnung  Viehweide

Ein typischer Nutzungszyklus im Hauberg sah folgendermaßen aus (Abb. 1): Die Nut- zung begann im Frühjahr mit dem Schälen der gerbstoffreichen Eichenrinde, um Gerber- lohe für die Lederherstellung zu gewinnen. Das stehengebliebene Eichenstammholz wurde in Kohlenmeilern verkohlt oder von der Bevölkerung als Brennholz genutzt. Im

11 Stand des Wissens

Spätsommer wurden die im Bestand verbliebenen Gräser und die Streu verbrannt. Die anfallende Asche wurde als Dünger verteilt und in den Boden eingearbeitet. Laut ABETZ (1955: 219) lag der größte Vorteil der Brandwirtschaft darin, dass Getreide ohne Dün- gungsmittelzusatz erzeugt werden konnte. Die Dauer der ackerbaulichen Nutzung war unterschiedlich. Es gab einjährige (nur Roggen), zweijährige (Roggen → Buchweizen) oder im Moselgebiet dreijährige (Roggen → Kartoffel → Klee) Fruchtfolgen (MÜLLER- WILLE 1980: 13). In den nachfolgenden Jahren wurde der Hauberg zur Ginstergewin- nung und als Waldweide genutzt. Um die Stockausschläge zu schützen, durfte das Vieh ab 1743 in den ersten drei Jahren des Umtriebs nicht in den Wald getrieben werden (BAUER 1963: 153). Zum Schluss − nach etwa 18-22 Jahren Betriebszeit − begann der Zyklus mit dem Eichenschälen von Neuem.

Abb. 1: Rotationssystem und Dauer von Holz- und Waldfeldbaunutzungen am Beispiel der zykli- schen Phasen der Haubergwirtschaft (Quelle: POTT 1993: 104)

Als sich die Verkehrsverhältnisse verbesserten bzw. sich neue Düngungsverfahren durchsetzten, stand einer großflächigen Ackerbaunutzung nichts mehr im Wege (MÜL- LER-WILLE 1980: 22). Durch die Industrialisierung und die damit einhergehende Schrumpfung der Landbevölkerung, sowie durch den Anstieg der Arbeitslöhne und durch den Getreideimport wurde der Niedergang des Waldfeldbaus weiter verstärkt (KAPP 1984: 269). Im klassischen Sinne wurde die Feldbrandwirtschaft zum letzten Mal im 20. Jh. nur kurzfristig und in Notzeiten wiederbelebt (SCHMITHÜSEN 1934: 30). Derzeit werden Hauberge nur kleinflächig und örtlich bewirtschaftet. Diese haben zwar ihre ursprüngliche genossenschaftliche Organisation beibehalten, doch eine traditionelle Nutzung findet in diesen nicht mehr statt. Die gegenwärtige Haubergbewirtschaftung

12 Stand des Wissens beschränkt sich ausschließlich auf die Gewinnung von Brennholz (SCHÜSSLER 2008: 66). Außer der Haubergwirtschaft werden die verwandten Systeme in der heutigen Zeit nicht mehr ausgeübt.

Nebennutzungen

Über die oben dargestellten wichtigsten Nutzungsformen hinaus wurden aus dem Nie- derwald weitere Produkte für den täglichen Bedarf gewonnen (nach MANZ 1993: 18, verändert):

 Verwendung von unterschiedlichen Holzstärken beim Hausbau  Hartholz zur Gewinnung von Geräteholz  Herstellung von Wagen, Pflügen, Trögen, Fässern und anderen Haushaltsgegen- ständen  Isolation zwischen Holzwänden / Torfersatz aus ausgelaugter Lohe  Verwendung des zähen Roggenstrohs als Bindestroh im Weinbau  Verwendung des Rottstrohs als Dachstroh  Besenginster als Reisig für Besen, als Brennmaterial oder Stallstreu  Haselnüsse.

Zudem fungierte der Niederwald als Quelle für die Faschinengewinnung zum Zwecke des Erd- und Wasserbaus (LAUROP 1822: 131). Die Kopfholznutzung oder das Schneiteln diente zur Produktion von Laubheu, während die entlaubten Gerten als Flecht- und Korbmaterial verwendet wurden (POTT 1996: 345).

3.2.2 Bedeutung der Niederwälder für den Naturschutz

Der Naturschutzwert des Niederwaldes ergibt sich zunächst aus seiner traditionellen Nutzungsweise. Durch die Art der Bewirtschaftung entstehen auf kleiner Fläche neben- einander liegende Teilhabitate, die sich in verschiedenen Regenrationsstadien befinden und zyklisch wiederkehren. Aus dem Raum-Zeit-Mosaik resultieren der Strukturreich- tum und die beträchtliche Zahl an Grenzlinien und Übergangsbereichen im Gesamtbe- stand, die im Vergleich zum Hochwald den naturschutzfachlichen Mehrwert des Nie- derwaldes ausmachen (ROSSMANN 1996: 62). Unterbleibt die regelmäßige forstliche Nut- zung, verlieren die Niederwälder zusehends ihre typische Struktur sowie ihre ökologi- sche und naturschützerische Funktionalität. In den verschiedenen Studien wurde der naturschutzfachliche Wert der Niederwälder anhand ihrer floristischen und faunisti- schen Zusammensetzung untersucht.

13 Stand des Wissens

3.2.2.1 Niederwaldflora und -vegetation

Es existieren mehrere Literaturquellen aus dem mitteleuropäischem Raum, welche die Flora und Vegetation der Niederwälder beschreiben. Zu den Autoren der wichtigsten Literaturen zählen u.a. SCHMITHÜSEN (1934), POTT (1985), REIF & HACKER (1991), MANZ (1993), HOCHHARDT (1996), ROSSMANN (1996), LUX (2000), OSTERMANN (2002) und LANUV (2007). Alle diese Quellen sind sich darüber einig, dass Niederwälder keine eigene Pflanzenge- sellschaft haben, sondern ihre Artengefüge als eine Mischung unterschiedlicher Pflan- zengesellschaften aufzufassen sind, die abhängig von den Lichtverhältnissen zyklisch wiederkehren. FASEL (1995 zitiert nach CONRADY 2007 b: 349) äußert folgendes: „Synöko- logisch betrachtet sind Niederwälder Durchdringungskomplexe aus Lebensgemeinschaften des Offenlandes, von Zwergstrauch- und Strauchformationen und von höheren Gehölzen und Waldbäumen. Die einzelnen Elemente stehen in unmittelbarer Nähe zueinander und lösen sich kontinuierlich ab.“ Im Niederwald gelangt im Vergleich zu einem geschlossenen Wald mehr Licht auf den Waldboden, weshalb sich das Artenspektrum der Niederwälder auf Kosten der typi- schen Waldpflanzen und zugunsten der Offenlandpflanzen verschiebt. Gleichzeitig sind Niederwälder als artenreich einzustufen, was sich auf Bestandesebene auf den erhöhten Licht- und Wärmeeinfluss sowie auf höherer räumlicher Ebene auf die Raum-Zeit- Dynamik zurückzuführen lässt. MANZ (1993: 297) konnte beispielsweise in den Niederwäldern des Nahe- und Mosel- raumes eine ausgesprochen hohe Artenanzahl nachweisen und registrierte in seiner Untersuchung von den 1613 in Rheinland-Pfalz einheimischen Farn- und Blütenpflanzen 321 Arten (19,9 %). Zwar konnte er nur wenige Rote-Liste-Arten (vor allem Orchideen) aufnehmen, dennoch ist seine Entdeckung aus naturschutzfachlicher Sicht sehr relevant, weil einige der gefährdeten Arten ihren Verbreitungsschwerpunkt ansonsten in Mager- rasen haben. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam FASEL (2007: 82). Er untersuchte die Flora und Vege- tation des „Historischen Haubergs Fellinghausen“ und nahm 284 höhere Farn- und Blü- tenpflanzen auf, wobei 156 Arten unmittelbar der Haubergsflora zugerechnet werden können (ebd.: 57). Zwölf Pflanzenarten waren auch in der Roten Liste von Nordrhein- Westfalen aufzufinden, deren überwiegender Teil zu den Charakterarten der Borstgras- rasen und Heiden gehört (ebd.: 65). In ostvogesischen Niederwäldern fand OSTERMANN (2002: 146) in unterschiedlichen Lis- ten geschützter Arten 23 gefährdete Pflanzenarten, worunter fünf der offiziellen Roten Liste des Elsass zufolge ausschließlich an die Ausbildungen der wärmeliebenden Flaum- eichen-Niederwälder gebunden sind. Die Nieder- und Mittelwälder der Eierberge (Oberfranken) wurden von REIF & HACKER (1991) untersucht. Bei den Vegetationsaufnahmen wurden insgesamt 307 Arten der Gefäßpflanzen aufgenommen, welche sich in sechs Pflanzengesellschaften und 20 Aus- bildungen einordnen lassen (ebd.: 19). Überdies wurden weitere 36 Moose und Flechten auf dem Waldboden registriert (ebd.: 19). Unter den Gefäßpflanzen konnten fünf als „stark gefährdet“, acht als „gefährdet“ und drei als „potenziell gefährdet“ eingestuft wer- den (ebd.: 141). In den zwei meistgefährdeten Schutzkategorien hatten 50 % der Pflan- zenarten ihre Standorte in der Lichtphase (ebd.: 141). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Niederwälder ein breites Spektrum von Standortbedingungen abdecken, was sich in der großen Anzahl der aufgenommenen Arten widerspiegelt. Darüber hinaus bieten die Niederwälder vor allem den seltenen

14 Stand des Wissens wärmeliebenden Arten eine Möglichkeit sich sekundär auszubreiten (SUCHOMEL et al. 2013: 10).

3.2.2.2 Niederwaldfauna

Im Verhältnis zu vegetationsökologischen Untersuchungen wurden in Deutschland nur wenige Studien durchgeführt, welche sich mit der Fauna der Niederwälder beschäftigen. Hierzu gehören u.a. die Studie von REIF & HACKER (1991), die in den oberfränkischen Nieder- und Mittelwäldern drei Insektengruppen (Neuroptera, Trichoptera, Lepidopte- ra) untersuchten und die Arbeit von HOCHHARDT (1996), wobei der Forschungsschwer- punkt auf den Vögeln und Laufkäfern der Niederwälder im Mittleren Schwarzwald lag. Am ausführlichsten wurde die Niederwaldfauna im „Historischen Hauberg Fellinghau- sen“ (Nordrhein-Westfalen) erforscht. Im Projekt wurden sämtliche wichtige Tiergrup- pen wie der Hundertfüßer, Asseln, Tausendfüßer, Heuschrecken und Wanzen von DÜS- SEL-SIEBERT (2007 a, b, c), die Spinnen von HERMANN-PIR (2007), die Sandlaufkäfer und Laufkäfer von FUHRMANN (2007 a, b), die Großschmetterlinge von TWARDELLA & FASEL (2007), die Vögel von BLANKENSTEIN (2007) und die Säugetiere von FREDE (2007) unter- sucht. Nach dem heutigen Kenntnisstand gibt es wohl keine Tierarten, die ausschließlich in Niederwäldern vorkommen. Aber einige Arten profitieren von den für sie günstigen Verhältnissen in Niederwäldern (ARBEITSKREIS FORSTLICHE LANDESPFLEGE IN DER ARBEITSGE- MEINSCHAFT FORSTEINRICHTUNG 1993: 60-61). Diese sind vor allem die wärmeliebenden Arten und diejenigen, welche die vielfältigen Strukturen bevorzugen. Eine der größten Diversitäten erreichen im Niederwald die Insekten. Darunter sind vor allem die Schmetterlinge zahlreich vertreten. Die jungen Altersstadien des Niederwaldes fungieren auf lokaler Ebene öfters für viele gefährdete Falterarten als „einzige noch ver- bliebene Lebensräume, Habitate, Rückzugs- und Reproduktionsräume“ (SCHUMACHER 2007: 295-296, 307). SCHUMACHER & VORBRÜGGEN (1997: 130) stellen fest, dass mit der Aufgabe der Niederwaldwirtschaft die Existenz vieler Falterarten bedroht ist, vor allem derer, die sich in „Sonderformen“ der Niederwälder befinden. Diese sind u.a. der Braune Eichen- zipfelfalter (Nordmannia ilicis) und das Braune Ordensband (Minucia lunaris), die an junge Eichenbüsche warmtrockener Lagen gebunden sind (ebd.: 130) oder das Kleine Eichenkarmin (Catocala promissa), die Fahlgraue Eicheneule (Griposia convergens), die Eichenglucke (Phyllodesma tremulifolia) und die Grüne Eicheneule (Griposia aprilinia), die sich auf den nördlich exponierten Niederwaldhängen ansiedeln (SOUND & SCHMIDT: 4). Des Weiteren enthält die „typische“ Schlagflora des Niederwaldes auch notwendige Nah- rungspflanzen für Schmetterlinge. REIF & HACKER (1991) konnten beispielsweise in den Nieder- und Mittelwäldern der oberfränkischen Eierbergen insgesamt 943 Schmetter- lingsarten nachweisen, wovon 144 Arten (15 %) in der damaligen „Roten Liste der Schmetterlinge Bayerns“ aufzufinden waren. Zudem stellten sie fest, dass etwa 2 % der kartierten Schmetterlinge „direkt und absolut abhängig von der Niederwaldbewirtschaf- tung“ waren. Außer Schmetterlingen haben seltene Glasflügler ihren Verbreitungs- schwerpunkt des Öfteren im Niederwald (SCHUMACHER & VORBRÜGGEN 1997: 130). Zudem finden die Laufkäfer auch hervorragende Lebensbedingungen in jungen Ausschlagwäl- dern wieder, da solche Bestände ohne Vegetation wenig Raumwiderstand aufweisen (ROSSMANN 1996: 59). Dies kann anhand der Forschungsergebnisse von HOCHHARDT (1996) auch bestätigt werden. Er fand die größten Artenzahlen und Aktivitätsdichten von Laufkäfern auf dem Kahlschlag und im einjährigen Niederwald (HOCHHARDT 1996: 174). Ferner sind zwei in Rheinland-Pfalz als besonders geschützte Arten aufgeführte

15 Stand des Wissens

Käfer teilweise an Niederwälder gebunden. Der kleine Rehschröter (Platycerus caraboi- des) kommt u.a. auf sonnenexponierten, trockenen Hängen und Kahlschlägen vor (KLAUSNITZER 1995: 87), während der Schafgarben-Eckschild-Prachtkäfer (Anthaxia mil- lefolii polychloros) in den letzten Jahren deutschlandweit ausschließlich auf dem Ostufer im Mittelrheintal beobachtet werden konnte, wo er sich in thermophilen Traubenei- chen-Beständen ansiedelt (NIEHUIS 2004: 192). In Deutschland gilt der Schafgarben- Eckschild-Prachtkäfer als „ausgestorben oder verschollen“ und in Rheinland-Pfalz nach inoffizieller Roter Liste als „vom Aussterben bedroht“ (LUWG 2011: 112). Poikilotherme Tiere können in einem Wald gute Lebensbedingungen vorfinden, wenn genug Licht und Wärme auf den Boden gelangt wie beispielsweise in den früheren Suk- zessionsphasen des Niederwaldes. Solche auch im Wald vorkommende Reptilien sind nach BLAB (1984: 142) u.a. die Smaragdeidechse (Lacerta bilineata), die Schlingnatter (Coronella austriaca) und die Zauneidechse (Lacerta agilis), die in Rheinland-Pfalz als streng geschützte Arten aufgeführt werden (LUWG 2011: 28). Niederwälder gewährleisten auch der Avifauna einen abwechslungsreichen Lebensraum (SUCHOMEL & KONOLD 2008: 87-90). Die Struktur des Lebensraumes stellt für die Vögel ein weitaus wichtigeres Kriterium dar als das Vorkommen gewisser Pflanzenarten oder –gesellschaften (ROSSMANN 1996: 63). Somit ist das Auftreten der Vogelarten immer an bestimmte Waldstadien der Niederwaldwirtschaft gebunden. Der Baumpieper (Anthus trivialis) kommt im offenen Sukzessionsstadium vor, während die Gartengrasmücke (Sylvia borin) das 4-7 jährige Busch-Heide-Stadium charakterisiert (BLANKENSTEIN 2007: 232). Untersuchungen zeigen, dass die höchsten Siedlungsdichten vom Baumpieper in Mitteleuropa auf Kahlschlägen und jungen Aufforstungsflächen gebildet werden (LOSKE 1985: 591). Die Goldammer (Emberiza citrinella) und die Mönchsgrasmücke (Sylvia atri- capilla) sind typische Bewohner des 8-11 jährigen Wald-Heide-Stadiums (BLANKENSTEIN 2007: 232). Mit dem Fortlauf der Sukzession erscheinen schließlich die Blaumeise (Pa- rus caeruleus) und Kohlmeise (Parus major) und anschließend der Waldlaubsänger (Phy- lloscopus sibilatrix), der i.d.R. auch in durchgewachsenen Niederwäldern aufzufinden ist (ebd.: 232). Das Haselhuhn (Bonasa bonasia) galt lange als Leitart des Niederwaldes. Für das Hasel- huhn fungierten die dichten Niederwälder in Mitteleuropa nachgewiesen als sekundäre Lebensräume (LIESER 1990: 156, SUCHANT et al. 1995: 140, ROSSMANN 1996: 70). Insbe- sondere die Bestände der Phase von 7-18 Jahren nach dem Hieb sind für diese Vogelart ideal (SCHMIDT & HEIDT 1997: 4), denn die Weichlaubhölzer (wie z.B. Birke, Aspe, Vogel- beere), die immer als Erstes eine Hiebfläche besiedeln, dienen ihm als wichtige Winter- nahrung (GÜTHLER et al. 2005: 25). In den letzten Jahrzehnten ist jedoch die Besied- lungsdichte des Haselhuhns in ganz Deutschland stark zurückgegangen und man weiß nicht genau, wie viele Brutpaare noch vorhanden sind. SUCHANT et al. (1995: 140) sehen einen Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Haselhuhnpopulationen und der Nutzungsaufgabe des Niederwaldes bzw. der daraus resultierenden Verinselung der Lebensräume. GURNELL et al. (1992 zitiert nach ROSSMANN 1996: 83) stellten eine große Diversität bei Mäusen, Wühlmäusen und Spitzmäusen in Ausschlagwäldern eines Alters bis zu 30 Jah- ren fest. ROSSMANN (1996: 83-84) nennt hierzu als Beispiel die Haselmaus (Muscardinus avellanarius). Für die Haselmaus ist eine dichte, strauch- und beerenreiche Vegetation entscheidend, weshalb Überführungsbestände für die Haselmaus kaum besiedelbar sind, während Niederwälder „die Voraussetzungen für einen guten Haselmaus-Bestand“ ver- hältnismäßig gut erfüllen (ROSSMANN 1996: 84). Die Anzahl der Haselmausbestände lässt sich nachgewiesen auf die Zerstörung und Zerschneidung von deren Lebensraum zu-

16 Stand des Wissens rückführen (BRIGHT et al. 1994: 337, MORRIS 2003: 127). Die Populationen der Haselmaus nahm in den letzten Jahren so stark ab, dass sie inzwischen auf der Vorwarnliste der Roten Liste Deutschlands und im Bundesnaturschutzgesetz (BnatSchG) als „streng ge- schützte Art“ geführt wird (MEINIG et al. 2009: 122). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass für die Tierwelt die abwechslungsreichen Kleinstrukturen sowie die verhältnismäßig vielfältige Baumartenzusammensetzung im Niederwald die maßgebenden Merkmale sind (WEITZ zitiert nach MANZ 1995: 20). Die Regeneration der Tiergemeinschaften kann während der Niederwaldnutzung schneller stattfinden, weil für die Tiere bei veränderten Lebensbedingungen die Möglichkeit be- steht, sich in angrenzenden Teilflächen anzusiedeln (HERMANN-PIR 2007: 150). Die feh- lenden scharfen Übergänge zwischen den Flächen sind vor allem für weniger mobile Tierarten ein Vorteil.

3.2.3 Bodenschutz

Als die Niederwaldwirtschaft im Übergang vom 19. Jh. zu 20. Jh. nicht mehr rentabel er- schien, wurden viele Niederwälder in Hochwald überführt oder umgewandelt. Diese Maßnahmen waren mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden, die sich auf er- tragsschwachen Standorten der Steillage meistens nicht gelohnt haben. Folglich befindet sich die Mehrheit der übriggebliebenen Stockausschlagwaldbestände an Steilhängen der Mosel, des Rheins und anderer Flusstäler des Landes (Abb. 2). Der Niederwald dient in steilen Hängen dem Bodenschutz, wobei diese Schutzfunktion teilweise auch in den Waldfunktionskartierungen von Rheinland-Pfalz festgehalten wird. Dass Stockausschlä- ge in Hanglagen über eine gute bodenstabilisierende Wirkung verfügen und vor Stein- schlag schützen, darauf weisen etliche Literaturen hin (BALLENSIEFEN 1957: 85, HASLER 1957: 599, UNTERRICHTER 1996: 288 und GERBER & ELSENER 1998: 9). Im Vergleich zum Hochwald können die Niederwälder aufgrund der Mehrstämmigkeit und der permanen- ten Bewurzelung des Bodens das Erosionsmaterial effektiv zurückhalten und dank der schnellen Regenerationskraft der Ausschläge bleibt der Boden nie länger kahl (ROSSMANN 1996: 237). Daher müssen die Stockausschlagwälder „gezielt zur Stabilisierung erosions- gefährdeter Standorte eingesetzt werden“ (ebd.: 237). Der Niederwaldbetrieb im Stein- schlaggebiet hat allerdings auch Nachteile: seine Pflege gilt als sehr arbeitsintensiv und wenn die Stöcke überaltert sind, kann es zu einem Stabilitätsproblem kommen (GERBER & ELSENER 1998: 11).

3.3 Politische Rahmenbedingungen für (ehemalige) Niederwälder

Mit den politischen Rahmenbedingungen zum Umgang mit den (ehemaligen) Nieder- wäldern in Rheinland-Pfalz beschäftigte sich BIELING (2009). Es konnte festgestellt wer- den, dass die aktuelle Politikgestaltung in Rheinland-Pfalz der Niederwaldbewirtschaf- tung eine klare Rolle zuteilt: „Besteht kein (privates) Eigentümerinteresse an der Brenn- holznutzung, so ist die Niederwaldbewirtschaftung nur dort vorgesehen, wo keine Wert- holzerzeugung möglich ist und Schutzzwecke dafür sprechen“ (BIELING 2009: 5). Zwar wird das Themenfeld „Stockausschlagwälder bzw. Niederwaldwirtschaft“ in vielen politischen Instrumenten erfasst, dennoch gibt es derzeit für die Niederwaldwirtschaft keine spezifische Regelung, weil diese Instrumente sich nicht explizit auf die Nieder- waldwirtschaftung beziehen, sondern diese immer nur beiläufig erwähnt wird. BIELING

17 Stand des Wissens

(2009) teilte die Möglichkeiten, die von der Seite der Politik einsetzbar sind, in drei Gruppen ein:

 Ordnungsrechtliche Instrumente (BIELING 2009: 13-38):

Niederwälder werden in Rheinland-Pfalz als Wald definiert. Sie werden jedoch nicht als „Wirtschaftswald“ erfasst, sondern üblicherweise in die Kategorie „sons- tiger Wald“ eingestuft. Dies hat zum einen wesentlichen Einfluss auf die Größe und Arbeitsbelastung für die Revierbildung und zum anderen auf die Kostenbe- rechnung für den Revierdienst. Das Problem ergibt sich daraus, dass für den „sonstigen Wald“ nur geringe Personalkapazität eingeplant wird, doch der Ar- beitsaufwand im Niederwald äußerst intensiv ist.

In Rheinland-Pfalz wird für den Wald eine naturnahe Waldbewirtschaftung als Leitbild vorgesehen. Infolge dessen sind Kahlschläge und die Nutzung hiebsun- reifer Bestände gesetzlich untersagt. Zwar wird die Niederwaldwirtschaft nicht als Kahlschlag angesehen, dennoch kann sie so bewertet werden, wenn die Stö- cke nicht mehr austreiben. Darüber hinaus kann der Niederwaldbetrieb unter Umständen auch als eine vorzeitige forstwirtschaftliche Nutzung hiebsunreifer Bestände interpretiert werden, weshalb die oben genannten Regelungen einem Niederwaldbetrieb auch entgegenstehen können.

Des Weiteren entspricht die Niederwaldbewirtschaftung keiner der anzustre- benden waldbaulichen Vorstellungen und wird deshalb nur dort vorgesehen, wo dies den Eigentümerinteressen entspricht oder besondere Schutzfunktionen er- füllt werden. Ansonsten wird für die Kategorie „sonstiger Wald“ eine Umwand- lung oder Überführung in Hochwald angestrebt.

Niederwälder werden in unterschiedlichen Schutzgebietskategorien erfasst, vor allem in Natura 2000 – Gebieten und als geschützte oder schutzwürdige Biotope. Doch meistens folgt ihre Behandlung nur unklaren Managementempfehlungen, die sich vielmehr an mittelwaldartigem Vorbild orientieren, wobei Niederwald- bestände nur kleinflächig und eher zur Bereicherung der Landschaftsstruktur vorgesehen werden.

Die Landschaftsplanung erwähnt zwar die Niederwälder in ihrer „landschaftsge- stalterischen und identitätsgebenden Funktion“ in ihren Landschaftsleitbildern, jedoch ohne dabei konkrete Behandlungsempfehlungen abzugeben.

Wenn im Niederwald naturschutzfachlich orientierte Maßnahmen vorgenommen werden, werden diese öfters als Kompensation in Verbindung mit der Eingriffs- regelung (Ökokonto) durchgeführt. Doch aufgrund fehlender ökologischer Kenntnisse im Bereich der Erhaltung und Sicherung von Arten und Lebensräu- men, die an Niederwälder gebunden sind, ist der Erfolg solcher Maßnahmen fragwürdig.

Das Prinzip „Wald vor Wild“ wird in Rheinland-Pfalz gesetzlich festgehalten. Dennoch gibt es Umsetzungsprobleme auf lokaler Ebene. Dieser Interessekonflikt lässt sich darauf zurückführen, dass die Einnahmen aus der Jagd i.d.R. über dem

18 Stand des Wissens

Erlös des Waldes stehen. Niederwälder sind jedoch äußerst anfällig gegenüber dem Wildverbiss und eine effektive Jagd wird durch die für den Niederwald typi- schen Eigentumsstrukturen erschwert.

 Finanzielle Instrumente (BIELING 2009: 38-46):

Für die Niederwaldwirtschaft können im Prinzip drei Fördermaßnahmen in Fra- ge kommen: „Standort- oder strukturschwache Körperschaftswaldbetriebe“, „Bi- otoppfelge im Wald“ und „Naturnahe Waldbewirtschaftung“. Diese Maßnahmen weisen jedoch eher nur eine theoretische Relevanz auf, weil diese Förderinstru- mente nicht spezifisch für (ehemalige) Niederwälder entwickelt wurden.

Die Vereinbarkeit von forstlichen Zertifizierungen und Niederwaldwirtschaft wurde auch überprüft. Es konnte festgestellt werden, dass die Niederwaldbe- wirtschaftung mit den Richtlinien von FSC nicht konform ist. Allerdings könnte eine kleinflächige Niederwaldnutzung, die am historischen Leitbild ausgerichtet wird, die Standards von PEFC erfüllen.

 Informationelle Instrumente (BIELING 2009: 46-47):

Ob es ausreichend Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie Beratungs- und Schulungsangeboten zum Umgang mit den Stockausschlagwäldern gibt und ob deren Qualität angemessen ist, darüber sind die Meinungen geteilt.

Zusammenfassend stellte BIELING (2009: 5) fest, „dass die derzeitige Politikgestaltung auf eine unter Umständen neue Rolle der Niederwaldbewirtschaftung abseits traditioneller Formen auf ertragsschwachen Standorten nicht vorbereitet ist, so wie sie sich im Zuge des gestiegenen Interesses an der energetischen Holznutzung herausbilden könnte“. Darüber hinaus erschweren auch die mangelnden Kenntnisse über die Funktionen der Nieder- waldwirtschaft die Umsetzung politischer Instrumente (ebd.: 5).

3.4 Verbreitung der (ehemaligen) Niederwälder in Rheinland-Pfalz

Versucht man, die genaue Ausdehnung von Niederwäldern zu erfassen, stößt man im- mer wieder auf Schwierigkeiten. Im Jahre 1957 wurde die Niederwaldfläche in Rheinland-Pfalz von GROTH (1957: 581) anhand der Forsteinrichtungsdaten auf 109.000 ha geschätzt, womit diese einen Anteil von 14,6 % der Gesamtwaldfläche von 745.000 ha ausmachte. Im Privatwald waren die Flächenangaben jedoch ziemlich unsicher, da diese meistens nur auf Schätzungen der Regierungsforstämter basierten (ebd.: 581). Die Mehrheit der Niederwälder befand sich in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts in den Weinbaugebieten (vor allem an den Hängen von Rhein, Mosel, Saar und Nahe), welche klimatisch gesehen durch große Wärme und wenig Niederschlag geprägt sind (ebd.: 583). 1979 schrumpfte die Niederwaldfläche auf 91.000 ha, was ca. 15 % der damaligen Ge- samtwaldfläche des Landes ausmachte und womit Rheinland-Pfalz über fast 50 % der Niederwaldflächen der damaligen BRD verfügte (MAUERHOF 1979: 127). Nach der 2. Bundeswaldinventur vor etwa 10 Jahren kommen in Deutschland ca. 75.000 ha Nieder- und Mittelwälder vor, was 0,7 % der bundesweiten Gesamtwald-

19 Stand des Wissens fläche entspricht (http 2). Hiervon stocken 36,6 % in Bayern und 16,8 % in Rheinland- Pfalz (ebd.). Nach der Kartieranleitung der Bundeswaldinventur wird als Niederwald „ein aus Stockausschlag oder Wurzelbrut hervorgegangener Wald mit einem Alter bis 40 Jahre“ definiert (BMELV 2005: 228). Sollten jedoch auch die Bestände erfasst werden, die älter als 40 Jahre sind, stellt man fest, dass exakte Zahlen fehlen und nur Schätzun- gen vorliegen. Daten der Forsteinrichtung Rheinland-Pfalz zufolge werden etwa 83.000 ha Waldfläche als „aus Stockausschlag entstanden“ aufgeführt (KRATZ & FREY 2008: 591). Diese Zahl muss aber kritisch betrachtet werden, weil die Forsteinrichtungsdaten nur öffentliche Wälder erfassen und somit dürfte die tatsächliche Stockausschlagwaldfläche wesentlich größer sein. Die aktuelle Schwerpunktanalyse von SCHEER (2010) wurde mit dem Einsatz modernster Fernerkundungstechnik und von Experten festgestellten Kriterien erstellt. Das Ergebnis kann dennoch nicht bedingungslos übernommen werden, zum einen, weil die Informati- onen zur Suchkulisse mangels genauerer Datenquelle hauptsächlich aus der Forstein- richtung stammen und zum anderen die Daten nach Angaben der Forsteinrichtung be- züglich der Entstehungsart des Waldortes öfters ungenau sind. Trotzdem bietet diese Erfassung aktuell die beste Übersicht über die (ehemaligen) Niederwälder in Rheinland- Pfalz. Demnach lässt sich ein dem Mitte des 20. Jh. ähnliches Verbreitungsmuster fest- stellen, wobei die Schwerpunkte der aus Stockausschlag entstandenen Wälder an der Saar, an der Ober- und Untermosel, an der Ahr und im Norden an der Grenze zu Nord- rhein-Westfalen liegen (Abb. 2). Eine weitere Möglichkeit, um (ehemalige) Niederwaldflächen ortsgenau identifizieren zu können, stellt die Biotopkartierung Rheinland-Pfalz dar. Ein Vorteil der Biotopkartie- rungsdaten liegt daran, dass diese im Gegensatz zu den Forsteinrichtungsdaten alle Waldbesitzarten berücksichtigen. Dabei findet jedoch keine vollständige Aufnahme statt, weil Niederwälder außerhalb schützenswerter Biotope nicht kartiert werden. Schließlich muss also festgestellt werden, dass die derzeitigen Forstinventardaten und Kartierungen nur eine ungefähre Vorstellung über die (ehemaligen) Niederwaldflächen und deren Lage geben können.

20 Stand des Wissens

Abb. 2: Aktuelle Schwerpunktanalyse über die Verbreitung der Wälder „aus Stockausschlag ent- standen“ in Rheinland-Pfalz (Quelle: SCHEER 2010: 51)

21 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

4 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

4.1 Grundlagenkenntnisse zum Niederwald aus pflanzenökologischer Sicht

4.1.1 Entstehung und Baumartenzusammensetzung der Niederwälder

Die regelmäßigen anthropogenen Eingriffe verursachen grundsätzliche Veränderungen in den Ökosystemen. Unter dem heutigen Klima würden ohne menschlichen Einfluss auf 90 % der Fläche von Mitteleuropa Wälder wachsen (FISCHER 2002: 241). Doch mit dem Anstieg der Bevölkerungsdichte im mitteleuropäischen Raum wurden in den bisher un- berührten Landschaften neue Siedlungen gegründet, die mit großflächigen Waldrodun- gen einhergingen. Darüber hinaus wurden die landwirtschaftlich genutzten Flächen auf- grund der wachsenden Bevölkerung zuungunsten der Wälder ausgedehnt. Damit wur- den die Wälder im Laufe der Zeit meistens in Gebiete zurückgedrängt, die für die Land- wirtschaft ungeeignet oder ackerbaulich nur schwer zu bewirtschaften sind. Natürliche Waldbestände sind zwischenzeitlich in Mitteleuropa selten geworden, weil die Mehrheit der übriggebliebenen Wälder in ihrem Baumartengefüge je nach Holzbedarf, Wirtschaft- lichkeit etc. stark verändert wurde. FISCHER (2002: 241) weist darauf hin, dass ohne menschliche Nutzung bei 80 % der Waldbestände in Mitteleuropa die vorherrschende Baumart die Rotbuche (Fagus sylvati- ca) wäre. Dementsprechend wird in den Untersuchungsräumen (siehe auch Kap. 4.3.1) der Rotbuchenwald als potenzielle natürliche Vegetation2 (pnV) angesehen.

Abb. 3: Vorherrschende Vegetation in Abhängigkeit von den Feuchtigkeits- und Säureverhältnis- sen der mitteleuropäischen Laubwaldgesellschaften nach ELLENBERG (1996) und LEUSCHNER (1998, 1999) leicht verändert (Quelle: ELLENBERG & LEUSCHNER 2010: 127, leicht verändert)

2 „Unter potenzieller natürlicher Vegetation wird die Vegetation verstanden, die sich nach Aufhören menschlicher Eingriffe einstellen würde“ (HOFMEISTER 1990: 242).

22 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Die Konkurrenzstärke der Rotbuche wird hauptsächlich damit begründet, dass sich ihre Jungpflanzen bei der Vorherrschaft anderer Baumarten auch gut entwickeln, wobei sich andere Bäume unter ihrem stark schattenwerfenden Schirm kaum vermehren können (ROSSMANN 1996: 198, FISCHER 2002: 241). Darüber hinaus verfügt sie über eine weite ökologische Toleranz, vor allem was ihren Wasser-, Nährstoff- und Wärmehaushalt be- trifft (HÄRDTLE et al. 2004: 105). Infolge dessen können andere Baumarten unter natürli- chen Konkurrenzbedingungen meistens nur außerhalb des physiologischen Existenzbe- reiches der Rotbuche zur Führerschaft kommen (Abb. 3). In Rheinland-Pfalz wurde ein Teil der natürlichen Buchenwälder zunächst zu Nieder- wäldern degradiert und im 20. Jh. wurde die Mehrheit dieser Flächen schließlich in luk- rativere Fichten- und Douglasienkulturwälder umgewandelt. Nach MANZ (1993: 14) wird die Entstehung der Niederwälder hauptsächlich auf die vermehrte Nachfrage nach Brennholz und Waldweide zurückgeführt. Darüber hinaus wird sie auch mit der Gerber- loheproduktion sowie der Herstellung von Eisen und Glas in Zusammenhang gebracht (siehe auch Kap. 3.2.1). Die Niederwaldwirtschaft basiert auf dem Ausschlagvermögen der Bäume und wird somit als „primitivste Form planmäßiger Holznutzung“ angesehen (ELLENBERG & LEUSCHNER 2010: 39). Da die Buche im Vergleich zu anderen Laubbaumar- ten eine nur mäßige Ausschlagfähigkeit besitzt (Tab. 1) und zusätzlich empfindlich auf kurze Umtriebszeiten reagiert (MANZ 1993: 104), wurde sie im Untersuchungsraum in- folge der Niederwaldwirtschaft immer mehr von anderen besser ausschlagfähigen Baumarten verdrängt. Es können auch reine Rotbuchenniederwälder entstehen, was allerdings eher selten vorkommt. Hierzu müssen die klimatischen Bedingungen (genü- gend Feuchtigkeit im Frühsommer, mildes Winterklima) zum Austreiben gegeben sein und der Hieb muss möglichst hoch geführt werden (ROSSMANN 1996: 52, 165).

Tab. 1: Stockausschlagsverhalten heimischer Baum- und Straucharten (Quelle: SCHMITHÜSEN 1934: 80, POTT 1985: 6, SCHERZINGER 1996: 343-344, BURSCHEL & HUSS 1997: 48, 182, ELLENBERG & LEUSCHNER 2010: 41-42)

sehr gutes Ausschlag- weniger ausschlag- geringes Ausschlag- kein Ausschlagen vermögen freudig vermögen Ahorn Birke Rotbuche3,4,5 Fichte Edelkastanie Eiche Kiefer Eibe Pappel Tanne Erle Ulme Esche Vogel-Kirsche Hainbuche Wildobst Hasel Wildsträucher Linde Robinie Weide

Stockausschlagwälder sind natürlicherweise selten verbreitet. TRAUTMANN (1978 zitiert nach ROSSMANN 1996: 19) weist darauf hin, dass „niederwaldartige Buschwälder“ nur auf extremen Standorten wie auf Schutthängen (Stockausschläge entstehen durch eine me-

3 Die Rotbuche ist nur bei ausreichender Ozeanität des Klimas und bei Umtriebszeiten < 30 Jahren ausschlagfähig (SCHMITHÜSEN 1934: 80, ELLENBERG & LEUSCHNER 2010: 42). 4 SCHMITHÜSEN (1934: 80) deutet an, dass das junge Holz der Rotbuche eine gewisse Ausschlagfähigkeit besitzt, doch sie kann sich vegetativ ausschließlich durch Stammbrut fortpflanzen. 5 In der Eifel existierte eine sehr nutzungsintensive Form des Niederwaldes, die sog. Ramholzwirtschaft, wobei Reb- stöcke hergestellt wurden. Hierzu wurde die Rotbuche bevorzugt (POTT 1996: 346).

23 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz chanische Einwirkung durch Steinschlag), an Flussufern (Stockausschläge entstehen durch eine mechanische Einwirkungen durch Eisgang) bzw. auf Xerothermstandorten oder nach einer Trockenheitsperiode (Stockausschläge entstehen durch das Verdorren der Bäume, wenn diese aus dem Stock erneut ausschlagen) vorkommen. Durch die Niederwaldwirtschaft werden in Abhängigkeit zu der Umtriebszeit unter- schiedliche Baumarten begünstigt (HÄRDTLE et al. 2004: 143):

 von einer sehr kurzen Untriebsrhythmus (10-12 Jahre) profitieren die Sträucher,  von einer Umtriebszeit von 18 bis 20 Jahren werden die Eichen,  und durch ein Abschlagen der Hölzer in einem Abstand von 20 bis 30 Jahren wird die Hainbuche gefördert.

Die ehemaligen Niederwälder in Rheinland-Pfalz sind überwiegend aus Traubeneiche aufgebaut, die aufgrund ihres Gerbstoffgehalts in der Blütezeit der Niederwaldwirtschaft gegenüber anderen Baumarten bevorzugt wurde. Sie kommt jedoch im Untersuchungs- raum auch von natürlicher Weise vor (MANZ 1993: 179). Sie wächst in Mitteleuropa un- ter natürlichen Bedingungen in südlichen und östlichen Arealen und besiedelt flach- gründige Silikatgesteins-Hänge, auf welchen sich nur skelettreiche, äußerst nährstoff- arme und saure Böden entwickeln können (ebd.: 179, DENZ 1994: 30). Diese Standorte sind für die Rotbuche wegen der periodischen Bodentrockenheit im Sommer und der niedrigen pH-Werte der Böden nicht geeignet (siehe auch Abb. 3). Die visuelle Erschei- nung der natürlichen entstandenen Traubeneichen-Wälder (verringertes Wachstum und evtl. auch Mehrstämmigkeit) kann den von den Menschen erzeugten Eichenniederwäl- dern täuschend ähnlich sein. Die Unterschiede zwischen einem natürlichen und einem anthropogen geschaffenen Traubeneichen-Wald lassen sich nach DENZ (1994: 56) in fol- genden Punkten zusammenfassen:

 Die Stockausschläge des Traubeneichen-Niederwaldes sind immer gleichaltrig und ziemlich vital, wohingegen die Bäume in natürlichen Traubeneichen- Wäldern eine viel geringere Vitalität aufweisen.  Die Ausdehnung der Eichenniederwälder ist viel größer als die von den natürli- chen Traubeneichenwäldern. Die Letzteren sind selten größer als 200 m2.  Die natürlichen Traubeneichenwälder haben in der Regel räumlichen Kontakt zu anderen natürlichen, wärmeliebenden Pflanzengesellschaften. Demgegenüber haben die Traubeneichen-Niederwälder meistens nur zu künstlich erzeugten Be- senginster- oder Brombeergebüschen einen direkten räumlichen Bezug.

Neben der Traubeneiche sind auch die Stieleiche (Quercus robur) und die Flaumeiche (Quercus pubescens) für die Niederwaldbewirtschaftung gut geeignet. Wird das Verbrei- tungsareal der Stieleiche und der Traubeneiche miteinander verglichen, so lässt sich feststellen, dass die Stieleiche sich dem kontinentalen Klima besser anpassen kann und daher die kälteren Winter und Spätfröste besser verträgt (HÄRDTLE et al. 2004: 141, EL- LENBERG & LEUSCHNER 2010: 126). Darüber hinaus erduldet die Stieleiche die nährstoff- armen und nassen Standortsbedingungen viel mehr (HÄRDTLE et al. 2004: 141). Insge- samt verhält sich also die Traubeneiche deutlich „buchenähnlicher“ und stellt somit en- gere Ansprüche an Boden und Klima (OBERDORFER 1992: 107, ELLENBERG & LEUSCHNER 2010: 124). Demzufolge beschränkt sich das Verbreitungsgebiet der Stieleichen- Niederwälder in Rheinland-Pfalz auf saure Böden in höheren und humiden Lagen (MANZ 1993: 138).

24 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Eine äußerst wichtige Eigenschaft aller drei Eichenarten ist, dass sie den Wassermangel im Sommer im Vergleich zur Buche besser tolerieren (HÄRDTLE et al. 2004: 153, ELLEN- BERG & LEUSCHNER 2010: 126). Sie reagieren bei zunehmender Trockenheit als Schutzme- chanismus mit vermindertem, krüppeligem Wachstum (HÄRDTLE et al. 2004: 153). Infol- ge dessen erreichen die Eichen auf trockenen Standorten meistens nur 5 bis 10 m Höhe und gelten mit 15 bis 18 m als äußerst „gut wüchsig“ (OBERDORFER 1992: 120, HÄRDTLE et al. 2004: 153). Aufgrund des schwachen Wuchspotenzials wurden früher die xerother- men Eichen-Mischwälder (Ordnung: Quercetalia pubescenti-petraeae) häufig als Nie- derwald bewirtschaftet (OBERDORFER 1992: 120). Meistens gesellen sich die Hainbuche (Carpinus betulus), die Wildbirne (Pyrus pyraster) sowie einige Sorbus-Arten wie die Elsbeere (Sorbus torminalis), der Speierling (Sorbus domestica) und die Echte Mehlbeere (Sorbus aria) zu den Eichen. Sie tolerieren nicht nur den Wassermangel, sondern besit- zen auch eine gute Ausschlagfähigkeit (siehe auch Tab. 1). In der Bundesrepublik sind die thermophilen Eichen-Mischwälder selten anzutreffen: einerseits weil sie natürli- cherweise selten vorkommen und anderseits auf Standorten wachsen, welche auch für den Weinbau geeignet sind (HÄRDTLE et al. 2004: 156). Infolge dessen wurden viele xe- rophile Trockenwälder in Rebflächen umgewandelt. Dagegen kommen die submediterranen Flaumeichen-Wälder im mitteleuropäischen Raum noch seltener vor. Ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet konzentriert sich auf Südwest- und Südosteuropa, weshalb sie in Deutschland als „Reliktgesellschaft“ bezeich- net werden (ebd.: 156). Dementsprechend gedeihen sie in der Bundesrepublik nur kleinflächig und inselartig, wie z.B. in Südbaden. Dieses Gebiet verfügt nämlich über ein sommerwarmes und zugleich wintermildes Klima (OBERDORFER 1992: 119, MANZ 1993: 118). Die Flaumeichen-Wälder wurden im Mitteleuropa häufig als Niederwald bewirt- schaftet. Darauf weisen auch die Ergebnisse von OSTERMANN (2002: 77) hin, die sogar in den Ostvogesen in den 90 Jahre alten Flaumeichen-Wäldern die Spuren der Nieder- waldwirtschaft erkennen konnte. Obwohl die klimatischen Bedingungen des Mosel-Nahe-Mittelrheingebietes für das Wachstum der Flaumeiche geeignet sind, fehlt sie dennoch komplett in dem Gebiet. Stattdessen kommt hier der Französische Ahorn (Acer monspessulanum) vor (OBERDOR- FER 1992: 125, MANZ 1993: 118, HÄRDTLE et al. 2004: 158). HARTMANN & JAHN (1967 zitiert nach MANZ 1993: 118) besagen, dass Eichenmischwälder mit Französischem Ahorn durch ein stärker subatlantisches Allgemeinklima und kalkfreie Ausgangsgesteine be- stimmt werden. DENZ (1994: 24) charakterisiert die Bestände des Französischen Ahorns als „kleinflächige Sonderstandorte, an denen mehr oder weniger tiefgründige und damit relativ nährstoffreiche, frische Bodenverhältnisse herrschen“. Diese Wälder sind für eine niederwaldartige Nutzung ebenfalls geeignet. Neben den oben erwähnten Baumarten profitierte auch die Hainbuche (Carpinus betu- lus) von der Niederwaldwirtschaft. In diesem Zusammenhang weist OBERDORFER (1992: 157) darauf hin, dass ein großer Teil der heutigen Carpinion-Wälder aus Nieder-, Mittel- oder Hutewaldwirtschaft hervorgegangen ist. Die Hainbuche ist in vieler Hinsicht kon- kurrenzfähiger als die Eiche. Sie verträgt beispielsweise den Schatten ähnlich gut wie die Buche, weshalb sie andere Baumarten erdrücken kann (SCHMITHÜSEN 1934: 81, ELLENBERG & LEUSCHNER 2010: 126). Darauf bezieht auch die Aussage von OSTERMANN (2002: 109), die betont, dass Wälder mit Beteiligung von Hainbuche naturgemäß dunkler sind. Au- ßerdem schlägt sie im Vergleich zu der Eiche bei nicht extremen Standortsbedingungen schneller aus (siehe auch Tab. 1) und ist nicht so frostempfindlich, weshalb die Hainbu- che in Frostlagen sogar reine Bestände bilden kann (SCHMITHÜSEN 1934: 81).

25 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Die Niederwaldwirtschaft brachte nicht nur für einige Baumarten einen Vorteil, sondern auch für die Sträucher. Werden die Wälder regelmäßig genutzt (z.B. durch Mittel- oder Niederwaldwirtschaft), kann genügend Licht in das Waldinnere dringen und so können sich die Sträucher anhaltend etablieren (HOFMEISTER 1990: 138, 170, HÄRDTLE et al. 2004: 77). Eine der wichtigsten Straucharten der Niederwälder stellt der Hasel dar, der trotz kurzer Umtriebszeit reichlich und kräftig ausschlagen kann (SCHMITHÜSEN 1934: 81). Es kommen sogar auch reine Haselniederwälder vor, die durch die intensive Nutzung aus Kalkbuchen-Wäldern und Hainsimsen-Buchenwäldern auf frischen Böden hervorgegan- gen sind (POTT 1996: 350).

4.1.2 Strukturveränderung der Niederwälder im Verlauf der Sukzession

Der Sukzessionsablauf im Niederwald ist durch eine hohe Dynamik geprägt, welche sich in jedem Nutzungszyklus wiederholt. Nach SCHMITHÜSEN (1934: 81) wird die floristische Zusammensetzung der Niederwälder durch das Ausschlagvermögen der Bäume sowie die Wachstumsgeschwindigkeit der Ausschläge reguliert. CONRADY (2007 b: 348) er- wähnt weitere Aspekte, die auf die Vegetationsentwicklung im Niederwald wirken:

 abiotische Faktoren (Nährstoffe, Feuchtigkeit, Klima)  Dichte der Stockausschlagarten  Art der aktuellen Nutzung  Länge der Zeitperiode der traditionellen Nutzung.

Die Pflanzen reagieren am schnellsten auf ein verändertes Lichtverhältnis, weshalb das Lichtangebot eine entscheidende Wirkung auf den Sukzessionsablauf ausübt. Die Ver- schiebung der Licht- und Schattenphase verursacht auch bei anderen abiotischen Um- weltfaktoren Änderungen, weshalb sich die Standorteigenschaften in kurzer Zeit kom- plett verändern können. Der Prozess beginnt mit dem Fällen der Bäume. Da die komplette Baumschicht entfernt wird, gilt dieses Stadium als besonders strukturarm (CONRADY 2007 b: 344). Der Boden bleibt jedoch nicht ganz kahl, weil die Baumstöcke im Bestand gelassen werden. Zuerst entsteht eine Krautschicht aus kurzlebigen Arten (ROSSMANN 1996: 176) und parallel damit beginnen die Stockausschläge auzutreiben (CONRADY 2007 b: 343). Die plötzliche günstige Nährstoffversorgung des Bodens, ausgelöst durch die schnelle Zersetzung von organischen Stoffen aufgrund der erhöhten Bodentemperatur und besserer Boden- durchlüftung (MERTZ 2000: 141), wird ab dem zweiten Jahr von Schlagflurarten wie Schmalblättrigem Weidenröschen (Epilobium angustifolium), Kleinblütiger Königskerze (Verbascum thapsus) oder Rotem Fingerhut (Digitalis purpurea) ausgenutzt (MANZ 1993: 189, FASEL 2007: 74). Doch die Nährstoffreserven werden schnell aufgebraucht und die ein- und zweijährigen Schlagflurarten werden von mehrjährigen Schlag-, Offenland- und Saumpflanzen ersetzt (MANZ 1993: 190). Im Laufe der Sukzession etablieren sich immer mehr Sträucher (ebd.: 190). In den folgenden Jahren wird die Krautschicht in Abhängig- keit der Strauchschicht lückiger, nachdem die Stockausschläge gemeinsam mit dem Be- senginster (Sarothamnus scoparius) des Öfteren nahezu undurchdringliche Komplexe bilden und aufgrund des Lichtmangels in der Krautschicht nur noch wenige Pflanzen wachsen können (MANZ 1993: 190, FASEL 2007: 71). In den nächsten Jahren entwickelt sich aus den Stockausschlägen eine Baumschicht, während die Kraut- und Strauch- schicht immer spärlicher werden (CONRADY 2007 b: 343). Die Strukturvielfalt nimmt im

26 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Allgemeinen immer mehr ab. Bei einer aktiven Niederwaldbewirtschaftung tritt die letz- te Phase der Sukzession bereits nach etwa 20 bis 30 Jahren ein, wenn die Baumschicht erneut „auf den Stock gesetzt“ wird. Da die gewöhnliche Umtriebszeit im Niederwald im Vergleich zu einem Hochwald äußerst kurz ist, können sich die Bäume nie zu einem „ausgewachsenen“ Wald entwickeln. Die Niederwälder befinden sich somit ständig in einer Initial- oder Verjüngungsphase, während das letzte Stadium der Waldentwicklung (Klimax-Wald) vollkommen fehlt. Aufgrund der langen Lichtphase können anspruchs- volle Waldarten in einem aktiv bewirtschafteten Niederwald nur bedingt überleben.

4.1.3 Spuren der Niederwaldnutzung in der Vegetation6

Es gibt einige Zeigerpflanzen, die die Spuren der Niederwaldbewirtschaftung erkennen lassen. Beispielsweise ist das auffällig vermehrte Vorkommen des Besenginsters (Sa- rothamnus scoparius) in den Niederwäldern der Anwendung des Wald-Feldbau-Systems mit Brand zu verdanken, da der Brand die Keimfähigkeit der Samen fördert (SCHMITHÜ- SEN 1934: 82) und auf seine Entwicklung eine entscheidende Wirkung ausübt (DENZ 1994: 95, HOCHHARDT 1996: 83, 94, 214). In diesem Zusammenhang weist POTT (1985: 40) darauf hin, dass die dichten Gebüsche mit der Vorherrschaft von Besenginster vom 4. Jahr ab dem Kahlschlag den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreichen. Heute ist seine Entwicklung nicht mehr so stark, da der thermische Einfluss völlig fehlt. Das herdenwei- se Auftreten des Adlerfarnes (Pteridium aquilinum) deutet auf ehemaligen Brandfeldbau und Weidewirtschaft hin (WILMANNS & MÜLLER 1977, WILMANNS et al. 1979, SCHWABE- BRAUN 1980 zitiert nach POTT 1985: 42), wohingegen das gehäufte Vorkommen des Ho- niggrases (Holcus mollis) die frühere ackerbauliche Nutzung erkennen lässt (SEIBERT 1955, 1966 zitiert nach DENZ 1994: 55). Am geringsten sind solche Einflüsse auf die Ar- tenzusammensetzung in extremeren Lagen anzutreffen, da diese für die Menschen schwer zu erreichen waren (OSTERMANN 2002: 137). Die Bäume der Niederwälder weisen die Spuren des menschlichen Gebrauches ebenfalls auf. Das wichtigste sichtbare Merkmal der Niederwaldwirtschaft ist die Mehrstämmig- keit der Bäume. In den meisten Fällen ist dieses Phänomen auf die Nutzungsart zurück- zuführen. Doch diese kann auch durch mechanische Einwirkungen (z.B. Steinschlag, Eis- gang im Uferbereich) entstehen oder wenn der Wald gleichzeitig als Weide genutzt wor- den ist. Überdies kann natürlicherweise eine mehrstämmige Traubeneiche zustande kommen, wenn nach längeren sommerlichen Trockenperioden die älteren Stämme ab- sterben und es zum Austrieb hauptsächlich im Stammfußbereich ruhender Knospen kommt (LOHMEYER 1978 zitiert nach DENZ 1994: 37). Das heißt, dass Stockausschlagwäl- der auch natürlicherweise entstehen können und mehrstämmige Bäume nicht automa- tisch auf anthropogene Nutzung hinweisen (siehe auch Kap. 4.1). Des Weiteren können für früher beweidete Niederwälder die sog. „Elefantenfüße“ ein charakteristisches Merkmal darstellen (Abb. 4). Darunter versteht man eine deutliche Verdickung im Stammfußbereich, die sich durch das wiederholte Nagen und Verbeißen von Weidetieren allmählich gebildet hat.

6 Dieses Unterkapitel basiert auf dem Artikel: HELFRICH, T.; KONOLD, W. (2010): Formen ehemaliger Niederwälder und ihre Strukturen in Rheinland-Pfalz. Archiv für Forstwesen und Landschaftsökologie 44 (4): 157-168.

27 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Abb. 4: „Elefantenfüße“ in einem ehemahligen Niederwald. Sie entstehen durch das wiederholte Nagen und Verbeißen von Weidetieren.

28 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

4.2 Zielsetzung des Kapitels

Das Ziel dieser Teiluntersuchung ist es, eine Entscheidungshilfe zu bieten, auf welche Weise die ehemaligen Niederwälder künftig bewirtschaftet werden können, damit na- turschutzfachliche und wirtschaftliche Ziele bestmöglich erfüllt werden. Als mögliche Behandlungsstrategie kommen für die durchgewachsenen Niederwälder entweder die Überführung in Hochwälder/Mittelwälder mit dem Ziel der Wertholzproduktion oder die Brennholzgewinnung mit der Unterstützung der naturschutzfachlichen Ziele durch die Wiedereinführung der kleinflächigen Niederwaldwirtschaft in Frage. Damit sich für eines der Behandlungskonzepte entschieden werden kann, muss zuerst die gegenwärti- ge lokale Funktionalität der Stockausschlagwälder überprüft werden. Aufgrund dessen lassen sich Rückschlüsse auf potenzielle und zu bevorzugende Aufgaben der Niederwäl- der ziehen. Zunächst wird eine Übersicht über die in Rheinland-Pfalz vorkommenden Niederwald- formen gegeben. Da flächendeckende terrestrische Untersuchungen nicht möglich sind, wurden die aktuellen Funktionen ausgewählter mutmaßlich repräsentativer Waldorte mittels terrestrischer Kartierung, Waldstrukturanalysen und Vegetationsaufnahmen aufgenommen und bewertet. Der Naturschutzwert eines Waldortes wird nicht nur von der Anwesenheit seltener oder geschützter Arten bestimmt, sondern auch von anderen Faktoren wie z.B. von der Waldstruktur. Sie beeinflusst das Vorkommen und Diversität von Pflanzen- und Tierarten und bestimmt so indirekt den naturschutzfachlichen Wert der Wälder. Zum Schluss soll die Entscheidung für ein Behandlungskonzept durch die kritische Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen der naturschutzfachlichen und ökonomischen Gesichtspunkte erleichtert werden. Da der wirtschaftliche Aspekt im Rahmen dieser Arbeit nicht geprüft wurde, beschränken sich die Empfehlungen auf die untersuchten Strukturmerkmale, die Vegetationsaufnahme und auf die Prüfung der na- turschutzfachlichen Rolle dieser Wälder.

4.3 Material und Methoden

4.3.1 Beschreibung des Untersuchungsgebietes

Die elf ausgewählten Stockausschlagwaldbestände lassen sich vier naturräumlichen Haupteinheiten von Rheinland-Pfalz zuordnen:

1. Westlicher Hintertaunus: UF 7, 8, 12 und Referenzfläche 2. Oberes Mittelrheintal: UF 3 3. Mosel-Hunsrück: UF 2, 4, 9 4. Oberes Nahebergland: UF 6, 10, 11

29 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Abb. 5.1-2: Die Lage der Referenz- und Untersuchungsflächen. Die linke Seite zeigt die natur- räumliche Gliederung von Rheinland-Pfalz und die rechte Seite stellt die Grenzen der Forstämter dar. (Quelle: LUWG 2007 und LANDESFORSTEN RHEINLAND-PFALZ, beide verändert)

4.3.1.1 Westlicher Hintertaunus

Die Haupteinheitgruppe „Taunus“ ist ein Teil des Rheinischen Schiefergebirges und be- steht aus fünf Haupteinheiten. Eine ist davon der Westliche Hintertaunus, der den rhein- land-pfälzischen Anteil des Taunus darstellt und wo sich vier der untersuchten Stock- ausschlagwaldbestände (UF 7, 8, 12 und Referenzfläche) befinden. Das Gebiet hat ein heterogenes Relief. Im Zentrum kommen Hochflächen auf 300 bis 500 m Höhe vor, während am Randgebiet tiefe Seitentäler von den Flüssen Rhein, Lahn und Wisper aufzufinden sind. Der Höhenunterschied zwischen Talsohle und der Hoch- fläche beträgt meistens 150-200 m, im Wispertal beträgt dieser jedoch sogar über 300 m (BARTSCH 1957: 443). Die höchste Erhebung im Westlichen Hintertaunus stellt der Map- pershainer Kopf (548 m ü. NN) dar (HLBG 2007).

30 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Geologie und Böden

Der Taunus zählt zu den älteren Gebirgen Deutschlands, dessen Gesteine überwiegend aus dem (Unter)Devon stammen (ROTHE & SCHMITTECKERT 2006: 25). Die Heraushebung des Gebirges fand im Rahmen der variszischen Gebirgsbildung statt (ebd.: 25). Die Hauptmasse der Westlichen Taunusgesteine besteht hauptsächlich aus Tonschiefer, aus dem sich steinige flach- bis mittelgründige Lehmböden entwickelten (KULS 1957: 434). Im Gesteinsmaterial kommen selten noch Kalk, Diabas und Schalstein vor (BARTSCH 1957: 443). Lößlehm tritt mit größerer Ausdehnung nur im Gebiet der Miehleneren Mulde auf, wo zur landwirtschaftlichen Nutzung günstigere braune Waldböden vorzu- finden sind (ebd.: 443). Im Übrigen sind im Westlichen Hintertaunus die ungünstigen tonigen Gebirgsböden verbreitet (ebd.: 443).

Klima und Vegetation

Im Klima des Westlichen Hintertaunus gibt es wesentliche Unterschiede zwischen der Tal- und der Höhenrückenlage. Die Täler auf 200 m ü. NN haben eine durchschnittliche Jahrestemperatur von +9-9,5 °C, womit sie die wärmste Region des ganzen Gebietes von Taunus darstellen (MÜLLER-WESTERMEIER et al. 1999: Karte 1.13). An den Höhenrücken dahingegen erreicht (ca. 500 m ü. NN) die mittlere Jahrestemperatur nur +7-7,5 °C (ebd.: Karte 1.13). Der jährliche Niederschlag pendelt meistens zwischen 600 mm und 800 mm (ebd.: Karte 2.13). Das Gebiet des Westlichen Hintertaunus ist reich an Quellen und Bä- chen, die in den engen Tälern beim stärkeren Niederschlag schnell anschwellen und Überschwemmungen verursachen (BARTSCH 1957: 443). Eine weitere Besonderheit der engen Tallage ist, dass die Dauer der sonnenbegünstigten Stunden begrenzt ist, welche vor allem in den Wintermonaten zu ungünstigem Klima führt (ebd.: 443). Die ursprüngliche Vegetation des Gebietes sind Wälder. In tieferen Lagen sind Laub- baumarten und auf den Höhen Nadelbäume verbreitet. Die gerodeten Hochflächen ste- hen unter landwirtschaftlicher Nutzung (ebd.: 443).

4.3.1.2 Oberes Mittelrheintal

Für das Obere Mittelrheintal sind das enge Flusstal mit canyonartiger Eintiefung, der kurvige Flussverlauf, die hochragenden Felsen und die steilen Talhängen kennzeich- nend. Aufgrund der ausgeprägten Flussmäander verläuft der Strom im Tal zwischen Bingen und auf einer Länge von 62 km, obwohl die zwei Talöffnungen nur 45 km Luftlinie auseinander liegen (MÜLLER-MINY 1957 b: 419). Die UF 3 befindet sich auf einer ehemaligen Terrasse des Rheins in der naturräumlichen Untereinheit Boppar- der Schlingen.

Geologie und Böden

Charakterisierende Landschaftselemente des Mittelrheines sind die mehrstufigen Flur- terrassen. Die Terrassen sind ehemalige Talböden, welche mit Schottern und Löß be- deckt sind (MÜLLER-MINY 1957 b: 420). Die Anfänge der Talbildung liegen mehrere Milli- onen Jahre zurück. Der Talboden sank im Laufe der Zeit immer tiefer, weil der Rhein

31 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz zunehmend eingeengt wurde und aufgrund dessen der Fluss tiefer ins Gestein schneiden musste.

Abb. 6: Schema der Terrassengliederung am Mittelrhein. (Quelle: MEYER & STETS 2001: 43)

In der Talentwicklung lassen sich drei Stadien unterscheiden (Abb. 6): Trogtal, Plateau- tal und Engtal (MEYER & STETS 2001: 42). Jede Entwicklungsphase lässt sich durch neue Terrassen charakterisieren. Im Jungtertiär sind die Kieseloolith-Terrassen (KOT), am Ende des Tertiärs und Anfang des Quartärs die Höhenterrassen (HöT), die ältere Haupt- terrasse (äHT) und die jüngere Hauptterrasse (jHT), während in der Eiszeit und den da- rauf folgenden Warmzeiten die Unterstufe der jüngeren Hauptterrasse (UjHT), die Mit- telterrassen (MT) und die Niederterrassen (NT) entstanden (MÜLLER-MINY 1957 b: 420, MEYER & STETS 2001: 42-43). Die Gesteine des Oberen Mittelrheintals sind die sehr widerstandfähigen Quarzite (am oberen und unteren Ende des Oberen Mittelrheintals), die Grauwackensandsteine (an der Loreley) und die weicheren Ton- und Bänderschiefer der Hunsrückschiefer und Un- terkoblenzschichten (MÜLLER-MINY 1957 b: 420). Die Oberfläche der Canyonhänge ist bei den Ausgangsgesteinen Grauwacken und Quarzit immer wieder durch „Rippen, Furchen und Hangkerben“ unterbrochen, während fast glatte Talwände nur im Hunsrückschiefer auftreten (ebd.: 420). Die Vielfalt der Böden ist nicht groß, doch sie wechseln des Reliefs und der Unterschiede im Gestein entsprechend „häufig und sprunghaft“ (ebd.: 422). Entlang des Rheins und der Nebenflüsse sind Auenböden typisch, an den Hängen kommen Braunerde und Ran- ker vor, während auf den Hochflächen aus lößreichem Schluff überwiegend Braunerde und Pseudogley bzw. aus Löß(lehm) Parabraunerde entstanden sind (SPIES & SABEL 2001: 46).

Klima und Vegetation

Das Obere Mittelrheintal gehört zum subozeanischen Klimabereich (KERN 2001: 49). Das Gebiet verfügt über die besten Voraussetzungen zum Weinanbau, weil das Gebiet ein wintermildes und sommerwarmes Klima aufweist. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei +9,5-10 °C und die Jahressumme des Niederschlags zwischen 500-600 und 800- 900 mm, wobei der Südteil über am wenigsten und der Nordteil am meisten Nieder-

32 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz schlag verfügt (MÜLLER-WESTERMEIER et al. 1999: Karte 1.13, 2.13). Es gibt beträchtliche Unterschiede in den Temperaturen zwischen dem warmen Tal und der kühlen Huns- rückhochfläche. Aufgrund dessen erstreckt sich die Vegetationsdauer im Tal und die Apfelbäume blühen hier zwei bis drei Wochen früher als in Hochlagen (KERN 2001: 50- 51). Die potenzielle natürliche Vegetation an den sonnenexponierten Hanglagen stellen die trockenen Eichen-Hainbuchen- sowie Eichen-Elsbeeren-Wälder dar, welche aufgrund des Weinbaus größtenteils gerodet wurden (MÜLLER-MINY 1957 b: 422). An offenen Felshängen kommen Trockenrasen bzw. xerotherme Pflanzengesellschaften vor, wohin- gegen an den Nordhängen, in den Schluchten und in den Gründen der Nebentäler Ei- chen-Hainbuchen-Wälder typisch sind (ebd.: 422).

4.3.1.3 Mosel-Hunsrück

Der Mosel-Hunsrück bildet den Übergang von der Hunsrück-Hochfläche im Süden zum Mittleren Moseltal im Norden. Charakteristisch für das Gebiet ist das dichte System von Spornen und Riedeln mit Höhen von 350 bis 430 m ü. NN und tief eingekerbten Tälern, welche 120 bis 200 m tiefer liegen. Im Mosel-Hunsrück befinden sich drei der unter- suchten Stockausschlagwaldbestände (UF 2, 4, 9).

Geologie und Böden

Bestimmendes Gestein des Gebietes ist der unterdevonische Hunsrückschiefer (MÜLLER- MINY 1957 a: 362). Überdies kommen auch Grauwacken sowie im Gebiet des Haardtkop- fes Quarziten vor (ebd.: 362). Die typischen Böden im Mosel-Hunsrück sind für die landwirtschaftliche Nutzung gut geeignete Verwitterungsböden über unter- und mitteldevonische Ton- und Sandschiefer (ebd.: 362). Innerhalb des betrachteten Landschaftsausschnittes, wo sich die drei Unter- suchungsflächen (UF 2, 4, 9) befinden, herrschen die Braunerden und ihre Übergangs- formen vor. In Abhängigkeit von der Hanglage und der Beschaffenheit des anstehenden Schiefers treten hierbei sehr flachgründige Ranker bis sehr tiefgründige Braunerden auf, wobei Ranker in Beständen mit starker Bodenerosion dominierend auftreten (MILAD 2006: 6).

Klima und Vegetation

Der Hunsrück ist überwiegend ozeanischen Einflüssen ausgesetzt, was sich darin äußert, dass die Temperaturschwankungen im Vergleich zu anderen deutschen Mittelgebirgen wesentlich geringer sind. Im Mosel-Hunsrück beträgt der mittlere Temperaturwert im Januar 0-1 °C (MÜLLER-WESTERMEIER et al. 1999: Karte 1.01), im Juli 17-18 °C (ebd.: Karte 1.07), woraus sich ein Jahresdurchschnitt von 8,5-9 °C ergibt (ebd.: Karte 1.13). Dank dieser Temperaturzahlen ist das Klima des Mosel-Hunsrücks im Vergleich zu anderen Untereinheiten vom Hunsrück wesentlich milder. Die Niederschlagsmenge des Gebietes pendelt zwischen 700-800 mm bis 900-1.000 mm, wobei der nordöstliche Teil um Treis viel niederschlagsärmer ist als der Südwestteil südlich von Bernkastel (ebd.: Karte 2.13). Das Gebiet ist sehr reich an Wäldern, die überwiegend aus Eiche, Rotbuche und Hainbu- che aufgebaut sind (MÜLLER-MINY 1957 a: 363). Während sich an den Talhängen der Mo-

33 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz selzuflüsse (ehemalige) Niederwälder befinden, sind auf den Riedeln Laubhochwälder verbreitet. Auf den steilen, sonnenbegünstigten und trockenen Hängen kommen dar- über hinaus wärmeliebende Pflanzengesellschaften vor (ebd.: 363).

4.3.1.4 Oberes Nahebergland

Mit einer durchschnittlichen Höhe von 500 m ü. NN ist das Obere Nahebergland der am höchsten gelegene Teil des Saar-Nahe-Berg- und Hügellandes. Drei Untersuchungsfläche (UF 6, 10, 11) befinden sich an der östlichen Seite des Truppenübungsplatzes Baumhol- der.

Geologie und Böden

Charakteristisch sind die permischen Erstarrungsgesteine, die konglomeratischen Ab- tragungssedimente aus hartem Verwitterungsschutt der Vulkanite, der devonische Schiefer, die permischen Sandsteine und die Schiefertone (UHLIG 1956: 293-294). Auf- grund der unterschiedlich ausgeprägten Bodeneigenschaften und variierendem Lokal- klima ist ein Mosaik verschiedener Bodennutzungen vorzufinden: auf den Talhängen und Bergkuppen mit basaltischem Untergrund wachsen überwiegend Wälder; die locke- ren, sandigen Lehmböden der Hochflächen werden landwirtschaftlich genutzt und in den flachmuldigen Tälern findet in der Regel eine Grünlandnutzung statt, weil der hohe Tongehalt der Böden die ackerbauliche Nutzung äußerst erschweren würde (ebd.: 294). Im Bereich des Truppenübungsplatzes entwickelte sich die Mehrheit der Böden auf magmatischem Lehm (ZUCKER 2001: 61, 78-79). Die Spanne der wichtigsten Bodentypen auf magmatischen Lehm reicht von der Silikat-Syrose bis hin zur Braunerde (ebd.: 74). Im Bereich des Rotliegenden ging die Bodenbildung stellenweise weiter und infolge der Podsolisierung entstanden dabei zudem podsolige Braunerden, Podsol-Braunerden so- wie im Bereich des Truppenübungsplatzes selten vorkommende Braunerde-Podsolen (ebd.: 74).

Klima und Vegetation

Das Gebiet hat ein kühles und regenreiches rheinisches Gebirgsklima, welches sich in einer Durchschnittstemperatur von -1 bis +2 °C im Januar (MÜLLER-WESTERMEIER et al. 1999: Karte 1.01) und 16 bis 17 °C im Juli (ebd.: Karte 1.07) bzw. einer Niederschlag- menge von 800-900 bis 1.100 mm äußert (ebd.: Karte 2.13). Der Jahresmittelwert der Lufttemperatur beträgt in den Höhen +7-7,5 °C und in den Tälern +8-8,5 °C (ebd.: Karte 1.13). Im Vergleich zu den benachbarten Weinbauregionen beginnt im Oberen Naheber- gland das Herbstwetter viel früher, während der Frühling später eintritt und es im Ok- tober und November besonders viel regnet (ebd.: Karte 2.10-11). Die natürliche Vegetation des Gebietes sind die Rotbuchen- und Eichen-Birkenwälder und an trockenen Talhängen die Steppenheiden (UHLIG 1956: 296). Das Landschaftsbild wird von Wäldern geprägt, jedoch wurden die Laubwälder im Laufe der Zeit vielerorts in Nadelforsten umgewandelt oder an Talhängen häufig in Niederwälder degradiert (ebd.: 296).

34 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

4.3.2 Auswahl der Untersuchungsflächen

Die Auswahl der mutmaßlich repräsentativen Bestände basiert auf einer Literatur- recherche, die durch eine Befragung von Experten ergänzt wurde. Es wurden zwölf Formen unterschieden (siehe auch Kap. 4.4.1), wofür die Untersuchungsflächen im Herbst und Winter 2008/09 ausgewählt wurden. 11 Bestände wurden selektiert (Abb. 5, zweites Bild) und eine davon diente als Referenzfläche, auf der im Jahr 2009 frisch ge- erntet wurde. Die Referenzfläche befindet sich im selben Bestand, aus dem bereits eine 500 m2 große Fläche in ihrem ursprünglichen Zustand untersucht und als UF 7 bezeich- net wurde7. Die Entfernung zwischen der Untersuchungsfläche „7“ und der frisch ge- schlagenen Fläche beträgt etwa 100 m. Für den Esskastanienniederwald-Typus sowie den Stieleichen-Niederwald wurde keine Fläche ausgewählt. Die Größe der Untersu- chungsflächen beträgt 500 m2 (außer im Blockschuttwald mit einer Flächengröße von 1.000 m2) und sie gehören in den Wirkungsbereich von vier Forstämtern: Nastätten, Lahnstein, Cochem und Baumholder (Abb. 5, zweites Bild). Die Auswahl berücksichtigt in erster Linie die Baumartenzusammensetzung. Um die ausgewählten Beständen (20×25 m bzw. 40×25 m) später für weitere Untersuchungen wiederfinden zu können, wurden sie mit Pflöcken dauerhaft markiert.

4.3.3 Aufnahme der Bestandesstruktur

Die Aufnahme der Struktur erfolgte in zehn Beständen (die Referenzfläche wurde nur vegetationskundlich untersucht). Im ersten Schritt wurden einige Grunddaten (Schluss- grad, Überschirmungsprozent) abgeschätzt sowie die Baumdichte und Schichtzahl auf- genommen und eine Handskizze vom Aufbau vor Ort angefertigt. Für die Charakterisie- rung des Schlussgrades und des Überschirmungsprozentes auf Bestandesebene wurde eine sechsstufige Gruppeneinteilung genutzt (Tab. 2). Für eine Bestandesanalyse wur- den verschiedene Baumklassensysteme entwickelt. Es wurde eine Kombination der Lamprecht-Methode und der IUFRO-Klassifikation ausgewählt, bei der soziologische, dynamische und waldbauliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden (LEIBUNDGUT 1956: 92-94, LAMPRECHT 1980: 146).

7 Im Jahr 2009 wurden aus einem 16,8 ha großen zusammenhängenden Traubeneichen-Hainbuchen-Niederwald zwei 0,72 ha große Holzbodenflächen „auf den Stock gesetzt“. Es wurden 500 m2 aus einer der Schlagflächen im Jahr 2011 floristisch näher untersucht und als Referenzfläche bezeichnet.

35 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Tab. 2: Charakterisierung des Schlussgrades und des Überschirmungsprozentes auf Bestandes- ebene (KRAMER & AKÇA 1995: 150, 210)

Bestandescharakter Erläuterung Überschirmungsprozent gedrängt Kronen verzahnt 100% geschlossen Kronenberührung 80-100% locker der Kronenanteil ist mehr als die 70% Lücke licht der Kronenanteil ist genauso 60% groß wie die Lückenfläche räumig der Lückenanteil ist größer als 50-60% der Kronenanteil lückig unregelmäßige Verteilung der Bäume

Tab. 3: Die untersuchten Parameter an den Bäumen nach der IUFRO-Baumklassierung (LEIBUND- GUT 1956: 92-94) ergänzt durch LAMPRECHT (1980: 146)

Aufgenommene Parameter Kategorisierung Erläuterung Höhenklassen Oberschicht >2/3 der Oberhöhe Mittelschicht 1/3-2/3 der Oberhöhe Unterschicht <1/3 der Oberhöhe Vitalitätsklassen üppig abgeschätzt normal kümmerlich Dynamikklassen aufsteigend abgeschätzt gleichbleibend absteigend Kronenlängenklassen langkronig Krone >1/2 Baumlänge mittelkronig Krone = 1/4-1/2 Baumlänge kurzkronig Krone <1/4 Baumlänge beschädigte/abgestorbene Krone Schiefe gerade abgeschätzt schief beinahe liegend liegend Gesundheitszustand gesund keine Spuren von Schäden abiotische Schäden Frost-, Sturm-, Schnee-, Dürre- oder Sonnenbrandschäden biotischen Schäden Insekt-, Pilz- oder Wildschäden komplex mehrere Ursachen tot als Totholz aufgenommen Intensität des Schadens gering abgeschätzt mittel stark Totholz Ganzbaum Abschnitt/Stumpf Zersetzungsgrad frisch abgestorben abgeschätzt beginnende Zersetzung fortgeschrittene Zersetzung stark vermodert

36 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Die Grunddaten wurden von allen Bäumen ab 4 cm BHD erhoben. Die Untersuchungen der Gehölze <4 cm BHD erfolgte durch Verjüngungsanalysen nach den Arten und den Höhenklassen (0-0,3 m / 0,3-1,3 m / >1,3 m bis 4 cm BHD). Zur Einstufung der einzelnen Bäume bezüglich ihrer gesellschaftlichen Stellung wurden an den einzelnen Bäumen folgende Parameter aufgenommen: Baumart, BHD, Anzahl der Stockausschläge, Höhen-, Vitalitäts-, Dynamik- und Kronenlängenklasse sowie Schiefe bzw. der Gesundheitszu- stand. Bei der Vitalität oder Entwicklungsfähigkeit der Bäume handelt es sich um Eigen- schaften, die durch endogene und exogene Einflüsse bestimmt sind. Die Dynamik gibt Informationen darüber, ob ein Baum in der Lage ist, seine soziale Position im Vergleich zu den Bäumen derselben Höhenklasse zu verändern. Diese Tendenz lässt sich vor allem an der Entwicklung der Höhentrieblängen beurteilen. Beide Parameter werden in der Praxis abgeschätzt, wodurch subjektive Einschätzungen nicht ausgeschlossen werden können. Totholzanteil und -qualität in den Beständen wurden ebenfalls berücksichtigt (Tab. 3). Die Baumhöhen wurden mit dem VERTEX III (Baumhöhenmesser inkl. Trans- ponder Adapter) gemessen. Als Oberhöhe gilt das Mittel der fünf höchsten Bäume auf der Untersuchungsfläche. Die Kategorisierung des Brusthöhendurchmessers erfolgt in sechs Gruppen (4-10 cm, 11-20 cm, 21-30 cm, 31-40 cm, 41-50 cm und über 50 cm).

4.3.4 Vegetationsaufnahme

Zur Prüfung der Artenvielfalt der Flora von ehemaligen Niederwäldern wurden insge- samt 11 Flächen untersucht. Es handelt sich hierbei um die gleichen 500 m2 großen Waldbestände (bzw. im Blockschuttniederwald 1.000 m2), die für die Strukturanalyse bereits ausgewählt wurden bzw. einen einjährigen Kahlschlag in einem Eichen- Hainbuchen-Niederwald (Referenzfläche). Die Vegetationsaufnahme erfolgte durch die Erstellung von Artenlisten, wobei die Arten der Baum-, Strauch- und Krautschichten registriert wurden. Die Kryptogamen wurden nicht aufgenommen. Die Pflanzen wurden in drei Gruppen nach ihrer Häufigkeit erfasst. Die Arten, welche max. mit drei Exemplaren auf 500 m2 (im Blockschuttwald auf 1.000 m2) festgehalten werden konnten, kamen „selten“ vor. In der nächsten Gruppe wurden die Pflanzenarten registriert, welche in mäßiger Individuenzahl aufzufinden waren und in der dritten Kategorie wurden schließlich die bestandsbildenden Arten aufgenommen. Zwischen den zwei letzten Gruppen gab es keine feste Grenze, wodurch die Einstufung beliebig blieb, da die Anzahl der Individuen bei diesen Flächengrößen nur geschätzt werden konnte. Alle Bestände wurden anschließend durch die ökologischen Zeigerwerte nach Ellen- berg8 charakterisiert (ELLENBERG et al. 2001). Dies geschieht durch die Berechnung der Mittelwerte von den einzelnen Standortfaktoren (Lichtzahl, Temperaturzahl, Kontinen- talitätszahl, Feuchtezahl, Reaktionszahl, Stickstoffzahl und Salzzahl). Die mittleren Zei- gerwerte wurden qualitativ ohne Gewichtung nach der Artmächtigkeit ermittelt, wes- halb seltene Arten von hoch deckenden Arten in ihrer Aussagekraft nicht unterdrückt wurden. Die Auswertung der Zeigerwerte erfolgte mithilfe von Microsoft Excel 2010.

8 Die Zeigerwerte spiegeln keinesfalls die physiologischen Ansprüche der Pflanze wider, denn das Vorkommen von Pflanzenarten wird unter Freilandbedingungen betrachtet, wobei die Pflanzen miteinander in Interaktion stehen (ELLENBERG et al. 2001: 11-12, SITTE et al. 2002: 997).

37 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

4.4 Beschreiburg der rheinland-pfälzischen Niederwaldformen

4.4.1 Zusammenstellung der Niederwaldformen basierend auf deren Baumarten- zusammensetzung

Niederwälder befinden sich bei aktiver Nutzung ständig in den Initial- oder Verjün- gungsphasen der Waldentwicklung (siehe auch Kap. 4.1.2), was eine vegetationskundli- che, synsystematische Zuordnung schwierig macht. MANZ (1993) hat dennoch den Ver- such unternommen, die linksrheinischen Niederwälder pflanzensoziologisch einzuord- nen. Dahingegen berücksichtigt die Niederwaldklassifikation von SCHMITHÜSEN (1934: 83-87) in erster Linie den Wuchsstandort und teilweise die Baumartenzusammenset- zung, anhand dessen sich die Niederwaldgesellschaften in fünf Typen unterscheiden lassen:

1. azidophiler Eichen-Niederwald, vor allem auf Silikatböden (vorherrschender Typ) 2. Eichen-Hainbuchen-Niederwald, Höhengrenze bei ca. 400 m ü. NN 3. Rotbuchen-Niederwald, auf Kalk (aber auch auf Silikatgestein) 4. kontinentaler Eichen-Mischwald der Eifelkalkmulden, auf der Kalkhängen der Ei- fel oder vulkanischen Gesteinen 5. Niederwälder der warm-trockenen Täler

Ferner weist SCHMITHÜSEN (1934) auf andere Waldtypen hin, die als Niederwald bewirt- schaftet wurden, aber eine viel kleinere Flächenausdehnung haben: die Schluchtwälder, Blockschuttwälder, Erlenwälder und die Haselwälder. Bei der vorliegenden Untersuchung wurden die ehemaligen Niederwälder nach der Baumartenzusammensetzung in zwölf Formen eingeteilt, welche nahezu das gesamte Spektrum der Niederwälder in Rheinland-Pfalz beschreiben:

1. Kastanienniederwald 2. artenreicher Traubeneichen-Niederwald mit Französischem Ahorn (Acer monspessulanum), Speierling (Sorbus domestica), Elsbeere (Sorbus torminalis), Wildobstarten evtl. noch Buchsbaum (Buxus sempervirens) 3. artenarmer Traubeneichen-Niederwald (trockene Variante) mit überwiegend Traubeneichen (auf sehr saueren Boden) 4. Traubeneichen-Niederwald (mäßig trockene Variante) 5. Stieleichen-Niederwald (mäßig trockene Variante) mit vermehrtem Vorkommen von Holcus mollis (typische Form nach der Eichenschälwaldnutzung) 6. Traubeneichen-Hainbuchen-Niederwald (trockene Variante) mit Elsbeere (Sor- bus torminalis) 7. artenreicher Traubeneichen-Hainbuchen-Niederwald (mäßig trockene Variante) 8. Rotbuchenniederwald 9. Schluchtniederwald mit Spitzahorn (Acer platanoides), Bergahorn (Acer pseu- doplatanus), Esche (Fraxinus excelsior), Bergulme (Ulmus glabra) und Kirsche (Prunus avium) 10. Blockschuttniederwald 11. Haselniederwald 12. Erlenniederwald

38 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Die Baumartenzusammensetzung spiegelt die Standortsbedingungen und die Nutzung wider. Es wurde angestrebt, den Feuchtegradient der Stockausschlagwaldbestände zu erfassen, da die Vielfalt der Standorte dadurch gut veranschaulicht werden kann. Die ersten acht Formen und die Erlenniederwälder sind durch die Nutzungsweise entstan- den. Bei den Haselniederwäldern handelt es sich i.d.R. um die natürliche Wuchsform, doch sie können auch durch die Degradierung von Buchenwäldern zustande kommen (POTT 1996: 350). Bei der Entstehung der Schlucht- und Blockschuttniederwälder haben die standörtlichen Bedingungen die größte Rolle gespielt, die Nutzung hatte dabei nur eine sekundäre Bedeutung. Meistverbreitet sind die azidophilen Eichen-Niederwälder und die Eichen-Hainbuchen-Niederwälder, denen sechs Formen zuzuordnen sind. An der Baumschicht beteiligen sich die Traubeneiche, die Stieleiche und die Hainbuche am stärksten. In den Zentren der Niederwaldbewirtschaftung sind wenige Rotbuchen aufzu- finden, da die anderen Laubbäume die regelmäßigen Schläge besser erdulden (POTT 1985: 6, SCHERZINGER 1996: 344). Wenn es trotz der Nutzung möglich war, hat sich die Rotbuche zur Eiche und Hainbuche gesellt. Die restlichen Formen sind von Natur aus selten (Schlucht-, Blockschutt-, und Haselniederwald). Im Rahmen der Untersuchung wurde zudem versucht, die zwölf Niederwaldformen mit der von SCHMITHÜSEN (1934) erarbeiteten Charakterisierung und von MANZ (1993) zu- sammengestellten pflanzensoziologischen Zuordnung zu vergleichen. Das Ergebnis ist in der Tab. 4 zu sehen.

39 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Tab. 4: Klassifizierung der Niederwälder in Rheinland-Pfalz und die Zuordnung der Untersu- chungsflächen

Flächen- Niederwaldformen pflanzensoziologische SCHMITHÜSEN (1934) nummer einordnung Manz (1993)

- Kastanienniederwald - - UF 2 artenreicher Traubeneichen- Niederwald mit Französischem Niederwälder der warm- Ahorn (Acer monspessulanum), trockenen Täler Aceri monsspessulani- Speierling (Sorbus domestica), Els- (kontinentaler Eichen- Quercetum beere (Sorbus torminalis), Wil- Mischwald der Eifel- dobstarten evtl. noch Buchsbaum kalkmulden) (Buxus sempervirens) UF 3 artenarmer Traubeneichen- Niederwald (trockene Variante) Azidophiler Eichen- Luzulo-Quercetum mit überwiegend Traubeneichen Niederwald (auf sehr saueren Boden) UF 4 Traubeneichen-Niederwald (mä- Azidophiler Eichen- Luzulo-Quercetum ßig trockene Variante) Niederwald - Stieleichen-Niederwald (mäßig trockene Variante) mit vermehr- Azidophiler Eichen- tem Vorkommen von Holcus mollis Luzulo-Quercetum Niederwald (typische Form nach der Eichen- schälwaldnutzung) UF 6 Traubeneichen-Hainbuchen- Eichen-Hainbuchen Nie- Niederwald (trockene Variante) Galio-Carpinetum derwald mit Elsbeere (Sorbus torminalis) UF 7 artenreicher Traubeneichen- Eichen-Hainbuchen Nie- Hainbuchen-Niederwald (mäßig Galio-Carpinetum derwald trockene Variante) UF 8 Rotbuchenniederwald Galio-Fagetum Rotbuchenniederwald UF 9 Schluchtniederwald mit Spit- zahorn (Acer platanoides), Berg- ahorn (Acer pseudoplatanus), Aceri-Fraxinetum - Esche (Fraxinus excelsior), Ber- gulme (Ulmus glabra) und Kirsche (Prunus avium) UF 10 Blockschuttniederwald Aceri-Tilietum - UF 11 Haselniederwald - - UF 12 Erlenniederwald Sphagno-Alnetum -

4.4.2 Analyse der Struktur der ehemaligen Niederwälder9

Mit Hilfe der Strukturanalyse wird ein allgemeiner Überblick über den aktuellen Zu- stand der ehemaligen Niederwaldorte gegeben. Im Rahmen der Untersuchung wurden zehn unterschiedliche Strukturparameter aufgenommen, die in folgendem Abschnitt einzeln beschrieben werden.

9 Dieses Unterkapitel basiert auf dem Artikel: HELFRICH, T.; KONOLD, W. (2010): Formen ehemaliger Niederwälder und ihre Strukturen in Rheinland-Pfalz. Archiv für Forstwesen und Landschaftsökologie 44 (4): 157-168.

40 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

4.4.2.1 Schichtung und Baumdichte

Die untersuchten Bestände verfügen mindestens über zwei Baumschichten. Mit im Durchschnitt 69 % ist die Mehrheit der Bäume auf allen Untersuchungsflächen in eine Höhenklasse einzuordnen (Tab. 5), die restlichen 31 % der Gehölze repräsentieren die zweiten oder dritten Schichten.

Tab. 5: Höhenklassenverteilung der Bäume auf Bestandesebene Tab. 6: Baumdichte auf BE

Flächen- Oberschicht Mittelschicht Unterschicht Flächen- Baumdichte nummer (%) (%) (%) nummer (Bäume/ha) UF 2 65,7 31,4 2,9 UF 2 700 UF 3 83,5 16,5 0 UF 3 1940 UF 4 71,2 23,0 5,8 UF 4 1040 UF 6 53,3 18,2 28,6 UF 6 1540 UF 7 87,2 4,3 8,5 UF 7 940 UF 8 79,0 19,3 1,8 UF 8 1140 UF 9 91,1 4,4 4,4 UF 9 900 UF 10 72,7 12,1 15,2 UF 10 330 UF 11 52,0 24,0 24,0 UF 11 500 UF 12 34,8 65,2 0 UF 12 460

Die Baumdichte auf den Untersuchungsflächen (Tab. 6) schwankt zwischen 330-1940 Bäumen/ha. Der niedrigste Wert (330 Bäume/ha) wurde in einem Blockschuttwald in Baumholder aufgenommen, wo aufgrund der Erosion das Feinbodenmaterial weitge- hend fehlt und sich daher nur wenige Bäume ansiedeln können. Der höchste Wert (1940 Bäume/ha) wurde im ehemaligen artenarmen Traubeneichenniederwald (UF 3) regis- triert. Seine hohe Baumdichte ist den günstigen Standortbedingungen (ca. 200 m ü. NN, mittlere Jahrestemperatur über 10˚, durchschnittlicher Jahresniederschlag 600-650 mm, westexponierter, mäßig steiler Hang) zu verdanken. Die ermittelten Stammzahlen sind auf sämtlichen Untersuchungsflächen größer als in den Mittel- oder Hochwäldern.

4.4.2.2 BHD (Brusthöhendurchmesser) und Anzahl der Stockausschläge

Die Verteilung des Brusthöhendurchmessers der Bäume zeigt große Unterschiede zwi- schen den Beständen. Auf den Flächen, die mit Fahrzeugen für den Holztransport schwer befahrbar sind (UF 10 und 12) weisen die Bäume im Durchschnitt einen größe- ren BHD auf. Diese Daten zeigen, dass sie seit über 60 bis 90 Jahren nicht „auf den Stock gesetzt“ wurden. Die Forsteinrichtungsdaten von Anfang des 21. Jh. unterstützen diese Annahme. Den Inventuren zufolge sind die Bäume auf den betroffenen Flächen mindes- tens 90 Jahre, mancherorts sogar 120 Jahre alt. Nach den terrestrischen Untersuchungen lässt sich feststellen, dass 49 % der Bäume der Kategorie BHD 11-20 cm zuzuordnen sind und 27 % der Bäume einen BHD > 21 cm aufweisen (Tab. 7).

41 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Tab. 7: Brusthöhendurchmesser der Bäume auf Bestandesebene

BHD 4-10 cm 11-20 cm 21-30 cm 31-40 cm 41-50 cm über 50 cm Fl. Nr. (%) (%) (%) (%) (%) (%) UF 2 37,1 51,4 11,4 0 0 0 UF 3 45,4 54,6 0 0 0 0 UF 4 24,2 72,6 3,2 0 0 0 UF 6 35,1 35,1 27,3 1,3 1,3 0 UF 7 12,8 59,6 23,4 2,1 2,1 0 UF 8 21,1 70,2 8,8 0 0 0 UF 9 11,1 77,8 6,7 4,4 0 0 UF 10 15,2 15,2 36,4 21,2 3,0 9,1 UF 11 28,0 36,0 8,0 16,0 12,0 0 UF 12 4,4 21,7 39,1 30,4 4,4 0 Durchschnitt 23,4 49,4 16,4 7,6 2,3 0,9

Die dicksten Stämme weist der Blockschuttwald auf (UF 10). Hier verfügt jeder zehnte Baum über einen BHD > 50 cm, ähnlich wie im ehemaligen Erlenniederwald (UF 12), wo mehr als 35 % der Bäume einen BHD > 31 cm haben. Hier könnten auf den ersten Blick Zweifel aufkommen, ob es sich um Bäume aus Niederwaldwirtschaft handelt. Die Mehr- stämmigkeit der Bäume und das Vorkommen der „Elefantenfüße“ weisen jedoch den- noch darauf hin (siehe auch Kap. 4.1.3). Auf den Untersuchungsflächen besitzen im Durchschnitt 58 % der aufgenommenen Bäume mehrere Stämme. Sehr gutes Stockausschlagvermögen zeigen die Hainbuche, die Eiche und die Schwarzerle sowie unter den besonderen Arten die Elsbeere und der Französische Ahorn. Obwohl die Rotbuche in der Literatur als gering ausschlagfähig ein- gestuft wird (siehe auch Tab. 1), nimmt sie auf UF 8 einen Anteil von 50 % unter allen aufgenommenen Bäumen ein und 2/3 davon verfügen über mehrere Stockausschläge.

4.4.2.3 Totholz

Weil es sich in den Untersuchungsgebieten um durchgewachsene Niederwälder handelt, ist der Totholzanteil relativ hoch. In den Untersuchungen wurden sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte des Totholzvolumens einbezogen. Die Verteilung des Tot- holzes ist auf den Untersuchungsflächen, abhängig von den im Waldbestand durchge- führten Pflegemaßnahmen, sehr unterschiedlich (Tab. 8). Die Spanne reicht von 0 bis 340 toten Bäumen je Hektar. Der Blockschuttwald (UF 10) verfügt über kein Totholz. In der Artenzusammensetzung hat die Eiche mit 39-100 % den größten Anteil am Totholz- volumen. Die anderen Arten beteiligen sich nur dort mit größeren Massen am Totholz- angebot, wo sie als zweitwichtigste Baumart vorkommen (UF 2, 6 und 12).

42 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Tab. 8: Totholzangebot auf Bestandesebene

Flächen- stehend liegend Verhältnis Baumart nummer stehend- liegend UF 2 0 3 0:100 66% TrEi, 33% FrAh UF 3 4 0 100:0 100% TrEi UF 4 10 5 66:33 87% TrEi+ Hb+Kief UF 6 3 0 100:0 66% TrEi, 33% Elsb UF 7 9 8 53:47 100% TrEi UF 8 2 2 50:50 50% TrEi, 50% Bi UF 9 viel viel ~ 50:50 80% TrEi, 20% Hb UF 10 0 0 - - UF 11 1 0 100:0 Wd UF 12 3 10 23:77 39% TrEi, 32% Erle, 24%Hb, 5% Bu

Im Durchschnitt sind 60 % stehendes und 40 % liegendes Totholz. Auf den Elsbeeren- und Haselflächen (UF 6 und 11) bzw. auf dem Traubeneichenbestand in trockener Lage (UF 3) gibt es ausschließlich stehendes Totholz. Auf dem trockensten Standort mit Fran- zösischem Ahorn findet sich nur liegendes Totholz (UF 2). Der Zersetzungsgrad ist un- terschiedlich. In über 60 % der Fälle wurde eine fortgeschrittene Zersetzung festgestellt, d.h., dass die Baumanteile bereits sehr lange abgestorben sind. Ganze, aber tote Bäume kommen in den Untersuchungsbeständen nur vereinzelt vor.

4.4.2.4 Vitalität und Dynamik

Im Durchschnitt zeigen mehr als 59 % der Bäume in den durchgewachsenen Niederwäl- dern normale, 18 % üppige und 23 % eine kümmerliche Vitalität auf (Abb. 7).

100 üppig 90 normal 80 kümmerlich 70 60 50 40 30 20 10 0

Abb. 7: Vitalität der Bäume auf den Untersuchungsflächen

Auf Bestandesebene weichen die Werte vom Mittelmaß bei den Flächen (ehemaliger Haselniederwald, Schluchtwald, Blockschuttwald, Erlenniederwald, Elsbeerennieder-

43 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz wald, Buchenniederwald) ab, bei denen neben den klassischen Traubeneichen- Hainbuche-Anteilen auch andere Laubbaumarten (Buche, Kirsche, Linde, Ahorn-Arten) auch eine wichtige Rolle spielen. Als Folge der Konkurrenz werden einige Bäume unter- drückt und entwickeln sich kümmerlich. Dort, wo der Wettbewerb weniger stark ausge- prägt ist, steigt der Anteil üppiger Bäume.

100 aufsteigend 90 gleichbleibend 80 absteigend 70 60 50 40 30 20 10 0

Abb. 8: Dynamik der Bäume auf den Untersuchungsflächen

Die Resultate der Aufnahme der Dynamik zeigen, dass 54 % der Bäume gleichbleibend, 21 % aufsteigend und 25 % absteigend sind (Abb. 8). Das heißt, dass ca. die Hälfte der untersuchten Bäume ihre soziale Stelle in den nächsten Jahren vermutlich nicht verlie- ren werden, aber auch keine Chance haben, sie zu stärken.

4.4.2.5 Kronenlängenklasse und Schiefe

Kronenlängenklasse und Schiefe der Bäume sind für die Wertholzproduktion entschei- dende Faktoren. Die Bäume haben mit zunehmenden Höhen immer größere Kronen und brauchen entsprechende Standräume. Mit dem Kronenschluss beginnt der Wettbewerb, was zu der sozialen Differenzierung der Bäume führt. Die Ergebnisse zeigen, dass 42 % der Bäume eine kurze Krone (<1/4 h) aufweisen, 36 % eine mittellange Krone (die Kro- nenlänge schwankt zwischen 1/4 und 1/2 h) besitzen und 16 % der Bäume langkronig (1/2< h) ist. Stark beschädigte oder abgestorbene Kronen besitzen knapp 6 % der un- tersuchten Bäume (Abb. 9).

44 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

100 lang 90 80 mittel

70 kurz 60 beschädigt / 50 abgestorben 40 30 20 10 0

Abb. 9: Kronenlängenklasse der Bäume auf den Untersuchungsflächen

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Bäume in Stockausschlagwäldern wegen der großen Baumdichte keinen Platz haben, um stärkere und längere Kronen bilden zu können. Bei mangelnder Pflege kann die Konkurrenz dazu führen, dass die schwächeren Bäume unterdrückt werden und in der zweiten Schicht verbleiben oder wenn sie stärker sind, in die Lücken wachsen, die von herrschenden Bäumen nicht ausgefüllt werden. So ent- wickeln sich zwar schiefe, dennoch vitale Bäume. Der Anteil der schiefen Bäume ist in den untersuchten Beständen gering, durchschnittlich ist jeder siebte Baum betroffen (Abb. 10).

100 gerade 90 schief 80 beinahe liegend 70 60 liegend 50 40 30 20 10 0

Abb. 10: Schiefe der Bäume auf den Untersuchungsflächen

45 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

4.4.2.6 Gesundheitszustand

Bei der Gesundheitszustandsanalyse wurden bei allen Bäumen die Art und die Intensität des Schadens aufgenommen. Es wurde festgestellt, dass durchschnittlich 77 % der Bäu- me gesund sind bzw. keine sichtbaren Schäden aufweisen. Eine Ausnahme bildet die Elsbeere, denn hier erreicht der durchschnittliche Anteil der beschädigten Bäume fast 50 %. Die Mehrheit der Schäden sind komplexe Schäden, wobei biotische (Insekten-, Pilzbefall, Verbiss) und abiotische Schäden (Schnee-, Windbruch, Dürreschaden etc.) gleichzeitig auftreten. Die meisten Schäden befinden sich auf dem trockensten Standort (UF 2), wo 57 % der Bäume über sichtbare Schäden verfügen. Es handelt sich hierbei um mittelstufige abiotische Dürreschäden. Im Blockschuttwald (UF 10) wachsen die gesün- desten Bäume: auf der 1.000 m2 großen Untersuchungsfläche wurden keine sichtbaren Schäden an den Bäumen festgestellt. Ein Risikopotenzial bilden für den Gesundheitszu- stand dort Sturm- und Schneebruchschäden. Bei den biotischen Schäden überlagern sich, meist ausgelöst durch mechanische Verletzungen, mehrere Schadensbilder. Das Wild kann über die physischen Verletzungen (Verbiss, Schälen, Fegen) hinaus auch das Verjüngungspotenzial der Bäume stark beeinflussen. Den Beobachtungen zufolge ist die Mehrheit der Bäume noch immer fähig auszutreiben, doch bei hoher Wilddichte werden die Ausschläge komplett abgeäst. In den Untersuchungsgebieten wurde in einigen Fällen eine geringe Verjüngung festgestellt, wie z.B. in den Beständen in Baumholder und in Weisel am Rhein. Als derzeit ausreichend kann die Verjüngungssituation auf den Unter- suchungsflächen an der Mosel eingeschätzt werden.

4.4.3 Flora und Vegetation der ehemaligen Niederwälder

4.4.3.1 Floristische Zusammensetzung der ehemaligen Niederwälder

Im Rahmen der Untersuchungen konnten insgesamt 148 Arten der höheren Farn- und Blütenpflanzen erfasst werden. Die Artenzahl inklusive Gehölze schwankt zwischen 12 und 66 Arten pro Fläche.

Baumschicht

Das Ausschlagvermögen der Baumarten hat einen wesentlichen Einfluss auf das Baum- artengefüge der Niederwälder (siehe auch Kap. 4.1). In allen untersuchten Beständen werden die Stockausschlagwälder hauptsächlich aus Traubeneiche (Quercus petraea) aufgebaut, die außer dem Haselwald (UF 11) auf jeder Untersuchungsfläche vorkommt (Tab. 9). Die Schlucht- (UF 9), Blockschutt- (UF 10), Haselwälder (UF 11) und der Be- stand mit Französischem Ahorn (UF 2) sind besonders artenreich. Dort befinden sich neben den Hauptbaumarten wie die Traubeneiche (Quercus petraea), Hainbuche (Carpi- nus betulus) und Rotbuche (Fagus sylvatica) auch Edellaubhölzer, wie z.B. Kirsche (Prunus avium), Sommerlinde (Tilia platyphyllos) und Ahorn-Arten. In der Häufigkeit ihres Auftretens auf den Untersuchungsflächen wurden folgende Ge- hölzarten registriert: Traubeneiche (Quercus petraea), Hainbuche (Carpinus betulus), Rotbuche (Fagus sylvatica), Feldahorn (Acer campestre), Elsbeere (Sorbus torminalis), Mehlbeere (Sorbus aria), Kirsche (Prunus avium), Spitzahorn (Acer platanoides), Birne (Pyrus pyraster), Robinie (Robinia pseudoacacia), Sommerlinde (Tilia platyphyllos), Birke (Betula pendula), Zitterpappel (Populus tremula), Salweide (Salix caprea), Bergahorn

46 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

(Acer pseudoplatanus), Französischer Ahorn (Acer monspessulanum), Schwarzerle (Alnus glutinosa) und Speierling (Sorbus domestica). Der Französische Ahorn (Acer monspessu- lanum) und die Elsbeere (Sorbus torminalis) werden von MANZ (1994: 1124) sogar als potentiell gefährdete Arten der Region eingestuft.

Tab. 9: Baumartenzusammensetzung der Untersuchungsflächen

Fl. Nr. UF2 UF3 UF4 UF6 UF7 UF8 UF9 UF10 UF11 UF12 Baumart Quercus petraea * * * * * * * * * Carpinus betulus * * * * * * * * * Fagus sylvatica * * * * * * * * Acer campestre * * * * Sorbus torminalis * * * * Sorbus aria * * * Prunus avium * * Pyrus pyraster * * Robinia pseudoacacia * * Acer platanoides * Tilia platyphyllos * Betula pendula * Popolus tremula * Salix caprea * Acer pseudoplatanus * Acer monspessulanum * Alnus glutinosa * Sorbus domestica *

BAUMARTEN/500m2 8 4 3 5 5 5 6 610 6 4

Strauchschicht

Dass Niederwälder früher wegen des erhöhten Lichteinfalls über eine üppige Strauch- schicht verfügten, konnte trotz der bereits längeren Zeit unterbliebenen Nutzung teil- weise belegt werden (siehe auch Kap. 4.1), vor allem was die Anzahl der verschiedenen Straucharten betrifft. Insgesamt konnten 12 unterschiedliche Sträucher aufgenommen werden. Jedoch war der Deckungsgrad der Strauchschicht meistens wegen der schlech- teren Lichtverhältnisse wesentlich spärlicher, als dies bei einer aktiven Niederwaldnut- zung möglicherweise wäre. Oft liegen fast reine Haselniederwälder (Corylus avellana) oder mit Brombeeren (Rubus fruticosus agg.) dicht bewachsene Bestände vor. Zudem

10 Im Blockschuttniederwald wurde die Aufnahme auf 1.000 m2 durchgeführt.

47 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz kommen der Eingriffelige Weißdorn (Crataegus monogyna), der Zweigriffelige Weiß- dorn (Crataegus laevigata), der Schwarze Holunder (Sambucus nigra) und das Wald- Geißblatt (Lonicera periclymenum) häufig vor. Seltener sind die Rote Heckenkirsche (Lo- nicera xylosteum), die Schlehe (Prunus spinosa), das Europäische Pfaffenhütchen (Euo- nymus europaea), die Gewöhnliche Zwergmispel (Cotoneaster integerrimus), die Ge- wöhnliche Berberitze (Berberis vulgaris) und die Alpen-Johannisbeere (Ribes alpinum) anzutreffen. Unter den Sträuchern werden dabei die Gewöhnliche Berberitze (Berberis vulgaris) und der Zwergmispel (Cotoneaster integerrimus) regional als potenziell gefähr- dete Arten angesehen (MANZ 1994: 1124).

Krautschicht

Das Artengefüge der Krautschicht im Niederwald hängt zunächst von den vorherr- schenden Baumarten und dem aktuellen Sukzessionsstadium ab, weshalb über eine ei- gene charakteristische Krautschicht nicht gesprochen werden kann. Dennoch lässt sich in der Entwicklung der Krautschicht jedes Niederwaldes ein ähnlicher Vorgang beobach- ten: Während die ausgesprochenen Waldpflanzen im Vergleich zu Hochwäldern stark zurückgehen, treten die lichtbedürftigeren Kräuter in den Vordergrund. Dieser Prozess lässt sich damit erklären, dass die früheren Sukzessionsstadien des Niederwaldes man- gels einer Baumschicht von Natur aus lichter sind und dass durch die Niederwaldbe- wirtschaftung im Allgemeinen die lichtdurchlässigeren Baumarten gegenüber der stark schattenden Rotbuche gefördert werden (siehe auch Kap. 4.1). Trotz der für längere Zeit ausgebliebenen Nutzung tauchen in den Artenlisten der unter- suchten Bestände noch immer etliche typische Feld-Offenland- und Feld-Waldarten auf wie z.B. die Astlose Graslilie (Anthericum liliago), das Schmalblättrige Weidenröschen (Epilobium angustifolium), das Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris), die Straußblü- tige Wucherblume (Tanacetum corymbosum), die Kleinblütige Königskerze (Verbascum thapsus) und die Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria). Obwohl alle untersuchten Bestände nachgewiesen aus Stockausschlag entstanden sind, fällt auf, dass gleichzeitig auch viele Fagetalia-Ordnungskennarten (nach FISCHER 2002: 240) wie der Gefleckte Aronstab (Arum maculatum), der Gemeine Wurmfarn (Dryopteris filix-mas), die Gewöhn- liche Goldnessel (Lamium galeobdolon), das Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennis), das Einblütige Perlgras (Melica uniflora), das Wald-Flattergras (Milium effusum) und das Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana) vermehrt vorkommen. Zwei typische „Niederwaldwirtschaft-Zeigerpflanzen“ wurden häufig beobachtet, die die Spuren der menschlichen Nutzung erkennen lassen (siehe auch Kap. 4.1.3), nämlich der Besenginster (Sarothamnus scoparius) und das Weiche Honiggras (Holcus mollis). Für seltene Pflanzenarten stellen vor allem die Sonderformen der ehemaligen Nieder- wälder einen wichtigen Lebensraum dar. Im ehemaligen Elsbeeren-reichen Eichen- Hainbuchen-Niederwald und Haselniederwald wurden zwei Orchideearten, das Männli- che Knabenkraut (Orchis mascula) und die Vogel-Nestwurz (Neottia nidus-avis) vorge- funden. Im Haselwald wurde darüber hinaus das Geflügelte Johanniskraut (Hypericum tetrapterum) aufgenommen, die in der Roten Liste gefährdeter Pflanzenarten von Rhein- land-Pfalz als „gefährdet“ eingestuft und bundesweit in der Vorwarnliste aufgeführt wird. Der auf der Schlagfläche mit mehreren Exemplaren vorgefundene Echte Steinsame (Lithospermum officinale) befindet sich auch in der Roten Liste geschützter Arten des Landes (RL 3). Darüber hinaus wurden einige (potenziell) gefährdete Arten nach MANZ (1994: 1124) aufgenommen, welche bevorzugt auf trockenen Standorten gedeihen. Dies

48 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz sind u.a. die Astlose Graslilie (Anthericum liliago), die Schwärzende Platterbse (Lathyrus niger) und die Pfirsichblättrige Glockenblume (Campanula persicifolia).

4.4.3.2 Floristische Beschreibung der Untersuchungsflächen11

UF 2: Ehemaliger artenreicher Traubeneichen-Niederwald mit Französischem Ahorn (Acer monspessulanum), Speierling (Sorbus domestica), Elsbeere (Sorbus torminalis), Wildobstarten evtl. noch Buchsbaum (Buxus semper- virens)

In der Literatur wurden die dem untersuchten Waldbestand ähnlichen Pflanzengesell- schaften der Aceri monspessulani - Quercetum petraeae Oberd. 1957 zugeordnet, wobei der Französische Ahorn (Acer monspessulanum) als Charakterart betrachtet wird. Die Verbreitung dieser Assoziation beschränkt sich nur auf das Mosel-Nahe- Mittelrheingebiet, wo anstatt der Flaumeiche (Quercus pubescens) − die ansonsten unter vergleichbaren Standortsbedingungen in Süddeutschland als kennzeichnende Baumart aufzufassen ist − der äußerst wärmebedürftige Französische Ahorn vorkommt und wes- halb diese als „Gebietsassoziation“ aufgefasst werden kann. Die Pflanzengesellschaft stockt ausschließlich auf warm-trockenen und i.d.R. skelettrei- chen Standorten über kalkarmem, aber basenreichem Gestein, wobei die Bestände infol- ge der raschen Humuszersetzung nitratreich sind (OBERDORFER 1992: 126). Insgesamt wurden 62 Pflanzenarten (inkl. Gehölzarten) im untersuchten Bestand aufgenommen, womit sie unter den Untersuchungsflächen die artenreichste Waldgesellschaft darstellt. Die Baumschicht besteht hauptsächlich aus drei Arten. Aus Traubeneiche (Quercus pet- raea), Hainbuche (Carpinus betulus) und Elsbeere (Sorbus torminalis). Überdies kommen zudem der Feld-Ahorn (Acer campestre), der Französische Ahorn (Acer monspessula- num), die Gewöhnliche Mehlbeere (Sorbus aria), die Wildbirne (Pyrus pyraster) und die Robinie (Robinia pseudoacacia) vor. Die Bäume sind aufgrund der periodischen Tro- ckenheit krumm gewachsen und erreichen eine Maximalhöhe von etwa 10 m. Die Strauchschicht ist gut entwickelt und besteht aus Gewöhnlicher Berberitze (Berberis vulgaris), Schlehe (Prunus spinosa), Europäischem Pfaffenhütchen (Euonymus europaea), Gewöhnlicher Zwergmispel (Cotoneaster integerrimus), Eingriffeligem Weißdorn (Crataegus monogyna) und Brombeere (Rubus fruticosus agg.). Die Krautschicht setzt sich vor allem aus Mäßigwärme- bis Wärmezeiger zusammen. Auffällig ist das häufige Auftreten der westsubmediterranen-subatlantischen Stinkenden Nieswurz (Helleborus foetidus), die als wichtigste Verbandskennart aufzufassen ist, so- wie des Efeus (Hedera helix), der als Verbandstrennart fungiert (OBERDORFER 1992: 125). Das Aceri-Quercetum petraeae besitzt viele Trennarten, die diese Gebietsassoziation vom Quercetum pubescenti-petraeae eindeutig abgrenzt (ebd.: 126). Diese sind u.a. der Salbei-Gamander (Teucrium scorodonia), die Draht-Schmiele (Deschampsia flexuosa), der Besenginster (Sarothamnus scoparius), die Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata) und der Stinkende Storchschnabel (Geranium robertianum), die alle auf der Untersuchungsfläche aufzufinden sind. Die letzten zwei Arten sind zudem wichtige Nährstoffzeiger, die nur auf nitratreichen Standort gedeihen. Das Vorkommen von Nährstoffzeigern weist immer

11 Die untersuchten Bestände lassen sich nicht mehr als Niederwälder bezeichnen, da die letzte Nutzung länger als der üblichen Umtriebszeit zurückliegt. Da die neue Niederwaldklassifizierung (Tab. 4) jedoch auf der Baumartenzu- sammensetzung basiert, können auch die durchgewachsenen Bestände ohne Weiteres den ursprünglichen Nie- derwaldformen zugeordnet werden. In diesem Unterkapitel werden die Untersuchungsflächen jeweils einer Nie- derwaldform zugeordnet und anschließend deren Flora beschrieben.

49 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz auf eine rasche Humuszersetzung hin, was sich hier auf das äußerst warme Lokalklima im Sommer zurückzuführen lässt. Mit hohen Stetigkeiten treten typische Klassenkennar- ten auf, die ansonsten über einen subatlantischen Verbreitungsschwerpunkt verfügen. Zu nennen sind dazu neben den oben erwähnten Stickstoffzeigern das Einblütige Perl- gras (Melica uniflora), das Hain-Rispengras (Poa nemoralis) und die Große Sternmiere (Stellaria holostea).

UF 3: Ehemaliger artenarmer Traubeneichen-Niederwald (trockene Variante) mit überwiegend Traubeneichen (auf sehr saurem Boden)

In Bezug auf die Artenausstattung lässt sich dieser Bestand mit dem Hainsimsen- Traubeneichenwald (Luzulo-Quercetum petraeae Knapp 1948 / Betulo Quercetum Tx. 1929) vergleichen. Der Standort verfügt über einen sehr flachgründigen, sauren und nährstoffarmen Rankerboden, auf dem nur wenige Blütenpflanzen wachsen. In Eichen- Mischwäldern wird im Vergleich zu den Buchenwäldern wenig Laubstreu produziert, welches − wie auf der Untersuchungsfläche auch − zur Ausbildung einer üppigen Boden- Kryptogamen-Schicht führt (Abb. 11).

Abb. 11: Ehemaliger Traubeneichen-Niederwald mit einer üppigen Boden-Kryptogamen-Schicht.

Es wurden insgesamt 18 Arten der Kraut-, Strauch- und Baumschicht aufgenommen. Die Traubeneiche (Quercus petraeae) ist durchweg die vorherrschende Baumart. Sie ist ziemlich leistungsschwach und bildet nur einen niedrigen (etwa 8 m groß), sehr lang- sam wachsenden Bestand, der auch als „Krüppelwald“ bezeichnet werden kann. Infolge der sommerlichen Trockenheit sind viele verdorrte Äste und gelegentlich am Stock ver- trocknete Eichenstämme zu beobachten. Außer der Traubeneiche kommen noch einzel-

50 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz ne Exemplare der Rotbuche (Fagus sylvatica), der Robinie (Robinia pseudoacacia) und des Spitz-Ahorns (Acer platanoides) vor, die jedoch gemeinsam nicht mehr als 5 % Betei- ligung in der Baumschicht erreichen. Die Strauchschicht ist spärlich entwickelt und ihr Deckungsgrad bleibt unter 5 %. An ihrem Aufbau sind drei Straucharten, nämlich der Behaarte Ginster (Genista pilosa), die Brombeere (Rubus fruticosus agg.) und die Kriechende Rose (Rosa arvensis) beteiligt. Die Krautschicht wird fast ausschließlich von säureliebenden und säureertragenden Arten beherrscht. Die wichtigste darunter ist die Weiße Hainsimse (Luzula luzuloides), die zu den bekanntesten Buchenbegleitern zählt und Assoziationskennart des Luzulo- Fagetum ist. Einen hohen Stetigkeitswert zeigt überdies die Draht-Schmiele (Deschampsia flexuosa), die überwiegend in den sauren Buchenwäldern vorkommt. Wei- tere (Stark)säurezeiger im Bestand sind der Salbei-Gamander (Teucrium scorodonia), das Wald-Rispengras (Poa chaixii) und der Echte Ehrenpreis (Veronica officinalis). Dar- über hinaus kommen wegen der möglicherweise unterschiedlichen Basenversorgung in den einzelnen Horizonten Mäßigsäure- bis Schwachsäure/Schwachbasenzeiger vor. Die wichtigste Pflanzenart unter diesen stellt das Einblütige Perlgras (Melica uniflora) dar, welche zugleich eine Fagetalia Kennart ist.

UF 4: Ehemaliger Traubeneichen-Niederwald (mäßig trockene Variante)

Die mäßig trockene Variante des ehemaligen Traubeneichen-Niederwaldes (Luzulo- Quercetum) stockt auf basenarmem Rankerboden, auf dem sich eine relativ artenreiche Krautflora (24 Arten/500 m2) entwickeln konnte. Die Krautschicht zeichnet sich durch die hohe Stetigkeit von Weißer Hainsimse (Luzula luzuloides) aus, die einen mäßig fri- schen, nährstoffarmen, mehr oder weniger basenarmen Boden anzeigt. Weitere Kennar- ten der Gesellschaft sind die Astlose Graslilie (Anthericum liliago) und die Rundblättrige Glockenblume (Campanula rotundifolia). Im Vergleich zur trockenen Variante sind hier weniger Kryptogamen anzutreffen. Dank der günstigeren Standortsbedingungen kommt in der Baumschicht neben der Traubeneiche (Quercus petraea) auch die Hainbuche (Carpinus betulus) vor. Im Vergleich zur trockenen Variante sind die Bäume in ihrem Wachstum nicht mehr so extrem einge- schränkt, weil der sommerliche Wassermangel weniger ausgeprägt ist. Manche Eichen- stämme können sogar mäßig gute Schaftformen aufweisen. Außer der Hainbuche sind noch wenige Exemplare der Echten Mehlbeere (Sorbus aria) in der unteren Baumschicht zu erkennen. Dies zeigt, dass diese Niederwaldform trotz der besseren Standortbedin- gungen noch immer zu den trockenen Beständen zählt. Die schwach entwickelte Strauchschicht ist aus der Brombeere (Rubus fruticosus agg.), dem Wald-Geißblatt (Lonicera periclymenum) und dem Gemeinen Hasel (Corylus avella- na) aufgebaut. Der Deckungsgrad der Sträucher bleibt hier unter 10 %. Der größte Teil des Artengefüges in der Kraut-Gras-Schicht wird von den Busch- Windröschen- und Draht-Schmielen-Gruppe gebildet. Zu der ersten ökologischen Grup- pe12 gehören das Buschwindröschen (Anemone nemorosa), die Große Sternmiere (Stella- ria holostea), das Wald-Knäuelgras (Dactylis polygama) und das Hain-Rispengras (Poa nemoralis). Den wichtigsten Vertreter der Draht-Schmielen-Gruppe stellt die namege- bende Draht-Schmiele (Deschampsia flexuosa) selbst dar. Darüber hinaus werden weite-

12 Nach HOFMEISTER (1990: 40) „zu einer Ökologischen Gruppe werden Pflanzenarten zusammengefast, die in ihrem soziologischen und ökologischen Verhalten weitgehend übereinstimmen“. Das heißt eine ökologische Gruppe wird von Pflanzenarten gebildet, die über ähnliche Kennzahlkombinationen verfügen.

51 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz re sechs Arten dieser Gruppe zugeordnet wie der Wiesen-Wachtelweizen (Melampyrum pratense), die Berg-Platterbse (Lathyrus linifolius), der Salbei-Gamander (Teucrium scorodonia), das Savoyer Habichtskraut (Hieracium sabaudum), das Weiche Honiggras (Holcus mollis) und die Weiße Hainsimse (Luzula luzuloides). Diese Arten zeigen Moder- bildung oder Rohhumusabbau. Da im Bestand neben den Säurezeigern gleichzeitig auch vereinzelte Basenzeiger wie Gewöhnliche Goldnessel (Lamium galeobdolon) und Spring- Schaumkraut (Cardamine impatiens) wachsen, lässt sich vermuten, dass in den einzelnen Bodenhorizonten eine unterschiedliche Basenversorgung herrscht. Des Weiteren ist das Auftreten typischer Buchenbegleiter auffällig wie z.B. Maiglöckchen (Convallaria ma- jalis), Zwiebel-Zahnwurz (Dentaria bulbifera), Waldmeister (Galium odoratum), Echter Wurmfarn (Dryopteris filix-mas) und Einblütiges Perlgras (Melica uniflora).

UF 6: Ehemaliger Traubeneichen-Hainbuchen-Niederwald (trockene Variante) mit Elsbeere (Sorbus torminalis)

Es handelt sich hierbei um einen Standort, der sich durch einen subkontinentalen Klimacharakter (sommerwarmes und sommertrockenes Klima) kennzeichnen lässt. Un- ter diesen Bedingungen sind die verfügbaren Wasserreserven bei Trockenheit schnell aufgebraucht, was zu frühzeitiger Bodenaustrocknung führt. Entsprechend ist die Hu- muszersetzung zeitweise gehemmt. Der Bodentyp wird als Ranker oder als Braunerde- Ranker eingeschätzt, der durch einen hohen Skelettanteil geprägt ist. Die charakteristischen Standortsbedingungen und die Artenausstattung der Pflanzenge- sellschaft zeigen am ehesten eine Ähnlichkeit zu einem Elsbeeren-Eichen- Hainbuchenwald (Galio sylvatici - Carpinetum betuli Oberd. 1957). Die Assoziation stellt in Deutschland den subkontinental geprägten Teil des Verbandes Carpinion dar. Zwei typische Charakterarten des Verbandes kommen im Bestand dominierend vor: in der unteren Baumschicht die Hainbuche (Carpinus betulus) und in der Krautschicht das Wald-Knäuelgras (Dactylis polygama). Zu den Assoziationskennarten, die auch im Be- stand in hohen Stetigkeiten anzutreffen sind, gehören das Gewöhnliche Wald-Labkraut (Galium sylvaticum), der Verschiedenblättrige Schwingel (Festuca heterophylla), die Kriechende Rose (Rosa arvensis) und der Eingriffelige Weißdorn (Crataegus monogyna). Hinzu kommen noch Trennarten, die ein warm-trockenes Klima anzeigen wie z.B. die Elsbeere (Sorbus torminalis) und die Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria). Im Bestand wurden insgesamt 25 Pflanzenarten (inkl. Gehölzarten) registriert. Die Baumschicht ist geschlossen und besteht aus drei Schichten. In der Oberschicht tritt die Traubeneiche (Quercus petraeae) in Vorherrschaft und des Weiteren kommen auch vereinzelte Exemplare der Rotbuche (Fagus sylvatica) vor, die unter den oben genannten Standortbedingungen weniger konkurrenzfähig ist. Die zweite und dritte Schicht wer- den aus Hainbuche (Carpinus betulus), Elsbeere (Sorbus torminalis) und Feldahorn (Acer campestre) aufgebaut (Abb. 12).

52 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Abb. 12: Ehemaliger Traubeneichen-Hainbuchen-Niederwald. Die Baumschicht besteht aus drei Schichten: in der Oberschicht tritt die Traubeneiche in Vorherrschaft, während die Mitte- und Unterschicht aus Hainbuche, Elsbeere und Feldahorn aufgebaut sind.

Die Strauchschicht ist aufgrund der geschlossenen Baumschicht nicht ausgeprägt und besteht nur aus Kriechender Rose (Rosa arvensis) und Eingriffeligem Weißdorn (Cratae- gus monogyna). Die Bodenvegetation ist mäßig entwickelt und dabei dominieren vor allem Arten, welche eine hohe Reaktionszahl besitzen und somit mehr oder weniger auf einen kalkreichen Boden hinweisen. Diese sind die Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), der Gelbe Finger- hut (Digitalis lutea), der Schmalblättrige Hohlzahn (Galeopsis angustifolia), die Stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus), die Feld-Rose (Rosa arvensis), das Taubenkropf- Leimkraut (Silene vulgaris) und die Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria). Säure- zeiger wie z.B. der Besenginster (Sarothamnus scoparius) treten in geringer Stetigkeit auf, wobei deren Vorkommen auf die Niederwaldwirtschaft zurückgeführt werden kann.

UF 7: Ehemaliger artenreicher Traubeneichen-Hainbuchen-Niederwald (mäßig trockene Variante)

Die mäßig trockene Variante des Traubeneichen-Hainbuchen-Niederwaldes unterschei- det sich von der trockenen Variante des Galio-Carpinetums vor allem durch die am Standort herrschenden günstigeren Standortbedingungen. Die für die trockene Variante typische Sommertrockenheit und die in diesem Zusammenhang entstandene Bodenaus- trocknung kommen hier seltener vor. Nicht nur der Bodenwasserhaushalt, sondern auch

53 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz die Nährstoffversorgung des Bodens ist ausgeglichener. Der Bestand stockt auf basen- armer Braunerde. Die zwei Varianten unterschieden sich nach der Artenausstattung nur geringfügig, d.h. mit dem Unterschied, dass Trockniszeiger wie Elsbeere (Sorbus torminalis) und Schwal- benwurz (Vincetoxicum hirundinaria) wegfallen und stattdessen Arten auftreten, die auf mittelfeuchte Böden hinweisen wie z.B. die Brennnessel (Urtica dioica) oder die Knotige Braunwurz (Scrophularia nodosa). Darüber hinaus zeigt sich die mäßig trockene Varian- te mit 33 aufgenommen Arten etwas artenreicher. Die Baumschicht ist geschlossen und besteht überwiegend aus Traubeneiche (Quercus petraea) und Hainbuche (Carpinus betulus). Hinzu kommen noch einige Exemplare der Rotbuche (Fagus sylvatica), Vogel-Kirsche (Prunus avium) und Feldahorn (Acer campest- re). Die Strauchschicht ist mäßig entwickelt und besteht aus der Assoziationskennart Ein- griffeligem Weißdorn (Crataegus monogyna) bzw. aus Brombeere (Rubus fruticosus agg.). Die Krautschicht wird von Assoziationskennarten wie vom Wald-Labkraut (Galium syl- vaticum) und vom Verschiedenblättrigen Schwingel (Festuca heterophylla) dominiert. Überdies treten typische Verbandskennarten wie die Große Sternmiere (Stellaria ho- lostea), das Erdbeer-Fingerkraut (Potentilla sterilis), das Wald-Knäuelgras (Dactylis po- lygama) bzw. Klassenkennarten wie das Hain-Rispengras (Poa nemoralis), das Wald- Flattergras (Milium effusum), das Buschwindröschen (Anemone nemorosa), die Zwiebel- Zahnwurz (Dentaria bulbifera), der Waldmeister (Galium odoratum) und das Hain- Veilchen (Viola riviniana) vermehrt auf. Die Vielzahl an Fagetalia-Kennarten deutet ver- mutlich auf den Ursprung eines Buchenwaldes hin, welcher durch die Niederwaldwirt- schaft durch das Galio-Carpinetum abgelöst wurde. Auffällig ist überdies die große An- zahl an Nährstoffzeigern. Hierzu gehören u.a. die bereits oben erwähnten, auch als Fri- sche- bis Feuchtezeiger aufgeführten Pflanzenarten wie z.B. die Brennnessel (Urtica dio- ica) und die Knotige Braunwurz (Scrophularia nodosa). Darüber hinaus weisen die Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), das Ruprechtskraut (Geranium robertianum), die Echte Nelkenwurz (Geum urbanum), der Gemeine Rainkohl (Lapsana communis) und das Wald-Vergissmeinnicht (Myosotis sylvatica) auch auf eine gute Nährstoffversorgung des Bodens hin. Das Vorfinden weniger spärlich entwickelter Exemplare vom Roten Finger- hut (Digitalis purpurea) ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass die untersuchte Fläche früher durch Niederwaldbewirtschaftung aufgelichtet wurde.

UF 8: Ehemaliger Rotbuchenniederwald

Mit dem ehemaligen Rotbuchenniederwald vergleichbare Bestände lassen sich aus pflanzensoziologischer Sicht als Waldmeister-Buchenwälder (Galio odorati – fagetum Rübel 1930 ex Sougnez et Thill 1959) charakterisieren. Die Kennart dieser Assoziation ist der Waldmeister, welcher − wie hier auch − nicht in jedem Bestand vorhanden ist (OBERDORFER 1992: 213). Stattdessen kommt hier das Wald-Flattergras (Milium effusum) mit hoher Stetigkeit vor. Der Bodentyp des ehemaligen Rotbuchenniederwaldes wird als Parabraunerde oder Braunerde eingeschätzt, welche über einen mittleren Basen- und Nährstoffgehalt ver- fügt. Die günstige Basenversorgung zeigt sich auch in der Reaktionszahl der Arten. Die dominierende Baumart ist die Rotbuche (Fagus sylvatica). Aufgrund des geschlosse- nen Laubdaches gelangt nur wenig Licht in das Innere des Bestandes, weshalb die Strauch- und Krautschichten spärlich entwickelt sind (Abb. 13). Die große Menge an

54 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Falllaub, welche häufig innerhalb einer Vegetationsperiode nicht abgebaut werden kann, unterbindet die Entwicklung von Moosen weitgehend.

Abb. 13: Ehemaliger Buchenniederwald. Im geschlossenen ehemaligen Buchenniederwald kön- nen sich die Strauch- und Krautschicht nur spärlich entwickeln.

Der Bestand ist ausgesprochen artenarm. Lediglich zwölf Pflanzenarten konnten regis- triert werden, von denen sich fünf der Baum-, drei der Strauch- und vier der Kraut- schicht zuordnen lassen. Unter den Baumarten sind außer der Rotbuche die Traubeneiche (Quercus petraea) und die Hainbuche (Carpinus betulus), sowie am Rand noch vereinzelt die Zitter-Pappel (Po- pulus tremula) und die Hänge-Birke (Betula pendula) anzutreffen. Die letzten zwei Arten sind ausgesprochene Lichtbaumarten, die sich nutzungsbedingt im Bestand gehalten haben und somit als Relikte der Niederwaldwirtschaft anzusehen sind. Der Deckungsgrad der Strauchschicht erreicht nicht einmal 5 %. Sie besteht aus dem Eingriffeligem Weißdorn (Crataegus monogyna), der Gewöhnlichen Heckenkirsche (Lo- nicera xylosteum) und der Brombeere (Rubus fruticosus agg.). Die Bodenvegetation wird von Arten gebildet, die mittlere Feuchtigkeits- und mittlere Nährstoffbedingungen anzeigen, während die ausgesprochenen Säure- oder Kalkzeiger fehlen. Die vorherrschende Pflanzenart der Krautschicht ist das Wald-Flattergras (Mili- um effusum). Der typische Frühjahrsgeophyt der mitteleuropäischen Laubwälder, das Buschwindröschen (Anemone nemorosa), kommt aber ebenfalls mit hoher Stetigkeit vor. Überdies sind noch wenige Exemplare der Großen Sternmiere (Stellaria holostea) und Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana) aufzufinden.

55 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

UF 9: Ehemaliger Schluchtniederwald

Der hierbei untersuchte ehemalige „Schluchtniederwald“ kann mit dem „klassischen“, auch von MANZ (1993: 116-117) beschriebenen Ahorn-Eschen-Schluchtwald nicht ver- glichen werden. Zwar handelt es sich hierbei nach der räumlichen Lage auch um einen „Schluchtwald“, doch nach der Baumartenzusammensetzung fehlen für das Aceri- Fraxinetum W. Koch 1926 em Th. Müller 1966 typische Baumarten wie die Bergulme (Ulmus glabra) oder der Spitzahorn (Acer platanoides). Stattdessen lässt sich der Be- stand nach dem Artengefüge mit einem Galio-Carpinetum vergleichen, welches in einer tiefen Einkerbung stockt. Dies wird durch die hohe Stetigkeit des Gewöhnlichen Wald- Labkrauts (Galium sylvaticum) bestätigt, das als Kennart der Assoziation fungiert. Trennarten, die im Bestand auftreten und diese Pflanzengesellschaft vom Stellario- Carpinetum gut abgrenzen, sind das Maiglöckchen (Convallaria majalis), die Schwärzen- de Platterbse (Lathyrus niger), die Süße Wolfsmilch (Euphorbia dulcis), die Elsbeere (Sorbus torminalis) und der Speierling (Sorbus domestica). Der ehemalige „Schluchtniederwald“ stockt auf einem flachgründigen Rankerboden. Im Bestand wurden insgesamt 27 Arten gezählt. In der oberen Baumschicht dominiert die Traubeneiche (Quercus petraea). Überdies kommen in der Oberschicht die Rotbuche (Fagus sylvatica), die Vogel-Kirsche (Prunus avium) und ein einziger Speierling (Sorbus domestica) vor. In der zweiten und dritten Schicht herrscht die Hainbuche (Carpinus be- tulus) vor, wobei allerdings auch wenige Individuen der Elsbeere (Sorbus torminalis) vorhanden sind. Die Strauchschicht besteht aus drei Arten, aus der Gemeinen Hasel (Corylus avellana), dem Wald-Geißblatt (Lonicera periclymenum) und der Brombeere (Rubus fruticosus agg.). Diese Schicht ist jedoch spärlich entwickelt und deren Deckungsgrad bleibt unter 10 %. In der Krautschicht treten im Frühjahr die Klassenkennart Buschwindröschen (Anemone nemorosa) und die Buchenbegleiter Zwiebel-Zahnwurz (Dentaria bulbifera) in hohen Stetigkeiten auf. Auffällig ist das Auftreten weiterer Fagetalia-Kennarten wie dem Waldmeister (Galium odoratum), der Gewöhnlichen Goldnessel (Lamium galeobdolon), des Wald-Flattergrases (Milium effusum), der Vielblütigen Weißwurz (Polygonatum mul- tiflorum), dem Wald-Veilchen (Viola reichenbachiana) und dem Echten Wurmfarn (Dry- opteris filix-mas). Das lokale begrenzte Zusammentreffen von Brennnessel (Urtica dioi- ca) und Stinkendem Storchschnabel (Geranium robertianum) stellt einen Hinweis auf die örtliche Nährstoffansammlung im Boden dar. Da neben den Pflanzen saurer, basenarmer Standorte wie z.B. dem Wiesen-Wachtelweizen (Melampyrum pratense) und dem Salbei- Gamander (Teucrium scorodonia) auch Basenzeiger wie die Süße Wolfsmilch (Euphorbia dulcis) gedeihen, lässt sich vermuten, dass in den einzelnen Horizonten eine unter- schiedliche Basenversorgung herrscht.

UF 10: Ehemaliger Blockschuttniederwald mit Sommerlinde (Tilia platyphyllos)

Der ehemalige Blockschuttniederwald stockt auf sehr steilem, instabilem und grob- schuttreichem Boden (Abb. 14), welcher sich auf basenreichem Vulkangestein entwi- ckelte. Der Bestand befindet sich in der submontanen Höhenstufe an südexponierter Lage. Er lässt sich nach seinem Artengefüge mit dem Aceri platanoidis-Tilietum platy- phylli Faber 1936 vergleichen.

56 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Der untersuchte Ahorn-Sommerlinden-Steinschuttwald ist als artenarm einzustufen, weil lediglich zwölf Arten anzutreffen waren.

Abb. 14: Ehemaliger Blockschuttniederwald. Er stockt auf sehr steilem, instabilem und grob- schuttreichem Boden. Der Steinschutt ist reichlich mit Moos bewachsen.

Die Hauptbaumart ist die Sommerlinde (Tilia platyphyllos). Überdies sind am Aufbau der Baumschicht die Hainbuche (Carpinus betulus), die Traubeneiche (Quercus petraea) und der Bergahorn (Acer pseudoplatanus), sowie mit wenigen Exemplaren die Rotbuche (Fa- gus sylvatica) und die Gewöhnliche Mehlbeere (Sorbus aria) beteiligt. OBERDORFER (1992: 179) weist darauf hin, dass die Rotbuche sich nur an Stellen ansiedeln kann, wo kein Steinschutt mehr nachgeliefert wird und sich Feinerde ansammeln kann. Aus der Betei- ligung der Mehlbeere kann darauf geschlossen werden, dass es sich hierbei um einen warm-trockenen Bestand handelt. Die Strauchschicht ist mäßig entwickelt und besteht aus zwei Arten: Gemeiner Hasel (Corylus avellana) und Alpen-Johannisbeere (Ribes alpinum). Die Deckung der Krautschicht beträgt nur etwa 10 %, da offener Steinschutt bzw. Blöcke dazwischen liegen. Der Steinschutt ist reichlich mit Moos bewachsen. Die Bodenvegeta- tion setzt sich aus Gewöhnlichem Wurmfarn (Dryopteris filix-mas), Waldmeister (Galium odoratum), Mauerlattich (Mycelis muralis) und Großer Brennnessel (Urtica dioica) zu- sammen.

57 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

UF 11: Ehemaliger Haselniederwald

Die Corylus-reichen Haselniederwälder sind laut POTT (1996: 350) keine natürlichen Pflanzengesellschaften, sondern entwickelten sich aus Kalkbuchen- oder Hainsimsen- Buchenwäldern. Das vereinzelte Vorkommen der Rotbuche (Fagus sylvatica) bzw. des buchenbegleitenden Einblütigen Perlgrases (Melica uniflora) im Bestand könnten diesen Ursprung belegen. Der Bodentyp des ehemaligen Haselniederwaldes (Abb. 15) wird als Pseudogley- Braunerde eingeschätzt, der zeitweise durch Staunässe geprägt wird. Entsprechend be- findet sich im Bestand ausgesprochene Feuchte- bis Nässezeiger wie z.B. das Geflügelte Johanniskraut (Hypericum tetrapterum). Mit 25 aufgenommenen Pflanzenarten lässt sich die Niederwaldform als mäßig arten- reich einstufen. Der Bestand (Abb. 15) verfügt über eine lückige Baumschicht, an deren Aufbau neben der Rotbuche fünf weitere Baumarten beteiligt sind: die Hainbuche (Car- pinus betulus), die Wildbirne (Pyrus pyraster), die Sal-Weide (Salix caprea), der Feld- ahorn (Acer campestre) und die Elsbeere (Sorbus torminalis).

Abb. 15: Ehemaliger Haselniederwald.

In der üppigen Strauchschicht tritt die Gemeine Hasel (Corylus avellana) in Vorherr- schaft. Darüber hinaus sind an ihrem Aufbau der Zweigriffelige Weißdorn (Crataegus laevigata), der Schwarze Holunder (Sambucus nigra), die Brombeere (Rubus fruticosus agg.) und die Hundsrose (Rosa canina) beteiligt. In der Krautschicht treten die Nährstoff- und gleichzeitig Frischezeiger mit großen Ste- tigkeiten auf. Diese sind die Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), die Brennnessel (Urti- ca dioica), das Große Hexenkraut (Circaea lutetiana), das Ruprechtskraut (Geranium

58 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz robertianum), der Gundermann (Glechoma hederacea), die Echte Nelkenwurz (Geum ur- banum) und der Gemeine Rainkohl (Lapsana communis). Weitere Mäßigstickstoff- bzw. Frischezeiger sind das Kleine Springkraut (Impatiens parviflora), das Berg- Weidenröschen (Epilobium montanum) und der Echte Wurmfarn (Dryopteris filix-mas). Auf die stellenweise gute Basenversorgung des Bodens weist das Vorkommen des Männlichen Knabenkrautes (Orchis mascula) und der Echte Schlüsselblume (Primula veris) hin. Der Standort dieser Arten befindet sich auf einer höher gelegenen Stelle der untersuchten Fläche, wobei die Erdoberfläche vom Stauwasser in der Regel verschont bleibt.

UF 12: Ehemaliger Erlenniederwald

Schwarzerlenwälder auf feuchten bis nassen Standorten an Bachufern und in Quellsümpfen wurden früher öfters niederwaldartig bewirtschaftet (MANZ 1993: 144). MANZ untersuchte hierzu beispielhaft einen Erlenbruchwaldbestand, den er der Assozia- tion Sphagno-Alnetum glutinosae Lemée 1937 n. inv. Oberd 1987 zuordnete. Der hierbei exemplarisch untersuchte Standort befindet sich in einem durch die Nie- derwaldnutzung anthropogen erzeugten Eichen-Hainbuchenwald-Komplex, welcher von einem Rinnsal durchgezogen ist und in dessen Umgebung die Schwarzerle (Alnus gluti- nosa) in Vorherrschaft getreten ist. Dabei findet am Standort eine seitliche Überschir- mung durch Rotbuche (Fagus sylvatica), Hainbuche (Carpinus betulus) und Traubeneiche (Quercus petraea) statt. Aufgrund der stark geschlossenen Baumschicht gelangt an den Waldboden wenig Licht, weshalb eine ausgeprägte Strauchschicht fehlt und die Krautvegetation auch spärlich entwickelt ist. Die Strauchschicht besteht lediglich aus Brombeere (Rubus fruticosus agg.) und verfügt über einen Deckungsgrad von weniger als 5 %. Die Krautschicht setzt sich aus acht Arten zusammen, wobei hochwüchsige Farne (Dryo- pteris filix-mas, Athyrium filix-femina) dominieren. Weitere Arten der Krautvegetation sind der Frühjahrsgeophyt Buschwindröschen (Anemone nemorosa), die Dreinervige Nabelmiere (Moehringia trinervia), die Wald-Hainsimse (Luzula sylvatica), die Feuchte- zeiger Mittleres Hexenkraut (Circaea intermedia) und Winkel-Segge (Carex remota).

Referenzfläche: Frischer Schlag eines ehemaligen artenreichen Traubeneichen- Hainbuchen-Niederwaldes

Der hier untersuchte Standort befindet sich im selben Waldbestand, welcher vor dem Fällen der Bäume ebenfalls untersucht wurde. Die primäre Pflanzengesellschaft lässt sich einem artenreichen Traubeneichen-Hainbuchen-Niederwald (mäßig trockene Vari- ante) zuordnen. Zum Zeitpunkt der Aufnahmen verfügte die Schlagfläche bereits seit zwei Jahren über keine Baumschicht (Abb. 16). Insgesamt 66 Gefäßpflanzen konnten im Bestand aufgenommen werden. Die ursprüngli- che Artenausstattung veränderte sich nach dem Schlag erheblich und verschob sich zu- gunsten des Artenspektrums der lichtbedürftigen Pflanzen. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass etwa ein Drittel der vorkommenden Pflanzen (21 Arten) über sehr hohe Stickstoffzahlen (ab N=7) verfügen, was auf die günstige Nährstoffversorgung des Standortes hinweist. Nach der Freistellung der Fläche wurde der Stickstoffreichtum zunächst von Schlagflurarten wie von dem Schmalblättrigen Weidenröschen (Epilobium angustifolium) und dem Roten Fingerhut (Digitalis purpurea)

59 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz ausgenutzt. Darüber hinaus treten überwiegend typische Saumarten wie die Gemeine Schafgarbe (Achillea millefolium), die Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), die Echte Zaunwinde (Calystegia sepium), die Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense), das Gewöhnli- che Knäuelgras (Dactylis glomerata), die Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias), die Wald-Erdbeere (Fragaria vesca), der Stinkende Storchschnabel (Geranium roberti- anum), die Echte Nelkenwurz (Geum urbanum), die Echte Johanniskraut (Hypericum per- foratum), die Rossminze (Mentha longifolia), die Zaun-Wicke (Vicia sepium) und die Große Brennnessel (Urtica dioica) im Bestand auf. Weitere Halblicht-, sowie Halb- bis Volllichtpflanzen sind die Acker-Hundskamille (Anthemis arvensis), die Nickende Distel (Carduus nutans), die Gewöhnliche Kratzdistel (Cirsium vulgare), das Kanadische Beruf- kraut (Conyza canadensis), der Besenginster (Sarothamnus scoparius), die Wilde Möhre (Daucus carota), das Vierkantige Weidenröschen (Epilobium tetragonum), der Gemeine Hohlzahn (Galeopsis tetrahit), das Behaarte Johanniskraut (Hypericum hirsutum), die Flatter-Binse (Juncus effusus), die Rosen-Malve (Malva alcea), der Breitwegerich (Plan- tago major), das Schmalblättrige Greiskraut (Senecio inaequidens), der Weiß-Klee (Trifo- lium repens), der Echte Baldrian (Valeriana officinalis), die Kleinblütige Königskerze (Verbascum thapsus) bzw. die absolute Volllichtpflanze, der Wermut (Artemisia absinthi- um).

Abb. 16: Zweijähriger, dicht bewachsener Schlag eines ehemaligen Traubeneichen-Hainbuchen- Niederwaldes

Aus den 33 registrierten Pflanzenarten des ursprünglichen Galio-Carpinetums kommen 23 Arten (70 %) auch auf der Schlagfläche vor. Der große Artenreichtum ist also teilwei- se den typischen Waldarten zu verdanken, die in den ersten Jahren trotz des erhöhten Lichteinfalls noch überleben können. Diese sind z.B. das Einblütige Perlgras (Melica uni-

60 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz flora), die Zwiebel-Zahnwurz (Dentaria bulbifera) und der Echte Wurmfarn (Dryopteris filix-mas), die ansonsten dunkle Standorten bevorzugen und als typische Buchenbeglei- ter aufzufassen sind. Die immer kräftig werdende Strauchschicht besteht aus vier Arten: aus Brombeere (Rubus fruticoosus agg.), Schwarzem Holunder (Sambucus nigra), Hunds-Rose (Rosa canina) und Eingriffeligem Weißdorn (Crataegus monogyna). Die Brombeere wächst an manchen Stellen besonders stark und bildet gemeinsam mit den Stockausschlägen na- hezu undurchdringliche Komplexe. Als neue Baumarten lassen sich die lichtbedürftige Echte Mehlbeere (Sorbus aria) und der Pionierbaum Zitter-Pappel (Populus tremula) aufnehmen.

4.4.3.3 Beschreibung der Untersuchungsflächen mit mittleren Zeigerwerten nach El- lenberg

Die klimatischen Verhältnisse werden in der Pflanzenwelt durch das Vorkommen cha- rakteristischer Arten erkennbar. So weist z.B. das Auftreten des Waldmeisters (Galium odoratum) oder des Salbei-Gamanders (Teucrium scorodonia) im Untersuchungsgebiet auf die Wirkung des ozeanischen Klimas hin, wohingegen die Stinkende Nieswurz (Hel- leborus foetidus) oder der Efeu (Hedera helix) als Wärmezeiger interpretiert werden. Demnach hängt das Artengefüge eines Gebietes ohne menschlichen Einfluss an erster Stelle von den klimatischen Bedingungen ab. Mit dem Stockhieb ändern sich die Standortsverhältnisse enorm (siehe auch Kap. 4.1.2). Die neu entstandenen Standortsbedingungen nach einem Hieb kommen der Wirkung eines Kahlschlags im Hochwald nahe (ROSSMANN 1996: 107). Die ausschlaggebenden Än- derungen auf Schlagflächen sind die erhöhten Lichtverhältnisse, die gesteigerten Tem- peraturen in Bodennähe bzw. im Boden und die geringere Luftfeuchte (ebd.: 107, 163). Mit den veränderten Standortbedingungen ändert sich die Artenzusammensetzung er- heblich, wobei sich diese Umstellung ebenfalls in den Mittelwerten der Referenzfläche13 gut beobachten lässt (Tab. 10).

13 Ursprünglich verfügte die Referenzfläche über dieselben Standortbedingungen wie UF 7. Die beiden Flächen stam- men aus derselben Pflanzengesellschaft und liegen direkt nebeneinander. Die Referenzfläche wurde im Jahr 2009 frisch „auf den Stock“ gesetzt.

61 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Tab. 10: Ökologische Zeigerwerte der untersuchten ehemaligen Niederwaldbestände (m = mitt- lere Zeigerwert)

mL mT mK mF mR mN mS UF 2 Mittelwert 5,7 5,6 3,5 4,3 6,3 4,5 0,02 Summe 311 223 187 228 277 226 1 Zahl der bewer- 56 41 54 54 45 51 58 teten Arten UF 3 Mittelwert 5,0 5,3 2,8 4,8 3,8 3,7 0 Summe 70 58 39 57 38 37 0 Zahl der bewer- 14 11 14 12 10 10 15 teten Arten UF 4 Mittelwert 5,0 5,3 3,0 4,7 4,6 4,1 0 Summe 130 100 84 103 96 106 0 Zahl der bewer- 26 19 28 22 21 26 29 teten Arten UF 6 Mittelwert 5,5 5,8 3,2 4,4 6,1 4,6 0 Summe 116 92 67 92 110 96 0 Zahl der bewer- 21 16 21 21 18 21 22 teten Arten UF 7 Mittelwert 4,9 5,5 3,2 4,9 5,5 5,7 0 Summe 137 109 89 137 126 149 0 Zahl der bewer- 28 20 28 28 23 26 30 teten Arten UF 8 Mittelwert 4,4 5,8 3,4 5,0 6,4 5,4 0 Summe 31 29 27 35 32 27 0 Zahl der bewer- 7 5 8 7 5 5 8 teten Arten UF 9 Mittelwert 4,2 5,4 3,2 4,8 5,8 4,9 0 Summe 93 81 76 95 99 102 0 Zahl der bewer- 22 15 24 20 17 21 25 teten Arten UF 10 Mittelwert 4,0 5,2 2,7 5,4 6,5 6,4 0 Summe 24 26 16 27 26 45 0 Zahl der bewer- 6 5 6 5 4 7 7 teten Arten UF 11 Mittelwert 5,0 5,6 3,3 5,2 6,8 6,6 0 Summe 105 89 69 99 81 118 0 Zahl der bewer- 21 16 21 19 12 18 23 teten Arten UF 12 Mittelwert 3,7 5,0 2,8 6,2 5,6 5,8 0,1 Summe 33 35 28 56 28 29 1 Zahl der bewer- 9 7 10 9 5 5 10 teten Arten

62 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

mL mT mK mF mR mN mS Ref. Fl. Mittelwert 6,3 5,6 3,6 5,0 6,1 5,8 0,06 Summe 385 235 193 300 256 330 4 Zahl der bewer- 61 42 54 60 42 57 64 teten Arten

Die Mittelwertberechnungen zeigen, dass die untersuchten ehemaligen Niederwaldbe- stände sich durch ihre mittlere Lichtzahlen (mL = 3,7-6,3), Feuchtezahlen (mF = 4,3-6,2), Reaktionszahlen (mR = 3,8-6,8) und Stickstoffzahlen (mN = 3,7-6,6) mehr unterscheiden lassen als durch ihre mittleren Temperaturzahlen (mT = 5,0-5,8) und Kontinentalitäts- zahlen (mK = 2,7-3,6). Dahingegen wurde bei den mittleren Salzzahlen kaum einen Un- terschied erfasst, weshalb dieser Zeigerwert im Weiteren nicht behandelt wird.

Lichtzahl (L-Zahl)

Es konnte nachgewiesen werden, dass die Flora der ehemaligen Niederwälder durch eine sehr weite Lichttoleranz geprägt ist, nachdem in den untersuchten Beständen aus- gesprochene Lichtpflanzen und Waldarten auch registriert wurden. Die wichtigsten angetroffenen Halblicht- bis Volllichtpflanzen (L = 8) der untersuchten Stockausschlagwälder (ohne die Schlagfläche) sind die Zypressen-Wolfsmilch (Euphor- bia cyparissias), der Besenginster (Sarothamnus scoparius), das Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris), der Schmalblättrige Hohlzahn (Galeopsis angustifolia), die Gewöhnliche Hundszunge (Cynoglossum officinale) und der Sichelklee (Medicago falcata) bzw. unter den Straucharten der Gewöhnliche Zwergmispel (Cotoneaster integerrimus) und die Hundsrose (Rosa canina). Darüber hinaus sind noch 20 weitere Pflanzenarten in den Beständen vorzufinden, die als Halblichtpflanzen (L = 7) angesehen werden. Die Schlag- fläche verbirgt erwartungsgemäß die meisten Lichtpflanzen. Hier wurden 17 Pflanzen- arten mit L = 8 und eine Pflanze − das Wermutkraut (Artemisia absinthium) – sogar mit L = 9 registriert. In der Gesamtartenliste lassen sich zwei Pflanzenarten den Tiefschatten- bis Schatten- pflanzen (L = 2) und acht den Schattenpflanzen (L = 3) zuordnen. Diese sind die typi- schen Buchenbegleiter und machen insgesamt 7 % der aufgenommenen Arten aus. Das Vorkommen dieser Pflanzenarten beschränkt sich jedoch nicht nur auf die überalterten Niederwälder, sondern vier von denen sind auch auf der Schlagfläche anzutreffen. Es lässt sich beobachten, dass die mittlere Lichtzahl je nach Standort stark variiert (Tab. 10). Die niedrigste mittlere Lichtzahl (mL = 3,7) wurde für den ehemaligen Erlen- niederwald (UF 12) und die höchste (mL = 6,3) für die Schlagfläche (Referenzfläche) berechnet. Bei der Mehrheit der Untersuchungsflächen pendelt die mittlere Lichtzahl zwischen 4 und 5, d.h., dass der Schwerpunkt der Pflanzen in den ehemaligen Nieder- wäldern auf den Schatten- bzw. Schatten- bis Halbschattenpflanzen liegt. Eine Ausnahme stellen die trockenen Standorte (UF 2, 3 und 6) dar, wobei etwas höhere mittlere Licht- zahlen berechnet wurden. In diesen Beständen ist die Wuchshöhe der Bäume erheblich niedriger und somit sind die Lichtverhältnisse weitaus günstiger als auf den übrigen Untersuchungsflächen.

63 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Temperaturzahl (T-Zahl)

Die niedrigste mittlere Temperaturzahl wurde im ehemaligen Erlenniederwald (mT = 5,0) und der höchste im ehemaligen Buchenniederwald (mT = 5,8) beobachtet (Tab. 10). Der Unterschied zwischen den beiden Grenzwerten ist äußerst gering. Der Grund dafür ist, dass 93 % der aufgenommenen Pflanzenarten über eine Temperatur- zahl von 5 oder 6 verfügt. Somit liegt der Schwerpunkt der Pflanzen auf den Mäßigwär- me- bzw. Mäßigwärme- bis Wärmezeigern. Von den 148 registrierten Arten besitzen lediglich zehn eine von diesen abweichende Temperaturzahl. Darunter gehören sechs Arten zu den Wärmezeigern (T = 7) wie die Armblütige Gänsekresse (Arabis pauciflora), der Schmalblättrige Hohlzahn (Galeopsis angustifolia), die Stinkende Nieswurz (Helle- borus foetidus), das Schmalblättrige Greiskraut (Senecio inaequidens), die Elsbeere (Sor- bus torminalis) und die Straußblütige Wucherblume (Tanacetum corymbosum). Darüber hinaus wurden in den untersuchten Stockausschlagwäldern noch zwei Wärme- bis Ext- remwärmezeiger (T = 8) registriert und zwar der Speierling (Sorbus domestica) bzw. der Französische Ahorn (Acer monspessulanum), deren Verbreitungsschwerpunkt ansonsten in den submediterranen Regionen liegt. Diese Baumarten wurden jedoch bei der Zei- gerwertberechnung nicht berücksichtigt, da diese nur in der Baumschicht vorkommen. Da sich in den gesamten Aufnahmen lediglich zwei Arten zu den Kühle- bzw. Kühle- bis Mäßigwärmezeigern zuordnen lassen, kann bei den aufgenommenen Pflanzenarten eine eindeutige Tendenz in Richtung Wärmezeiger festgestellt werden.

Kontinentalitätszahl (K-Zahl)

Die Mehrheit der aufgenommenen Pflanzenarten hat einen (sub)ozeanischen Ursprung. Die repräsentativsten Vertreter dieser Gruppe aus der Gesamtartenliste sind der Ge- fleckte Aronstab (Arum maculatum), der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea), der Wald- meister (Galium odoratum), der Efeu (Hedera helix), das Einblütige Perlgras (Melica uni- flora), der Besenginster (Sarothamnus scoparius) und der Salbei-Gamander (Teucrium scorodonia). Doch überdies kommt in den untersuchten Stockausschlagwäldern eine Reihe von Pflanzenarten vor, welche ihren Verbreitungsschwerpunkt im Mittelmeer- raum oder im östlichen Mitteleuropa und Osteuropa haben. Diese Arten nehmen eine intermediäre Stellung zwischen subozeanischer und subkontinentaler Verbreitung ein (K = 5). Hierzu gehören etwa 16 % aller registrierten Pflanzenarten. Die wichtigsten sind u.a. die Fieder-Zwenke (Brachypodium pinnatum), die Gewöhnliche-Hundszunge (Cynoglossum officinale), das Schmalblättrige Weidenröschen (Epilobium angustifolium), die Wald-Erdbeere (Fragaria vesca), die Echte Nelkenwurz (Geum urbanum), das Echte- Johanniskraut (Hypericum perforatum), das Kleine Springkraut (Impatiens parviflora), das Hain-Rispengras (Poa nemoralis), die Vielblütige Weißwurz (Polygonatum multiflo- rum), die Straußblütige Wucherblume (Tanacetum corymbosum), der Gemeine Baldrian (Valeriana officinalis), die Zaun-Wicke (Vicia sepium), die Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria) und das Raue Veilchen (Viola hirta). Darüber hinaus befinden sich in der Artenliste zwei weitere Pflanzenarten, der Sichelklee (Medicago sativa ssp. falcata) und das Wermutkraut (Artemisia absinthium), die im Mitteleuropa als subkontinental- kontinentale Florenelemente (K = 7) noch seltener anzutreffen sind. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die durchgewachsenen Niederwälder sich durch eine große Spannbreite von Kontinentalitätszahlen (K = 2 bis 7) als Sammelbecken von Pflanzenarten mit verschiedener Herkunft auszeichnen lassen, wobei der Schwerpunkt auf Pflanzen liegt, die in großen Teilen Mitteleuropas vorkommen.

64 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Feuchtezahl (F-Zahl)

Die mittlere Feuchtezahl der Untersuchungsflächen zeigt eine kleine Schwankungsbrei- te, da abgesehen vom höchsten Grenzwert (mF = 6,2) die Feuchtezahle nur wenige Un- terschiede aufweisen und immer zwischen mF = 4,3 und 5,4 pendeln. Die niedrigste mittlere Feuchtezahl wurde erwartungsgemäß auf UF 2 berechnet (Abb. 17), wobei sich in der Baumschicht zur Traubeneiche (Quercus petraea) zunächst der Französische Ahorn (Acer monspessulanum) und die Elsbeere (Sorbus torminalis) gesellen. In der unmittelbaren Nähe kommt sogar der Speierling (Sorbus domestica) vor. Die meisten Bäume zeigen im Bestand einen „Krüppelwuchs“ und erreichen eine nur niedrige Wuchshöhe. Mit diesem verzögerten Wachstum passen sich die Bäume an das trockene und warme Klima an. In der Krautschicht konnten zahlreiche Trockniszeiger (F = 3) wie beispielsweise die Armblütige Gänsekresse (Arabis pauciflora), der Gewöhn- liche Zwergmispel (Cotoneaster integerrimus), die Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) oder die Schwärzende Platterbse (Lathyrus niger) aufgefunden werden. Die- se Pflanzenarten treten auf trockenen Böden häufiger auf als auf frischen. Darüber hin- aus wurden einige Exemplare der Felsen-Fetthenne (Sedum rupestre) gefunden, die eine niedrige Feuchtezahl besitzt (F = 2) und somit als Starktrocknis- bis Trockniszeiger in- terpretiert wird. Insgesamt 16 % der vorgefundenen Arten können einer der beiden recht niedrigen Feuchteskalen (F = 2 oder 3) zugeordnet werden. Die zweitniedrigste mittlere Feuchtezahl (mF = 4,4) besitzt UF 6, deren Baumschicht zu einem großen Anteil aus trockenheitstoleranter Elsbeere besteht.

7 mF 6 5 4 3 2 1 0

Abb. 17: Mittlere Feuchtezahl der Untersuchungsflächen

Dahingegen wurde die höchste mittlere Feuchtezahl (mF = 6,2) für den ehemaligen Er- lenniederwald berechnet. Die Baumschicht wird von der Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) geprägt, die überwiegend auf oft durchnässten und luftarmen Böden stockt und deshalb als ausgesprochener Nässezeiger (F = 9) gilt. Das gesamte Artengefüge weist auf die gute Wasserversorgung des Bodens hin. Von den 12 aufgenommenen Pflanzenarten gehören sechs zu den Frischezeigern (F = 5). Weitere zwei registrierte Arten, nämlich der Wald- Frauenfarn (Athyrium filix-femina) und das Mittlere Hexenkraut (Circaea intermedia) mögen etwas feuchtere Standorte und werden deshalb als Feuchtezeiger (F = 7) be-

65 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz zeichnet. Überdies wurde zudem die Winkel-Segge (Carex remota) vorgefunden, die ein weit verbreitetes Mitglied der Erlenwaldgesellschaften ist und als Feuchte- bis Nässe- zeiger (F = 8) aufgefasst wird. Abgesehen von den oben dargestellten seltenen Sonderstandorten nehmen die in Rhein- land-Pfalz meistverbreiteten Stockausschlagwälder mit einem überwiegenden Anteil an Traubeneiche und Hainbuche in ihrer Baumschicht eine Mittelstellung an und stocken auf mittelfeuchten Böden. Die Ergebnisse zeigen, dass der Schwerpunkt der ehemaligen Traubeneiche-Hainbuchen-Niederwälder auf den Frischezeigern (F = 5) liegt (Abb. 17).

Reaktionszahl (R-Zahl)

Die Spannweite der mittleren Reaktionszahlen der Untersuchungsflächen ist beträcht- lich. Ihr Wert bewegt sich zwischen mR = 3,8 und 6,8. Über niedrigere Reaktionszahlen verfügen Standorte wie UF 3 und 4, bei denen in der Baumschicht die Traubeneiche bei weitem dominiert. In ihrer Krautschicht befinden sich mehrere Starksäure- bis Säure- zeiger (R = 2) wie z.B. die Draht-Schmiele (Deschampsia flexuosa), der Behaarte Ginster (Genista pilosa), das Weiche Honiggras (Holcus mollis) oder der Salbei-Gamander (Teu- crium scorodonia). Zudem werden zahlreiche Säurezeiger (R = 3) registriert. Das Wald- Rispengras (Poa chaixii) kommt häufig massenhaft vor, aber auch die Berg-Platterbse (Lathyrus linifolius), die Weiße Hainsimse (Luzula luzuloides), der Wiesen- Wachtelweizen (Melampyrum pratense) oder der Besenginster (Sarothamnus scoparius) sind wichtige Bestandteile der Stockausschlagwaldflora. Darüber hinaus sind mehrere Säure- bis Mäßigsäurezeiger (R = 4) in den Beständen zu finden. Hierzu gehört ein Groß- teil der Habichtskräuter wie z.B. das Gewöhnliche Habichtskraut (Hieracium lachenalii) oder das Savoyer Habichtskraut (Hieracium sabaudum). Am anderen Ende der Spannweite befinden sich die basenreichen Standorte wie der ehemalige Blockschuttniederwald (mR = 6,5) oder der Haselwald (mR = 6,8). Die wich- tigsten vorgefundenen Basenzeiger sind die Nesselblättrige Glockenblume (Campanula trachelium), die Stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus), das Männliche Knabenkraut (Orchis mascula) und die Echte Schlüsselblume (Primula veris). Darüber hinaus weisen mehrere Straucharten auf kalkhaltige Böden hin wie beispielsweise im Blockschuttwald die Alpen Johannisbeere (Ribes alpinum) oder auf UF 2 die Gewöhnliche Berberitze (Berberis vulgaris), der Eingriffelige Weißdorn (Crataegus monogyna) und das Gewöhn- liche Pfaffenhütchen (Euonymus europaea). Werden die Sonderformen außer Acht gelassen, lässt sich feststellen, dass das Schwer- gewicht in den weitverbreiteten Traubeneichen-Hainbuchen-Stockausschlagwäldern auf den Mäßigsäure- bzw. Mäßigsäure- bis Schwachsäure/Schwachbasenzeigern liegt.

Stickstoffzahl bzw. Nährstoffzahl (N-Zahl)

Die mittleren Stickstoffzahlen der untersuchten Stockausschlagwälder sind sehr ver- schieden und schwanken zwischen mN = 3,7 und 6,6 (Tab. 10). Die mittlere Reaktionszahl zeigt auf extremen Standorten eine Parallelität mit der mitt- leren Stickstoffzahl (Abb. 18). UF 3 und 4 verfügen über die niedrigsten Reaktionszahlen und gleichzeitig auch über die niedrigsten Stickstoffzahlen (mN = 3,7 und 4,1). Des Wei- teren zeigen Bestände mit den höchsten Reaktionszahlen (UF 10 und 11) auch die höchsten Nährstoffzahlen (mN = 6,4 und 6,6). Bei den restlichen Beständen gibt es in der Entwicklung der zwei Standortfaktoren keine Übereinstimmung.

66 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Unter den elf Untersuchungsflächen zeigen fünf eine mittlere Stickstoffzahl von weniger als 5. Die repräsentativsten Pflanzenarten der stickstoffarmen Böden aus der Gesamtar- tenliste sind die Traubige Graslilie (Anthericum liliago), die Rundblättrige Glockenblume (Campanula rotundifolia), der Behaarte Ginster (Genista pilosa) und der Wiesen- Wachtelweizen (Melampyrum pratense). Es gibt eine Reihe von Pflanzen, die im Grunde genommen stickstoffarme Böden bevorzugen, doch ausnahmsweise auch auf N- reicheren Böden gedeihen. Die wichtigsten darunter sind die Stinkende Nieswurz (Hel- leborus foetidus) und der Salbei-Gamander (Teucrium scorodonia), welche in drei bzw. sieben Beständen beobachtet werden konnten. Die übrigen sechs Untersuchungsflächen verfügen über eine mittlere Nährstoffzahl von mindestens 5 und beinhalten in ihrem Artengefüge immer häufiger Nitrophyten. Zu den meistverbreiteten Stickstoffzeigern in Mitteleuropa gehören u.a. der Schwarze Holunder (Sambucus nigra), die Echte Nelken- wurz (Geum urbanum), die Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata) und die Große Brenn- nessel (Urtica dioica). Diese Pflanzenarten kommen in den untersuchten Stockaus- schlagwäldern auch häufig vor. Die Knoblauchsrauke und die Brennnessel wurden je- weils in fünf, die Echte Nelkenwurz in vier und der Schwarze Holunder in zwei unter- suchten Beständen beobachtet.

8 mR 7 mN 6

5

4

3

2

1

0

Abb. 18: Mittlere Reaktions- und Stickstoffzahlen der Untersuchungsflächen

In den meistverbreiteten ehemaligen Traubeneichen-Hainbuchen-Niederwäldern liegt der Schwerpunkt auf den Mäßigstickstoff- und Mäßigstickstoff- bis Stickstoffreichtum- zeigern (N = 5 und 6). Typische Vertreter dieser Skalenwerten sind der Waldmeister (Galium odoratum), die Große Sternmiere (Stellaria holostea) und der Echte Wurmfarn (Dryopteris filix-mas), wobei diese Pflanzenarten in mitteleuropäischen Laubwäldern als gewöhnlich gelten.

67 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

4.5 Ableitung möglicher Behandlungsstrategien für die ehemaligen Niederwälder

4.5.1 Methodenkritik: Identifizierung der Niederwaldformen und Erhebungen auf Bestandesebene

Das Ziel der vorliegenden Studie war es, nach der Bestimmung der lokalen Funktion der ehemaligen Niederwälder eine Entscheidungshilfe zu bieten, wie diese künftig bewirt- schaftet werden müssten, um für die Forstwirtschaft und den Naturschutz nach dem jahrzehntelangen Nutzungsverzicht wieder einen Nutzenbeitrag zu leisten. Obwohl sich die ausgewählte Vorgehensweise insgesamt für das Vorhaben der Studie als gut geeignet erwies, stellten sich während der Aufnahme und Auswertung der Daten einige Mängel heraus, die möglicherweise eine Auswirkung auf das Gesamtergebnis haben.

4.5.1.1 Niederwaldklassifizierung und Auswahl der Untersuchungsflächen

Zunächst wurde basierend auf der Baumartenzusammensetzung eine Klassifikation er- stellt, anhand derer die Vielfalt der rheinland-pfälzischen Niederwälder veranschaulicht werden kann. Obwohl in Rheinland-Pfalz nur noch durchgewachsene Bestände vorhan- den sind, spricht die Klassifizierung von „Niederwäldern“, da sich die Herkunft „Nieder- wald“ trotzt der jahrzehntelang bestehenden Nutzungsaufgabe gut erkennen lässt. Nachdem die neue Niederwaldklassifikation auf der Basis einer Literaturrecherche und Expertenbefragung erstellt wurde, wurden für die Formen jeweils mutmaßlich reprä- sentative Flächen ausgewählt. Zu der Flächenauswahl wurden von den im Projekt invol- vierten vier Forstämtern mehrere Vorschläge gemacht. Zwei ausgesuchte Bestände zu den Formen „Schluchtniederwald“ und „Erlenniederwald“ erwiesen sich jedoch im Nachhinein als nicht optimal ausgewählt, da diese dem Charakter der gesuchten Formen nicht vollständig entsprechen. Der als „Schluchtniederwald“ untersuchte Bestand stockt zwar von seiner Lage her in einer Einkerbung, jedoch stimmt seine Baumartenzusam- mensetzung mit der in der Klassifikation beschriebenen Form nicht überein. Dahingegen besteht der „Erlenniederwald“ zwar überwiegend aus Erle, doch die untersuchte Fläche ist eher als ein Teil eines Eichen-Hainbuchen-Waldes auf nassem Standort auszufassen, als dass er eine eigene Waldgesellschaft repräsentieren würde. Im Vergleich dazu wird unter einem „typischen“ Erlenniederwald in der Klassifizierung vielmehr ein bachbeglei- tender Erlenwald verstanden, der zuvor üblicherweise niederwaldartig bewirtschaftet wurde. Obwohl beide Flächen der jeweiligen Niederwaldform nicht vollkommen ent- sprechen, wurden diese von der Untersuchung nicht ausgeschlossen, da sie trotz alle- dem eine gewisse Ähnlichkeit mit den gesuchten Formen aufzeigen. Hiermit wird auf den Mangel der Klassifikation hingewiesen, dass diese nur „Hauptformen“ von Nieder- wäldern unterscheidet, obwohl es vermutlich einige Bestände gibt, bei denen eine Zu- ordnung zu einer Hauptform kaum möglich erscheint. Um die Genauigkeit der Klassifi- kation zu optimieren, sollte diese mit „Unterformen“ ergänzt werden. Zu den Formen „Kastanienniederwald“ und „Stieleichenniederwald“ wurden keine Untersuchungsflä- chen ausgewählt, da diese in den Untersuchungsgebieten weniger Bedeutung haben. In der Klassifikation wurden diese dennoch aufgelistet, weil beide Formen in Rheinland- Pfalz aufzufinden sind. Die Flächenauswahl wird bei den restlichen Formen summa summarum als gut eingeschätzt.

68 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Insgesamt lässt sich festhalten, dass aufgrund der kleinen Anzahl der untersuchten Flä- chen nur ein grober Überblick über die Formen und deren Beschaffenheit gegeben wer- den kann. Zudem könnten die Untersuchungsergebnisse erst für vollständig erachtet werden, wenn in der Studie auch Bestände zum Kastanien- und Steileichenniederwald untersucht geworden wären. Mit der Einbindung weiterer Untersuchungsflächen könnte man die Niederwaldklassifikation weiter präzisieren.

4.5.1.2 Strukturaufnahme

Die angewandte Vorgehensweise zur Aufnahme der Bestandesstruktur ist eine gängige Methode. Dennoch gilt es bei deren Anwendung den Kritikpunkt zu erwähnen, dass die- se einer subjektiven Einschätzung unterliegt, wodurch die Vergleichbarkeit dieser Daten in Frage gestellt werden kann. Einige Parameter wie z.B. der BHD oder die Baumhöhe wurden objektiv erfasst, d.h., dass diese mit einem Messinstrument ermittelt wurden. Allerdings konnte die Mehrheit der Merkmale nur abgeschätzt werden, weshalb die Daten dem Einfluss der subjektiven Meinung des Beurteilers unterlagen. Darüber hinaus gab es auch Parameter wie z.B. die Vitalität, zu deren Einschätzung sowohl Labor- als auch Abschätzmethoden zur Verfü- gung stehen (SCHÜTZ 2003: 48-50). Da sich die Vitalität eines Baumes im Labor jedoch auch nur annähernd bestimmen lässt (ebd.: 48), sind die aufwendigen Labormethoden für die Strukturaufnahme aus praktischer Sicht von weniger Interesse. Zudem ging es in der vorliegenden Studie um die Ermittlung von Parametern mehrerer hundert Gehölze, weshalb für die Strukturaufnahme nur die Messung und Abschätzung vor Ort als Vorge- hensweisen in Frage kamen. Damit die Daten verschiedener Untersuchungsflächen trotzdem als „quasi objektiv“ betrachtet werden können, wurden die Einschätzungen immer von derselben Person durchgeführt. Damit wurde sichergestellt, dass die Beurtei- lung immer nach demselben Schema ablief und somit zu mindestens die Verhältnisse zwischen den erhobenen Daten stimmen müssen.

4.5.1.3 Vegetationsaufnahme

Zur Prüfung der Artenvielfalt der Flora von ehemaligen Niederwäldern wurden die glei- chen zehn Waldbestände untersucht, die für die Strukturanalyse bereits ausgewählt wurden. Zusätzlich wurde ein einjähriger Kahlschlag eines Eichen-Hainbuchen-Waldes (Referenzfläche) in die Untersuchung einbezogen, um zu überprüfen, wie sich die Arten- ausstattung der Bodenvegetation mit der Entfernung der Baumschicht verändert. MUELLER-DOMBOIS & ELLENBERG (1974: 48) empfehlen zur Untersuchung der Waldflora eine Mindestflächengröße von 200 bis 500 m2. Da die hierbei untersuchten Bestände abgesehen vom Blockschuttwald14 immer eine Größe von 500 m2 aufwiesen, wird die Flächengröße für die vegetationsökologischen Aufnahmen als optimal angesehen. Die Charakterisierung von Standorten erfolgte nach den ökologischen Zeigerwerten nach Ellenberg. Ein großer Vorteil der Anwendung von Zeigerwerten ist, dass Aussagen über die Standorte schnell erzielt werden können, wobei diese jedoch ökologische Mes- sungen keinesfalls ersetzen können (ELLENBERG et al. 2001: 48). Zudem wird von MANZ (1993: 269) darauf hingewiesen, dass Zeigerwertberechnungen aus Niederwäldern

14 Im Blockschuttwald wurde aufgrund der spärlichen Bodenvegetation dieselbe 1.000 m2 große Untersuchungsfläche vegetationsökologisch untersucht, deren Bestandesstruktur ebenfalls aufgenommen wurde.

69 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz vermutlich anders interpretiert werden müssen, da die Zuweisung der Zeigerwerte der Waldpflanzen auf deren Vorhandensein in Hochwäldern basiert, wo zwischen den Arten ganz andere Konkurrenzverhältnisse herrschen. Da jedoch hier durchgewachsene Nie- derwaldbestände untersucht wurden und diese sich von den Hochwäldern in ihren Standortsbedingungen kaum unterscheiden lassen, wird angenommen, dass die Zeiger- werte wie gewohnt verwendet werden können. Während der Vegetationsaufnahmen wurden nur einfache Artenlisten erstellt, in denen die Pflanzen nach ihrer Häufigkeit in drei Gruppen erfasst wurden. Da das Verfahren nur die Präsenz der Arten berücksichtigt, konnte beispielsweise auf die zeitaufwendige Er- mittlung der Artenmächtigkeit nach der Braun-Blanquet-Skala und der Soziabilität nach Schätzskalen verzichtet werden. HOFMEISTER (1990: 142) teilt diese Meinung und betont, dass die Individuenzahl und der Deckungsgrad bei der Beschreibung von Waldstandor- ten eine untergeordnete Rolle spielen. Für die Auswertung der Zeigerwerte gibt es mehrere Möglichkeiten. Um zu entscheiden, welches Berechnungsverfahren am besten für das Vorhaben der Untersuchung geeignet ist, bietet FISCHER (2002: 326-330) eine gute Entscheidungshilfe. Als Fazit stellt FISCHER (2002: 330) heraus, dass in der Praxis i.d.R. die Ermittlung des (ungewichteten) arith- metischen Mittels am besten anwendbar ist, weshalb in der vorliegenden Studie auch mit diesem gearbeitet wurde. Einer der größten Kritikpunkte dieses Verfahrens ist je- doch, dass mittlere Zeigerwerte die geringen standörtlichen Unterschiede nicht immer verlässlich widerspiegeln (ELLENBERG et al. 2001: 48).

4.5.2 Überführung vs. Wiederaufnahme der Niederwaldwirtschaft – Welche Be- handlungsstrategie lässt sich für die ehemaligen Niederwälder anhand der Über- prüfung der lokalen Funktionalität empfehlen?

Das Ziel der Überführung eines ehemaligen Niederwaldes in Hochwald ist die Wert- holzproduktion. Neben der Eiche und Hainbuche wurden die Edellaubbäume wie z.B. die Esche, Sommerlinde, Vogelkirsche, Bergahorn oder Bergulme durch die Niederwald- wirtschaft ebenfalls gefördert, da diese ein gutes Stockausschlagvermögen aufweisen (siehe auch Tab. 1). Doch ein großer Teil der bereits früher nicht überführten Bestände wächst auf ertragsschwachen Standorten oder an Hanglagen, die für die Wertholzerzeu- gung nicht geeignet sind. Für eine Überführung würden schließlich nur solche Bestände in Frage kommen, die mindestens auf mittleren Standorten wachsen. Insgesamt spre- chen für diese waldbauliche Maßnahme jedoch vielmehr nur ökonomische als ökologi- sche Aspekte. Denn der vorgefundenen Literatur zufolge lässt sich feststellen, dass eine Überführung mit nur wenigen naturschutzfachlichen Vorteilen verbunden ist (siehe auch Kap. 5.5.3.4).

Dahingegen können für die Wiederaufnahme der Niederwaldwirtschaft mehrere Gründe sprechen. Obwohl Niederwälder aufgrund der kurzen Umtriebszeiten als wenig natur- nahe Ökosysteme gelten, kann das durch diese Art der Bewirtschaftung entstandene typische Waldökosystem eine große Bedeutung für den Natur- und Ressourcenschutz erlangen (SUCHOMEL & KONOLD 2008: 92). Für den Naturschutz sind die Niederwälder vor allem wegen der Raum-Zeit-Dynamik von großer Bedeutung (siehe auch Kap. 1). Die positiven Effekte der Niederwaldwirtschaft werden jedoch nur voll wirksam, wenn diese auf größerer, zusammenhängender Fläche aufgenommen wird und die Flächen mitei- nander in einem Verbundsystem regional vernetzt sind. Die kleinflächigen Schläge füh-

70 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz ren zu einer Bereicherung der Landschaftsvielfalt sowie des Lebensraumangebotes im Wald. Mit der floristischen und strukturellen Vielfalt nimmt auch die Anzahl der mit den vorkommenden Pflanzen vergesellschafteten Tierarten zu. Nach dem heutigen Kennt- nisstand gibt es zwar keine Arten, die direkt auf Niederwaldwirtschaft angewiesen sind (OSTERMANN 2002: 145), sie bietet aber nachgewiesen vielen seltenen wärmeliebenden Tier- und Pflanzenarten wichtige sekundäre Lebensräume (SCHUMACHER 2007:306, CON- RADY & FASEL 2007: 384). Der Rückgang des landesweit in der Roten Liste mittlerweile als "gefährdet" eingestuften Speierling und Elsbeere steht vermutlich mit der Nutzungs- aufgabe in Zusammenhang, da die Nieder- und Mittelwaldwirtschaft die Verbreitung beider Arten nachgewiesen gefördert haben (KAUSCH-BLECKEN VON SCHMELING 2000: 22, PIETZARKA et al. 2009: 2). Diese Annahme basiert auf drei Eigenschaften beider Baumar- ten: Sie vermehren sich vegetativ besser als generativ, verfügen über ein gutes Stock- ausschlagvermögen und gelten als wärmebedürftig. Insgesamt könnte also die Wieder- aufnahme der Niederwaldnutzung einen Beitrag für den Erhalt der biologischen Vielfalt leisten. Darüber hinaus kann die Wiederbelebung der Niederwaldwirtschaft auch aus wirt- schaftlicher Sicht ein lukratives Geschäft darstellen, zumal die Nachfrage nach Energie- holz in den letzten Jahren stark zugenommen hat und Niederwälder primär für Brenn- holzproduktion genutzt werden können. Da es sich bei Brennholz im Gegensatz zu fossi- len Energieträgern um einen CO2-neutralen und nachwachsenden Rohstoff handelt, könnte man mit der Brennholzerzeugung im Niederwaldbetrieb auch für den Klima- schutz einen Beitrag leisten. Zudem können die Niederwälder wichtige bodenschützeri- sche Aufgaben (Erosionsschutz an Hängen, Uferstabilisierung) erfüllen, aber auch der hohe kulturhistorische Wert und die touristische Nutzungsmöglichkeit können für eine Wiederbelebung der Niederwälder sprechen (siehe auch Kap. 3.2). Die Frage besteht nun darin, ob es dafür Gründe gibt, weshalb die Niederwaldwirtschaft nicht mehr wiederbelebt werden kann. Mehreren vorangegangenen Beschreibungen zufolge wurde bis zuletzt die Ansicht vertreten, dass Eichenwurzelstöcke der 80 bis 90 Jahre alten Stockausschlagwälder nicht mehr in der Lage sind, sich vegetativ zu verjün- gen (COTTA 1828, JENTSCH 1899, MULOPULOS 1927, GROOS 1953, JOHNSON 1977, MCGEE 1978, POTT 1990, BECKER 2002, DEY & JENSEN 2002 zitiert nach PYTTEL et al. 2013: 99). Dies konnte jedoch von PYTTEL et al. (2013: 97-98) widerlegt werden, nachdem bewiesen wurde, dass Wurzelstöcke der 80-90 jährigen Stockausschlagbestände unabhängig vom Ernteverfahren noch immer vitale Ausschläge bilden. Statt des Alters der Wurzelstöcke würde vielmehr der Wildverbiss eine Gefahr darstellen, weshalb die Bäume sich unter einer niederwaldartigen Bewirtschaftung nicht ausreichend oder gar nicht verjüngen können. Als einzige Lösung hierzu sieht BOSCHEN (2013: 112-113) das Erstellen eines fundierten jagdlichen Konzeptes, in dem die Anzahl der Schalenwildarten in den Regio- nen, wo die Niederwaldwirtschaft künftig aufgenommen werden soll, festgelegt werden würde.

Welche Behandlungsmaßnahme − die Überführung in Hochwald oder die Wiederbele- bung der Niederwaldwirtschaft − schließlich für die Stockausschlagwälder empfohlen werden kann, wird auf der Basis der in folgenden zur Diskussion kommenden Ergebnis- se der Struktur- und Vegetationsaufnahmen entschieden.

71 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

4.5.2.1 Strukturmerkmale

 Schichtung: Bei aktiver Niederwaldbewirtschaftung werden die Bäume auf einer begrenzten Fläche immer gleichzeitig „auf den Stock gesetzt“, weshalb die Gehölze der Teil- schläge des Niederwaldes immer gleichaltrig sind. Im Bestand entsteht während der relativ kurzen Umtriebszeit nur eine Baumschicht, da ein mehrschichtiger Wald nur unter einer länger andauernden Wettbewerbssituation oder bei gleich- zeitigem Vorhandensein ungleichaltriger Bäume im Bestand zustande kommt. SCHÜTZ (2003: 9) weist darauf hin, dass je höher die Baumdichte ist und je länger sich die Bäume im Dichtstand befinden, desto charakteristischer die Wuchsdiffe- renzen der Gehölze sind. Im Kampf um das Licht können manche Baumarten an- dere unterdrücken und eine Vorherrschaft erzielen, woraufhin ein mehrschichti- ges Kronendach entsteht. In den untersuchten Stockausschlagwäldern konnte ein mehrschichtiger Kronenaufbau auch beobachtet werden, nachdem diese i.d.R. über zwei und manchmal sogar eine mehr oder weniger besser entwickelte dritte Baumschicht verfügen. Im Allgemeinen lässt sich festhalten, dass die schattener- tragende Buche auf den Untersuchungsflächen immer dominanter wird und sich schon jetzt mehrheitlich in der obersten Baumschicht befindet, während die we- niger schattentoleranten Baumarten immer mehr in die unteren Schichten ge- drückt werden.

 Baumdichte: Neben dem hohen Anteil an mehrstämmigen Bäumen ist es für Niederwälder charakteristisch, dass sie im Vergleich zu Hochwäldern eine hohe Bestandesdich- te aufweisen. Die untersuchten Stockausschlagwälder haben bis zu 1.940 Bäume/ha (UF 3) und auch der Bestand mit dem niedrigsten Bestockungs- grad mit 330 Bäume/ha (UF 10) stellt einen wesentlich größeren Wert dar, als dies infolge der Durchforstungsmaßnahmen im Endbestand eines Hochwaldes erzielt wird. Im Vergleich dazu betragen die angestrebten Stammzahlen auf Standorten mittlerer bis guter Bonität bei Buche und Esche ca. 150 Bäume/ha (SCHÜTZ 2003: 123) und bei Eiche ca. 100 Bäume/ha (PARDÉ 1978 zitiert nach SCHÜTZ 2003: 123). Folglich haben die Bäume im Niederwald i.d.R. viel zu wenig Platz, um qualitativ hochwertige Stämme zu entwickeln.

 Brusthöhendurchmesser (BHD): Der BHD stellt primär einen wirtschaftlichen Indikator der Forstwirtschaft dar. Die Bäume der Niederwälder erreichen auch auf guten Standorten während der kurzen Umtriebszeit nur selten einen BHD über 20 cm und lassen sich somit i.d.R. der „Stangenholz“-Wuchsklasse zuordnen (SALI 1956: 48). Im Gegensatz dazu bewegt sich der BHD von Bäumen ehemaliger Niederwälder in einer weiten Spanne. In der Hälfte der hierbei untersuchten Stockausschlagwälder wurden Bäume mit einem BHD von über 40 cm aufgenommen (siehe auch Tab. 7). Das heißt, dass in den ehemaligen Niederwäldern zwar selten, aber dennoch Bäume der Wuchsklasse „mittleres Baumholz“ und im Blockschuttwald (UF 10) sogar der Klasse „starkes Baumholz“ (BHD > 50 cm) vorzufinden sind. Einen BHD über 40 cm besitzen allerdings nur knapp über 3 % der aufgenommenen Bäume. Im Gegensatz dazu verfügen nahezu 73 % der Bäume über einen BHD von weniger

72 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

als 20 cm, da die untersuchten Bestände keinen Durchforstungsmaßnahmen un- terzogen wurden und die Gehölze folglich wenig Raum zum Wachsen haben. Insgesamt lässt sich also festhalten, dass obwohl die untersuchten Bestände in ih- rem Alter eine klassische Niederwaldumtriebszeit weit überschreiten und diese sich immer mehr dem Umtriebszyklus eines Hochwaldes annähern, zeigen ihre Bäume mit wenigen Ausnahmen viel niedrigere BHD, als dies in einem Hochwald gewöhnlich ist.

 Anzahl der Stockausschläge: Das charakteristischste Merkmal der Niederwälder ist, dass die Bäume überwie- gend mehrere Stämme besitzen. In überalterten Beständen lässt sich die Her- kunft „Niederwald“ durch die Vielzahl von mehrstämmigen Bäumen noch immer gut erkennen15, weil diese im Durchschnitt knapp 60 % der aufgenommenen Ge- hölze auf den Untersuchungsflächen ausmachen. Vor allem die Hainbuche, die Traubeneiche und die Erle zeigen in der vorliegenden Studie ein besonders gutes Stockausschlagsvermögen. Mehrstämmige Bäume lassen sich aus mehreren Aspekten von Einzelstämmen abweichend bewerten. Zum Beispiel kann der Zeitbedarf abhängig vom Erntever- fahren für die Ernte von mehrstämmigen Bäumen wesentlich höher sein (SUCH- OMEL 2013: 145-157). Aus naturschutzfachlicher Sicht können die mehrstämmi- gen Bäume positiv bewertet werden, da diese die Strukturvielfalt und somit das Lebensraumangebot (Mikrohabitate) erhöhen. Zudem lassen sie sich für den Ero- sionsschutz ideal einsetzen, weil sie das Bodenmaterial gut zurückhalten können (ROSSMANN 1996: 237).

 Totholz: Niederwaldartig bewirtschaftete Wälder gelten als totholzarm (CONRADY 2007 b: 353), da natürlicherweise nur vereinzelte Stockausschläge vor dem Hieb abster- ben. Auch wenn ganze Bäume absterben, können diese während der kurzen Um- triebszeit selten zu wertvollen Habitatbäumen werden, da ein hoher ökologischer Wert i.d.R. nur nach einem gewissen BHD entstehen kann (NIEDERMANN-MEIER et al. 2010: 395). Ein Lebensraum ist für Totholzbewohner daher im Niederwald meistens nur im Bereich von alten Stöcken auffindbar, wenn sie dort abgestorbe- ne Holzteile oder Hohlräume vorfinden können. Im Gegensatz dazu können die durchgewachsenen Niederwälder einen recht ho- hen Anteil an Totholz aufweisen, da durch die Konkurrenz um das Licht mehr Bäume absterben. Auch wenn nur ganze Bäume berücksichtigt werden, verfügen die untersuchten Bestände mancherorts über viel Totholz (bis zu 340 tote Bäume je Hektar). Nur weil die Menge an Totholz in den untersuchten Stockausschlag- wäldern stellenweise als „überdurchschnittlich“ eingeschätzt wird, kann dies je- doch aus naturschutzfachlicher Sicht nicht automatisch als optimal bewertet werden, da die abgestorbenen Bäume selten über einen BHD von über 10 cm ver- fügen. Weil das Totholz hier meistens nur „schwache“ oder „mittlere“ Dimensio- nen erreicht, wird die Bedeutung der Stockausschlagwälder für die Totholzfauna von CONRADY (2007 a: 328) im Vergleich zu Hochwald nur als gering eingeschätzt.

15 Die Forsteinrichtungsdaten belegen die Entstehungsart der untersuchten Bestände ebenfalls.

73 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

 Vitalität, Gesundheitszustand und Dynamik: Vitalität, Gesundheitszustand und Dynamik sind Eigenschaften eines Baumes, die eng miteinander in Verbindung stehen (SCHÜTZ 2003: 59). Dies ist gut nachvoll- ziehbar, da ein Baum nur dann in der Lage ist, seine soziale Stellung im Vergleich zu anderen Bäumen zu verbessern oder zu behalten, wenn er zu mindestens eine normale oder üppige Vitalität aufweist und gesund ist. Mit dem engen Zusam- menhang dieser Parameter lässt sich erklären, weshalb die eine üppige und nor- male Vitalität aufweisenden Bäume sowie die eine aufsteigende und gleichblei- bende Dynamik aufweisenden Gehölze bzw. Bäume ohne sichtbare Schäden in- nerhalb des Bestandes über einen annähernd ähnlichen Anteil verfügen. Die we- nigsten kümmerlichen und die meisten eine normale Vitalität aufzeigenden Bäu- me befinden sich auf mittleren Standorten, wobei die Gehölze einem solchen Stressfaktor wie z.B. Trockenheit selten ausgesetzt sind. In durchgewachsenen Niederwäldern, in denen außer der Traubeneiche und Hainbuche auch weniger schattentolerante Baumarten vorkommen, erhöht sich der Anteil an kümmerli- chen Bäumen, da diese unter Lichtmangel nur limitiert wachsen können. Folglich ist zu befürchten, dass diese von den schattenertragenden Baumarten drohen überwachsen zu werden und ohne das Eröffnen des Kronendachs in den nächsten Jahren aus den Beständen komplett verschwinden. Eine üppige Vitalität in über- alterten Niederwäldern mittlerer Standorte zeigen meistens die schattentoleran- ten Baumarten. Bei guter Nährstoffversorgung des Bodens weisen jedoch manchmal auch andere Baumarten eine überdurchschnittliche Vitalität auf. Die Dynamik zeigt im Ganzen ein ähnlich zu der Vitalität verlaufendes Bild. Die untersuchten Bäume sind abgesehen von der Untersuchungsfläche mit Fran- zösischem Ahorn (UF 2) mehrheitlich gesund bzw. können keine sichtbaren Schäden an ihnen erkannt werden. Denn auch wenn der Anteil an kümmerlichen Bäumen in der Hälfte der Bestände über 30 % liegt, müssen diese nicht automa- tisch krank sein. In den Stockausschlagwäldern lässt sich eine verzögerte Ent- wicklung mancher Bäume vielmehr auf den Konkurrenzkampf um das Licht als auf eine Krankheit zurückführen. Doch die unterdrückten Gehölze verlieren im Laufe der Zeit immer mehr von ihrer Vitalität und können gegenüber Krankhei- ten anfälliger werden. Der Anteil der kranken Bäume liegt derzeit im Durch- schnitt bei 23 %, wobei jedoch zu erwarten ist, dass der Gesundheitszustand der Bäume sich künftig weiter verschlechtert, wenn in den Beständen keine Pflege- maßnahmen durchgeführt werden. Besonders kritisch lässt sich der Zustand der Bäume auf Standorten einschätzen, bei denen die Gehölze extremen Bedingungen ausgesetzt sind. Hierzu ist als Beispiel der Bestand mit Französischem Ahorn (UF 2) zu erwähnen, wo die sommerliche Trockenheit der limitierende Faktor für das Wachstum der Bäume ist. Meistens handelt es sich hierbei um mittelstufige abiotische Dürreschäden, mit denen infolge des Klimawandels künftig verstärkt gerechnet werden muss. Doch auch das Risiko zur Entstehung komplexer Scha- densbilder steigt, da die unter Wasserstress leidenden Bäume geschwächt sind und es schließlich zu einer erhöhten Empfindlichkeit für den Befall durch Pilze oder Insekten kommen kann (ENGESSER et al. 2008: 344-346).

 Kronenlängenklasse:

Die Förderung einer gut entwickelten Krone ist eine Grundvoraussetzung für die Wertholzproduktion, weil die Krone als Wachstumsmotor des Baumes aufzufas-

74 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

sen ist. Wird durch eine Durchforstung mehr Standraum für einen Baum ge- schafft, kann sich dessen Krone sowohl länglich als auch seitlich ausdehnen, was einen erhöhten Durchmesserzuwachs zur Folge hat (SCHÜTZ 2003: 117-118). Die Kronenlänge wirkt sich zudem auch auf die Stabilität des Baumes aus (FÜHRER & NOPP 2001: 271). Folglich empfiehlt sich die Erziehung langkroniger Bäume aus zweifacher Sicht: für die Wertholzerzeugung und aufgrund der immer häufiger auftretenden Stürme auch für die Sturmschadensvorbeugung. Den Aufnahmen zufolge scheint es so, dass sich die Kronenlänge der Bäume in den untersuchten Stockausschlagwäldern meistens auf zwei Faktoren zurückfüh- ren lässt: auf die Baumdichte und die Konkurrenzkraft der Bäume. Aufgrund der überdurchschnittlichen Baumdichte können die Gehölze seltener größere Kronen entwickeln. Somit ist der Anteil der langkronigen Bäume in den durchgewachsenen Niederwäldern in Relation zu Hochwäldern niedrig. In Beständen, die zu einem hohen Anteil aus einer Baumart bestehen wie z.B. UF 3, 4 oder 12, ist die Konkurrenz zwischen den Bäumen offensichtlicher und in- folge des Wettbewerbs befinden sich die Kronen mehrheitlich in einem begrenz- ten Höhenbereich, wobei die Abweichungen zwischen der Kronenlängen bedingt sind. Hier gibt es eine Übereinstimmung mit der Ansicht von SCHÜTZ (2003: 7), dass in reinen Beständen die Konkurrenzsituation um Raum für das Wachstum ausgeprägter ist. Je mehr unterschiedliche Baumarten mit verschiedener Konkur- renzkraft an der Baumschicht beteiligt sind, umso größer waren die Differenzen in den Kronenlängen. Beschädigte oder abgestorbene Kronen wurden, abgesehen von der Untersuchungsfläche mit Französischem Ahorn (UF 2), gelegentlich oder gar nicht registriert. Auf UF 2 sind die Kronen als Folge der Trockenheit beschä- digt oder komplett verdorrt.

 Schiefe: Aus naturschutzfachlicher Sicht weist ein schiefer Baum keine Vor- oder Nachtei- le auf. Wirtschaftliche Parameter werden jedoch beeinflusst, das heißt die Kosten der Pflege und die Holzerlöse. Das größte Problem der schiefwachsenden Bäume ist jedoch, dass diese ihre Stabilität verlieren können und somit einen Gefahrpo- tenzial für Waldbesucher oder wenn sie an Hängen wachsen auch für den Stra- ßen- und Zugverkehr darstellen. Schiefwachsende Bäume versuchen i.d.R. der Schiefheit entgegenzuwirken. Sie reagieren „entweder durch besonders starke Zuwächse auf der zugbelasteten Seite oder auch auf der Druckseite“ (http 3). Die Standfestigkeit des Baumes wird durch eine nicht der Schiefheit entgegenwirkende Baumkrone vermindert (http 3). „Akute Bruchgefahr muss unterstellt werden, wenn die untere druckbelastete Stammzone bis in den Holzkörper reichende Risse aufweist“ (http 3). Um mögliche Unfälle zu vermeiden, müssen die Bäume in einem derartigen Zustand gefällt werden. Im genutzten Niederwald kommt es zu solchen Problemen nicht, da schiefwachsende Bäume entfernt werden, noch bevor ihre Stabilität nachlässt. Al- lerdings wird die Situation kompliziert, wenn standörtliche Gegebenheiten (z.B. Hanglage) die Stabilität der Bäume weiter verschlechtern oder wenn es sich um überalterte und ungepflegte Bestände handelt. Der Anteil der schiefwachsenden Bäume bleibt auf den untersuchten Flächen meistens unter 20 %, deren Großteil zu den wenig schattentoleranten Baumarten gehört und die unter gedämpften Lichtverhältnissen der durchgewachsenen Nie- derwälder verkrümmt in Richtung Licht wachsen. Den höchsten Anteil mit knapp

75 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

über 50 % an schräg wachsenden Bäumen weist der Bestand mit Französischem Ahorn (UF 2) auf. Hierfür ist neben der mangelnden Pflege, der Hanglage und dem Konkurrenzkampf ums Licht auch die Trockenheit verantwortlich.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass unter den aufgenommenen Parametern die Baumartenzusammensetzung, die Baumdichte, der Brusthöhendurchmesser, die Anzahl der Stockausschläge und die Kronenlängenklasse mehr für die Wiederbelebung der Nie- derwaldwirtschaft als für eine Überführung in Hochwald sprechen. Dahingegen können die Schichtung, das Totholzangebot, die Vitalität, die Dynamik und die Schiefe der Bäu- me zum Versuch der Überführung ermutigen. Zum Gesundheitszustand der Gehölze kann keine eindeutige Empfehlung gemacht werden, da es so scheint, dass dieser primär von den in den Beständen herrschenden Standortsbedingungen abhängig ist und die niederwaldartige Nutzung dabei nur eine sekundäre Rolle spielt.

Im Ganzen lässt sich der derzeitigen Leistungsfähigkeit der Bäume zufolge vermuten, dass sich der Allgemeinzustand der Bestände ohne jegliche Pflegemaßnahmen in der Zukunft verschlechtern wird. Der seit Jahrzehnten bestehende Nutzungsverzicht führt zu Stabilitätsproblemen, die längerfristig sogar die Existenz der Bestände gefährden. Aus naturschutzfachlicher Sicht sollte daher wenigstens in den „Sonderformen“ der Nie- derwälder (hierzu gehören die Untersuchungsflächen mit Speierling, Elsbeere, Sommer- linde, Hasel und Schwarzerle) die Nutzung wieder aufgenommen werden, weil diese Bestände nur vereinzelt vorkommen, allerdings spezielle Lebensbedingungen für selte- ne Arten bieten. Werden auf Pflegemaßnahmen aufgrund des hohen finanziellen Auf- wandes und des ausgeblieben wirtschaftlichen Erlös verzichtet, könnte es eine Lösung sein, wenn ausgewählte Bestände als Kompensationsflächen im Rahmen von Ökokonto- Maßnahmen aufgenommen werden würden.

4.5.2.2 Niederwaldflora

Die Pflanzenwelt eines Standortes spiegelt die dort herrschenden klimatischen Verhält- nisse bzw. Bodenfaktoren wider. Ob sich in den untersuchten Beständen die Herkunft „Niederwald“ auch nach jahrzehntelang vorherrschender Nutzungsaufgabe in den Standortfaktoren erkennbar macht, wird in dem folgenden Abschnitt diskutiert.

 Lichtzahl:

Im Grunde genommen wachsen alle Gefäßpflanzen am besten unter guten Licht- verhältnissen. Dabei ertragen nur manche Arten eine verminderte Beleuchtungs- stärke besser (ELLENBERG et al. 2001: 12). Dementsprechend liegt der Unterschied zwischen den Pflanzenarten nicht bei deren Lichtanspruch, sondern bei deren Schattentoleranz. Die im Waldbestand herrschenden Lichtverhältnisse hängen bei aktiver Nieder- waldnutzung von der Sukzessionsphase ab. Wie lange Offenland- und Waldarten im Niederwald dominieren, wird von der Länge der Licht- und Schattenphase be- stimmt. Bei wiederkehrender Niederwaldbewirtschaftung rücken die typischen Waldpflanzen in den Hintergrund, weil diese die regelmäßige Freistellung nicht erdulden (MANZ 1993: 24). SCHMITHÜSEN (1934: 81-82) spricht von einer „floristi- sche Charakterlosigkeit“ in Niederwäldern, weil sich nach der plötzlichen Licht- stellung am schnellsten Pflanzenarten mit einem weiten ökologischen Toleranz-

76 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz bereich etablieren. Insgesamt gesehen werden durch die Niederwaldwirtschaft Pflanzenarten gefördert, welche über eine weite lichtökologische Amplitude ver- fügen und somit an den wechselnden Standortsbedingungen der Schatten- und Lichtphase am besten angepasst sind. Hierzu gehören vor allem Saumarten wie z.B. die Draht-Schmiele (Deschampsia flexuosa) oder der Salbei-Gamander (Teu- crium scorodonia), die auf den Untersuchungsflächen auch öfters vorzufinden wa- ren. ROSSMANN (1996: 142) weist darauf hin, dass wenn die regelmäßige Waldnutzung unterbleibt, die früheren Sukzessions- und Regenerationsstadien verschwinden, die sich durch spezielle Pionier-, Saum- und Mantelarten auszeichnen. Folglich bestimmt das Lichtangebot die Baumartenzusammensetzung in den durchge- wachsenen Niederwäldern und nicht die Sukzessionsphase. Steigt der Anteil von stark schattenden Baumarten (z.B. Rotbuche, Hainbuche) stark an, gelangt weni- ger Licht auf den Boden. Angesichts des Lichtdefizites in den überalterten Nie- derwaldbeständen kommt schließlich den schattentoleranten Pflanzenarten wie- der mehr Bedeutung zu, während laut ROSSMANN (1996: 142) insbesondere die helio-thermophilen Arten dabei verloren gehen. So wurde in den untersuchten Stockausschlagwäldern beispielsweise der Echte Wurmfarn (Dryopteris filix-mas) achtmal, der Waldmeister (Galium odoratum) sechsmal, das Einblütige Perlgras (Melica uniflora) viermal und das Wald-Flattergras (Milium effusum) dreimal be- obachtet. Obwohl die Untersuchungsflächen schon seit Jahrzehnten nicht mehr „auf den Stock gesetzt“ wurden, konnte dennoch auch außerhalb der Schlagfläche eine Reihe ausgesprochener Lichtzeiger aufgefunden werden. Hierzu muss jedoch in Betracht gezogen werden, dass eine gute Nährstoffversorgung im Wald auch dazu führen kann, dass die Pflanzen mit weniger Licht auskommen und folglich sich im Waldinneren auch Arten verbreiten können, die ansonsten den Schatten nicht er- tragen (ELLENBERG et al. 2001: 25). Dies könnte beispielsweise im ehemaligen Traubeneichen-Hainbuchenniederwald (UF 7) neben der früheren Niederwald- nutzung auch eine mögliche Ursache darstellen, weshalb dort bereits vor dem Hieb der benachbarten Fläche vereinzelt Halblichtpflanzen registriert wurden. Ein weiterer Beweis für die ehemalige Auflichtung der untersuchten Waldbe- stände ist die relativ hohe Anzahl an Sträuchern. In der Gesamtartenliste waren dabei zwölf unterschiedliche Straucharten aufzufinden. Dieser Reichtum an Sträuchern lässt sich damit erklären, dass diese im Wald auf lange Zeit nur bei ausreichendem Lichtangebot überleben können (HÄRDTLE et al. 2004: 77) und in- folge dessen die Nieder- und Mittelwaldbewirtschaftung die Entstehung einer gut entwickelten Strauchschicht begünstigen (HOFMEISTER 1990: 138, HÄRDTLE et al. 2004: 146, ELLENBERG et al. 2010: 133). Die Untersuchungsfläche mit Französi- schem Ahorn (UF 2) ist mit sechs Straucharten besonders reich an Sträuchern bzw. auch deren Dichte ist im Vergleich zu anderen untersuchten Stockaus- schlagwäldern wesentlich größer. Dies ist nicht erstaunlich, da die höchste mitt- lere Lichtzahl nach der Schlagfläche für diesen Bestand ermittelt wurde. Zusammenfassend lässt sich ergo festhalten, dass der Schwerpunkt in den unter- suchten ehemaligen Niederwäldern auf den Schatten- bis Halbschattenpflanzen bzw. Halbschattenpflanzen liegt. Dies entspricht in etwa den vorherigen Erwar- tungen, nachdem MANZ (1993: 275) vor etwa 20 Jahren für die linksrheinischen „Niederwälder“ mittlere Lichtzahlen, die meistens zwischen 5 und 6 lagen, ermit- teln konnte. Die Niederwaldbewirtschaftung im klassischen Sinne wurde zu Be-

77 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

ginn der ´90-er Jahre des letzten Jahrhunderts auch nicht mehr betrieben und somit waren nahezu 2/3 der untersuchten Bestände in der Studie von MANZ (1993: 28) auch überaltert. Wenn in Betracht gezogen wird, dass die ehemaligen Niederwaldbestände seit der Untersuchung von MANZ noch 20 Jahre älter gewor- den sind, lässt sich gut nachvollziehen, dass der Schwerpunkt der mittleren Licht- zahlen gesunken ist und in der vorliegenden Studie zwischen 4 und 5 liegt.

 Temperaturzahl: Die mittleren Temperaturzahlen der untersuchten Stockausschlagwälder liegen sehr eng beisammen und schwanken zwischen mT = 5,0 und 5,8. Der Schwer- punkt der Temperaturzahlen der aufgenommenen Pflanzenarten liegt dement- sprechend zwischen 5 und 6. Einen davon abweichenden Wert besitzen lediglich zehn Arten aus der Gesamtartenliste: zwei davon sind Kühle- bis Mäßigwärme- zeiger (T = 4), sechs sind Mäßigwärme- bis Wärmezeiger (T = 7) und zwei Wär- mezeiger (T = 8). Somit lässt sich eine klare Tendenz zu den Wärmezeigern be- obachten. Die ermittelten Werte zeigen einen ähnlichen Verlauf wie bei MANZ (1993: 276), mit dem minimalen Unterschied, dass die Mittelwerte der einzelnen Bestände in der vorliegenden Studie im Schnitt mit 0,2-0,3 etwas höher liegen.

 Kontinentalitätszahl: Der Unterschied zwischen den mittleren Kontinentalitätszahlen der einzelnen Untersuchungsflächen ist gering und pendelt zwischen mK = 2,7 (UF 10 = Blockschuttwald) und mK = 3,6 (Referenzfläche). Dementsprechend streuen die Kontinentalitätszahlen nur wenig, da 65 % der aufgenommenen Ar- ten eine Kontinentalitätszahl in Höhe von 3 oder 4 besitzen. Einen ozeanischen Verbreitungsschwerpunkt (K = 2) haben 18 % der registrierten Arten, während eine intermediäre Stellung zwischen subozeanisch und subkontinental 15 % der Pflanzenarten einnehmen. Die restlichen 2 % der Arten besitzt eine Kontinentali- tätszahl von 7. Diese Werte zeigen eine Übereinstimmung mit den Ergebnissen von MANZ (1993: 145), die besagen, dass sich der Großteil der linksrheinischen Niederwaldflora aus eurasiatisch-subozeanischen Florenelementen zusammen- setzt.

 Feuchtezahl: 82 % der vorgefundenen Arten der untersuchten ehemaligen Niederwälder ha- ben eine Feuchtezahl von 4, 5 oder 6, wobei der Schwerpunk auf den Frischezei- gern (F = 5) liegt. Zudem sind 8 % der Arten Trockniszeiger und 1 % Starktrock- nis- bis Trockniszeiger, die überwiegend auf der Untersuchungsfläche mit Fran- zösischem Ahorn (UF 2) vorkommen. Die Feuchtezeiger (3 % der registrierten Arten) sowie Feuchte- bis Nässezeiger (5 % der registrierten Arten) sind erwar- tungsgemäß im ehemaligen Erlenniederwald (UF 12) verbreitet, doch auch auf der Schlagfläche sind diese mit sechs Vertretern vorhanden. Dies lässt sich damit erklären, dass die Pumpwirkung der Bäume mit der Entfernung der Baumschicht wegfällt, was zur örtlichen Ansammlung von Wasser auf der Bodenoberfläche führt (ROSSMANN 1996: 175). Infolge dessen können sich dort auch Arten ansie- deln, die für Ihre Entwicklung mehr Feuchte benötigen. Abgesehen vom Erlenbestand (mF = 6,2 auf UF 12) bewegen sich die mittleren Feuchtezahlen in der vorliegenden Studie auf einer ziemlich engen Skala

78 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

(mF = 4,3 und 5,4). Im Ganzen entsprechen die Werte den Ergebnissen von MANZ (1993: 276). Im Schwarzwald unterscheiden sich die mittleren Feuchtezahlen der Niederwälder auch nicht maßgebend und so weichen dort nur die Bestände mit Eschen und Erlen mit deren etwas höheren Werten von den anderen Waldgesell- schaften ab (HOCHHARDT 1996: 105).

 Reaktionszahl: Der pH-Wert des Bodens stellt für die Vegetation einen wichtigen Faktor dar, weil dieser einen wesentlichen Einfluss auf die Nährstoffverfügbarkeit nimmt (BALTIS- BERGER 2009: 215). Die optimale Nährstoffverfügbarkeit findet auf Böden mit ei- nem pH-Wert von etwa 5,5 bis 7,0 statt (TEGETHOFF 2001: 285). Zwar kann die Mehrheit der Gefäßpflanzen unter einem breiten Spektrum von pH-Werten über- leben (ELLENBERG et al. 2001: 17, SITTE et al. 2002: 247), aber dennoch kommt es zu großen Abweichungen in der Konkurrenzkraft der Arten bei unterschiedlichen pH-Werten, weshalb der Ansiedlungserfolg je nach Standort unterschiedlich ist (SITTE et al. 2002: 247). In mehreren Literaturquellen (MANZ 1993: 25, DENZ 1994: 54, BÄRNTHOL 2003: 71) wurde darauf hingewiesen, dass die historische Niederwaldbewirtschaftung durch die kurzen Umtriebsrhythmen und wegen der intensiven Nebennutzungs- formen zur Versauerung und infolge dessen zur Nährstoffverarmung der Böden führte. Durch die Brandwirtschaft und anschließende landwirtschaftliche Zwi- schennutzung, sowie durch die Waldweide und das Streu- und Laubsammeln wurde die Biomasse aus den Niederwäldern permanent entzogen. Als Folge dar- aus verarmten die Böden an basischen Ionen, was die Ausbreitung säurezeigen- der Arten begünstigte. Die bodenversauernde Wirkung der früheren Niederwaldnutzung lässt sich an- hand der in der vorliegenden Studie ermittelten mittleren Reaktionszahlen nicht mehr festhalten, da die berechneten Werte nahezu denen der Laubhochwäldern entsprechen (vgl. MANZ 1993: 277, Tab. 33). Der Schwerpunkt der mittleren Reaktionszahlen der untersuchten Bestände liegt zwischen 5 und 6, mit einer eindeutiger Tendenz zu 6. Die Starksäure- bis Säure- zeiger (R = 2) bzw. Säurezeiger (R = 3) sind in der Artenliste relativ selten anzu- treffen, da diese nur 9 % der aufgenommenen Arten ausmachen und sich i.d.R. auf drei Untersuchungsflächen (UF 2, 3 und 4) konzentrieren. Dahingegen wur- den Pflanzenarten mit R = 7 oder 8 oft registriert, sodass diese 41 % der vorge- fundenen Arten darstellen. Schwachsäure- bis Schwachbasenzeiger (R = 7) kom- men sogar in allen untersuchten Stockausschlagwäldern vor. Zu den Basen- und Kalkzeigern gehört lediglich der Sichelklee (Medicago sativa subsp. falcata), der im Bestand mit Französischem Ahorn (UF 2) gefunden wurde und die Rossminze (Mentha longifolia) auf der Schlagfläche. In der Untersuchung von MANZ (1993: 277) waren die Basen- und Kalkzeiger in den Niederwäldern auch unterdurch- schnittlich vertreten, was von MANZ an erster Stelle mit den im Untersuchungsge- biet fehlenden Kalksteinböden begründet wird, wodurch Basen- und Kalkzeiger naturgemäß seltener anzutreffen sind. Die mittleren Reaktionszahlen in der vor- liegenden Untersuchung zeigen einen annähernd ähnlichen Verlauf wie bei MANZ, wobei die Bestände mit überwiegend Traubeneiche (UF 3 und 4) die niedrigsten und der mit dem Französischen Ahorn (UF 2) oder der Blockschuttwald (UF 10) zu den Waldorten gehören, die höhere Werte besitzen. In der vorliegenden Studie erreichte der ehemalige Haselniederwald (UF 11) die höchste mittlere Reaktions-

79 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

zahl (mR = 6,8), wobei von MANZ ein zu diesem ähnlichen Bestand allerdings nicht untersucht wurde. Im Gegensatz dazu hat HOCHHARDT (1996: 67) im Schwarzwald vergleichbare Bestände aufgenommen, auf denen die Pflanzenarten der Impatiens noli tangere – Unterausbildung der Haselniederwälder ähnlich hohe Reaktions- zahlen besitzen.

 Stickstoffzahl oder Nährstoffzahl: In den letzten Jahrzehnten ist es immer seltener geworden, dass ein Standort na- türlicherweise über wenig Stickstoff verfügt. Schuld daran hat vor allem die at- mosphärische Deposition, von der sogar die von Siedlungen und Verkehrswegen weit entfernten Standorte betroffen sind. Für die hohe Stickstoffimmission sind in erster Linie die Landwirtschaft, die Industrie und der Verkehr verantwortlich. In- folge der übermäßigen Stickstoffzufuhr verlieren die oligotrophen Standorte ihre individuelle Eigenart (ELLENBERG et al. 2001: 17) und viele Stickstoffzeiger ver- breiten sich massenhaft, wovon die Ausschlagwälder laut ROSSMANN (1996: 150) auch betroffen sind. Da die sich herdenweise verbreitenden Nitrophyten viele andere konkurrenzschwache Arten unterdrücken, die des Öfteren den Natur- schutzwert von Pflanzengesellschaften maßgebend bestimmen, wird die Eutro- phierung durchweg als negativ beurteilt (ebd.: 151). In den untersuchten Beständen lässt sich eine allgemeine „Tendenz zur Eutro- phierung“ in Stockausschlagwäldern anhand der Aufnahmen nicht nachweisen, da ein zeitlicher Vergleich von Vegetationsaufnahmen fehlt. In den Artenlisten der durchgewachsenen Niederwälder (ohne die Schlagfläche) befinden sich na- hezu genauso viel Stickstoffarmut- wie Stickstoffreichtumzeiger. Eine Nährstoff- zahl von 1, 2 oder 3 besitzen 27 Arten und eine Nährstoffzahl von 7, 8 oder 9 ins- gesamt 22 Arten (ohne die Schlagfläche). Doch während sich die Vertreter der Stickstoffarmutzeiger meistens nur auf drei Flächen konzentrieren, lassen sich die meistverbreiteten Nitropyhten wie z.B. die Knoblauchsrauke (Alliaria petiola- ta), die Brennnessel (Urtica dioica) oder der Stinkende Storchschnabel (Geranium robertianum) auf fünf bis sechs Untersuchungsflächen registrieren. Abgesehen von UF 4 sind diese jedoch nach den mittleren Stickstoffzahlen ohnehin Bestände, wo die Stickstoffverfügbarkeit für Pflanzen im Boden als mindestens mittelmäßig zu bewerten ist und weshalb dort mit dem vermehrten Vorkommen von Nitro- phyten ohnehin gerechnet werden muss. Worauf sich die allgemeine gute Nähr- stoffverfügbarkeit der Untersuchungsflächen zurückzuführen lässt (auf das Lie- genlassen von Reisig und Feinästen etc. seit der Aufgabe der intensiven Nieder- waldbewirtschaftung oder Immission), kann aus den vorhandenen Daten nicht beantwortet werden. Doch als plausibelste Erklärung scheint hierfür, dass die Nutzungsaufgabe zur Nährstoffansammlung im Boden geführt hat, welche von Immissionen möglicherweise noch weiter verstärkt wird. Ob es sich auf UF 4 um eine stellenweise auftretende natürliche Nährstoffananreicherung im Boden oder um eine „Tendenz zur Eutrophierung“ handelt, kann mangels Aufnahmen aus früheren Zeiten nicht beantwortet werden. Der Schwerpunkt der mittleren Nährstoffzahl der untersuchten Stockausschlag- wälder liegt an den Mäßigstickstoffzeigern. In den Beständen, wo die Traubenei- che mit Abstand die höchste Beteiligung an der Baumschicht hat (UF 3 und 4), sind die mittleren Stickstoffzahlen am niedrigsten (mN = 3,7 und 4,1), wohinge- gen für den Blockschuttwald (mN = 6,4 auf UF 10) und den Haselwald (mN = 6,6 auf UF 11) die höchsten mittleren Nährstoffzahlen ermittelt wurden. Im Vergleich

80 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

dazu fand MANZ (1993: 276) die niedrigsten mittleren Nährstoffzahlen auch überwiegend in Eichenniederwäldern (mN = 2,4-4,0), während die höchsten in einem äußerst produktiven Ahorn-Eschen-Wald erfasst wurden. Der Verlauf der mittleren Stickstoffzahlen von Niederwäldern im Schwarzwald zeigt eine Paralle- lität mit den Ergebnissen von MANZ und denen der vorliegenden Studie, jedoch mit dem Unterschied, dass dabei neben den Eichenniederwäldern auch die reine sowie die Leucobryum glaucum-Ausbildung der Edelkastanienniederwälder niedrige Nährstoffzahlen besitzen (HOCHHARDT 1996: 105). Da Kastaniennieder- wälder weder von MANZ noch in der vorliegenden Studie untersucht wurden, kann diesbezüglich kein Vergleich zwischen den zwei Naturräumen (Rhein- Mosel-Gebiet und Schwarzwald) aufgestellt werden. Die höchsten Nährstoffzah- len im Schwarzwald besitzen die Hasel- sowie die Erlen-Eschenniederwälder (ebd.: 105).

Aus der Diskussion der Zeigerwerte wird deutlich, dass die untersuchten Bestände mehrheitlich auf mittleren Standorten stocken und deren Vegetation sich hauptsächlich aus Pflanzenarten mit engerer Standortsamplitude zusammensetzt. Da die untersuchten Stockausschlagwälder sich weniger durch die Zeigerwerte unterscheiden lassen, als da- vor vermutet wurde, kann dies auch einen Hinweis dafür darstellen, dass die Flächen- auswahl nicht optimal gelungen ist. Auch wenn man hierzu berücksichtigt, dass es sich um überalterte Niederwälder handelt und sich die Standortcharaktere mit dem Durch- wachsen der Bestände annähern können, sind die Abweichungen der Zeigerwerte klei- ner als erwartet ausgefallen.

Obwohl sich die untersuchten Stockausschlagwälder im Vergleich zu Hochwäldern als „artenreich“ einstufen lassen, befinden sich in der Gesamtartenliste kaum geschützte und/oder seltene Pflanzenarten. Der Mangel an solchen Arten wird auf die mittelmäßi- gen Standortsbedingungen bzw. den überalterten Zustand der Bestände zurückgeführt, weil Wälder auf Extremstandorten und lichte Waldbiotope i.d.R. mehr seltene und ge- fährdete Arten beherbergen. Da eine Vielzahl der aus naturschutzfachlicher Sicht wert- vollen Pflanzen- und Tierarten an frühere Sukzessionsphasen gebunden sind (ROSSMANN 1996: 175), wird berechtigterweise vermutet, dass die Chancen, solchen Arten gute Le- bensbedingungen bieten zu können, durch die Wiederaufnahme der Niederwaldnutzung erhöht werden könnte. Aus naturschutzfachlicher Sicht müsste die Bewirtschaftung zu mindestens in den „Sonderformen“ der Niederwälder wieder aufgenommen werden, da alle vorgefundenen gefährdeten und potenziell gefährdeten Pflanzenarten sowie Orch- ideen, die nach dem BNatSchG als besonders geschützt gelten, dort registriert wurden. Ohne Nutzung ist zu befürchten, dass diese wertvollen Pflanzenarten ausgedunkelt wer- den und aus den Beständen komplett verschwinden.

Um den seltenen Pflanzen- und Tierarten einen längerfristigen Lebensraum in Nieder- wäldern zu sichern, sollten diese in ein Verbund-System integriert werden. Laut ROSS- MANN (1996: 126) lassen sich die Niederwälder aufgrund derer Zwischenstellung „zwi- schen geschlossenem Hochwald und lichten, wenig oder gar nicht bestockten Mantel- Saum-Strukturen“ mit anderen Lebensraumtypen sehr gut verbinden. Durch die Vernet- zung unterschiedlicher Lebensräume können schließlich wertvolle Lebensraumkomp- lexe entstehen, welche aus naturschutzfachlicher Sicht als besonders positiv einzuschät- zen sind, weil der Rückgang und die Bedrohung vieler Arten in vielen Fällen auf deren Lebensraumverlust zurückgeführt werden kann.

81 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Exkurs: Woher kommen die Pflanzenarten nach einem Hieb, wenn diese in der durchgewachsenen Niederwald-Phase oberirdisch nicht vorhanden waren?

Mit der Entfernung der Baumschicht werden die Standortsbedingungen eines Waldortes wesentlich verändert, vor allem was den Licht-, Wärme- und Wasserhaushalt betrifft. Durch die Öffnung des Kronendaches gelangt mehr Licht auf den Waldboden, weshalb dieser stärker aufgewärmt wird und infolge dessen es zu einem schnellen Humusabbau kommt (MANZ 1993: 183). Die Vegetationsaufnahmen zeigen, dass sich die Artenzahl und Zusammensetzung der Bodenvegetation entsprechend den neuen Standortverhält- nissen auch wandeln. Den Standorteigenschaftsänderungen zufolge nimmt die Biomasse der Bodenvegetation zunächst wesentlich zu.

Die Artenzusammensetzung von Schlagflächen eines Ausschlagwaldes hängt laut MANZ (1993: 191) und ROSSMANN (1996: 195) vom Diasporenvorrat16 des Bodens maßgebend ab. Diese Ansicht basiert jedoch nicht auf eigenen Untersuchungen, sondern auf Ergeb- nissen anderer Autoren. Im Gegensatz dazu lässt sich in der Studie von LUX (2000) keine allgemeingültige Antwort darauf finden, in welchem Maß die Samenbank beim Aufbau der neuen Krautschicht nach dem Hieb auf Schlagflächen beteiligt ist. LUX (2000) unter- suchte u.a. die Vegetationsentwicklung als Folge des Diasporenreservoirs von 17 Flä- chen. Dabei wurde die Bedeutung der Samenbanken je nach Bodenfeuchteregime-Typen unterschiedlich eingeschätzt (LUX 2000: 168-183). Auch bei den verschiedenen syndy- namischen Gruppen (Permanente, Ephemere und Differenzierende) wurden von LUX (2000: 160-167) in der Herkunft der neu aufkommenden Pflanzen wesentliche Unter- schiede ermittelt. Demnach regenerieren sich die Permanenten mehrheitlich vegetativ und nur einige Arten wie z.B. das in der vorliegenden Studie auch vorgefundene Hain- Rispengras (Poa nemoralis) oder die Große Sternmiere (Stellaria holostea) bilden eine Samenbank (ebd.: 162). Die Ephemeren bauen laut LUX (2000: 162-163) eher selten eine Diasporenbank auf und werden meistens durch den Wind aus den benachbarten Flä- chen auf die Schläge eingetragen. GRIME (1988: 196, 200) behauptet jedoch, dass die Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense) durchaus eine Samenbank einrichten kann und die Gewöhnliche Kratzdistel (Cirsium vulgare) vielleicht auch. Da sich in der vorliegenden Studie in der direkten Nachbarschaft keine anderen Schläge befinden, könnte die An- sicht von GRIME auch zutreffen, dass beide Arten im Bestand eine Diasporenbank auf- bauen konnten. Nach den Ergebnissen von LUX (2000: 163-166) liegt zudem die Vermu- tung nahe, dass unter den Differenzierenden der Echte Ehrenpreis (Veronica officinalis), die Knotige Braunwurz (Scrophularia nodosa), das Vierkantige Weidenröschen (Epilobi- um tetragonum), die Echte Johanniskraut (Hypericum perforatum), das Behaarte Johan- niskraut (Hypericum hirsutum) und der Weiß-Klee (Trifolium repens) eventuell eine Sa- menbank aufgebaut haben könnten. Die Samen können im Boden jedoch nicht für die Ewigkeit überdauern und keimfähig bleiben. FISCHER (2002: 252) weist darauf hin, dass die Licht- und Wärmezeiger als Relik- te mehrere Jahrzehnte in durchgewachsenen Niederwäldern überleben können. Wird das Kronendach eröffnet bzw. komplett entfernt, wird die Samenbank im Boden akti- viert, wobei laut LUX (2000: 145) für das Zusammenspiel drei Faktoren maßgebend sind: die höheren Bodentemperaturen tagsüber, die erhöhte Temperaturabsenkung in der Nacht und vermutlich die plötzliche Erhöhung der Nitratkonzentration der oberen Bo- denschicht. Nach ROSSMANN (1996: 176, 195, 204) können die Lichtarten im Vergleich zu den typischen Waldarten im Samendepot wesentlich länger überdauern. Obwohl man

16 „Diasporenbank“ und „Samenbank“ werden wie von LUX (2000: 144) synonym verwendet.

82 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz denken könnte, dass durch die Nutzungsaufgabe die Schattenarten gefördert werden, konnte dies nach englischen Studien nicht pauschal behauptet werden. BROWN & WARREN (1992 zitiert nach ROSSMANN 1996: 195) zählen mehrere Schattenarten auf, die einen bemerkenswerten Rückgang oder sogar Totalverlust nach längerer Nichtnutzung erlit- ten, da nur wenige Waldarten ein längerfristig andauerndes Samendepot haben, aus welchem sich nach der Wiederaufnahme der Nutzung die Arten des Ausgangsbestandes regenerieren können. Das Überleben mancher Schattenarten kann also durch die Nut- zungsaufgabe auch beschränkt werden. Wie lange die Samen im Boden letztendlich überdauern können, hängt von vielen Faktoren wie z.B. von der Pflanzenart, der Boden- beschaffenheiten etc. ab. ROSSMANN (1996: 195) bezieht sich auf englische Studien, die besagen, dass 30 bis 40 Jahre nahezu alle Arten überleben können, doch danach lässt die Keimfähigkeit der Samen wesentlich nach und nach 50-70 Jahren sind nur noch wenige Arten in der Samenbank nachzuweisen. Aus diesem Grund kann in Frage gestellt wer- den, ob es überhaupt möglich ist, dass sich die vorgefundenen Pflanzen auf der Schlag- fläche teilweise aus der Diasporenbank regenerierten, da der Ausgangbestand vor dem Hieb mind. 80 bis 90 Jahre alt war. Zudem darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass das vorgestellte Beispiel das Alter eines „typischen“ Stockausschlagwaldes im Un- tersuchungsraum gut repräsentiert, weil sie zufolge der Forsteinrichtungsdaten mitt- lerweile schwerpunktmäßig zwischen 60 und 90 Jahre alt sind. Wenn also die Regenera- tion der Pflanzen aus der Samenbank nach erneutem „Auf-den-Stock-setzen“ in ehemali- gen Niederwäldern ausgeschlossen wird, würde es auch heißen, dass die Arten, die frü- her dort verbreitet waren, allerdings heute selten oder sogar verschollen sind, auch kei- ne Chance mehr haben, sich wieder im Bestand etablieren zu können.

Eine weitere Möglichkeit für Pflanzenarten, sich in der Krautschicht nach dem Schlag anzusiedeln, besteht darin, dass diese aus naheliegenden Flächen vor allem durch Tiere (Zoochorie) oder Wind (Anemochorie) eingetragen werden. Durch diese Verbreitungs- weise erzielen die Arten der früheren Sukzessionsstadien erneut einen Konkurrenzvor- sprung gegenüber den Schattenarten, da sie den Bestand schneller besiedeln (ROSSMANN 1996: 204). Dies liegt an ihrer Verbreitungsstrategie, da Lichtpflanzen meistens wind- verbreitet sind, während Schattenarten oft von Ameisen transportiert werden, die nach einer langen Schattenphase auch erst einwandern müssen, bevor sie die Samen verbrei- ten (ebd.: 204).

Mögliche Behandlungskonzepte

In Anbetracht von wirtschaftlichen, bodenschützerischen und naturschutzfachlichen Aspekten lassen sich für die Behandlung der Stockausschlagwälder drei Strategien emp- fehlen:

 Niederwaldnutzung Dort wo die Stockausschlagwälder bodenschützerische Aufgaben leisten und/oder mäßig trockenen Standorten wachsen, ist eine Wiederaufnahme der Niederwaldwirtschaft zu empfehlen (siehe auch Kap. 3.2.3). Somit würden neben den bodenschützerischen Aufgaben wirtschaftliche Aspekte durch die Brennholz- und Hackschnitzelgewinnung bzw. beim Vorhandensein stärkerer Aufwüchse so- gar Parkettholzerzeugung und zudem noch naturschützerische Gesichtspunkte durch die Förderung der Struktur- und Artenvielfalt in Betracht gezogen.

83 Niederwaldformen in Rheinland-Pfalz

Des Weiteren sollte die niederwaldartige Bewirtschaftung in die „Sonderformen“ ebenfalls aufgenommen werden, wobei statt des Erzielens von wirtschaftlichem Erlös die Unterstützung von naturschutzfachlichen Zielen im Mittelpunkt stehen würde.

 Stabilisierende Pflegemaßnahmen Die wirtschaftliche Nutzung von schwachwüchsigen Stockausschlagwäldern auf trockenen Standorten lohnt sich i.d.R. aufgrund des geringen Zuwachses nicht. Oft sind jedoch diese Bestände aus naturschutzfachlicher Sicht wertvoll, weshalb de- ren Erhalt teilweise wünschenswert wäre. Darüber hinaus führt die Nichtnutzung zum Verlust der Stabilität von Bäumen. Aus diesen Gründen sollten hierbei zu mindestens stabilisierende Pflegemaßnahmen durchgeführt werden, wobei die Eingriffe nur auf das Nötigste beschränkt werden sollten, damit der finanzielle Aufwand minimalisiert wird.

 Überführung in Hochwald Sofern der Stockausschlagwald reich an Edellaubhölzern (Linde, Kirsche, Ahorn- Arten etc.) ist und die Bäume hochwertige Schaftformen aufweisen, da sie auf besseren Standorten wachsen, sollte eine Wertholzproduktion durch die Über- führung in Hochwald gefördert werden. Hierdurch wären primär wirtschaftliche Ziele erfüllt. Der Naturschutz könnte von dieser Behandlungsstrategie profitie- ren, wenn das Totholz und einige Habitatbäume in den Beständen gelassen wer- den würden. In Beständen, wo die Überführungsmaßnahmen bereits begonnen wurden, sollten diese weiter ausgeführt werden.

84 Stockausschlagwälder in der Landschaft

5 Stockausschlagwälder in der Landschaft

5.1 Grundlagenkenntnisse zur Landschaftsstruktur und Landschafts- strukturmaßen

5.1.1 Landschaftsökologische Konzepte zur Erklärung der Landschaftsstruktur

Es gibt mehrere Konzepte, um eine Landschaft in ihrer Struktur quantitativ zu beschrei- ben. Dabei sind vor allem der europäische Ausgangspunkt der Landschaftsökologie und die nordamerikanische „landscape ecology“ von größter Bedeutung. Der Begriff der Landschaftsökologie wurde 1939 von Carl Troll im Zusammenhang mit Luftbildinterpretationen in die wissenschaftliche Terminologie eingeführt (STEINHARDT et al. 2005: 29). Darunter versteht TROLL (1968: 17) „… das Studium des gesamten, in ei- nem bestimmten Landschaftsausschnitt herrschenden komplexen Wirkungsgefüges zwi- schen den Lebensgemeinschaften (Biozönösen) und ihren Umweltbedingungen. Dieses äu- ßert sich räumlich in einem bestimmten Verteilungsmuster (Landschaftsmosaik, landscape pattern) oder einer naturräumlichen Gliederung verschiedener Größenordnung.“ Während sich die Geoökologie mit abiotischen und die Bioökologie mit biotischen Umweltfakto- ren beschäftigt, fokussiert sich die Landschaftsökologie auf das Wirkungsgefüge abioti- scher und biotischer Komponenten der Umwelt. Laut FINKE (1978 zitiert nach FINKE 1994: 22) steht die „Erfassung des räumlichen Verteilungsmusters und des räumlich- funktionalen Zusammenwirkens der Ökosysteme“ im Mittelpunkt der landschaftsökologi- schen Forschungen. Demnach haben Landschaftsstruktur und Landschaftsvielfalt nicht dieselbe Bedeutung, denn die Landschaftsvielfalt umfasst neben den strukturellen, räumlichen und zeitlichen Mustern der Landschaftsökosystemen auch die funktionalen Beziehungen (LESER & NAGEL 1998: 135). In diesem Sinne sollen, wenn eine Landschaft in ihrem räumlichen Kontext untersucht wird, laut STEINHARDT et al. (2005: 147) neben der Struktur auch die „Funktionen“ der Landschaft in Betracht gezogen werden, weil sie in enger Beziehung zueinander stehen. Die Funktionen beschreiben die Wechselwirkungen im Ökosystem in Form des Transfers von Energie, Stoff und Organismen (WALZ et al. 2001: 101, STEINHARDT et al. 2005: 151). Im Gegensatz zu dieser „klassischen“, vor allem in Europa angewandten Auffassung der Landschaftsökologie entwickelte sich in Nordamerika Ende der 1980er Jahre basierend auf der weiten Verbreitung der Fernerkundung und des Einsatzes von Geoinformation- systemen (GIS) in der Ökologie und den angewandten Disziplinen ein neuer For- schungszweig, der sich als quantitative Landschaftsökologie bezeichnen lässt. Die erste Arbeit über quantitative Beschreibung von Landschaftsstrukturen wurde 1988 von O'Neill vorgestellt. Seine Theorie beruht auf den Forschungsergebnissen von FORMAN & GODRON (1986), die die Ansicht vertreten, dass sich eine Landschaft durch drei Kompo- nenten charakterisieren lässt: Struktur, Funktion und Veränderung (oder Wandel) (FORMAN & GODRON 1986: 11, TURNER 1989: 173, TURNER & GARDNER 1991: 6, BASTIAN 1990 zitiert nach FORMAN 1995: 5, HOBBS 1997: 3). Hierbei ist die neue Komponente, der Wan- del, als „die Veränderung von der Struktur und der Funktion des ökologischen Mosaiks über die Zeit“ zu verstehen (WALZ et al. 2001: 101). Zwar betont das Konzept (Abb. 19) die Zusammenhänge zwischen der Struktur und den ökologischen Funktionen, dennoch steht im Fokus landschaftsökologischer Forschungen meistens nur die Analyse der Landschaftsstruktur (HERBST 2007: 6).

85 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Abb. 19: Die Landschaftsökologie lässt sich durch die Forschung der drei Grundaspekte: Struk- tur, Funktion und Wandel charakterisieren (verändert nach HOBBS 1997: 4)

Der Grund dafür ist, dass die Landschaftsstruktur nicht nur als das Ergebnis ökologi- scher Prozesse angesehen werden kann, sondern dass sie vielmehr über die Rückkoppe- lung entscheidend auf die ökologischen Prozesse wirkt. Das heißt eine Veränderung in der Landschaftsstruktur führt gleichzeitig zu einem Wandel in der Funktion. Demnach kann von der Struktur der Landschaft auch auf ihre Funktion geschlossen werden (FOR- MAN & GODRON 1986: 11).

5.1.2 Was ist Landschaftsstruktur?

Die Struktur der Landschaft ist ein wesentliches Merkmal bei der Charakterisierung der Landschaft. Es konnte nachgewiesen werden, dass Menschen in Hinblick auf die Ästhetik vielmehr die strukturreichen und vielfältigen als die monotonen und strukturarmen Landschaften bevorzugen (HOISL et al. 2000: 127, WÖBSE 2002: 249, STÖLB 2005: 332, LANG & BLASCHKE 2007: 14). Gegenwärtig gibt es immer weniger intakte und gleichzeitig von Natur aus strukturreiche Landschaften auf der Welt. In Mitteleuropa dominieren die durch die anthropogene Nutzung entstandenen, sekundären Kulturlandschaften. FORMAN (1995: 115), FROHN (1998: 14) und LANG & BLASCHKE (2007: 100) weisen darauf hin, dass der menschliche Einfluss tendenziell zu einfacheren Gestalttypen in der Landschaft führt. WRBKA (2003: 177) nennt diesen Prozess die „Geometrisierung der Landschaft“, weil die Grenzlinienkomplexität von Landschaftselementen abnimmt und folglich die

86 Stockausschlagwälder in der Landschaft kompakten Formen dominieren. In diesen unter dem menschlichen Einfluss stehenden Kulturlandschaften sind deutliche Verbindungen zwischen den natürlichen und kulturel- len Mustern und Prozessen zu beobachten (WALZ 2006: 8). Aus diesem Grund erweist sich die Einbeziehung des Menschen bei einer Landschaftsanalyse als unbedingt not- wendig. Aus terminologischer Sicht versteht man unter dem Begriff „Landschaftsstruktur“ das Erscheinungsbild des Musters oder Mosaiks einer Landschaft, welche aus der „Größe, Form, Anzahl, Art und Anordnung der Landschaftselemente“ entsteht (WALZ 2006: 5). Nach FORMAN & GODRON (1986: 11) ergibt sich die Landschaftsstruktur aus den „raumbe- zogenen Eigenschaften der Ökosystem-Elemente“ und aus deren „räumlichen Beziehungs- geflecht“. BLASCHKE (1999: 10) verwendet zur Erklärung des Aufbaus der Landschaft die holisti- sche Theorie. Nach dieser Sichtweise wird die Landschaft als „eine Stufenfolge von Ganz- heiten“ betrachtet, welche miteinander in Verbindung stehen und mit der Integration von untenstehenden Ganzheiten solche vorher nicht erkennbaren Merkmale zum Vor- schein kommen können, die sich aus den einzelnen Bestandteilen nicht ableiten lassen. Um eine Landschaftsanalyse durchführen zu können, sollen zuerst die Bausteine der Landschaft (engl. patch) identifiziert werden. Nach BLASCHKE (2001: 84) kann ein Patch auch als „landscape element“ oder im deutschen als „Ökotop“ bzw. „Fliese“ bezeichnet werden. Er ist die kleinste homogen anzusehende Einheit im Landschaftsgefüge (FORMAN 1995: 43, WALZ 2006: 5), dessen Größe in erster Linie von der Betrachtungsebene und der Fragestellung der Landschaftsanalyse abhängt (TOWNSEND et al. 2009: 140). Wenn die Struktur einer Landschaft beschrieben werden soll, sind neben den Patches auch andere Elemente in der Landschaft zu betrachten. Hierzu findet als theoretischer Ansatz meistens das „Patch-Corridor-Matrix-Model“ von FORMAN (1995: 3) Anwendung. Dementsprechend besteht die Landschaft in der Regel aus Flecken (Patches), Korridoren und Matrix (FORMAN 1995: 3, STANDOVÁR & PRIMACK 2001: 415, LANG & BLASCHKE 2007: 109). Korridore sind linienförmige Verbindungselemente, die die gleichen Biotoptypen in einer fragmentierten Landschaft miteinander verbinden, wodurch die Ausbreitung der dort lebenden Pflanzen- und Tierarten ermöglicht wird (WULF 2001: 201). Unter den Verbindungselementen lassen sich vier Grundtypen unterscheiden: Linienkorridore, Streifenkorridore, Fließgewässerkorridore und Netzwerke (FORMAN & GODRON 1981: 736). Die ökologische Funktion der Korridore stellt allerdings unter den Land- schaftsökologen ein kontrovers diskutiertes Thema dar, da neben den oben genannten Vorteilen auch die Verbreitung der nicht erwünschten invasiven Arten und Krankheiten begünstigt werden kann (STANDOVÁR & PRIMACK 2001: 417). Außerdem kann ein Korridor − z.B. ein Fluss − nicht alle Arten einer Landschaft, sondern nur bestimmte unterstützen. Dementsprechend fungiert er für manche Lebewesen vielmehr als Barriere, als ein Ver- bindungselement (BASTIAN & SCHREIBER 1999: 308, WULF 2001: 202). Folglich können die Korridore fünf Funktionen erfüllen: sie fungieren als Lebensraum, Verbindungselement, Filter/Barriere, Quelle und Senke (FORMAN 1995: 148). Die dritte Komponente der Landschaftsgefüge ist die Matrix. Sie ist die vorherrschende Nutzungsart der betrachteten Landschaft, in die die weiteren Landschaftselemente ein- gebettet sind. Die Matrix lässt sich in der heutigen, durch Menschen stark veränderten Kulturlandschaft nur noch schwer ermitteln (WALZ 2006: 5, WALZ 2011: 117).

87 Stockausschlagwälder in der Landschaft

5.1.3 Welche Wirkung übt die Landschaftsstruktur auf ökologische Prozesse aus?

Zwischen der Landschaftsstruktur und ökologischen Prozessen wurden Zusammenhän- ge nachgewiesen (WALZ 2006: 9). Im Folgenden werden einige Beispiele vorgestellt:

 WRBKA (2003: 22) weist darauf hin, dass sich Veränderungen in der Landschafts- struktur auch in der biotischen Vielfalt der Landschaft erkenntlich machen.  Nach SCHULTZ & LUTZE (2011: 101) „schlägt sich die Landschaftsstruktur kausal in Biodiversität nieder.“ Insofern hängt das Vorkommen vieler Arten vom Vorhan- densein bestimmter Habitate und der Funktion der Landschaft ab.  STEINHARDT et al. (2005: 153) betonen, dass „je größer die Menge und Vielfalt der Landschaftselemente ist, desto größer ist die ökologische Diversität der Land- schaft.“  Laut BASTIAN & SCHREIBER (1999: 303) steigt die Artenzahl mit der Flächengröße in der Regel bis zu einem Sättigungspunkt an. Denn größere Ökosysteme zeigen normalerweise eine größere Vielfalt an Standortsbedingungen und innerer Struk- tur auf. Überdies steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich Arten mit einem großen Flächenbedürfnis etablieren können.  FORMAN (1995: 63) deutet darauf hin, dass die Artenzahl in terrestrischen Patches von mehreren Aspekten wie u.a. von der Habitatvielfalt und der Heterogenität der Matrix, dem Grad der Isolation, der Größe des Patchkerns, den Störungen und dem Patchalter abhängt.

Die folgende Abbildung (Abb. 20) erklärt, welche Beziehung zwischen der Landschafts- struktur und der Geo-, Bio- und Nutzungsdiversität besteht:

88 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Abb. 20: Diversität und Landschaftsstruktur (in Anlehnung an JEDICKE 2001: 61 und WALZ 2006: 8)

Demnach formt sich die Landschaftsstruktur aus zwei Komponenten: der primären und der sekundären Landschaftsstruktur. Die primäre Landschaftsstruktur umfasst die Geo- diversität und die Biodiversität. Über die primäre Landschaftsstruktur hinaus, bildet sich schließlich unter dem Einfluss der anthropogenen Nutzung die sekundäre Land- schaftsstruktur heraus. Die Definition der Biodiversität oder biologischer Vielfalt ist ein- deutig, so fallen darunter drei konzeptionelle Ebenen, die gemeinsam zu betrachten sind: die Artenvielfalt, die genetische Diversität und die Vielfalt von Ökosystemen (STREIT 2007: 14). So viel Klarheit herrscht bei dem Begriff der Geodiversität nicht. Die- ser findet zwar in der Literatur schon lange Anwendung, jedoch konnte diesem bis An- fang der 2000-er Jahre kein konkreter Inhalt zugeordnet werden. Um diese Unklarheit zu beenden, schlägt JEDICKE (2001: 60) für die Geodiversität folgende Definition vor: „Geodiversität ist die Variabilität von physiogenen (abiotischen) Bestandteilen in ökologi- schen Systemen unterschiedlichster Größenordnungen. Betrachtet werden als Komparti- mente die Geofaktoren Relief, Gestein, Boden, Grund- und Oberflächenwasser sowie Atmo- sphäre in einander möglichst gleichrangiger Form sowie als räumlich-funktionale Bezie- hungssysteme Physiotope und – gemeinsam mit der Biodiversitätsforschung – Ökosyste- me.“ Zusammenfasend lässt sich also feststellen, dass sich die Landschaftsdiversität aus dem Zusammenspiel der Nutzungsdiversität mit den natürlichen Landschaftsstrukturen von Geo- und Biodiversität formt. Nach LESER & NAGEL (1998: 137) können hierzu die Begrif- fe „landschaftsökologische Diversität“, „Landschaftsdiversität“ und „(Landschafts-) Öko- diversität“ als Synonyme verwendet werden.

89 Stockausschlagwälder in der Landschaft

5.1.4 Was sind Landschaftsstrukturmaße?

Bevor man die Funktion und den Wandel in der Landschaft verstehen kann, müssen zu- nächst die Strukturen der Landschaft identifiziert und quantifiziert werden. Mit diesem Hintergrund begann die Suche nach Methoden zur Quantifizierung der Landschafts- struktur, was letztendlich zur Entwicklung zahlreicher Landschaftsstrukturmaße (engl. landscape metrics) führte. HERBST (2007: 9) definiert die Landschaftsstrukturmaße (LSM) „als Kennzahlen, welche die Flächen, Formen, Randlinien, Diversität und Verteilung der Landschaftselemente objektiv beschreiben, und damit die geometrischen und räumli- chen Eigenschaften einer Landschaft charakterisieren.“ Die Maße werden durch eine ma- thematische Formel berechnet und lassen sich mithilfe einer kommerziellen GIS- Software schnell und einfach ermitteln. Die Landschaftsstrukturmaße können nach mehreren Aspekten klassifiziert werden. Nach der allgemeinen Kategorisierung können sie zwei Gruppen zugeordnet werden. Zum einen der, welche die Komposition (Größe, Form, Anzahl etc.) und zum zweiten der, welche die Konfiguration (die räumliche Verteilung in der Landschaft) der Landschafts- elemente beschreibt (GUSTAFSON 1998: 146). Eine Klassifizierung ist auch danach möglich, auf welcher Ebene die Landschaftsstruk- turmaße ermittelt werden (MCGARIGAL 2002: 1136, STEINHARDT et al. 2005: 195, LANG & BLASCHKE 2007: 212):

 auf der Ebene der einzelnen Landschaftselemente („patch indices“)  auf der Ebene der einzelnen Klassen („class indizies“)  auf der Ebene des gesamten Landschaftsmosaiks („landscape indices“).

Die Ebene der Analyse muss abhängig von der Fragestellung gewählt werden (STEIN- HARDT et al. 2005: 199):  bei populationsökologischen Fragestellungen bietet sich insbesondere die Be- rechnung der Indizes auf Patchebene an;  wenn das Interesse auf der Fragmentierung von Landschaften oder Biotopver- bunden liegt, sollten die Maße auf Klassenebene ermittelt werden;  und bei einem Landschaftsmonitoring oder –typisierung sollten die Land- schaftsindizes zur Analyse herangezogen werden.

Nach der dritten und zugleich meistverwendeten Klassifizierung werden die LSM acht Gruppen zugeordnet (LEIN 2012: 154, http 4):

1. Area/Density/Edge metrics (Flächen-/Dichte-/Kantenmaße) 2. Shape metrics (Formbezogene Maßzahlen) 3. Core area metrics (Kernflächenmaße) 4. Isolation/Proximity metrics (Lagebeziehungen) 5. Contrast metrics (Kontrastmaße) 6. Contagion/Interspersion metrics (Verteilungsmaße) 7. Connectivity metrics (Grad der Einbindung) 8. Diversity metrics (Diversitätsmaße)

90 Stockausschlagwälder in der Landschaft

STEINHARDT et al. (2005: 199) weisen darauf hin, dass sich die Berechnung von 5 bis 8 Strukturmaßen zur optimalen Beschreibung der Landschaftsstruktur als ausreichend erweist.

5.1.5 Theoretische Grundlagen zu den Landschaftsstrukturmaßen

Die Klärung von Begrifflichkeiten (wie z.B. Artenvielfalt, Ökoton, Randeffekt, Isolation, Fragmentierung etc.) und deren Wirkung auf die Ökosysteme sind an dieser Stelle von großer Bedeutung, da mit der Berechnung von Landschaftsstrukturmaßen versucht wird, auf diese Prozesse zu schließen. Zum besseren Verständnis ökologischer Zusam- menhänge dienen zudem die verschiedenen ökologischen Theorien. Die wichtigsten Lehrsätze dazu sind das Prinzip der kleinsten überlebensfähigen Population (MVP), die Insel- und Metapopulationstheorien sowie die SLOSS-Debatte. Im Folgenden werden die wichtigsten Konzepte vorgestellt.

5.1.5.1 Biogeographische Theorien

Kleinste überlebensfähige Population

Die kleinste überlebensfähige Population (MVP) ist nach Definition von SCHAEFER (2012: 175) „die kleinste Populationsgröße einer Art in einem Lebensraum, die mit 99%iger Wahrscheinlichkeit einen Zeitraum von 1.000 Jahren überlebt.“ Das Abschätzen der MPV ist sehr schwierig, weil dazu genaue Kenntnisse über die demographische Eigenschaft und die ökologischen Ansprüche der untersuchten Art unerlässlich sind (STANDOVÁR & PRIMACK 2001: 240). Zum Schützen einer Population reicht die Bestimmung der MPV jedoch nicht aus. Denn die vom MPV benötigte minimale Lebensraumgröße (MDA - mi- nimum dynamic area) ist selbst ein entscheidender Faktor, weshalb diese auch ermittelt werden muss (PRIMACK 1995: 109, HÄNEL 2006: 54).

Inseltheorie

Die Inseltheorie von MACARTHUR & WILSON (1967) ist eine der wichtigsten Hypothesen in der Biogeographie. Sie bekundet, dass das Artengleichgewicht auf Inseln oder in insel- haft verbreiteten sonstigen Ökosystemen sich auf zwei miteinander komplementäre Prozesse, nämlich die Einwanderung neuer Arten und das Aussterben anwesender Ar- ten, zurückführen lässt. Dieser Vorgang erreicht mit der Zeit einen Gleichgewichtzu- stand (STANDOVÁR & PRIMACK 2001: 380). Solange die Isolation der Insel die Immigrati- onsrate bestimmt, determiniert die Größe der Insel die Extinktionsrate (MACARTHUR & WILSON 1967: 66, 144).

91 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Metapopulationstheorie

Die Metapopulationstheorie von LEVINS (1969) zeigt eine große Ähnlichkeit mit der In- seltheorie. Das Modell beschreibt die Dynamik von Metapopulationen. Nach dieser Auf- fassung stellt die Metapopulation eine Gruppe mosaikartig verbreiteter Teilpopulatio- nen dar, die untereinander einen beschränkten Genaustausch haben. Die Wechselwir- kung findet auf zwei Ebenen, zwischen den Individuen innerhalb von Patches und zwi- schen den Patches der gesamten Metapopulation statt (TOWNSEND et al. 2009: 349). Die Subpopulationen können infolge von veränderten Umweltbedingungen, demographi- sche Veränderungen etc. aussterben oder durch Zuwanderung aus anderen lokalen Teil- populationen können neue entstehen (WULF 2001: 178). Solange die Extinktion und Ent- stehung neuer Populationen im Gleichgewicht stehen, kann die Metapopulation überle- ben. Insofern hängt das „globale Gleichgewicht der Metapopulationen“ von der Extinkti- ons- und Kolonisationsrate ab (STANDOVÁR & PRIMACK 2001: 282).

SLOSS-Debatte

Aus der Inseltheorie ergibt sich, dass möglichst großflächige Siedlungsinseln geschützt werden sollen, um die Populationen erhalten zu können. Diese Aussage konnte jedoch im Naturschutz nicht eindeutig bewiesen werden. Die Diskussion darüber, ob ein großes oder mehrere kleine Schutzgebiete bei gleicher Gesamtfläche mehr Arten aufnehmen können, lässt sich unter dem Namen „SLOSS-Debatte“ (single large or several small) wiederfinden. Inzwischen konnte empirisch belegt werden, dass kleine Areale von glei- cher Gesamtgröße im Vergleich zu einer großen Fläche eine höhere Artenzahl aufweisen können (SIMBERLOFF & ABELE 1982: 48). Wenn zwei kleine Inseln sich mehr als 25 % in ihrer Artenzusammensetzung unterscheiden, besitzen sie gemeinsam mehr Arten als eine einzige Insel gleicher Gesamtfläche (GILPIN & DIAMOND 1980: 567). Laut MARGULES & USHER (1981: 95) ist ein großes Gebiet nur dann mit großer Wahrscheinlichkeit arten- reicher als mehrere kleine gleicher Gesamtgröße, wenn die Landschaft relativ homogen ist.

5.1.5.2 Interpretation der Artenvielfalt auf unterschiedlichen Ebenen

Die Bewahrung von vielfältigen Ökosystemen ist spätestens seit der Biodiversitätskon- vention von Rio de Janeiro im Jahre 1992 ein prioritäres Thema in der Ökologie gewor- den. Sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene existierten zahlreiche Richtlinien, Abkommen und Konventionen, die den Verlust der Biodiversität durch rechtlich verbindliche Instruktionen aufzuhalten versuchen. Weltweit am bedeutends- ten gelten u.a. das Ramsar-Abkommen (1971), die Welterbekonvention (1972), die Bonn-Konvention (1979) und die Biodiversitätskonvention (1992). Die wichtigste Rege- lung auf Europaebene stellt die Konzeption des Netzwerkes Natura 2000 dar, welche sich basierend auf einheitlichen Kriterien für den Aufbau eines europaweiten Schutzge- bietsystems bedrohter Tiere und Pflanzen, sowie seltener Lebensräume einsetzt. Die Artenvielfalt darf mit der biologischen Vielfalt auf keinen Fall gleichgesetzt werden, weil die Artendiversität nur einen Teil der Biodiversität darstellt, während Letztere auch die genetische Vielfalt und die Variabilität der Ökosysteme mit umfasst. Dennoch steht des Öfteren die Artendiversität im Mittelpunkt des Interesses, weil diese die an- schaulichste Form der Biodiversität darstellt. Eine hohe Artenzahl darf jedoch nicht in

92 Stockausschlagwälder in der Landschaft allen Fällen positiv bewertet werden, weil auch unerwünschte (anthropogene) Belas- tungen, wie beispielsweise die Eutrophierung zur Erhöhung der Artenzahl führen kann (LANG & BLASCHKE 2007: 95). Außerdem bedeutet eine erhöhte Artendiversität nicht im- mer eine höhere Stabilität des Ökosystems (BASTIAN & SCHREIBER 1999: 299). Die Artenvielfalt wird nach WHITAKER (1975, 1977 zitiert nach LADLE & WHITTAKER 2011: 9) in Alpha-, Beta-, Gamma-, Delta- und Epsilon-Diversität eingeteilt, wobei diese Gliede- rung das Diversitätsmuster in Abhängigkeit von der beobachteten Fläche bzw. Flächen- verteilungsmustern beschreibt. In der Praxis finden die Delta- und Epsilon-Diversitäten kaum eine Verwendung, wodurch sich die Differenzierung in den meisten Werken nur auf α-, β- und γ-Diversität beschränkt (JEDICKE 2000: 237, JEDICKE 2001: 66, WULF 2001: 79, STEINHARDT et al. 2005: 153). Mit der α-Diversität wird der Artenreichtum einer Flä- che oder Lebensgemeinschaft, also die Zahl der Arten in einem Biotop oder Habitat be- schrieben. Der Unterschied der α-Diversität zur γ-Diversität besteht nicht in ihrer Quali- tät, sondern in ihrem Betrachtungsmaßstab: die γ-Diversität bezieht sich mindestens auf eine regionale Ebene (WULF 2001: 79). Die β-Diversität ist hingegen dimensionslos und charakterisiert die Artenzusammensetzung entlang eines Umweltgradientes (ebd.: 79). Die β-Diversität wird auch als strukturelle Diversität bezeichnet (STEINHARDT et al. 2005: 193). Die landschaftliche Vielfalt lässt sich mit Landschaftsstrukturmaßen gut ausdrücken. Die Landschaftsdiversität als Teil der Biodiversiät wird sogar in §1 des BNatSchG als schüt- zenswertes Gut aufgeführt. Die wichtigsten Maße zur Beschreibung der γ-Diversität sind die Fülle (Richness), der Shannon-Diversität-Index (SHDI), die Dominanz (DOM) und die Gleichmäßigkeit (Evenness).

5.1.5.3 Kontrast in der Landschaft und die Rolle der Ökotone

Der Kontrast wird in der Landschaftsökolgie als Grad der strukturellen Verschiedenheit zwischen Landschaftselementen angesehen. Wenn der Kontrast zwischen benachbarten Flächen zu groß ist, spiegelt sich dieser durch scharfe Grenzen in der Landschaft wider, welche für zahlreiche Arten eine unüberwindbare Barriere darstellen können. Um die natürliche Dynamik aufrechterhalten zu können, sollte bei der Landschaftsplanung da- rauf geachtet werden, dass ausreichend große Übergangsbereiche vorhanden sind. Breitere Grenzsäume zwischen den unterschiedlichen Landschaftseinheiten werden als Ökotone bezeichnet. Ihre Aufgabe besteht aus dem „Transfer von Stoffen, Energien und Informationen“ zwischen den angrenzenden Flächen (STEINHARDT et al. 2005: 177). Dar- über hinaus verfügen die Übergänge über eine Schutzfunktion, die z.B. durch das Ver- hindern unerwünschter Stoffströme zur Erscheinung kommt (BASTIAN & SCHREIBER 1999: 309). Kennzeichnend für die Ökotone ist die schnelle Veränderung von Umweltbedin- gungen und Standortfaktoren in einem kleinen Raum (ebd.: 308), die von beiden be- nachbarten Flächen intensiv geprägt wird (SMITH & SMITH 2009: 532). Die räumlich hete- rogenen Umweltbedingungen rufen das Zusammenkommen von Arten mit verschiede- nen ökologischen Ansprüchen hervor, was sich in einer erhöhten Artenvielfalt nieder- schlägt (BASTIAN & SCHREIBER 1999: 308, NENTWIG et al. 2009: 34). Dennoch können Saumbiotope nie an die Stelle zusammenhängender Ökosysteme treten (BASTIAN & SCHREIBER 1999: 309). Zur Differenzierung der Wertigkeit zweier benachbarter Flächen bieten die Kontrast- maße aus dem Bereich der Landschaftsstrukturmaße eine Lösung an. Hierzu zählt z.B. der mittlere Kantenkontrastindex (MECI), welcher für die Landbedeckungsklassen den mittleren Kantenkontrast als einen Prozentansatz des maximalen möglichen Kontrastes

93 Stockausschlagwälder in der Landschaft der Landschaft angibt. Demnach ist der Kontrast zwischen Wald und Acker viel größer, als zwischen den unterschiedlichen Waldformen.

5.1.5.4 Zusammenhang zwischen Randeffekt, Patchgröße und Patchform

Der Einfluss der Matrix oder der umliegenden Landschaft auf ein inselartiges Biotop wird als Randeffekt (edge effect) beschrieben. Im Rahmen des Naturschutzes wird durch die Schaffung von Pufferzonen versucht Randeffekten entgegenzuwirken (s.o.). Je klei- ner und/oder langgezogener die Habitatinsel ist, ein desto größerer Randeffekt wirkt auf sie, weil der Kernbereich des Biotops, welcher sich mit stabilen Umweltbedingungen charakterisieren lässt, umso kleiner ist (SMITH & SMITH 2009: 539). Kleine Biotope kön- nen daher einen vollständigen Saumcharakter aufweisen. Als Patchkern definiert FOR- MAN (1995: 130) den größten Kreis im Patchinnenraum. Da die kompaktförmigen Pat- ches im Vergleich zu den gleichgroßen, länglichen Formen über mehr Kernflächen ver- fügen (FORMAN & GODRON 1986: 110, FORMAN 1995: 129, BLASCHKE 1999: 14, LANG & BLASCHKE 2007: 113), bieten sie den Ressourcen mehr Schutz (FORMAN 1995: 124). Aus ökologischer Sicht besitzt der Kreis das beste Flächen-Randlinien-Verhältnis (LANG & BLASCHKE 2007: 240). Darüber hinaus wird der Kreis als Idealform für Habitate angese- hen (FORMAN 1995: 114, WULF 2001: 184). Unter den verschiedenen Patchformen kön- nen ausschließlich die kreisförmigen sowohl durch menschliche Aktivität als auch von Natur aus entstehen (FORMAN 1995: 117). Was die Wirkung des Randeffektes betrifft, ist seine Stärke bei runden Patches nicht so ausgeprägt, weil der Kontaktbereich zur Umge- bung durch die Kreisform minimalisiert wird (WULF 2001: 184). Das Durchführen einer Kernflächenanalyse kann vor allem bei Artenschutzmaßnahmen hilfreich sein, wenn die untersuchte Art als störungsempfindlich gilt. Die wichtigsten Maße dazu sind: die gesamte verbleibende Kernfläche auf Klassenebene (TCA) oder auf Landschaftsebene (TCCA), die Anzahl verbleibender Kernflächen (NCA) und der Kern- flächenindex (CAI). Dass die Größe eines Habitates auf die vorkommende Artenzahl eine Wirkung hat, ist schlüssig. Es konnte jedoch nachgewiesen werden, dass dessen Form ebenso einen Ein- fluss auf die Artenvielfalt ausübt. HONNAY et al. (2003: 241-242) weisen darauf hin, dass die asymmetrischen Habitatsformen aufgrund der größeren Vielfalt an Umweltgradien- ten in der Regel mehr Pflanzenarten einen Lebensraum bieten können. Zu den meistbenutzten formbezogenen Maßzahlen in der Landschaftsstrukturanalyse gehören der Shape-Index (SHI/SHAPE), die Perimeter-Area-Ratio (PARA) und die Frak- tale Dimension (FRACT). Der SHI beschreibt das Flächen-Umfang-Verhältnis und beant- wortet die Frage, wie kompakt sich der Patch im Vergleich zu einem flächengleichen Kreis zeigt (LANG & BLASCHKE 2007: 225). Das Umfang-Flächen-Verhältnis wird mit der PARA oder FRACT definiert, welche aufzeigen wie komplex oder zerlappt die Patchform ist (ebd.: 225).

5.1.5.5 Fragmentierung und Isolation

In der Ökologie wird eine hohe Grenzliniendichte meistens als positiv angesehen, weil diese einen Hinweis auf einen höheren Strukturreichtum in der Landschaft darstellt (LANG & BLASCHKE 2007: 234). Trotzdem sollte eine hohe Strukturvielfalt immer kritisch betrachtet werden, weil ein stark zerschnittenes Gebiet mit fragmentierten Teilhabita- ten ebenso reich an Strukturen ist, obwohl dieses unwiderlegbar negativ zu beurteilen

94 Stockausschlagwälder in der Landschaft ist. Die Fragmentierung ist ein Prozess, bei dem große, zusammenhängende Biotope in mehrere Fragmente zerteilt und dadurch in ihrer Ausdehnung kleiner werden. Diese kann auch auf natürliche Weise stattfinden (z.B. durch Lawinen), aber gegenwärtig wird sie vor allem anthropogen durch Zerschneidung der Lebensräume z.B. mit Straßenbau, Eisenbahnlinien etc. ausgelöst (LANG & BLASCHKE 2007: 184-185). Obwohl sich durch eine Zerschneidung an der absoluten Flächengröße kaum eine Änderung gibt, kann man trotzdem mit funktionalen Störungen rechnen (ebd.: 257). Es konnte nachgewiesen werden, dass die wenig isolierten Flächen generell artenreicher an Pflanzen sind. Dies kann möglicherweise darauf zurückgeführt werden, dass sie leich- ter besiedelt werden können und dass lokales Aussterben aufgrund des permanenten Zuflusses neuer Individuen infolge eines demographischen oder umweltbedingten Zu- falls verhindert wird (HONNAY et al. 2003: 241). Anders stellt es sich bei Tieren dar, bei denen sich die Isolation der Habitate ausschlaggebend auf ihre Verbreitung auswirkt, vor allem dann wenn das Tier über eine schlechte Ausbreitungsfähigkeit verfügt. Inso- fern spielen Landschaftsstruktur und Landschaftskomposition bei wenig mobilen Arten eine entscheide Rolle. Auf die Häufigkeit der mobilen Tierarten übt die Landschafts- struktur jedoch keinen Einfluss aus, weil für diese das Vorhandensein bestimmter Le- bensräume (Landschaftskomposition) vielmehr von Bedeutung ist (VISSER & WIEGAND 2004: 59). Als Beispiel sind die Biotopkomplexbewohner zu erwähnen, welche umfas- sende Habitatansprüche besitzen. Dieses äußert sich darin, dass sie ihren Aufenthaltsort abhängig von ihrem Lebenszyklus oder jahreszeitlich, manche sogar tageszeitlich wech- seln (BASTIAN & SCHREIBER 1999: 297, LANG & BLASCHKE 2007: 173). Darüber hinaus soll auch der Aktivitätsradius der Tiere beachtet werden (BASTIAN & SCHREIBER 1999: 306, LANG & BLASCHKE 2007: 174), da die Erreichbarkeit von Lebensräumen einen wichtigen Faktor zum Überleben von Teilpopulationen darstellt. Schließlich kann die Isolation sol- che Dimensionen erreichen, bei denen ein Austausch zwischen den zwei Teilpopulatio- nen aufgrund der großen Entfernung nicht mehr stattfindet. Dieser Prozess führt zum Inzuchtverhalten, wobei die genetische Diversität drastisch sinkt und dies im Laufe der Zeit zur Schwächung oder sogar zum Aussterben der Teilpopulation führt (BLASCHKE 1999: 15, LANG & BLASCHKE 2007: 187). Insofern ist die Größe der Entfernung zum nächstgelegenen Element desselben Biotoptyps vor allem bei isolierten Flächen ein wichtiges Maß, weil die nahelegenden ähnlichen Lebensräume als Quellen einer Wie- derbesiedlung oder als Trittsteine im Verbund von Ökosystemen fungieren können. Zudem gibt es eine Theorie, die besagt, dass je besser ein Habitat im örtlichen Verbund integriert ist, umso größer die Chance ist, dass dieser Lebensraum von einer Art besie- delt wird (WOLFRUM 2006: 75). In der Erhaltung der Biodiversität wird den Kleinbioto- pen öfters eine Schlüsselfunktion zugewiesen, weil sie aufgrund ihrer Trittsteinfunktion eine strategische Bedeutung in Hinsicht auf die Unterstützung bei der Ausbreitung von Arten haben (YU 1996: 3). Sie spielen somit eine wichtige Rolle in der Biotopvernetzung, die sich aus Kernflächen, Verbindungsflächen und Verbindungselementen aufbaut. Der Ausbau und die Erweiterung vorhandener Habitatverbundsysteme zählen somit nach- vollziehbar zu den wichtigsten Aufgaben des praktischen Naturschutzes, weil der Bio- topverbund nach §21 BNatSchG zu „der dauerhaften Sicherung der Populationen wild lebender Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensstätten, Biotope und Lebensge- meinschaften sowie der Bewahrung, Wiederherstellung und Entwicklung funktionsfähiger ökologischer Wechselbeziehungen“ dient. Die ökologischen Netzwerke (syn. Biotop- oder Habitatverbundsysteme) sollen in dieser Hinsicht mehrere Kriterien erfüllen. Hierzu liefert HÄNEL (2006: 47-48) einen guten Überblick, der die wichtigsten Anforderungen an Biotopverbundsysteme in neun Punkten zusammenfasst.

95 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Es existieren zahlreiche Landschaftsstrukturmaße, mit denen sich Aspekte der Bio- topvernetzung ausdrücken lassen. Die Distanz zum nächsten Patch selber Klasse ist durch eine einfache Abfrage schnell zu ermitteln, jedoch sagt diese Kennzahl über die Qualität des Nachbarelements nichts aus. Stattdessen ist bei vielen Fragestellungen der Proximity-Index (PROX) zielführend zu verwenden, der neben der euklidischen Distanz zum nächsten Element auch dessen Größe mit in die Berechnung einbezieht (BLASCHKE 1999: 15). PROX ist somit als flächengewichtetes Distanzmaß aufzufassen (LANG & BLASCHKE 2007: 264). Bei dessen Kalkulation werden alle Patches berücksichtigt, die sich in einem bestimmten Suchradius vom untersuchten Landschaftselement befinden. Diese Distanz kann in Abhängigkeit von der Fragestellung individuell gewählt werden und nennt sich Proximity-Buffer. Als Proximity-Buffer bietet sich in meisten Fällen der Akti- onsradius der untersuchten Tierart an (ebd.: 264). Der Index besitzt einen kleinen Wert, wenn der untersuchte Patch von kleinen und/oder weit entfernten Elementen umgege- ben ist und wird größer, wenn die umliegenden Patches sich größer und/oder näher zu ihm befinden (ebd.: 264). Eine weitere Kennzahl, die mit Biotopverbund oder Isolation in Zusammenhang gebracht werden kann, ist die Proportion, die den flächenmäßigen Anteil eines Biotoptyps in der Landschaft ausdrückt. Zur Quantifizierung der Landschaftszerschneidung können auch zahlreiche Maße be- rechnet werden. So stellen z.B. die effektive Maschenweite (MESH), der Zerteilungsgrad (DIVISION), der Zerstückelungsindex (S) und der Splittingindex (SPLIT) die meistge- nutzten dar (JAEGER 2001: 42, LANG & BLASCHKE 2007: 189). Diese Indizes drücken auf unterschiedlicher Art dieselbe Ansicht aus, „dass zwei Tiere, die an zwei verschiedenen Orten irgendwo in der betrachteten Region ausgesetzt werden, einander mit einer be- stimmten Wahrscheinlichkeit begegnen können oder nicht“ (JAEGER 2001: 44). Je mehr Barrieren in der Landschaft aufzufinden sind, desto kleiner ist die Chance, dass sich die Individuen derselben Art begegnen können (ebd.: 44). Die Zerschnittenheit einer Land- schaft kann mit der Randliniendichte (ED) ebenso ausgedrückt werden.

5.2 Zielsetzung des Kapitels

Die Zielsetzungen der Studie lassen sich in vier Punkten zusammenfassen:

1. Als oberstes Ziel galt es, die Landschaftsstruktur zweier Landschaftsausschnitte an der Mosel mithilfe von Landschaftsstrukturmaßen quantitativ zu beschreiben bzw. miteinander zu vergleichen. Diese Aufgabe erwies sich als interessant, weil die Untersuchungsräume bis Anfang des 20. Jh. dieselbe Entwicklung durchlaufen haben und heute dennoch über eine völlig unterschiedliche Landschaftsausstat- tung verfügen. In „Untersuchungsraum 1“ dominieren derzeit  wie noch vor 120 Jahren  die Stockausschlagwälder, während in „Untersuchungsraum 2“ die Mehrheit der Bestände in Hochwald überführt wurde. Da sich die unterschiedli- che Landschaftsentwicklung auch anhand von Zahlen ausdrücken lässt, wurden dazu einige Landschaftsstrukturmaße berechnet. 2. Ein weiteres Ziel war es, unter der Berücksichtigung von naturschutzfachlichen und wirtschaftlichen Aspekten realitätsnahe Bewirtschaftungsmodelle für ehe- malige Niederwälder anhand der Beispielflächen zu erstellen. 3. Die Überprüfung der Nachbarschaftsbeziehungen von Niederwaldelementen war das vierte Ziel der Studie. Diesbezüglich wurde der Proximity-Index berechnet,

96 Stockausschlagwälder in der Landschaft

mit dem eine Aussage getroffen werden kann, in welchem Maß die Lebens- raumansprüche einer bestimmten Zielart im Untersuchungsgebiet erfüllt werden. Hierzu wurden drei Tierarten ausgewählt, die in Niederwäldern vermehrt vor- kommen: der Baumpieper (Athus trivialis), das Haselhuhn (Bonasa bonasia) und die Haselmaus (Muscardinus avellanarius). 4. Schließlich lassen sich alle vorgestellten Modelle mithilfe von ArcScene auch in 3D visualisieren. Eine dreidimensionale Animation, bei der neben den zwei ge- wöhnlichen Raumdimensionen wie Länge und Breite auch die Höhe dargestellt wird, bedeutet im Vergleich zu der gängigen 2D-Veranschaulichung nicht nur ei- ne interessantere Vorstellungweise, sondern es lassen sich auch Informationen mit Höhenbezug schneller erfassen.

5.3 Material und Methoden

Zur Studie wurden zwei Untersuchungsräume an der Mosel nach ihrer unterschiedli- chen Landschaftsausstattung ausgewählt. Die Größe der Untersuchungsflächen ist mit 502,9 ha und 487,5 ha annähernd gleich. Im ersten Gebiet dominieren die ehemaligen Niederwälder, während im zweiten Hochwälder den größten Anteil erreichen. Um eine quantitative Landschaftsanalyse durchführen zu können, wurden im ersten Schritt die auf dem Luftbild erkennbaren Landbedeckungsformen kategorisiert. An- schließend wurden die analog vorliegenden Daten auf Basis der zuvor definierten Land- bedeckungsklassen in digitale Vektordaten konvertiert (Digitalisierung). Daraus wurden Modelle erstellt und Landschaftsstrukturmaße mit der Programmerweiterung für Arc- GIS (V-LATE) berechnet. Als kleinste Einheit (Patch) wurden die unterschiedlichen Landbedeckungsformen an- gesehen. Einige von diesen (wie z.B. Acker, Wiese oder Felsen) ließen sich schnell und sicher interpretieren, während dies bei den anderen nicht möglich war. Obwohl auch im Waldgefüge eindeutige Unterschiede zu erkennen sind, wäre es dennoch - abgesehen vom Nadelwald - ohne eine Geländebegehung nahezu unmöglich gewesen festzustellen, um welche Waldformen sich dabei handelt. Auch wenn das ganze Gebiet nicht systema- tisch begehbar ist, konnte mit dem Aufsuchen einiger Orte und unter der Berücksichti- gung der Geländeeigenschaften auf andere Bestände geschlossen werden. Aufgrund des- sen wurden 15 bzw. 20 Kontrollpunkte pro Untersuchungsgebiet in den Laubwaldflä- chen entsprechend ihrer Textureigenschaften festgehalten und deren Koordinaten er- mittelt, um exakt die markierten Standorte im Gelände wiederfinden zu können (Abb. 21). Um die Luftbildinterpretation zu präzisieren, wurden mind. zwei bis drei Punkte, welche augenscheinlich dieselbe Strukturform zeigten, aufgesucht und dabei die Waldbestände kontrolliert. Insofern ließen sich die Waldformen nach der Geländebege- hung mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit richtig klassifizieren.

97 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Abb. 21: Verteilung der Kontrollpunkte zur Bestimmung der Waldformen im UG „1“

Nach Abschluss der Digitalisierungsarbeiten wurden diverse Szenarien erstellt, mit de- nen die in der Zielsetzung formulierten Fragestellungen simuliert werden können (Abb. 22). Die vier Grundszenarien, worauf sämtliche Modelle basieren, sind folgende:

1. Das reale Muster der Landbedeckung wird mit dem „Istzustand“ veranschaulicht. Alle anderen Modelle lassen sich daraus ableiten. 2. Im zweiten Szenario wurden alle Bestände, die aus Stockausschlag entstanden sind, in einer Landbedeckungsklasse zusammengeführt. Diese Darstellung be- schreibt, was passieren würde, wenn alle Niederwaldbestände gleichzeitig „auf den Stock gesetzt“ werden würden. 3. In der nächsten Vorstellung wurde versucht, naturschutzfachliche Aspekte ins zweite Szenario einzubeziehen. Dabei wurden Stockausschlagbestände einer Größe von weniger als 0,5 ha von der Ernte ausgeschlossen, um diese gemeinsam mit Schonflächen mit einer Breite von 10 oder 30 m, die um die großen Nieder- waldflächen angesiedelt sind, für naturschutzfachliche Zwecke zu erhalten und dadurch den oben beschriebenen Umstand zu verbessern. 4. Mit dem letzten Szenario lassen sich die Niederwaldbestände, die für eine Über- führung geeignet sind, darstellen. Hierzu wurden die befahrbaren Niederwaldbe- stände (bis 35 % Hangneigung) mit einer Mindestgröße von 0,5 ha ausgeklam- mert, um diese der Überführung vorzubehalten.

98 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Wie eine optimierte Holznutzung im Niederwald aussehen kann, kann auf der Basis des zweiten und vierten Szenarios gezeigt werden. Zuerst wurden konkrete Hiebsflächen den Geländeeigenschaften entsprechend eingeteilt, deren Fläche jeweils zwischen 0,5 bis 1,5 ha betrug. Unter der Annahme, dass die Niederwälder in einem annähernd 30 jährlichen Rhythmus bewirtschaftet wurden, wurde für die Fallbeispiele ebenfalls eine Umtriebszeit mit 30 Jahren gewählt. Um das Auslösen unerwünschter Bodenschäden zu vermeiden, aber auch unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte, sollten die Ern- temaßnahmen nicht jedes Jahr stattfinden. Aus diesem Grund wurden bei den Modellen zwei Erntevarianten getestet: im ersten Fall erfolgte die Holzernte in jedem dritten Jahr, während im zweiten Modell jedes fünfte Jahr geerntet wurde. So ergeben sich zehn (30 : 3 = 10) bzw. sechs (30 : 5 = 6) Erntephasen während der 30 Jahre. Da sich die Flä- chenverhältnisse unterschiedlicher Landbedeckungsklassen nur in jedem dritten bzw. fünften Jahr ändern, war die Ausarbeitung neuer Modelle nicht für jedes Jahr erforder- lich (Abb. 22).

Abb. 22: Übersicht über die Grundszenarien (grüne Ellipse) und die aus ihnen abgeleiteten Mo- delle (Rechtecke). Die roten Rechtecke präsentieren die Bewirtschaftungsmodelle.

Für jedes Modell und beide Untersuchungsgebiete wurden die in der Tab. 11 aufgezähl- ten Landschaftsstrukturmaße ermittelt. Die Berechnung von LSM kann mit verschiede- nen technischen Hilfsmitteln erfolgen. Mit der Standardsoftware von der Firma ESRI, wie z.B. ArcView oder ArcGIS, können einfachere Maße (Fläche, Umfang, Gesamtlänge aller Ränder) automatisch berechnet werden. Die komplexeren Maße (z.B. Diversitäts- Index, Formmaße, Proximity-Index etc.) lassen sich jedoch nur mit zusätzlichen, exter-

99 Stockausschlagwälder in der Landschaft nen Programmen oder Erweiterungen (sog. Extensions) zu einem Standard GIS- Programm errechnen. Die bekannste externe Software zur Bewertung der Landschafts- struktur ist Fragstats von MCGARIGAL & MARKS (1995). Das Programm integriert über hundert Maßzahlen und statistische Indizes, allerdings eignet es sich nur zur Analyse von Rasterdaten. Da die Verarbeitung von Vektordaten mit dieser Anwendung nicht möglich ist und die große Menge de integrierten Maße die Auswahl von geeigneten Indi- zes zur Lösung einer bestimmten Frage erschwert, wird Fragstats in der Praxis eher sel- ten genutzt. Für die praktische Verwendung eignet sich besonders das Programm V- LATE (vector-based landscape analysis tools extension). Die Berechnung der LSM in der Studie erfolgte mit diesem Programm. V-LATE ist eine Erweiterung von ArcGis 8.x und höher und bietet ein ganzes Set von Landschaftsstrukturmaßen (LANG & BLASCHKE 2007: 65). Er führt die Berechnungen basierend auf Polygondatensätzen im Vektorformat durch. Um die Auswahl der geeigneten LSM zu erleichtern, kann V-LATE mit dem Tool IDEFIX ergänzt werden. Die nachfolgende Tabelle (Tab. 11) gibt einen Überblick über die berechneten Land- schaftsstrukturmaße. Bei den Indizes, die auf allen drei Ebenen berechnet werden kön- nen (z.B. Perimeter-Area Ratio, Shape-Index etc.), wurden auf Klassen- und Landschafts- ebene deren Durchschnittswerte berechnet.

100

Tab. 11: Berechnete Landschaftsstrukturmaße (Ebenen: P=Patch, K=Klassen, L=Landschaft)

Abkürzung und Name Bedeutung Formel Einheit Ebene

NP Anzahl der Patches NP = ni - K, L (Number of Patches)

Maß für die Strukturreichtum/Fragmentierung einer Klasse oder Landschaft n - Anzahl der Patches der Klasse i (LANG & BLASCHKE 2006: 223, HERBST 2007: 11) i TP TP = NP auf Landschaftsebene (Total Patches)

NC (Number of Classes) Anzahl der Klassen auf Landschaftsebene

PA Fläche eines Patchs PA = ( ) ha P, K, L

(Patch Area)

CA = ∑ ( ) CA Gesamtfläche einer Klasse (Class Area) TA = A ( )

TA 2 aij – Fläche (m ) von Patch ij (Total Area) Gesamtfläche der Landschaft A - Gesamtfläche der Landschaft (m2)

durchschnittliche Patchgröße ∑ ha K MPS MPS = ( )

(Mean Patch Size)

2 aij – Fläche (m ) von Patch ij n – Anzahl der Patches selber Klasse

101

PE, PERIM Patchkantenlänge PERIM = pij m P, K, L (Patch Edge) wichtiger Maß zur Feststellung für die Strukturiertheit / Zerschnittenheit von Pij – Umfang von Patch ij Landschaften (LANG & BLASCHKE 2006: 225, HERBST 2007: 11)

MPE wird auf Klassen- und Landschaftsebene berechnet

TE Gesamtkantenlänge TE = ∑ m K, L (Total Edge)

eik – Gesamtheit aller Ränder (m) von Klasse i

∑ ED Kantendichte in einer ausgewählten Landschaft ED = ( ) m/ha L

(Edge Density) Maß für die Strukturiertheit oder Zerschnittenheit einer Landschaft (HERBST eik – Gesamtheit aller Ränder (m) von Klasse i 2007: 11) A – Gesamtfläche der Landschaft (m2)

102

SHAPE Maß für Komplexität der Formen SHAPE = - P, K, L √ (Shape Index) Der Shape Index beschreibt „das Verhältnis von Umfang zu Fläche eines Patchs im Vergleich zu einem Kreis gleicher Fläche“ (BLASCHKE 1999: 13). Pij – Umfang (m) von Patch ij 2 aij – Fläche (m ) von Patch ij Je höher der Wert ist, desto länger ist die Grenzlinie und desto komplexer oder

elongierter ist die Form (WRBKA 2003: 182).

Der Wert für Standardform = 1.

MSHI wird auf Klassen- und Landschaftsebene berechnet

PARA Umfang-Flächen-Verhältnis PARA = m/ m2 P, K, L

(Perimeter-Area Ratio) MPAR wird auf Klassen- und Landschaftsebene berechnet

Pij – Umfang (m) von Patch ij 2 aij – Fläche (m ) von Patch ij

FRACT Maß für Komplexität der Formen FRACT = - P, K, L

(Fractal Dimension) Der Wert liegt zwischen 1 und 2. P – Umfang (m) von Patch ij Der Wert für Standardform = 1. ij 2 aij – Fläche (m ) von Patch ij MFRACT wird auf Klassen- und Landschaftsebene berechnet

103

Flächenmäßiger Anteil einer Klasse in einer ausgewählten Landschaft ∑ % K PLAND PLAND = Pi = ( )

(Proportion) Maß für die Ausgeglichenheit oder Dominanz der Klassenverteilung (HERBST Pi – Anteil der Klasse i an der Landschaft 2007: 11) 2 aij – Fläche (m ) von Patch ij A – Gesamtfläche der Landschaft (m2)

SHDI Es ist ein Maß zur Beschreibung der relativen Diversität der Landschaftselemente. SHDI = ∑ ( ) - L (Shannon´s Diversity) Der Wert ist 0, wenn nur ein Landschaftselement in der Landschaft existiert Pi – Anteil der Klasse i an der Landschaft (WRBKA 2003: 181) und steigt mit der Vielfalt der Landschaft.

Das Maß reagiert stark auf die Klassenzahl (BLASCHKE 1999: 19).

∑ ( ) SHEI Es ist ein Maß, das die Verteilung der Landschaftselemente beschreibt. SHEI = - L

(Shannon´s Evenness) Auf die maximale Diversität standardisierte aktuelle Diversität (LANG & BLASCHKE Pi – Anteil der Klasse i an der Landschaft 2006: 227). m – Anzahl der Klassen in der Landschaft

Der Index ist 0, wenn die Landschaftselemente bezüglich ihrer Flächengröße sehr ungleich verteilt sind und geht gegen 1, je gleichmäßiger die Größenverteilung der Landschaftselemente in der Landschaft wird (WRBKA 2003: 182).

DOM Informiert darüber, inwieweit die in der Landschaft vorhandenen Klassen eine DOM = ln m – H = ∑ - L (Dominance) ähnliche relative Häufigkeit besitzen oder stark von einer einzigen Klasse domi- niert werden. Pi – Anteil der Klasse i an der Landschaft m – Anzahl der Klassen in der Landschaft Je größer der Wert ist, umso stärker wird der Landschaftstyp von einigen wenigen oder einer Klasse dominiert.

104

ENN Der Index beschreibt die Entfernung des nächstgelegenen Elements selber Klasse ENN = hij m P (Euclidean Nearest- (V-LATE zeigt außerdem die Identifikationsnummer und die Flächengröße des h – Entfernung (m) von Patch ij zum nächstge- Neighbor-Distance) nächstgelegenen Elements selber Klasse). ij legenen Patch selber Klasse, basierend auf der Rand-zu-Rand Entfernung und kalkuliert vom Patchzentrum bis zum Patchentrum

Eingebundenheit der Patches einer Klasse - K, L PROX PROX = ∑

(Proximity Index) Maß für Isolation und Fragmentierung (HERBST 2007: 12) 2 aijs – Fläche (m ) von Patch ijs innerhalb eines Radius (m) von Patch ij MPX wird auf Klassen- und Landschaftsebene berechnet hijs – Entfernung (m) zwischen Patch ijs und Patch ijs, basierend auf der Rand-zu-Rand Ent- fernung und kalkuliert vom Patchzentrum bis zum Patchentrum

105 Stockausschlagwälder in der Landschaft

5.4 Darstellung möglicher Behandlungsstrategien für die ehemaligen Niederwälder anhand von Landschaftstrukturmaßen

Die Landschaftsstrukturmaße lassen sich auf drei Ebenen berechnen, aber nicht jedes auf sämtlichen Levels (siehe auch Kap. 5.1.4 und Tab. 11). Solange einzelne Patches nur wenige Eigenschaften wie Fläche, Umfang und Form aufweisen, verfügen Ansammlun- gen von Landschaftselementen über Gesamteigenschaften. Die Patchindizes dienten nur als Grundlage zur Berechnung der Maße auf Klassen- und Landschaftsebene. Die Klas- sen- und Landschaftsindizes entstanden durch Mittelwertberechnungen, die teilweise gewichtet wurden, um den Einfluss größerer Patches auszugleichen. In der Studie wurden LSM aus vier Gruppen berechnet, obwohl diese acht Gruppen zu- zuordnen sind (siehe auch Kap. 5.1.4). Es steht außer Zweifel, dass Fläche und Umfang die wichtigsten LSM sind, weil viele andere Maße direkt oder indirekt auf ihnen aufbau- en. Darüber hinaus wurden außerdem Form-, Lagebeziehung- und Diversitätsmaße kal- kuliert. Die Kontrast-, Kernflächen- und Verteilungsmaße, sowie der Grad der Einbin- dung wurden in der Studie nicht ermittelt, weil diese nicht im Mittelpunkt des Interesses standen. Die vier Grundszenarien und die Niederwaldwirtschaft-Simulation (Kap. 5.4.1 und Kap. 5.4.3) werden anhand der Flächenmaße (wie z.B. Flächengröße, Anzahl der Patches und Anteil der Gesamtfläche/Proportion) dargestellt. In Kap. 5.4.2 werden die Modelle durch Diversitäts-, Umfangs- und Formmaßen beschrieben. Zum Schluss wird in Kap. 5.4.4 die Nachbarschaftsbeziehung zwischen den Niederwaldbeständen anhand des Proximity-Indexes überprüft.

5.4.1 Dreidimensionale Darstellung der vier Grundszenarien – eine Analyse an- hand von Flächenmaßen

5.4.1.1 „Szenario mit Istzustand“

3D-Visualisierungen sind nicht nur aufgrund der interessanten und greifbaren Darstel- lung anschaulich, sondern es lassen sich mit ihr auch Zusammenhänge von natürlichen Prozessen schneller erfassen. Darüber hinaus können sie dabei helfen, Erklärungen über früheres menschliches Handeln zu liefern. Mithilfe von ArcScene (eine Anwendung von ArcGIS) lassen sich sämtliche GIS-Daten dreidimensional präsentieren, wozu als Basis das digitale Geländemodell (syn. digitales Höhenmodell oder digitales Terrainmodell) dient. Hierzu ist als erstes Beispiel das „Istzustand“-Modell zu erwähnen, welches die gegenwärtige Situation der Landbedeckung darstellt (Abb. 23 und Abb. 24).

106 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Abb. 23: 3D-Animation des „Istzustandes“ im UG „1“ (UG = Untersuchungsgebiet)

Abb. 24: 3D-Animation des „Istzustandes“ im UG „2“

107 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Die Äcker, auf denen mit großen Maschinen gearbeitet wird und welche im Vergleich zu Wäldern wegen der periodischen Pflanzenbedeckung einer größeren Bodenerosionsge- fahr ausgesetzt sind, befinden sich in der Regel auf den Hochebenen. Die Stockaus- schlagwälder kommen vor allem an den Hängen vor, während sich Schluchtwälder in den Einkerbungen finden lassen. Hochwälder sind meistens auf Plateaus und in Flusstä- lern zu finden, also in Bereichen, wo die Geländeneigung klein ist. Auch die Weger- schließung läuft im ganzen Gebiet parallel zu den Geländeverhältnissen.

Tab. 12: Fläche und flächenmäßiger Anteil (Proportion) sowie Rang nach Flächenanteil der Landbedeckungsklassen im Istzustand

Untersuchungsgebiet „1“ Untersuchungsgebiet „2“ Fläche (ha) Proportion Rang Fläche Proportion Rang (%) (ha) (%) Acker 43,2 8,58 4. 30,3 6,23 4. Felsen 0,1 0,02 19. 0,6 0,01 17. Grünland 16,6 3,31 6. 6,1 1,26 11. Hiebsfläche 11,0 2,19 8. 11,2 2,3 9. Hochwald aus Laub- 37,3 7,41 5. 179,1 36,74 1. baumarten Hochwald aus Laub- und 14,2 2,82 7. 19,2 3,94 6. Nadelbaumarten Hochwald aus Nadel- 45,8 9,11 2. 108,6 22,28 2. baumarten Junger Wald aus Laub- 6,9 1,37 12. 20,4 4,19 5. baumarten Junger Wald aus Nadel- 1,9 0,37 16. - - baumarten Lichtung 1,2 0,25 18. 4,2 0,86 12. Mittelwald 2,7 0,54 15. 1,2 0,24 13. Stockausschlagwald 241,1 47,93 1. 67,0 13,74 3. (durchgewachsen) Stockausschlagwald 43,6 8,66 3. 16,3 3,33 7. (durchforstet) Stockausschlagwald 3,9 0,78 13. - - überwiegend aus Sträu- cher Stockausschlagwald aus 3,4 0,68 14. 0,2 0,04 16. Hasel Stockausschlagwald mit 9,0 1,78 10. 9,0 1,85 10. der Beimischung von Nadelholz Schluchtniederwald 8,8 1,74 11. 1,1 0,23 14. Weg 10,7 2,13 9. 13,0 2,68 8. Wohnhäuser 1,6 0,31 17. 0,4 0,08 15.

108 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Wenn die zwei Untersuchungsräume in ihrem derzeitigen Zustand verglichen werden, lässt sich feststellen, dass im ersten Untersuchungsgebiet neben den linienhaften Ge- wässermarkierungen 19 verschiedene Landbedeckungsklassen unterschieden werden können, im zweiten Gebiet hingegen nur 17. Einen viel größeren Unterschied gibt es je- doch in den flächenmäßigen Anteilen unterschiedlicher Landbedeckungsklassen (Tab. 12). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass im „Untersuchungsgebiet 1“ die durchge- wachsenen ehemaligen Niederwälder (Stockausschlagwälder) und andere Stockaus- schlagwaldklassen (insgesamt mit einem Anteil von 62 % der Gesamtfläche) dominie- ren, während im „Untersuchungsgebiet 2“ die Hochwälder am häufigsten zu finden sind (ebenso mit 62 prozentiger Flächenbeteiligung). Im zweiten Gebiet wachsen nur auf ei- nem Fünftel der Gesamtfläche Stockausschlagwälder, obwohl vor 120 Jahren im ganzen Untersuchungsraum noch die Niederwaldbewirtschaftung die übliche Form der Wald- nutzung darstellte. Doch um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jh. wurden viele Niederwaldbestände massenhaft in rentable Hochwälder umgewandelt bzw. überführt. Die aufwendigen waldbaulichen Überführungsmaßnahmen konnten allerdings nicht überall durchgeführt werden, sondern nur dort, wo die Geländeeigenschaften dies zu- ließen. Am einfachsten konnten diese also auf den Ebenen erfolgen. Überführungsmaß- nahmen finden auch noch in der Gegenwart statt. Solche Flächen befinden sich eher an der Peripherie der Kuppen, wo die Geländeeigenschaften den Einsatz der üblichen Forstmaschinen noch möglich machen (Abb. 23 und Abb. 24). Solche Bestände sind je- doch nicht zusammenhängend und auch nicht sehr groß (solche wurden schon früher in Nadelholz umgewandelt), sondern eher schmal und nur flächenmäßig bewirtschaftet.

5.4.1.2 „Überführungsszenario“

Ob eine Überführung derzeit stattfindet oder nicht, hängt vielmehr vom Interesse des Waldbesitzers und dem Kostenaufwand ab, als von den Geländeeigenschaften oder der Walderschließung. Schließlich würden beide einen noch größeren Flächenanteil zur Überführung zulassen, als das in der Wirklichkeit geschieht (Abb. 25 und Abb. 26). Ob eine Stockausschlagwaldfläche zur Überführung zu empfehlen ist, hängt hierbei von der Erfüllung von zwei Kriterien ab: erstens sie sollen in gut befahrbaren Beständen stocken (bis zu 35 % Hangneigung) und zweitens mindestens 0,5 ha Flächengröße aufweisen. Demnach sind im Untersuchungsraum „1“ 123,34 ha und im Untersuchungsraum „2“ 48,57 ha der Stockausschlagwälder zur Überführung geeignet, was übertragen auf ein prozentuales Verhältnis bedeutet, dass bei 38 % bzw. 43 % der ehemaligen Niederwald- flächen eine Überführung in Hochwald denkbar wäre!

109 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Abb. 25: 3D-Animation über die zur Überführung geeigneten Flächen im UG „1“

Abb. 26: 3D-Animation über die zur Überführung geeigneten Flächen im UG „2“

110 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Für die restlichen Flächen ist in Zukunft eine aktive Niederwaldbewirtschaftung zu emp- fehlen, weil diese sich in den Hanglagen befinden und der Schutz vor Bodenerosion in höheren Lagen Priorität besitzt. Der Erosionsschutz ist nämlich in Stockausschlagwäl- dern im Vergleich zu Hochwäldern zum einen durch die bessere Durchwurzelung des Bodens und zum zweiten aufgrund der kleineren oberirdischen Holzmasse besser ge- währleistet (ROSSMANN 1996: 237).

5.4.1.3 „Szenario mit einer Niederwaldklasse“

In den nächsten Modellen wurden alle Stockausschlagwaldbestände in einer Landbede- ckungsklasse zusammengeführt (unabhängig von deren Entwicklungsstadien), um dar- zustellen, was geschehen würde, wenn alle Stockausschlagwälder gleichzeitig „auf den Stock gesetzt“ werden würden (Abb. 27 und Abb. 28). Diese Vorgehensweise hätte zu- nächst im Untersuchungsgebiet „1“ eine drastische Auswirkung, weil von der 502,94 ha großen Gesamtfläche 324,93 ha davon betroffen wären.

Abb. 27: 3D-Animation über alle Stockausschlagwaldbestände im UG „1“

111 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Abb. 28: 3D-Animation über alle Stockausschlagwaldbestände im UG „2“

5.4.1.4 „Pufferszenario“

In der folgenden Darstellung wurden Stockausschlagwälder unter 0,5 ha bzw. 10 oder 30 m breite Streifen um die großen Niederwaldbestände als Schonfläche vorgesehen, um die obige Situation durch das Beibehalten geschonter Waldflächen aus naturschutz- fachlicher Sicht zu optimieren (Abb. 29 und Abb. 30). Denn das Schaffen eines Netzwer- kes aus geschonten Waldflächen würde bei einer abrupten Niederwaldnutzung für zahl- reiche Arten die Rettung vom lokalen Aussterben bedeuten. Wie sich die Flächenbilanz der zur Ernte vorgesehenen Stockausschlagwälder in Relation zu den Schonflächen än- dert, ist aus Tab. 13 zu entnehmen.

Tab. 13: Flächenbilanz zu den zur Ernte vorgesehenen Stockausschlagwäldern und den dazu gehörigen Schonflächen

Untersuchungsgebiet „1“ Untersuchungsgebiet „2“ Stockausschlag Stockausschlag Schonfläche (ha) Schonfläche (ha) zur Ernte (ha) zur Ernte (ha) mit 10 m breiter Schon- fläche um die Stockaus- 260,9 64,0 73,0 38,8 schlagwälder mit 30 m breiter Schon- fläche um die Stockaus- 175,3 149,6 35,9 75,9 schlagwälder

112 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Abb. 29: 3D-Animation über das Pufferszenario im UG „1“

Abb. 30: 3D-Animation über das Pufferszenario im UG „2“

113 Stockausschlagwälder in der Landschaft

5.4.2 Vorstellung der Modelle anhand von Diversitäts-, Umfang- und Formmaßen

5.4.2.1 Diversitätsmaße

Diversitätsmaße wie Shannon´s Diversity (SHDI), Shannon´s Evenness (SHEI) und Do- minance (DOM) drücken die Zusammensetzung (Komposition) eines Gebietes aus und lassen sich nur auf Landschaftsebene berechnen. Auf dieser Ebene wurden 74 Modelle (inkl. Bewirtschaftungsmodelle) miteinander verglichen. Bei den Diversitätsmaßen werden Flächenanteil bzw. Deckungsgrad der Klassen mit in die Berechnung einbezogen (LANG & BLASCHKE 2007: 250). Eine allgemein gültige maximale Klassenanzahl, welche für alle Modelle anzuwenden ist, ließ sich nicht bestimmen, weil diese von der Tiefe der In- terpretation abhängig ist und diese Zahl somit praktisch unendlich groß sein kann. Zwar sind alle Diversitätsmaße auch von der Tiefe des Klassifikationsschemas abhängig, aber wenn SHDI, SHEI und DOM mit derselben Interpretationstiefe ermittelt wurden, sind sie gut miteinander vergleichbar. Der Shannon´s-Diversitäts-Index ist der unter den Diversitätsindizes am häufigsten be- nutzte, da er sowohl die Anzahl der in einer Landschaft vorkommenden Biotoptypen als auch deren Verteilung auf die Gesamtfläche wiedergibt. Dessen Wert beträgt 0, wenn eine Landschaft absolut homogen ist, also wenn sie aus nur einer Landbedeckungsklasse besteht. Ein Höchstwert existiert bei diesem Index nicht, aber je größer der Index ist, desto diverser ist die Landschaft. Seinen maximalen Wert erreicht er, wenn alle Klassen den gleichen Flächenanteil belegen (HERBST 2007: 13). In der Studie schwankte dessen Wert zwischen 1,31 und 2,82. Der Shannon´s-Evenness-Index ist ein Maß, welches die Verteilung der Landschaftsele- mente beschreibt. Er gibt Auskunft darüber, wie gleichmäßig sich die Klassen in der Landschaft verteilen. Sein Wert liegt zwischen 0 und 1. Bei einem Wert von 0 sind die Patches bezüglich ihrer Flächengröße sehr disparat verteilt, während bei einem Wert gegen 1 die Größenverteilung der Landschaftselemente gleichmäßig ist (WRBKA 2003: 182). Die räumliche Anordnung der Patches bleibt jedoch beim Evenness unberücksich- tigt (WALZ & BERGER 2004: 259). In der vorliegenden Untersuchung betrug sein Wert zwischen 0,53 und 0,91. Die Dominanz misst die Abweichung von der maximalen Diversität (LANG & BLASCHKE 2007: 227). Je größer ihr Wert ist, umso stärker wird die untersuchte Landschaft von einigen wenigen oder einer Klasse dominiert. Ihr Wert schwankt hierbei zwischen 0,27 und 1,18. Aus Tab. 14 lässt sich erkennen, dass die kleinsten Vielfaltwerte (SHDI) nicht zwingend mit den ungleichmäßigsten Klassenverteilungen (SHEI) gepaart auftreten, aber auch, dass die Landschaft nicht unbedingt stärker von einer oder mehreren Klassen dominiert wird. Zudem kommt noch hinzu, dass die unterschiedlichen Modelle öfters gleiche Wer- te aufweisen, was das Erkennen der Differenzen erschwert. Als Beispiel ist der Evenness-Wert von 0,72 aufzuführen, der bei 13 Modellen berechnet wurde, doch auch bei Dominanz gibt es öfters den gleichen Wert, während dies bei SHDI seltener vor- kommt. Folglich lässt sich festhalten, dass sich SHDI in der vorliegenden Studie noch am besten als Indikator für die Vielfalt anbietet. Dies lässt sich mit zwei Sachen begründen: erstens, weil SHDI im zu Gegensatz SHEI und DOM zwei Aspekte der Diversität wieder- gibt (s.o.) und zweitens, weil die exakt gleichen Werte vor allem bei Evenness und Do- minanz die Vergleichbarkeit der Modelle kompliziert machen.

114 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Tab. 14: Rangfolge der fünf kleinsten Diversität aufweisenden Modelle dargestellt mit den dazu gehörigen Shannon´s-Evenness- und Dominanzwerten. (Rang „1“ bedeutet die geringste Land- schaftsdiversität, die ungleichmäßigste Klassenverteilung und den größten Dominanzwert.)

Modell Shannon´s- Rang Shannon´s- Rang Dominanz Rang Diversitäts- Evenness- (DOM) Index Index (SHDI) (SHEI) „alles auf den Stock setzten“- 1,31 1. 0,53 1. 1,18 1. Modell (UR1) Bewirtschafungsmodell mit 3 1,56 2. 0,59 2. 1,08 2. jährlichem Ernterhythmus in der ersten Erntephase (UR1) Modell mit 10 m breiter 1,63 3. 0,63 4. 0,98 5. Schutzzone um die Nieder- waldbeständen (UR1) Bewirtschaftungsmodell mit 5 1,64 4. 0,62 3. 1 4. jährlichem Ernterhythmus in der ersten Erntephase (UR1) „alles auf den Stock setzten“- 1,65 5. 0,69 13. 0,75 41. Modell (UR2)

Wenn das Ziel die Schaffung einer großen Landschaftsvielfalt ist, um damit auf Land- schaftsebene eine hohe Artendiversität zu erzielen, dann scheint die Wiederbelebung der Niederwaldwirtschaft mit kurzen Zeitabständen zwischen zwei Erntephasen eine gute Option zu sein. Schließlich erhöht sich der SHDI in den Bewirtschaftungsmodellen parallel mit dem Fortschritt der Erntephasen und erreicht seinen Höhepunkt am Ende der Umtriebszeit. Bei den Grundmodellen ist der Wert von SHDI in beiden Untersu- chungsräumen im Istzustand am höchsten und im Szenario mit einer Niederwaldklasse weitaus am niedrigsten. Das Letztere ist gut nachvollziehbar, nachdem infolge einer großflächigen Abholzung die unterschiedlichen Stockausschlagwaldklassen komplett entfallen und somit die Klassenvielfalt im Untersuchungsraum „1“ von 19 auf 12, und im Untersuchungsraum „2“ von 17 auf 11 fällt. Die Schaffung von Schonflächen (Puffersze- nario) oder die zur Überführung vorgesehenen Flächen (Überführungsszenario) erhö- hen zwar die Vielfalt an Klassen, doch SHDI bleibt dennoch in beiden Szenarien unter dem des Istzustands. Wenn die zwei Untersuchungsräume miteinander verglichen werden, lässt sich feststel- len, dass es im Wert von SHDI im Istzustand kaum einen Unterschied gibt: SHDI beträgt im Untersuchungsgebiet „1“ 1,91 und im Untersuchungsgebiet „2“ 1,92. Auf das Zusam- menlegen (wie in den Grundmodellen) oder Zerlegen der Stockausschlagwaldbestände (wie in den Bewirtschaftungsmodellen) reagiert jedoch SHDI im Untersuchungsraum „1“ empfindlicher, weil sich dort mehr Stockausschlagwälder befinden und somit von den geplanten Maßnahmen ein größerer Flächenanteil der Gesamtfläche betroffen ist. Folg- lich weist das Untersuchungsgebiet „1“ im Vergleich zu Untersuchungsgebiet „2“ in den Grundmodellen eine niedrigere, und in den Bewirtschaftungsmodellen eine höhere Landschaftsvielfalt auf.

115 Stockausschlagwälder in der Landschaft

5.4.2.2 Umfangsmaße

Bei einer quantitativen Landschaftsstrukturanalyse wird neben der Größe die Kanten- länge immer berechnet, weil sie als Grundlage zur Ermittlung anderer Landschaftsstruk- turmaße dient. Zudem ist die Bestimmung von Umfangsmaßen zu empfehlen, wenn die Strukturiertheit/Kleinteiligkeit oder Zerschnittenheit einer Landschaft beschrieben werden soll. Die wichtigsten Umfangsmaße stellen die „einfache“ Kantenläge und die Kantendichte dar. Letztere lässt sich nur auf Landschaftsniveau, die Randlänge hingegen auf allen drei Ebenen ermitteln. Die Randlängendichte (Edge-Density = ED) gibt das Ausmaß an Grenzlinien je Flächen- einheit wieder. Je größer dieser Wert ist, umso kleinteiliger ist die Landschaft. In den Modellen schwankt deren Wert zwischen 462,6 und 729,5 m/ha. Nicht stringent be- obachtbar, aber dennoch tendenziell zu erkennen ist, dass die Kantenlänge umso größer ist, wenn sich mehr Patches in der Landschaft befinden. Folglich erhöht sich in den Be- wirtschaftungsmodellen die Kleinteiligkeit der Landschaft parallel mit dem Fortschritt der Erntephasen. Dies ist gut nachvollziehbar, da mit dem Fortlauf der Umtriebszeit immer mehr Teilschläge entstehen. Eine Ausnahme stellen die Puffermodelle dar (Abb. 29 und Abb. 30), die obwohl aus relativ wenigen Patches bestehend, dennoch eine große Kantendichte aufweisen. Dieser Sachverhalt ist allerdings verständlich, da die Schutzflächen, die sich um die Niederwaldbestände befinden, keine „gewöhnlichen“ Pat- ches darstellen, sondern über menschlich konzipierte, lange und schmale Formen verfü- gen, die natürlicherweise nie entstehen würden. Sie haben im Vergleich zu ihrer Fläche einen großen Umfang, welcher sich in den Kantendichtewerten niederschlägt. Wenn die zwei Untersuchungsräume miteinander verglichen werden, lässt sich festhal- ten, dass das zweite Untersuchungsgebiet praktisch in allen Modellen eine größere Randlängendichte aufweist. Das lässt sich in erster Linie damit erklären, dass die Rand- längendichte des zweiten Gebietes schon in der Ausgangssituation wesentlich größer war (559,82 m/ha im Untersuchungsraum „1“ und 658,6 m/ha im Untersuchungsraum „2“) und sämtliche Modelle aus diesem Zustand entworfen wurden. Aus naturschutzfachlicher Hinsicht bedeutet eine hohe Grenzliniendichte laut LANG & BLASCHKE (2007: 233-234) „einen hohen Grad an Verzahnung und Komplexität und in den meisten Ökosystemen diese Art von Verzahnung von verschiedenartigen Teillebensräumen positiv gesehen wird. Kompliziert Grenzverläufe und Zerlappungen stellen demnach einen positiven Faktor für den Strukturreichtum dar.“ Doch hierzu ist es wichtig, die Qualität der Grenzlinien auch zu betrachten, denn Wege erhöhen z.B. die Randlängendichte auch, obwohl sie Biotope zerschneiden. Im Vergleich zum Untersuchungsraum „1“ lassen sich die höheren Kantendichtewerte des Untersuchungsraums „2“ vor allem auf die zahlrei- chen kleine Lichtungen zurückführen, die in großen zusammenhängenden Biotopen vorkommen. Lichtungen haben wegen der zerlappten Form eine hohe Kantenläge, doch wenig Fläche und weil sie in der Landschaft nur punktuell vorkommen, haben sie in die- sem Ausmaß eine kaum fragmentierende Wirkung, sondern bereichern vielmehr die Landschaftsstruktur, was aus ökologischem Blickwinkel als positiv gesehen wird. In den Puffermodellen werden die hohen Kantendichten auch nicht in ihrer fragmentierenden Wirkung interpretiert. Aufgrund der Kontinuität und Ausdehnung der Pufferflächen zer- schneiden sie zwar Biotope, aber weil sie in der vorliegenden Studie vielmehr als Ver- bindungselement fungieren, überragt diese Funktion bei der Landschaftsbewertung und wird aus ökologischer Sicht als positiv erachtet.

116 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Die Gesamtkantenlänge (TE) auf Landschaftsebene wurde auch berechnet. Da die Ge- samtkantenlänge jedoch empfindlich auf die Flächenausdehnung des Untersuchungs- raumes reagiert, empfiehlt es sich für den Vergleich von Untersuchungsgebieten unter- schiedlicher Gesamtgröße dem Index TE das Strukturmaß ED vorzuziehen. Die Randlän- gendichte ist dabei auf die Einheitsfläche bezogen und ist dementsprechend auch zum Vergleich unterschiedlich großer Flächen geeignet. Für den Vergleich der unterschiedli- chen Szenarien desselben Untersuchungsgebietes lässt sich auch das Strukturmaß TE einsetzen.

5.4.2.3 Formmaße

Formmaße lassen sich sowohl auf Patch-, als auch auf Klassen- und Landschaftseben ermitteln. Die wichtigsten Indizes dieser Gruppe sind der Shape-Index (SHI/SHAPE), die fraktale Dimension (FRACT) und die Perimeter-Area-Ratio (PARA). Auf Klassen- und Landschaftsebene werden die Durchschnittswerte der Maße errechnet. SHI beschreibt das Umfang-Flächen-Verhältnis der Patches im Vergleich zu einem gleichgroßen Kreis, und definiert mit anderen Worten die Kompaktheit der Formen. Je höher sein Wert ist, umso komplexer oder elongierter erweist sich das Landschaftsele- ment. Wenn die Modelle auf Landschaftsebene verglichen werden, weisen erwartungs- gemäß die Puffer- bzw. Überführungsmodelle die nach den MSHI-Werten am wenigsten kompakten Formen auf. Dies ist nicht erstaunlich, da die Schutzflächen zum einen eine ungewöhnlich lange und schmale Gestaltung aufweisen (Abb. 29 und Abb. 30) und zum zweiten die Auswahl der zur Überführung empfohlenen Flächen ohne jeglichen mensch- lichen Einfluss, d.h. ausschließlich unter der Berücksichtigung der Geländeeigenschaf- ten, vom Rechner durchgeführt wurde. Im Vergleich dazu sind die Bewirtschaftungsmo- delle wegen der Teilschläge wesentlich reicher an kompakten Patches, was sich auch in den niedrigeren MSHI-Werten der Bewirtschaftungsmodelle erkennen lässt. Wenn die zwei Untersuchungsräume miteinander verglichen werden, lässt sich festhal- ten, dass das Untersuchungsgebiet „1“ nach 74 Modellen 72-mal aus kompakteren Bio- toptypen besteht. Sogar sämtliche Bewirtschaftungsmodelle im Untersuchungsgebiet „2“ besitzen einen höheren MSHI-Wert als das Istzustand beschreibende Modell im Unter- suchungsraum „1“. Da die Wiederaufnahme der Niederwaldwirtschaft im Untersu- chungsraum „2“ eine kaum bemerkbare Änderung in den MSHI-Werten verursacht, stellt dies einen Hinweis dafür dar, dass der Anteil der Stockausschlagwaldbestände im zwei- ten Untersuchungsgebiet ziemlich niedrig ist. Die fraktale Dimension bestimmt den Grad der Komplexität von Formen. Der Index liegt im Wertebereich von 1 bis 2, wobei 1 für einen perfekten Kreis oder Quadrat steht. Des- sen Nachteil liegt jedoch darin, dass die Größe des Patches sowie die Auflösung der Ein- gangsdaten einen entscheidenden Einfluss auf den Wert der fraktalen Dimension ausü- ben, weshalb dieser mit Vorsicht interpretiert werden soll (http 5: 85). Auf Landschafts- ebene sind die Differenzen auf den ersten Blick weniger auffällig, weil die MFRACT in sämtlichen Modellen zwischen 1,42 und 1,53 schwankt. Dennoch lässt sich die Liste der MFRACT auf Landschaftsebene in 3 Teile gliedern, wenn die Modelle nach aufsteigenden MFRACT-Werten sortiert werden. Demnach besitzen die Bewirtschaftungsmodelle ohne Überführung jeweils einen Wert zwischen 1,42 und 1,47, die vier Grundmodelle zwi- schen 1,46 und 1,48 und die Bewirtschaftungsmodelle mit Überführung zwischen 1,49 und 1,53. Die Interpretation der Ergebnisse ist trotzdem schwierig, da sich die MFRACT- Werte in den Modellen kaum unterscheiden. Hierzu lässt sich als Beispiel der MFRACT- Wert von 1,52 erwähnen, der insgesamt achtzehnmal berechnet wurde. Zwischen den

117 Stockausschlagwälder in der Landschaft

MFRACT-Werten der zwei Untersuchungsgebiete lassen sich keine Unterschiede erken- nen. Die Perimeter-Area-Ratio, welche das Umfang-Flächen-Verhältnis der Landschaftsele- mente beschreibt, zeigt nach der fraktalen Dimension die gleiche Tendenz. Die Ver- wendbarkeit dieses Index ist aufgrund seiner Empfindlichkeit gegenüber der Patchgrö- ße ebenfalls nicht unproblematisch (http 5: 85). Man darf bei der Interpretation nicht vergessen, dass kleinere Körper im Vergleich zur Fläche mehr Umfang haben. Hohe MPARA-Werte bedeuten unter anderem, dass die aufgenommenen Flächen kleiner sind. Auf Landschaftsebene lassen sich in der Liste der MPARA-Werte wiederum die drei glei- chen Bereiche identifizieren, wie bei der MFRACT. Die MPARA-Werte liegen bei den Be- wirtschaftungsmodellen ohne Überführung zwischen 0,1 und 0,14, bei den vier Grund- modellen zwischen 0,14 und 0,16 und bei den Bewirtschaftungsmodellen mit Überfüh- rung zwischen 0,23 und 0,95. Die einzige Ausnahme stellt das Überführungsmodell im Untersuchungsraum „1“ dar, welches über ein MPARA von 0,37 verfügt. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Werte von dem Perimeter-Area-Ratio und der fraktalen Dimension bei der Interpretation − abgesehen von kleineren Differenzen − etwa in dieselbe Richtung verlaufen. Eine Analyse mit dem Shape-Index zeigt jedoch ein völlig anderes Bild. Da der SHI unter den Formmaßen mit seiner Robustheit gegenüber der Flächengröße hervorragt (http 5: 86), ist er bei landschaftsökologischen Forschun- gen gut einsetzbar (FORMAN & GODRON 1986: 106-117). Trotz allem lassen sich in der vor- liegenden Studie aufgrund der schweren Interpretation der Maße sowie der vielen iden- tischen Werten keine wertvollen Aussagen zu den Biotopstrukturen auf Landschafts- ebene machen.

5.4.3 Simulation einer klassischen Niederwaldwirtschaft

In Verbindung mit einer verstärkten Nachfrage nach Energieholz gewinnt die Nieder- waldwirtschaft derzeit mit dem Ziel der Brennholzerzeugung immer mehr an Attraktivi- tät. Doch eine Niederwaldwirtschaft im klassischen Sinne ist heute nicht mehr denkbar. Schließlich müssen neben der Wirtschaftlichkeit auch Aspekte des Naturschutzes in Be- tracht gezogen, die Bodenschutzfunktion aufrechterhalten und zudem noch ästhetische Gesichtspunkte beachtet werden. Aus diesen Gesichtspunkten ist eine großflächige Nie- derwaldnutzung daher in der Gegenwart ausgeschlossen. Doch nach dem Prinzip der traditionellen Niederwaldwirtschaft können moderne, den heutigen Anforderungen konforme Erntemodelle erstellt werden. Es wurden jeweils zwei Modelle für beide Untersuchungsräume angefertigt. Das erste basiert auf dem Szenario, bei dem alle Stockausschlagwaldbestände in einer Klasse zu- sammengeführt werden und das zweite darauf, dass Überführungsmaßnahmen geplant sind (Abb. 22). Die Erntemodelle beruhen auf der Idee, dass alle Niederwaldbestände während einer gewöhnlichen Umtriebszeit (hier 30 Jahre) „auf den Stock gesetzt“ wer- den und zwar so, dass dabei die Geländeeigenschaft und der Naturschutz höchste Priori- tät hat. Hierzu werden folgende Aspekte berücksichtigt:

 Die Einschläge sollen eine Fläche von mind. 0,5 bis max. 1,5 ha aufweisen.  Für die Holzernte soll möglichst die vorhandene Walderschließung genutzt wer- den.  Die Geländeeigenschaften bestimmen primär die Form der Schlagflächen.

118 Stockausschlagwälder in der Landschaft

 Um die wiederkehrenden Störungen im Wald möglichst gering zu halten, sollten die Ernten nicht jedes Jahr stattfinden.  Der Hieb der kommenden Erntephase sollte immer auf der benachbarten Fläche fortgesetzt werden.

Die Einschläge wurden unter der Berücksichtigung dieser Ansätze zugewiesen (Abb. 31).

Abb. 31: Einteilung der Schläge auf Basis des Überführungsmodells im UG „1“

Über den Verlauf der Anzahl von Teilschlägen und deren Größe gibt die Tab. 15 einen Überblick.

Tab. 15: Anzahl und Flächengröße der Teilschläge

Untersuchungsgebiet „1“ Untersuchungsgebiet „2“ Anzahl der Teil- durchschn. Flä- Anzahl der Teil- durchschn. Flä- schläge chengröße (ha) schläge chengröße (ha) ohne Überführungs- 263 1,22 94 1,15 maßnahmen mit Überführungs- 156 1,23 51 1,13 maßnahmen

Die dargestellte Simulation (Abb. 32 und Abb. 33) zeigt natürlich nur eine der möglichen Vorgehensweisen auf, wie man die Ernten durchführen kann. In welchem Bestand man beispielsweise mit der Ernte beginnt, ist dabei beliebig. Viel wichtiger ist es, dass die

119 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Größe der Einschläge im Rahmen bleibt und dass der Kontrast aneinander grenzender Flächen nicht zu groß wird.

Abb. 32: Bewirtschaftungsmodell mit Überführung für die erste Erntephase basierend auf dem 5-jährlichen-Ernterhythmus im UG „1“

Die Durchgängigkeit benachbarter Bestände ist vor allem für die wenig mobilen Arten wichtig und kann vom gewählten Ernterhythmus beeinflusst werden. Das heißt je weni- ger Erntephasen während der ganzen Umtriebszeit stattfinden, umso mehr Flächen werden im selben Jahr geerntet, was gleichzeitig umso mehr über gleiche Gegebenheiten verfügende Bestände im Untersuchungsraum bedeutet. Somit ist allerdings der Kontrast zwischen den benachbarten Flächen größer, weil der permanente Übergang fehlt. (Das heißt zwischen einem frischen und einem fünfjährigen Einschlag ist der Kontrast größer, als zwischen einem frischen und einem dreijährigen Einschlag.) Wenn die Wiederbele- bung der Niederwaldbewirtschaftung prioritär aus naturschutzfachlicher Sicht geplant wird, hängt die Auswahl des Ernterhythmus davon ab, welche Arten man fördern will. Wenn es das Ziel ist, das Vorkommen möglichst vieler Arten zu unterstützen, dann sollte häufiger geerntet werden. Damit ist die Entfernung ähnlicher Lebensräume zwar grö- ßer, aber gleichzeitig kommen bezogen auf das ganze Untersuchungsgebiet diversere Lebensräume in mehreren Sukzessionsstadien vor. Wenn aber nur bestimmte Arten begünstigt werden sollen, dann ist es viel wichtiger, deren Habitatansprüche zu beach- ten und diesen Zustand möglichst auf größeren Flächenanteilen zu erfüllen.

120 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Abb. 33: Bewirtschaftungsmodell mit Überführung für die dritte Erntephase basierend auf dem 5-jährlichen-Ernterhythmus im UG „1“

121 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Wie sich die Flächenbilanz im vorgestellten Beispiel während der Erntephasen ändert, zeigt Tab. 16.

Tab. 16: Flächenbilanz des Bewirtschaftungsmodells mit Überführung auf den 5-jährlichen- Ernterhythmus im UG „1“ in ha

Grund- Erntephasen zustand I. II. III. IV. V. VI. Stockausschlagwälder 9,96 9,96 9,96 9,96 9,96 9,96 9,96 unter 0,5 ha Stockausschlagwälder 123,34 123,34 123,34 123,34 123,34 123,34 123,34 zum Überführen Stockausschlagwälder 191,63 159,34 127,04 94,91 63,49 30,83 - über 0,5 ha frischer Einschlag - 32,29 32,30 32,13 31,42 32,66 30,83 5-jähriger Einschlag - - 32,29 32,30 32,13 31,42 32,66 10-jähriger Einschlag - - - 32,29 32,30 32,13 31,42 15-jähriger Einschlag - - - - 32,29 32,30 32,13 20-jähriger Einschlag - - - - - 32,29 32,30 25-jähriger Einschlag ------32,29 Gesamtfläche 324,93 324,93 324,93 324,93 324,93 324,93 324,93

Die Stockausschlagbestände unter 0,5 ha bzw. welche zur Überführung geeignet sind, spielen hierbei keine Rolle, weil bei ihnen keine Ernte vorgenommen wird. Der Anteil der Stockausschlagwälder über 0,5 ha wird im Laufe der Zeit immer kleiner und in die- sem Zusammenhang gibt es immer mehr unterschiedlich alte Einschläge. Das heißt, dass mit dem Fortlauf der Ernten die Raumdiversität kontinuierlich größer wird. Nachdem die letzte Erntephase während der 30-jährigen Umtriebszeit durchgeführt wurde, fängt der ganze Prozess von vorne an und die ältesten Einschläge werden erneut „auf den Stock gesetzt“. In der Flächenbilanz ergibt sich bei dem neuen Fortgang keine Veränderung mehr, vorausgesetzt, dass immer dieselben Flächen gleichzeitig geerntet werden. Auch die vorhandenen Sukzessionsstadien bleiben während der ganzen nach- folgenden Zeit gleich, weil sich immer frische, 5-, 10-, 15-, 20- und 25-jährige Einschläge zugleich im Raum befinden.

122 Stockausschlagwälder in der Landschaft

5.4.4 Räumlich-funktionale Zusammenhänge der Niederwaldbestände aus tier- ökologischer Sicht

Für das Überleben von Populationen ist nicht nur die Habitatgröße existenziell, sondern auch die Entfernung des nächsten Patchs derselben Klasse maßgebend. Die räumlich- funktionelle Beziehung von gleichartigen Landschaftselementen lässt sich am besten mit der Berechnung des Proximity-Index (PROX) zum Ausdruck bringen, bei dem im Gegen- satz zu den NN (Nearest Neighbour)-Kennzahlen, die entweder die Entfernung oder die Größe des benachbarten Ökotops berücksichtigen, beide Faktoren einbezogen werden. Sein Wert ändert sich je nach dem, wie groß der ausgewählte Suchradius (Proximity- Buffer) ist. Zur Untersuchung der Nachbarschaftsbeziehung der derzeit durchgewachsenen, jedoch künftig der Planung zufolge als Niederwald bewirtschafteten Bestände, wurden drei Ar- ten ausgewählt: der Baumpieper (Anthus trivialis), das Haselhuhn (Bonasa bonasia) und die Haselmaus (Muscardinus avellanarius). Normalerweise gleicht der Buffer dem Akti- onsradius der untersuchten Tierart, welcher bei der Haselmaus im Durchschnitt ca. 300 m (BRIGHT et al. 1994 zitiert nach HERRMANN & MATHEWS 2007: 11), beim Baumpie- per in der Nestlingszeit 300 m (MEURY 1989: 118) und beim Haselhuhn 600 m (SCHMIDT 1989-99 unveröff. zitiert nach SCHMIDT & HEIDT 1997: 5) beträgt. Während bei der Ha- selmaus alle Niederwaldflächen im Untersuchungsgebiet mit in die Analyse einbezogen wurden, nutzt der Baumpieper ausschließlich frische bis 3-jährige Schläge. Für das Ha- selhuhn können Bestände 7 bis 18 Jahre nach dem Hieb als optimales Biotop angesehen werden. Im Allgemeinen lässt sich aus den Ergebnissen feststellen, dass der Wert von PROX pa- rallel mit der Erhöhung des Proximity-Buffers zunimmt. Dies ist gut nachvollziehbar, da ausgehend von einem Punkt mit einem größeren Suchradius mehrere Patches bei der Kalkulation berücksichtigt werden konnten. Der Unterschied zwischen den berechneten MPROX-Werten auf Klassenebene mit verschiedenen Buffer-Radien ist jedoch minimal, was ein Hinweis darauf ist, dass die Untersuchungsräume in der Relation zu den Proxi- mity-Buffern relativ klein waren. Das heißt, wenn ein größerer Landschaftsausschnitt und/oder kleinerer Bufferradius gewählt geworden wäre, wäre die Wahrscheinlichkeit größer gewesen, dass einzelnstehende Niederwaldpatches im vorgegebenen Suchradius keinen Nachbarn haben, und damit also komplett isoliert wären sowie einen PROX-Wert von 0 aufweisen würden. Dies hätte selbstverständlich eine Auswirkung auf MPROX, weil dabei alle Patches selber Klasse im gesamten Untersuchungsraum berücksichtigt werden würden.

5.4.4.1 Haselmaus

Die besten Habitate der Haselmaus stellen die unterholzreichen Laub- und Mischwälder dar, dabei vor allem Niederwälder, Waldränder und -säume, d.h. meist lichte, sonnige Waldbestände. Vorausgesetzt, dass die Niederwaldwirtschaft in den Untersuchungs- räumen wieder aufgenommen wird und es sich nicht um überalterte, durchgewachsene Niederwaldbeständen handelt, könnten die Niederwälder unabhängig von deren Ent- wicklungsstadien einen geeigneten Lebensraum für die Haselmaus bieten. Das einzige Kriterium stellt der Reichtum an Sträuchern und Stockausschlägen dar, der bereits ein bis zwei Jahre nach der Abholzung zustande kommt.

123 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Welche Werte der PROX anhand des Beispiels von der Haselmaus bei einem Proximity- Buffer von 300 m annimmt und wo sich die über beste Nachbarschaftsbeziehung verfü- genden Flächen in den Untersuchungsräumen befinden, zeigen die Abb. 34 und Abb. 35. Zur Veranschaulichung wurde eine automatische Klassifikation der Werte anhand von „Natural Breaks17“ (sog. natürliche Unstetigkeiten) vorgenommen. Da bei diesem Ver- fahren die Grenzen der Klassifizierung in den zwei Testgebieten nicht gleich sind, kön- nen diese Karten ausschließlich darüber informieren, welche Patches über den besten PROX-Wert innerhalb des Untersuchungsraums verfügen.

Abb. 34: Vorstellung der Nachbarschaftsbeziehungen zwischen den künftig niederwaldartig be- wirtschaftenden Beständen anhand des Proximity-Index mit einem Proximity-Buffer von 300 m, dargestellt auf einer 10-stufigen Natural Breaks Skala im UG „1“. Je dunkler die Farben sind, um- so höhere Werte nimmt der Index an und umso besser ist die relative Eingebundenheit des Patchs in das Mosaik. Da die Eingebundenheit des Patchs auf das Überleben einer Metapopulati- on einen wesentlichen Einfluss hat, heißt es, dass je höher der Wert vom MPROX des Patchs ist, umso mehr Überlebenschance hat die Haselmauspopulation im Patch.

17 Der Jenks-Caspall-Algorithmus klassifiziert die Werte automatisch anhand von Natural Breaks, wobei es das Ziel ist, die Unterschiede innerhalb einer Klasse zu minimieren und zwischen den Klassen zu maximieren. (MITCHELL 1999:50)

124 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Abb. 35: Vorstellung der Nachbarschaftsbeziehungen zwischen den künftig niederwaldartig be- wirtschaftenden Beständen anhand des Proximity-Index mit einem Proximity-Buffer von 300 m, dargestellt auf einer 10-stufigen Natural Breaks Skala im UG „2“.

Auf der Fläche „1“ gibt es insgesamt 52 Niederwaldelemete mit einer Gesamtflächen- größe von 324,9 ha. Daraus ließ sich die durchschnittliche Flächengröße (MPS) berech- nen, die in dem Fall 6,2 ha betrug. Im zentralen und westlichen Teil des ersten Untersu- chungsraums dominieren die dunklen Farben, welche auf eine sehr gute Nachbar- schaftsbeziehung hinweisen. Nur in der östlichen und südlichen Peripherie sind kleinere PROX-Werte zu beobachten. Im Gegensatz dazu zeigt die Verteilung der PROX-Werte im zweiten Untersuchungsgebiet ein diverseres Bild, weil die 35 Niederwaldelemente mit einer Gesamtflächengröße von 111,7 ha sich in dieser Landschaft mehr zerstreut befin- den und auch ihre durchschnittliche Patchgröße mit 3,2 ha etwa nur die Hälfte derer des Untersuchungsraumes „1“ beträgt. Bei den dimensionslosen Indizien sind weniger die absoluten Werte entscheidend, son- dern vielmehr der Vergleich ähnlicher Untersuchungslandschaften oder Szenarien bei derselben Landschaft. Um den Vergleich der zwei Untersuchungsräume einfacher zu gestalten, wurden die Klassengrenzen in den Abb. 36 und Abb. 37 manuell und mit iden- tischen Wertebereichen festgelegt.

125 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Abb. 36: Vorstellung der Nachbarschaftsbeziehungen zwischen den künftig niederwaldartig be- wirtschaftenden Beständen anhand des Proximity-Index mit einem Proximity-Buffer von 300 m, dargestellt auf einer manuell skalierten Skala im UG „1“. Je dunkler die Farben sind, umso höhere Werte nimmt der Index an.

126 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Abb. 37: Vorstellung der Nachbarschaftsbeziehungen zwischen den künftig niederwaldartig be- wirtschaftenden Beständen anhand des Proximity-Index mit einem Proximity-Buffer von 300 m, dargestellt auf einer manuell skalierten Skala im UG „2“.

Aus der Darstellung lässt sich feststellen, dass die Ausstattung mit Niederwäldern im Untersuchungsgebiet „1“ in Hinsicht auf die Größe der Niederwaldbiotope und deren Verteilung in der Landschaft für die Haselmaus eindeutig besser gewährleitstet ist. Aus Tab. 17 ist abzulesen, dass 73,5 % der gesamten Niederwaldfläche im ersten Untersu- chungsraum über größere PROX-Werte verfügen, als die des zweiten Testgebietes.

Tab. 17: Die Verteilung der PROX-Klassen mit einem Proximity-Buffer von 300 m

Untersuchungsgebiet „1“ Untersuchungsgebiet „2“ Flächenanteil an der Flächenanteil an der PROX-Klassen Fläche (ha) gesamten Niederwald- Fläche (ha) gesamten Niederwald- fläche (%) fläche (%) bis 3861 17,3 5,3 19,3 17,3 3862 - 10521 16,8 5,2 21,2 19,0 10522 - 16956 9,3 2,9 3,7 3,3 16957 - 28644 41,0 12,6 44,4 39,7 28645 - 52125 1,7 0,5 23,1 20,7 ab 52126 238,8 73,5 0 0

127 Stockausschlagwälder in der Landschaft

5.4.4.2 Baumpieper

Beim bodenbrütenden Baumpieper wurden im Gegensatz zur Haselmaus nur die offe- nen Sukzessionsstadien des Niederwaldes in die Analyse einbezogen, weil er nach LOSKE (1985: 591) neben den einzeln oder locker stehenden Bäumen und Sträuchern (Sing- warten) offene Flächen mit gut ausgebildeter Krautschicht benötigt (Abb. 38). Neben Goldammer (Emberiza citrinella), Heidelerche (Lullula arborea) und Neuntöter (Lanius collurio) wird der Baumpieper als eine der Arten beschrieben, die an die Kahlflächen gebunden ist und diese direkt nach dem Schlag besiedelt (HANSSON 1983, MCCOLLIN 1998 zitiert nach HÜBNER 2009: 165). Vor allem wenn Überhälter im Bestand gelassen werden (Mittelwaldcharakter), können Kahlschläge die Habitatansprüche des Baumpiepers gut erfüllen (LOSKE 1985 zitiert nach LOSKE 1987: 34). Wenn aber der Gebüschanteil im Busch-Heide-Stadium zu dicht bzw. zu hoch wird, verschwindet der Baumpieper von der Fläche (BLANKENSTEIN 2007: 231), weshalb ältere Schläge bei der Analyse als Baumpie- perhabitat nicht mehr berücksichtigt werden konnten.

Abb. 38: Die frühen Sukzessionsstadien der Niederwälder sind geeignete Lebensräume für den Baumpieper. Hierzu gehören vor allem die frischen (rot schraffiert) bis 3-jährigen (grün schraf- fiert) Schläge. Die Darstellung ist kreiert für das Bewirtschaftungsmodell ohne Überführung in der zweiten Erntephase, basierend auf dem 3-jährlichen-Ernterhythmus im UG „1“.

Zum Durchführen der Analyse benötigt man den Aktionsradius des Tieres, welcher im Fall des Baumpiepers gar nicht so einfach festzustellen erscheint. Denn der Aktionsradi- us des Baumpiepers ändert sich innerhalb der Brutsaison: in den ersten Wochen nach der Ankunft aus dem Winterquartier ist sein Aktionsraum groß, während er in der Ter- ritorialphase hingegen eher klein ist (MEURY 1989: 116-117). In der Nestlingszeit sind in

128 Stockausschlagwälder in der Landschaft der Regel beide Geschlechter mit der Nahrungssuche beschäftigt, weshalb der Aktions- raum vorwiegend von dem Nahrungsangebot bestimmt wird und 300 m lange Flüge als gewöhnlich angesehen werden können (ebd.: 118). Da diese Phase zur Erhaltung der Populationen von großer Bedeutung ist, wurde bei der Nachbarschaftsbeziehungsanaly- se eine 300 m Buffer-Distanz gewählt (Abb. 39).

Abb. 39: Nachbarschaftsbeziehung der Baumpieperhabitate. Als geeignetes Baumpieperhabitat werden die frischen und 3-jährigen Schlagflächen, in einer Klasse zusammengefasst, angesehen. Je dunkler die Farben sind, umso höhere Werte nimmt der Index an.

Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass die für den Baumpieper geeigneten Biotope im südlichen Teil des Untersuchungsraumes weniger miteinander im Kontakt stehen als in zentralen und nördlichen Bereichen. Vier von 29 Baumpieperflächen befinden sich sogar komplett isoliert in der Landschaft. Das Zerreißen der Baumpieperbiotope wäre noch größer, wenn ausgerechnet die eine gute Nachbarschaftsbeziehung aufweisenden zentralen Flächen, die für eine Überführung ideal sind, nicht mehr „auf den Stock ge- setzt“ werden würden. Der MPROX fällt in diesem Fall unter denselben Voraussetzungen (d.h. PB = 300 m und das Modell befindet sich auch in der zweiten Erntephase basierend auf dem 3-jährlichen-Ernterhythmus, jedoch mit dem Ausschluss der zur Überführung geeigneten Flächen) von 1008,61 auf 477,82! Im Untersuchungsgebiet „2“ beträgt MPROX ohne Überführung 1001,56 und mit Über- führung 224,35. Die Anzahl der Flächen, die dem Baumpieper als Habitat geeignet sind, ist im Untersuchungsgebiet „2“ zwar wesentlich geringer, aber deren Nachbarschaftsbe- ziehung zueinander ist genauso gut wie im Untersuchungsgebiet „1“. Der Grund dafür ist, dass sich die jungen Hiebsflächen weniger zerstreut in der Landschaft befinden, son- dern vielmehr konzentriert im südlichen Bereich des Untersuchungsraumes.

129 Stockausschlagwälder in der Landschaft

5.4.4.3 Haselhuhn

Ursprünglich bewohnte das Haselhuhn die Wälder der europäischen und asiatischen Taiga, drängte jedoch im Laufe der Zeit bis nach Mitteleuropa hinein. Im Mitteleuropa stellen insbesondere Waldbestände zwischen 7 und 18 Jahre nach dem Hieb den idealen Lebensraum für das Haselhuhn dar (SCHMIDT & HEIDT 1997: 4). Vermutlich führte an ers- ter Stelle die Aufgabe der traditionellen Niederwaldwirtschaft dazu, dass die heimischen Haselhuhnpopulationen drastisch zurückgegangen sind. Denn ohne das periodische „Auf-den-Stock-setzen“ verschwinden die für das Haselhuhn optimal angesehenen Le- bensräume immer mehr aus der mitteleuropäischen Waldlandschaft. Mithilfe der angefertigten Bewirtschaftungsmodelle kann gezeigt werden (Abb. 40), wie die Hiebe durchzuführen sind, um Lebensräume für das Haselhuhn zu schaffen und die- se erweitern zu können. Bei einer gut funktionierenden Niederwaldwirtschaft mit einer gewöhnlichen Umtriebszeit kann etwa die Hälfte der Gesamtfläche der Niederwälder als gutes Haselhuhnhabitat angesehen werden.

Abb. 40: 6- bis 18-jährige Schläge sind geeignete Lebensräume für das Haselhuhn. Die Darstel- lung ist kreiert für das Bewirtschaftungsmodell ohne Überführung in der siebten Erntephase basierend auf dem 3-jährlichen-Ernterhythmus im UG „1“.

Wenn die Niederwaldnutzung in den durchgewachsenen Beständen wieder aufgenom- men würde, gäbe es am Anfang noch keine älteren Schläge, welche vom Haselhuhn be- siedelt werden könnten. Ab der siebten Erntephase kommen jedoch im dargestellten Beispiel schon alle Entwicklungsstadien des Niederwaldes im Untersuchungsraum vor, welche für das Haselhuhn als optimales Habitat angesehen werden können. Bei dem 3- jährlichen-Ernterhythmus wurden die 6-, 9-, 12-, 15- und 18-jährigen Schläge als ideales

130 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Haselhuhnbiotop zusammengefasst. Wenn darauf geachtet wird, dass der Hieb immer in dem nächstliegenden Bestand fortgesetzt wird, können dem Haselhuhn mehrere Hektar große, zusammenhängende und mit verschiedenen Sukzessionsstadien ausgestattete Biotope geschaffen werden. 18 Jahre nach dem ersten Hieb ergeben sich im Untersuchungsraum „1“ ohne Überfüh- rung insgesamt 37 potenzielle Haselhuhnbestände mit einer durchschnittlichen Flä- chengröße von 4,4 ha. Wenn durch Überführungsmaßnahmen einige Bestände für das Haselhuhn nicht mehr nutzbar wären, würde sich die Anzahl der möglichen Haselhuhn- biotope mit einer durchschnittlichen Größe von 3,9 ha auf 25 reduzieren. Wenn alle Sukzessionsstadien des Niederwaldes, welche für das Haselhuhn als optimaler Lebens- raum angesehen werden können, im Untersuchungsgebiet aufzufinden sind (d.h. ab dem 18. Jahr nach dem ersten Hieb), ändert sich die Flächenbilanz der Haselhuhnbiotope bezüglich des gesamten Gebietes nicht mehr entscheidend. Vorausgesetzt, dass die Nie- derwaldnutzung mit der empfohlenen Schlaggröße und im selben Hiebrhythmus wei- tergeführt wird. So sind im Jahr 18 etwa genauso viel Flächen vom Haselhuhn nutzbar als z.B. 30 oder 51 Jahre nach dem ersten Hieb, weil nach dem Ablauf der ersten Um- triebszeit der ganze Prozess von vorne anfängt. Nur die Lage der optimalen Biotope „verschiebt“ sich nach jeder Erntephase mit der Entfernung einer Hiebsflächenbreite.

Abb. 41: Nachbarschaftsbeziehung der Haselhuhnhabitate. Als geeignetes Haselhuhnhabitat werden die Schlagflächen zwischen 6 und 18 Jahren nach dem Hieb, in einer Klasse zusammen- gefasst, angesehen. Je dunkler die Farben sind, umso höhere Werte nimmt der Index an.

Im dargestellten Beispiel sind aus 324,93 ha Stockausschlagwald über die Hälfte der Flächen, und zwar 164,36 ha, für das Haselhuhn geeignet (Abb. 41). Wenn aus der Nie- derwaldnutzung die überführbaren Bestände ausgeschlossen würden, wären noch im-

131 Stockausschlagwälder in der Landschaft mer 98,62 ha für das Tier nutzbar. Die Flächenbilanz sieht im Untersuchungsgebiet „2“ folgendermaßen aus: ohne Überführungsmaßnahmen sind 52,93 ha und mit Überfüh- rung 26,89 ha aus dem 111,84 ha Stockausschlagwaldgebiet ideal. Der Proximity-Index ändert sich der Flächenbilanz entsprechend (Tab. 18).

Tab. 18: Flächenbilanz und MPROX über für das Haselhuhn nutzbare Niederwaldwälder

Untersuchungsgebiet „1“ Untersuchungsgebiet „2“ Fläche (ha) MPROX Fläche (ha) MPROX Niederwälder in sämtlichen Suk- 324,93 - 111,84 - zessionsstadien daraus ohne Überführung als 164,36 6736,00 52,93 2843,66 Haselhuhnhabitat geeignet daraus mit Überführung als Ha- 98,62 2311,72 26,89 444,13 selhuhnhabitat geeignet

5.5 Deutung der Landschaftsstruktur als ergänzendes Mittel zur na- turschutzfachlichen Bewertung der Szenarien

5.5.1 Methodenkritik: Datengewinnung zur Analyse der Landschaftsstruktur

Die ausgewählte methodische Vorgehensweise erwies sich für das Vorhaben der Studie prinzipiell als gut geeignet. Der größte Kritikpunkt ist dennoch, dass die Methode sich aufgrund der zeitintensiven Datenvorbereitung für größere Räume nicht einsetzen lässt. Als erste Aufgabe war zu entscheiden, welches Modell genutzt werden soll. Geodaten können in zwei grundlegenden Modellen dargestellt werden, entweder im Vektor- oder im Rastermodell. Vektormodelle werden für punkt- und linienhafte Abbildungen (z.B. Landnutzungstypen) bevorzugt, während sich Rastermodelle für kontinuierliche, flä- chenhafte Phänomene eignen (LANG & BLASCHKE 2007: 49). Da es sich in der vorliegenden Studie um die Untersuchung von gut abgrenzbaren Biotoptypen handelt, entschied man sich schließlich für die Anwendung des Vektormodells. Die Datengewinnung erfolgte durch die Digitalisierung am Bildschirm (On-Screen-Digitalisierung). Diese Vorgehens- weise hat den Vorteil, dass die visuelle Prüfung auf Vollständigkeit und Passgenauigkeit vereinfacht ist (HAKE et al. 2002: 236). Im Vergleich dazu führt eine automatische Digita- lisierung nicht immer zu den gewünschten Ergebnissen und man muss die Daten evtl. manuell nachbearbeiten, was u.U. viel Zeit kostet (DE LANGE 2006: 203). Einige Landbe- deckungsformen wie z.B. „Acker“, „Felsen“ oder „Nadelwald“ konnten auf den Luftbil- dern schnell und unfehlbar erkannt werden, doch erwies sich die Unterscheidung der verschiedenen Stockausschlagwaldklassen ohne Geländebegehung als schwierige Auf- gabe. Um die Unterschiede ähnlicher Landnutzungsformen auch auf den Luftbildern identifizieren zu können, mussten einige Kontrollpunkte in den Untersuchungsräumen aufgesucht werden. Mit dem Abschluss der Digitalisierungsarbeiten wurde der zeitintensivste Teil dieser Studie vollendet. Die Szenarien und Bewirtschaftungsmodelle wurden innerhalb weni- ger Schritte mit dem Zusammen- oder Zerlegen der vorhandenen Polygondatensätze aufgestellt. Anschließend konnten die Landschaftsstrukturmaße mit der vektorbasierten Programmerweiterung für ArcGis (V-LATE) direkt berechnet werden. Es war von Vor-

132 Stockausschlagwälder in der Landschaft teil, dass V-LATE auch zur Überprüfung der Nachbarschaftsbeziehung von Biotopen ge- eignet ist, weshalb der Einsatz einer neuen Anwendung nicht nötig war. Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Einsatz dieser Vorgehensweise nur für kleinere Untersuchungsräume zu empfehlen ist. Denn für eine sichere Unterscheidung der ver- schiedenen Stockausschlagwaldklassen gibt es im Moment keine gängige Methode in der Fernerkundung. Zur Identifizierung von Stockausschlagwäldern wäre der Einsatz schon vorhandener Datenbanken wie z.B. digitalen Forsteinrichtungsdaten und Biotopkartie- rungsdaten vorstellbar. Doch diese Daten sind zurzeit noch nicht flächendeckend vor- handen und zudem ist mit ihnen eine ortsgenaue Darstellung nicht möglich (siehe auch Kap. 3.4). Folglich kann auf die Geländebegehung und die mühsamen Digitalisierungsar- beiten, die den Einsatz dieser Methode weitgehend beschweren, nicht verzichtet wer- den.

5.5.2 Grenzen der Anwendung von Landschaftsstrukturmaßen

Das Aufkommen der Landschaftsstrukturmaße brachte verschiedene Vorteile für die praktische Landschaftsplanung mit sich. Dennoch lassen sich damit auch vereinzelte Einschränkungen im Hinblick auf die praxisbezogene Landschaftsplanung feststellen. Dies ist teilweise mit der schwierigen Interpretierbarkeit mancher LSM zu begründen oder darin, dass manche Maße als zu „abstrakt“ bezeichnet werden können, weil sie we- nig Verbindung zur Praxis hätten. In den folgenden Punkten werden die Grenzen der Anwendbarkeit der LSM dargestellt, die auch in der vorliegenden Studie zum Vorschein kamen:

 Einer der wichtigsten Kritikpunkte ist, dass LSM in der Praxis öfters innerhalb „administrativer Grenzen“ verwendet werden, obwohl sie streng genommen nur in naturräumlichen Einheiten interpretierbar sind, da sich natürliche Ereignisse nicht an „administrative Grenzen“ halten (BLASCHKE 1999: 19, LIPP 2006: 26). Es gibt jedoch öfters keine andere Alternative, weshalb bei der Interpretation der Ergebnisse von willkürlich abgegrenzten Untersuchungsflächen nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die Wahl des Ausschnitts und dessen Größe einen we- sentlichen Einfluss auf die Maße haben (BLASCHKE 1999: 20). Hierzu lässt sich als Beispiel das MPROX aufführen, welches sensibel auf die Größe des Untersu- chungsraumes reagiert. Da dieselbe Problematik auch in der vorliegenden Studie aufkommt, kann die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen den zwei Untersu- chungsräumen an mehreren Stellen in Frage gestellt werden.  Die Berechnung mehrerer Maße zu derselben Fragestellung führt nicht automa- tisch zu mehr Erkenntnissen. Denn die meisten Maße basieren auf den gleichen Parametern (Fläche und Umfang) und korrelieren folglich stark miteinander (MCGARIGAL 2002: 1139, NEUBERT et al. 2006: 151).  Die dimensionslosen Maße (z.B. MPROX) in sich sind nicht aussagekräftig, da ihre Absolutwerte allein nicht interpretierbar sind (HERBST 2007: 14). Diese können nur im Vergleich zu anderen Werten erläutert werden.  Die Formmaße erwiesen sich eher als ungeeignet, um wertvolle Aussagen zu Bio- topstrukturen zu liefern, da ihre Werte schwierig zu deuten sind. Diese Einschät- zung werden von BLASCHKE (2000: 274) und MCGARIGAL & MARKS (1995: 90) eben- falls geteilt.

133 Stockausschlagwälder in der Landschaft

 Die Diversität-Indizes sind stark abhängig von der Anzahl der vorkommenden Klassenzahl des untersuchten Gebietes (BLASCHKE 1999: 19, WALZ 2004: 25). Folg- lich macht das Vergleichen mehrerer Untersuchungsflächen nur einen Sinn, wenn die Interpretationstiefe gleich ist. Aus diesem Grund ist zu empfehlen, dass die Abgrenzung von Patches und deren Zuordnung zu Klassen bei allen Untersu- chungsgebieten von der gleichen Person durchgeführt werden.  SYRBE (1999: 39) weist darauf hin, dass die stark anthropogen geprägten Landbe- deckungsformen wie Siedlungen oder Verkehrsanlagen die Landschaftsvielfalt auch erhöhen, obwohl sie kein Indiz für steigende Biodiversität darstellen. Aus diesem Grund darf aus naturschutzfachlichem Blickwinkel ein mit Diversitäts- maßen nachgewiesener vielfältiger Landschaftsausschnitt nicht automatisch als positiv beurteilt werden, da die zuvor erwähnten Landnutzungstypen auch in die Bewertung mit einfließen.  Es kann in Frage gestellt werden, ob die Nachbarschaftsbeziehung beschreiben- der Maße tatsächlich ein reales Bild über die Eingebundenheit der Patches einer Klasse geben. Denn die meisten Arten nutzen nicht den kürzesten Weg (euklidi- scher Distanz) zum nächstgelegenen Patch, sondern orientieren sich an den vor- handenen Strukturen (WIENS 1997 zitiert nach LANG & BLASCHKE 2007: 261).  Wenn man die Abholzungen in den Bewirtschaftungsmodellen auf anderen Teil- flächen begonnen hätte, bekäme man andere Ergebniswerte für die LSM. Das Gleiche ereignet sich, wenn man die Schlaggröße oder Form der Schläge verän- dert. Da man auf „Knopfdruck“ große Mengen von Werten aus den LSM erstellen kann, kann dies fälschlicherweise dazu anregen, dass man nach dem mit LSM be- legten, aus ökologischer Sicht „besten“ Bewirtschaftungsmodell sucht. Doch die Berechnung von Strukturmaßen auf diese Weise dient nur dem Selbstzweck und ist darüber hinaus sinnlos. Das „beste“ Modell soll immer basierend auf anderen Aspekten gewählt werden, wozu schließlich die Strukturmaße berechnet werden und nicht umgekehrt.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass diese Kritikpunkte die Interpretation der Ergebnisse zwar erschweren, aber dies bedeutet bei Weitem nicht, dass man aus diesem Grund vom Einsatz der Landschaftsstrukturmaße absehen sollte. Sie stellen eine durch- aus wertvolle Ergänzung für Bewertungsmethoden in der praktischen Landschaftspla- nung dar. Die berechneten Indizes dürfen jedoch nicht ohne weiteres hingenommen werden, sondern sollten immer im Hinblick auf deren Validität und Reliabilität geprüft bzw. hinterfragt werden.

5.5.3 Bewertung der Szenarien aus der Sicht des Naturschutzes

5.5.3.1 Szenario mit Istzustand

Das gegenwärtige reale Muster der Landbedeckung wird im ersten Szenario dargestellt. Dies gilt auch als Ausgangslage für die Erstellung der weiteren Grundszenarien bzw. Bewirtschaftungsmodelle, die Nutzungsvorschläge für ehemalige Niederwälder simulie- ren (Abb. 22). Die naturschutzfachliche Bedeutung der mitteleuropäischen Wälder wird laut PLACHTER (1991: 102-103) durch acht Merkmale bestimmt:

134 Stockausschlagwälder in der Landschaft

 Alter des Bestandes,  Anzahl und räumliche Verteilung der Baumarten,  Hohe horizontale und vertikale Raumstruktur,  Anteil von Alt- und Totholz,  Besonnung des Waldbodens,  Art und Verteilung unbestockter Areale (Lichtungen, Säume),  Vorhandensein von Sonderstandorten,  Flächengröße.

Abgesehen von zwei Kriterien, und zwar vom „Alter des Bestandes“ und dem „Anteil von Alt- und Totholz“, erfüllen die Niederwälder die Charakterzüge eines aus naturschutz- fachlicher Sicht wertvollen Waldes verhältnismäßig gut. Nach den Forsteinrichtungsda- ten wurden die ehemaligen Niederwälder aber in beiden Untersuchungsräumen zuletzt vor etwa 80 bis 90 Jahre bewirtschaftet, weshalb diese in ihrem derzeitigen Zustand als überaltert gelten und folglich ihre aus naturschutzfachlichem Blickwinkel relevanten Funktionen nicht mehr erfüllen können. Die naturschutzfachliche Bedeutung der Niederwälder resultiert zunächst aus ihrer Funktion als sekundärer Lebensraum für Tiere und Pflanzen lichter und wärmebegüns- tigter Wälder sowie aus ihrem Strukturreichtum (CONRADY & FASEL 2007: 384). Diese Strukturvielfalt ergibt sich aus den wechselnden Sukzessionsphasen, der Vielfalt an Grenzlinien und den unterschiedlichen mikroklimatischen Nischen und fördert im Ver- gleich zu den strukturärmeren Hochwäldern eine höhere Artendiversität (ebd.: 384). Die Nutzungsaufgabe führt jedoch dazu, dass die durchgewachsenen Niederwälder im- mer mehr einem dunklen Hochwald ähneln, in dem die licht- und wärmeliebenden Arten nicht überleben können (OSTERMANN 2002: 157). In der Studie von CONRADY (2007 a) wurde das Vorkommen von vier Tiergruppen (Araneida, Coleoptera, Heteroptera, Chi- lopoda) in drei Niederwald-Sukzessionsstadien und einem Hochwald untersucht. CON- RADY (2007 a: 332) fand dabei heraus, dass die Ähnlichkeit der Tiergemeinschaften zwi- schen den überalterten Niederwäldern bzw. den Hochwäldern am größten ist. Daraus lässt sich ableiten, dass „die den Lebensraum prägenden Waldbedingungen“ in den durchgewachsenen Niederwäldern (mind. 45-50 Jahre) denen der Hochwälder ziemlich ähneln (ebd.: 332). Die überalterten Niederwälder erreichen im Vergleich zu aktiv bewirtschafteten Nie- derwäldern im Hinblick auf den Naturschutz nur beim Totholzangebot eine bessere Be- wertung. CONRADY (2007 a: 328) stellte jedoch fest, dass, obwohl die durchgewachsenen Niederwälder als totholzreich einzustufen sind, der Wert des Totholzes aus naturschutz- fachlicher Sicht gegenüber den Starktotholz aufzeigenden Hochwäldern „von minderer Qualität“ ist, da das Totholz nur eine „schwache“ oder maximal „mittelstarke“ Dimension erreichet. Folglich können die überalterten Niederwälder für Tierarten, die eng an Alt- und Totholz gebunden sind, auch nur bedingt einen Lebensraum bieten. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die derzeitige Situation, in der die Nieder- wälder dauerhaft sich selbst zu überlassen sind, aus naturschutzfachlicher Sicht subop- timal ist. Neben den ökologischen Aspekten sprechen für eine lokale Wiederbelebung der Niederwaldwirtschaft forstbetriebsökonomische (Brennholzproduktion) bzw. bo- denschützerische Gesichtspunkte (siehe auch Kap. 1). Zudem stellen die kleinflächigen Abholzungen weder aus landschaftsästhetischer noch aus touristischer Ansicht ein Problem dar (siehe auch Kap. 6.1.3).

135 Stockausschlagwälder in der Landschaft

5.5.3.2 Szenario mit einer Niederwaldklasse

In diesem Szenario wurden alle Bestände, die aus „Stockausschlag entstanden“ sind, in einer Landbedeckungsklasse zusammengefasst. Das Ziel dieser Darstellung war es zu zeigen, was passieren würde, wenn alle Stockausschlagwälder in den Untersuchungs- räumen unabhängig von deren Lage und Größe gleichzeitig „auf den Stock gesetzt“ wä- ren. Die Sinnhaftigkeit dieser Vorstellung kann jedoch aus naturschutzfachlicher Sicht aus mehreren Gesichtspunkten in Frage gestellt werden. Die zentrale Frage besteht darin, was mit der Flora und Fauna der ehemaligen Nieder- waldbestände passieren würde, wenn es für sie nach der Abholzung in der Nähe keine Ausweichmöglichkeiten gäbe. Tiere sind im Gegensatz zu Pflanzen mehr oder weniger mobil und können u.U. größere Entfernungen bis zum nächsten geeigneten Habitat zu- rücklegen und viele Pflanzenarten können im Samendepot des Bodens überdauern. Doch die wenig mobilen Tiere sowie Pflanzen, die nur geringere Schwankungen an Um- weltbedingungen ertragen oder im Boden nicht jahrelang überdauern können, wären vom örtlichen Aussterben bedroht, vor allem dann, wenn die umliegenden Hochwälder, die eventuell als Ersatzlebensraum fungieren könnten (siehe hierzu Szenario Istzu- stand), sich auch nicht in erreichbarer Nähe befinden. Andererseits werden durch die Entfernung der Baumschicht nicht nur Lebensräume zerstört, sondern gleichzeitig damit neue Lebensbedingungen geschaffen. Hierdurch wird vor allem die Verbreitung der licht- und wärmebedürftigen Arten begünstigt. Da der Artenreichtum in Beständen mit Saumcharakter i.d.R. höher ist als in den dunklen Wäldern, könnte man davon ausgehen, dass die Gesamtartenzahl mit der Freistellung von Waldflächen steigt. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um wenige kleinflächige Schläge, die auf Landschaftsebene die Strukturvielfalt und damit auch die Gesamtarten- zahl erhöhen (STEINER & KÖHLER 2001 zitiert nach WALZ 2006: 9-10), sondern um eine großflächige Abholzung, die gerade aus naturschutzfachlicher Sicht wertvollen kleinflä- chige Strukturen zerstören. Mit der Vereinheitlichung der Lebensbedingungen muss man also im gesamträumlichen Kontext vielmehr mit dem Verlust der Artenvielfalt rechnen. Aus naturschutzfachlicher Sicht empfiehlt sich also die Durchführung von überdimensi- onierten Abholzungen auf keinen Fall. Viel besser erweisen sich die kleinflächigen Schläge, die nach einer bestimmten Umtriebszeit über den gesamten Raum durchgeführt werden. So entsteht ein mosaikartiger Wechsel unterschiedlicher Vegetationsstruktu- ren, was nachweislich eine höhere Artendiversität fördert. Bei dieser Nutzungsweise ist es zudem auch erwünscht, dass die aus ökologischer Sicht ähnlichen Habitate voneinan- der nicht isoliert liegen, sondern mit Verbindungselementen (Korridore und Trittsteine) miteinander vernetzt sind. Der Verbund von Lebensräumen und –gemeinschaften er- leichtert die Zuwanderung von Arten und sorgt dadurch für die Auffrischung der geneti- schen Informationen bzw. kann sogar ein lokales Aussterben verhindern oder rückgän- gig machen (WULF 2001: 195).

5.5.3.3 Pufferszenario

Im dritten Szenario wird eine Lösung für die zuvor dargestellte Problematik vorgeschla- gen. Hierbei wird auf das ursprüngliche Vorhaben, dass die ehemaligen Niederwaldbe- stände gleichzeitig „auf den Stock gesetzt“ werden, auch nicht verzichtet, aber im ersten Beispiel wird die Erhaltung von 10 m und im zweiten von 30 m breiten Schonflächen um die großen Niederwaldbestände vorgeschlagen, um damit die negative Auswirkung der

136 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Abholzung auf die in den Stockausschlagwäldern etablierte Flora und Fauna zu mindern. Solche Schonflächen könnten die Funktion der Korridore übernehmen, so dass auf diese Weise eine Verbindung zu anderen Laubwaldbiotopen entsteht. Des Weiteren wird von der Abholzung der kleineren Niederwaldflächen (< 0,5 ha) abgeraten, da diese im Ver- bundsystem als Trittsteine fungieren könnten. Schließlich könnte man davon ausgehen, dass die Arten, die vor der Abholzung in den Beständen vorhanden waren, im gesamt- räumlichen Kontext mit großer Wahrscheinlichkeit überleben würden. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die naturschutzfachlichen Gesichtspunkte in diesem Szenario mehr berücksichtigt werden als im Szenario zuvor. Ob sich diese Vorstellung auch in der Praxis ausführen lässt, bleibt natürlich offen.

5.5.3.4 Überführungsszenario

Mit dem Ziel der Wertholzproduktion wird im vierten Szenario für ausgewählte durch- gewachsene Niederwaldbestände eine Überführung in Hochwälder empfohlen. Hierzu müssen folgende zwei Kriterien erfüllen: erstens in gut befahrbaren Lagen stocken (bis max. 35 % Hangneigung) und zweitens eine Fläche von mindestens 0,5 ha aufweisen. Nach Berechnungen mit der GIS-Software sind von der geplanten Überführung die Be- stände gänzlich betroffen, die im „Istzustand“ bereits als „durchforstete Stockaus- schlagwälder“ bezeichnet wurden. „Durchforstet“ umfasst Maßnahmen im Rahmen des Waldumbaus, mit denen die Überführung von ehemaligen Niederwaldbeständen in Hochwälder erzielt wird. Da in Wirklichkeit vor allem bei gut erschlossenen Lagen die Überführungsmaßnahmen bereits begonnen wurden, unterscheidet sich dieses Szenario vom aktuellen Zustand nur im Ausmaß der zur Überführung empfohlenen Flächen. Werden die Bestände, bei denen die Überführungsmaßnamen schon in die Wege geleitet wurden, genauer beobachtet, lässt sich feststellen, dass deren Ähnlichkeit zu Hochwäl- dern im Vergleich zu den durchgewachsenen Niederwaldbeständen noch ausgeprägter ist. Denn sie sind nicht nur in ihrer ökologischen Funktion, sondern auch in der visuellen Erscheinung ihrer Bestandesstruktur mit den Hochwäldern vergleichbar. Obwohl sich die Zielsetzung einer herkömmlichen Durchforstung mit der von einer Überführung nicht gleichsetzten lässt, sind die ökologischen Folgewirkungen für den Waldbestand ziemlich ähnlich. Zu den negativen Effekten solcher Maßnahmen zählt, dass gerade die aus naturschützerischer Sicht wertbestimmenden abgestorbenen und fehlgewachsenen Bäume entfernt werden bzw. die besonderen Wuchsformen an Einzel- bäumen (Mikrohabitate18) verloren gehen, die vor allem für Pilze, Moose und Flechten sowie unter den Tieren insbesondere für Käfer und Vögel als wichtige Lebensgrundlage fungieren. Da dies eine oft vorkommende falsche Vorgehensweise der modernen Wald- bewirtschaftung ist, wird der Erhalt von Kleinstrukturen von ROSSMANN (1996: 235) auch in den Überführungsbeständen verlangt. Anderseits hat eine Überführung auch einen ökologischen Nutzen. Nach LEITGEB & ENGLISCH (2003: 14-15) lassen sich die posi- tiven ökologischen Effekte der Durchforstung, die mit großer Wahrscheinlichkeit auch auf die überführten Bestände zutrifft, jedoch im Rahmen der Studie nicht explizit unter- sucht wurde, in folgenden Punkten zusammenfassen:

 Verbesserung des Nährstoffhaushaltes im Wald,  erhöhte Aktivität des Bodenlebenes,

18 Als Mikrohabitat werden hier die von WINTER (2009: 52) aufgezählten Wuchsformen an Bäumen verstanden. Hierzu gehören u.a. Kronenbrüche, Stammbrüche, Blitzrinne, Risse, Spalte usw.

137 Stockausschlagwälder in der Landschaft

 Schaffung eines günstigen Mikroklimas,  Anstieg der Artenzahl und Biomasse infolge des erhöhten Lichteinflusses.

Zudem weisen LEITGEB & ENGLISCH (2003: 15) auch darauf hin, dass von den besseren Lichtverhältnissen vor allem die Lichtbaumarten profitieren, die ihre Photosyntheseleis- tung direkt nach der Durchforstung sogar verzehnfachen können. Doch all diese positi- ven Wirkungen lassen mit dem Kronenschluss wieder nach, der sich wegen des raschen Baumwachstums in kurzer Zeit vollzieht. Längerfristig lässt sich infolge der Überführung aus der Sicht des Arten- und Bio- topschutzes damit rechnen, dass sich die Artenzusammensetzung und der Deckungs- grad der Krautschicht im Hochwald verrücken, während sich die aus naturschützeri- scher Sicht wertbestimmenden thermophilen und lichtbedürftigen Arten zurückziehen (ROSSMANN 1996: 200). Wie sich die Überführung auf die Tierwelt auswirken kann, schil- dert ROSSMANN (1996: 201-202) am Beispiel von Tagfaltern, Vögeln und Amphibien, da diese Tiergemeinschaften i.d.R. in den kraut- und strauchreichen, lichten Wäldern ideale Lebensbedingungen vorfinden. ROSSMANN (1996: 201) weist darauf hin, dass, solange es sich nicht um einen Urwald mit Lichtlücken handelt, die geschlossenen Hochwälder als Lebensraum für die Tagfalter nicht infrage kommen. Da sowohl die Pflanzenwelt als auch die Zahl der Insekten und ihre Mengen sich infolge der Überführung deutlich ver- ändern, können sowohl pflanzenfressende als auch insektenfressende Vögel beeinträch- tigt werden (ebd.: 202). Über das veränderte Ernährungsangebot hinaus kann dies zu einem Populationsverlust der Vögel führen, wenn mangels Versteckmöglichkeiten die Vogelbrut von den natürlichen Fressfeinden schneller gefangen wird (ebd.: 202). Von der Überführung in Hochwald sind die Amphibien auch negativ betroffen, da die Tempe- ratur von Kleingewässern (Muldenlagen, Quellnischen und Wagenspuren) wegen der gedämmten Lichteinstrahlung niedriger ist und folglich die Larvenentwicklung verlang- samt ist (ebd.: 202).

5.5.4 Voraussetzungen zur Wiederaufnahme der Niederwaldwirtschaft aus der Sicht des Naturschutzes

Das Ziel dieser Darstellung ist es, eine Idee aufzuzeigen, wie sich die Energieholzgewin- nung im Niederwald unter der Berücksichtigung von naturschutzfachlichen Gesichts- punkten realisieren lässt. Bei der Planung wurde auf die folgenden Aspekte besonderen Wert gelegt, da diese die Rentabilität der Niederwaldnutzung sowie den naturschutz- fachlichen Wert maßgebend bestimmen:

 Schlaggröße Über die optimale Schlaggröße im Niederwald sind die Meinungen in der Litera- tur geteilt. Schließlich kann die erwünschte Raum-Zeit-Dynamik nur auf entspre- chend großen Schlägen entstehen. Auch aus wirtschaftlicher Sicht sollen die Schlaggrößen angemessen sein, wobei die Erosionsgefahr durch große, zusam- menhängende, offene Flächen nicht unproportioniert erhöht werden darf. Aus der Sicht des Arten- und Biotopschutzes schlägt ROSSMANN (1996: 147) eine Schlaggröße von mind. 2 ha vor, da die aus dem naturschützerischen Blickwinkel wertvollen wärmeliebenden Arten auf kleinen Einschlägen im Wald schlechter gedeihen. Als absolute unterste Grenze der Schlaggröße für die thermo- heliophilen Arten gibt ROSSMANN (1996: 162) bei optimalen kleinklimatischen Vo-

138 Stockausschlagwälder in der Landschaft

raussetzungen mind. 0,5 ha an, während bei suboptimalen Standortsbedingungen der Schlag noch größer sein sollte. Im Vergleich dazu empfehlen SCHUMACHER & VORBRÜGGEN (1997: 135) eine Schlaggröße von 0,5 bis 1 ha und CONRADY & FASEL (2007: 386) von mind. 0,6-1 ha. Insgesamt lässt sich also feststellen, dass, wäh- rend es bei der Mindestgröße mehr oder weniger eine Übereinstimmung gibt, sich die Meinungen über die maximale Schlaggröße teilen. Da die optimale Schlaggröße im Niederwald noch nicht ausreichend erforscht wurde, erwies es sich in der vorliegenden Studie als guter Kompromiss, wenn die Schläge eine Größe von mind. 0,5 bis max. 1,5 ha aufweisen, wobei kleinere Schläge aufgrund der erhöhten Erosionsgefahr nur in der Hanglage zugeteilt wurden.

 Walderschließung Die Walderschließung ist primär aus der Sicht der Wirtschaftlichkeit ein wichti- ger Aspekt der Niederwaldnutzung, weil sie die Erreichbarkeit der Bestände be- stimmt. Man spart viel Geld bzw. es entstehen weniger Bodenschäden, wenn die vorhandenen Waldwege genutzt werden. Darüber hinaus lassen sich die negati- ven Folgen des Wegebaus wie z.B. die Fragmentierung, Isolation oder Verlust von Lebensräumen für die Flora und Fauna auch vermeiden. Dementsprechend wur- den die Schläge in beiden Untersuchungsräumen so zugeteilt, dass diese mög- lichst durch das vorhandene Wegenetz erreichbar sind.

 Form der Schlagflächen Die Form der Biotope stellt ein wichtiges Merkmal aus der Sicht des Arten- und Biotopschutzes dar, da diese auf die Artenvielfalt und ihre Stabilität gegenüber äußeren Einwirkungen einen Einfluss hat (siehe auch Kap. 5.1.5.4). Bei dieser Größenordnung gibt es jedoch aus ökologischem Blickwinkel keine Möglichkeit für die individuelle Gestaltung der Schläge, da die Geländeeigenschaften und aus ökonomischer Sicht ein effizienter Ablauf der Baumernte eine wesentlich wichti- gere Rolle spielen. Beispielsweise müssen an Hanglagen schmale und langgezo- gene Schläge geplant werden, um den Seilkraneinsatz für das Holzrücken zu un- terstützen. Im Gegensatz dazu ist die Schlagform bei befahrbaren Beständen we- niger bedeutsam.

 Reihenfolge der Schläge Vor allem aus naturschutzfachlicher Sicht erweist es sich als wichtig, dass die Nutzung immer auf der benachbarten Teilfläche fortgesetzt wird. Es gibt Arten, die mehrere Sukzessionsstadien besiedeln, wodurch für diese große, zusammen- hängende Lebensräume entstehen. Aber auch stenöke Arten können davon profi- tieren, weil sich ihre Lebenschance nach einer Störung erhöht, wenn im benach- barten Bestand nur geringfügig abweichende Lebensbedingungen herrschen.

 Zeitlicher Abstand zwischen zwei Erntephasen Vor allem die Gemeindewaldungen wurden früher so bewirtschaftet, dass sie in so viele Teilschläge eingeteilt wurden wie die Umtriebszeit an Jahren aufwies, wobei jedes Jahr ein neuer Schlag zur Nutzung herangezogen wurde (MANZ 1993: 19). Aus dem Blickwinkel des Arten- und Biotopschutzes hat diese Vorgehens- weise den Vorteil, dass der Kontrast zwischen zwei benachbarten Teilflächen am geringsten ist und somit die Barrierewirkung minimiert ist. Anderseits bedeutet diese traditionelle Methode eine jedes Jahr wiederkehrende Störung im

139 Stockausschlagwälder in der Landschaft

Waldökosystem, die heutzutage mit dem Einsatz großer Forstmaschinen noch gravierender wäre. Aus diesem Grund wurden zwei neue Vorschläge erarbeitet: nach der ersten Version findet in jedem dritten und nach der zweiten in jedem fünften Jahr eine Erntephase statt. Da in der Umtriebszeit und der Größe der Schläge keine Änderung vorgesehen ist, hat diese Vorgehensweise die gleichzeiti- ge Nutzung mehrerer Teilflächen zur Folge. Somit ist zwar der Kontrast zwischen den angrenzenden Flächen größer, aber im gesamträumlichen Kontext befinden sich mehrere gleichaltrige Teilschläge, was wiederum als positiv zu bewerten ist.

 Überhälter Wenn im Niederwald einige Überhälter beibehalten werden, können diese den ökologischen und ökonomischen Wert des Bestandes erhöhen (WARING & HAGGETT 1991: 77, SCHUMACHER & VORBRÜGGEN 1997: 135, KRATZ & FREY 2010: 21-22). Die Überhälter erfüllen eine Doppelfunktion: Sie sichern die generative Verjüngung im Bestand und können später als Wertholz verkauft werden. Darüber hinaus können diese Bäume auch als Sitz- oder Singwarte von Vögeln genutzt werden. WARING & HAGGETT (1991: 77) empfehlen das Stehenlassen von max. 15 Überhäl- tern/ha. Dadurch wird ein Übergang zum Mittelwald geschaffen, jedoch ohne, dass dabei die speziellen Lebensbedingungen der Niederwälder durch eine groß- flächige Überschattung komplett zerstört wären.

Insgesamt lässt sich festfesthalten, dass sich unter der Einhaltung dieser Aspekte eine durchaus moderne Niederwaldbewirtschaftung realisieren lässt, die sowohl natur- schutzfachliche als auch wirtschaftliche Hinsichten mitberücksichtigt und somit die An- sprüche einer zeitgemäßen Forstwirtschaft erfüllt.

140 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6.1 Grundlagenkenntnisse zum Thema „Tourismus und Niederwald“

Um das touristische Potenzial der ehemaligen Niederwälder besser prognostizieren zu können, wurde das ursprüngliche Forschungsdesign, welches zunächst nur die Exper- tengespräche und Befragungen vorsah, geändert. Schließlich wurde der Literaturrecher- che zu dem Stellenwert des Tourismus statt eines knappen Einblicks eine größere Be- deutung eingeräumt. Die ausführliche Literaturübersicht trug dazu bei, dass die vorge- schlagenen Konzepte zu den ehemaligen Niederwäldern den neuen touristischen Trends entsprechend konzipiert sind (siehe auch Kap. 6.1.2). Dementsprechend lag der Fokus auf drei thematischen Ebenen:  Im ersten Teilkapitel wird ein allgemeiner Überblick über den Tourismus als wirtschaftliches Standbein für Rheinland-Pfalz gegeben. Demnach werden die zwei Untersuchungsräume aus touristischer Sicht näher vorgestellt (Kap. 6.1.1.2).  Der nächste Abschnitt stellt die aktuellen Trends der globalen Entwicklung vor, welche die größte Wirkung auf die Tourismusbranche ausüben (Kap. 6.1.2). Dies erwies sich als nötig, um Defizite und noch ungenutzte Potenziale des Fremden- verkehrs identifizieren zu können. Denn die neuen Entwicklungen sorgen dafür, dass die Bedürfnisse der Urlauber in neue, bisher nicht berücksichtigte Richtun- gen gelenkt werden, wodurch bei den Verbrauchern neuartige Ansprüche entste- hen. Dieser Prozess macht sich schließlich auch auf der Anbieterseite bemerkbar und generiert neue Herausforderungen.  Da die Niederwaldnutzung mit massiven landschaftsbildverändernden Maßnah- men verbunden ist, wurde untersucht, welche Faktoren das ästhetische Empfin- den der Menschen beeinflussen. Der erste Teil des Unterkapitels beschäftigt sich im Allgemeinen mit der Landschaftswahrnehmung (Kap. 6.1.3). Des Weiteren werden der Wald und die Waldnutzung aus ästhetischer Sicht thematisiert, wobei der Fokus auf den Ansprüchen der Waldbesucher gestellt wird. Anschließend wird der ästhetische Mehrwert von Niederwäldern nach den zwei bekannten Waldästheten  VON SALISCH und STÖLB  beschrieben.

6.1.1 Stellenwert des Tourismus

6.1.1.1 Rheinland-Pfalz

Der Tourismus spielt in Rheinland-Pfalz eine übergeordnete Rolle. Im Jahr 2007 bereis- ten etwa 7,7 Mio. Gäste mit über 21,3 Mio. Übernachtungen das Land, womit die Tou- rismusintensität von Rheinland-Pfalz unter den deutschen Bundesländern den 4. Platz erreicht (MWVLW 2008: 4). Im Jahr 2009 belegte Rheinland-Pfalz gemeinsam mit dem Saarland den neunten Platz unter den beliebtesten Reisezielen der Deutschen (ADERHOLD 2010: 48). Der Tourismus ist mit einem Umsatz von etwa 6,2 Mrd. € im Jahr, was einen Anteil von 8 % am BIP bedeutet, ein äußerst wichtiger Wirtschaftsfaktor und sichert im Tourismussektor ca. 190.000 nicht exportierbare Arbeitsplätze (MWVLW 2008: 4, 7). BRÜDERLE (1999: 263) weist darauf hin, dass jeder zwölfte Arbeitsplatz in Rheinland- Pfalz mit dem Tourismus zusammenhängt. Insofern fungiert dieser für die Gemeinden als eine essenzielle, indirekte Einnahmequelle.

141 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Damit der Fremdenverkehr seine wirtschaftsfördernde Relevanz weiterhin beibehalten kann, muss im Tourismussektor andauernd nach innovativen Strategien gesucht wer- den. In der rheinland-pfälzischen Tourismusindustrie werden derzeit konkrete Schwer- punkte durch Maßnahmen gefördert, die vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau im Rahmen der „Tourismusstrategie 2015“ beschrieben werden.

Abb. 42: Schwerpunktthemen der „Tourismusstrategie 2015“ (Quelle: MWVLW 2008: 10, verän- dert)

Die Initiative basiert auf vier Säulen: Wandern, Radwandern, Wein und Weinkulturland- schaft sowie Gesundheit. Die Kultur als fünfter Leitgedanke erscheint als übergreifendes Element in allen Themen (Abb. 42). Die fünf Förderschwerpunkte wurden vom Ministe- rium bewusst ausgewählt und es wurde dabei beachtet, weshalb die Gäste eine Reise in das Land unternehmen und welche Erwartungen sie haben. Das heißt die Themen spie- geln die Anliegen der Gäste wider und weisen darauf hin, in welchen Gebieten der Fremdenverkehr noch mehr gestärkt werden muss. Hierzu liefert die Studie des Europä- ischen Tourismus Institutes aus dem Jahr 2003 wichtige Hinweise, im Rahmen dieser auch nach den Reisemotiven der Gäste gefragt wurde. Die Kategorie „Natur und land- schaftliche Attraktivität“ steht in Rheinland-Pfalz mit großem Abstand an der Spitze der 10 wichtigsten Reisemotive der Gäste (ETI 2004: 42). Es konnte hierzu ein Anteil von über 40 % der Antworten registriert werden. An der zweiten Stelle folgte mit etwa 15 % der Sammelbegriff „Sehenswürdigkeiten“ und auf dem vierten Platz knapp dahinter die Kategorie „Wein/alles rund um Wein“ (ebd.: 42). Somit lässt sich feststellen, dass die Förderschwerpunkte der „Tourismusstrategie 2015“ mit den führenden Reisemotiven der Touristen im perfekten Einklang stehen.

142 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6.1.1.2 Fremdenverkehr an der Mosel und im Rheintal

Beide Untersuchungsregionen, sowohl das Obere Mittelrheintal als auch das Moseltal, gehören zu den meistbesuchten Regionen in Rheinland-Pfalz. Dies ist vor allem der landschaftlichen Attraktivität, dem einzigartigen kulturhistorischen Erbe der Römer und Kelten, den zahlreichen Burgen und Schlössern, dem romantischen Ambiente von histo- rischen Ortsbildern und nicht zuletzt dem Wein zu verdanken. Mit diesem einmaligen Zusammenspiel von mehreren Freizeitbeschäftigungsmöglichkeiten können die Wün- sche unterschiedlicher Zielgruppen erfüllt werden (ETI 2004: 34). Die Moselregion erwarb vor allem als Weinkulturlandschaft ihren international aner- kannten Ruf. Sie ist die älteste deutsche Weinlandschaft und mit 8.981 ha das fünftgröß- te der 13 Weinanbaugebiete Deutschlands (LAG 2008: 40). Weinbaulandschaften gehö- ren in Mitteleuropa allgemein zu den beliebtesten Reisezielen, weil sie mit allen Sinnen erlebt werden (HAFFKE 2009: 59). Zum erstklassigen Erlebnis machen die Mosel der einmalige Steillageweinanbau und die qualitativ hochwertigen Riesling-Weine, weshalb diese als Markenzeichen des Gebietes betrachtet werden (LAG 2008: 40). Der saisonale Höhepunkt verschiebt sich in der Region sogar aufgrund der Weinlese. Während der saisonale Höhepunkt in Deutschland im Allgemeinen bei längeren Reisen im August liegt, lassen sich in Rheinland-Pfalz zwei Stoßzeiten feststellen: die erste im Juli und eine zweite im September/Oktober (ANONYMUS 2010: 51). Dieser Trend kann auch bei Kurz- reisen beobachtet werden (ebd.: 51). Das Obere-Mittelrheintal wird hingegen aufgrund seines unverwechselbaren Land- schaftsbildes, welches ihm das enge Flusstal, steile Felsen, Loreley etc. verleihen, und aufgrund seiner historischen Kultur, dabei vor allem wegen der vielen Burgen und Schlösser, von den Gästen aufgesucht. Über Jahrhunderte waren zahlreiche Künstler und Dichter von dieser einzigartigen Schönheit des Rheintals inspiriert, was schließlich zur Geburt des Begriffs „Rheinromantik“ führte. Die einmalige Beschaffenheit des Tales wur- de auch von der UNESCO-Kommission anerkannt. Im Jahr 2002 wurde die Kulturland- schaft Oberes Mittelrheintal zwischen Bingen, Rüdesheim und Koblenz zur Welterbe- stätte erklärt. Insofern ist die Relevanz des Tourismus in beiden Regionen unumstritten. Doch den sta- tistischen Angaben zufolge stellt die Tourismusindustrie an der Mosel eine definitiv noch größere Dimension dar (ANONYMUS 2010: 94-100):  die meisten Gästeübernachtungen wurden in Rheinland-Pfalz im Jahr 2008 auf Kreisebene in den Landkreisen Bernkastel-Wittlich (1.626.249 Übernachtungen) und Cochem-Zell (1.423.464 Übernachtungen) registriert,  der Landkreis Bernkastel-Wittlich erreichte noch im selben Jahr den dritten Platz gemessen an den Gästeankünften (mit 439.124 Gästeankünften),  die zweithöchste Fremdenverkehrsintensität wurde mit 22.440 Übernachtun- gen/100 Einwohner im Landkreis Cochem-Zell und die dritthöchste mit 14.462 Übernachtungen/100 Einwohner im Landkreis Bernkastel-Wittlich gemessen. (Der Durchschnitt in Rheinland-Pfalz lag bei 4.580 Übernachtun- gen/100 Einwohner.) Anhand dieser Daten lässt sich unwiderlegbar feststellen, dass das Moselgebiet eine der führenden touristischen Regionen in Rheinland-Pfalz darstellt.

143 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6.1.2 Neue Trends im Tourismus

Bei der aktuellen Struktur des Tourismus sind große Änderungen in den Besucherbe- dürfnissen zu erkennen, welche vor allem auf Aspekte der globalen Entwicklung zurück- geführt werden können. Der Wandel von Sichtweisen beginnt immer zunächst bei den alltäglichen Tätigkeiten des Lebens und lässt sich langsam durch ein verändertes Frei- zeitverhalten der Menschen auch im Tourismussektor spüren. Infolge der Neuerungen charakterisiert POON (1993: 115) im Vergleich zu dem alten einen völlig „neuen Touris- ten“, der über mehr Zeit und einen höheren Qualitätsanspruch verfügt, umweltbewuss- ter und neugieriger geworden ist. Die wichtigsten Trends, welche eine große Wirkung auf den Fremdenverkehr ausüben, lassen sich den Aufzählungen von KRÖSBACHER (2006: 101-105), TRASSER (2006: 225), MOHR (2008: 11), NAHRSTEDT (2008: 139) und SCHMIED et al. (2009: 8-16) zufolge in fol- genden Punkten zusammenfassen:  demografische Veränderung  wachsender Wohlstand  zunehmende Verstädterung  Zunahme der Freizeit infolge der Verkürzung der Arbeitszeit  steigende Wertbeimessung der Zeit  zunehmendes Qualitätsbewusstsein  zunehmende Preisorientierung  Ausweitung der privaten Mobilität und der privaten Motorisierung  Globalisierung und „Verkommerzialisierung“  einfacher Zugang zum Produkt, steigende Convenience-Orientierung  verändertes Gesundheitsbewusstsein und Wellnessorientierung  steigendes Bewusstsein für Ästhetik und Sinneserfahrungen  Veränderungen durch Informations- und Kommunikationstechnologien  hedonistisches Verhalten und Erlebnisdrang Um weiterhin eine Aufwärtsentwicklung in der Tourismusbrache zu erreichen, muss auf die veränderten Ansprüche der Gäste geachtet werden. Im Folgenden werden drei As- pekte genauer vorgestellt, die bereits in den letzten Jahren eine besondere Berücksichti- gung gefunden haben und bei denen wichtige Fortschritte bereits zu erkennen sind:

6.1.2.1 Demografischer Wandel

Unter den drei Hauptaspekten des demografischen Wandels (Alterung der Gesellschaft, Rückgang der Bevölkerungszahl und Heterogenisierung der städtischen Bevölkerung) macht sich im Tourismussektor vor allem die veränderte Altersstruktur bemerkbar. Da die neue Altengeneration weiterhin aktiv an der Freizeitgesellschaft teilnehmen will, bedeutet diese Entwicklung neue Herausforderungen in der Branche (FREERICKS et al. 2010: 82). Nach TRASSER (2006: 226) wird die 50 plus Generation in der nahen Zukunft die bestim- mende Zielgruppe des Fremdenverkehrs werden und er tituliert diese Altersgruppe gleichzeitig zum „Wachstumsmotor für den Tourismus“. Daher muss bei der Planung neu- er Freizeitangebote besonders Rücksicht auf die älteren Generationen genommen wer- den. Rheinland-Pfalz ist dabei auf einem guten Weg, was auch die Studie des ETI (2004: 46) bestätigt. Demnach fühlen sich in Rheinland-Pfalz vor allem die älteren Gäste von den

144 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Freizeitangeboten angesprochen. Dies zeigt sich auch in den statistischen Zahlen. So be- trägt das Durchschnittsalter der Gäste in Rheinland-Pfalz 49 Jahre und liegt damit drei Jahre über dem deutschen Durchschnitt von 45,8 Jahren (ANONYMUS 2010: 76). Nach der „Tourismusstrategie 2015“ sind 60 % der Gäste älter als 50 und mehr als 25 % zwischen 60 und 70 (MWVLW 2008: 9).

6.1.2.2 Steigende Qualitätsanforderung

Die Urlauber legen einen immer größeren Wert auf die Qualität und können nicht mehr so leicht zufriedengestellt werden wie früher. Ein wichtiges Instrument zur Sicherung der Qualität stellen in der Tourismusbranche von externen Prüfstellen vergebene Güte- siegel, Labels und Zertifikate dar. Hierzu gehören z.B. die Hotelklassifizierung, die Wan- derwegeauszeichnungen, aber auch das UNESCO-Welterbeprädikat. Sie haben das Ziel die Kaufentscheidungen der Verbraucher zu erleichtern, weil eine objektive Beurteilung der Qualität vor der Verwendung nicht immer möglich ist (TRIMBORN 2009: 175). Sie sig- nalisieren dem Kunden eine gute Qualität, weil sie erst mit der Einhaltung festgelegter Qualitätsstandards vergeben werden. Von der Einführung von Labels und Zertifizierun- gen profitieren auch die Anbieter. Denn durch die Nutzung von Siegeln lässt sich gegen- über den Konkurrenten ein Wettbewerbsvorteil erzielen, weil die Gästebindung damit leichter erfolgt und eine Anregung zur Markentreue einfacher gelingt.

6.1.2.3 Nachhaltiger Tourismus

Es gibt auch Beispiele für neue Trends, die erst in der letzten Zeit Aufmerksamkeit gene- rieren konnten. So entfaltete sich unter den Freizeitangeboten nur langsam eine neue Richtung, die sich Nachhaltigkeit als Leitprinzip zum Ziel gesetzt hat. Die WTO (1994 zitiert nach BFN 1997: 47) wies z.B. bereits vor knapp 20 Jahren darauf hin, dass bei der Urlaubswahl eine hohe Umweltqualität als Entscheidungskriterium immer häufiger ein- fließen wird. SCHWEIS (1993: 200) und BECKER et al. (1996: 18) nähern sich dem Thema aus einer anderen Richtung an und deuten an, dass „Natur erleben“ für die Menschen ein immer wichtigeres Reisemotiv wird und hierzu das Bewusstsein zu einem umweltscho- nenden Reiseverhalten bereits fortgeschritten ist. Das Konzept des nachhaltigen Tourismus ergibt sich aus dem Hintergrund, dass die Trends der globalen Entwicklung (s.o.) zahlreiche ökologische, ökonomische, soziokul- turelle und politische Konflikte mit sich bringen (BECKER et al. 1996: 7). Der Kern des Problems liegt im Spannungsfeld zwischen Ökologie und Tourismus, der aus dem ver- schwenderischen Umgang mit der Ressource „Natur“ abgeleitet werden kann. Da Natur für den Tourismus als elementare Angebotsbasis fungiert, ist ihr Zustand auch für den Fremdenverkehr von großer Bedeutung. Folglich sind die Experten sich darüber einig, dass bei der Konzipierung neuer Urlaubsangebote auf die ökologischen Aspekte beson- ders Rücksicht genommen werden muss.

6.1.3 Wahrnehmung der Landschaft und der Wälder

Die Landschaftswahrnehmung der Menschen ist sehr komplex. Sie beginnt mit der Sin- neswahrnehmung, weshalb dieser auch eine außerordentliche Bedeutung eingeräumt wird (SCHWAHN 1990: 13, HOISL et al. 2000: 125, STÖLB 2005: 223). Zwar werden über

145 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

80 % der Sinnesreize mit den Augen erfasst (WÜST & SCHAFRANKSI 1999: 115), aber den- noch sollen bei einem ästhetischen Erlebnis auch die anderen Sinne (Hören, Fühlen, Rie- chen, Schmecken) angesprochen werden, weil das „Erleben mit allen Sinnen“ erfolgt (STÖLB 2005: 223). So wirkt sich z.B. der Vogelgesang oder das Rauschen der Blätter der Bäume im Wind anregend auf den Gehörsinn aus. Doch Gerüche können auch eine große Rolle spielen, wie z.B. der Duft des frisch gesägten Holzes oder von Pflanzen (z.B. Bär- lauch, Veilchen), der bei vielen Menschen schöne Gefühle auslöst. Nach SCHWAHN (1990: 18) wirken neben der Sinneswahrnehmung auch „Erinnerungen und Erwartungen“ auf das Empfinden ein. SCHWAHN bezeichnet die Komponenten, wel- che die Empfindung neben dem wahrgenommenen Sinnesreiz beeinflussen als „interne Faktoren“ (ebd.: 19). Sie sind als Resultat der Persönlichkeit aufzufassen und hierzu ge- hören Merkmale wie z.B. Alter, Geschlecht, Herkunft, Beruf, Bildungs- und Bewusstsein- stand, Weltanschauung, Heimatlandschaft, Urlaubslandschaft, Stellungnahme zu Proble- men, welche die Landschaft betreffen, Art, Dauer und Häufigkeit von Aufenthalten in der Landschaft, Umweltbewusstsein, Hobby usw. (ebd.: 19). HOISL et al. (2000: 125) sprechen statt über „Erinnerungen und Erwartungen“ über „symbolische Einsichten“, und AUGEN- STEIN (2002: 71-77) über den „soziokulturellen Einfluss und die Persönlichkeit des Be- trachters“. Diese Bezeichnungen fassen aber tatsächlich die gleichen Faktoren wie SCHWAHN zusammen. Wie sich das wahrgenommene Landschaftsbild schließlich entwi- ckelt, zeigt die folgende Abbildung (Abb. 43):

Abb. 43: Zusammenhang zwischen Landschaftsbild, Landschaft und Betrachter (nach HOISL et al. 2000: 132)

146 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

In der Abbildung ist zu sehen, dass sich das wahrgenommene Landschaftsbild nicht nur auf die physische Landschaft begrenzen lässt, sondern hängt in gleichem Maße auch vom seelischen Zustand, den Erfahrungen, den Bedürfnisse etc. des Betrachters ab. Da eine ausführlichere Erläuterung über die Ursache-Wirkungs-Beziehungen der menschli- chen Landschaftswahrnehmung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, soll dies im Weiteren nicht weiter vertieft werden. Im folgenden Abschnitt wird daher hauptsächlich auf die Wahrnehmung der Wälder näher eingegangen. Wenn die Menschen einen Wald besuchen, stellen sie an ihn konkrete Anforderungen, welche möglichst erfüllt werden sollen, damit sie sich im Wald wohlfühlen können. STÖLB (2005: 222, leicht verändert) fasst diese Erwartungen in folgenden Punkten zu- sammen:

1. Die Leute schätzen am Wald vor allem die gute Luft, die Ruhe und das Erleben von Natur als Gegensatz zu menschengemachter, zivilisierter Welt. 2. Der Wald soll deshalb natürlich, ursprünglich wirken, nicht künstlich und planta- genartig. 3. Er soll gemischt sein, wobei nicht nur verschiedene Baumarten gemeint sind, sondern vor allem verschiedene Altersgruppen, Strukturen und Lichtverhältnis- se. 4. Er muss alte Bäume enthalten, denn Kulturen und Stangenhölzer werden oft gar nicht als Wald wahrgenommen. 5. Man freut sich über den Anblick von Tieren aller Art. 6. Der Wald soll einigermaßen ordentlich sein. 7. Die Wege müssen in Ordnung sein. 8. Der Wald soll Abwechslung mit Freiflächen, Gewässern usw. bieten. Man will nicht stundenlang nur durch geschlossene Wälder laufen. 9. Der Wald soll markante Punkte enthalten, z.B. freie Gipfel, Ausblicke, Alleen, Fel- sen, Höhlen, Denkmäler, Marterl, Baumindividuen, Hütten, Rast- und Gasthäuser. 10. Um die Waldschönheit zu genießen, braucht man ein Gefühl der Sicherheit, das in erster Linie durch das Forstpersonal vor Ort gewährleistet werden kann.

Die Punkte 3, 8 und 9 zeigen eine Gemeinsamkeit, denn der Wunsch nach Abwechslung stellt ein wichtiges Kriterium dar. Als Beispiel ist ein geschlossener Wald aufzuführen. Dieser wirkt zwar am Anfang beruhigend, aber nach einer Weile wird er eher als lang- weilig empfunden, da ohne Unterbrechung nur noch Bäume zu sehen sind. Die Idealvor- stellung der Waldbesucher ist ein Mischwald, der ästhetische Abwechslung bietet (HOISL et al. 2000: 190, STÖLB 2005: 268). Dies weicht dabei von der Interpretation von Förs- tern ab, die darunter eine Mischung von Baumarten verstehen. Hierzu zählen neben dem Vorhandensein unterschiedlicher Baumarten auch vielfältige Strukturen, Größen, Dich- ten, Alter, Offenheit und Geschlossenheit, Licht und Schatten usw. Auf Landschaftsebene wird dabei ebenfalls genauso eine vielfältige Landschaft präferiert, die aus ästhetischer Sicht eine Abwechslung von Landschaftselementen (Wälder, Wiesen, Felder, Gebüsche, Gewässer etc.) bietet (HOISL et al. 2000: 127, STÖLB 2005: 334-335). HOISL et al. (2000: 136) stellten eine Liste über die wichtigsten Landschaftselemente zusammen, die beim Betrachter den größten ästhetischen Reiz auslösen. Hierzu gehören u.a. besondere Berg- und Talformen, Felsformationen, Flussterrassen, kulturhistorisch-geomorphologische Landschaftselemente (z.B. Steinbrüche, Hutungen), Baudenkmäler (z.B. Burgen, Schlös- ser, Kirchen, Kapellen, historische Stadtbilder), gut erhaltene Kulturlandschaften und Aussichtspunkte (ebd.: 136). Mit all diesen Phänomenen sind beide Untersuchungsräu-

147 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder me, sowie das Obere Mittelrheintal als auch der komplette Moselverlauf reichlich be- stückt, weshalb diese Gebiete von den Befragten als besonders positiv wahrgenommen werden (siehe auch Kap. 6.4.1). Die Nutzung des Waldes wird von den Waldbesuchern in der Regel akzeptiert. Hierauf weisen die Punkte 6 und 7 hin. Doch es ist nicht egal, wie der Wald genutzt wird. Es las- sen sich bezüglich der Bewirtschaftungsmaßnahmen, Erntemethoden, Maschineneinsat- zes etc. unterschiedlich hohe Akzeptanzgrenzen zwischen den Waldbesuchern feststel- len. Wenn z.B. zu viel Technik und nur noch große Maschinen eingesetzt werden, kön- nen diese zur Visionisierung „der unterlegenen Natur“ führen und bei den Betrachtern negative Gefühle auslösen (STÖLB 2005: 162). Dahingegen zeigt die Landbevölkerung im Vergleich zu den Stadtbewohnern öfters eine Bewunderung gegenüber dem modernen Technikeinsatz im Wald (ebd.: 162). Womit sich jeder Waldbesucher einverstanden zeigt, ist, dass der Wald trotz der Nut- zung natürlich aussehen soll (Punkt 2). Dementsprechend weist die Mehrheit der Men- schen die künstlich angelegten Monokulturen ab (BRAUN 1999: 155) und bevorzugt stattdessen das Bild eines Plenterwaldes (VON SALISCH 2009: 230). Beim Plenterwald werden die Bäume nie flächig, sondern einzeln herausgenommen, wodurch eine Mi- schung mit unterschiedlichen Baumarten, die unterschiedlich alt sind, entsteht. Dies vermittelt schließlich trotz des Sachverhaltes, dass Waldbestände mit verschiedenen Baumarten in der Regel anthropogen bedingt sind und nur selten natürlich entstehen, den Eindruck, als ob der Plenterwald „natürlicher“ wäre als andere Wirtschaftswälder (STÖLB 2005: 236). Bei einer aktiven Niederwaldbewirtschaftung sollen die Fragen behandelt werden, wie die Waldbesucher die Einschläge empfinden und welche Aspekte der Niederwaldwirt- schaft aus ästhetischer Sicht als positiv bewertet werden können. Hierzu gibt VON SALISCH (2009) wichtige Hinweise, denn als er seine Erkenntnisse zu diesem Thema zusammen- fasste, waren die Niederwälder noch verbreitet. VON SALISCH (2009: 243) bemängelt, dass der Niederwald meist unterschätzt wird, obwohl dieser sehr wohl über einige Facetten verfügt, welche gewürdigt werden sollten. Hierzu zählen nach seiner Meinung die schö- nen Farben der Niederwälder im Winter, welche in den warmen Farbtönen der neuen Triebe in Erscheinung kommen (ebd.: 243). Doch auch die enorme Triebkraft der fri- schen Schläge gehören hierzu, die als Symbol der Vitalität aufzufassen sind und die Be- trachter mit positiven Lebensgefühlen erfüllen (ebd.: 243). STÖLB ist ähnlicher Meinung wie VON SALISCH, betont jedoch dabei aber eher die positive ästhetische Wirkung der freien Flächen. Er weist darauf hin, dass angemessen große Einschläge für die Waldbesucher als herrliche Ausblicke fungieren können und eine frisch geschlagene Fläche zwar im ersten Blick meistens negativ empfunden wird, aber nur solange, bis die aufkommende Vegetation noch nicht ganz in Erscheinung getreten ist (STÖLB 2005: 244). Überdies lässt sich eine „verwüstete“ Wirkung nach einem Hieb vermeiden, wenn auf der Fläche einzelne alte Bäume, sog. Überhälter hinterlassen wer- den (STÖLB 2005: 246, VON SALISCH 2009: 244). Vor allem alte Eichen werden als positiv empfunden, weil diese Baumart durch ihr ansehnliches Erscheinungsbild bei den meis- ten Menschen eine Faszination auslöst (BRAUN 1999: 97, STÖLB 2005: 274, VON SALISCH 2009: 80). Des Weiteren besteht der ästhetische Reiz des Niederwaldes im erhöhten Lichteinfall und in der in diesem Zusammenhang entstehenden bunten Blütenpracht, sowie in der Vielfalt an Sträuchern und vermehrtem Vorkommen von Wildobstarten, was explizit auf die Niederwaldwirtschaft zurückgeführt werden kann (STÖLB 2005: 250). Wenn ein Nie- derwaldbetrieb auf einer höheren räumlichen Ebene betrachtet wird, ist dieser mit einer

148 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder erhöhten Raumvielfalt verbunden, wobei auf engstem Raum deren unterschiedliche Entwicklungsstadien nebeneinander aufzufinden sind. Dies bedeutet nicht nur einen ästhetischen Mehrwert (s.o.), sondern auch ein vielfältiges Lebensraumangebot für ver- schiedene Tiere, welches bei den Waldbesuchern wiederum positiv ankommt (Punkt 5).

6.2 Zielsetzung des Kapitels

Zum Thema in der Konstellation „Niederwald und Tourismus“ wurde bisher noch keine Untersuchung durchgeführt. Aus diesem Grund ist es das oberste Ziel dieser Teilstudie, das touristische Potenzial von Niederwäldern abzuschätzen, wozu in erster Linie Befra- gungen von Touristen und Einheimischen (Kap. 6.4.1 und Kap. 6.4.3), sowie Bürgermeis- tern, Förstern, Naturschutzexperten und Entscheidungsträgern von Tourismusbüros zu deren Wahrnehmung von Niederwäldern (Kap. 6.4.3) dienen. Danach sollen konkrete Konzepte für eine Integration des Themas Niederwald in die örtliche Fremdenverkehrs- strategie erarbeitet werden.

6.3 Material und Methoden

6.3.1 Passantenbefragung

6.3.1.1 Pretest und Verlauf der Befragung

Zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit und der Verständlichkeit des Fragebogens so- wie des zeitlichen Aufwands wurde am 7.10.2009 im Mooswald bei Freiburg-Opfingen ein Pretest vorgenommen. Der Test fand an einer mittelwaldähnlichen Schlagfläche statt, welche in ihrer Struktur über eine große Ähnlichkeit zum Befragungsort im Matt- heiser-Wald verfügt. An dem Pretest haben zehn Personen teilgenommen und den Fra- gebogen evaluiert. Anschließend wurden in der finalen Version des Fragebogens einige Fragen geringfügig modifiziert und angepasst. Die tatsächlichen Befragungen fanden am 17. Oktober 2009 (Ferienzeit in RLP) in Trier im Mattheiser-Wald und jeweils von Freitag bis Sonntag einmal im Monat im April, Juni und September 2010 an der Burg Thurant an der Mosel statt (Abb. 44).

149 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Abb. 44: Lage der Befragungsorte in Rheinland-Pfalz (erstellt durch D. Scheer, leicht verändert)

Für die Befragung wurden stark frequentierte Orte ausgewählt, wo Passanten gut ange- sprochen werden konnten. Der Mattheiser-Wald liegt am Stadtrand von Trier und ist bei den Einheimischen sehr beliebt. Die Waldbesucher treiben entweder Sport, gehen mit ihrem Hund Gassi oder machen einen gemütlichen Spaziergang im Wald. Im Mattheiser- Wald wurde die Schlagfläche aus nächster Nähe betrachtet, wobei die Befragten auch die Möglichkeit hatten, die Fläche mit einem Hochwaldbestand zu vergleichen. Um zu über- prüfen, wie ein Einschlag im Wald auf Landschaftsebene auf den Betrachter wirkt, muss- te der Fragebogen in Trier mit einer Bildbefragung ergänzt werden. Der zweite Befragungsort befindet sich auf dem Parkplatz vor der Burg Thurant. Der Parkplatz wird von einem Waldweg gekreuzt, weshalb während der Befragung Passan- ten befragt werden konnten, die entweder die Burg besuchen wollten und/oder sich im naheliegenden Wald aufhielten. Im Gegensatz zum Mattheiser-Wald wurden an der Burg Thurant überwiegend Touristen angesprochen. Vom Befragungsort hatte man einen guten Blick auf eine Hiebsfläche, weshalb hier auf eine Bildbefragung verzichtet werden konnte. Die Hiebsfläche befand sich etwa 300 m Luftlinie entfernt und man konnte se-

150 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder hen, dass sie nicht ganz kahl ist, sondern dass Bäume und Sträucher nachwachsen (Abb. 45). Der Schlag war zu der Zeit der Befragung etwa 4 Jahre alt und hatte eine Grö- ße von ca. 0,5 ha. Auf dieser begrenzten Fläche waren die Bäume aus jagdlichen Grün- den „auf den Stock gesetzt“.

Abb. 45: Ausblick auf die Hiebsfläche im Juni 2010 vom Befragungsort an der Burg Thurant

Aufgrund des Befragungsdesigns und dem Fehlen einer technischen Zähleinrichtung am Befragungsort ließ sich nicht abschätzen, wie groß der Anteil der Angesprochenen im Vergleich zur Gesamtanzahl der Passanten lag. Um unbewusste Präferenzen des Inter- viewers zu minimieren (HEEG 1983: 152), wurde innerhalb der Befragungsroutine auf eine objektive Auswahl der Personen geachtet. Zu Beginn der Befragung wurde die erste vorbeikommende Person angesprochen, ihr kurz das Thema vorgestellt und um deren Mitwirkung gebeten. Wenn die Person sich für die Befragung bereit erklärte, wurden die Fragen dem Befragten vorgelesen und seine Antwort in Stichworten notiert. Nachdem der ausgefüllte Fragebogen verstaut war, wurde die nächste sich nähernde Person ange- sprochen. Dieses Auswahlverfahren lässt sich nach SCHUMANN (2011: 97) als pragmati- sche oder willkürliche Auswahl bezeichnen („haphazard, convenience oder accidental sampling“).

6.3.1.2 Erfassungsquote und soziologische Charakterisierung der Befragten

Im Mattheiser-Wald konnten von 40 angesprochenen Personen 26 befragt werden. Der Anteil der Verweigerer war mit 35 % relativ hoch. Dies lag vermutlich daran, dass viele der Angesprochenen gerade Sport trieben und nicht unbedingt aufgehalten werden wollten. An der Burg Thurant wurden während der drei Befragungszyklen insgesamt 141 Personen angesprochen und gebeten, an der Befragung teilzunehmen. Davon er- klärten sich 122 bereit, die Fragen zu beantworten. Dies bedeutet eine Erfassungsquote

151 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder von 87 %. Die größte Zahl von Verweigerern (20 % der Angesprochenen) wurde im Juni registriert. In den meisten Fällen wurde als Grund für die Verweigerung „kein Interesse“ sowie „keine Zeit“ genannt. Überdies machten Gruppensituationen die Befragung auch unmöglich. Schließlich konnten im April 52, im Juni 20 und im September 50 Personen befragt werden. Da im Mattheiser-Wald nur 26 Personen befragt werden konnten und diese für eine sta- tistische Auswertung sich nicht geeignet erwies, wurden die Befragten nach soziologi- schen Merkmalen nicht weiter differenziert. Anders war es bei der Burg Thuarnt, wo alle Antworten im Hinblick auf sechs Merkmale geprüft wurden: Geschlecht, Alter, Wohnort, Bildungsabschluss, Häufigkeit der Waldbesuche und Zeit der Befragung (nach Jahres- zeit). Wie sich die soziodemographischen Merkmale der Befragten an der Burg Thurant gestalteten, wird in Tab. 19 dargestellt.

Tab. 19: Soziologische Merkmale der Befragten an der Burg Thurant

Soziologisches Merkmal Anteil männlich 59 % Geschlecht weiblich 41 % 21-30 9,8 % Alter 31-50 19,7 %  50 70,5 % Stadtkern 18,9 % Wohnort äußerer Stadtbezirk 36,1 % auf dem Lande 45,1 % Hauptschule 21,3 % Realschule 23,8 % Bildungsabschluss Abitur/Fachabitur 24,6 % Hochschule 30,3 %

6.3.1.3 Zusammenstellung der Fragebögen

Für die Passantenbefragung wurden zwei Fragebögen erarbeitet (siehe Anhang). Einer wurde mit 21 Fragen inklusive Bildbefragung in Trier im Mattheiser-Wald verwendet, während der andere mit 18 Fragen an der Burg Thurant zum Einsatz kam. Auf die Struktur des Fragebogens wurde ein besonderes Augenmerk gelegt, weil nicht nur die Fragen, sondern auch deren Reihenfolge logisch und nachvollziehbar aufgebaut werden musste. Deshalb wurde das didaktische Prinzip „vom Allgemeinen zum Besonde- ren vorgehen“ verfolgt, wodurch das Ausfüllen erleichtert wird (KIRCHHOFF et al. 2008: 19, 23). Der Fragebogen wurde in drei bzw. im Mattheiser-Wald in vier Themenschwer- punkte untergliedert:

1. Wahrnehmung der freien Fläche 2. (Bildbefragung) 3. Fragen zum Niederwaldprojekt 4. Soziodemographische Daten

Damit der Befragte während der Befragung interessiert bleibt und sich von den Fragen nicht gelangweilt fühlt, empfehlen BORTZ & DÖRING (2002: 254) eine Mischung der ver- schiedenen Frageformen, mit denen sich ein abwechslungsreicher Fragenbogen aufbau- en lässt. Nach der Form der Fragen wird zwischen offenen, halboffenen und geschlosse-

152 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder nen Fragen unterschieden (RAAB-STEINER & BENESCH 2008: 48, PORST 2009: 51). Bei dieser Befragung wurden alle drei Fragetypen eingesetzt. Um über die Ansichten der Befragten ein vollständiges Bild zu bekommen, waren bei manchen Fragen auch Mehrfachnennungen erlaubt. Wichtige Empfehlungen zur Frageformulierung wurden nach SCHNELL et al. (1999: 312- 324), HÄDER (2006: 229-230), RAAB-STEINER & BENESCH (2008: 50-52) und PORST (2009: 95-114) aufgenommen. Demnach gilt es als wichtiger Punkt, von der Verwendung von suggestiven und stereotypen Fragen abzusehen, weil diese keine Aussagekraft besitzen. Es wurde auch auf solche Fragen verzichtet, die nur bejaht oder verneint werden kön- nen, weil diese zur Differenzierung wenig beitragen. Hierzu stellt der Einsatz einer Li- kert-Skala einen guten Ansatz dar, womit auch subtile Antworten gewonnen werden können (KIRCHHOFF et al. 2008: 21, RAAB-STEINER & BENESCH 2008: 54). Diese wurde bei zwei Fragen eingesetzt, beispielsweise dabei, wo die Befragten einschätzen sollten, ob sie einen Niederwald aus touristischer Sicht aufsuchen würden. Statt „ja“ und „nein“ gab es fünf Antwortmöglichkeiten, wie „auf jeden Fall“, „wahrscheinlich schon“, „vielleicht“, „eher nicht“ und „nein“. Um die Zügigkeit der Beantwortung zu unterstützen, wurden auch sog. „Filter“ in den Fragebogen eingebaut. Ein Filter dient dazu, Fragen zu überspringen, wenn keine exakte Antwort vom Befragten geäußert wird (PORST 2009: 151). Die Befragung wird daraufhin an einer festgelegten Stelle weitergeführt. Der Zeitaufwand zum Beantworten spielt bei der Planung ebenfalls eine große Rolle. Dieser betrug in diesem Fall etwa 15 Minuten pro Person und lag damit im optimalen Zeitfenster, das von den Befragten auf keinen Fall als anstrengend oder belästigend wahrgenommen wurde.

6.3.1.4 Erstellung eines Kodierplans

Um die Daten aus den Fragebögen statistisch auswerten zu können, musste zunächst ein Kodierplan erstellt werden. Der Kodeplan diente zur Verschlüsselung der Daten mit Kodenummern, anhand derer die ausgefüllten Fragebogen als Zahlenkolonne dargestellt werden konnten (KÄHLER 2008: 59, KIRCHHOFF et al. 2008: 41). Die Datenmatrix wurde in Microsoft-Office Excel vorbereitet und schließlich in IBM SPSS Statistics 20 exportiert. Die Spalten in der Matrix bildeten die einzelnen Variablen ab, während die Zeilen die Fragebögen darstellten. Beim Kodieren wurde für die Antwort „ja“ eine 1 vergeben, für „nein“ eine 0. Diese Vorgehensweise nennt sich Dummykodierung (BORTZ 1999: 470; BORTZ & DÖRING 2002: 512). Da die Befragung mündlich durchgeführt wurde, kamen kei- ne fehlenden Daten vor. Bei den Fragen, bei denen sich der Befragte bei der Antwort nicht sicher war, wurde „weiß nicht“ angekreuzt und dies mit „9“ oder „99“ verschlüs- selt. Um Eingabefehler durch das Verwechseln der Nummern zu reduzieren, wurde die- se Kodierschema durchgängig für den ganzen Fragebogen beibehalten. Aufwendiger stellte sich das Kodieren der Mehrfachnennungen und der offenen Fragen dar. Zum Ver- schlüsseln der Mehrfachantworten offeriert SPSS zwei Vorgehensweisen: die dichotome und die kategoriale Methode (BÜHL 2006: 277). Hierbei wurde die dichotome Methode verwendet, bei der für jede Antwortmöglichkeit eine eigene Variable definiert wurde. Um die Angaben der offenen Fragen auswerten zu können, mussten die Antworten klas- sifiziert werden (SCHNELL et al. 1999: 395). Demnach wurden alle Angaben einzeln durchgelesen und soweit es möglich war miteinander gebündelt. Zu der Frage bei- spielsweise, was den Interviewten an der Landschaft gut gefällt, wurden Antworten wie hügelig, Hügel, Berge, Hügellandschaft, bewaldete Hügel, steile Hänge, Berglandschaft,

153 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder schöne Topographie unter der Aussage „Topographie“ zusammengefasst. Durch diese Vorgehensweise gelang es bei allen offenen Fragen, die Antwortmöglichkeiten zu Grup- pen zusammenzufassen und dadurch die Anzahl der Variablen deutlich zu reduzieren. Nachdem alle Daten nach dem Kodeplan verschlüsselt waren, wurde die Matrix nach der Empfehlung von HATZINGER & NAGEL (2009: 56) nochmals nach Fehlern untersucht. Als die letzte Kontrollphase schließlich abgeschlossen war, wurde mit der statistischen Auswertung begonnen.

6.3.1.5 Auswertung der Befragung

Um die Antworten der Befragten auswerten zu können, müssen die Daten erst operatio- nalisiert, d.h. messbar gemacht werden (RAAB-STEINER & BENESCH 2008: 20). Beim Messen der Eigenschaften wird jedem Untersuchungsobjekt bei allen Fragen je nach Antwort anhand einer Skala eine Merkmalsausprägung zugeordnet (VOGEL 2005: 4). Je höher das Messniveau einer Skala ist, umso mehr anspruchsvolle statistische Auswertungen kön- nen durchgeführt werden (SCHNELL et al. 1999: 138). Da in der Studie ausschließlich nach kategorialen Merkmalen (nominal- und ordinalskalierten Daten) gefragt wurden und die Stichprobe nicht repräsentativ war, kamen zur Datenanalyse nur Methoden der deskriptiven Statistik in Frage. Die beschreibende Statistik hat das Ziel, „bestimmte Cha- rakteristika (Eigenschaften) einer Stichprobe zu beschreiben, allerdings ohne den An- spruch, etwas über die Grundgesamtheit (Population) auszusagen“ (RAAB-STEINER & BENE- SCH 2008: 11). Im ersten Schritt der Datenanalyse wurden für jede Variable im Datensatz Randauszäh- lungen durchgeführt und die Ergebnisse in Häufigkeitstabellen dargestellt. Die Häufig- keitstabellen legten die absoluten Häufigkeiten, Prozentsätze und kumulierten Pro- zentsätze für jede Variable einzeln dar. Im nächsten Schritt wurden Kreuztabellen (syn. Kontingenztafel) erstellt. Die Kontin- genztafeln können sowohl bei zwei nominalskalierten Variablen als auch bei ordinalska- lierten Variablen verwendet werden (RAAB-STEINER& BENESCH 2008: 83). Um zu ent- scheiden, ob ein Zusammenhang zwischen den Variablen vorhanden ist, musste ein Sig- nifikanztest (auch Hypothesentest) durchgeführt werden. Bei Kreuztabellen wird in der Regel ein χ2-Test eingesetzt (KÄHLER 2008: 247). In der Studie wurde das Signifikazni- veau wie üblich bei 5 % angesetzt (HATZINGER & NAGEL 2009: 112). Wenn es sich als nötig erwies, wurden die Antworten gebündelt und in neue Hilfsvariablen kodiert, um die Aussagekraft der Ergebnisse zu erhöhen. Die Variablen von Mehrfachnennungen und offenen Fragen wurden auch mit Kontin- genztafeln verglichen. Doch diese bedurften einer besonderen Behandlungsweise, weil die Antworten einer Person nicht in einer Variablen gespeichert werden konnten (BRO- SIUS 1998: 425). Um Kreuztabellen für Mehrfachantworten zu erstellen, mussten die Va- riablen zu einem Set zusammengefasst werden. SPSS bietet für Mehrfachnennungen den χ2-Signifikanztest nicht automatisch an (BÜHL 2006: 285), weshalb dieser nur dort durchgeführt wurde, wobei ein signifikanter Unterschied vermutet wurde. Alle statisti- schen Auswertungen erfolgten mit der Software IBM SPSS Statistics 20.

154 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6.3.2 Experteninterviews

6.3.2.1 Leitfadengestütztes Experteninterview

Das Experteninterview ist eines der am häufigsten genutzten Verfahren in der empiri- schen Sozialforschung. Es dient zur Sammlung von Informationen über ein Thema, un- terstützt die Felderschließung und die Vertiefung vorwissenschaftlichen Wissens. Ein großer Vorteil des Experteninterviews liegt daran, dass es komplexe Beobachtungspro- zesse verkürzen kann (BOGNER & MENZ 2005: 7). In dieser Studie wurde die explorative Form verwendet, wobei es das Hauptziel war, möglichst umfassende und vollständige Informationen zum Thema „Niederwald im Tourismus“ zu sammeln. Die offenen Fragen (Leitfaden) ermöglichten im Vergleich zu standardisierten Inter- views ein erschlossenes Gespräch, weil die Interviewten auf die Fragen in freier Reihen- folge und mit unterschiedlichem Umfang antworten konnten, wodurch der Fokus der Diskurse durchgreifend von den Befragten bestimmt wurde (FLICK 2002: 143, MEUSER & NAGEL 2005: 78). Der Leitfaden fungiert für den Interviewer als eine Art „Checkliste“, um alle gewünschten Themenbereiche vorzubringen und die thematische Vergleichbarkeit der Expertenaussagen zu sichern. Wichtige Tipps zur Leitfadengestaltung und Inter- viewdurchführung wurden von FLICK (vgl. 2002: 118) verwendet. Wer als „Experte“ eines Themenfeldes betrachtet werden kann, wurde von BOGNER & MENZ (2005: 66) genau definiert: „Der Experte ist als eine Person zu begreifen, die vermit- tels des Besitzes bzw. der Zuschreibung besonderer Kompetenzen über einen sozialen Sta- tus verfügt bzw. eine Funktion ausübt, die sie in den Stand setzt, ihre Handlungsorientie- rungen und Situationsdefinitionen auch durchsetzungsfähig zu machen.“ Laut PFADENHAU- ER (2005: 115-116) verfügt der Experte über „einen relativ exklusiven Wissensbestand, d.h. über Wissen, das prinzipiell nicht jedermann zugänglich ist“. Überdies weisen MEUSER & NAGEL (2005: 74) darauf hin, dass solche Experten meistens nicht auf der obersten Führungsebene zu finden sind, sondern eher auf der zweiten oder dritten Ebene einer Organisation, weil die Entscheidungsvorbereitungen hier stattfinden und das entspre- chende Fachwissen sich dort bündelt. Die Expertengruppe setzte sich in der Studie aus Bürgermeistern (Experte „4“ und „7“), Förstern (Experte „3“ und „5“), Naturschutzex- perten (Experte „1“ und „8“) und Entscheidungsträgern von Tourismusbüros (Experte „2“ und „6“) zusammen, die über das Thema bereits breite Vorkenntnisse hatten. Zudem konnten zwei Interviewte die Fragen über ihre Funktion hinaus beantworten, da ein Bürgermeister zuvor als Förster tätig war und ein Förster derzeit als ehrenamtlicher Bürgermeister fungiert.

6.3.2.2 Durchführung des Interviews

Die Qualität der gewonnen Daten lässt sich nach HELFFERICH (2009: 24) aus der Qualität der Interaktion bestimmen, weshalb bei der Interviewdurchführung einige Kommunika- tionsregeln beachtet werden mussten. Für das Gelingen der Interaktion sind grundsätz- lich vier Grundprinzipien von Bedeutung: „Kommunikation“, „Offenheit“, „Vertrautheit und Fremdheit“ sowie „Reflexivität“, welche zugleich „Kompetenzbereiche für Intervie- wende“ darstellen (ebd.: 24). Die Gespräche wurden mit einem Tonaufnahmegerät im MP3-Format aufgenommen. Der Ort des Interviews wurde immer von den Interviewenden vorgeschlagen. Hierzu wurde die Empfehlung von HELLFERICH (2009: 177) beachtet, wonach im Prinzip jeder

155 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Ort für ein Interview geeignet ist, vorausgesetzt dass „die Bedingungen einer ungestörten Aufmerksamkeit und guten Akustik“ erfüllt werden. Wenn die Erzählperson den Ort al- lerdings auswählen kann, gibt es ihm ein sicheres Gefühl und dieser kann außerdem zu- sätzliche Informationen über den Interviewten vermitteln (ebd.: 177). Der zeitliche Aufwand des Interviews bewegte sich zwischen 45 und 90 Minuten, wobei dieser Zeitrahmen bereits vorab abgesprochen wurde. Zur Regelung des Vertrauens- und Datenschutz wurde zudem eine Einverständniserklä- rung unterzeichnet, welche den anonymisierten Umgang des Interviewmaterials ver- sprach (KRUSE 2009: 97-100, HELFFERICH 2009: 190-191).

6.3.2.3 Interviewauswertung

Nach KUCKARTZ (2010: 39) lassen sich vier Varianten der Interviewauswertung unter- scheiden: die gedächtnisbasierte, protokollbasierte, bandbasierte und transkriptbasierte Analyse. In diesem Rahmen wurde sich hierfür für die letztere Methode entschieden, weshalb alle Gespräche vor der Analyse mit der kostenfreien „f4“ Transkriptionssoft- ware transkribiert werden mussten. Die leichte und schnelle Bedienung des Programms (z.B. das automatische Zurückspulen um einige Sekunden, die Änderung der Abspielge- schwindigkeit oder die genaue zeitliche Verortung durch Zeitmarken) erleichterten die ansonsten sehr mühsamen Transkriptionsarbeiten erheblich (KUCKARTZ 2010: 38-39). Da die Verschriftlichung der Interviews einen sehr zeitintensiven Teil des Verfahrens darstellt, erschien es sinnvoll, nur so viel und so genau zu transkribieren, wie es die Fra- gestellung erforderte. Dies empfehlen auch HÄDER (2006: 401) und KUCKARTZ (2010: 38), die der Meinung sind, dass die Genauigkeit der Transkription vom Untersuchungszweck und den Forschungsfragen abhängen soll. Deshalb wurden bei der Transkription von der Mehrheit der paraverbalen Äußerungen (Stimmeigenschaften und Sprachverhalten), den nicht verbalen Äußerungen (wie z.B. lachen, husten) und situationsgebundenen Ge- räuschen (wie z.B. Telefonklingeln) verzichtet. Da es bei den explorativen Interviews im Wesentlichen um die Wiedergabe und Analyse der manifesten Inhalte geht, wurden die Zitate sprachlich bereinigt. Nur eine paraverbale Eigenschaft, die Sprechpausen, wurden bei der Transkription berücksichtigt, welche unabhängig von deren Länge einheitlich mit „…“ markiert wurden. Die Textauswertung und das Textmanagement erfolgten mit der „Maxqda 10“ Software. Das Programm ermöglicht nicht nur eine Inhaltsanalyse, sondern erleichtert auch die Herausarbeitung und Prüfung theoretischer Schlussfolgerungen.

156 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6.3.2.4 Qualitative Inhaltsanalyse

Zur Durchführung einer Inhaltsanalyse stehen mehrere erprobte Methoden zur Verfü- gung (GLASER & STRAUSS 2010, LAMNEK 2010, MAYRING 2010). Nach KRUSE (2009: 195) ent- scheidet nicht das Analyseverfahren an sich über die Analysetiefe, sondern „der Grad des Umgangs mit sprachlich-kommunikativen Phänomenen und die unterschiedliche Gewich- tung des Verhältnisses von Deduktivität und Induktivität im Analyseprozess“. Im Rahmen dieser Arbeit wurde das Konzept der „Qualitativen Inhaltsanalyse“ nach MAYRING (2010) gewählt. MAYRING (2010: 64-66) unterscheidet drei Grundformen des Interpretierens, welche in weitere acht verschiedene Analyseformen zu untergliedern sind:

Zusammenfassung 1. Zusammenfassung 2. Induktive Kategorienbildung Explikation 3. Enge Kontextanalyse 4. Weite Kontextanalyse Strukturierung 5. Formale Strukturierung 6. Inhaltliche Strukturierung 7. Typisierende Strukturierung 8. Skalierende Strukturierung

Das Vorhaben der Studie konnte am besten mit der zusammenfassenden Grundform erzielt werden. Nach MAYRING (2010: 65) ist es das Ziel dieser Technik „ … das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben, durch Abstraktion einen überschaubaren Corpus zu schaffen, der immer noch Abbild des Grundmaterials ist“. Zum Schluss wurde sich innerhalb der Grundform „Zusammenfassung“ für die Analyseform der „induktiven Kategorienbildung“ entschieden (Abb. 46). Welche Vorgehensweise zur Kategorienbildung eingesetzt wird, hängt hauptsächlich von den Vorkenntnissen zu dem Forschungsthema ab (RAMSENTHALER 2013: 38). Da zur Themenkombination „Nieder- wald und Tourismus“ keine Literatur gefunden wurde, konnten die Kategorien nicht aus vorab formulierten Hypothesen abgeleitet werden, weshalb auf eine deduktive Katego- rienbildung verzichtet wurde. Folglich fiel der Entschluss auf die induktive Kategorien- bildung, wobei die Auswertungsaspekte direkt aus dem Material heraus entwickelt wer- den, was auf einem möglichst konkreten, materialnahen, deskriptiven Level geschieht (MAYRING 2010: 83).

157 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Abb. 46: Ablaufmodell induktive Kategorienbildung nach MAYRING (2010: 84)

Das Verfahren weist auch mit anderen qualitativen inhaltsanalytischen Techniken Ähn- lichkeit auf, insbesondere mit der „Grounded Theory“, welche in der qualitativen Sozial- forschung zu den häufigsten eingesetzten Analysemethoden zählt (KRUSE 2009: 164- 165). Dabei wird der Vorgang als „offenes Kodieren“ bezeichnet (MAYRING 2010: 84). Nach MAYRING wird (2005: 11) bei der „Grounded Theory“ unter „induktiv“ folgendes ge- meint, nämlich „… dass das Textmaterial Ausgangspunkt ist und die Kategorien möglichst eng an den Textpassagen orientiert formuliert werden. Dabei spielt allerdings die Frage- stellung und der theoretische Hintergrund der Untersuchung mit hinein“. Im Gegensatz dazu stellt die Kategorienbildung bei der qualitativen Inhaltsanalyse nach MAYRING (2010: 84) eine „systematischere“ Vorgehensweise dar, welche auf der Logik der zu- sammenfassenden Inhaltsanalyse aufbaut. Bei der Technik der induktiven Kategorien- bildung stehen die Kategorien im Zentrum der Analyse (ebd.: 49). Das Verfahren beginnt mit der Bestimmung der Zielsetzung. Des Weiteren soll ein Selektionskriterium festge-

158 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder legt werden, das bestimmt, welches Material berücksichtigt werden soll um die Katego- rien zu definieren, während dabei die unwesentlichen und vom Thema abweichenden Textpassagen ausgeschlossen werden (ebd.: 84-85). Gleichzeitig muss auch das Abstrak- tionsniveau der Kategorien bestimmt werden (Abb. 46). Im Anschluss wird das Material schrittweise durchgearbeitet und die entwickelten Kategorien werden in einer Rück- kopplungsschleife überarbeitet sowie einer Reliabilitätsprüfung unterzogen (ebd.: 85). Nach dem endgültigen Materialdurchgang erhält man als Ergebnis ein themengebunde- nes Kategoriensystem mit zugeordneten Textpassagen. Zum Schluss lässt sich die Analy- se in verschiedener Weise fortführen: die Kategorien können in sich interpretiert oder zu Überkategorien zusammengefasst oder je nach Fragestellung auch nach quantitativen Aspekten ausgewertet werden (ebd.: 85).

159 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6.4 Ermittlung des touristischen Potenzials der ehemahligen Nieder- wälder

6.4.1 Auswertung der Passantenbefragung auf der Burg Thurant

Frage 1: Aus welchem Grund sind Sie hierher gekommen? 19

Mit jeweils 57 % waren die beiden wichtigsten Aufenthaltsmotive am Befragungsort „Natur erleben“ und „Burg besichtigen“. Der drittwichtigste Grund stellte „spazieren ge- hen“ dar, welchen jeder fünfte Befragte angab. Alle anderen Anlässe wie z.B. „Sport trei- ben“, „Wald erleben“ etc. erwähnten max. 7 % der Personen. In Hinsicht auf das Aufenthaltsmotiv gab es zwischen den Geschlechtern teilweise grö- ßere Unterschiede. Bei den Antwortmöglichkeiten, die mit der Natur verbunden waren, wie „Natur erleben“, „Wald erleben“ oder „Landschaft erleben“, überwogen in ihrer An- zahl die Nennungen der Männer. Die städtischen Befragten verbringen ihre Freizeit/ihren Urlaub gern in einer vom Wald geprägten Region, denn sie gaben das Motiv „Wald erleben“ mit 17 % fast doppelt so oft an als die Personen, die aus dem ländlichen Raum kamen. Im Vergleich hatten nur 9 % der Landbewohner den gleichen Anspruch. Mit zunehmendem Alter stieg der Anteil der Befragten in beträchtlichem Maße, die als Grund „Natur erleben“ angaben. In der ältesten Gruppe nannten diesen 58 % der Befrag- ten, während es bei der Generation zwischen 21 und 30 Jahre lediglich 42 % waren. In Bezug auf den Schulabschluss konnte man bei den Aufenthaltsmotiven keinen außer- gewöhnlichen Unterschied feststellen. Im Gegensatz dazu konnten differenziert nach der Jahreszeit Parallelitäten beobachtet werden. Vor allem die Analogie zwischen Frühling und Herbst war bei mehreren Auf- enthaltsmotiven auffällig (Abb. 47).

350% Sehenswürdigkeit 300% Besuch/Treffen Wein 250% wandern 200% Landschaft erleben

150% Urlaub/Freizeit Burg besichtigen 100% Natur erleben

50% Wald erleben Sport treiben 0% Frühjahr Sommer Herbst spazieren gehen

Abb. 47: Grund des Aufenthalts am Befragungsort nach Jahreszeit

19 Mehrfachnennungen waren möglich. Die Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Teilnehmer und daher ist ihre Summe größer als 100 %.

160 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Frage 2: Wie oft im Monat gehen Sie in den Wald?

Insgesamt ein Viertel der befragten Personen (25 %) besucht den Wald durchschnittlich weniger als einmal oder einmal, 18 % max. dreimal und 57 % mehr als dreimal im Mo- nat. Der Unterschied ist zwar nicht signifikant, dennoch ließ sich aus den vorhandenen Daten eindeutig feststellen, dass sich die Männer häufiger im Wald aufhalten als Frauen. Die Auskünfte nach dem Wohnort ergaben, dass die städtischen Befragten den Wald sel- tener besuchen als die Landbewohner. Als die Antworten der Bewohner eines Stadt- kerns und äußeren Stadtbezirks gemeinsam betrachtet und den Antworten der Land- bewohner gegenübergestellt wurden, ergab der χ2-Test bei einem Signifikanzniveau von 5 % einen signifikanten Unterschied (p = 0,035). Dies liegt wahrscheinlich an der Er- reichbarkeit des Waldes bzw. den abwechslungsreicheren Freizeitpräferenzen der städ- tischen Menschen. Beträchtliche Differenzen traten auch hinsichtlich des Alters auf, da die Waldbesuchs- häufigkeit mit zunehmendem Alter höher wurde. Der χ2-Test bestätigte hierzu einen signifikanten Unterschied (p = 0,041 bei α = 0,05). Aus den Daten lässt sich feststellen, dass Befragte mit einer Hochschulreife auffällig we- niger den Wald aufsuchen, als die aller anderen Bildungsgruppen. Nur jede dritte Person mit Abitur (33 %) geht mehr als dreimal im Monat in den Wald und der Anteil derer, die weniger als einmal im Monat den Wald besuchen, war mit 30 % ziemlich groß. Doch ein statistisch belegbarer Unterschied konnte zwischen der Häufigkeit der Waldbesuche und dem Bildungsniveau nicht bewiesen werden. Der Zeitpunkt der Befragung hatte keine spürbare Wirkung darauf, wie die befragten Personen die Häufigkeit ihrer Waldbesuche einschätzten.

Frage 3: Welche Ansprüche stellen Sie an den Wald? 20

Die meisterwähnten Anforderungen an den Wald waren „Natürlichkeit“ und „Erho- lungsmöglichkeit“. Die Natürlichkeit wurde von 76 % der Befragten erwähnt, während die Erholungsfunktion der Wälder für 58 % von essentieller Bedeutung war. Mit 41 % stellte das „Vorhandensein eines guten Wegenetzes“ den dritthäufigsten Anspruch dar. Es ist zwar widersprüchlich, dennoch kam die Anforderung an ein gutes Wegenetz öfters mit der „Natürlichkeit“ oder sogar mit der „Unberührtheit“ vor. Die „Holznutzung“ als Prämisse an den Wald, was bei der Niederwaldwirtschaft von Bedeutung wäre, wurde nur von 13 % der Befragten genannt (Abb. 48).

20 Mehrfachnennungen waren möglich. Die Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Teilnehmer und daher ist ihre Summe größer als 100 %.

161 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

Abb. 48: Ansprüche an den Wald

Geschlechtsspezifische Präferenzen an den Wald konnten nicht festgestellt werden. Zwi- schen den Geschlechtern waren bei der Antwortgabe nur kleinere Abweichungen (1- 5 %) typisch, wobei bei den Ansprüchen „Erholungsfunktion“ und „gutes Wegenetz“ die Frauen leicht überrepräsentiert waren. Für die Personen, die sich selten im Wald aufhalten, d.h. weniger als einmal oder max. einmal im Monat, war die „Natürlichkeit“ der wichtigste Anspruch. Diesem folgten die Nennungen „Erholungsmöglichkeit“ und „Schönheit“. Alle anderen Anforderungen wur- den kaum genannt. Zwar blieb der Wunsch nach natürlichen Wäldern auch bei regelmä- ßigen Waldbesuchern an erster Stelle, dennoch erreichten andere Anforderungen über- raschend große Anteile. Die „Holznutzung“ war beispielsweise für 17 % dieser Gruppe wichtig. Ähnliche Ergebnisse zeigte die Analyse der Antworten differenziert nach Wohnort. Der meisterwähnte Anspruch war in allen Gruppen die „Natürlichkeit“. Die größte Differenz wurde in Hinsicht auf die „Erholungsmöglichkeit“ nachgewiesen: 65 % der Stadtkern- bewohner gaben sie an, währenddessen diese nur für 50 % der Landbewohner von Be- deutung war. Im Vergleich zu den Stadtmenschen räumten die Landbewohner der „Holznutzung“ eine viel größere Bedeutung ein. Jeder 5. Befragte (20 %) aus einem länd- lichen Raum gab an, dass die „Holznutzung“ für den Wald wichtig sei, während dies aus dem Stadtzentrum lediglich 4 % und aus dem äußeren Stadtbezirk nur 9 % erwähnten. In den verschieden Altersgruppen konnten in Bezug auf die Ansprüche an den Wald größere Unterschiede festgestellt werden. Auffällig war die Forderung an ein „gutes We- genetz“ bei Leuten über 50 Jahren. Dies wurde von jedem 2. Befragten (49 %) aus dieser Gruppe gewünscht. Auch der χ2-Test bestätigte, dass sich die unterschiedlichen Alters- klassen im Hinblick auf den Anspruch „gutes Wegenetz“ signifikant unterscheiden (p = 0,015 bei α = 0,05). Dennoch war die „Natürlichkeit“ mit einem Anteil von 70 % der wichtigste Anspruch der ältesten Altersgruppe. Dieser Wert erscheint im Vergleich zu den jüngeren Befragten nahezu niedrig, wenn man weiß, dass „Natürlichkeit“ in beiden Altersklassen unter 50 Jahren zu 92 % Zustimmung erreichte. Der χ2-Test errechnete

162 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder hierzu einen p-Wert von 0,035 (bei α = 0,05) und weist damit auf einen signifikanten Unterschied hin. Als die Anforderungen an den Wald in Hinsicht auf den höchsten Bildungsabschluss aus- gewertet wurden, ließ sich feststellen, dass die Erwartung an „Natürlichkeit“ mit höhe- rem Bildungsabschluss in einem höchst signifikanten Maße (p = 0,002 bei α = 0,05) an- stieg. Personen mit einem niedrigen Schulabschluss erwähnten die „Natürlichkeit“ (50 %) nur als zweitwichtigsten Anspruch nach der „Erholungsmöglichkeit“ (62 %). Die Wichtigkeit der „Holznutzung“ sank mit dem Bildungsniveau, denn sie war für jede 5. Person (19 %) mit Hauptschulabschluss relevant, während sie nur bei jedem 10. Befrag- ten (10 %) mit Abitur- und Hochschulabschluss Anklang fand. Der Anspruch an ein „gu- tes Wegenetz“ zeigte eine gegensätzliche Tendenz: je höher das Bildungsniveau des Be- fragten war, eine desto kleinere Bedeutung wurde diesem Anspruch eingeräumt. In Anbetracht der Jahreszeit konnte bei der Anforderung an ein „gutes Wegenetz“ die größte Auffälligkeit festgestellt werden. Mit 54 % wurde es im Herbst am häufigsten und mit 27 % im Frühjahr am wenigsten erwähnt. Bei der Durchführung eines χ2-Tests konnte zwischen den Jahreszeiten im Hinblick auf ein „gutes Wegenetz“ mit einer Irr- tumswahrscheinlichkeit von 5 % ein signifikanter statistischen Unterscheid (p = 0,019) ermittelt werden. Der Anspruch an die „Natürlichkeit“ war mit 83 % im Frühling weit- aus bedeutender als mit 68 % im Herbst. Die „Holznutzung“ erreichte mit 20 % ihren höchsten Anteil im Sommer, während diese im Herbst lediglich auf einen Wert von 8 % kam. Die „Erholungsfunktion“ des Waldes wurde im Sommer mit 70 % am höchsten ge- schätzt. Im Herbst erreichte diese dagegen einen Anteil von 60 % und im Frühling von nur noch 52 %.

Frage 4: Was halten Sie von dieser Landschaft?

Nachdem die Landschaft abgesehen von einem Befragten einstimmig als „schön“ gehal- ten wurde, erwies sich eine tiefere Analyse dieser Frage als unnötig. Diese eine Person − macht 0,83 % der Befragten aus − war der Meinung, dass die Landschaft weder schön noch unschön ist.

Frage 5: Was gefällt Ihnen in dieser Landschaft gut bzw. nicht so gut? 21

Die Befragten sollten hierbei mit eigenen Worten beschreiben, was ihnen an der Land- schaft gut bzw. nicht so gut gefällt und konnten dafür mehrere Ursachen nennen. Zur Beliebtheit und Schönheit der Mosellandschaft tragen viele Faktoren bei. Es wurden al- lerdings nicht nur Landschaftselemente genannt, sondern auch Eindrücke, Gefühle oder Freizeitaktivitäten, welche für die Region typisch sind. Der meisterwähnte Begriff unter den 122 Befragten war die „Mosel“. 34 % der Interviewten empfanden den „Fluss“ oder die „Flusslandschaft“ als sehr schön. Dem folgten die einzigartige „Topographie“ (26 %) und „der Wein/die Weinberge“ (22 %). Die „Vielfältigkeit der Landschaft“ war für 16 % der Befragten bedeutungsvoll. Ebenfalls 16 % erreichte die Kategorie „alles“. Dies be- deutet, dass die Befragten keine Einzelelemente aus der Landschaft würdigen wollten, weil sie die Landschaft als Ganzes betrachteten und alles als schön empfanden. Jeweils 15 % Zustimmung bekamen die einmaligen „Siedlungen“ des Moseltals, die bei den Men-

21 Mehrfachnennungen waren möglich. Die Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Teilnehmer und daher ist ihre Summe größer als 100 %.

163 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder schen durch die traditionell gebauten Fachwerkhäuser eine Faszination auslösten, sowie die in einer Gruppe zusammengefassten „kulturellen Werte“ und die beeindruckende „Geschichte“ der Region. Die „hinreißende Aussicht“ auf das Tal erregte zu 11 % den Gefallen der Betrachter, während alle anderen Merkmale demgegenüber einen Anteil von unter 10 % erreichten. Geschlechtsspezifische Präferenzen konnten nicht festgestellt werden; ebenfalls keine bei der Waldbesuchsfrequenz. Bezüglich des Wohnortes konnten zwei Auffälligkeiten verzeichnet werden. Erstens, dass die kleinen Siedlungen an der Mosel den städtischen Befragten im positiven Sinne häufiger auffielen als den Personen aus dem ländlichen Raum (26 % zu 9 %) und zwei- tens, dass sich Landbewohner mehr für die regionale Kultur und Geschichte interessie- ren als Stadtbewohner (16 % zu 9 %). Altersspezifische Bevorzugungen konnten in mehreren Fällen erforscht werden (Abb. 49).

180%

160% Kultur/Geschichte

140% Wein/Weinberg

120% Aussicht

100% Siedlung 80% Fluss 60% Topographie 40% Vielfältigkeit 20%

0% alles 21-30 Jahre 31-50 Jahre über 50 Jahre

Abb. 49: Was gut gefällt in der Landschaft nach Altersklassen. (In der Abbildung sind nur Präfe- renzen dargestellt, bei denen die markantesten Unterschiede aufzufinden waren.)

Jede 3. Person zwischen 31 und 50 Jahren erwähnte die „Vielfältigkeit der Landschaft“ als Positivum. Dagegen erschien dieser für nur 8 % der 21-30 Jährigen und für 12 % der 50 plus Generation als wichtig. Die „schöne Aussicht“ und der „Wein/Weinberg“ waren für die Befragten über 50 Jahren am meisten von Bedeutung, während die „topographi- sche Gegebenheit der Landschaft“ eher die jüngeren Generationen reizte. Im Hinblick auf die „Topographie“ ergab der χ2-Test bei einem Signifikanzniveau von 5 % einen p- Wert von 0,012, womit der Unterschied in den verschiedenen Altersgruppen signifikant war. In Hinblick auf das Bildungsniveau konnten die Präferenzen der Gruppen nicht klar de- finiert werden. Nur bei den Kategorien „Aussicht“ und „Natürlichkeit“ konnte ein schwa- cher Zusammenhang in Bezug auf den Schulabschluss festgestellt werden. Denn je höher das Bildungsniveau war, umso mehr bekundeten die Befragten Gefallen an der „Natür- lichkeit“ und als umso weniger wichtig wurde dann die „Aussicht“ beurteilt. Obwohl bei manchen Antworten größere saisonale Unterschiede aufgespürt werden konnten, waren diese nie signifikant. Mit 29 % bzw. 33 % bekamen die „Vielfältigkeit“

164 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder und die „Topographie“ im Frühling die meisten Stimmen, während diese im Herbst nur noch einen Wert von 6 % und 18 % erreichten. Die „Mosel“ als positives Landschafts- element wurde unabhängig von der Jahreszeit konstant bei einem Drittel der Interview- ten erwähnt. Auf den „Wein“ und die „Weinberge“ wurde mit einem Anteil von 30 % am meisten im Herbst hingewiesen. Unter den 122 Interviewten zeigten 46 Personen (38 %) Vorwände bezüglich der Land- schaft auf. 52 % der Kritiker fanden den starken Verkehr, die vielen Züge und den dar- aus resultierenden Lärm, welche als „infrastrukturelle Defizite“ zusammengefasst wur- den, am meisten als belästigend. Weitere öfters erwähnte Negativkriterien waren der „Massentourismus“ und die durch den Windbruch „beschädigten Wälder“. Die in der Nähe liegende abgeholzte Waldfläche fiel niemand auf oder war gar nicht so störend, als dass dies jemand hier angesprochen hätte. 39 % der Männer und 36 % der Frauen kritisierten etwas im Landschaftsbild. Nur bei der Würdigung von infrastrukturellen Defiziten gab es zwischen den zwei Geschlechtern einen beträchtlichen Unterschied. Jede vierte Frau (26 %) hat mit dem großen Verkehr und dessen Folgen Probleme, während dagegen nur 15 % der Männer dies genauso empfanden. Als die Frage nach der Häufigkeit der Waldbesuche analysiert wurde, kam man auf ein überraschendes Fazit: die Personen, die den Wald am meisten aufsuchen, kritisierten den starken Verkehr am wenigsten. 14 % dieser Gruppe empfand dies als problema- tisch, während der Anteil der Kritiker in anderen Gruppen bei 20 % bis 27 % lag. Die Auswertung nach Wohnort zeigt wiederum bei der Kategorie „Verkehr“ große Un- terschiede. 30 % der Stadtkernbewohner fanden den Straßenverkehr an der Mosel als belästigend. Im Gegensatz dazu waren nur 23 % der Bewohner eines äußeren Stadtbe- zirks der gleichen Meinung und lediglich 13 % der Landbewohner beschwerten sich über den Fernverkehr. Das Alter spielte bei der Beurteilung der Landschaft auch eine große Rolle. Je jünger die befragten Personen waren, desto sensibler reagierten sie auf den Verkehr. 50 % der In- terviewpersonen zwischen 21 und 30 Jahren, 13 % der 31-50 Jährigen und 17 % der 50 plus Generation empfanden den Verkehr als lästig. Diese Werte unterscheiden sich signi- fikant (p = 0,018 bei α = 0,05). Die Verkehrsverhältnisse der Region wurden mit dem Anstieg des Bildungsniveaus auch öfters bemängelt. Differenziert nach der Jahreszeit fiel am wenigsten Kritik über die Landschaft im Herbst, wobei nur 20 % der Interviewten etwas Negatives erwähnten. Im Gegensatz dazu stell- ten 70 % der Sommerbefragten einiges infrage. Jeweils 10 % der Befragten fielen im Frühling und im Sommer die „Windbrüche“ und „kaputte Bäume“ auf, während dies im Hebst niemand bemerkte. Ebenfalls im Herbst wurde der Verkehr am geringsten als stö- rend (10 %) empfunden, obwohl dieser als Hauptsaison gilt. Im Sommer beschwerten sich 30 % und im Frühling 25 % der Interviewpartner über den Fernverkehr.

Frage 6: Was denken Sie, warum dort eine freie Fläche ist? 22

Die Befragten sollten hierbei ihre Meinung darüber äußern, wie die freie Fläche gegen- über dem Befragungsort entstanden sei. Die 122 Interviewten gaben insgesamt 180 Antworten. Einige hatten also mehrere Ideen, wie die Fläche entstanden sein kann. 40 %

22 Mehrfachnennungen waren möglich. Die Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Teilnehmer und daher ist ihre Summe größer als 100 %.

165 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder der Befragten hatten den Verdacht, dass die freie Fläche durch einen Sturm oder einen Brand zustande gekommen sei. Mit 39 % folgte die Ansicht, dass die Fläche durch Ab- holzung entstanden sei. Manche Interviewpersonen waren unentschieden und erwähn- ten beides. An der dritten Stelle folgte mit 16 % die Nennung „Neubepflanzung“. Dieser folgte mit 12 % die Vorstellung, dass die freie Fläche einem naturschutzfachlichen Zweck dienen solle und für die Natur gut sei. 11 % der Befragten hatten den Verdacht, dass die kahle Waldfläche sich in Folge von Erosion gebildet hatte. Dass der Bestand früher ein Weinberg gewesen sein könnte, hielten 9 % der Antwortgeber für möglich. Alle anderen Antwortmöglichkeiten bekamen max. 7 Stimmen, was knapp 6 % der In- terviewten ausmachte. Größere Abweichungen bei der Antwortgabe wurden unter den zwei Geschlechtern bei sechs Merkmalen festgestellt (Abb. 50).

45% 40% Männer 35% 30% Frauen 25% 20% 15% 10% 5% 0%

Abb. 50: Entstehungsweise der freien Fläche nach Geschlecht. (In der Abbildung sind nur Ant- worten dargestellt, bei denen die markantesten Unterschiede aufzufinden waren.)

Bei der Vermutung, dass die freie Fläche durch „Holznutzung“, „Sturm- oder Brandschä- den“, „Erosion“ oder „touristische Nutzung“ entstanden sei, überwogen die Frauen. Da- hingegen vermuteten nahezu doppelt so viele Männer als Frauen, dass diese einem na- turschutzfachlichen Zweck dienen oder ehemals ein Weinberg gewesen sei. Doch diese Unterschiede waren nie signifikant. Bezüglich der Waldbesuchshäufigkeit und dem Wohnort konnten zwischen den Antwor- ten keine Zusammenhänge ermittelt werden. Im Gegensatz dazu wurden beträchtlichere altersspezifische Differenzen in sechs Kate- gorien festgestellt (Abb. 51). Doch diese erreichten das Signifikanzniveau ebenfalls nicht. Mit zunehmendem Lebensalter nahm beispielsweise der Anteil der Befragten ab, die die Entstehung der freien Waldfläche der Holznutzung, einem Sturm- oder Brand, einer Krankheit oder einer anderen menschlichen Nutzung beimaßen. Überdies vertraten die jüngeren Generationen des Öfteren die Ansicht, dass die Fläche aufgrund eines laufen-

166 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder den Naturschutzprojektes offen gehalten gewesen sei. Jeder 5. Befragte (22 %) aus der ältesten Gruppe hatte die Vermutung, dass die größeren Bäume aus dem Bestand fehlen, weil es sich hier um eine neu angesiedelte Kultur handele. Dahingegen waren nur 8 % der 21-30 Jährigen der gleichen Meinung.

70% 60% 21-30 Jahre 50% 31-50 Jahre 40% über 50 Jahre 30% 20% 10% 0%

Abb. 51: Entstehungsweise der freien Fläche nach Alter. (In der Abbildung sind nur Antworten dargestellt, bei denen die markantesten Unterschiede aufzufinden waren.)

Zwischen dem Bildungsniveau und den Antworten konnte in drei Fällen ein Zusammen- hang beobachtet werden. Je höher der Abschluss der Interviewten war, desto häufiger assoziierten sie eine Holznutzung bzw. dass die Bäume durch einen Sturm oder Brand vernichtet worden seien. Die Jagd als möglichen Grund, was dem tatsächlichen Anlass für die freie Fläche entspricht, galt für lediglich 8 % der Befragten mit Hauptschulab- schluss und 3 % mit Realabschluss als mögliche Veranlassung dafür, dass der Wald auf dieser begrenzten Fläche aufgelichtet wurde. Von den Befragten mit Abitur oder einem Hochschulabschluss zog niemand diese Folgerung. Jahreszeitliche Differenzen zwischen der Verteilung der Antworten konnten in fünf Fäl- len beobachtet werden. 50 % der im Sommer Befragten hatten die Vermutung, dass die Fläche unter anderem durch eine Abholzung zustande gekommen sei. Im Frühling er- reichte diese Annahme hingegen 40 % und im Herbst nur noch 32 %. Über die Jahreszei- ten hinweg war in vier Fällen dieser Trend zu erkennen. Dass die freie Fläche durch ein Sturm- oder Brandereignis entstanden oder einem Naturschutzprojekt zugewiesen worden sei, glaubten mit fortschreitender Jahreszeit immer weniger Befragte. An eine Erosion oder Neuansiedlung als Grund für die Entstehung der Fläche dachte im Verlauf der Jahreszeiten ein immer größer werdender Anteil der Befragten.

167 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Frage 7: Welchen Begriff verbinden Sie mit der freien Fläche? 23

Die Analyse der Antworten auf die Frage, welchen Begriff man mit der freien Fläche ver- bindet, weist darauf hin, wie unterschiedlich das Schönheitsempfinden der Menschen ist (Abb. 52).

40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0%

Abb. 52: Assoziationen mit der freien Fläche. (In der Abbildung bedeutet die rote Farbe eine positive, die blaue eine negative und die grüne eine neutrale oder keine klare Einstellung gegen- über der freien Fläche.)

Es konnte hierzu entweder Assoziationen aus den vorgegebenen Begriffen gewählt wer- den oder auch die eigene Meinung dazu geäußert werden. 37 % der Interviewten beur- teilten die kahle Fläche unter anderem als „natürlich“. In der Rangfolge der Antworten wurden als nächstes negative Begriffe, wie z.B. „ungewohnt“ (25 %), „künstlich“ (19 %) und „krank“ (16 %) genannt. Diesen folgten wiederum positive Bezeichnungen, wie „schön“ und „freundlich“, allerdings wurden diese von weniger als 10 % der Befragten erwähnt. Die Interviewten gaben öfters widersprüchliche Antwortkombinationen, wie z.B. „ungewohnt“ gepaart mit „natürlich“ oder „gepflegt“ verbunden mit „unordentlich“. Insofern konnte man in solchen Fällen nicht feststellen, ob die Fläche bei diesen Betrach- tern letztendlich positive oder negative Emotionen auslöste. Bei der nachfolgenden Darstellung wurden nicht die einzelnen Aussagen berücksichtigt, sondern ob sie insgesamt über einen positiven, neutralen oder negativen Inhalt verfüg- ten (Abb. 53). Die neutrale Gruppe beinhaltet Begriffe wie „gleichmäßig“, „normal“ oder „unauffällig“. Sogar die „Stärke des Empfindens“ gegenüber der Fläche ließ sich messen, indem die Begriffe nicht nur inhaltlich interpretiert, sondern auch die Anzahl der Be- nennungen berücksichtigt wurde (Abb. 53). Es ist schließlich nicht gleichgültig, ob nur ein Begriff oder mehrere mit der Fläche verbunden wurden und welche Beschaffenheit diese dabei aufwiesen. „Die Stärke des Empfindens“ gegenüber der Fläche schwankte zwischen -3 und +324.

23 Mehrfachnennungen waren möglich. Die Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Teilnehmer und daher ist ihre Summe größer als 100 %. 24 Beispielsweise zwei inhaltlich als negativ empfundene Begriffe bekamen den Wert -2, während drei positive Be- nennungen den Wert +3 usw.

168 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Die weiblichen Befragten belegten die offene Fläche mit weniger positiven Eigenschaf- ten als die Männer. In der Abbildung (Abb. 53) ist zu beobachten, dass die Antworten der Frauen im negativen Bereich eindeutig dominieren und im positiven Bereich denen der Männer in Relation unterliegen. Denn die Frauen schätzten die Fläche als weniger „natürlich“, „gepflegt“, „romantisch“ oder „freundlich“, sondern vielmehr als „unge- wohnt“, „künstlich“, „übernutzt“ und „krank“ ein. Diese Unterschiede unter den Ge- schlechtern waren zwar groß, allerdings nicht signifikant.

35% Männer 30% Frauen 25%

20%

15%

10%

5%

0% -3 -2 -1 0 +1 +2 +3

Abb. 53: Einstellung gegenüber der freien Fläche nach Geschlecht

Es ließ sich eindeutig ermitteln, dass die Sympathie zum offenen Bestand mit zuneh- mendem Alter anstieg (Abb. 54).

100%

90% positiv 80% neutral 70% 60% negativ 50% 40% 30% 20% 10% 0% 21-30 Jahre 31-50 Jahre über 50 Jahre

Abb. 54: Einstellung gegenüber der freien Fläche nach Alter

169 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Als die Antworten nach deren Inhalt klassifiziert wurden, d.h. ob sie über eine positive, negative oder neutrale Bedeutung beinhalten, ließ sich mit dem χ2-Test zwischen den verschiedenen Altersgruppen im Hinblick auf die Einstellung gegenüber der freien Flä- che ein höchst signifikanter Unterschied (p = 0,001 bei α = 0,05) errechnen. Die drei meisterwähnten Nennungen bei der jüngsten Generation waren „krank“ (50 %), „unge- wohnt“ (33 %) und „künstlich“ (25 %). Dagegen war im Kreis der über 50-Jährigen mit 43 % der Begriff „natürlich“ die meistgenannte Bezeichnung dafür. Mit dem χ2-Test konnten zwischen den Altersklassen bei folgenden Variablen signifikante Unterschiede festgestellt werden: „natürlich“ (p = 0,014 bei α = 0,05), „krank“ (p = 0,001 bei α = 0,05) und „übernutzt“ (p = 0,002 bei α = 0,05). Zwischen der Waldbesuchsfrequenz und der Begriffsauswahl konnte kein Zusammen- hang ermittelt werden. In Hinsicht auf den Wohnort ließen sich bei vier Bezeichnungen („ungewohnt“, „natür- lich“, „künstlich“ und „krank“) auffällige Differenzen registrieren. Die Stadtkernbewoh- ner erachteten die Fläche eher als „ungewohnt“ (35 %), „krank“ (35 %) und „künstlich“ (26 %) und nur für 26 % wirkte sie dabei als „natürlich“. Dahingegen beurteilten die Landbewohner die gleiche Fläche viel positiver, was sich darin zeigte, dass 45 % an ers- ter Stelle den Begriff „natürlich“ angaben, während nur 25 % diese für „ungewohnt“ hiel- ten, 16 % für „künstlich“ und lediglich 9 % für „krank“. Die Meinungen der Stadtbezirk- bewohner nähern sich interessanterweise vielmehr den Landbewohnern als den Stadt- kernbewohner an. Es konnte im Fall von „krank“ differenziert nach Wohnort mit einem p-Wert von 0,02 (bei α = 0,05) ein signifikanter Unterschied nachgewiesen werden. Bezüglich des Bildungsabschlusses ließen sich in zwei Fällen klare Tendenzen erkennen: je höher das Bildungsniveau der Befragten war, desto weniger assoziierten sie mit dem offenen Bestand den Begriff „natürlich“ und hielten ihn öfters für „krank“ (Abb. 55).

50% 45% natürlich 40% krank 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0%

Abb. 55: Begriffverbindung mit der freien Fläche nach Bildungsabschluss

Im Ganzen gesehen stieg der Anteil der negativen Meinungen mit dem Bildungsniveau. Bezüglich der Jahreszeiten zeigten sich in sechs Fällen Auffälligkeiten bei der Meinungs- äußerung über die kahle Fläche. Darunter waren zu dem Begriff „krank“ und „natürlich“ die Unterscheide so groß, dass sie nach dem χ2-Test sogar signifikant waren. Die p- Werten betrugen beim Ersten 0,001 und beim Zweiten 0,032 (bei α = 0,05). Der Bestand

170 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder wurde mit 31 % am häufigsten im Frühjahr als „krank“ bezeichnet, während dies im Sommer mit insgesamt 10 % und im Herbst nur noch mit 4 % der Fall war. Das Wahr- nehmungsempfinden „unordentlich“ zeigte den gleichen Ablauf. Interessant stellte sich die Entwicklung der Nennung „ungewohnt“ dar, da schließlich doppelt so viele Men- schen (45 %) im Sommer die Fläche als „ungewohnt“ bezeichneten, als im Frühling (23 %) oder im Herbst (20 %). Die Fläche wurde unabhängig von der Jahreszeit immer von ca. 20 % der Befragten als „künstlich“ wahrgenommen. Im Gegensatz dazu vermit- telte sie den natürlichsten Eindruck im Herbst (48 %), gefolgt vom Frühjahr (35 %) und schließlich vom Sommer (15 %). Als „schön“ wurde sie selten bezeichnet, nur im Som- mer erreichte sie mit 15 % einen begrenzt beeindruckenden Anteil.

Frage 8-9: Wenn Sie entscheiden dürften, würden Sie diese freie Fläche so lassen o- der verändern wollen? Wenn Sie die freie Fläche nicht in ihrem derzeitigem Zustand lassen wollen, was würden Sie verändern?

Ob man die freie Fläche so lassen solle oder ob eher eine Änderung erwünscht sei, ließ sich mit der ästhetischen Beurteilung der Fläche in Zusammenhang bringen. Schließlich veränderten sich die Meinungen parallel mit dem ästhetischen Empfinden. Die Frauen beurteilten den Bestand allgemein negativer als die Männer (s.o.). Demnach wollten mehr Frauen (32 %) als Männer (26 %), dass die Fläche geändert wird. 81 % der Frauen und 84 % der Männer, die etwas ändern würden, würden sich wünschen, dass eine Aufforstung durchgeführt würde. Der restliche Anteil der Frauen würde wol- len, dass die Fläche nicht aus forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten genutzt wird, son- dern dass beispielsweise eine Bank aufgestellt würde, um die schöne Aussicht genießen zu können oder würde sich dort lieber eine Wiese wünschen. Die Befragten, die sich am wenigsten im Wald aufhalten, würden die freie Fläche eher verändern wollen (42 %) als so belassen (38 %). Auffällig ist in dieser Gruppe der große Anteil von denen, die nicht wissen, was sie mit der freien Fläche machen würden (19 %). Dagegen würden nur 22 % der regelmäßigen Waldbesucher im Bestand etwas verän- dern wollen und 78 % würden alles in dem gegenwärtigen Zustand belassen. Nach dem χ2-Test ist die Verteilung der Antworten nicht zufällig und es wurde bei einer Irrtums- wahrscheinlichkeit von 5 % ein höchst signifikanter Unterschied (p = 0,000) festgestellt. Unter den regelmäßigen Waldbesuchern erreichte das „Aufforsten“ als Veränderungs- wunsch den größten Anteil. Denn 73 % von denen, die etwas verändern würden, wür- den sich in der Zukunft über eine neue Waldkultur freuen und 27 % würden den Be- stand der Natur überlassen, um damit naturschutzfachliche Zielsetzungen zu erfüllen. 35 % der Stadtkernbewohner würden den untersuchten Bestand verändern, während 13 % unentschlossen blieben. Die Stadtmenschen, denen der Bestand in diesem Zustand nicht gefiel, würden diesen ausnahmslos aufforsten wollen. Im Vergleich dazu dachten 29 % der Landbewohner an eine Veränderung und nur 2 % von ihnen konnten keinen klaren Stadtpunkt einnehmen. Die Meinungen der Interviewten aus dem äußeren Stadt- bezirk ähnelten denen der Landbewohner. Hinsichtlich des Alters der Befragten konnten größere Abweichungen bei den Meinun- gen festgestellt werden (Abb. 56).

171 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

90%

80% 21-30 Jahre

70% 31-50 Jahre

60% über 50 Jahre 50%

40%

30%

20%

10%

0% "so lassen" "verändern" kein Urteil

Abb. 56: Behandlungsvorschlag der freien Fläche nach Alter

Mit zunehmendem Alter nahm der Anteil der Personen zu, die die freie Fläche in ihrem Zustand belassen würden. Dieser Wert stieg von 25 % Anteil in der jüngsten Altersgrup- pe bis auf 81 % in der 50 plus Generation an. Entgegensetzt veränderte sich die Anzahl der Befragten, die etwas an der Fläche verändern würden. 67 % der jüngsten Generation würden den untersuchten Bestand neu gestalten und nur 16 % der ältesten Altersgrup- pe würde das Gleiche tun. Daraus ließ sich ein hoch signifikanter Unterschied nach Alter (p = 0,000 bei α = 0,05) ableiten. Bei der Untersuchung der Auskünfte nach Bildungsniveau ließen sich die Befragten statt in vier praktisch nur in zwei Gruppen einteilen. Zur ersten Gruppe gehörten Befragte, die maximal einen Realschulabschluss besitzen und zur Zweiten, die die mindestens eine Hochschulreife aufweisen konnten. Die erste Gruppe war vielmehr für „so lassen“ (über 80 %) als für „verändern“. Dahingegen waren die Meinungen derer mit den höchsten Schulabschlüssen eher ausgeglichen, denn schließlich etwa die Hälfte der Befragten war für eine Veränderung und die andere Hälfte dagegen. Differenziert nach Bildungsab- schluss ließ sich somit zwischen der Verteilung der Antworten ein höchst signifikanter Unterschied (p = 0,004 bei α = 0,05) ermitteln. In Hinblick auf die Jahreszeiten konnte eine klare Entwicklung bei der Antwortgabe ver- zeichnet werden. Der beobachtete Waldbestand wurde im Frühjahr am geringsten mit positiven Bezeichnungen versehen und die Hälfte der Befragten (50 %) wollte ihn zu diesem Zeitpunkt verändern. Damit erreichte die Befürwortung einer Veränderung ih- ren größten Anteil im Frühling. Im Sommer betrug dieser Wert schließlich 25 % und im Herbst nur noch 8 %. Die Kategorie „weiß nicht“ blieb dabei immer in einer Spanne zwi- schen 4 % und 5 %. Der χ2-Test bestätigte, dass sich der Handlungswunsch mit der Jah- reszeit veränderte (p = 0,000 bei α = 0,05).

172 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Frage 10: Was halten Sie davon, wenn kleinflächige Abholzungen dafür sorgen sol- len, den Wald traditionell zu nutzen und dadurch Holz zum Heizen zu gewinnen? 25

Darüber, ob die Einführung von kleinflächigen Abholzungen, um Brennholz zu produzie- ren eine gute Idee ist, teilten sich die Meinungen sehr. Der Wohnort, das Alter und das Bildungsniveau waren bei den Antworten von großer Bedeutung, während das Ge- schlecht und der Befragungstermin eher weniger Einfluss auf die Meinungen hatten. Die Waldbesuchshäufigkeit zeigte dabei keine Auswirkung auf die Meinung. Die Männer schienen von der Idee mehr überzeugt zu sein als die Frauen. Wenn die weiblichen Befragten das Konzept unterstützten, taten sie es seltener ohne Einwände. Sie ließen nämlich die Nachhaltigkeitsaspekte kaum außer Acht und sprachen solche Themen wie „Kleinflächigkeit“, „nachhaltige Waldwirtschaft“ oder „Neubepflanzung“ an. Für die männlichen Interviewten war es typisch, dass sie deutlicher für oder gegen den Leitgedanken waren und sahen dabei selten diesbezüglich irgendwelche Einschränkun- gen. Insgesamt 38 % der Frauen und 53 % der Männer waren mit der Idee ohne Beden- ken einverstanden und jede vierte weibliche (20 %) und knapp jeder fünfte männliche Befragte (24 %) waren ohne einen Grund zu benennen, klar dagegen. Unter den 122 Personen kritisierten drei Befragte, darunter ein Mann und zwei Frauen, das Konzept aufgrund der Kleinflächigkeit, da sie der Meinung waren, dass die kleinflächige Abhol- zung sich wirtschaftlich nicht lohnen könne. 7 % der Männer lehnten die Idee ab, weil sie es für falsch hielten, das Holz zum Heizen zu verwenden. Der Wohnort zeigte eine große Wirkung darauf, wie die Befragten den kleinflächigen Hieb und seinen Zweck beurteilten (Abb. 57). Die städtischen Menschen bekundeten für diese Nutzungsform eindeutig mehr Abneigung als die Landbewohner.

60% ohne Einwände einverstanden 50% es darf keine Nutzung stattfinden 40%

30%

20%

10%

0% Stadtkern äußerer auf dem Lande Stadtbezirk

Abb. 57: Einstellung gegenüber der kleinflächigen Abholzung zum Zweck der Brennholzgewin- nung nach Wohnort

Ohne weitere Erklärung waren 22 % der Stadtkernbewohner, 30 % der äußeren Stadt- bezirkbewohner und 16 % der Landbewohner gegen eine Nutzung. Dagegen waren nur

25 Mehrfachnennungen waren möglich. Die Prozentangaben beziehen sich auf die Anzahl der Teilnehmer und daher ist ihre Summe größer als 100 %.

173 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder knapp ein Drittel (30 %) der Befragten aus dem Stadtkern uneingeschränkt für den kleinflächigen Schlag, um Brennholz zu produzieren, 45 % der Befragten aus einem äu- ßeren Stadtbezirk und 55 % der Landmenschen. Die nachhaltige Bewirtschaftung spielte für die Bewohner der Innenstadt und für die Frauen eine übergeordnete Rolle. 17 % von ihnen erklärten sich erst dann mit der Idee einverstanden, wenn die Bewirtschaftung tatsächlich auf einer begrenzten Waldfläche stattfinden würde. Für 22 % wäre das Nachwachsen der Bäume von essentieller Bedeutung. Die jüngste Generation schien sich am meisten mit den Nachhaltigkeitsaspekten ausei- nandergesetzt zu haben. Denn keine andere Altersgruppe erwähnte so oft, dass der Hieb erst durchgeführt werden könne, wenn das Nachwachsen oder Neupflanzen der Bäume gesichert sei oder wenn der Schlag in kleinerem Rahmen bliebe. Dementsprechend wa- ren nur 17 % dieser Gruppe bedingungslos mit dem Konzept einverstanden. Dagegen fanden 71 % der mittleren Altersklasse und 44 % der ältesten Generation die Idee gut. Der χ2-Test bestätigte hierbei einen signifikanten Unterschied zwischen den unter- schiedlichen Altersgruppen im Hinblick auf die Vorstellung über die „kleinflächige Ab- holzung um das Holz energetisch zu nutzen“ (p = 0,006 bei α = 0,05). Ohne einen Grund dafür anzugeben, waren ein Drittel (33 %) der jüngsten Befragten, 13 % der mittleren Generation und 23 % der über 50-Jährigen klar dagegen. Weitere 11 Personen der Ältes- ten (13 %) beschrieben ausführlich, warum sie mit der Nutzung nicht einverstanden waren. 4 von diesen waren allgemein gegen die wirtschaftliche Nutzung des Waldes. 6 Personen hatten an der Verwendung des Holzes zum Verheizen etwas auszusetzen und einer von ihnen befürchtete durch den Hieb eine Erosion. Die Befragten mit dem höchsten Schulabschluss erklärten sich mit dieser Bewirtschaf- tungsform am ehesten einverstanden. 62 % von ihnen fanden die Konzeption ohne wei- teres gut, während weitere 13 % ausschließlich unter der Berücksichtigung von Nach- haltigkeitsaspekten dafür waren. Die Abneigung veränderte sich parallel mit dem Bil- dungsabschluss, denn je höher der Bildungsabschluss der Befragten war, desto weniger waren sie gegen die Nutzung. Das Konzept löste die größte Antipathie im Herbst aus. Dies ist nicht verwunderlich, da die Holznutzung als Anspruch an Wald am wenigsten in dieser Zeit unterstützt wurde (s.o.). Insgesamt waren 28 % der Herbstbefragten ohne weitere Stellungnahme gegen die Nutzung. Weitere 8 % der Befragten erklärten die Abneigung damit, dass die Wälder aus naturschutzfachlichen Gründen eher erhalten werden müssten, während 6 % mit dem Verwendungszweck „Holz zu verheizen“ nicht einverstanden waren. Insgesamt ge- sehen zeigte sich im Sommer die größte Akzeptanz gegenüber dem kleinflächigen Hieb. Die Angaben im Frühling verteilten sich ähnlich wie im Sommer, doch die Nachhaltig- keitsaspekte besaßen im Sommer eine höhere Priorität.

Frage 11: Finden Sie es wichtig, eine ehemalige Waldnutzungsform wiederzubele- ben, wenn Sie wissen, dass dadurch eine Tradition zu erhalten ist?

Auf die Frage, ob man der Wiederbelebung einer ehemaligen Waldnutzungsform, um eine Tradition zu erhalten, zustimmen würde, gab es drei Antwortmöglichkeiten: „ja“, „nein“ und „weiß nicht“. Obwohl sich alle Fragen mit diesen Angaben beantworten lie- ßen, konnten trotzdem 5 % der Befragten keine Entscheidung treffen. Es lag daran, dass diese Personen schon eine Meinung hatten, wodurch sie die Angabe „weiß nicht“ aus- schlossen. Allerdings waren sie unsicher darüber, ob sie für oder gegen eine traditionel- le Waldnutzung sind, weil sie sowohl dafür als auch dagegen mehrere Argumente hatten.

174 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Die Personen hatten im Grunde genommen mit dem Ausdruck „Tradition“ ein Problem, da sie der Meinung waren, dass sich beim Sinn von Traditionen große Unterschiede er- geben könnten. Wenn jemand unentschlossen blieb, wurde dies auf dem Fragebogen vermerkt und es wurde dafür eine neue Variable mit dem Verweis „es ist schwer zu be- urteilen (mit den vorhandenen Informationen)“ eingeführt. Unabhängig vom Auswertungsverfahren schienen das Geschlecht, die Häufigkeit der Waldbesuche und der Wohnort eine geringe Bedeutung für die Einstellungen zu haben. Im Gegensatz dazu konnte man eine klare Richtung der Antworten bezüglich des Alters, des Bildungsabschlusses und der Jahreszeit erkennen. Die Vorstellung von der Wiederbelebung einer alten Waldbewirtschaftung für den Er- halt einer Tradition war für die 31-50 Jährigen die am wenigsten attraktive Option. 25 % dieser Gruppe waren in jeder Hinsicht dagegen und 21 % konnten dazu keine klare Mei- nung äußern. Die Rückmeldungen der jüngsten Befragten wichen von diesen Werten nur in einem kleinen Maße ab. Das genaue Gegenteil zu der Meinung der jüngsten und mitt- leren Generationen stellte die der über 50-Jährigen dar, denn hier waren 86 % ohne Einwände für die Wiederbelebung einer alten Tradition. Als die Antworten der Befrag- ten vier Gruppen („ja“, „nein“, „es ist schwer zu beurteilen“ und „weiß nicht“) zugeteilt und mit den Altersgruppen gekreuzt wurden, wurde mit dem χ2-Test ein p-Wert von 0,023 berechnet (bei α = 0,05). Allgemein ließ sich feststellen, dass die befragten Personen mit dem niedrigsten Schul- abschluss mehr für die Neubelebung einer alten Waldnutzungsform waren als die mit einem Hochschulabschluss. Die Ansichten der Interviewten, die eine mittlere Reife oder eine Hochschulreife erworben hatten, waren dabei annähernd gleich. Es konnte eine Parallelität zwischen der ästhetischen Wahrnehmung der freien Fläche und der Beurteilung dieser Frage beobachtet werden. Denn der kahle Waldbestand wurde im Herbst am schönsten empfunden und damit stimmten auch 84 % der im Herbst Befragten der Wiederbelebung der ehemaligen Waldnutzung zu. Die Neinsager und die Unentschiedenen machten dabei jeweils 8 % aus. Dagegen war die Beurteilung der Fläche im Sommer viel negativer, wodurch der Anteil der Personen, die sich über die Reaktivierung einer vergangenen Tradition freuen würden, auf 60 % sank. Die Unent- schlossenen machten 30 % aus, unter denen die Hälfte der Gruppe der Nennung „weiß nicht“ zugeordnet werden konnte und die andere Hälfte der, die zwar eine Meinung hat- ten, aber mit Hilfe der vorhandenen Informationen keine Entscheidung treffen konnten. Die Antworten im Frühjahr ähnelten denen Meinungen, die im Herbst erfasst wurden. Differenziert nach der Jahreszeit konnte mit dem χ2-Test bei den Antworten, die den oben erwähnten vier Gruppen zugeordnet wurden konnten, ein signifikanter Unter- schied (p = 0,013 bei α = 0,05) errechnet werden.

Frage 12: Was halten Sie von diesem Konzept?

Bevor die Interviewten das Niederwaldkonzept beurteilen sollten, wurden sie über das Projekt aufgeklärt. Mit Hilfe von einer halbseitigen Zusammenfassung und vier Bildern wurde ihnen die historische, naturschutzfachliche und wirtschaftliche Bedeutung der Niederwälder geschildert und der Forschungsbedarf sowie die Zielsetzungen erklärt. Wichtig dabei war, dass alle Befragten konsequent die gleichen Informationen bekamen, um das Bewerten des Projektes nicht zu beeinflussen. Das Urteil war eindeutig, denn schließlich waren 91 % der Interviewten für das Konzept, während nur 3 % dagegen waren und die restlichen 6 % darüber keine Meinung äußern konnten. Unabhängig da-

175 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder von, aus welchem der sechs Aspekte heraus die Auswertung durchgeführt wurde, konn- ten nur kleinere Abweichungen bei den verschiedenen Gruppen registriert werden. Die Unterschiede waren nie auffällig und somit auch nicht signifikant.

Frage 13: Wie groß wäre Ihr Interesse die Bedeutung dieser ehemaligen Nutzungs- form näher kennenzulernen?

Unter den vier Antwortmöglichkeiten überwogen die Antworten, mit denen ein großes Interesse an den Niederwäldern bezeugt wurde. Schließlich würden 77 % der Inter- viewten die Niederwälder gerne näher kennenlernen, wenn sie die Möglichkeit hätten, sich durch Zeitungen oder durch das Internet darüber zu informieren. Die weiblichen Befragten zeigten auffällig mehr Interesse an Niederwäldern als die Männer. Während gerade nur 12 % der Frauen der Meinung waren, dass sie sich für die Niederwaldwirtschaft wenig interessieren, lag dieser Wert bei den Männern bei 25 %. Großes Interesse zeigte über die Hälfte der Frauen (52 %) und lediglich jeder dritte männliche Befragte (33 %). Diese Differenzen sind zwar beträchtlich, doch der χ2-Test zeigte hierbei keinen signifikanten Unterschied auf. Als die Äußerungen nach der Waldbesuchsfrequenz ausgewertet wurden, ließ sich fest- stellen, dass je häufiger der Befragte den Wald besucht, desto wichtiger ihm die Informa- tion über die Niederwaldwirtschaft war. Die Interviewten, die sich wenig im Wald auf- hielten, zeigten viel öfters ein kleines oder mittleres Interesse. Dagegen wiesen die re- gelmäßigen Waldbesucher nicht nur mehr Neugier auf, sondern wünschten sich gleich- zeitig mehr Auskunft über die Niederwälder. Der Wohnort hatte keinerlei Auswirkung auf die Verteilung der Antworten. Überraschenderweise hatten die jüngste und die älteste Generation ziemlich ähnliche Meinungen in Bezug auf diese Frage. Mit 42 % bzw. 44 % würde die Mehrheit die Nie- derwälder gerne näher kennenlernen, wohingegen in beiden Gruppen nur 17 % gerin- ges Interesse hatten. Die Antworten der 31-50 Jährigen zeigten ein anderes Bild: 29 % interessierten sich wenig für die Niederwälder, 42 % mittelmäßig und 29 % zeigten ein ausgeprägtes Interesse. Trotz der auffälligen Differenzen ließ sich statistisch kein signi- fikanter Unterschied feststellen. Zwischen dem Bildungsniveau und den Antworten war es schwer einen Zusammenhang zu ermitteln. Befragte mit Abitur und Hochschulabschluss zeigten eine große Sympathie für Niederwälder und 40 % bzw. 46 % derer würden die Niederwälder gerne näher kennenlernen, wenn sie dazu die Möglichkeit hätten. Unter den restlichen Befragten, die höchstens einen Realschulabschluss besaßen, konnte bei deren Antwortgabe kein Sinn- zusammenhang entdeckt werden. Die Meinung darüber, ob man die Niederwälder näher kennenlernen wolle, veränderte sich entsprechend der verschiedenen Jahreszeiten (Abb. 58). Es gab eine offensichtliche Parallelität zwischen den Antworten zu dieser und jener Frage, welche die Einstellung gegenüber der Wiederbelebung einer ehemaligen Waldnutzungsform hinterfragte (s.o.). Dementsprechend konnte während der Befragungsrunde im Herbst das größte Interes- se an dem näheren Kennenlernen der Niederwälder und an der Wiederbelebung einer alten Waldnutzungsform registriert werden. Demnach zeigten im Herbst 8 % kleines, 34 % mittleres und 54 % großes Interesse. Die Analyse der Befragungsrunde im Som- mer ergab mit einem Anteil von 45 % der Befragten, die sich nur bedingt für dieses Thema interessierten, einem Anteil von 35 % mittelmäßig Interessierter und 20 % von Begeisterten, eine andere Zusammensetzung als im Herbst. Im Frühjahr verteilten sich

176 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder die Antworten ausgeglichener und zeigten eine leichte Tendenz zum durchschnittlichen Interesse. Der χ2-Test (p = 0,017) wies bei einem Signifikanzniveau von 5 % darauf hin, dass sich die Jahreszeiten in Hinblick auf das Interesse an Niederwäldern signifikant unterscheiden.

100% 90% großes Interesse

80% mittelgroßes Interesse 70% kleines Interesse 60% kein Urteil 50% 40% 30% 20% 10% 0% Frühjahr Sommer Herbst

Abb. 58: Interesse an Niederwäldern nach Jahreszeit

Frage 14: Wie wichtig finden Sie es, die Menschen auf den Stellenwert der Nieder- wälder zu verweisen?

Der Begriff „Niederwald“ ist für die Mehrheit der Befragten ein unbekannter Fachaus- druck, worunter sie meistens einen Wald verstehen, indem die Bäume aus irgendeinem Grund „klein“ gewachsen sind. Dahingegen hatten einige ältere Interviewte noch Erinne- rungen darüber, dass die Niederwaldwirtschaft früher in der Region eine übliche und nicht zuletzt großflächig angewandte Waldnutzungsform war. Da es sich hierbei um eine offene Frage handelte, formulierten die Interviewten ihre Antworten selbst. Diese konn- ten schließlich sechs Aussagen26 zugeordnet werden, denn es war nicht gleichgültig, ob jemand in jeder Hinsicht damit einverstanden war oder nur teilweise. Im Ganzen gese- hen waren die Interviewten der Meinung, dass die Menschen im Fall einer Wiederbele- bung dieser Waldbewirtschaftungsform sehr wohl informiert werden sollen. Insgesamt wollen 93 % der Befragten mehr über die Niederwälder informiert werden. Es ließ sich kein bemerkenswerter Unterschied bei der Verteilung der Antworten zwischen den Gruppen feststellen. Die einzige Ausnahme stellte der Aspekt „Alter“ dar, denn die jüngs- te befragte Generation hielt das Informieren der Menschen über den Stellenwert der Niederwälder für weitaus weniger wichtig als die Befragten ab 31 Jahre. 67 % waren der Meinung, dass die Aufklärung nicht so wichtig sei. Im Gegensatz dazu fanden 96 % der 31-50 Jährigen bzw. 95 % der über 50-Jährigen die Aufklärung über die Niederwäl- der wichtig. Der χ2-Test ergab hierzu einen höchst signifikanten Unterschied (p = 0,001

26 Die sechs Kategorien waren folgende: „wichtig“, „beschränkt wichtig“, „wichtig für eine bestimmte Zielgruppe“, „schwer zu sagen“, „nicht wichtig“ und „keine Meinung“.

177 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder bei α = 5 %). Das heißt, dass die jüngsten Befragten das Informieren auch statistisch be- wiesen für weniger wichtig halten.

Frage 15: Wenn diese Wälder in ein touristisches Konzept eingebunden wären (z.B. Informationstafel, Lehrpfad, Freilichtmuseum), wäre das für Sie ein Grund einen solchen Ort aufsuchen?

Mit der letzten Frage wurde versucht herauszufinden, ob die Niederwälder überhaupt über eine solche Anziehungskraft verfügen, dass sie das Interesse der Touristen wecken kann. Um dies zu prüfen, bekamen alle Interviewten während der Befragung konsequent die gleichen Informationen über die Niederwälder bzw. das Projekt, wobei der Schwer- punkt der Erklärung auf den kulturhistorischen, naturschutzfachlichen und wirtschaftli- chen Werten lag. Die Befragten sollten beurteilen, ob das Thema aus touristischer Sicht interessant sei. Dazu reichte ein „ja“ oder „nein“ nicht, weil solche Aussagen den Erfolg einer neuen Konzeption mit Niederwäldern nicht garantieren können. Daher sollten sie an dieser Stelle einschätzen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie einen Nieder- waldort als touristisches Ziel aufsuchen. Wenn vorher nicht separat nachgefragt geworden wäre, als wie wichtig die Aufklärung über Niederwälder angesehen wird, wäre bei dieser Frage die Gefahr zu groß gewesen, dass die Befragten ihren Fokus statt auf die touristische Nutzbarkeit nur auf die Aufklä- rung gelegt hätten. Doch mit der zweistufigen Fragestellung ist es schließlich gelungen, dass die Befragten ihre Meinung über das Thema bereits bei der vorherigen Frage äu- ßern konnten, ohne dass sie die Wichtigkeit der Aufklärung mit dem touristischen Po- tenzial verwechseln hätten können. Um das letztere messen zu können, sollten sie an dieser Stelle einschätzen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie einen Niederwal- dort als touristisches Ziel aufsuchen. Die Befragten mussten ihre Antworten anhand ei- ner fünfstufigen Skala (nein / eher nicht / vielleicht / wahrscheinlich schon / auf jeden Fall) einschätzen.

80%

70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0% wahrscheinlich schon / auf vielleicht nein / eher nicht jeden Fall

Abb. 59: Einen Niederwald aus touristischem Zweck aufsuchen

178 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

In der ersten Runde wurde die Analyse mit allen fünf Antwortmöglichkeiten durchge- führt, später wurden diese auf drei Kategorien reduziert, um einen klareren Blick über die Ansichten der Befragten erhalten zu können (Abb. 59). Dies geschah mit der Bünde- lung von „nein“ und „eher nicht“ bzw. von „wahrscheinlich schon“ und „auf jeden Fall“. Somit entstanden innerhalb der Interviewten drei Gruppen: eine, die mit der touristi- schen Nutzung der Niederwälder einverstanden war; eine zweite, die unentschlossen blieb und eine dritte, die dagegen war. In Bezug auf das Geschlecht und den Wohnort konnte bei der Antwortgabe keine eindeutige Tendenz beobachtet werden. Die Waldbesuchsfrequenz hatte eine Auswirkung auf die Meinungen, allerdings ließen sich hierbei interessanterweise statt der vier Gruppen praktisch nur zwei voneinander abgrenzen: erstens die Personen, die max. dreimal im Monat einen Wald besuchen und zweitens die, die ihn mehr als dreimal monatlich aufsuchen. Die letzteren stimmten ein- deutig mehr für das Konzept. Zusammengefasst ließ sich also feststellen, dass ob den Befragten das Konzept gefällt, u.a. auch damit in Zusammenhang gebracht werden kann, wie oft sie einen Wald besuchen. Es gab dabei große Abweichungen zwischen den Nennungen der unterschiedlichen Ge- nerationen. Die Befragten der Altersgruppen bis 50 Jahre äußerten nahezu die gleiche Meinung über die touristische Nutzungsmöglichkeit der Niederwälder, doch im Kreis der über 50-Jährigen veränderten sich die Ansichten der Befragten schlagartig. Die jün- geren zeigten in signifikantem Maße weniger Interesse als die älteren Interviewten. Die p-Werte des χ2-Tests erreichten bei den fünf Antwortmöglichkeiten einen Wert von 0,008 und bei den drei Antwortmöglichkeiten einen Wert von 0,002 (bei α = 0,05). Der Bildungsabschluss schien ebenso einen beträchtlichen Einfluss auf die Einstellung zu haben. Die Befragten mit Hauptschulabschluss räumten den Niederwäldern ähnliche touristische Potenziale ein wie die Personen mit mittlerer Reife. 85 % bzw. 83 % von ihnen würden einen Niederwald auf jeden Fall oder wahrscheinlich aufsuchen, wenn dieser in ein touristisches Konzept eingebunden wäre. Die Hochschulabsolventen zeig- ten die geringste Absicht, die Niederwälder aus einem touristischen Zweck aufzusuchen (27 %) und der Anteil dieser, die es machen würden, war hier am geringsten (63 %). Die Personen mit Abitur waren ähnlicher Meinung wie die mit Hochschulabschluss. Die Dif- ferenzen zwischen den Personen mit verschiedenen Bildungsniveaus waren zwar be- achtlich, trotzdem wichen die Werte statistisch voneinander nicht signifikant ab. In gleicher Weise wie bereits in zwei anderen Fällen (s.o.), ließ sich unübersehbar eine Parallelität zwischen den Antworten und den unterschiedlichen Jahreszeiten ermitteln, obwohl dies auf den ersten Blick nicht zu erwarten gewesen wäre. Erneut zeichneten sich die im Herbst Interviewten durch ihr großes Interesse im Vergleich zu den im Früh- ling und Sommer Befragten aus. Denn 86 % würden einen Niederwaldort im Rahmen eines Freizeitprogrammes aufsuchen und nur 4 % schlossen dies aus. Dagegen hatte jeder vierte Interviewte (25 %) im Sommer ein sehr kleines oder gar kein Interesse, un- sicher zeigten sich 20 % und der Anteil der besonders Interessierten erreichte nur 55 %. Die Stellungnahme der im Frühjahr Befragten in Hinsicht auf das Konzept war zustim- mender als im Sommer, aber nicht annähernd so gut wie im Herbst. Der χ2-Test verwies differenziert nach der Jahreszeit in beiden Fällen auf einen signifikanten statistischen Unterschied, denn die p-Werte betrugen bei den fünf Antwortmöglichkeiten 0,005 und bei den drei Antwortmöglichkeiten 0,01 (bei α = 0,05).

179 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6.4.2 Auswertung der Passantenbefragung im Mattheiser-Wald bei Trier

Zur Befragung in Trier wurde im Vergleich zur Burg Thurant ein anderer Fragebogen verwendet, da es sich hierbei um einen Mittelwaldbestand handelte (Abb. 60). Außer- dem konnten dort nur 26 Personen befragt werden, deren Aussagen für die Erstellung eines repräsentativen Meinungsbildes der Trierer über die Mittelwälder mit Sicherheit nicht ausreicht.

Abb. 60: Befragungsort im Mattheiser-Wald. Auf dem Bild sind die Mittelwaldstrukturen gut zu erkennen: das Unterholz wurde entnommen, während einige Überhälter im Bestand geblieben sind. (Foto: M. Schneider)

Dennoch ließen sich die Ergebnisse bei drei Fragen beider Befragungsorte miteinander vergleichen bzw. ergänzen, da es sich hierbei um die gleichen Fragen handelte. Diese bezogen sich erstens auf die Idee der kleinflächigen Abholzung zum Zweck der Brenn- holzgewinnung, zweitens auf die Einstellung gegenüber der Wiederbelebung einer ehe- maligen Waldnutzungsform, um eine Tradition zu erhalten, und drittens auf das Nie- derwaldkonzept. Die „Trierer“ waren mit der kleinflächigen Abholzung für die Brenn- holzerzeugung eindeutig mehr einverstanden als die Touristen an der Burg. Denn 88 % der Befragten im Mattheiser-Wald fanden diesen Leitgedanken gut, während nur ein Befragter (4 %) klar dagegen war und zwei (8 %) darüber keine Meinung äußern konn- ten. Die Nachhaltigkeitsaspekte wie, dass beispielsweise in der modernen Waldwirt- schaft nur die kleinflächige Nutzung tragbar sei oder dass das Nachwachsen der Bäume eine wichtige Voraussetzung sein soll, nannten 35 % der Befragten. Zwei Befragte (8 %) machten sich sogar auch über den Bodenschutz Gedanken und könnten sich den klein- flächigen Hieb nur vorstellen, wenn sich der Einsatz ohne große Maschinen ausführen lässt. Bei der Wiederbelebung einer alten Waldnutzungsform teilten sich die Meinungen in Trier ebenso wie an der Mosel. Der Anteil derer, die sich unsicher waren, betrug 23 %, was wiederum auf den Ausdruck „Tradition“ zurückgeführt werden konnte (s.o.). Die

180 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Idee wurde von 7 % abgelehnt und von 69 % befürwortet. Die Beurteilung des Nieder- waldkonzeptes zeigte sich an beiden Befragungsorten ähnlich, denn 88 % der Trierer fanden das Projekt beeindruckend, wobei es auf der Burg Thurant 91 % waren. Es ließ sich somit feststellen, dass zwischen den Aussagen beider Befragungsstellen keine nen- nenswerten Unterschiede aufgespürt werden konnten.

181 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6.4.3 Auswertung der Expertengespräche

6.4.3.1 Das Kategoriensystem

Der Zweck der tiefgründigen qualitativen Inhaltsanalyse der Expertengespräche war es, die touristisch nutzbaren Potenziale der Niederwälder zu entdecken. Während der Ana- lyse wurden insgesamt 1.206 Stellen in den Interviews mit Kodes versehen. Die Anzahl der markierten Passagen schwankte in den Interviews jeweils zwischen 73 und 287. Den Gesprächen mit den zwei Förstern konnten mit 360 Kodes die größte Anzahl von Markierungen zugeordnet werden. An der zweiten Stelle folgten die Naturschutzrefe- renten (310 Kodes), an der dritten die Bürgermeister (291 Kodes) und an der vierten die Entscheidungsträger von Tourimusbüros (245 Kodes). Die Kodes wurden 96 Subkategorien sowie sechs Überkategorien (syn. Hauptkatego- rien) zugeordnet (Abb. 61 bzw. siehe Anhang).

Abb. 61. Übersicht über die induktiv erstellten Hauptkategorien, wonach die Ergebnisse der qua- litativen Inhaltsanalyse dargestellt werden

Zu der ersten Überkategorie „Stellenwert des Tourismus“ gehören Unterkategorien wie z.B. „Tourismus als wichtiger Wirtschaftsfaktor“, „Tourismusstrategie“, „Ökotourismus“, „Kultur“ oder „Weinberg“. Zur zweiten Überkategorie „Anforderungen gegenüber einem neuen touristischen Konzept“ wurden Subkategorien wie „Qualität“, „Marketing“ und „Infotafel“ zugeordnet. Die Darstellung der Ergebnisse basiert auf den induktiv festgelegten Hauptkategorien. Demnach wird im ersten Abschnitt ein grober Überblick über den touristischen Stellen- wert des Untersuchungsraums gegeben (Kap. 6.4.3.2). Es wird dabei vorgestellt, wo die

182 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Schwerpunkte des regionalen Tourismus liegen und welche Aspekte zur Unverwechsel- barkeit des Rhein-Mosel-Gebietes beitragen. Danach werden die Expertenmeinungen über den neuen aufkommenden Trend, den nachhaltigen Tourismus, behandelt. Um die Niederwälder in die örtliche Fremdenverkehrsstrategie einbinden zu können, sollen neue touristische Pläne ausgearbeitet werden. Hierzu werden die fünf wichtigsten An- forderungen zur Erstellung eines neuen Konzeptes dargestellt (Kap. 6.4.3.3). Unter den touristischen Aktivitäten verfügen das Wandern, das Radfahren und die Exkursionen über wichtiges Potenzial, woraus das neue Konzept mit Niederwäldern auch profitieren kann. Daher wurden diese Themen separat vorgestellt (Kap. 6.4.3.4). Wenn die Men- schen mit bisher unbekannten Sachen konfrontiert werden, spielt die Informationsver- mittlung eine prioritäre Rolle. Denn der Mensch verfügt immer über das Grundbedürfnis gut informiert zu sein. Aufgrund dessen wurden die Expertenaussagen über das Thema „Bildung und Aufklärung“ gesondert dargestellt (Kap. 6.4.3.5). Das fünfte Teilkapitel be- schäftigt sich mit der menschlichen Wahrnehmung (Kap. 6.4.3.6). An erster Stelle wird überprüft, welchen Eindruck die typische Mosel- und Mittelrheinlandschaft beim Be- trachter hinterlässt. Nachfolgend stehen kleinere Landschaftseinheiten wie z.B. Wälder, Weinbauflächen oder Kahlschläge im Fokus. Im Wald finden zahlreiche Naturprozesse statt, die mit einem hohen ästhetischen Reiz belegt sind (z.B. Laubverfärbung). Hierzu haben die Befragten ihre Einstellungen ebenfalls geäußert. Zuletzt werden die Meinun- gen zum Niederwald und deren touristische Nutzungsmöglichkeit präsentiert (Kap. 6.4.3.7).

6.4.3.2 Hauptkategorie 1: Der Stellenwert des Tourismus der untersuchten Region

Die Experten berichteten darüber, dass der Tourismus eine übergeordnete Rolle in Rheinland-Pfalz spiele. Das Obere Mittelrheintal sowie das Moseltal würden mit ihren romantischen Kurven und steilen Hängen zu den meistbesuchten Regionen Deutsch- lands gehören. Der Tourismus gelte vor Ort als wichtiger Wirtschaftsfaktor, biete viele Arbeitsplätze und fungiere als indirekte Einnahmequelle für die Gemeinden. Dieser hohe Stellenwert des Fremdenverkehrs wurde von allen Befragten bestätigt. Das beeindruckende kulturhistorische Erbe und die fabelhafte Hügellandschaft mit schmalen, canyonartigen Flusstälern, steil aufragenden Felsen, ausgedehnten Rebflä- chen und bewaldeten Hängen, als auch zugleich die Burgen und Ruinen würden von ei- nem abenteuerlichen, romantischen Ambiente zeugen und der Region eine unverwech- selbare Eigenart verleihen. Es gebe eine breite Palette an gewöhnlichen touristischen Angeboten, die überall in Rheinland-Pfalz aufzufinden seien. Aber das Zusammenspiel aller wichtigen Themenbereiche stelle eine Besonderheit im Untersuchungsraum dar:

„Also all das, was die Tourismusstrategie von Rheinland-Pfalz vorgibt: Weinbau, Radfah- ren, Wandern, die Themen Gesundheit und Kultur, diese fünf Begriffe finden Sie komplett an der Mosel. Wir liegen voll im Trend in dem, was die Politik uns vorgibt.“ (Gespräch 4)

Rheinland-Pfalz verfüge über viele wertvolle, kulturhistorische Ereignisse. Dazu würden die zahlreichen archäologischen Funde aus der keltisch-römischen Zeit gehören, sowie über 500 Burgen, Festungen und Schlösser. Das UNESCO Weltkulturerbe Oberes Mittel- rheintal zähle auch zu den Besonderheiten des Landes. Im Laufe der Zeit habe der welt- bekannte Loreley-Felsen mehrere Künstler, Dichter und Maler angeregt. Die römischen Ausgrabungen, alte Tempelanlagen und Villen seien keine Seltenheiten in der Region. Eine einzigartige Erbschaft aus den antiken Zeiten würden die Archäologieparks Belgi-

183 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder num und Martberg dem breiten Publikum vorstellen. Es gebe sogar eine grenzüber- schreitende Initiative, die sich die „Straßen der Römer“ nenne. Hierzu seien über 120 römische Sehenswürdigkeiten und Ausgrabungen aus dem Saarland, Luxemburg und Rheinland-Pfalz zusammengeschlossen worden, um die Befunde für die Touristen er- lebbar zu machen. Die berühmteste Burganlage der Region sei die Burg Eltz. Sie zähle nicht nur zu den schönsten Burgen in Deutschland, sondern verfüge ferner auch über einen international anerkannten Ruf. Neben diesem wertvollen kulturhistorischen Erbe spiele der Weinbau die allergrößte Rolle an der Mosel und verfüge über die populärste Anziehungskraft.

„Wir sind eine Wein-Kulturlandschaft. … Wir haben 9.000 ha Weinanbau. Das ist das fünftgrößte in Deutschland und wir sind das älteste Weinbaugebiet in Deutschland. … Was die Gäste betrifft, die suchen natürlich die Kultur und den Weinanbau hier.“ (Gespräch 2)

Im Oberen Mittelrheintal habe der Weinbau zwar auch eine große Bedeutung, aber eine nicht annähernd so große wie an der Mosel. Der Weinanbau sei dort fast „zusammenge- brochen und teilweise sehr zerstört in seiner Struktur“ (Gespräch 4). Der Grund dafür sei, dass der Weinbau am Rhein durch die ausgeprägte Wettbewerbssituation der letzten Jahrzehnte viel stärker zurückgegangen sei. Die Rebstöcke an der Mosel könnten auf- grund der steilen Lage nur mit Hand gepflegt werden, weshalb der Wein teurer verkauft werden müsse. Überdies würden die Winzer ihre Produkte an der Mosel hauptsächlich in Flaschen vermarkten, so dass sie mit den Weinen aus Fässern aus der Pfalz oder Rheinhessen nicht konkurrieren müssten. Während der Wein an der Mosel den größten Reiz auslöse, stelle die größte Attraktivität im Oberen Mittelrheintal die Wechselwir- kung von der einzigartigen Landschaft und der kulturhistorische Bedeutung des Gebie- tes, die sog. „Rheinromantik“, dar. Zu den wichtigsten Aufenthaltsmotiven im Mittel- rheintal zählen laut einem Befragten folgende Themenbereiche:

„… aktivitätsorientierter Tourismus ist bei uns ein Thema, Rhein-Wandern über den Rheinsteig, den Rhein-Burgenweg oder Besichtigungs-Kulturtourismus zusammen mit un- seren Burgen, mit unseren Altstädten. Das sind wirklich Themen, die hören wir wiederholt bei den Antworten von Gästen.“ (Gespräch 6)

Über die Bedeutung vom Wald als touristischer Zielort teilen sich die Meinungen. Einige schätzen ihn wichtiger ein als andere. Aber es ist deutlich, dass der Wald in beiden Regi- onen weit hinter dem Weinbau folgt:

„Wir sind keine Waldlandschaft, also Waldlandschaft wie der Schwarzwald, der Bayeri- scher Wald. Da steht der Wald im Vordergrund, bei uns war der Wald bisher eher die grüne Kulisse für diese Weinregion. Wir haben eine relativ enge Verflechtung zwischen Wald und Wein. … Der Wein löst im Prinzip die höchste Affinität auf die Besucher aus.“ (Gespräch 4)

„Alle touristischen Angebote zielen letztendlich auf den Weinanbau. Also sei es jetzt Wein trinken oder sei es jetzt einfach nur die Weinlandschaft zu genießen, durch die Weinland- schaft zu wandern oder zu radeln. … Weinlandschaft zu erleben ist das Hauptmotiv für einen Urlaub an der Mosel.“ (Gespräch 2)

184 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Welchen Stellenwert der Wald tatsächlich besitzt, wurde wie folgt formuliert:

„Der Moselraum ist von der Wahrnehmung immer mit Weinbau verbunden. Der Wald ist hier die grüne Kulisse. … Im Sommer ist es in Tälern so heiß, dass der Wald viel interes- santer ist, wenn er Schatten bietet. Da kann man im Wald bei 30 Grad noch spazieren und das angenehm finden. Wenn ich durch den steilen Weinberg kraxle, dann gehe ich fast ka- putt, weil es zu heiß ist, weil wir (ein) mediterranes Klima haben.“ (Gespräch 4)

„Der Wald ist ein wichtiges Naherholungsgebiet für unsere Region, ein wichtiges Gebiet für den Wandertourismus dahin gehend, dass die Wälder bei uns besonders sind. … Neben den natürlichen, ökologischen und forstlichen Bedeutungen hat er für uns eine gewisse Be- deutung, (beim) aktivitätsorientierten Tourismus, aber auch so als eine Art Rekreationsflä- che zur Erholung, die Luft zu genießen... … Also ich denke, wie ich schon sagte, (er bedeu- tet eine) Abwechslung zum turbulenten, interessanten, abwechslungsreichen Tal. Die Wäl- der, wenn sie jetzt nicht monotone Nadelwälder sind  aber wir haben verstärkt Laubwäl- der in unserer Region  bieten dort eine interessante Abwechslung für die Gäste und von daher ist er eine wunderbare Ergänzung.“ (Gespräch 6)

Für den Besuch des Waldes gebe es mehrere Gründe: „spazieren gehen um sich zu erho- len“ stelle das wichtigste Motiv dar, ansonsten würden viele Sport treiben (z.B. joggen, Rad fahren, wandern) oder mit ihrem Hund Gassi im Wald gehen. Viele Menschen ver- bänden mit bewaldeten Orten die Ruhe und Stille, wo man sich von dem täglichen Stress erholen und entspannen könne. In den Städten gebe es Mangel an grünen Flächen, wodurch die Erholungsfunktion des Waldes in der Stadtnähe als noch wichtiger einge- schätzt würde:

„Es gibt viele Leute, die mit ihren Kindern oder auch alleine im Wald Erholung suchen. … Für eine große Stadt wie z.B. Koblenz ist es wichtig, dass die Wälder um die Stadt am meis- ten besucht sind.“ (Gespräch 8)

Der Wunsch nach Natürlichkeit präge die heutigen Zielvorstellungen in der Tourismus- branche. Der neue Trend komme empor: der nachhaltige Tourismus gewinne immer mehr Interessenten für sich. Die Touristen seien in den letzten Jahren umweltbewusster geworden, würden einen größeren Wert darauf legen, wie sie anreisen, wie sie sich er- nähren. Mit den Themen Natur- und Umweltschutz seien sie auch vertrauter geworden, dank der schnelleren Kommunikationskanäle (Internet, TV) und der Aufklärungsarbei- ten von öffentlichen Einrichtungen. Eine der Fragen hat sich darauf bezogen, ob die ökotouristischen Angebote und der Naturschutz in der untersuchten Region für die Gäs- te wichtig seien. Laut dem ersten Befragten hätten die Touristen generell Interesse an Naturschutz und es gebe immer wieder Nachfrage nach naturschutzorientierten Ange- boten. Allerdings war er der Meinung, dass die Tourismusbüros auf das Thema momen- tan noch „schwierig“ reagieren würden und außerdem die naturschutzorientierten Pro- dukte nicht optimal vermarkten, was die Gäste verunsichert (Gespräch 1). Die eher zag- haften Antworten bestätigen, dass Naturschutz unter touristischen Gesichtspunkten noch keine Priorität besitzt, aber über ungenutzte Potenziale verfügt:

„Der Naturschutz spielt natürlich immer eine Rolle, aber nicht die Hauptrolle. Aber das liegt einfach daran, dass wir einfach so eine alte Kulturlandschaft sind. Wir sind keine Na- turlandschaft. … Ich denke schon, dass die Gäste darauf Wert legen. Also vor allem was

185 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder jetzt z.B. die Anreise betrifft, dass man halt ökologisch anreist, also mit der Bahn oder dass man sich vor Ort mit dem Fahrrad oder halt mit den Bussen fortbewegt und dann gibt es natürlich eine ganze Menge Winzer, die den ökologischen Weinbau betreiben. … ich wür- de sagen, das ist ausbaufähig.“ (Gespräch 2)

„Also ich glaube, dass die Sensibilität in den vergangenen Jahren bei unseren Besuchern im Allgemeinen schon etwas gewachsen ist. Dieses Thema "Naturschutz" wird stark wahrge- nommen. … Also wenn jemand jetzt sagt, der will UNBEDINGT unter Naturschutzge- sichtspunkten Urlaub machen, ich glaube, Teile können wir erfüllen.“ (Gespräch 6)

Im Gegensatz dazu hätten die LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability) ein sehr ausgeprägtes Interesse an Natur- und Umweltschutz. Zu dieser Zielgruppe würden eher die jüngeren Generationen gehören, bei denen die Nachhaltigkeit auch bei ihrer Ur- laubswahl ein zentraler Begriff darstelle. Bei ihrem Konsumverhalten spiele die Regio- nalität eine bedeutende Rolle, außerdem würden sie sich gesund und ökologisch be- wusst ernähren. Sie hätten ein ausgeprägtes Verantwortungsgefühl gegenüber der Um- welt und ihren Mitmenschen. Ein Interviewpartner erzählte folgendes über diese Ziel- gruppe:

„… (Sie) möchten wissen, wie diese Landschaft funktioniert, wovon die Menschen leben und nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in der Vergangenheit. (Sie) möchten, dass ihnen ein Gastgeber entgegentritt, der ihnen auf Augenhöhe begegnet, also der sich auch Gedanken macht um das Wohlergehen seiner Gäste, der sich Gedanken macht um das Pro- gramm und dann sind sie auch bereit, diese Qualität gut zu bezahlen.“ (Gespräch 4)

Nach der Meinung dieses Befragten könne die Region durch die Schaffung spezieller An- gebote für LOHAS im Vergleich zu anderen europäischen Gebieten einen Vorsprung er- zielen, welcher viele wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen würde. Man dürfe nicht vergessen, dass dieser Lebensstil immer mehr Unterstützer für sich gewinne. Die zwei Touristiker waren dagegen in Bezug auf dieses Thema eher skeptisch. Nach ihrer Meinung sei die Mehrheit der Gäste in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation preisempfindlicher geworden und sei nur dann bereit mehr Geld für die ökologischen Produkte auszugeben, wenn dahinter ein Mehrwert stecke. Das heißt, dass der ökologi- sche Gedanke zwar weitgehend verbreitet sei und über einen wichtigeren Stellenwert verfüge, aber die finanzielle Lage der Konsumenten eingeschränkt sei. Zusätzlich verste- he jeder Mensch unter dem Begriff „Naturschutz“ oder „Umweltbewusstsein“ etwas an- deres, was schließlich dazu führe, dass die täglichen Handlungen mit unterschiedlichen Konsequenzen oder Beschränkungen verbunden seien. Für manche, wie z.B. die LOHAS, sei das „Umweltbewusstsein“ ein Lebensstil, weshalb der ökologische Aspekt auf alle ihrer ordinären Taten eine Auswirkung habe, während er bei anderen z.B. nur die Er- nährung betreffe, aber die Verkehrsmittelwahl nicht. Über das Zusammenspiel von Naturschutz und Tourismus denkt ein Touristiker folgen- des:

„… Ich habe in meiner Arbeit nicht das Gefühl, dass der Naturschutz vordergründig ist. Man macht einen Radurlaub oder einen Wanderurlaub, die sind ja auch irgendwo ökolo- gisch oder gut für die Natur. Wenn man z.B. mit der Bahn anreist und dann wandert mit Gepäcktransfer oder so, das ist ja auch eine Art von Naturschutz. … Aber so, dass das jetzt

186 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder das große Marketingkonzept "Naturschutz" wäre, würde ich jetzt mit nein beantworten.“ (Gespräch 2)

Überdies sei die Mobilität ein prioritäres Thema im Urlaub, so dass man spontan und unverbindlich, ohne große Planungen überall hinkomme:

„Es klingt natürlich schön, dass man sagen kann, man tut auch was für die Natur oder es ist ökologisch gut, aber ich glaube, dass das Thema Mobilität immer noch ein bisschen höher steht.“ (Gespräch 2)

Trotz solcher Schwierigkeiten habe der Ökotourismus Potenziale, auf denen in der na- hen Zukunft neue Konzepte gebaut werden müssten. Die Reiseindustrie entwickle fort- schrittliche grüne Initiativen und die Regierungen würden ihre Politik zur Förderung des nachhaltigen Tourismus erneuern. Die touristischen Entscheidungsträger würden sich demnächst mehr für die Berücksichtigung der ökologischen Aspekte bei den neuen Plänen einsetzen:

„Man muss wissen, dass das Mittelrheintal eines der älteren Naturschutzgebiete ist. Wir würden einen riesen Fehler machen, wenn wir den Naturschutz nicht entsprechend berück- sichtigen mögen.“ (Gespräch 6)

Zusammengefasst kann also festgestellt werden, dass der Tourismus ein sehr wichtiges Standbein der Region sei. Nicht nur die naturräumlichen Gegebenheiten, sondern auch die Geschichte, die Weinkultur sowie seit 2002 die Anerkennung des Oberen Mittel- rheintals als UNESCO-Weltkulturerbe trügen zur Beliebtheit des Mosel-Rhein-Gebietes unter den Touristen bei. Neben der Erfüllung der konventionellen Ansprüche von Gäs- ten würden die Entscheidungs- und Leistungsträger der Tourismusindustrie dem Ökotourismus eine immer größere Beachtung schenken. Dementsprechend müsse künf- tig vor dem Treffen neuer Entscheidungen mehr Rücksicht auf die Nachhaltigkeit ge- nommen werden.

6.4.3.3 Hauptkategorie 2: Entwicklung eines neuen touristischen Konzeptes

Bevor eine neuartige touristische Konzeption ins Leben gerufen wird, solle sie aus un- terschiedlichen Betrachtungsweisen überprüft werden. An erster Stelle müsse festge- stellt werden, wonach noch Bedarf seitens der Touristen bestehe. Denn das neue Kon- zept müsse eine gewisse Originalität aufweisen, möglichst eine Lücke bei der Nachfrage schließen. Der gegenwärtige Stellenwert und das Wachstumspotenzial vom Fremden- verkehr wurden bereits dargestellt. Diese würden als Ausgangspunkt bei der Planung fungieren. Die Wirtschaftlichkeit spiele vermutlich den erheblichsten Einfluss bei der Verwirklichung eines neuen Vorhabens, zusätzlich müsse das Augenmerk immer mehr auf die steigenden qualitativen Ansprüche gerichtet werden. Im Folgenden werden die fünf wichtigsten Anforderungen gegenüber einem neuen Kon- zept dargestellt, welche aus den Interviews abgeleitet werden konnten.

187 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit der Kooperation

Der Tourismus sei zwar ein sehr relevanter Wirtschaftszweig in der Region, aber nur wenige könnten hauptberuflich vom Anbieten touristischer Dienstleistungen eine Exis- tenz gründen. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass es sich als riskant erweise, zuverlässi- ge Prognosen über den Tourismusmarkt zu liefern. Die Besucherzahlen könnten je nach Witterungsverhältnissen und der allgemeinen Wirtschaftssituation sehr stark schwan- ken. Doch eine Erwerbstätigkeit im Fremdenverkehr könne als Nebenbeschäftigung be- trieben werden. Diese habe den Vorteil, dass der Lebensunterhalt nicht direkt vom Ur- laubsreiseverkehr abhänge und die Saisonalität in Betracht gezogen würde, doch der Verdienst in guten Jahren als zusätzliche Einnahmequelle fungieren könne. Typische Formen des Nebenerwerbs in der Region seien das Vermieten von Wohnungen, Frem- denzimmern oder das Betreiben eines gastronomischen Betriebs. Daraus würden auch die Gemeinden durch indirekte Einnahmen aus Steuern profitieren. Nach der Meinung zweier Befragter sei der Wettbewerb unter den Anbietern enorm, aber auch unter den Weinkulturlandschaften in Europa. Dies müsse man berücksichti- gen, wenn man einen neuen touristischen Plan entwickelt. Die Investoren könne die Un- sicherheit abschrecken, welche dazu führen könne, dass ein neues Konzept gar nicht ausgeführt würde.

„Die Konkurrenz ist natürlich groß. … Mittelgebirge gibt´s in Europa eine ganze Menge. … und Wein gibt´s in Europa auch genug. Und Flüsse und alles Mögliche und Kultur... Also wirklich, dass man vom Tourismus leben kann, das wird eher schwierig.“ (Gespräch 5)

„Deshalb muss man sehr vorsichtig da dran gehen, wenn man Geld investiert und wenn Existenzen dranhängen. … da würden wir schon ganz gerne eine Gastronomie installie- ren, aber was wirst du machen, wenn die 2 Jahre gut leben kann und dann fällt das zu- sammen. So ist das, da hat man auch Verantwortung.“ (Gespräch 8)

Es gebe laut einem Befragten zwei Möglichkeiten zum Reduzieren der Investitionskos- ten: entweder müsse man für das neue Konzept die „vorhandene Infrastruktur“ verwen- den oder die unterschiedlichen Akteure müssten in Kooperation arbeiten (Gespräch 5). Das Letzte finde heute nur selten statt, obwohl die Mehrheit der Befragten eine gemein- same Arbeit als vorteilhaft einschätze. Nach Aussage eines Befragten könne die man- gelnde Bereitschaft an einem Zusammenschluss auch darin begründet sein, dass die Be- völkerung sehr heterogen sei. Er weist beispielsweise darauf hin, dass sich an der Mosel drei verschiedene Mentalitäten (Hunsrücker, Mosellaner, Eifelaner) träfen, die primär historisch bedingt, aber auch heute nicht miteinander kooperieren könnten. Anderer- seits seien die Dörfer „multikulturell“ geworden, was bedeute, dass unterschiedliche Na- tionalitäten nebeneinander leben würden, die zu der historischen Landschaft keinen Bezug mehr hätten und auch kein Interesse daran zeigen würden, diesen besonderen kulturellen Wert zu bewahren (Gespräch 5). Auch der demographische Wandel und die damit zusammenhängenden Änderungen in der Lebensform würden progressive Hin- dernisse in der langfristigen Zusammenarbeit verursachen. Die Menschen seien immer mobiler und nicht mehr an den Heimatsort gebunden, wodurch sie sich nicht mehr für die Erhaltung der traditionellen Werte verantwortlich fühlen würden. Die Normen, die ehemaligen Gebräuche und Sitten, die Autorität der einzigartigen Geschichte von der Region verlören immer mehr von ihrer Wertschätzung.

188 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Solche Aspekte würden große Probleme und Herausforderungen darstellen, weil man in der Tourismusindustrie auf die Gemeinschaftsarbeit nicht verzichten könne. Die beste Form der Kooperation wäre es, eine konforme Dachmarke zu entwickeln. Das Problem ergebe sich im Moment daraus, dass jeder auch unter einer Dachmarke „nur für sich“ arbeiten würde, obwohl der Tourist die physischen Grenzen von Gemeinden bei der Ge- staltung des Urlaubs gar nicht wahrnehme (Gespräch 4). Daher müssten grenzüber- schreitende Angebote geschaffen werden. Von einem Bürgermeister gab es dazu folgen- de Empfehlung:

„Es ist wichtig sich als Kommune zu engagieren und auch als Netzwerk zu engagieren. … Mein Vorschlag wäre, dass man touristisch mindestens auf der Ebene dieser Teilschritte zusammenarbeitet. … Man muss ein bisschen größer denken. Aber die meisten Kommu- nen denken halt immer nur erst mal an ihre Struktur.“ (Gespräch 4)

Die Erhaltung des einzigartigen Landschaftsbildes der „Rheinromantik“ und die Bewah- rung des wertvollen kulturhistorischen Erbes sei die gemeinsame Zielsetzung der Ge- meinden im Oberen-Mittelrheintal. Ohne die Erfüllung dieser Prämissen könne dem Ge- biet der Welterbe-Titel entzogen werden. Dieser hohe Anspruch könne logischerweise nur durch ein stabiles Zusammenwirken gewährleistet werden. Im Fall des Oberen-Mittelrheintal wurde darüber hinaus über eine Verbesserung der Zusammenarbeit in den letzten Jahren berichtet:

„Das hat sich in den letzten Jahren, wenn ich es so sagen darf, durchaus deutlich verbessert. Also wir denken nicht nur primär in kommunalen Strukturen, Landkreisen, sondern wir verstehen uns als Region, UNESCO-Welterbe-Region, wir verstehen uns als Oberes- Mittelrheintal und dort versuchen wir auf der lokalen touristischen Ebene unsere Beiträge entsprechend zu leisten. Ich möchte sagen, wir haben uns in unserer Gebietswerbung "ro- mantischer Rhein" zusammengeschlossen und sind in verschiedenen Initiativen mit dem Zweckverband engagiert, wo wir uns zusammen mit Vertretern vom Weinbau und von der Stadtentwicklung zusammen tun, um die Landschaft, die Kulturlandschaft zu entwickeln. Und es hat sich deutlich verbessert und ich glaube, da gibt es sicherlich noch das eine oder andere, was man noch verändern kann. Da bin ich eigentlich ganz zuversichtlich, also eine positive Entwicklung hat hier in unserer Region stattgefunden … meiner Einschätzung nach.“ (Gespräch 6)

Originalität und Kommunikation

Ein neuer touristischer Plan sei heutzutage nur dann lebensfähig, wenn er einzigartig sei und etwas Originelles anbieten könne. Die Kommunikation habe dabei eine übergeord- nete Rolle, sie sei das "A und O", denn ein großer Teil des Erfolgs hänge von der Informa- tionsübermittlung ab (Gespräch 6). Bei der derzeitigen Konkurrenzsituation hätten die konventionellen Methoden immer weniger Raum auf dem Tourismusmarkt. Die Men- schen könnten bei naturbezogenen Angeboten mit einer einfachen Informationstafel nicht mehr zufriedengestellt werden. Sie müssten animiert werden.

„Die Qualität ist das wichtigste! Und auch, dass immer was Neues kommt. Wenn man fünf Jahre das Gleiche anbietet …ja... das stumpft dann irgendwo ab. … Man muss dauernd kreativ sein.“ (Gespräch 5)

189 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Das Problem mit den Hinweistafeln lege daran, dass sie in der Regel mit zu viel Text ver- sehen und die Sätze unverständlich (öfters zu wissenschaftlich) formuliert seien, so dass die Laien sie nur schwer oder gar nicht verstehen könnten. Überdies zeige die Praxis, dass es nur wenige Leuten gebe, die diese Tafeln gern läsen. Dadurch wurden die ge- wöhnlichen Informationstafel in ihrer Wirksamkeit von den Befragten eher als mittel- mäßig oder schlecht beurteilt. Außerdem würden die Tafeln durch Vandalismus oft be- schädigt oder vollständig kaputt gemacht und die Instandhaltung sei mit beträchtlichen Kosten verbunden. Die befragten Experten waren sich einig darüber, dass wenn neben der Schautafel auch andere Möglichkeiten zur Informationsvermittlung zur Verfügung stünden (z.B. moder- ne Techniken), könne eine Kombination mit Lehrtafeln durchaus vielversprechend ver- wendet werden. Hierzu wurde erklärt, dass ein kurzer Film überzeugender sei, als die Informationstafeln. Denn die Konzentration der Menschen lasse bereits nach 10 Minu- ten nach, wenn eine monotone Tätigkeit, wie z.B. das Lesen, ausgeübt würde. Alle Inter- viewten waren der Meinung, dass der größte Durchbruch in der Kommunikation mit einer persönlichen Vermittlung erzielt werden könne. Es gebe laut den Befragten zwei Gründe, warum die animierten Veranstaltungen dennoch nicht häufiger eingesetzt wür- den: einerseits wegen den hohen fixen Kosten der Angestellten und der verwendeten Materialen sowie andererseits aufgrund der Saisonalität der touristischen Angebote. Das Personal müsse schließlich unabhängig von der Besucherzahl, Witterungsverhältnissen etc. gezahlt werden. Diese Schwierigkeiten könnten mit dem Einsatz von Informations- tafeln einfach bewältigt werden und immerhin seien sie viel günstiger.

Qualität

Die Qualität sei im Kreis der Konsumenten in den letzten Jahrzehnten nicht nur im All- tagsleben, sondern auch im Tourismus ein immer wichtigerer Begriff geworden. In Ge- spräch 5 wurde folgendes formuliert: „Die Qualität ist das wichtigste!“ Hierbei spiele die Kommunikation erneut eine beachtliche Rolle. Denn die Verbraucher würden sich heut- zutage nicht mehr nur vom Reiseveranstalter beraten lassen, sondern würden im Inter- net gezielt nach Angeboten schauen, die Kritiken durchlesen und Vergleiche anstellen. Mit dem Boom des neuen Mediums sei der Informationsfluss viel schneller geworden und es sei unmöglich sogar kleinere Mängel vor den Augen der Konsumenten zu verber- gen. Dies setze die Unternehmen unter enormen Druck, wodurch die Wettbewerbssitua- tion noch schärfer geworden sei. Es gebe immer höhere Qualitätsansprüche, an die man sich anpassen müsse. Der UNESCO-Welterbe-Titel fordere im Oberen Mittelrheintal durchaus einen hohen Qualitätsstandard und könne nur ausgewählten und unverwechselbaren Städten verlie- hen werden. Deshalb fungiere er wie ein Label und als ein Versprechen für die Beson- derheit bei einem qualitativ hochwertigen Produkt. In der Tourismusindustrie würden zahlreiche Siegel und Zeichen existieren, womit Betriebe und Dienstleistungen zertifi- ziert werden könnten. Diese würden jedoch erst nach der Erfüllung der vorgeschrieben Anforderungen vergeben. Insofern seien sie eine Garantie dafür, dass sie dem zugesi- cherten Qualitätsstandard entsprechen. Die Teilnahme der Betriebe sei freiwillig, doch einem Touristiker nach lohne sich das Erreichen eines Gütesiegels in allen Fällen. Schließlich würden immer mehr Gäste auf die Labels achten und seien teilweise schon bereit, diesen Mehrwert finanziell zu vergüten.

190 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Einem Tourstiker zufolge hätten es die zertifizierten Betriebe bzw. die Kultur- und Weinbotschafter verdient, als „Leuchttürme der Region“ bezeichnet zu werden (Gespräch 2). Demnach sei es das Ziel, dass sich künftig nicht nur die Unterkunftsanbieter zertifi- zieren würden, sondern auch die Handwerksbetriebe und Landwirte, die in irgendeiner Form mit dem Fremdenverkehr verbunden seien und daraus profitieren würden. Hierzu wurden als Bespiel die Winzer erwähnt, die in der Region immer mehr Führungen anbö- ten. Sie würden den Interessenten ihre Weine und Produkte vorstellen und zusätzlich einiges über die Geschichte des Gebietes sowie die standorttypischen Flora und Fauna erzählen. Um die Qualität dieser Führungen sicherzustellen, müssten die Winzer an ei- ner Wanderführer-Ausbildung teilnehmen. Diese würde von der Industrie- und Han- delskammer angeboten, weshalb der Qualitätsstandard der Kurse hoch und der Ab- schluss sehr geschätzt sei. Die kombinierten Exkursionen würden von den Gästen sehr gut angenommen, weil sie dabei direkt etwas über die regionale Kultur und die traditio- nelle Arbeit von Winzern mitbekämen. Somit würden die Kultur- und Weinbotschafter über eine große Anziehungskraft verfügen, die Vermarktung des Untersuchungsraumes fördern und beträchtlich zur Werbung des regionalen Weines beisteuern. Mit solchen gekoppelten Führungen könnten auch andere traditionelle Berufe vorge- stellt werden. Ein Touristiker wies z.B. auf den Niederwald hin. Im Vergleich zu den Weinführungen könnte bei ihm der Ablauf des Programms etwa der Gleiche sein, außer dass die ganze Veranstaltung im Wald stattfinden würde und statt dem Wein die Wald- produkte im Vordergrund stehen würden. Diese Wanderführer könnten somit als „Wald- und Kulturbotschafter“ bezeichnet werden (Gespräch 2).

6.4.3.4 Hauptkategorie 3: Ausgewählte touristische Angebote, welche für die Nieder- wälder von Bedeutung sind

Wandern und Radwandern

Der aktivitätsorientierte Tourismus sei ein wichtiges Thema in Rheinland-Pfalz. Die meistausgeübten mit der Natur verbundenen Aktivitäten seien Wandern und Radfahren. Als Förderschwerpunkte würden beide Tätigkeiten neben der Kultur, dem Weinbau und der Gesundheit über eine Priorität in den touristischen Zielsetzungen des Landes verfü- gen (siehe auch Tourismusstrategie 2015). Der Wald stelle sowohl für die Wanderer, als auch für die Biker ein sehr wichtiges Landschaftselement dar. Rheinland-Pfalz sei mit 42 % ihrer Landesfläche das waldreichste Bundesland in Deutschland und biete somit gute Bedingungen für diese Aktivitäten. Das Wanderwegenetz des Landes sei sehr dicht und es gebe eine breite Auswahl sowohl an Fernwanderwegen als auch an Kurzwanderstrecken. Mit dem Rheinsteig an der Spit- ze würden die rheinland-pfälzischen Wanderwege zu den schönsten Wanderstrecken Deutschlands gehören. Zu den beliebtesten Routen würden derzeit die Themenwander- wege (z.B. Kulturweg Kanonenbahn, Schiefergrubenweg, Lenus-Mars-Weg, Apollowan- derweg etc.) zählen und die neuen Prädikatswanderwege, die gesondert zertifiziert sei- en. Zugleich gebe es neben den Wanderstrecken auch sehr gute Radwege in Rheinland- Pfalz, die in einem Fahrradnetz gebündelt seien. Da die Fahrradnutzung unter den Gäs- ten ein nie zuvor gesehenes Massenverkehrsmittel geworden sei, setze das Land ent- schlossen auf die Erweiterung des Radwegenetzes unter touristischen Aspekten. Doch einer der befragten Bürgermeister bestritt die versprochenen Vorteile im Zusammen-

191 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder hang mit der Ausweitung des Radnetzes, weil die erhofften Erlöse für die kleineren Ge- meinden ausgeblieben seien. Nach seiner Meinung würden die Radfahrer viel mehr Ein- kehrmöglichkeiten brauchen, um Geld vor Ort zu lassen. Da solche nur teilweise vor- handen seien, sei dieser Teil der Infrastruktur noch stark ausbaufähig. Solange hier kei- ne bemerkenswerten Fortschritte erfolgen würden, würden nur die Unterhaltskosten der Fahrradwege bleiben, aber es kämen keine Einnahmen dazu. Laut diesem Befragten wäre es eine Lösung, wenn sog. „Bikergarten“ installiert würden. Wenn die Gemeinden solche Anlagen hätten, würden die Radfahrer ihre täglichen Touren dort gern beenden und das Geld würde somit auch bei den Gemeinden bleiben.

Exkursionen

Neben Wandern und Radwandern würden die geführten Exkursionen zu den beliebtes- ten touristischen Angeboten gehören. Die geleiteten Führungen und Exkursionen seien immer gut besucht. Laut den Experten sei die Nachfrage größer als das Angebot. Diese Führungen seien beliebt, weil der Exkursionsleiter schnell und offen auf die Wünschen der Zuhörerschaft eingehen könne. Die Teilnehmer würden während der ganzen Veran- staltung aktiv mitwirken. Überdies sei das Erlebte mit Führung viel intensiver und blei- be deshalb länger im Gedächtnis. Daher würden diese Veranstaltungen mehr oder weni- ger einen belehrenden Charakter aufweisen. Die geführten Exkursionen würden meistens von Fachleuten durchgeführt, welche in der Regel ehrenamtlich tätig seien. In Naturschutzthemen seien neben den Naturschutz- referenten von öffentlichen Einrichtungen auch die Förster gefragt. Es sei wichtig, dass der Exkursionsführer das Thema der Zuhörerschaft nicht nur gut und verständlich, son- dern auch amüsant näher bringe. Daher reiche das breite Fachwissen nicht, sondern würden von den Exkursionsleitern ebenfalls die Geschicktheit zur aufregenden Modera- tion sowie pädagogische Erfahrung verlangt, damit die Führungen spannend bleiben würden. Solche Events seien zwar mit einem hohen Aufwand verbunden, dennoch könne man für diese nur selten Geld verlangen. Wenn man mit Exkursionen Gewinn mache oder das Ganze kostenneutral gestalten wolle, sei es ganz schwer. Denn laut einem Naturschutz- referent sollten die Kinder unabhängig von der finanziellen Lage der Eltern die Gelegen- heit dazu haben, an solchen Ereignissen teilnehmen zu können. Wenn die Veranstaltung mit etlichen Geräten oder vielen Materialen durchgeführt werden müsste und trotzdem keine Gebühr vorgesehen sei, sei es üblich, die Teilnehmer um Spenden zu bitten. Der Beitrag würde zur Unterhaltung eines Vereins oder für die Erweiterung und Moderni- sierung der Ausrüstung verwendet. Eine andere Art von Themenführungen seien die bereits erwähnten, von den Kultur- und Weinbotschaftern angebotenen Führungen. Solche seien eher für Erwachsene und selten für Familien gedacht und dabei spiele die Bildung eine untergeordnete Rolle (sie- he auch Kap. 6.4.3.5). Es handele sich hierbei vielmehr um das Interesse an Wein, Kultur und Geschichte der Region, die den Teilnehmern anhand einer genussvollen Vorführung dargestellt würden. Diese Exkursionen seien mit einer Weinprobe und/oder einem Ab- schlussmahl verbunden und seien somit kostenpflichtig. Ein Event mit einem kulinari- schen Erlebnis ziehe erfahrungsgemäß mehr Interessenten an. Unter kulinarischem Gesichtspunkt betrachtet, könne man auch grandiose Wanderun- gen organisieren, wie z.B. eine Kräuterwanderung oder Pilzwanderung. Diese würden nicht nur als Werbung für die regionale Küche dienen, sondern auch für den Natur-

192 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder schutz. Damit sei der Aspekt „Schutz durch Nutzung“ gemeint, wobei das Ziel darin be- stehe, die Biodiversität durch eine aktive und nachhaltige Nutzung zu erhalten. Dafür sei es wichtig, den Teilnehmern die heimischen Arten vorzustellen, um diese in der Küche bevorzugt verwenden zu können. Überdies waren sich die Befragten darüber einig, dass das Geld eigentlich mit den gast- ronomischen Angeboten und nicht mit den Führungen verdient würde. Deshalb müsse bei der Planung neuer Wanderwege das Vorhandensein von gastronomischen Einrich- tungen schon im Voraus überprüft werden:

„Wir würden einen großen Fehler machen, wenn wir die Wanderwege allein nur unter dem Aspekt der landschaftlichen Attraktivität betrachten würden. … Wirtschaft spielt sich bei uns im touristischen Bereich ab und in der Gastronomie.“ (Gespräch 6)

Generell böten die geführten Exkursionen, betreuten Events immer etwas Spezielles, womit viele Leute angesprochen werden könnten. Mit einem guten Marketing, dem pas- senden Zeitpunkt und der Zusammenstellung von anspruchsvollen Programmen könnte der Erfolg garantiert werden.

6.4.3.5 Hauptkategorie 4: Bildung und Aufklärung

Heutzutage hätten die Menschen generell mehr Anspruch, gut informiert zu werden. In Folge dessen habe die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in den letzten Jahren einen hö- heren Stellenwert eingenommen und stelle somit bei den öffentlichen Einrichtungen ein ganz wichtiges Thema dar. Die Events, welche in Bezug auf „Naturschutz“ oder „Umwelt“ veranstaltet würden, stünden in der Regel im Dienst der Aufklärung. Um eine effektive Wirkung zu erreichen, sollte die Bildung bereits im Kinderalter stattfinden. Denn es sei bekannt, dass die Entwöhnung schlechter Gewohnheiten und der Sichtwechsel im Er- wachsenenalter viel schwieriger sei, wobei es den Kindern hingegen leichter falle, das Gehörte in ihrem späteren Leben konsequent umzusetzen. Aufgrund der großen Nachfrage nach Umweltbildungsangeboten sei das Kommunikati- onsmanagement selbst bei den Landesforsten ein eigenes Sachgebiet geworden. Der Zweck der Umweltbildung sei es, die Menschen durch die Informationsvermittlung für die Natur- und Umweltschutz zu sensibilisieren und Möglichkeiten zum Mitwirken am Schutz der natürlichen Ressourcen aufzuzeigen. Der Bedarf nach umweltbildnerischen Angeboten sei so groß, dass die Vertreter der Na- tur- und Umweltschutzverbände sowie öffentlichen Einrichtungen der Nachfrage nur noch schwer nachkommen könnten. Gerade deswegen bzw. aufgrund seiner großen Re- levanz als künftiges Handlungsfeld sollte nach der Meinung eines Befragten die Umwelt- bildung nicht mehr nur auf freiwilligen Initiativen basieren, sondern müsste als gesetz- lich vorgeschriebene Aufgabe der öffentlichen Einrichtungen festgelegt werden. Eine ökologische Aufklärung sei nicht nur bei den Kindern nötig. Ein Naturschutzrefe- rent wies auf das Problem hin, dass viele Gemeinden natürliche Ressourcen (z.B. Wäl- der) besäßen und die Entscheidungsträger dennoch öfters keine ökologischen Vor- kenntnisse hätten. Deshalb war er der Meinung, dass nicht nur die Interessenten für den Natur- und Umweltschutz sensibilisiert werden sollten, sondern gezielt auch die politi- schen Verantwortlichen. Die Expertengespräche und die Befragung der Touristen haben ergeben, dass die Auf- klärung auch beim Thema „Niederwald“ eine prioritäre Rolle einnimmt. Denn es stünde ohne Zweifel fest, dass die Niederwaldnutzung mit markanten landschaftsverändernden

193 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Eingriffen verbunden sei, welche ohne eine präventive Aufklärung zu vielen irrtümli- chen Annahmen führen könne. Um diese zu vermeiden, sollte es bei der Wiederbelebung einer großflächigen Niederwaldwirtschaft eine zentrale Aufgabe sein, die Menschen rechtzeitig zu informieren.

6.4.3.6 Hauptkategorie 5: Landschaftswahrnehmung und Ästhetik

Ein Blick auf die typische Mosel- und Rheinlandschaft

Die naturräumliche Vielfalt des Mosel-Rhein-Gebietes, welche von den Betrachtern er- lebt wird, spiegelt sich in ähnlichen Eindrücken der Befragten wieder: die Synergie von Wasser, hügeligen Geländeformen, teilweise mit Wäldern bewachsenen und ausgedehn- ten Weinbauflächen würden die Vorstellungsbilder bestimmen. Der Weinanbau und die Waldwirtschaft seien bereits in der römischen Zeit von beharrlichen landschaftsverän- dernden Eingriffen der Menschen gekennzeichnet gewesen. Demzufolge handele es sich hierbei nicht um eine Naturlandschaft, sondern vielmehr um eine Kulturlandschaft, wel- che einem ständigen Wandel untergezogen sei. Die Präsenz der Menschen und ihre naturverändernden Tätigkeiten seien in der lokalen Landschaft nicht nur toleriert, sondern erfülle die Menschen sogar mit Stolz, wenn es sich um das Erbe der Kelten oder Römer handele. U.a. auf diesem außergewöhnlichen Reichtum an kulturellen Zeugnissen beruhe die Anerkennung des Oberen Mittelrheinta- les als UNESCO-Welterbe. Hierzu sei es das Ziel, die regionalspezifische Eigenart der Kul- turlandschaft zu erhalten. Dies bedeute jedoch nicht die Konservierung der Landschaft, sondern es würde eine sinnvolle Entwicklung unterstützt:

„UNESCO-Welterbe-Gebiet heißt nicht eine sogenannte Käseglocke über die Region zu stül- pen, sondern ganz bewusst die Eigenarten des Besonderen in der Region zu entwickeln. Wir sind als Kulturlandschaft anerkannt. Kultur kommt vom lateinischen "bewohnen", "bebau- en" und das hat immer etwas mit Veränderung zu tun…“ (Gespräch 6)

Dem abwechslungsreichen Landschaftsbild mit Wasser, Weinbergen und Wäldern komme eine ganz hohe Bedeutung zu. Die Vielfältigkeit wurde als landschaftsprägendes Charakteristikum erachtet und als Besonderheit gekennzeichnet:

„Der Reiz im Oberen Mittelrheintal besteht auch in dem Abwechslungsreichtum der Regi- on. … Wir haben ganz bewusst keine Monotonie.“ (Gespräch 6)

Wenn die Natur als Vorstellungsbild beschrieben werden solle, würden vielen zuerst die Bäume und Wälder einfallen. Der grüne Farbton sei die Farbe des Lebens und der Pflan- zen und symbolisiere die Erneuerung. Daher würden grüne Landschaftsbilder in der Regel positive Gefühle bei den Betrachtern auslösen. Obwohl der Wald im Untersu- chungsraum in seiner Bedeutsamkeit als touristisches Ziel hinter dem Wein stehe, stelle er nicht nur die grüne Kulisse dar, sondern habe auch praktische Eigenschaften. Er habe gegenüber den Rebflächen den Vorteil, dass er an heißen Sommertagen Schatten biete. Doch ohne Zweifel stehe fest, dass der allergrößte Reiz im Mosel-Rhein-Gebiet in den Weinbergen liege. Der Weinbau besitze im Untersuchungsraum die Besonderheit, dass die Bewirtschaftung an steilen Hängen nur durch die Gestaltung von Terrassen erfolgen könne. Diese einzigartige Terrassenlandschaft verleihe ihm diese unverwechselbare In-

194 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder dividualität des Gebietes. Die südexponierten Hänge seien immer mit Wein bebaut, wäh- rend an den Nordseiten vor allem Stockausschlagwälder wüchsen. Da der Weinbau im Untersuchungsraum einen vorrangigen Stellenwert aufweise, würde die Nutzungsaufgabe des Weinbaus als großes Problem beurteilt. Einerseits würden die nicht mehr bewirtschafteten Rebflächen (sog. „Drieschen“) als Herde von gefährlichen Rebschädlingen und Rebkrankheiten angesehen, anderseits würden diese auf den Be- trachter ästhetisch ausgesprochen negativ wirken:

„Also das ist einfach ein Landschaftsbild, was der Gast im Kopf hat, seien es jetzt Weinstö- cke oder ein Weingarten und dann so eine Verbuschung... Die werden immer als störend empfunden.“ (Gespräch 2)

Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass die untersuchte Region von einer ho- hen landschaftlichen Vielfalt gekennzeichnet sei. Bei dieser Vielfalt würden die Wein- berge über die größte Relevanz verfügen und würden somit unbestreitbar als wichtigs- tes Element der Landschaft gelten.

Ästhetischer Stellenwert von kleineren Landschaftselementen

Der Wunsch nach Abwechslung sei nicht nur in größeren Räumen, sondern auch bei kleineren Strukturen begehrt. Hierzu gehöre beispielsweise der Wechsel von bewalde- ten Flächen mit freistehenden Bereichen (Felsen, Wiesen, Auflichtungen im Wald), oder auch das Vermeiden von homogenen Waldbeständen. Denn je vielfältiger ein Raum ge- staltet sei, umso interessanter wirke er auf die Betrachter. In der menschlichen Wahr- nehmung sei die Monotonie in der Regel negativ behaftet. Die ausgewählten Beispiele spiegeln die Ansicht der Befragten deutlich wider:

„… Umso lieber, je interessanter und vielfältiger die Strukturen sind. Also nur durch Na- delwald zu laufen ist langweilig, genauso langweilig wie durch einen Buchenwald... … Aber die Vielgestaltigkeit zwischen Eiche, Buche, Hainbuche, Niederwald, Hochwald, Alt- holz, Totholz, Naturverjüngung und auch den offenen Bereichen... Ich bin ein Fan von offe- nen Bereichen. Wald-Wiese gehören dazu oder auch mal Kahlschlag, -schläge.“ (Gespräch 1)

„Wenn man nicht genau weiß, was als nächstes kommt und man immer überrascht wird von einer neuen Situation… Das übt eigentlich den höchsten Reiz auf den Betrachter aus.“ (Gespräch 4)

Alle Befragten waren sich einig darüber, dass kleinere Hiebsflächen von den Menschen in der Regel gut angenommen würden. Der kleinräumige Wechsel zwischen den ver- schiedenen Waldstadien mittels Kleinkahlschlägen könne ästhetisch als reizvoll emp- funden werden. Die Einschläge könnten im Wald als Ausblicke fungieren, welche immer gern gesehen seien und sogar touristisch genutzt werden könnten:

„Kahlschläge müssen jetzt keine 100 ha in einem Stück sein. Außerdem haben wir gerade in unserer von Relief geprägten Landschaft die Chance, dass man halt im Wald einen Blick, ein Fenster machen kann, wodurch man in die Landschaft gucken kann.“ (Gespräch 1)

195 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

„Wo man keinen Aussichtpunkt im Wald hat, ist er wie jeder andere. Ist zwar ein Laub- mischwald, aber er ist nur ein Laubmischwald, der im Sommer stinklangweilig ist, weil da kein Licht an den Boden kommt und die Vielfalt der Flora und der Fauna gering ist.“ (Ge- spräch 5)

Ferner lässt sich aus den Aussagen feststellen, dass die Experten von einer Auflichtung neben den ästhetischen Aspekten auch naturschutzfachliche Vorteile erwarten. Sie wei- sen darauf hin, dass durch den erhöhten Lichteinfall der Artenreichtum der Pflanzen und in diesem Zusammenhang die Anzahl der mit den Pflanzen vergesellschafteten Tierarten ansteige. Es sei jedoch wichtig, dass die Einschläge flächig eingeschränkt blei- ben würden. Die Nutzung dürfe also auf keinen Fall großflächig stattfinden, denn sie würde so als Kahlschlag empfunden und eindeutig schlechter beurteilt. Die großräumi- gen Abholzungen würden immer auffallen und hätten negativen Folgen auf die Land- schaftswahrnehmung. Wenn die Waldbewirtschaftung in einem akzeptablen Rahmen stattfinde, würde sie erfahrungsgemäß nicht kritisch hinterfragt. Es würde von der Mehrheit der Menschen hingenommen, dass der Wald genutzt werden solle. An der Mosel und im Rheintal trügen auch die ehemaligen Niederwälder zum abwechs- lungsreichen Landschaftsbild bei. Vor allem die unterschiedlich alten Waldstadien, der bereits im Frühjahr vorhandene bunte Blütenreichtum und die prachtvolle Laubverfär- bung im Herbst würden den Touristen besonders positiv auffallen. Außerdem kämen in den Niederwäldern im Vergleich zu den Hochwäldern zahlreiche attraktive Tierarten (z.B. Schmetterlinge) vor, die die Blicke des Betrachters besonders anzögen. Wie die Be- fragten die Beziehung zwischen Niederwald und Ästhetik erachten, kann am besten mit folgenden Beispielen gezeigt werden:

„(Der Niederwald) ist ja auch viel bunter, weil da ja ganz andere Pflanzen wachsen und ich denke, das macht schon viel aus. … Wenn ich dann durch so einen frischen Niederwald gehe… das ist ein anderer Anblick. Da sitzen die schönen Schmetterlinge, das zieht auch die Blicke an. Schmetterlinge sind ja immer was Besonderes für das Auge und da bleibt doch jeder stehen und schaut.“ (Gespräch 8)

„Aspekte wie Kleinräumigkeit und Abwechslungsreichtum… diese in der Region aufzugrei- fen. Ich sehe dann auch bei den Niederwäldern Potenziale, welche mit einem hohen ästheti- schen Stellenwert behaftet sind. … Eine ästhetische Gestaltung des Niederwaldes in den verschiedenen Altersstufen wäre ein wichtiges Postulatum.“ (Gespräch 6)

Schließlich waren alle Befragten der Meinung, dass die Vereinheitlichung und die Ver- ringerung der strukturellen Vielfalt in der Landschaft zur Verminderung des Erlebnis- wertes führen würden. Das Schützen der Vielfalt, der Eigenart, der Schönheit und des Erholungswertes der Natur und Landschaft wirke sich nicht nur auf den Naturschutz positiv aus, sondern stelle für den Tourismus auch wichtige Erfordernisse dar.

6.4.3.7 Hauptkategorie 6: Niederwaldbewirtschaftung früher und heute

Historische Niederwaldnutzung

Der Niederwald verfüge über eine lange Geschichte. Es gebe Beweise dafür, dass bereits die Kelten diese Waldnutzungsform praktiziert hätten. Doch vermutlich würden die An- fänge noch weiter zurückreichen. Im Rheintal und an der Mosel hätten schließlich die

196 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Römer die Niederwaldwirtschaft verbreitet. Denn um ihren hohen Holzbedarf decken zu können, hätten sie ihre Eichenwälder andauernd „auf den Stock setzen“ müssen. Sie hät- ten nämlich erhebliche Mengen an Holz gebraucht und nicht nur für die gewöhnlichen Sachen, wie z.B. für Heizen oder Kochen, sondern auch für das tägliche Bad. Später seien die Niederwälder neben der Brennholzgewinnung zu weiteren Zwecken bewirtschaftet worden. Dabei seien hauptsächlich die Eichen gefördert worden, um aus Eichenrindschalen Gerberlohe zu produzieren. Erst zu Ende des 19. Jh., als sich die billi- geren synthetischen Gerbstoffe aus dem Ausland durchgesetzt hätten, habe die Nachfra- ge nach dem teuren organischen Gerbstoff nachgelassen. Des Weiteren sei die Nieder- waldwirtschaft für die Holzkohlegewinnung eingesetzt worden, auf welche Weise die Ausbreitung der Eisenverhüttung beschleunigt worden sei. Im Bergbau seien zum Ab- stützen der Stollen Balken verwendet worden, wozu das Holz ebenfalls aus dem Nie- derwald gewonnen worden sei. Im Rheingebiet habe selbst das Schiffsholz aus den loka- len Eichenwäldern gestammt. Die Römer hätten dabei nicht nur die Verbreitung der Niederwälder angeregt, sondern zur gleichen Zeit auch den Weinbau in der Region ein- geführt. Zum Stützen der Weinrebe habe man Pfähle benötigt, wozu das Holz aus den Niederwäldern entnommen worden sei. Sie seien in der Regel aus Kastanien gefertigt worden. Auch die Weinfässer seien damals aus Niederwaldholz hergestellt worden, be- vorzugt aus Eichen. Anhand dieser Verwendungsbreite des Niederwaldholzes lässt es sich gut vorstellen, dass früher ein enormer Bedarf an Holz existierte. Dementsprechend habe das Land- schaftsbild vor 200 Jahren auch anders ausgesehen als heute. Es sei nicht selten gewe- sen, dass ganze Hänge „auf den Stock gesetzt“ worden seien, wodurch ein wüster Land- schaftseindruck vermittelt worden sei. Die große Wende sei erst mit der Einführung der Eisenbahn als Transportmittel für große Entfernungen gekommen. In dieser Zeit habe die Steinkohle als Energieträger gegenüber dem Holz mehr an Bedeutung gewonnen. Dadurch sei der Niederwaldbetrieb abgelöst und in den heutigen Hochwaldbetrieb ge- mündet.

Gründe zur Wiederbelebung der Niederwaldwirtschaft

Derzeit gebe es kaum aktiv bewirtschaftete Niederwälder und die Mehrheit dieser sei durchgewachsen. Inzwischen sprächen jedoch einige Anlässe für die Wiederaufnahme der Niederwaldwirtschaft. Die Stockausschlagwälder wüchsen im Untersuchungsraum hauptsächlich an den Hän- gen der Flusstäler, wo sie schon von Anfang an eine Erosionsschutzfunktion erfüllt hät- ten. Doch mit der Aufgabe der Nutzung würden die Bäume nicht mehr regelmäßig gero- det, was zu einer enormen Zunahme der Baum- und Wurzelmasse und schließlich an steilen Lagen zum Stabilitätsverlust der Bäume führe. Dadurch erhöhe sich die Erd- rutschrisiko und somit seien die durchgewachsenen Niederwälder Gefahrpotenziale für den Straßen- und den Zugverkehr geworden. Um diese Schutzfunktion wieder erfüllen zu können, müsste die Niederwaldwirtschaft wenigstens an Steilhanglagen wieder auf- genommen werden. Als zweiter Grund für eine eventuell großflächige Wiederbelebung der Niederwaldwirt- schaft sei der erhöhte Brennholzbedarf zu nennen. Der Auslöser der großen Nachfrage seien die zu hohen Energiepreise, weshalb die Brennholzproduktion in den letzten 5-6 Jahren ein lukratives Geschäft geworden sei. Laut einem Befragten zeigte sich im letzten Jahrhundert schon einmal ein Aufschwung im Brennholzbedarf, als der Ölpreis zu Be-

197 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder ginn der `70-er Jahre besonders rasch anstieg. Das Brennholz habe schon damals eine Renaissance erlebt und die heutige Situation lasse sich damit vergleichen. Zwei Befragte berichteten davon, dass die erhöhte Nachfrage in manchen Regionen bereits zu Engpäs- sen an Brennholz führte. Infolge des Klimawandels würden die erneuerbaren Energiequellen über eine durchaus gute Perspektive für die Zukunft verfügen und die Niederwälder könnten hierzu einen Beitrag leisten, weil das Holz im Niederwald nachhaltig produziert werden könnte. Die Möglichkeit der dauerhaften Nutzung schätzten die Befragten als sehr vorteilhaft ein:

„Das schöne ist ja im Niederwald, dass man einen Dauerwaldbetrieb hat. Das heißt, wenn ich den auf den Stock setze, habe ich wieder Niederwald.“ (Gespräch 5)

Neben der energetischen Nutzung gebe es auch andere Wege, Einnahmen aus dem Nie- derwald zu generieren. Ein Revierleiter berichtete darüber, dass eine davon die Produk- tion von Rammpfählen sei. Eine andere Möglichkeit sei die Herstellung von Parkettholz, aus welchem in Moment durchaus gute Erträge erzielt werden könnten. Als dritte alter- native Einnahmequelle wurde die Ausweisung von Niederwaldbeständen als Ökokon- toflächen erwähnt. Solche Flächen sollten aus naturschutzfachlicher Sicht einen Mehr- wert aufweisen, entweder durch ihre Artenvielfalt und Seltenheit oder durch ihre be- sondere Funktionalität (z.B. als Erosionsschutzwald). Die zugewiesenen Flächen stün- den bei späteren Eingriffen in Natur im Rahmen von Kompensationsmaßnahmen zur Verfügung. Das Ökokonto wurde dabei als bares Geldkonto bezeichnet, wobei Nieder- wälder über große Potenziale verfügen würden:

„Ökokonto ist ja auch ein Thema für den Niederwald. … Ich mache eine Hangsicherung und kriege dafür Punkte, Ökopunkte...“ (Gespräch 5)

Es gebe noch einen interessanten Aspekt unter den künftigen möglichen Perspektiven: die Niederwaldwirtschaft könnte dazu beitragen, die Landschaft offen zu halten. Dies sei gewissermaßen eine essentielle Aufgabe der Region, damit die guten klimatischen Be- dingungen für den Weinbau beibehalten werden könnten. Des Weiteren wurden die Befragten gebeten, ihre Meinungen zu der Zukunft der regio- nalen Forstwirtschaft im Hinblick auf die Waldnutzungsform zu äußern. Es konnte fest- gestellt werden, dass die Hochwälder im Vergleich zu Niederwäldern aus mehreren Hin- sichten Nachteile aufweisen. Die größte Schwachstelle des Hochwaldes bestünde darin, dass er mit zu hohen Investitionskosten verbunden sei und mit ihm einen Erlös zu er- wirtschaften viel länger dauere. In der modernen Hochwaldwirtschaft sei zwar eine Wertholzproduktion anvisiert, aber meistens mit Nadelbäumen. Sie wüchsen im Ver- gleich zu den heimischen Laubbaumarten zwar wesentlich schneller, aber würden zu- gleich weniger Stabilität aufweisen. Letztere sei jedoch wichtig, weil infolge des Klima- wandels mit zunehmend extremen Wetterereignissen zu rechnen sei. Die immer häufi- ger auftretenden Stürme hätten immens große Schäden verursacht, weshalb in der künf- tigen Waldwirtschaft wieder die Laubbäume bevorzugt würden. Hierbei verfüge die Niederwaldwirtschaft über große Potenziale, weil für diese nur die Laubbäume geeignet seien. Überdies würden die Laubbäume historisch bedingt mehr als die Nadelbäume zur Region passen. Ein Interviewter war dazu folgender Meinung:

„Wir müssen wieder ganz zurück zum Niederwald. Weil wenn im Niederwald etwas im Sturm verloren geht, kommen von unten genug Schösslinge, um die Lücke zu füllen. Also ich

198 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder darf nie mehr in so einen schwachen Betrieb (Hochwaldbetrieb) und in die Pflanzung in- vestieren.“ (Gespräch 5)

Mit der Niederwaldwirtschaft seien in der Vergangenheit an erster Stelle die Eichen ge- fördert worden. Doch mit der Umwandlung der Niederwälder sei ihr Anteil stark zu- rückgegangen, weil diese gegenüber den Nadelbäumen begünstigt worden seien. Die Aufgabe der modernen Waldwirtschaft bestehe jetzt darin, diesen Vorgang umzukehren und die Neuetablierung der Eichen in der Region zu fördern. Für einen Fokus auf die Eichen sprächen zwei wichtigen Gründe, zum einen, dass diese im Untersuchungsraum heimisch seien und zum anderen, dass viele Tiere auf sie angewiesen seien.

Niederwald und Naturschutz

Mit Niederwäldern würden sich nicht nur wirtschaftliche Erlöse erzielen, sondern auch naturschutzfachliche Aspekte verfolgen lassen. Die Kleinkahlschlagwirtschaft habe das besondere Merkmal, dass temporär ganz andere Biotope entstünden, welche die Ansied- lung neuer Arten ermöglichen würden. Dies wurde von beiden Naturschutzvertretern betont:

„Wenn man sie auf den Stock setzt, dann wird es spannend, dann bekommt man unter- schiedliche Stufen und dann wird es interessant, dann kommt noch Vielfalt rein.“ (Ge- spräch 1)

„Die Wälder waren im Vergleich zu diesen monotonen Hochwäldern sehr artenreich gewe- sen... ja... die im Vergleich nur noch ganz speziellen Arten Lebensraum bieten. Das bringt eine Aufwertung im Wald. In Bezug auf Biodiversität… “ (Gespräch 8)

Durch die Niederwaldwirtschaft könnten etliche seltene Tierarten begünstigt werden. Vor allem Arten, die vom erhöhten Lichteinfall profitieren würden. In diesem Zusam- menhang wurden der Hirschkäfer, die Wildkatze und Fledermäuse erwähnt. Dennoch hätten in den letzten 15-20 Jahren nur wenige Einzahlmaßnahmen stattgefunden, wel- che die Niederwaldbewirtschaftung mit dem Ziel des Artenschutzes unterstützt hätten. Der Rückgang der Haselhuhnpopulation würde auch auf die Rechnung des Flächenver- lustes von Niederwäldern geschrieben. Ein Naturschutzexperte war der Meinung, dass der Niederwald die letzte Hoffnung für das Haselwild darstelle. So seien ab den `90-er Jahren sog. „Haselhuhntaschen“ in Laubwäldern zugewiesen worden. Auf diese Weise seien 0,2 bis 0,5 ha große Kahlschläge entstanden, welche sich im Laufe der Zeit zu lich- ten Wäldern mit vielfältigen Kraut- und Strauchschichten entwickelt hätten. Solche Flä- chen würden für das Haselwild als Nahrungsquellen fungieren und wegen der dichten Pflanzenbedeckung auch als Versteck. Einer der Befragten bestritt allerdings den Sinn der „Haselhuhntaschen“ und war offen der Meinung, dass hinter dieser Idee in der Tat ein Motiv stecke, was der Jagd diene. Über das Ausmaß der optimalen Hiebsfläche waren sich alle Befragten einig. Demnach dürfe eine Abholzung nie einzeln oder kleinflächig veranlasst werden, weil man ansons- ten mit einem enormen Wilddruck rechnen müsse:

199 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

„Wenn Sie kleinflächig Niederwald bewirtschaften, dann zieht das natürlich viel Wild an. … Man muss relativ großflächig beginnen, weil es auf der kleinen Fläche tödlich wäre. … Also großflächig beginnen, dass man das Wild satt macht.“ (Gespräch 5)

Bei mehreren Kleinkahlschlägen (Streifenkahlschläge) konzentriere sich der Verbiss nicht nur auf eine Fläche und somit könnte der totale Ausfall von Naturverjüngung ver- hindert werden. Das Umzäunen der Hiebsfläche stelle ebenfalls eine Schutzmaßnahme gegen den Wildverbiss dar. Dies sei allerdings mit enorm hohen Kosten verbunden, was seinen regelmäßigen Einsatz praktisch unmöglich mache. Ein weiterer Vorschlag zum Verbissschutz sei, dass die Bäume im Bestand liegen gelassen würden. Der Nachteil liege beim letzteren darin, dass damit nur ökologische Aspekte erfüllt werden könnten, ohne dabei einen wirtschaftlichen Erlös zu erzielen. Zusammenfassend lässt sich aus den Expertenaussagen feststellen, dass die Mehrheit der Interviewpartner eine Chance in der Wiederbelebung der Niederwaldwirtschaft sieht. Vor allem die Befragten, die ökologische Vorkenntnisse haben. Die Frage besteht nun darin, ob die Niederwälder außer der energetischen Nutzung und dem Naturschutz auch aus touristischer Sicht interessant sind.

Akzeptanz der Niederwälder

Wälder würden unter den touristischen Angeboten eine große Bedeutung haben. Sie würden nicht nur als grüne Kulisse wahrgenommen, sondern würden einen geeigneten Ort darstellen, um sich zu entspannen, um Sport treiben etc.. Die Mehrheit der Menschen kenne sich jedoch mit den unterschiedlichen Betriebsformen nicht aus und betrachte den Wald in der Regel nur unter ästhetischen Aspekten. Von daher sei der Begriff „Nie- derwald“ den meisten unbekannt. So wurde während den Gesprächen immer darauf hingewiesen, dass der Niederwald bewusst im heutigen touristischen Leben gar keine Rolle spiele. Wie bereits zuvor schon vermutet, räumen die Touristiker den Niederwäl- dern nur die kleinste Chance einer touristischen Nutzbarkeit ein, aber grenzen sich da- bei nicht völlig von der Idee ab. Obwohl das Thema im Moment noch nicht präsent ist, stimmten sie der These zu, dass wenn das Vorkommen der Kahlschläge in den meistbe- suchten Gebieten künftig sichtbar wäre, sie sich mit dieser Idee auseinandersetzten soll- ten. Allerdings waren sich alle befragten Experten darüber einig, dass der Niederwald als Thema allein keine ausreichende Anziehungskraft besitze, er aber andere touristische Angebote gut ergänzen könnte. Eine Möglichkeit sei z.B., wenn der Niederwald durch seine historische Beziehung zum Weinbau hervorgehoben würde oder wenn der Fokus auf seinen naturschutzfachlichen Wert bzw. Nachhaltigkeit gelegt werden würde:

„Das Thema "Naturschutz" wird stark wahrgenommen. … Wenn mal das Thema "Natur- schutz", "naturkundlicher Tourismus", "Nachhaltigkeit" oder ökologische Aspekte ange- sprochen werden, könnte das natürlich ein Produkt sein.“ (Gespräch 6)

Sobald bei der Nutzung neben der Wirtschaftlichkeit auch andere Aspekte einbezogen würden, lasse sich mehr Akzeptanz für die Niederwälder erreichen. Ein Befragter nahm dafür die Holzernte als Beispiel. Er berichtete, dass die Menschen bezüglich der Waldar- beiten dank der Aufklärung besser informiert seien als früher. Demzufolge sei die Wahrnehmung der Holzernte immer weniger negativ belastet:

200 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

„Den Leuten wird die Nachhaltigkeit vermittelt. … Die Waldnutzung wird eher als nach- haltig, als schonende Nutzung gesehen und nicht als Endbetrieb.“ (Gespräch 5)

Wenn es sich um eine gewöhnliche Waldnutzung handele, würde das Sachverständnis der Förster so gut wie nie in Frage gestellt. Es komme nur selten vor, dass Kritik direkt öffentlich geübt würde. In der Regel passiere so etwas, wenn die Menschen sich persön- lich betroffen fühlen würden, wobei im Mittelpunkt meistens die gewinnbringenden, ausbeuterischen Aktivitäten der Menschheit stünden (z.B. die Zerstörung der Regenwäl- der). Diese könnten bei vielen, die ein ausgeprägtes Verantwortungsgefühl gegenüber der Natur und ihrer Umwelt hätten, große Emotionen auslösen. Sie würden beispiels- weise öffentliche Proteste organisieren, um für ihre Überzeugung mehr Unterstützung zu ergattern (z.B. die Gegner von „Stuttgart 21“). Im Weiteren sollten die Experten auch beurteilen, wie die Menschen bei der Holzernte auf den Großmaschineneinsatz und die damit verbundene Lärmbelästigung reagieren. Überraschenderweise waren sogar die Touristiker der Meinung, dass sie von den Be- trachtern eher als interessant empfunden würden, als dass sie eine Abneigung auslösen würde:

„Es ist eindrucksvoll zu sehen, wie diese großen Maschinen, riesen Geräte in kürzester Zeit abernten können. … Die Lärmbelastung wäre das andere, aber es ist ein temporärer Ein- griff. … Also ich würde den Maschineneinsatz als kein Problem sehen... … Man muss ein- fach auf der anderen Seite sehen, dass es ein hocheffizienter Einsatz ist, kurzfristig, schnell, sauber und mit relativ wenig Mitarbeitern oder Arbeiterinnen durchführbar.“ (Gespräch 6)

Zudem wurde in den Forstmaschinen von den Befragten eine attraktive, touristisch nutzbare Möglichkeit identifiziert, wenn sie während deren Einsatz von Interessenten beobachtet werden könnten:

„Also das wäre auf jeden Fall etwas, was man anbieten kann. … Die Gäste möchten gerne wissen, was passiert und wenn man ihnen Informationen zur Hand gibt, dann akzeptieren sie das ja auch viel, viel leichter.“ (Gespräch 2)

Ob die Niederwälder schließlich über ein touristisches Potenzial verfügen würden, sei laut den Experten nur eine Frage der Vermarktung. Denn wie bei allen neuen Produkten spiele die Kommunikation die wichtigste Rolle (siehe auch Kap. 6.4.3.3). Wenn das Mar- keting stimme, komme es auch bei den Interessenten gut an. So wie bei allen unbekann- ten Themen, solle auch bei den Niederwäldern zunächst die Aufklärung erfolgen. Dies könne am schnellsten und einfachsten durch die Presse stattfinden, z.B. in Form eines Artikels oder mit der Zusammenstellung der wichtigsten Informationen in Broschüren und durch die Einrichtung von Internetseiten. Doch das effektivste Aufklärungsmittel würden unbestritten die geführten Exkursionen und Themenwanderungen darstellen. Man könne das Wesen der Niederwaldwirtschaft besser verstehen, wenn es im Rahmen einer Veranstaltung möglich sei, die Vorgänge persönlich zu beobachten. Wenn die Teilnehmer mit ihren eigenen Augen sehen könnten, dass die Bäume wieder austrieben und die Hiebsfläche nach der Abholzung nicht ganz kahl sei, würden sie eine höhere Akzeptanz dafür zeigen (siehe auch Kap. 6.4.1 und 6.4.2).

201 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6.4.3.8 Zusammenfassung der wichtigsten Expertenaussagen

Die wichtigsten Aussagen der Experteninterviews lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Tourismus

 Der Tourismus stellt in Rheinland-Pfalz eine durchaus wichtige wirtschaftliche Größe dar.  Die Touristen haben immer größeres Interesse an dem Natur- und Umwelt- schutz, wodurch eine steigende Nachfrage nach den umweltschützenden touristi- schen Angeboten festgestellt werden kann.  Es handelt sich beim Mosel-Rhein-Gebiet um eine Kulturlandschaft und nicht eine Naturlandschaft! Demzufolge suchen die Touristen in diesem Raum nicht nach einer ausgedehnten, zusammenhängenden Waldlandschaft (wie z.B. Bayerischer Wald, Schwarzwald), sondern begehren an erster Stelle die einmalige Weinkul- turlandschaft.  Wirtschaftlichkeit, Originalität, Zusammenarbeit, gute Kommunikation und Qua- lität sind die fünf wichtigsten Anforderungen bei der Planung eines neuen touris- tischen Konzeptes.  Die meisten touristischen Angebote in Rheinland-Pfalz basieren auf vier themati- sche Säulen: Wandern, Radfahren, Wein und Gesundheit. Die Kultur tritt überall als ergänzendes Merkmal auf.

Niederwald

 Die ehemaligen Niederwälder prägen vielerorts den Landschaftscharakter in Rheinland-Pfalz und befinden sich überwiegend in den touristisch meistbesuch- ten Regionen des Landes.  Der Niederwald hatte bis Ende des 19. und Anfang des 20. Jh. ein breites Anwen- dungsgebiet. Doch im Laufe der Zeit hat er seine ursprüngliche Bedeutung völlig verloren. Durch die erhöhte Nachfrage nach Energieholz verfügen die Stockaus- schlagwälder erneut über ein großes Potenzial.  Die Niederwaldbestände tragen auch zum Naturschutz als wichtige Biotope für zahlreiche Pflanzen und Tiere bei.

Niederwald und Tourismus

 Die (ehemaligen) Niederwälder spielen im Rahmen der derzeitigen, touristischen Angebote gar keine Rolle.  Der Begriff „Niederwald“ ist unter den Touristen unbekannt.  Die positiven Eigenschaften der Niederwälder sind gute Argumente für die Stei- gerung der Akzeptanz (Naturschutz, Umweltschutz, kulturhistorische Bedeutung, Ästhetik etc.).  Die Niederwälder verfügen über ein touristisches Potenzial, müssen aber mit an- deren Angeboten verknüpft werden.  Außer zum Zweck der Aufklärung kann man für dieses Thema kein breites Publi- kum gewinnen.

202 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6.4.4 Mögliche touristische Strategien für Niederwälder

Basierend auf den Interviews und Befragungen konnten einige Ideen gesammelt wer- den, wie sich Niederwälder in die örtliche Fremdenverkehrsstrategie einbinden lassen können. Mit Niederwäldern könnten in erster Linie solche Themen erfolgreich angesprochen werden, wie die Nachhaltigkeit oder der Naturschutz, die ein breiteres Interesse wecken können. Ferner könnte die Aufmerksamkeit der Menschen auch auf ihre besonderen kulturhistorischen Werte und deren wirtschaftlichen Nutzen gerichtet werden. Denn mit den letztgenannten Themen könnten auch Leute angesprochen werden, die sich von den Nachhaltigkeitsaspekten der Niederwälder nicht ganz überzeugen lassen. Mit der richti- gen Kombination dieser Aspekte und einer vorherigen Aufklärung, wäre es möglich auf Basis der Niederwälder ein vielfältiges Programmangebot für den Fremdenverkehr zu konzipieren. Hierzu gehören beispielsweise die Themenwanderwege, Exkursionen, (Freilicht-)Museen und die einmaligen großen Veranstaltungen, welche ihr Profil ganz dem Thema „Niederwald“ widmen könnten. Die Themenwanderwege boomen zurzeit in Rheinland-Pfalz und sind unter den Touris- ten sehr beliebt. Sie hätten den Vorteil, dass sie auch ohne Führung besucht werden können. Hierzu wäre als Beispiel der „Buchsbaumwanderweg“ zu nennen, der zwischen Karden und Müden verläuft. Der wildwachsende Buchsbaum aus dem Mittelmeerraum stellt auch im Niederwald eine Besonderheit dar. Die Idee eines „Niederwaldwander- weg“ würde daran anschließen: man könnte neben dem Buchsbaum eine Reihe anderer besonderer Baum- und Tierarten (z.B. Französischer Ahorn, Speierling, Elsbeere, Hasel- huhn, Schmetterlinge etc.) vorstellen, welche bevorzugt in Niederwäldern vorkommen. Überdies könnte man noch über seine Geschichte und die ehemaligen Nutzungsformen erzählen. Ein Freilichtmuseum würde wahrscheinlich noch mehr Anziehungskraft ausüben, als die Themenwanderwege. Dabei könnten die alten Berufe und Tätigkeiten vorgestellt wer- den, die ehemals in irgendeiner Form mit der Niederwaldwirtschaft verbunden waren (z.B. Fassbinder, Gerber, Köhler etc.). Die Errichtung einer Waldweide oder Bienenwei- de, die Darstellung, wie man Brennholz gewinnt, den Wald ackerbaulich zwischennutzt oder Holzkohle erstellt sowie wie die Eichen zur Lohegewinnung geschält werden, könn- ten mögliche Teile des Programms sein. Spezielle Touren bieten den Gästen auch die rheinland-pfälzischen Kultur- und Wein- botschafter (öfters Winzer) an, die vor allem über den Wein, die Geschichte, die Kultur, die Landschaft und die standorttypische Flora und Fauna erzählen. Der Niederwald könnte ohne weiteres selbst ein Thema für eine solche Exkursion sein. Die Veranstaltung könnte im Wald stattfinden und statt dem Wein könnten die Waldprodukte im Vorder- grund stehen. Diese Wanderführer könnten dementsprechend „Wald- und Kulturbot- schafter“ heißen. Um das Problem der Saisonalität und den ernüchternden Erfolg von Informationstafeln zu bewältigen, wäre sicherlich auch das Veranstalten eines Niederwaldfestes mit einem Niederwaldmarkt interessant. Die Programmauswahl könnte vielseitig gestaltet werden, wobei neben den Informationsständen auch die kulinarischen Spezialitäten des Nieder- waldes (Kuchen, Marmelade, Gelees, Schokolade, Spirituosen, Säfte etc. aus den Sorbus- oder Wildobstarten) und eventuell auch lustige Wettbewerbe (z.B. Sägewettbewerb) einen Inhalt bilden könnten. An den Informationsständen könnte auf die kulturhistori- sche, naturschutzfachliche Relevanz und auf die Nachhaltigkeitsaspekte der Niederwäl- der hingewiesen werden. Außerdem könnte das Programm durch die Ausstellung von

203 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder modernen, holzbearbeitenden und holzheiztechnischen Maschinen, Waldfahrzeugen etc. noch mehr erweitert werden. Abschließend lässt sich feststellen, dass sich die Konzepte zu dem Thema „Niederwald“ vielseitig gestalten lassen. Dies bietet die Möglichkeit, dass mit den Niederwäldern ab- hängig vom Ort, Zielpublikum, Budget etc. unterschiedliche touristische Angebote dar- geboten werden können.

6.5 Reflektion der Passantenbefragung

6.5.1 Methodenkritik: Passantenbefragung

Grundsätzlich erwiesen sich die ausgewählten Methoden für die vorliegende Studie als gut geeignet. Bei der Durchführung der Befragung und der Auswertung der Fragbögen stellten sich jedoch einige Mängel heraus, die die Untersuchungsergebnisse beeinflussen können. Die Frage besteht nun darin, welche Auswirkungen diese auf die Ergebnisse haben.

6.5.1.1 Stichprobe und Repräsentativität

Die Auswahl der Befragten stellt bei Untersuchungen zu Fragestellungen über Natur- und Umweltthemen ein großes Problem dar (HEEG 1975: 135-137). Man kann diese zu- fällig oder systematisch durch nachvollziehbare Kriterien nach einem bestimmten Schema auswählen. In der vorliegenden Studie kann die Auswahl als objektiv bezeichnet werden, weil sie systematisch durchgeführt wurde (siehe auch Kap. 6.3.1.1). Zu der Grundgesamtheit für die Untersuchung zählen die Wald- und/oder Burgbesucher am Befragungsort, die in der Gegend einen Urlaub oder Tagesausflug machen. Ein Grund- sätzliches Problem besteht jedoch in der Bestimmung der Größe der Grundgesamtheit, da hierzu die Besucherzählereinrichtungen fehlen. Folglich kann von einer repräsentati- ven Untersuchung nicht gesprochen werden, weil man nicht weiß, wie weit die Stich- probe der Grundgesamtheit entspricht. Dennoch kann die Studie als gelungen angesehen werden, weil die Zielsetzung der Befragung erreicht wurde. Dabei ging es ausschließlich um das Erkennen einer Tendenz, ob die Niederwälder über touristisch nutzbare Poten- ziale verfügen, und diese kann basierend auf der Meinung von 148 Personen durchaus festgestellt werden.

6.5.1.2 Befragungsort

Ursprünglich wurde für die Studie ein anderer Befragungsort vorgesehen, von dem aus man einen besseren Ausblick auf eine Schlagfläche gehabt hätte. Doch dieser Ort befin- det sich weit entfernt von gut besuchten Touristenattraktionen, weshalb dort eine viel niedrige Anzahl an Personen an der Befragung hätte teilnehmen können. Folglich wurde der stärker frequentierte Befragungsort auf dem Parkplatz vor der Burg Thurant aus- gewählt.

204 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6.5.1.3 Verweigerer

Die Reaktion der Befragten auf das Ansprechen zur Teilnahme an der Befragung war i.d.R. positiv. Eine Ausnahme stellte die Befragung im Sommer dar, bei der es eine Ver- weigerungsquote von 20 % gab. Im Vergleich dazu lag dieser Wert im Frühling bei 13 % und im Herbst bei 11 %. Die relativ hohe Verweigerungsquote im Sommer lässt sich vermutlich damit in Zusam- menhang bringen, dass es am ausgewählten Wochenende außergewöhnlich heiß war und der Befragungsort nicht beschattet wurde. Somit verringerte sich die Bereitschaft an der Befragung teilzunehmen enorm. Zudem fanden die Spiele der Fußball- Weltmeisterschaft 2010 während der Sommerbefragung statt, weshalb im Allgemeinen weniger los war. Folglich kann der Zeitpunkt der Sommerbefragung als nicht optimal bezeichnet werden.

6.5.1.4 Zuordnung der Befragten

Bei der Auswertung wurden die Antworten im Hinblick auf sechs Merkmale (Geschlecht, Alter, Bildungsabschluss, Wohnort, Häufigkeit der Waldbesuche und Befragungszeit- punkt) geprüft. Der Befragungszeitpunkt und die Geschlechtszugehörigkeit waren ein- deutig, so dass diese nur auf dem Blatt notiert werden sollten. Das Alter und der höchste Bildungsabschluss waren auch schnell zu beantworten. Beim Alter hätte es eventuell eine fünfte Altersgruppe geben können, denn die Kategorie „ab 50 Jahre“ schließt viele Altersstufen ein und ist deshalb ungenau. Schwierigkeiten tauchten bei der Bestimmung des Wohnortes bzw. bei der Einschätzung des durchschnittlichen Waldaufenthaltes mo- natlich auf. Im ersten Fall argumentierten viele damit, dass es in den kleineren Städten keinen Unterschied ausmacht, ob jemand in der Stadtmitte oder an der Gemeindegrenze wohnt. Außerdem erklärten einige, dass sie zwar in einer Stadt leben, sie es dennoch eher so formulieren würden, dass sie auf dem Lande wohnen. Hierbei wäre es vermut- lich günstiger gewesen, wenn nach Einwohnerzahl des Wohnortes gefragt worden wäre. Die Beurteilung der Anzahl der Waldbesuche war zudem für einige Personen schwer zu beantworten. Dies kann einerseits damit im Zusammenhang gebracht werden, dass die Befragten nicht in jedem Monat gleich häufig den Wald besuchen, da die Waldbesuchs- häufigkeiten im Sommer beispielsweise doppelt so hoch sind wie im Winter (SCHELBERT et al. 1988: 61). Anderseits werden zur Beurteilung je nach Befragten unterschiedliche Zeitspannen berücksichtigt, was zur Unter- oder Überschätzung der Besuchshäufigkeit führen kann. Folglich gehen die Befragten nach eigener Einschätzung entweder regel- mäßig oder ganz selten im Wald, was bedeutete, dass sie also vielmehr zu den zwei Grenzwerten tendierten und weniger zu den Zwischenwerten.

6.5.1.5 Fragebogenstruktur und Dauer der Befragung

Fragebögen sollen gut strukturiert, übersichtlich und abwechslungsreich gestaltet wer- den, um die Antwortbereitschaft und das Interesse der Befragten aufrechtzuerhalten und einen eventuellen vorzeitigen Abbruch der Befragung zu minimieren. Die Fragen wurden unterschiedlichen Themenbereichen zugeordnet, womit eine gut nachvollzieh- bare Struktur erreicht wurde. Die Abwechslung wurde mit einer Mischung aus offenen und geschlossenen Fragen erbracht. Beide Fragetypen haben Vor- und Nachteile. Die größte Stärke der offenen Fragen ist, dass die Antworten sehr spezifiziert sind. Dahinge-

205 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder gen ist als Nachteil zu erwähnen, dass die Befragten sich von den vielen ausführlichen Fragen schnell überlastet fühlen können, was zum vorzeitigen Abbruch der Befragung führen kann. Weitere Kritikpunkte der offenen Fragen liegen darin, dass manche Befrag- ten aus Angst vor Rechtschreibfehlern nur kurze, unvollständige Antworten formulieren und fremde Handschriften unlesbar sein können (BORTZ & DÖRING 2002: 255, RAAB- STEINER & BENESCH 2008: 48). Diese Probleme konnten dadurch behoben werden, dass die Fragebögen immer vom Interviewführenden ausgefüllt wurden. Der letzte Kritik- punkt der offenen Fragen betrifft deren Auswertung, die aufgrund der zeitintensiven Kategorisierungs- und Kodierarbeiten sehr mühsam ist (SCHNELL et al. 1999: 310, BORTZ & DÖRING 2002: 254). Folglich wurden offene Fragen nur dort zugelassen, wo das Inte- resse auf spezifischen Antworten lag. Im Vergleich dazu haben geschlossen formulierte Fragen den Vorteil, dass sie insgesamt sehr übersichtliche und gut miteinander ver- gleichbare Ergebnisse liefern und darüber hinaus die Datenaufnahme und die Auswer- tung schnell erfolgen können (PORST 2009: 53). Zudem ist die Mehrheit der Befragten vielmehr bereit, vorgefertigte Kategorien zu beantworten (RAAB-STEINER & BENESCH 2008: 48). Da sich die Befragten aber bei geschlossenen Fragen in den vorgegebenen Antwortkategorien nicht immer wiederfinden können, wurde in der vorliegenden Studie meistens eine Kombination von offenen und geschlossenen Antwortvorgaben gewählt (SCHNELL et al. 1999: 310). Das heißt, dass neben den vorgegebenen Antwortkategorien auch eine zusätzliche Kategorie mit „Sonstiges“ angeboten wurde. Somit gab es die Mög- lichkeit, die eigene Meinung zu formulieren, wenn in den Antwortmöglichkeiten die richtige Auffassung nicht wiedergefunden werden konnte. Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Fragebogengestaltung ist die für die Beantwortung benötigte Zeit. Eine maximale Dauer der Befragung lässt sich zwar nicht angeben, da diese von vielen Aspekten (z.B. aktuelle Verfassung, Interesse, Konzentrationsfähigkeit der Befragten) abhängt, allerdings sind KIRSCHHOFER-BOZENHARDT & KAPLITZA (1986: 94) der Meinung, dass eine Befragung möglichst nicht länger als 40 Minuten dauern sollte. Somit lässt sich Länge des Fragebogens als angemessen bezeichnen, da die Befragung i.d.R. nicht länger als 15 bis 20 Minuten dauerte.

6.5.1.6 Statistische Auswertung

Da die Kriterien einer repräsentativen Stichprobe nicht erfüllt sind, kam zur Analyse der Antworten ausschließlich die deskriptive Statistik in Frage. Die beschreibende Statistik ermöglicht dabei einzig über die untersuchte Stichprobe Aussagen, woraus für eine Grundgesamtheit keine Schlussfolgerungen getroffen werden können. Zu jeder Frage wurde eine Kreuztabelle angefertigt und anschließend ein χ 2-Test durch- geführt. Bei kleineren Stichproben gibt der χ 2-Test jedoch i.d.R. keine zuverlässige Aus- kunft. Sind die erwarteten Häufigkeiten in mehreren Zellen kleiner als 5, ist die Voraus- setzung des χ 2-Tests verletzt (BROSIUS 1998: 406, RAAB-STEINER & BENESCH 2008: 129). Das gleiche Problem tritt auf, wenn die Mehrfachantworten mithilfe von Kreuztabellen analysiert werden und dabei einige Kategorien zu wenig Stimmen bekommen. Folglich wurde bei Vierfelder-Tafeln zusätzlich ein Exakte-Fischer-Test durchgeführt, der an den Stichprobenumfang keine Voraussetzungen stellt und somit ein zuverlässigeres Ergeb- nis liefert (BROSIUS 1998: 407). Trotz allem bietet die deskriptive Statistik im Vergleich zur Inferenzstatistik wenige Möglichkeiten zur Datenanalyse. Insgesamt lässt sich also festhalten, dass dort, wo die erwarteten Häufigkeiten in den Kreuztabellen kleiner als 5 waren und der Exakte-Fischer-Test nicht einsetzbar war, die mit der Statistik belegten Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren sind.

206 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6.5.2 Landschaftswahrnehmung und Einstellung zu Wald und Niederwaldwirt- schaft der Befragten

6.5.2.1 Geschlecht

Es hat sich gezeigt, dass es zwischen den Geschlechtern bezüglich der Waldbesuchshäu- figkeit, des Aufenthaltsmotives am Befragungsort, den Anforderungen an Wald, der Wahrnehmung der freien Fläche und der Beurteilung der Niederwaldwirtschaft große Unterschiede gibt:  In der vorliegenden Studie besuchen Männer den Wald häufiger als Frauen. In der Untersuchung von ELSASSER (1994: 3) gaben die Männer auch eine höhere Waldbesuchsfrequenz an, während bei der Umfrage von WIPPERMANN & WIPPER- MANN (2010: 26) zwischen den Geschlechtern zu der Zahl der Waldbesuchshäu- figkeit kein Unterschied festgestellt werden konnte.  Bei Männern kamen im Vergleich zu Frauen etwas häufiger Aufenthaltsmotive vor, wobei das „Erleben der Natur“ die primäre Rolle spielt und zwar vermutlich mit dem Ziel, um sich im Freien erholen zu können. Hierzu gehören Antwortmög- lichkeiten wie „Natur erleben“, „Wald erleben“ oder „Landschaft erleben“. Das steht im Einklang mit der Aussage von WIPPERMANN & WIPPERMANN (2010: 40), die in ihrer Studie darauf hinweisen, dass Männer manchmal in den Wald gehen, „um allein zu sein“. Dagegen überwog der Anteil des weiblichen Geschlechtes eher bei solchen Aufenthaltsmotiven, bei denen die körperliche Aktivität im Vordergrund steht wie z.B. „spazieren gehen“, „Sport treiben“ oder „wandern“. Zwar spielt das Naturerlebnis bei sämtlichen Sportaktivitäten, die im Freien ausgeübt werden, möglicherweise eine bedeutende Rolle, aber vermutlich nicht eine annähernd so große, wenn man das „Natur erleben“ von den anderen Antwortmöglichkeiten explizit hervorhebt. Dass Frauen gern wandern, belegt die Umfrage von LANNIN- GER (2010: 31). Laut der Studie gehört Wandern zu den beliebtesten ausgeübten Freizeitaktivitäten der Frauen in Deutschland.  Eine der Fragen bezog sich darauf, was dem Betrachter in der Landschaft gut bzw. nicht so gut gefällt. Hierzu gaben 26 % der Frauen den großen Verkehr als Störfaktor an, während nur 15 % der Männer dieser Meinung waren. In der Un- tersuchung von HUNZIKER (2000) reagierten Frauen auch sensibler auf Verände- rungen in der Landschaft, welche durch den Tourismus verursacht wurden. Vor allem der „Ausbau des Straßennetzes“ wurde vom weiblichen Geschlecht als be- sonders negativ wahrgenommen (HUNZIKER 2000: 122).  Die befragten Männer besuchen den Wald im Vergleich zu den Frauen etwas häu- figer und zeigten eine eindeutig größere Akzeptanz gegenüber einer kleinflächi- gen Abholzung mit dem Ziel der Brennholzgewinnung. Die Holznutzung als wich- tiger Anspruch an den Wald wurde sogar bei jedem siebten Mann angegeben, währenddessen nur jede zehnte weibliche Befragte diese Meinung teilte. Frauen betonten stattdessen die „Schönheit“ als Anforderung an Wald. Auf dasselbe Er- gebnis kamen WIPPERMANN & WIPPERMANN (2010: 40), die feststellten, dass Frauen „die Menschen nur als Gast im Wald sehen“, während Männer eher der Meinung sind, dass „der Wald den Menschen gehört und selbstverständlich verfügbar ist“. Darüber hinaus beurteilten die männlichen Befragten die freie Fläche weitaus positiver als die Frauen. Zudem würden Männer die Hiebsflächen seltener verän- dern wollen.

207 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

 Die weiblichen Befragten können sich die Waldnutzung öfters nur unter der Be- rücksichtigung von Prinzipien der Nachhaltigkeit vorstellen. Es gibt hier Über- einstimmungen mit den Aussagen von KUCKARTZ & RHEINGANS-HEINTZE (2006: 48), GOLD et al. (2007: 35), HOHMANN (2007: 126) und BMU & BFN (2012: 54), wonach Frauen sich von Umweltthemen mehr betroffen fühlen und den Umgang mit der Natur „kritischer“ sehen als Männer. Demnach stellen für die weiblichen Befrag- ten die Nachhaltigkeitsaspekte der Niederwaldwirtschaft vermutlich ein wichti- ges Argument dar, weshalb sie nach der Aufklärung ein großes Interesse am Nie- derwaldbetrieb zeigten.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass ohne Vorabinformation die Männer eine größere Akzeptanz gegenüber den mit der Niederwaldwirtschaft einhergehenden Ab- holzungen zeigen. Dahingegen spielt bei den Frauen die Aufklärung eine zentrale Rolle dabei, wie sie über die Waldnutzung denken. Nach ausreichender Information scheint die Niederwaldwirtschaft für Frauen interessanter zu sein als für Männer. Des Weiteren räumen die Frauen den Niederwäldern mehr touristische Nutzungsmöglichkeit ein.

6.5.2.2 Alter der Befragten

Zwischen den verschiedenen Altersgruppen lassen sich bei der Antwortgabe öfters ein- deutige Tendenzen feststellen:  In der vorliegenden Untersuchung besuchen ältere Befragte den Wald häufiger als jüngere. Andere Studien (ELSASSER 1994, 1996 a, 1996 b, KLEINHÜCKELKOTTEN et al. 2009, WIPPERMANN & WIPPERMANN 2010) kamen auf ein ähnliches Ergebnis und besagen, dass Jugendliche und Erwachsene bis 50 Jahre bei den Umfragen eine niedrigere Waldbesuchsfrequenz angeben. Während laut ELSASSER (1996 b: 5) die Besuchsfrequenz mit dem Alter kontinuierlich zunimmt, konnte LOESCH (1980: 90) zwischen dem Alter und der Waldbesuchshäufigkeit keinen eindeutigen Zu- sammenhang nachweisen, da in seiner Untersuchung die über 60-Jährigen den Wald entweder sehr oft oder ganz selten aufsuchen.  Auch in den Ansprüchen an den Wald zeigten sich altersbedingte Unterschiede. Ältere bevorzugen vor allem Wälder, die natürlich aussehen und dennoch gut er- schlossen sind. Das „gute Wegenetz“ stellte nach der „Natürlichkeit“ bei der ältes- ten Altersgruppe die zweitwichtigste Anforderung an Wald dar. Damit besteht zwar ein scheinbarer Widerspruch, doch diese Kombination kam bei der ältesten Befragten nicht überraschend, da die Mobilität mit zunehmendem Alter einge- schränkt ist und die älteren Menschen damit in ihrem Alltag häufig konfrontiert werden. Die Barrierefreiheit scheint also auch im Wald ein wichtiges Thema für die älteren Generationen zu sein. Bei der Freiraumnutzung sind „Orientierung, Übersichtlichkeit und Sicherheit“ die wichtigsten Anforderungen von älteren Men- schen, weshalb künftig auf diese Kriterien auch in der landschaftlichen Freiraum- gestaltung ein besonderes Augenmerk gerichtet werden muss (WOLF & APPEL- KUMMER 2009: 167). Für die unter 50-Jährigen Befragten war die „Natürlichkeit“ der wichtigste An- spruch an Wald, vor der „Erholungsmöglichkeit“ als nächst häufig genannter Antwort. GASSER (1997: 30) und DIEKMANN et al. (1999: 9) kamen in schweizeri-

208 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

schen Studien zum ähnlichen Ergebnis, nachdem sie feststellen konnten, dass der Wald in erster Linie als Natur- und Erholungsraum wahrgenommen wird.  In der Landschaftswahrnehmung zeigen sich auch wesentliche Unterschiede zwi- schen den Altersklassen. Die Mosellandschaft wird von den Touristen mehrheit- lich als Weinregion wahrgenommen (ETI 2004: 68). In der vorliegenden Studie nannte jedoch die älteste Altersklasse im Vergleich zu den jüngeren Generationen die Weinberge häufiger als positive Gegebenheiten der Landschaft. Dies lässt sich damit erklären, dass die über 50-Jährigen bei den Weinreisenden in Rheinland- Pfalz einen überdurchschnittlichen Anteil ausmachen (RPTG 2012: 9). Somit spielt für die älteste Altersklasse „das Erleben des Weins und der Weinland- schaft“ als Aufenthaltsmotiv eine größere Rolle und prägt vermutlich ihre Land- schaftswahrnehmung besonders.  Die jüngeren Generationen hatten insgesamt häufiger etwas an der Landschaft auszusetzen. Sie beschwerten sich vor allem über den großen Verkehr. Hierbei lässt sich der von ALTHOF (2001: 157) beschriebene Widerspruch entdecken, dass die Touristen i.d.R. von der vom Auto gebotenen Bequemlichkeit und Mobilität nicht verzichten wollen, jedoch während des Aufenthaltes vom großen Verkehr auch nicht belästigt werden wollen.  Die freie Fläche mit der Abholzung wurde von den jüngeren Generationen ein- deutig negativer beurteilt. Folglich wollten sie die freie Fläche eher verändern als in ihrem derzeitigen Zustand lassen, wobei sie den Bestand meistens aufforsten würden. Diese Ansicht lässt sich damit erklären, dass ältere Menschen eher eine „traditionelle“ Einstellung gegenüber dem Wald haben, wozu die Holzproduktion auch gehört, jüngere Menschen die Wälder eher als „fragile und gefährdete Öko- systeme“ wahrnehmen und den Waldschutz somit in den Mittelpunkt stellen (GOLD et al. 2007: 44-45). Diese Einstellung ließ sich auch darin erkennen, dass vor allem jüngere Befragte der Meinung waren, dass die freie Fläche infolge eines Naturschutzprojektes entstanden sei.  Darüber hinaus zeigten jüngere Menschen mehr Nachhaltigkeitsbewusstsein. Diese Annahme basiert auf Aussagen, die zur „Frage 10“27 geäußert wurden. Demnach darf die Abholzung „nur kleinflächig“ stattfinden bzw. soll die Verjün- gung der Bäume sichergestellt werden. Bezüglich des Nachhaltigkeitsbewusst- seins der verschiedenen Altersklassen vertreten KUCKARTZ & RHEINGANS-HEINTZE (2006: 50) eine andere Meinung. Sie charakterisieren die unter 30-Jährigen durch ein „unterdurchschnittlich“ ausgeprägtes Interesse an Nachhaltigkeit.  Die älteren Befragten interessierten sich eindeutig mehr für die Wiederbelebung der Niederwaldwirtschaft und hielten es auch wichtiger, mehr Informationen über diese Waldnutzungsform zu erhalten. Das zunehmende Interesse kann vor allem mit zwei Aspekten in Zusammenhang gebracht werden. Zum ersten, dass die älteren Befragten vermutlich mit dem Ausdruck „Wiederbelebung einer Tra- dition“ etwas positives verbanden, und zum zweiten, dass knapp 15 % der ältes- ten Generation die Holznutzung als wichtiger Anspruch an den Wald stellten, während diese Anforderung bei den unter 30-Jährigen kein einziges Mal erwähnt wurde. Zudem erinnerten sich einige der älteren Befragten noch an die Zeit, als die Niederwaldwirtschaft verbreitet war, und konnten deshalb einen schnellen Zugang zum Thema finden. In der Studie von GOLD et al. (2007: 44) wurde zwi- schen der Höhe des Alters und der Zustimmung zur Waldnutzung ebenfalls ein

27 Frage 10 lautete: „Was halten Sie davon, wenn kleinflächige Abholzungen dafür sorgen sollen, den Wald traditionell zu nutzen und dadurch Holz zum Heizen zu gewinnen?“

209 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

positiver Zusammenhang beobachtet. Die jüngeren assoziieren mit der Holznut- zung und somit vermutlich auch mit der Niederwaldbewirtschaftung eher eine Art „Waldzerstörung“. Gestüzt wird diese Vermutung durch die Aussage von THEES & LEMM (2009: 693), die darauf hinweisen, dass eine verstärkte Holznut- zung von der Öffentlichkeit meistens kritisch betrachtet wird, da die Mehrheit sich mit der Erforderlichkeit und Sinnhaftigkeit der Holznutzung nicht auskennt.

6.5.2.3 Waldbesuchshäufigkeit

Die Entfernung vom Wohnort zum nächsten Wald bestimmt maßgeblich die Häufigkeit der Waldbesuche. Je näher die Wohnung zum nächsten Wald liegt, umso häufiger besu- chen die Menschen den Wald (BICHLMAIER 1969). LOESCH (1980: 94) benennt dieses Phä- nomen als „Distanzempfindlichkeit“. Er konnte nachweisen, dass als Grenzwert für den regelmäßigen Waldbesuch – wobei der Wald mindestens einmal im Monat oder mehr aufsucht wird – eine Entfernung von maximal 2 km gilt (ebd.: 95). In der vorliegenden Studie hatte die Waldbesuchshäufigkeit einen wesentlichen Einfluss auf die Einstellung zum Wald und auf dessen Nutzung. GASSER (1997: 30) unterstreicht hierzu, dass, je häufiger die Menschen den Wald besuchen, sie desto mehr die im Wald stattfindenden natürlichen Vorgänge begutachten und den Wald eher als bedeutenden Naturraum betrachten. Diese Einstellung konnte in der vorliegenden Studie auch bestä- tigt werden:  Die regelmäßigen Waldbesucher sind für das Geschehen im Wald vielmehr inte- ressiert und zeigen gleichzeitig eine größere Toleranz gegenüber der Holzpro- duktion. Sie nehmen gern Informationen an, um die natürlichen Waldprozesse zu verstehen und wünschen sich unmittelbar eine Aufklärung, wenn neue Eingriffe in das Waldökosystem geplant werden. Nach der Aufklärung zeigten die häufigen Waldbesucher im Gegensatz zu den sporadischen Waldbesuchern ein spürbar größeres Interesse an Niederwaldwirtschaft und räumten zusätzlich den Nie- derwäldern eine wesentlich größere touristische Nutzungsmöglichkeit ein.  Die seltenen Waldbesucher stellen sich dagegen als Leitbild einen möglichst un- berührten und „urwaldmäßigen“ Wald vor. Für sie war die „Natürlichkeit“ als An- spruch an Wald besonders wichtig. Dementsprechend nahmen sie die abgeholzte freie Fläche als äußerst negativ wahr, so dass 42 % dieser Gruppe diese sofort aufforsten würden. Im Vergleich dazu würden nur 22 % der regelmäßigen Wald- besucher im freien Bestand etwas verändern.

6.5.2.4 Wohnort der Befragten

In den westlichen Industrieländern gibt es heutzutage zwischen den Land- und Stadtbe- völkerung bei der Einstellung zur Natur keinen großen Unterschied mehr, da auch auf dem Lande nur noch wenige von der Land- und Forstwirtschaft leben (AUGENSTEIN 2002: 76-77). Diese Hypothese könnte mit der vorliegenden Untersuchung widerlegt werden, da die Herkunft der Befragten eine große Rolle dabei zu spielen schien, wie die Men- schen die Landschaft wahrnahmen und über die Wälder sowie deren Nutzung dachten. Sowohl die Stadt- als auch die Landbewohner hatten eine klare eigene Vorstellung dar- über, welche Funktionen ein Wald erfüllen soll. Innerhalb der beiden Gruppen gab es auch bei den Aufenthaltsmotiven und der Landschaftswahrnehmung große Übereinst- immungen:

210 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

 Die Stadtbewohner besuchen den Wald seltener als die Landbevölkerung. Andere deutschen Studien bestätigen auch, dass Landbewohner i.d.R. eine höhere Wald- besuchsfrequenz haben (GOLD et al. 2007: 38, WIPPERMANN & WIPPERMANN 2010: 26).  Wenn städtische Menschen Orte benennen sollen, wo sie sich gut erholen kön- nen, werden die Wälder als wichtiger Erholungsort angesehen (WILD-ECK 2001: 82). In der vorliegenden Untersuchung scheint die „Erholungsmöglichkeit“ als Anspruch an Wald für die Stadtbevölkerung mit 65 % Zustimmung auch wichtig zu sein. Im Vergleich dazu hielt es nur jeder zweite Landbewohner für wichtig, die Erholungsfunktion als Anforderung an den Wald anzugeben. Darüber hinaus tauchte das Aufenthaltsmotiv „Wald erleben“ mit 17 % bei doppelt so vielen Stadtbewohnern auf, als bei den Befragten aus einer ländlichen Region (9 %).  HUNZIKER (2000: 96) fand in seiner Untersuchung heraus, dass Stadtbewohner eher Naturlandschaften als Kulturlandschaften bevorzugen. Stadtmenschen nehmen die kultivierten Landschaften negativer wahr, da sie im Vergleich zur Landbevölkerung weniger Bezug zur Landnutzung haben und damit gegenüber der Bewirtschaftung eine geringere Wertschätzung zeigen. Ein ähnliches Bild zeigte sich auch bei der vorliegenden Studie. Während Landbewohner die „Holz- nutzung“ als Anspruch an den Wald für wichtig hielten und mit der Idee der „kleinflächigen Abholzung, um Brennholz zu gewinnen“, mehrheitlich einver- standen waren, zeigten die Stadtbewohner für die Holzproduktion wesentlich weniger Interesse. Zudem beurteilten die Landbewohner die freie Fläche weitaus positiver als Stadtbewohner. 46 % der Befragten von dem Lande belegten die Abholzung mit positiven Begriffen, während nur 38 % das Gegenteil empfand. Anderer Meinung waren die Stadtbewohner: 48 % hatten eine negative und nur 35 % eine positive Einstellung gegenüber der freien Fläche. Folglich wollten die städtischen Befragten diese vielmehr verändern. Sie würden den Bestand näm- lich am liebsten aufforsten.  An der Landschaft gefällt vor allem den Stadtbewohnern der große Verkehr nicht. Er wurde von jedem dritten Befragten aus einer Stadt als besonders belästigend empfunden, währenddessen nur 13 % Befragten von dem Lande sich über den Straßenverkehr beklagten. Dies ist nicht verwunderlich, da ländliche Räume der Stadtbevölkerung als Ausgleichsräume für die schlechten Umweltbedingungen der Städte dienen (SRU 1988: Tz. 2166). Bei Freizeit und Erholung in Natur und Landschaft wird vor allem nach Ruhe und frischer Luft verlangt, weshalb ver- kehrsbedingter Lärm und Luftbelastung als sehr negativ wahrgenommen wer- den.  Des Weiteren ist auffällig, dass der Anteil derer, die sich eine Abholzung erst vor- stellen können, wenn auch die Bäume nachwachsen oder nachgepflanzt werden, bei der Stadtbevölkerung mit 22 % doppelt so groß war als bei der Landbevölke- rung (11 %). Da es sich hierbei um eine offene Frage handelte, wurden die Be- fragten durch vorgefertigte Antworten nicht beeinflusst. Das heißt, dass die For- derung nach einer nachhaltigen Holznutzung von den Befragten selbst kam. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass Stadtbewohner sich mehr um ihre Umwelt sorgen als Menschen aus ländlichen Regionen. FRANZEN & MEYER (2004: 126) nehmen auch an, dass das Umweltbewusstsein bei den Stadtbewohnern im Ver- gleich zur Landbevölkerung oft ausgeprägter ist.

211 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

6.5.2.5 Bildungsniveau der Befragten

In der vorliegenden Studie scheint der Bildungsstand vor allem auf die Waldbesuchsfre- quenz, die Beurteilung der freien Fläche sowie auf das Interesse an Niederwäldern einen Einfluss zu haben:  Mehrere Studien weisen darauf hin, dass zwischen der Waldbesuchshäufigkeit und dem Bildungsstand ein Zusammenhang besteht. Bei einer Umfrage in der Re- gion Hamburg fand ELSASSER (1994: 6) heraus, dass die Waldbesuchsfrequenz mit steigendem Ausbildungsstand abnimmt. In der vorliegenden Untersuchung konn- te dieselbe Tendenz beobachtet werden. LOESCH (1980: 91) und WIPPERMANN & WIPPERMANN (2010: 26) kamen jedoch zu einem entgegengesetzten Ergebnis und stellten fest, dass die regelmäßigen Waldbesucher eher aus den „gebildeteren“ Bevölkerungsschichten stammen bzw. mit dem Bildungsgrad die Waldbesuchs- häufigkeit steigt.  Die freie Fläche wurde vor allem von den Menschen mit höherem Bildungsab- schluss negativ wahrgenommen. Die Mehrheit dieser Gruppe vermutete hinter dem baumfreien Bestand den Zweck einer Holznutzung. Die „Holzproduktion“ als Anspruch an Wald gaben sie zwar selten an, fanden jedoch die Idee, mit der klein- flächigen Abholzung Brennholz zu gewinnen, richtig. Die Sinnhaftigkeit der Holz- nutzung wurde also von Befragten mit höherem Bildungsgrad nicht bezweifelt, nur empfanden sie die damit verbundenen Abholzungen aus ästhetischer Sicht nicht schön. Vermutlich u.a. aus diesem Grund räumten sie im Vergleich zu den Befragten mit niedrigerem Bildungsstand den Niederwäldern wenig touristische Nutzungsmöglichkeit ein, da der Niederwaldbetrieb mehr oder weniger mit groß- flächigen Abholzungen verbunden ist.  Befragte mit höherem Bildungsabschluss zeigten im Vergleich zu den weniger gebildeten Menschen nach der Aufklärung ein größeres Interesse an Niederwäl- dern. Sie tun dies jedoch nicht, damit eine alte Tradition erhalten bleibt, was sich darin zeigt, dass die „Frage 11“28 von den „Gutgebildeten“ im Ergebnis wesentlich öfters abgelehnt und weniger befürwortet wurde als von den über eine niedrige- re Formalbildung Verfügenden. Das große Interesse an der Niederwaldnutzung lässt sich vermutlich vielmehr mit dem ökonomischen und ökologischen Nutzen der Niederwaldwirtschaft erklären. Gestüzt wird diese Annahme durch die Er- gebnisse einer repräsentativen Umfrage von BMU & BFN (2012). Danach ist der Wunsch nach mehr Kenntnissen über die Natur und die wirtschaftliche Rolle der Natur bei Menschen mit hohem Bildungsgrad am stärksten ausgeprägt (BMU & BFN 2012: 52). Dieses Verhaltensmuster der „Gutgebildeten“ ließ sich auch bei der vorliegenden Untersuchung beobachten, als die Befragten innerhalb derer über die wirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Aspekte der Niederwald- wirtschaft aufgeklärt wurden.

6.5.2.6 Befragungszeitpunkt

Auf den ersten Blick scheint der Zeitpunkt der Befragung eine beachtliche Rolle dabei zu spielen, wie die Menschen die Landschaft und den Wald wahrnehmen bzw. über die Niederwaldwirtschaft denken. Schließlich ließen sich bei mehreren Fragen im Hinblick

28 Frage 11 lautete: „Finden Sie es wichtig, eine ehemalige Waldnutzungsform wiederzubeleben, wenn Sie wissen, dass dadurch eine Tradition zu erhalten ist?“

212 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder auf die Jahreszeiten klare Tendenzen beobachten. Werden jedoch die soziologischen Merkmale der Befragten hierzu betrachtet, fällt auf, dass 92 % der Befragten im Herbst über 50 Jahre alt waren oder anders gesagt, 53 % dieser Altersklasse im Herbst befragt wurden. Aufgrund dessen ist es nicht erstaunlich, dass zwischen der ältesten Alters- gruppe und der Jahreszeit „Herbst“ öfters eindeutige Parallelitäten zu beobachten wa- ren. Hier stellt sich die Frage, ob es überhaupt einen Sinn macht, zwischen den Antwor- ten eine jahreszeitliche Differenzierung zu machen, wenn bei der Herbstbefragung die über 50-Jährigen eindeutig überrepräsentiert waren. Schließlich scheint es möglich zu sein, dass es sich oft weniger um jahreszeitspezifische Tendenzen handelt, sondern vielmehr um altersbedingte Ansichten. Hierfür spricht beispielsweise der Anspruch an ein „gutes Wegenetz“ im Wald, der im Herbst eine erstaunlich hohe Zustimmung er- reichte. Im Herbst gaben 54 % und im Frühjahr lediglich 27 % der Befragten an, dass ein gut ausgebautes Wegenetz im Wald wichtig sei. Darüber hinaus herrschten bei drei wei- teren Fragestellungen ebenfalls große Übereinstimmungen zwischen den Ansichten der über 50-Jährigen und Herbstbefragten, und zwar als es um die Beurteilung der freien Fläche, um die „Wiederbelebung einer alten Waldnutzungsform, um eine Tradition zu erhalten“ bzw. um die Einschätzung der touristischen Nutzungsmöglichkeit der Nieder- wälder ging (s.o.). Demnach wurde die freie Fläche im Herbst auch positiver wahrge- nommen, ebenso wie die Wiederbelebung einer alten Waldbewirtschaftungsform auf mehr Zustimmung stieß und die Niederwälder für den Fremdenverkehr interessanter zu sein schienen. Es gab jedoch auch Fragestellungen, bei denen der Einfluss des Alters mit Sicherheit keine größere Rolle spielte als andere Untersuchungsmerkmale. Hierzu lassen sich fol- gende Bespiele aufführen:  Die „Erholungsmöglichkeit“ als Anspruch an Wald erreichte im Frühjahr 52 %, im Sommer 70 % und im Herbst 60 % an Befürwortung. Dass die „Erholung“ im Sommer für die Befragten eine so wichtige Anforderung war, hängt vermutlich damit zusammen, dass es zum Zeitpunkt der Befragung außergewöhnlich heiß war. Die geschützte Tallage macht die Moselregion zu einer der wärmsten in Deutschland und im Freien bieten nur die umliegenden Wälder an heißen Tagen eine Zuflucht vor der prallen Sonne. Im Vergleich dazu waren während der Früh- jahrsbefragung die Voraussetzungen für eine „perfekte“ Erholung im Wald weni- ger gegeben. Denn es war noch relativ kalt (etwa 10-12 °C) und zusätzlich trugen die Bäume noch keinen Laub, was aus ästhetischer Sicht einen kritischen Punkt bei der Beurteilung der Wälder darstellt. Unter solchen Bedingungen würden vermutlich weniger Befragte den Wald mit der Absicht besuchen, um sich dort zu erholen. Der Befragungszeitpunkt und in diesem Zusammenhang die aktuelle Wetterlage bzw. die sich jahreszeitlich ändernde ästhetische Wahrnehmung der Wälder schienen eine bedeutende Rolle dabei zu spielen, inwieweit die „Erho- lungsmöglichkeit“ als Anspruch an den Wald für die Befragten wichtig war.  Etwa ein Drittel der Befragten (31-35-36 %) hob die Mosel unabhängig vom Be- fragungszeitpunkt als beachtenswerten Bestandteil der Landschaft hervor. Dies ist nicht verwunderlich, da das Landschaftsbild neben den Hängen primär vom Fluss geprägt wird. Auch die Aussicht auf die charakteristische Mosellandschaft wurde annähernd konstant von 10 bis 15 % der Befragten gewürdigt.  Eine weitere interessante Feststellung ist, dass der Anteil derer, die die Entste- hung der freien Fläche als Sturmereignis ansahen, im Frühjahr wesentlich höher war als im Sommer oder Herbst. Dieses Ereignis lässt sich eindeutig mit dem Or- kan „Xynthia“ in Zusammenhang bringen, der im Februar 2010 landesweit enor-

213 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

me Schäden anrichtete. Zwei Monate nach dem Sturm konnte man noch immer an mehreren Stellen in den Wäldern die Spuren der Zerstörung entdecken.

Insgesamt lässt sich nicht ermitteln, inwieweit die ungleichmäßige Alterszusammenset- zung im Herbst auf das jahreszeitbezogene Fazit wirkte. Schließlich lassen sich komple- xe Zusammenhänge zwischen mehreren Variablen nur mithilfe höherer statistischer Verfahren der Inferenzstatistik erkennen, die ausschließlich bei repräsentativen Umfra- gen eingesetzt werden können.

6.6 Reflektion der Experteninterviews

6.6.1 Methodenkritik: Experteninterview

Das Ziel der Experteninterviews war es, die touristische Nutzungsmöglichkeit der Nie- derwälder zu erforschen und basierend auf den Expertenmeinungen bzw. den Ergebnis- sen der Befragungen Vorschläge zu machen, wie sich die Niederwälder in neue touristi- sche Konzepte einbinden lassen. Für die Gewinnung der Expertenkenntnisse fiel die Wahl auf das leitfadengestützte In- terview. Mit der Anwendung des Leitfadens wird für das Interview ein gewisser Rahmen vorgegeben, damit alle gewünschten Themen behandelt werden und die Vergleichbar- keit der Interviews einfacher wird (FLICK 2002: 144-145). Da das Gespräch von den in- terviewten Personen selbst gesteuert wird, können trotz Leitfaden individuelle Meinun- gen gesammelt werden. Folglich stellt diese Vorgehensweise einen optimalen Mittelweg zwischen der absoluten Freiheit des Erzählenden (narratives Interview) und einem strikt festgelegten Fragekatalog dar. Insgesamt wurden acht Experten interviewt, darunter Bürgermeister, Entscheidungs- träger von Tourismusbüros, Förster und Naturschutzexperten mit jeweils 2 Personen. Da die Ansichten teilweise auch innerhalb der Berufsgruppen verschieden waren, hätte vermutlich die Einbeziehung weiterer Experten ein noch differenzierteres Meinungsbild zum Thema „Niederwald und Tourismus“ gegeben. Vor der Transkription wurde festgelegt, dass die Expertenaussagen nur inhaltlich inter- pretiert werden, da die paraverbalen und verbalen Äußerungen für die Forschungsfrage eine untergeordnete Rolle spielen. Folglich wurde bei der Verschriftlichung auf die Do- kumentation solcher Merkmale verzichtet. Ein weiterer Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass dadurch auch viel Zeit gespart wurde. Zur Auswertung der Interviews wurde die qualitative Inhaltsanalyse eingesetzt. Da die Zielsetzung durch diese Vorgehensweise klar erreicht wurde, erwies sich die ausgewähl- te Methode im Ganzen als gut geeignet.

6.6.2 Expertenmeinungen zu der touristischen Nutzungsmöglichkeit der (ehema- ligen) Niederwälder

6.6.2.1 Landschaftswahrnehmung in den Untersuchungsräumen – Welche Rolle spielen dabei die Wälder?

Der Tourismus spielt zweifellos eine übergeordnete Rolle in Rheinland-Pfalz. Laut Ex- pertenmeinungen liegt das Interesse der Touristen in der Moselregion primär auf dem

214 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Wein, im Oberen Mittelrheintal hingegen vor allem auf den kulturhistorischen Werten, Burgen und Schlössern, malerische Städten und auf der einzigartigen Ausformung der Flusslandschaft. Obwohl die Wälder in beiden Untersuchungsräumen unbestritten als charakteristischer Bestandteil der Landschaft angesehen werden, werden sie laut Exper- ten von den Touristen dennoch nur als „grüne Kulisse“ wahrgenommen und stellten keinen vorrangigen Anlass für eine Reise in diese Regionen dar. Die Experten sind sich einig darüber, dass es abgesehen von einigen geführten Exkursionen bzw. Wander- und Radwanderwegen, die teilweise durch die Wälder führen, derzeit keine speziellen Ange- bote für Touristen gibt, die mit dem Wald verbunden sind oder Themen wie „Wald“ oder „Waldnutzung“ aufgreifen. Folglich werden die umliegenden Wälder aus „klassischen“ Motiven aufgesucht, die bereits in mehreren Studien (LOESCH 1980, GOLD et al. 2007, WIP- PERMANN & WIPPERMANN 2010) beschrieben wurden. Solche herkömmlichen Anlässe sind z.B. spazieren gehen, wandern, Sport treiben, Erholung und frische Luft (LOESCH 1980: 49, GOLD et al. 2007: 39). Auch wenn die Wälder für das Mosel- und Mittelrheintal aus touristischer Sicht nicht das zentrale Thema darstellen, bleiben sie vom Fremdenverkehr nicht unberücksichtigt. Eine Vielzahl an Untersuchungen belegt, dass der Wald von den Menschen positiv wahr- genommen wird (GOLD et al. 2007: 37). FORSTER (2009: 189) erklärt hierzu, dass der Wald für Erholungssuchende und Touristen „eine jener Sehnsuchtlandschaften ist, die für Naturerlebnis, aktive oder kontemplative Erholung, Ruhe und Stille steht. Des Weiteren steht der Wald als Symbol „für Naturschönheit, Idylle und das verlorene Paradies“ (ebd.: 189). Gerade als solche „märchenhafte“ Kulisse spielt der Wald laut Touristikern in den Rhein- und Mosellandschaften eine bedeutende Rolle. Wenn die Touristen Burgen, Schlösser oder Ruinen besichtigen wollen, haben sie meistens ein ähnliches Vorstellungsbild im Kopf: eine Burg, die in einer abenteuerlich schönen, romantischen Waldlandschaft liegt und von Bergen umgeben ist. Ohne die Waldkulisse wäre das idealisierte Vorstellungs- bild komplett zerstört. Zudem bietet der Wald an heißen Sommertagen Schutz vor der prallen Sonne und im Herbst fällt er den Besuchern zudem wegen der schönen Laubver- färbung der Bäume positiv auf. Summa summarum stellen die Wälder also einen wichti- gen Erlebnisfaktor für den Tourismus dar.

6.6.2.2 Was ist ein schöner Wald?

Wenn reine Laub- und Nadelwaldbestände bewertet werden, werden die Laubwälder von den Menschen aus ästhetischer Sicht mehr bevorzugt (SCHRAML 2009: 20, BORMANN 2011: 11). Rheinland-Pfalz ist ursprünglich ein Laubwaldgebiet, doch infolge der Welt- kriege und Übernutzung wurden viele Laubwälder in schnell gewinnbringende Nadel- holzkulturen umgewandelt. Im Laufe der Zeit stellte sich heraus, dass Nadelbäume ge- genüber Krankheiten und extremen Wetterereignissen anfälliger sind als die heimischen Laubbaumarten, weshalb laut den befragten Experten seit Jahren angestrebt wird, die Laubholzanteile wieder zu erhöhen. Das Zurückkehren zu Laubwäldern lässt sich also primär mit wirtschaftlichen und ökologischen Gesichtspunkten begründen, wobei ästhe- tische Absichten dadurch auch erfüllt werden. Mit der Wiederbelebung der Nieder- waldwirtschaft könnte das Image der Laubwälder in den Untersuchungsräumen weiter verstärkt werden. Doch nur weil für die Niederwaldwirtschaft ausschließlich die Laub- bäume geeignet sind, müssen diese Wälder von der Bevölkerung nicht automatisch als schön empfunden werden. Die Frage besteht nun darin, ob die Niederwälder das favori- sierte Waldbild erfüllen.

215 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder

Sollen Waldbesucher ihr präferiertes Waldbild beschreiben, bevorzugen sie mehrheit- lich das Bild eines „Mischwaldes“ (STÖLB 2005: 268). Mischwald wird hier nicht als forst- liche Kategorie verstanden, sondern vielmehr als ein abwechslungsreicher Wald mit unterschiedlichen Baumarten und Alter sowie mit zahlreichen Formen, Farben und Lichteffekten (siehe auch Kap. 6.1.3). Dass Waldbesucher einen mannigfaltigen Wald viel mehr favorisieren als monotone Waldpartien, wurden von den befragten Experten ebenso bestätigt. Des Weiteren kommt das Bild eines „wilden, unberührten Waldes“ im Vergleich zum „sauberen, gepflegten Wald“ bei den Waldbesuchern besser an (BERNASCO- NI & SCHROFF 2003: 43). Auf Ähnliches lassen die Ergebnisse der Befragung schließen, da z.B. die „Sauberkeit“ als Anspruch an Wald nur für zwei der 148 Befragten notwendig war, während „Natürlichkeit“ und „Unberührtheit“ an beiden Befragungsorten beson- ders wichtig waren. Ein interviewter Förster weist jedoch darauf hin, dass die Präferenz eines „wilden, unberührten“ Waldbildes auch Grenzen hat und ein gepflegter Wald manchmal besser bewertet wird als ein auf sich gelassener. Er nannte hierzu als Beispiel die Windwurfflächen, die zwar nicht anthropogen verursacht werden und somit als Teil der außermenschlichen Natur aufgefasst werden können, werden jedoch von den Men- schen meistens „unordentlich“ und „negativ“ empfunden, weshalb er das Liegenlassen der Bäume aus landschaftsästhetischer Sicht nicht empfehlt. Dies passt mit den For- schungsergebnissen von DIEKMANN et al. (1999: 105) zusammen, nachdem sie heraus- fanden, dass die Bevölkerung sich „eine vielfältige und weitgehend naturbelassene Um- welt“ erwünscht, gleichzeitig jedoch eine Waldpflege befürwortet, die „nicht stärker als nötig oder nur massvoll in natürliche Abläufe eingreifen soll“. Insgesamt lässt sich festhalten, dass Niederwälder sich am geringsten mit Begriffen wie „natürlich“, „unberührt“ oder „urwaldmäßig“ beschreiben lassen, weshalb man davon ausgehen muss, dass durch diese Waldnutzungsform nicht das Idealbild eines „schönen“ Waldes entsteht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Niederwälder von den Menschen nicht als schön empfunden werden können, sondern besagt nur, dass sie nach den obigen Merkmalen das idealisierte Vorstellungsbild eines schönen Waldes nicht repräsentieren.

6.6.2.3 Wie werden die Einschläge von der Bevölkerung beurteilt?

Experten weisen darauf hin, dass die Mehrheit der Menschen nicht weiß, was sich hinter den Begriffen „Niederwald“, „Mittelwald“ oder „Hochwald“ verbirgt. Diese Erfahrung wurde bei der Umfrage ebenfalls gemacht, da nur wenige ältere Befragte den Ausdruck „Niederwald“ kannten oder eine Vorstellung darüber hatten, wie Niederwälder ausse- hen. Diese Personen erlebten i.d.R. selbst, dass früher ganze Hänge „auf den Stock ge- setzt“ wurden. Schwerpunkte der „aus Stockausschlag entstandenen“ Wälder liegen in Rheinland-Pfalz entlang der Täler der Mosel, der Saar und des Rheines (siehe auch Kap. 3.4). Da sich lan- desweit die größten touristischen Aufkommen an den Flüssen beobachten lassen (ANO- NYMUS 2010: 106), stellt es einen kritischen Punkt dar, wie die Touristen im Fall der Wiederbelebung dieser Waldnutzungsform auf die Veränderung des Landschaftsbildes reagieren würden. Die traditionelle Niederwaldwirtschaft war mit großflächigem schlagweisem Abtreiben der Bäume verbunden, weshalb diese eine gravierende Verän- derung im Landschaftsbild verursachte. Auch wenn es sich aus forstpolitischer Sicht beim Niederwaldbetrieb nicht um eine Kahlschlagbewirtschaftung handelt, können die Einschläge nach den befragten Experten vor allem im ersten Jahr von der Bevölkerung als „kahlschlagähnlich“ empfunden werden und Kahlschläge werden laut VON WYL et al. (2006: 37) „als brutaler Eingriff in die Natur“ beurteilt und somit meistens negativ wahr-

216 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder genommen. Mit der vorliegenden Untersuchung wurde versucht herauszufinden, wie Einschläge im Wald wahrgenommen werden. Bei der Umfrage zeigte sich, dass, wenn in der besichtigten Landschaft nur ein bis zwei kleinere29 Hiebsflächen vorkommen, diese von den Betrachtern von der Ferne gar nicht wahrgenommen werden. Vermutlich lässt sich dies zunächst damit im Zusammenhang bringen, dass die Befragten von anderen Landschaftselementen wie von der Mosel, Weinbergen und Dörfern viel mehr angeregt waren, sodass ihnen kleinere freie Flächen im Wald nicht ins Auge fielen. Im Gegensatz dazu wurde der Einschlag im Mattheiser Wald vor Ort betrachtet. Die Schlagfläche fiel den Waldbesuchern sofort auf, wurde je- doch überraschenderweise kein einziges Mal negativ beurteilt. 50 % der Befragten emp- fanden die Fläche sogar als schön, 38 % als neutral und nur 12 % konnten sich diesbe- züglich nicht entscheiden. Eine positive Einstellung zu kleineren Schlägen lässt sich laut Experten mit unterschied- lichen Gründen erklären. Auf einige von denen werden auch in der Literatur hingewie- sen. Beispielsweise können die Einschläge von den Waldbesuchern als Aussichtspunkt genutzt werden (STÖLB 2005: 244). Aus ästhetischer Sicht wird dabei als besonders at- traktiv empfunden, dass dort im Kontrast zu dichten Wäldern eine blütenreiche Pflan- zenwelt und viele Insekten beobachtet werden können (SCHERZINGER 1996: 345). Zudem erhöhen die Einschläge die Vielfalt im einzelnen Waldgebiet und es ist bewiesen, dass abwechslungsreiche Waldpartien von den Waldbesuchern mehr bevorzugt werden als monotone Waldgebiete (STÖLB 2005: 292). Hierzu muss aber nach Meinung der Experten klar gestellt werden, dass die Abholzungen nicht zu groß sein dürfen, da überdimensio- nierte Einschläge eindeutig eine landschaftsbildzerstörerische Wirkung haben (STÖLB 2005: 245). Wie groß letztendlich ein Einschlag sein darf, lässt sich laut STÖLB (2005: 245) nicht pauschal sagen, da dies von vielen Aspekten abhängt. Insgesamt gilt jedoch die Lage des Mosel- und Mittelrheintales aufgrund des hohen touristischen Aufkommens als empfindlich, weshalb die Schläge dort nur gut durchdacht geplant werden können.

6.6.2.4 Können Niederwälder aus touristischer Sicht genutzt werden?

Zwar räumten alle Experten dem Niederwald zumindest ein gewisses touristisches Po- tenzial ein, doch waren sie sich nicht darüber einig, ob sich daraus ein größeres Konzept erstellen lässt. Die Mehrheit argumentierte damit, dass dieses Thema zu unbekannt sei, damit die touristischen Dienstleister ohne Zweifel in ein neues Projekt mit Niederwäl- dern investieren würden. Bevor man sich also über neue touristische Konzepte Gedanken macht, sollten die Men- schen zuerst wissen, was ein Niederwald überhaupt ist. Laut Expertenmeinungen kann der Niederwald bei der Bevölkerung Interesse wecken, wenn das Augenmerk auf solche Merkmale der Niederwaldwirtschaft gelenkt wird, die bereits anderweitig bekannt sind und in einem breiten Kreis von Menschen eine besondere Aktualität sowie eine gesell- schaftliche Aufmerksamkeit genießen. Mit der Niederwaldwirtschaft lassen sich Stich- wörter wie „Umweltschutz“, „Klimawandel“, „erneuerbare Energie“, „Nachhaltigkeit“ oder „Naturschutz“ ansprechen. Diese stellen gleichzeitig wichtige Aspekte der nachhal- tigen Freizeitgestaltung und des künftigen touristischen Angebotes dar (SCHMIED et al. 2009: 8-9, FREERICKS et al. 2010: 254-255). Das Behandeln solcher Themen in Bezug auf die Niederwälder würde den touristischen Nutzungsmöglichkeiten dieser Waldnut- zungsform ganz neue Perspektive eröffnen. Da die Niederwälder ferner über einen be-

29 Nach eigener Schätzung max. 0,5-0,7 ha große Einschläge im Wald.

217 Touristisches Potenzial der ehemaligen Niederwälder eindruckenden historischen Wert verfügen, könnte der Kulturtourismus aus der Wie- derbelebung der Niederwaldwirtschaft auch profitieren. Touristiker weisen darauf hin, dass bei der Erarbeitung eines neuen touristischen Kon- zept erwartet wird, dass es mindestens einen der fünf oder am besten mehrere Schwer- punkte der Tourismusstrategie 2015 anspricht. Diese Themen sind das Wandern, das Radfahren, die Wein- und Weinkulturlandschaft, die Gesundheit und die Kultur (MWVLW 2008: 10). Insgesamt lässt sich feststellen, dass alle vorgeschlagenen neuen Konzepte (siehe auch Kap. 6.1.1.1) mindestens mit einem, aber manche sogar mit meh- reren Schwerpunktthemen in Zusammenhang gebracht werden können. Trotz der vielen Aspekte, die den Niederwald aus touristischer Sicht attraktiv machen, räumten die befragten Experten einstimmig zunächst nur nach der Aufklärung ein tou- ristisch nutzbares Potenzial ein. Dies kann in erster Linie durch die Presse stattfinden, aber auch der Ausbau eines Themenwanderweges oder Exkursionen stellen gute Mög- lichkeiten dar, damit die Menschen die Niederwaldwirtschaft näher kennenlernen. Von größeren Investitionen rieten jedoch die Experten zuerst ab (z.B. das Organisieren eines Niederwald-Wochenendfestes), da diese mit zu viel Unsicherheiten verbunden sind.

218 Ausblick

7 Ausblick

Wie Wälder bewirtschaftet werden, hängt meistens von der Rentabilität der jeweiligen Bewirtschaftungsform ab. Diese steht selbst dann im Vordergrund, wenn für ein Bewirt- schaftungskonzept eine Reihe andere, allerdings aus ökonomischer Sicht nicht oder nur bedingt erfassbare Faktoren wie z.B. umweltschützerische, ökologische Gesichtspunkte oder kulturhistorische Bedeutung etc. sprechen. Die großflächige Niederwaldbewirt- schaftung wurde spätestens seit Anfang des 20. Jh. in Rheinland-Pfalz wegen mangeln- der Wirtschaftlichkeit eingestellt und nur noch in Notzeiten kurzfristig wiederbelebt. Folglich gibt es Niederwälder im klassischen Sinne mit ihrer relativ kurzen Umtriebszeit (meistens max. 40 Jahre) nicht mehr und deren Mehrheit ist damit mittlerweile schwer- punktmäßig schon zwischen 60 und 90 Jahre alt.

Die verstärkte Nachfrage nach Energieholz der letzten Jahre führte jedoch dazu, dass die überalterten Niederwälder mit ihrem erheblichen Holzpotenzial erneut ins Visier der Forstexperten geraten sind. Es wurde allerdings schnell festgestellt, dass für Stockaus- schlagwälder der heutigen Zeit konforme Behandlungskonzepte fehlen. Es mangelte bei- spielsweise an Erfahrung über geeignete Holzernteverfahren und es war auch ungewiss, ob die Bäume noch immer fähig sind, auszutreiben. Solche Unklarheiten führten dazu, dass der Bedarf an einem in der Praxis erprobten Behandlungskonzept groß geworden ist, was schließlich auch den Anlass dafür gab, dass das Projekt „Schutz und Nutzung: Ein Raum-Zeit-Konzept für die multifunktionale Entwicklung der Stockausschlagwälder in Rheinland-Pfalz“ ins Leben gerufen wurde.

Im Kapitel 4 wurde dazu basierend auf stichprobenartigen Erhebungen auf Bestandes- ebene (Struktur- und Vegetationsaufnahmen) die lokale Funktion der ehemaligen Nie- derwälder ermittelt und dabei festgestellt, dass obwohl sich der „Niederwaldcharakter“ noch eindeutig erkennen lässt, die Bestände inzwischen ihre für Niederwälder charakte- ristischen Funktionen verloren haben. Dies äußert sich z.B. darin, dass die Stabilität der überalterten Bäume maßgeblich nachgelassen hat, was vor allem in der Hanglage zu er- heblichen Problemen führt, weil das Risiko für einen Steinschlag und Erdrutsch steigt. Ein weiterer Beweis für den Funktionsverlust ist zudem, dass die für die Niederwälder typische hohe Artenvielfalt in den untersuchten Beständen aufgrund des Lichtmangels deutlich zurückgegangen ist.

Um schließlich einen Ausblick zu geben, worin die Zukunft der ehemaligen Niederwäl- der besteht, muss von einer rein ökonomischen Betrachtungsweise als einzigen Bewer- tungsaspekt ganz klar abgeraten werden. Denn es ließ mit der vorliegenden Arbeit ein- deutig unterstreichen, dass Niederwaldbestände für den Naturschutz von großer Bedeu- tung sind, was sich vor allem auf deren Raum-Zeit-Dynamik und die in diesem Zusam- menhang entstehende hohe Artendiversität sowie auf deren Funktion als Ersatzlebens- raum für licht- und wärmeliebende Pflanzen- und Tierarten zurückführen lässt. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass die Niederwälder in den touristisch meistbesuchten Re- gionen von Rheinland-Pfalz − wie z.B. im Moseltal oder im zur UNESCO-Welterbestätte erklärten Oberen-Mittelrheintal − prägende Bestandteile des historischen Landschaft- bildes darstellen und somit einen hohen kulturhistorischen Wert aufweisen. Wird die Niederwaldnutzung in der nahen Zukunft nicht wieder aufgenommen, ist zu befürchten, dass das Kulturgut „Niederwald“ ganz verloren geht. Allein schon aus diesem Grund wä-

219 Ausblick re es wünschenswert, das Fundament eines Wertschätzungswandels zum Thema „Nie- derwaldwirtschaft in der heutigen Zeit“ zu legen, bei dem den monetär nicht definierba- ren Faktoren, die gleiche Relevanz wie dem ökonomischen Aspekt eingeräumt wird.

In diesem Zusammenhang wurde in Kapitel 5 der Versuch gestartet, ein wahrheits- getreues und gleichzeitig fortschrittliches Bewirtschaftungsmodell für Stockausschlag- wälder zu erstellen, wobei dem Natur- und Bodenschutz eine gleichwertige Gewichtung wie der Wirtschaftlichkeit zugeordnet wird. So wurde beispielsweise auf Kriterien wie minimale und maximale Schlaggröße, Reihenfolge der Schläge, zeitlicher Abstand zwi- schen zwei Erntephasen etc. ein besonderer Fokus gelegt, da diese den Natur- schutzwert der wieder niederwaldartig bewirtschafteten Waldbiotope maßgebend be- stimmen. Anschließend wurde die räumlich-funktionale Beziehung zwischen den neu geschaffenen Niederwaldbeständen überprüft, um einschätzen zu können, ob diese für ausgewählte Tierarten aus populationsökologischer Sicht einen dauerhaften Lebens- raum sichern können. Aus den Ergebnissen lässt sich prognostizieren, dass sich der po- sitive Effekt der Raum-Zeit-Dynamik erst entfalten kann, wenn die Niederwaldwirt- schaft auf größerer, zusammenhängender Fläche betrieben wird. Insgesamt bleibt je- doch die Frage offen, ob sich das vorgeschlagene Bewirtschaftungsmodell in der Praxis auch bewähren könnte. Um dies zu überprüfen, wären weiterführende Untersuchungen wünschenswert.

Das letzte Hauptkapitel der vorliegenden Arbeit widmet sich dem Themenfeld „Nieder- wald und Tourismus“. Es konnte dabei festgestellt werden, dass sich sowohl die befrag- ten Experten als auch die Touristen darüber einig sind, dass Niederwälder über aus tou- ristischer Sicht nutzbare Potenziale verfügen. Dies wurde primär mit dem beeindru- ckenden historischen Wert der Niederwaldwirtschaft begründet bzw. damit, dass mit Niederwäldern aktuelle Themen wie „Umweltschutz“, „Klimawandel“, „erneuerbare Energie“, „Nachhaltigkeit“ oder „Naturschutz“ angesprochen werden können, die bei einem breiten Publikum auf Interesse stoßen. Die Frage besteht nun darin, ob sich dar- aus auch ein größeres Konzept erstellen lässt, obwohl das Thema den befragten Exper- ten zufolge zu unbekannt sei. Um dies beantworten zu können, müssten sicherlich wei- terführende Befragungen mit einer größeren Stichprobe durchgeführt werden.

Bei einer abschließenden Bewertung kann grundlegend hervorgehoben werden, dass die Niederwaldnutzung aus ökologischer und kulturgeschichtlicher Sicht unumstritten schützenswert ist. Darüber hinaus stellen die bodenschützerische Funktion der Nieder- wälder sowie deren ökonomischer Wert – worunter vor allem das Potenzial durch die Brennholzerzeugung und auf besser wüchsigen Standorten durch die Parkettholzpro- duktion zu verstehen ist − weitere wichtigen Argumente dar, weshalb es wünschens- wert wäre, wenn Bewirtschaftungskonzepte für den Erhalt der Niederwälder in der Pra- xis umgesetzt werden würden.

220 Literaturverzeichnis

8 Literaturverzeichnis

Abetz, K. (1955): Bäuerliche Waldwirtschaft. Dargestellt an den Verhältnissen in Baden. Hamburg, : Parey. 348 S.

ADERHOLD, P. (2010): Die Urlaubsreisen der Deutschen. Kurzfassung der Reiseanalyse 2010. Kiel: FUR Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen. 115 S.

ALTHOF, W. (2001): Incoming-Tourismus. München, Wien: Oldenbourg. 356 S.

ANONYMUS (2010): Rheinland-Pfalz: Quell- und Zielmarkt im Deutschlandtourismus. Endbericht im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau. Trier: T.I.P. Biehl & Wagner. 107 S.

ARBEITSKREIS FORSTLICHE LANDESPFLEGE IN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FORSTEINRICHTUNG (1993): Biotop-Pflege im Wald. Ein Leitfaden für die forstliche Praxis. Greven: Kilda. 230 S.

AUGENSTEIN, I. (2002): Die Ästhetik der Landschaft. Ein Bewertungsverfahren für die pla- nerische Umweltvorsorge. Berliner Beiträge zur Ökologie, Bd 3. Berlin: Weißensee. 170 S.

BALLENSIEFEN, W. (1957): Die Agrarlandschaft der Wittlicher Senke und ihrer Nachbarge- biete. Arbeiten zur rheinischen Landeskunde, Heft 12. Bonn: Dümmler. 137 S.

BALTISBERGER, M. (2009): Systematische Botanik. Einheimische Farn- und Samenpflanzen. Zürich: vdf Hochschulverlag AG. 312 S.

BÄRNTHOL, R. (2003): Nieder- und Mittelwald in Franken. Waldwirtschaftsformen aus dem Mittelalter. Bad Windsheim: Fränkisches Freilandmuseum. 152 S.

BARTSCH, G. (1957): 304 Westlicher Hintertaunus. In: MEYNEN, E.; SCHMITHÜSEN, J. (Hrsg): Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands. 4. und 5. Lieferung. Remagen: Selbstverlag der Bundesanstalt für Landeskunde. S. 442-443.

BASTIAN, O.; SCHREIBER, K. F. (Hrsg.) (1999): Analyse und ökologische Bewertung der Landschaft. Heidelberg, Berlin: Spektrum Akademischer Verlag. 564 S.

BAUER, E. (1962): Der Soonwald im Hunsrück. Forstgeschichte eines deutschen Waldge- bietes. Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg. 250 S.

BAUER, E. (1963): Ein Beitrag zur Forstgeschichte des Siegerlandes. Reviergeschichte des Forstamtes Kirchen/Sieg. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 134 (5): 151-163.

BAUER, E. (1979): Aus der Geschichte der Wälder im Mosel-Hunsrück-Gebiet (Altkreis Bernkastel). Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 150 (7-8): 152-161.

BECKER, C.; JOB, H.; WITZEL, A. (1996): Tourismus und nachhaltige Entwicklung. Grundla- gen und praktische Ansätze für den mitteleuropäischen Raum. Darmstadt: Wissen- schaftl. Buchgesellschaft. 184 S.

221 Literaturverzeichnis

BECKER, G.; BAUHUS, J.; KONOLD, W. (2013): Schutz durch Nutzung: Ein Raum-Zeit-Konzept für die multifunktionale Entwicklung der Stockausschlagwälder in Rheinland-Pfalz. Schriftenreihe der Professur für Landespflege der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Bd. 62. Freiburg: Verlag der Professur für Landespflege. 216 S.

BERNASCONI, A.; SCHROFF, U. (2003): Erholung und Walddynamik: Verhalten, Erwartungen und Zahlungsbereitschaft von Waldbesuchern in der Region Bern. Zürich: Arbeitsge- meinschaft für den Wald. 77 S. (Quelle: http://www.panbern.ch/manager/upload/pdf/Umfrage.pdf – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

BFN (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ) (Hrsg.) (1997): Biodiversität und Tourismus. Konflik- te und Lösungsansätze an den Küsten der Weltmeere. Berlin, Heidelberg: Springer. 339 S.

BICHLMAIER, F. (1969): Die Erholungsfunktion des Waldes in der Raumordnung. Darge- stellt am Beispiel eines Naherholungsgebietes. Hamburg, Berlin: Paul Parey. 79 S.

BIELING, C. (2009): Politikfeldanalyse Stockausschlagwälder und Niederwaldbewirtschaf- tung. Teilstudie innerhalb des Projektes „Schutz und Nutzung: Ein Raum-Zeit-Konzept für die multifunktionale Entwicklung der Stockausschlagwälder in Rheinland-Pfalz“. Un- veröffentlichter Projektbericht, Institut für Landespflege der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. 52 S.

BLAB, J. (1984): Grundlagen des Biotopschutzes für Tiere. Greven: Kilda. 205 S.

BLANKENSTEIN, G. (2007): Vögel (Aves) im „Historischen Hauberg Fellinghausen“. In: LA- NUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nordrhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Geschichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder-Verlag. S. 221-232.

BLASCHKE, T. (1999): Quantifizierung der Struktur einer Landschaft mit GIS: Potential und Probleme. In: WALZ, U. (Hrsg.): Erfassung und Bewertung der Landnutzungsstruk- tur. IÖR-Schriften, Bd. 29. Dresden. S. 9-24.

BLASCHKE, T. (2000): Landscape Metrics: Konzepte eines jungen Ansatzes der Land- schaftsökologie und Anwendung in Naturschutz und Landschaftsforschung. Archiv für Naturschutz und Landschaftsforschung 39 (9): 267-299.

BLASCHKE, T. (2001): Multiskalare Bildanalyse zur Umsetzung des Patch-Matrix-Konzepts in der Landschaftsplanung. „Realistische“ Landschaftsobjekte aus Fernerkundungsdaten. Naturschutz und Landschaftsplanung 33 (2/3): 84-89.

BLUME, F.; LACHMANN, K.; RUDORFF, A. (Hrsg.) (1852): Die Schriften der römischen Feld- messer. Berlin: Reimer. 536 S.

BMELV (BUNDESMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND VERBRAUCHERSCHUTZ) (Hrsg.) (2005): Die zweite Bundeswaldinventur – BWI2. Der Inventurbericht. Bonn. 231 S.

222 Literaturverzeichnis

BMU; BFN (BUNDESMINISTERIUM FÜR UMWELT, NATURSCHUTZ UND REAKTORSICHERHEIT; BUNDES- AMT FÜR NATURSCHUTZ) (Hrsg.) (2012): Naturbewusstsein 2011. Bevölkerungsumfrage zu Natur und biologischer Vielfalt. Berlin, Bonn. 81 S. (Quelle: http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/themen/gesellschaft/Naturbe wusstsein_2011/Naturbewusstsein-2011_barrierefrei.pdf – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

BNatSchG (2009): Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), das durch Artikel 4 Absatz 100 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist.

BOGNER, A.; MENZ, W. (2005): Expertenwissen und Forschungspraxis: die modernisie- rungstheoretische und die methodische Debatte um die Experten. Zur Einführung in ein unübersichtliches Problemfeld. In: BOGNER, A.; LITTIG, B.; MENZ, W. (Hrsg.): Das Experten- interview. Theorie, Methode, Anwendung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwiss. S. 7-30.

BORMANN, K. (2011): Einstellung der deutschen Bevölkerung zu forstlicher Förderung. Arbeitsbericht des Institutes für Ökonomie der Forst- und Holzwirtschaft des Johann Heinrich von Thünen-Institutes, Heft 5. 42 S. (Quelle: http://literatur.vti.bund.de/digbib_extern/bitv/dn049335.pdf – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

BORTZ, J. (1999): Statistik für Sozialwissenschaftler. Berlin: Springer. 836 S.

BORTZ, J.; DÖRING, N. (2002): Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozi- alwissenschaftler. Heidelberg: Springer. 812 S.

BOSCHEN, T. (2013): Zur Jagd. In: BECKER, G.; BAUHUS, J.; KONOLD, W. (Hrsg): Schutz durch Nutzung: Ein Raum-Zeit-Konzept für die multifunktionale Entwicklung der Stockaus- schlagwälder in Rheinland-Pfalz. Schriftenreihe für Professur für Landespflege der Al- bert-Ludwigs-Universität Freiburg, Bd. 62. Freiburg: Verlag der Professur für Landes- pflege. S. 112-113.

BRAATZ, D.; SAUTTER, U.; SWOBODA, I. (2007): Weinatlas Deutschland. München: Hallwag. 280 S.

BRAUN, A. (1999): Wahrnehmung von Wald und Natur. Forschung Soziologie, Bd. 58. Op- laden: Leske + Budrich. 253 S.

BRIGHT, P.W.; MITCHELL, P.; MORRIS, P. (1994): Dormouse distribution: survey techniques, insular ecology and selection of sites for conservation. Journal of Applied Ecology 31 (2): 329-339.

BROSIUS, F. (1998): SPSS 8.0. Professionelle Statistik unter Windows. Bonn: MITP. 1001 S.

BRÜDERLE, R. (1999): Rede des Ministers anläßlich der Übergabe der Rheintal-Charta. In: KÜHN, N.; WIEMER, K. P. (Hrsg.): Das Rheintal. Schutz und Entwicklung. Die Rheintal- Konferenz des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz am 6./7. November 1997 in Mainz. Eine Dokumentation. Köln: Rheinischer Verein für Denkmal- pflege und Landschaftsschutz. S. 263-266.

223 Literaturverzeichnis

BÜHL, A. (2006): SPSS 14. Einführung in die moderne Datenanalyse. München, Boston: Pearson Studium. 862 S.

BURSCHEL, P.; HUSS, J. (1997): Grundriss des Waldbaus. Ein Leitfaden für Studium und Praxis. Berlin: Parey. 487 S.

CONRADY, D. (2007 a): Niederwald und Hochwald – ein faunistisch-ökologischer Ver- gleich. In: LANUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN- WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nordrhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Ge- schichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder- Verlag. S. 309-338.

CONRADY, D. (2007 b): Die Dynamik in Niederwäldern und ihre Bedeutung für den Natur- schutz. Versuch einer Synthese. In: LANUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAU- CHERSCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nordrhein-Westfalen. Bei- träge zur Ökologie, Geschichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder-Verlag. S. 339-360.

CONRADY, D.; FASEL, P. (2007): Hat die Erhaltung großflächiger Niederwälder eine Zu- kunft? Ein Beitrag aus Naturschutzfachlicher Sicht. In: LANUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nord- rhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Geschichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder-Verlag. S. 379-399.

CONRADY, D.; HERHAUS, F.; WASNER, U. (2007): Niederwald und Naturschutz in Nordrhein- Westfalen. Eine Einführung. In: LANUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHER- SCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nordrhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Geschichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder-Verlag. S. 9-16.

DE LANGE, N. (2006): Geoinformatik in Theorie und Praxis. Berlin, Heidelberg: Springer. 454 S.

DENZ, O. (1994): Natürliche Habichtskraut-Traubeneichenwälder bodensaurer Fels- standorte und ihre Vegetationskomplexe im Rheinischen Schiefergebirge und weiteren silikatischen Mittelgebirgen. Dissertationes botanicae, Bd. 229. Berlin, Stuttgart: Cramer. 154 S.

DIEKMANN, A.; SCHMITHÜSEN, F. J.; FRANZEN, A.; ZIMMERMANN, W.; HUNGERBÜHLER, A.; WILD-ECK, S. (1999): Gesellschaftliche Ansprüche an den Schweizer Wald. Ergebnisse einer Mei- nungsumfrage des BUWAL 1998. Bern, Zürich: Institut für Soziologie, Universität Bern und Professur Forstpolitik und Forstökonomie, ETH Zentrum. 130 S. (Quelle: http://e-collection.library.ethz.ch/eserv/eth:2557/eth-2557-01.pdf – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

DÜSSERL-SIEBERT, H. (2007a): Hundertfüßer, Asseln und Tausendfüßer (Isopoda, Dip- lopoda und Chilopoda) im „Historischen Hauberg Fellinghausen. In: In: LANUV (LANDES- AMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.): Nieder- wälder in Nordrhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Geschichte und Erhaltung. LA- NUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder-Verlag. S. 151-156.

224 Literaturverzeichnis

DÜSSERL-SIEBERT, H. (2007b): Heuschrecken (Ensifera et Caelifera) im „Historischen Hau- berg Fellinghausen. In: LANUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nordrhein-Westfalen. Beiträge zur Öko- logie, Geschichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galun- der-Verlag. S. 157-166.

DÜSSERL-SIEBERT, H. (2007c): Die Wanzen (Heteroptera) im „Historischen Hauberg Fellin- ghausen. In: LANUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN- WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nordrhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Ge- schichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder- Verlag. S. 167-178.

ELLENBERG, H.; WEBER, H. E.; DÜLL, R.; WIRTH, V.; WERNER, W. (2001): Zeigerwerte von Pflanzen in Mitteleuropa. Scripta Geobotanica, Bd. 18. Göttingen: Goltze. 262 S.

ELLENBERG, H.; LEUSCHNER, C. (2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen. In ökologi- scher, dynamischer und historischer Sicht. Stuttgart: Ulmer. 1333 S.

ELSASSER, P. (1994): Waldbesucher in Hamburg. Ergebnisse einer Bürgerbefragung im Hamburger Stadtgebiet. Arbeitsbericht des Institutes für Ökonomie der Forst- und Holzwirtschaft des Johann Heinrich von Thünen-Institutes, Heft 4. 11 S. (Quelle: http://d-nb.info/998520349/34 – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

ELSASSER, P. (1996 a): Der Erholungswert des Waldes. Monetäre Bewertung der Erho- lungsleistung ausgewählter Wälder in Deutschland. Frankfurt: J.D. Sauerländer´s Verlag. 218 S.

ELSASSER, P. (1996 b): Struktur, Besuchsmotive und Erwartungen von Waldbesuchern. Eine empirische Studie in der Region Hamburg. Arbeitsbericht des Institutes für Öko- nomie der Forst- und Holzwirtschaft des Johann Heinrich von Thünen-Institutes, Heft 1. 19 S. (Quelle: http://literatur.vti.bund.de/digbib_extern/dk040231.pdf – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

ENGESSER, R.; FORSTER, B.; MEIER, F.; WERMELINGER, B. (2008): Forstliche Schadorganismen im Zeichen des Klimawandels. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 159 (10): 344- 351.

ETI (EUROPÄISCHES TOURISMUS INSTITUT GMBH AN DER UNIVERSITÄT TRIER) (2004): Touristi- sches Entwicklungskonzept Rheinland-Pfalz. Fortschreibung des „Touristischen Dreh- buchs für das neue Jahrtausend“ aus dem Jahr 1997. Ergebnisse der empirischen Unter- suchungen. Trier. 145 S.

FASEL, P. (2007): Flora und Vegetation (Pterido- et Spermatophyta) im „Historischen Hauberg Fellinghausen“. In: LANUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHER- SCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nordrhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Geschichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder-Verlag. S. 55-84.

FINKE, L. (1994): Landschaftsökologie. Braunschweig: Westermann. 232 S.

225 Literaturverzeichnis

FISCHER, A. (2002): Forstliche Vegetationskunde. Eine Einführung in die Geobotanik. Ber- lin, Wien: Parey. 421 S.

FLICK, U. (2002): Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. 445 S.

FORMAN, R. T. T.; GODRON, M. (1981): Patches and structural components for a landscape ecology. BioScience 31 (10): 733-740.

FORMAN, R. T. T.; GODRON, M. (1986): Landscape ecology. New York: John Wiley & Sons. 619 S.

FORMAN, R. T. T. (1995): Land Mosaics. The Ecology of Landscapes and Regions. Cambridge: Cambridge University Press. 632 S.

FORSTER, S. (2009): Wald in der Freizeit- und Tourismusnutzung: Sehnsucht Natur oder Nachhaltigkeit? Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 160 (7): 189-194.

FRANZEN, A.; MEYER, R. (2004): Klimawandel des Umweltbewusstseins? Eine Analyse des ISSP 2000. Zeitschrift für Soziologie 33 (2): 119-137.

FREDE, M. (2007): Säugetiere (Mammalia) im „Historischen Hauberg Fellinghausen. In: LANUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nordrhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Geschichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder-Verlag. S. 233-240.

FREERICKS, R.; HARTMANN, R.; STECKER, B. (2010): Freizeitwissenschaft. Handbuch für Päda- gogik, Management und nachhaltige Entwicklung. München: Oldenbourg. 376 S.

FROHN, R. C. (1998): Remote Sensing for Landscape Ecology. New Metric Indicators for Monitoring, Modeling and Assessment of Ecosystems. Boca Raton, Boston, London, New York, Washington D.C.: Lewis Publishers. 99 S.

FÜHRER, E.; NOPP, U. (2001): Ursachen, Vorbeugung und Sanierung von Waldschäden. Wien: Facultas. 514 S.

FUHRMANN, M. (2007a): Sandlaufkäfer und Laufkäfer (Coleoptera: Cicindelidae et Cara- bidae) im „Historischen Hauberg Fellinghausen. In: LANUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UM- WELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nord- rhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Geschichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder-Verlag. S. 179-190.

FUHRMANN, M. (2007b): Bienen, Wespen und Ameisen (Hymenoptera, Aculeata) als Be- wohner des „Historischen Haubergs Fellinghausen. In: LANUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nord- rhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Geschichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder-Verlag. S. 191-202.

GASSER, G. (1997): Aktivitäten der städtischen Forstverwaltung Liestal (BL) in der Wahr- nehmung von Waldbesucherinnen und Waldbesuchern. Ergebnisse einer Diplomarbeit der Professur Forstpolitik und Forstökonomie, ETH Zürich, 1994. Arbeitsberichte All-

226 Literaturverzeichnis gemeine Reihe Professur Forstpolitik und Forstökonomie, Departement Forstwissen- schaften, Heft 1. 43 S. (Quelle: http://e-collection.library.ethz.ch/eserv/eth:24462/eth-24462-01.pdf – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

GERBER, C.; ELSENER, O. (1998): Niederwaldbetrieb im Steinschlaggebiet. Wald und Holz 79 (14): 8-11.

GILDEMEISTER, R. (1962): Wald, Bauernland und Holzindustrie im östlichen und mittleren Hunsrück: Wirtschaftslandschaft und sozialgeographisches Gefüge. Arbeiten zur rheini- schen Landeskunde, Heft 17. Bonn: Dümmler. 142 S.

GILPIN, M. E.; DIAMOND, J. M. (1980): Subdivision of nature reserves and the maintenance of species diversity. Nature 285 (5766): 567-568.

GLASER, B. G.; STRAUSS, A. L. (2010): Grounded theory. Strategien qualitativer Forschung. Bern: Huber. 278 S.

GOLD, S.; JERSAK, H.; RUBIK, F. (2007): Holz aus Verbrauchersicht – Ergebnisse einer reprä- sentativen Befragung. Arbeitsbericht, Heft 11. Heidelberg: ZUFO. 154 S. (Quelle: http://www.ioew.de/uploads/tx_ukioewdb/ZUFO-Pap_Nr11_Gold.pdf – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

GRIME, J. P. (1988): Comparative plant ecology. A functional approach to common British species. London: Allen & Unwin. 742 S.

GROTH, O. (1957): Die Niederwaldungen von Rheinland-Pfalz. Allgemeine Forstzeitschrift 12 (49): 581-587.

GRÜTZ, A. (1986): Mittelwald als Forstwirtschaftliche Betriebsart. AFZ – Der Wald 41 (47): 1166-1168.

GUSTAFSON, E. J. (1998): Quantifying landscape spatial pattern: What is the state of the art? Ecosystems 1 (2): 143-156.

GÜTHLER, W.; MARKET, R.; HÄUSLER, A.; DOLEK, M. (2005): Vertragsnaturschutz im Wald. Bundesweite Bestandsaufnahme und Auswertung. Forschungs- und Entwicklungsvor- haben „Vertragsnaturschutz im Wald“. Abschlussbericht Juni 2003. BfN-Skripten, Heft 146. Bonn - Bad Godesberg. 179 S.

HACHENBERG, F. (1992): 2000 Jahre Waldwirtschaft am Mittelrhein. Veröffentlichungen des Landesmuseums Koblenz, Bd. 41. Koblenz: Selbstverlag des Landesmuseums Kob- lenz. 214 S.

HÄDER, M. (2006): Empirische Sozialforschung. Eine Einführung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwiss. 497 S.

HAFFKE, J. (2009): Kulturlandschaften und Tourismus. Historisch-geographische Studien in Ahrtal und Hocheifel (Nürburgring). Dissertation, Rheinische Friedrich-Wilhelms- Universität, Bonn. 338 S.

227 Literaturverzeichnis

HAHN, J. (2010): Aktuelle Entwicklungen im Energieholzsektor. Energieträger Holz bleibt der Brennstoff der Zukunft. LWF aktuell, Bd. 74. Freising. S. 13-15.

HAKE, G.; GRÜNREICH, D.; MENG, L. (2002): Kartographie. Visualisierung raum-zeitlicher Informationen. Berlin: de Gruyter. 604 S.

HÄNEL, K. (2006): GIS-Einsatz bei der Planung „ökologischer Netzwerke“ auf überörtli- chen Ebenen. In: KLEINSCHMIT, B.; WALZ, U. (Hrsg.): Landschaftsstrukturmaße in der Um- weltplanung. Beiträge zum Workshop der IALE-AG Strukturmaße. Berlin. S. 47-72.

HANGARTNER, A. (G. H.) (2002): Waldethik. Theologisch-ethische Überlegungen zu Wald und Forstwirtschaft. Eine wissenschaftliche Arbeit im Bereich der Umwelt- und Sozial- ethik. München: Utz. S. 507 S.

HÄRDTLE, W.; EWALD, J.; HÖLZEL, N. (2004): Wälder des Tieflandes und der Mittelgebirge. Stuttgart: Ulmer. 252 S.

HASEL, K.; SCHWARTZ, E. (2002): Forstgeschichte. Ein Grundriss für Studium und Praxis. Remagen: Kessel. 394 S.

HASLER, W. (1957): Niederwaldumwandlung an der Saar. AFZ – Der Wald 12 (49): 597- 599.

HATZINGER, R.; NAGEL, H. (2009): PASW Statistics. Statistische Methoden und Fallbeispiele. München: Pearson Studium. 352 S.

HAUSRATH, H. (1982): Geschichte des deutschen Waldbaus. Von seinen Anfängen bis 1850. Schriftenreihe des Instituts für Forstpolitik und Raumordnung der Universität Freiburg. Freiburg: Hochschulverlag. 416 S.

HEEG, B. (1975): Zur Theorie der Waldbewertung. Ein Beitrag zu den Grundlagen der forstlichen Wirtschaftslehre. Hannover: Schaper. 135 S.

HEEG, B. (1983): Forstliche Meinungsbefragungengen – Kritische Anmerkungen. In: GLÜCK, P. (Hrsg.) (1983): Forstpolitik als angewandte Wirtschafts- und Sozialwissen- schaft. Ausgewählte Aufsätze von Bernhard Heeg 1973-1975. Wien: Eigenverlag. S. 149- 160.

HELFFERICH, C. (2009): Die Qualität qualitativer Daten. Manual für die Durchführung qua- litativer Interviews. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwiss. 214 S.

HELFRICH, T.; KONOLD, W. (2010): Formen ehemaliger Niederwälder und ihre Strukturen in Rheinland-Pfalz. Archiv für Forstwesen und Landschaftsökologie 44 (4): 157-168.

HERBST, H. (2007): Verwendbarkeit von Landschaftsstrukturmaßen als Bewertungs- instrument in der Landschaftsrahmenplanung. Das Beispiel Landschaftsrahmenplan Havelland. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Technische Universität Berlin, Berlin. 63 S. (Quelle: http://www.geoinformation.tu-berlin.de/fileadmin/fg242/Diplomarbeiten/ Diplomarbeit_Herbst.pdf – zuletzt geprüft am 19.9.2013)

228 Literaturverzeichnis

HERMANN-PIR, E. (2007): Die Spinnenfauna (Arachnida, Araneae) ausgewählter Alters- stadien des Eichen-Birken-Niederwaldes „Historischer Hauber Fellinghausen“. In: LA- NUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nordrhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Geschichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder-Verlag. S. 129-150.

HERRMANN, M.; MATHEWS, A. (2007): Wirkung von Barrieren auf Säuger & Reptilien. End- bericht. Parlow: Öko-Log Freilandforschung. 48 S. (Quelle: http://medienjagd.test.newsroom.de/herrmann_endberichtdok20.pdf - zuletzt geprüft am 19.9.2013)

HLBG (HESSISCHES LANDESAMT FÜR BODENMANAGEMENT UND GEOINFORMATION) (2007): Topo- graphische Karte im Maßstab 1:25000. Blatt Nr. 5813 Nastätten.

HOBBS, R. (1997): Future landscapes and the future of landscape ecology. Landscape and Urban Planning 37 (1/2): 1-9.

HOCHHARDT, W. (1996): Vegetationskundliche und faunistische Untersuchungen in den Niederwäldern des Mittleren Schwarzwaldes unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz. Schriftenreihe des Instituts für Landespflege der Al- bert-Ludwigs-Universität Freiburg, Bd. 21. Freiburg. 252 S.

HOFMEISTER, H. (1990): Lebensraum Wald. Ein Weg zum Kennenlernen von Pflanzenge- sellschaften und ihrer Ökologie. Hamburg, Berlin: Parey. 275 S.

HOHMANN, A. (2007): Umweltbewusstsein und Umweltverhalten bei Kletterern – eine empirische Untersuchung. Examensarbeit. München: Grin. 160 S.

HOISL, R.; NOHL, W.; ENGELHARDT, P. (2000): Naturbezogene Erholung und Landschaftsbild. KTBL-Schrift 389. Münster: Landwirtschaftsverlag. 306 S.

HONNAY, O.; PIESSENS, K.; VAN LANDUTY, W.; HERMY, M.; GULINCK, H. (2003): Satellite based land use and landscape complexity indices as predictors for regional plant species diver- sity. Landscape and Urban Planning 63 (4): 241-250.

HUBER, B. (1944): Die Deckung des Gerbstoffbedarfs im Kriege. Forstwissenschaftliches Centralblatt und Tharandter forstliches Jahrbuch 66: 40-43.

HÜBNER, A. (2009): Die Habitatwahl des Baumpiepers Anthus trivialis – eine Analyse mit- tels GIS. Vogelwarte 47 (3): 165-170.

HUNZIKER, M. (2000): Einstellungen der Bevölkerung zu möglichen Landschaftsentwick- lungen in den Alpen. Birmensdorf: Eidgenössische Forschungsanstalt WSL. 157 S.

JAEGER, J. (2001): Quantifizierung und Bewertung der Landschaftszerschneidung. Ar- beitsbericht. Stuttgart: Akad. für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg. 166 S.

JEDICKE, E. (2000): Biodiversität und Raum – Aspekte der Bewertung räumlicher Muster biotischer Vielfalt. In: KORN, H.; FEIT, U. (Hrsg): Treffpunkt Biologische Vielfalt. Interdis-

229 Literaturverzeichnis ziplinärer Forschungsaustausch im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt. Bundesamt für Naturschutz. Bonn. S. 191-195.

JEDICKE, E. (2001): Biodiversität, Geodiversität, Ökodiversität. Kriterien zur Analyse der Landschaftsstruktur – ein konzeptioneller Diskussionsbeitrag. Naturschutz und Land- schaftsplanung 33 (2/3): 59-68.

KÄHLER, W.-M. (2008): Statistische Datenanalyse. Verfahren verstehen und mit SPSS ge- konnt einsetzen. Wiesbaden: Vieweg. 507 S.

KAPP, G. (1984): Agroforstwirtschaft in Deutschland. Der Waldfeldbau im 18. und 19. Jahrhundert. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 155 (12): 266-270.

KAULE, G. (1991): Arten- und Biotopschutz. Stuttgart: Ulmer. 519 S.

KAUSCH-BLECKEN VON SCHMELING, W. (2000): Der Speierling. Sorbus domestica L. Boven- den: Selbstverlag. 184 S.

KERN, S. (2001): Die klimatischen Verhältnisse und ihre Besonderheiten am Mittelrhein. In: LANDESAMT FÜR DENKMALPFLEGE RHEINLAND-PFALZ (Hrsg.): Das Rheintal von Bingen und Rüdesheim bis Koblenz. Eine europäische Kulturlandschaft. Bd. 1. Mainz: von Zabern. S. 49-55.

KIRCHHOFF, S.; KUHNT, S.; LIPP, P.; SCHLAWIN, S. (2008): Der Fragebogen. Datenbasis, Kon- struktion und Auswertung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwiss. 133 S.

KIRSCHHOFER-BOZENHARDT, A.; KAPLITZA, G. (1986): Der Fragebogen. In: HOLM, K. (Hrsg.): Die Befragung 1. Der Fragebogen – Die Stichprobe. Tübingen: Francke. S. 92-126.

KLAUSNITZER, B. (1995): Die Hirschkäfer - Lucanidae. Heidelberg, Berlin, Oxford: Spekt- rum Akademischer Verlag. 109 S.

KLEINHÜCKELKOTTEN, S.; NEITZKE, H.-P.; WIPPERMANN, C. (2009): Einstellungen zu Wald, Forstwirtschaft und Holz in Deutschland. Forst und Holz 64 (4): 12-19.

KONOLD, W.; BREUER, M. (2013): Holzbedarf und Holzverbrauch. In: KONOLD, W.; PETIT, C. (Red.): Historische Terrassenweinberge. Baugeschichte, Wahrnehmung, Erhaltung. Bris- tol Stiftung Zürich. Bern, Stuttgart, Wien: Haupt Verlag. S. 165-195.

KRAMER, H.; AKÇA, A. (1995): Leitfaden zur Waldmeßlehre. Frankfurt am Main: Sauerlän- der. 266 S.

KRATZ, W.; FREY, M. (2008): Niederwälder könnten wieder eine Zukunft haben. Histori- sche Waldbewirtschaftung gilt als Vorbild für heute stark propagierte Kurzumtriebs- plantagen zur Energieholz-Erzeugung. Holz Zentralblatt 134 (22): 591.

KRATZ, W.; FREY, M. (2010): Niederwald – ein Konzept wird wieder interessant. Zur Ein- Mann-Brennholzgewinnung optimal geeignet. Landwirtschaftliches Wochenblatt / Der Pfälzer Bauer / Der Landbote 21: 20-22.

230 Literaturverzeichnis

KRAUSE, A. (2007): Die Welt der Kelten. Geschichte und Mythos eines rätselhaften Volkes. Frankfurt: Campus. 272 S.

KRÖSBACHER, C. (2006): Kulturelle Attraktionen im Wandel: Innovationen und veränderte Besucherbedürfnisse. In: PIKKEMAAT, B.; PETERS, M.; WEIERMAIR, K. (Hrsg.): Innovationen im Tourismus. Wettbewerbsvorteile durch neue Ideen und Angebote. Schriften zu Tou- rismus und Freizeit, Bd. 6. Berlin: Erich Schmidt. S. 97-107.

KRUSE, J. (2009): Reader „Einführung in die Qualitative Interviewforschung“. Version Ok- tober 2009. Freiburg. 363 S.

KUCKARTZ, U.; RHEINGANS-HEINTZE, A. (2006): Trends im Umweltbewusstsein. Umweltge- rechtigkeit, Lebensqualität und persönliches Engagement. Wiesbaden: VS Verlag für So- zialwiss. 208 S.

KUCKARTZ, U. (2010): Einführung in die computergestützte Analyse qualitativer Daten. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwiss. 269 S.

KULS, W. (1957): 30 Taunus. In: MEYNEN, E.; SCHMITHÜSEN, J. (Hrsg): Handbuch der natur- räumlichen Gliederung Deutschlands. 4. und 5. Lieferung. Remagen: Selbstverlag der Bundesanstalt für Landeskunde. S. 432-435.

LADLE, R. J.; WHITTAKER, R. J. (2011): Conservation biogeography. Hoboken, New Jersey: Wiley-Blackwell. 301 S.

LAG (LOKALE AKTIONSGRUPPE MOSEL) (2008): Lokales integriertes ländliches Entwick- lungskonzept. LILE, Langfassung. Förderperiode 2007-2013. Wittlich. 141 S. (Quelle: http://www.bernkastel-wittlich.de/fileadmin/data/FB40/Leader/LILEMosel Langversion.pdf – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

LAMNEK, S. (2010): Qualitative Sozialforschung. Weinheim, Basel: Beltz. 748 S.

LAMPRECHT, K. (1886): Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter. Untersuchungen über die Entwicklung der materiellen Kultur des platten Landes aufgrund der Quellen zu- nächst des Mosellandes. I. Darstellung. 4 Bd. Leipzig: Dürr.

LAMPRECHT, H. (1980): Zur Methodik waldkundlicher Untersuchungen in Naturwaldre- servaten. Natur- und Landschaft 55 (4): 146-147.

LANDESFORSTEN RHEINLAND-PFALZ: Übersichtskarte der Forstämter in Rheinland-Pfalz. (Quelle: http://www.wald-rlp.de/index.php?id= 4349&L=2clasl – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

LANG, S.; BLASCHKE, T. (2007): Landschaftsanalyse mit GIS. Stuttgart: Ulmer. 404 S.

LANNINGER, S. (2010): Landschaftswahrnehmung und Landschaftsnutzung durch Migran- ten: Ergebnisse einer Bildbefragung. In: LANNINGER, S.: Theorien und Muster der Land- schaftswahrnehmung – Landschaft aus der Sicht von Migranten. Dissertation, Albert- Ludwigs-Universität, Freiburg. (Quelle: http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/8231/pdf/Diss_Lanninger.pdf – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

231 Literaturverzeichnis

LANUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.) (2007): Niederwälder in Nordrhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Geschichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder-Verlag. 512 S.

LAUROP, C. P. (1822): Der Waldbau für angehende und ausübende Forstmänner und Cameralisten. In: BECHSTEIN, J. M. (Hrsg.): Die Forst- und Jagdwissenschaft nach allen ih- ren Theilen für angehende und ausübende Forstmänner und Jäger. 3 Bd. Gotha: Hen- nings. 299 S.

LEIBUNDGUT, H. (1956): Empfehlungen bei der Baumklassenbildung und Methodik bei Versuchen über die Wirkung von Waldpflegemaßnahmen. Tagungsband. 12. Kongress IUFRO, Sektion 23. Oxford. S. 92-94.

LEIN, J. K. (2012): Environmental Sensing. Analytical Techniques for Earth Observation. New York, Dordrecht, Heidelberg, London: Springer. 334 S.

LEITGEB, E.; ENGLISCH, M. (2003): Ökologische Auswirkungen von Durchforstungseingrif- fen. BWF –Praxisinformation 1 (2): 13-15. (Quelle: http://www.waldwissen.net/waldwirtschaft/waldbau/pflege/bfw_oekodurchf orstung/bfw_oekodurchforst_2003.pdf – zuletzt geprüft am 5.9.2013)

LESER, H.; NAGEL, P. (1998): Landscape diversity - a holistic approach. In: BARTHLOTT, W.; WINIGER, M. (Hrsg.): Biodiversity. A challenge for development research and policy. Ber- lin, Heidelberg, New York: Springer. S. 129-143.

LEVINS, R. (1969): Some demographic and genetic consequences of environmental heter- ogeneity for biological control. Bulletin of the Entomological Society of America 15 (3): 237-240.

LIESER, M. (1990): Zur Situation des Haselhuhns in der Eifel. Allgemeine Forst- und Jagd- zeitung 161 (8): 154-158.

LIPP, T. (2006): Landschaftsstrukturmaße in der Landschaftsplanung – Aufgaben, Rah- menbedingungen, Perspektiven. In: KLEINSCHMIT, B.; WALZ, U. (Hrsg.): Landschaftsstruk- turmaße in der Umweltplanung. Beiträge zum Workshop der IALE-AG Strukturmaße. Berlin. S. 18-29.

LOESCH, G. (1980): Typologie der Waldbesucher. Betrachtung eines Bevölkerungsquer- schnittes nach dem Besuchsverhalten, der Besuchsmotivation und der Einstellung ge- genüber Wald. Dissertation, Georg-August-Universität, Göttingen. 188 S.

LOSKE, K.-H. (1985): Anthus trivialis trivialis (Linnaeus 1758)- Baumpieper. In: GLUTZ VON BLOTZHEIM, U. N.; BAUER, K. M. (Hrsg): Handbuch der Vogel Mitteleuropas. Bd. 10/II: Pas- seriformes – 1.Teil. Wiesbaden: AULA-Verlag. S. 576-610.

LOSKE, K.-H. (1987): Habitatwahl des Baumpiepers (Anthus trivialis). Journal of Ornitho- logy 128 (1): 33-47.

LUWG (LANDESAMT FÜR UMWELT, WASSERWIRTSCHAFT UND GEWERBEAUFSICHT RHEINLAND- PFALZ) (2007): Naturräumliche Gliederung von Rheinland-Pfalz.

232 Literaturverzeichnis

(Quelle: http://wildbach.bund-rlp.de/fileadmin/bundgruppen/Wildbach/Wildbaeche/ Naturraum.jpg – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

LUWG (LANDESAMT FÜR UMWELT, WASSERWIRTSCHAFT UND GEWERBEAUFSICHT RHEINLAND- PFALZ) (Hrsg.) (2011): Arten mit besonderen rechtlichen Vorschriften. Liste für Arten in Rheinland-Pfalz. Mainz. 117 S. (Quelle: http://www.nabu-frankenthal.de/download/ – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

LUX, A. (2000): Die Dynamik der Kraut-Gras-Schicht in einem Mittel- und Niederwaldsys- tem. Untersuchungen im Gebiet des Kehrenbergs bei Bad Windsheim. Dissertationes botanicae, Bd. 333. Berlin, Stuttgart: Cramer. 224 S.

MACARTHUR, R. H.; WILSON, E. O. (1967): The Theory of Island Biogeography. Princeton, New Jersey: Princeton Univ. Press. 203 S.

MANTEL, K. (1942): Forstpolitik. In: RUNBNER, K. (Hrsg.): Neudammer Forstliches Lehr- buch. Ein Handbuch für Unterricht und Praxis. Bd. 2. Melsungen: Neumann-Neudamm. S. 421-588.

MANTEL, K. (1980): Forstgeschichte des 16. Jahrhunderts unter dem Einfluss der Forst- ordnungen und Noe Meurers. Hamburg, Berlin: Parey. 1071 S.

MANTEL, K. (1990): Wald und Forst in der Geschichte. Ein Lehr- und Handbuch. Alfeld, Hannover: Schaper. 518 S.

MANZ, E. (1993): Vegetation und standörtliche Differenzierung der Niederwälder im Na- he- und Moselraum. Pollichia-Buch, Bd. 28. Bad Dürkheim: Pollichia. 413 S.

MANZ, E. (1994): Bedeutung der linkrheinischen Niederwälder für den Naturschutz. AFZ – Der Wald 49 (20): 1123-1125.

MANZ, E. (1995): Linksrheinische Niederwälder. Zeugen einer historischen Waldnut- zungsform. Rheinische Landschaften, Heft 44. Neuss: Neusser Druckerei und Verlag. 24 S.

MARGULES, C.; USHER, M. B. (1981): Criteria used in assessing wildlife conservation poten- tial: A review. Biological Conservation 21 (2): 79-109.

MAUERHOF, H. (1979): Der Niederwald – Eine Folge der Rottwirtschaft. Hunsrücker Hei- matblätter 19 (44): 126-131.

MAYRING, P. (2005): Neuere Entwicklungen in der qualitativen Forschung und der Quali- tativen Inhaltsanalyse. In: MAYRING, P.; GLÄSER-ZIKUDA, M. (Hrsg.): Die Praxis der qualitati- ven Inhaltsanalyse. Weinheim: Beltz UTB. S. 7-19.

MAYRING, P. (2010): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Weinheim, Basel: Beltz. 144 S.

MCGARIGAL, K.; MARKS, B. J. (1995): FRAGSTATS: Spatial Pattern Analysis Program for Quantifying Landscape Structure. USDA Forest Service General Technical Report. Port-

233 Literaturverzeichnis land, Oregon: U.S. Department of Agriculture, Forest Service, Pacific Northwest Research Station. 122 S. (Quelle: http://www.fs.fed.us/pnw/pubs/gtr_351.pdf - zuletzt geprüft am 20.9.2013)

MCGARIGAL, K. (2002): Landscape pattern metrics. In: EL-SHAARAWI, A. H.; PIEGORSCH, W. W. (Hrsg.): Encyclopedia of Environmetrics. Chichester: John Wiley & Sons. S. 1135-1142.

MEINIG, H.; BOYE, P.; HUTTERER, R. (2009): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. Schriftenreihe Biologische Vielfalt 70 (1): 115-153.

MERTZ, P. (2000): Pflanzengesellschaften Mitteleuropas und der Alpen. Erkennen, be- stimmen, bewerten. Ein Handbuch für die vegetationskundliche Praxis. Landsberg/Lech: Ecomed. 511 S.

MEURY, R. (1989): Siedlungsdichte und Raumnutzung des Baumpiepers Athus trivialis im inselartig verteilten Habitat des aargauischen Reusstals. Der Ornithologische Beobachter 86 (2): 105-135.

MEUSER, M.; NAGEL, U. (2005): ExpertInneninterviews – vielfach erprobt, wenig bedacht. Ein Beitrag zur qualitativen Methodendiskussion. In: BOGNER, A.; LITTIG, B.; MENZ, W. (Hrsg.) (2005): Das Experteninterview. Theorie, Methode, Anwendung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwiss. S. 71-93.

MEYER, W.; STETS, J. (2001): Das Obere Mittelrheintal aus geologischer Sicht. In: LANDES- AMT FÜR DENKMALPFLEGE RHEINLAND-PFALZ (Hrsg.): Das Rheintal von Bingen und Rüdes- heim bis Koblenz. Eine europäische Kulturlandschaft. Bd. 1. Mainz: von Zabern. S. 22-44.

MILAD, M. (2006): Entwicklungsgeschichte und Potenziale ehemaliger Niederwälder im Moseltal. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg. 121 S.

MITCHELL, A. (1999): The ESRI Guide to GIS Analysis. Volume 1: Geographic Patterns & Relationships. Redlands, California: ESRI Press. 186 S.

MOHR, K. (2008): Tourismusbedingte Umweltgefahren. Eignung umweltökonomischer Instrumente. Studien zur Wirtschaftspolitik, Bd. 83. Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Wien: Lang. 272 S.

MORRIS, P. A. (2003): A review of research on British dormice (Gliridae) and the effect of increasing public and scientific awareness of these animals. Acta Zoologica Academiae Scientiarum Hungaricae 49 (suppl. 1): 125-130.

MUELLER-DOMBOIS, D.; ELLENBERG, H. (1974): Aims and methods of vegetation ecology. New York: Wiley. 547 S.

MÜLLER-MINY, H. (1957 a): 245 Mosel-Hunsrück. In: MEYNEN, E.; SCHMITHÜSEN, J. (Hrsg): Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands. 4. und 5. Lieferung. Remagen: Selbstverlag der Bundesanstalt für Landeskunde. S. 362-363.

MÜLLER-MINY, H. (1957 b): 290 Oberes Mittelrheintal. In: MEYNEN, E.; SCHMITHÜSEN, J. (Hrsg): Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands. 4. und 5. Lieferung. Remagen: Selbstverlag der Bundesanstalt für Landeskunde. S. 419-422.

234 Literaturverzeichnis

MÜLLER-WESTERMEIER, G.; KREIS, A.; DITTMANN, E. (1999): Klimaatlas Bundesrepublik Deutschland. Teil 1. Lufttemperatur, Niederschlagshöhe, Sonnenscheindauer. Offenbach am Main: Deutscher Wetterdienst. 23 S.

MÜLLER-WILLE, W. (1980): Der Niederwald in Westdeutschland. In: MÜLLER-WILLE, W.: Beiträge zur Forstgeographie in Westfalen. Spieker Landeskundliche Beiträge und Be- richte, Bd. 27. Münster: Selbstverlag der Geographischen Kommission für Westfalen. S. 7-38.

MWVLW (MINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, VERKEHR, LANDWIRTSCHAFT UND WEINBAU) (Hrsg.) (2008): Tourismusstrategie 2015. Markttrends erkennen, Potentiale nutzen. Mainz. 34 S. (Quelle: http://extranet.rlp-info.de/fileadmin/extranet/Download_PDF/Tourismus strategie2015.pdf – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

NAHRSTEDT, W. (2008): Wellnessbildung. Gesundheitssteigerung in der Wohlfühlgesell- schaft. Berlin: Erich Schmidt Verlag. 211 S.

NENNINGER, M. (2001): Die Römer und der Wald. Untersuchungen zum Umgang mit ei- nem Naturraum am Beispiel der römischen Nordwestprovinzen. Geographica Historica, Heft 16. Stuttgart: Steiner. 268 S.

NENTWIG, W.; BACHER, S.; BRANDL, R. (2009): Ökologie kompakt. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag. 354 S.

NEUBERT, M.; WALZ, U.; TRÖGER, M. (2006): Veränderungen der Landschaftsstruktur in der Nationalparkregion Sächsische Schweiz. In: KLEINSCHMIT, B.; WALZ, U. (Hrsg.): Land- schaftsstrukturmaße in der Umweltplanung. Beiträge zum Workshop der IALE-AG Strukturmaße. Berlin. S. 141-153.

NIEDERMANN-MEIER, S.; MORDINI, M.; BÜTLER, R.; ROTACH, P. (2010): Habitatbäume im Wirt- schaftswald: ökologisches Potenzial und finanzielle Folgen für den Betrieb. Schweizeri- sche Zeitschrift für Forstwesen 161 (10): 391–400.

NIEHUIS, M. (2004): Die Prachtkäfer in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz, Beiheft 31. Landau: Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz - Eigenverlag. 712 S.

OBERDORFER, E. (Hrsg.) (1992): Süddeutsche Pflanzengesellschaften. Teil IV: Wälder und Gebüsche. Textband. Jena, Stuttgart, New York: Fischer. 282 S.

OSTERMANN, R. (2002): Die Niederwälder am Fuß der Ostvogesen (Elsass/Frankreich). Eine kulturgeografische und vegetationskundliche Analyse. Schriftenreihe Freiburger forstlicher Forschung, Bd. 21. Freiburg: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Ba- den-Württemberg. 180 S.

PFADENHAUER, M. (2005): Auf gleicher Augenhöhe reden. Das Experteninterview – ein Gespräch zwischen Experte und Quasi-Experte. In: BOGNER, A.; LITTIG, B.; MENZ, W. (Hrsg.) (2005): Das Experteninterview. Theorie, Methode, Anwendung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwiss. S. 113-130.

235 Literaturverzeichnis

PIETZARKA, U.; LEHMANN, M.; ROLOFF, A. (2009): Sorbus torminalis (L.) CRANTZ, 1763. In: ROLOFF, A.; WEISGERBER, H.; LANG, U.; STIMM, B. (Hrsg.): Enzyklopädie der Holzgewächse, Handbuch und Atlas der Dendrologie. Weinheim: Wiley-VCH. 16 S.

PLACHTER, H. (1991): Naturschutz. Stuttgart: Fischer. 463 S.

POON, A. (1993): Tourism, technology and competitive strategies. Wallingford: CAB In- ternational. 370 S.

PORST, R. (2009): Fragebogen. Ein Arbeitsbuch. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwiss. 190 S.

POTT, R. (1985): Vegetationsgeschichtliche und pflanzensoziologische Untersuchungen zur Niederwaldwirtschaft in Westfalen. Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde 47, Heft 4. Münster: Westfälisches Museum für Naturkunde. 75 S.

POTT, R. (1993): Farbatlas Waldlandschaften. Ausgewählte Waldtypen und Waldgesell- schaften unter dem Einfluss des Menschen. Stuttgart: Ulmer. 224 S.

POTT, R. (1996): Biotoptypen. Schützenswerte Lebensräume Deutschlands und angren- zender Regionen. Stuttgart: Ulmer. 448 S.

PRIMACK, R. B. (1995): A primer of conservation biology. Sunderland, Massachusetts: Sinauer Associates. 277 S.

PYTTEL, P.; FISCHER, U.; SUCHOMEL, C.; BAUHUS, J. (2013): Wiederaustriebsfähigkeit von Traubeneiche (Quercus petraea) und Hainbuche (Carpinus betulus) aus überalterten Niederwäldern. In: BECKER, G.; BAUHUS, J.; KONOLD, W. (Hrsg): Schutz durch Nutzung: Ein Raum-Zeit-Konzept für die multifunktionale Entwicklung der Stockausschlagwälder in Rheinland-Pfalz. Schriftenreihe für Professur für Landespflege der Albert-Ludwigs- Universität Freiburg, Bd. 62. Freiburg: Verlag der Professur für Landespflege. S. 94-100.

RAAB-STEINER, E.; BENESCH, M. (2008): Der Fragebogen. Von der Forschungsidee zur SPSS- Auswertung. Wien: Facultas Univ.-Verlag. 188 S.

RAMSENTHALER, C. (2013): Was ist „Qualitative Inhaltsanalyse?“. In: SCHNELL, M.; SCHULZ, C.; KOLBE, H.; DUNGER, C. (Hrsg.): Der Patient am Lebensende. Eine Qualitative Inhaltsanalyse. Wiesbaden: Springer. S. 23-42.

REIF, A.; HACKER, H. (1991): Flora und Fauna der Nieder- und Mittelwälder der Eierberge, Oberfranken. Schlußbericht des Waldbau-Instituts, Bereich Standorts- und Vegetations- kunde der Universität Freiburg. Freiburg. 154 S.

RÖSENER, W. (1985): Bauern im Mittelalter. München: Beck. 335 S.

ROSSMANN, D. (1996): Lebensraumtyp Nieder- und Mittelwälder. Landschaftspflegekon- zept Bayern. Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen (StMLU); Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) (Hrsg.). Bd. 2/13. München. 302 S.

236 Literaturverzeichnis

ROTHE, P.; SCHMITTECKERT, M. (2006): Die Geologie Deutschlands. 48 Landschaften im Por- trait. Darmstadt: WBG. 240 S.

RPTG (RHEINLAND-PFALZ TOURISMUS GMBH) (2012): Freude für Geist & Gaumen. WeinReich Rheinland-Pfalz. Neuausrichtung des „WeinReich Rheinland-Pfalz“. Ein Leitfaden für Regionen, Orte und Betriebe. Koblenz. 59 S. (Quelle: http://www.tourismusnetzwerk.info/wp-content/uploads/2012/08/Wein Reich_Leitfaden_111220_FINAL.pdf – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

SALI, E. (1956): Sarjerdeink fatermőképessége. Az Erdő 91 (2): 42-50.

SCHAEFER, M. (2012): Wörterbuch der Ökologie. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag. 379 S.

SCHEER, D. (2010): Eine Analyse und Bewertung der rheinland-pfälzischen Stockaus- schlagwälder unter Verwendung fernerkundlicher Mittel und auf Basis der Forsteinrich- tungsdatenbank. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Universität Koblenz-Landau, Landau. 112 S.

SCHELBERT, H.; LANG, T.; BUSE, I.; HENZMANN, J.; MAGGI, R.; ITEN, R.; NIELSEN, C. (1988): Wert- volle Umwelt: ein wirtschaftswissenschaftlicher Beitrag zur Umwelteinschätzung in Stadt und Agglomeration Zürich. Schriftenreihe Wirtschaft und Gesellschaft, Bd. 3. Zü- rich: Zürcher Kantonalbank. 87 S.

SCHERZINGER, W. (1996): Naturschutz im Wald. Qualitätsziele einer dynamischen Wald- entwicklung. Stuttgart: Ulmer. 447 S.

SCHMIDT, R.; HEIDT, J-C. (1997): Das Haselhuhn Bonasa bonasia im Ösling. Regulus Wis- senschaftliche Berichte 16: 1-12.

SCHMIED, M.; GÖTZ, K.; KREILKAMP, E.; BUCHERT, M.; HELLWIG, T.; OTTEN, S. (2009): Traumziel Nachhaltigkeit. Innovative Vermarktungskonzepte nachhaltiger Tourismusangebote für den Massenmarkt. Heidelberg: Physica. 167 S.

SCHMITHÜSEN, J. (1934): Der Niederwald des linksrheinischen Schiefergebirges. Ein Bei- trag zur Geographie der rheinischen Kulturlandschaft. Beiträge zur Landeskunde der Rheinlande, Reihe 2, Heft 4. Bonn: Röhrscheid. 106 S.

SCHNELL, R.; HILL, P. B.; ESSER, E. (1999): Methoden der empirischen Sozialforschung. München, Wien: Oldenbourg. 535 S.

SCHRAML, U. (2009): Erholung und Tourismus als Themen einer Zukunftsstrategie für die Waldnutzung in Deutschland. In: SEINTSCH, B.; DIETER, M. (Hrsg.): Waldstrategie 2020. Tagungsband zum Symposium des BMELV, 10.-11. Dez. 2008, Berlin. Institut für Öko- nomie der Forst- und Holzwirtschaft des Johann Heinrich von Thünen-Institutes, Son- derheft 327. S. 17-25.

SCHULTZ, A.; LUTZE, G. (2011): Überblick über ausgewählte quantitative Verfahren zur Be- schreibung der biologischen Vielfalt am Beispiel von Artenzahlen. Archiv für Forstwesen und Landschaftsökologie 45 (3): 97-105.

237 Literaturverzeichnis

SCHUMACHER, H. (2007): Die Schmetterlingsfauna des Naturschutzgebieres „Galgenberg“ und angrenzender Niederwälder. In: LANUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VER- BRAUCHERSCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nordrhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Geschichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder-Verlag. S. 293-308.

SCHUMACHER, H.; VORBRÜGGEN, W. (1997): Mittel- und Niederwälder. In: LÖBF (LANDESAN- STALT FÜR ÖKOLOGIE, BODENORDNUNG UND FORSTEN) (Hrsg.): Praxishandbuch Schmetterlings- schutz. LÖBF-Reihe Artenschutz, Bd. 1. Recklinghausen: Landesamt für Agrarordnung Nordrhein-Westfalen. S. 128-151.

SCHUMANN, S. (2011): Repräsentative Umfrage. Praxisorientierte Einführung in empiri- sche Methoden und statistische Analyseverfahren. München: Oldenbourg. 299 S.

SCHÜSSLER, F. (2008): Die Haubergwirtschaft. Potenziale und Risiken eines traditionellen forstlichen Betriebssystems auf den Energiemärkten des 21. Jahrhunderts. Geographi- sche Rundschau 60 (1): 66-73.

SCHÜTZ, J-PH. (2003): Waldbau I. Die Prinzipien der Waldnutzung und der Waldbehand- lung. Skript zur Vorlesung Waldbau I. Professur Waldbau, ETHZ. Zürich. 212 S. (Quelle: http://www.wm.ethz.ch/docs/document/fm1 – zuletzt geprüft am 1.10.2013)

SCHWAHN, C. (1990): Landschaftsästhetik als Bewertungsproblem. Zur Problematik der Bewertung ästhetischer Qualität von Landschaft als Entscheidungshilfe bei der Planung von landschaftsverändernden Maßnahmen. Beiträge zur räumlichen Planung, Bd. 28. Hannover. 189 S.

SCHWEIS, H. (1993): Moderner Naturtourismus und die Beziehung zwischen Mensch und Natur. In: SEEL, H.-J.; SICHLER, R.; FISCHERLEHNER, B. (Hrsg.): Mensch-Natur. Zur Psychologie einer problematischen Beziehung. Opladen: Westdeutscher Verlag. S. 199-213.

SCHWIND, W. (1984): Der Eifelwald im Wandel der Jahrhunderte ausgehend von Untersu- chungen in der Vulkaneifel. Düren: Eifelverein. 340 S.

SIMBERLOFF, D.; ABELE, L. G. (1982): Refuge design and island biogeographic theory: ef- fects of fragmentation. The American Naturalist 120 (1): 41-50.

SITTE, P.; WEILER, E. W.; KADEREIT, J.W.; BRESINSKY, A.; KÖRNER, C. (2002): Strasburger. Lehr- buch der Botanik für Hochschulen. Heidelberg, Berlin: Spektrum Akademischer Verlag. 1123 S.

SMITH, T. M.; SMITH, R. L. (2009): Ökologie. München: Pearson Studium. 982 S.

SOUND, P.; SCHMIDT, A.: Biodiversität im Mittelrheintal in natürlichen und anthropogen entstandenen Lebensräumen. Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz. 13 S.

SPIES, E.-D.; SABEL, K.-J. (2001): Die Böden. In: LANDESAMT FÜR DENKMALPFLEGE RHEINLAND- PFALZ (Hrsg.): Das Rheintal von Bingen und Rüdesheim bis Koblenz. Eine europäische Kulturlandschaft. Bd. 1. Mainz: von Zabern. S. 45-49.

238 Literaturverzeichnis

SRU (SACHVERSTÄNDIGENRAT FÜR UMWELTFRAGEN) (1988): Umweltgutachten. Stuttgart, Mainz: Kohlhammer. 674 S.

STANDOVÁR, T.; PRIMACK, R. B. (2001): A természetvédelem biológiai alapjai. Budapest: Nemzeti Tankönyvkiadó. 542 S.

STEINHARDT, U.; BLUMENSTEIN, O.; BARSCH, H. (2005): Lehrbuch der Landschaftsökologie. Heidelberg, Berlin: Spektrum Akademischer Verlag. 294 S.

STÖLB, W. (2005): Waldästhetik. Über Forstwirtschaft, Naturschutz und die Menschen- seele. Remagen-Oberwinter: Verlag Kessel. 400 S.

STREIT, B. (2007): Was ist Biodiversität? Erforschung, Schutz und Wert biologischer Viel- falt. München: C. H. Beck. 125 S.

STURM, A. (1959): Die Wälder des östlichen Nordpfälzer Berglandes. Die Entwicklung der heutigen Forstwirtschaftsformation aus den Waldwirtschaftsformationen während der letzten 300 Jahre. Veröffentlichungen der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Bd. 39. Speyer: Verlag der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften. 257 S.

SUCHANT, R.; OPEKER, K.; NAIN, W. (1995): Der Kirschen-Mittelwald – ökonomische und ökologische Alternative für den Niederwald. Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 167 (7): 139-148.

SUCHOMEL, C. (2013): Holzernteverfahren für die Bewirtschaftung von Stockausschlag- wäldern im befahrbaren Gelände. In: BECKER, G.; BAUHUS, J.; KONOLD, W. (Hrsg): Schutz durch Nutzung: Ein Raum-Zeit-Konzept für die multifunktionale Entwicklung der Stock- ausschlagwälder in Rheinland-Pfalz. Schriftenreihe für Professur für Landespflege der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Bd. 62. Freiburg: Verlag der Professur für Landes- pflege. S. 145-157.

SUCHOMEL, C.; KONOLD, W. (2008): Niederwald als Energiequelle – Chancen und Grenzen aus Sicht des Naturschutzes. Berichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. Br., Bd. 98. Freiburg: Aedificatio-Verlag. S. 61-120.

SUCHOMEL, C.; KONOLD, W.; HELFRICH, T. (2013): Niederwald. (Kap. XIII-1.1.) In: KONOLD, W.; BÖCKER, R.; HAMPICKE, U. (Hrsg.): Handbuch Naturschutz und Landschaftspflege. Wein- heim: Wiley-VCH. 24 S.

SYRBE, R.-U. (1999): Landschaftsmaße und ihre Aussagekraft auf der Basis geoökologi- scher Raumeinheiten im Biosphärenreservat „Oberlausitzer Heide- und Teichland- schaft“. In: WALZ, U. (Hrsg.): Erfassung und Bewertung der Landnutzungsstruktur. IÖR- Schriften, Bd. 29. Dresden. S. 27-40.

TEGETHOFF, F. W. (Hrsg.) (2001): Calciumcarbonat. Von der Kreidezeit ins 21. Jahrhun- dert. Basel, Boston, Berlin: Birkhäuser. 342 S.

THEES, O.; LEMM, R. (Hrsg) (2009): Management zukunftsfähige Waldnutzung. Grundla- gen, Methoden und Instrumente. Zürich: Vdf Hochschulverlag. 816 S.

239 Literaturverzeichnis

TOWNSEND, C. R.; BEGON, M.; HARPER, J. L. (Hrsg.) (2009): Ökologie. Berlin, Heidelberg: Springer. 622 S.

TRASSER, R. (2006): Destinations-Marken als innovatives Verkaufsinstrument im alpinen Tourismus am Beispiel des österreichischen Bundeslandes Tirol. In: PIKKEMAAT, B.; PE- TERS, M.; WEIERMAIR, K. (Hrsg.): Innovationen im Tourismus. Wettbewerbsvorteile durch neue Ideen und Angebote. Schriften zu Tourismus und Freizeit, Bd. 6. Berlin: Erich Schmidt. S. 223-244.

TRIMBORN, R. (2009): Qualitätszeichen im touristischen Kontext. In: ENGELS, B.; JOB-HOBEN, B. (Hrsg.): Nachhaltiger und naturverträglicher Tourismus – Strategien, Erfolgsfaktoren und Beispiele zur Umsetzung. Naturschutz und Biologische Vielfalt, Heft 79. Bonn - Bad Godesberg: Bundesamt für Naturschutz. S. 175-183.

TROLL, C. (1968): Landschaftsökologie. In: TÜXEN, R. (Hrsg.): Pflanzensoziologie und Landschaftsökologie. Berichte über das 7. Internationale Symposion in Stolzenau/Weser 1963 der Internationalen Vereinigung für Vegetationskunde. Den Haag: Verlag Dr. W. Junk N.V. S. 1-21.

TURNER, M. G. (1989): Landscape ecology: The effect of pattern on process. Annual Re- view of Ecology and Systematics 20: 171-197.

TURNER, M. G.; GARDNER, R. H. (1991): Quantitative methods in landscape ecology: an in- troduction. In: TURNER, M. G.; GARDNER, R. H. (Hrsg.): Quantitative Methods in Landscape Ecology. Ecological Studies, Bd. 82. New York. S. 3-14.

TWARDELLA, R.; FASEL, P. (2007): Die Großschmetterlinge (Lepidoptera) im „Historischen Hauberg Fellinghausen. In: LANUV (LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHER- SCHUTZ NORDRHEIN-WESTFALEN) (Hrsg.): Niederwälder in Nordrhein-Westfalen. Beiträge zur Ökologie, Geschichte und Erhaltung. LANUV-Fachbericht 1. Recklinghausen: Martina Galunder-Verlag. S. 203-220.

UHLIG, H. (1956): 194 Oberes Nahebergland. In: MEYNEN, E.; SCHMITHÜSEN, J. (Hrsg): Hand- buch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands. 3. Lieferung. Remagen: Selbstverlag der Bundesanstalt für Landeskunde. S. 293-296.

UNTERRICHTER, M. (1996): Sicherstellung landeskultureller Leistungen durch Niederwäl- der. Das Projekt „S. Leonardo“ bei Borghetto-Trento. Forstwissenschaftliches Central- blatt 115 (1): 287-293.

VISSER, U.; WIEGAND, K. (2004): Einfluss der Struktur von Agrarlandschaften auf die Bio- diversität. In: TMLNU (Hrsg.): Agrarproduktion und Biodiversität. Tagungsband zum Kolloquium in Jena, 18. Mai 2004. Erfurt. S. 58-62.

VOGEL, F. (2005): Beschreibende und schließende Statistik. Formeln, Definitionen, Erläu- terungen, Stichwörter und Tabellen. München, Wien: Oldenbourg. 372 S.

VON SALISCH, H. (2009): Forstästhetik. Remagen-Oberwinter: Kessel. 435 S.

240 Literaturverzeichnis

VON WYL, B.; BRANG, P.; HUG, U.; KAUFMANN, G.; SAUTER, R.; STÄDELI, M.; STOCKER, R.; WALTHERT, L.; WOHLGEMUTH, T. (2006): Zur Revision des Waldgesetzes. Begrenztes Potential für den Kahlschlag im Schweizer Wald. Wald und Holz 87 (12): 37-39.

WALZ, U.; SYRBE, R.-U.; DONNER, R.; LAUSCH, A. (2001): Erfassung und ökologische Bedeutung der Landschaftsstruktur. Workshop der IALE-Arbeitsgruppe Landschaftsstruktur. Na- turschutz und Landschaftsplanung 33 (2/3): 101-105.

WALZ, U. (2004): Landschaftsstrukturmaße – Indizes, Begriffe, Methoden. In: WALZ, U.; LUTZE, G.; SCHULTZ, A.; SYRBE, R.-U. (Hrsg.): Landschaftsstruktur im Kontext von natur- räumlicher Vorprägung und Nutzung. Datengrundlagen, Methoden und Anwendungen. IÖR-Schriften, Bd. 43. Dresden. S. 15-27.

WALZ, U.; BERGER, A. (2004): Landschaftsmaße für eine Langzeituntersuchung von Flä- chennutzungsänderungen in Ostsachsen. In: WALZ, U.; LUTZE, G.; SCHULTZ, A.; SYRBE, R.-U. (Hrsg.): Landschaftsstruktur im Kontext von naturräumlicher Vorprägung und Nutzung. Datengrundlagen, Methoden und Anwendungen. IÖR-Schriften, Bd. 43. Dresden. S. 255- 272.

WALZ, U. (2006): Landschaftsstruktur – zwischen Theorie und Praxis. In: KLEINSCHMIT, B.; WALZ, U. (Hrsg.): Landschaftsstrukturmaße in der Umweltplanung. Beiträge zum Work- shop der IALE-AG Strukturmaße. Berlin. S. 4-17.

WALZ, U. (2011): Verwendung von Landschaftsstrukturmaßen zur Analyse und Bewer- tung der biologischen Vielfalt von Landschaften. Archiv für Forstwesen und Land- schaftsökologie 45 (3): 116-130.

WARING, P.; HAGGETT, G. (1991): Coppiced woodland habitats. In: FRY, R.; LONSDALE, D. (Hrsg.): Habitat conservation for insects – a neglected green issue. The Amateur Ento- mologist, Bd. 21. Middlesex. S. 68-92.

WEIGELMEIER, S. (2010): Eine Schaufel für die Hütte. Nutzungswandel im Steigerwald. In: HERRMANN, B.; KRUSE, U. (Hrsg.): Schauplätze und Themen der Umweltgeschichte. Um- welthistorische Miszellen aus dem Graduiertenkolleg. Werkstattbericht. Göttingen: Uni- versitätsverlag Göttingen. S. 251-261.

WILD-ECK, S. (2001): Wozu denn Wald? Der Wald und die Qualität des Lebens in der Stadt. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 152 (3): 77–85.

WINTER, S. (2009): Mikrohabitate und Phasenkartierung als Kern der Biodiversitätser- fassung im Wald. LWF Wissen, Bd. 61. Freising. S. 52-56.

WIPPERMANN, C.; WIPPERMANN, K. (2010): Mensch und Wald. Einstellungen der Deutschen zum Wald und zur nachhaltigen Waldwirtschaft. Bielefeld: Bertelsmann. 182 S.

WÖBSE, H. (2002): Landschaftsästhetik. Über das Wesen, die Bedeutung und den Umgang mit landschaftlicher Schönheit. Stuttgart: Ulmer. 304 S.

WOLF, A.; APPEL-KUMMER, E. (Hrsg.) (2009): Naherholung in Stadt und Land. Norderstedt: Books of Demand GmbH. 360 S.

241 Literaturverzeichnis

WOLFRUM, S. (2006): Theorie und Methodik der Quantifizierung von Biotopverbundfunk- tion – Landschaftsgraphen als Alternative zu Landschaftsstrukturmaßen bei der Erfas- sung eines funktionalen Zusammenhanges in der Landschaft. In: KLEINSCHMIT, B.; WALZ, U. (Hrsg.): Landschaftsstrukturmaße in der Umweltplanung. Beiträge zum Workshop der IALE-AG Strukturmaße. Berlin. S. 73-83.

WRBKA, T. (2003): Landschaftsökologischen Strukturmerkmale als Indikatoren der Nachhaltigkeit (Spatial INdicators für Land USe sustainability). Endbericht zum For- schungsprojekt SINUS. Wien. 318 S.

WULF, A. J. (2001): Die Eignung landschaftsökologischer Bewertungskriterien für die raumbezogene Umweltplanung. Libri Books on Demand. 576 S.

WÜST, H. S.; SCHAFRANKSI, F. (1999): Ästhetische Kriterien zur Abgrenzung einer UNESCO- Kulturlandschaft Rheintal. In: KÜHN, N.; WIEMER, K. P. (Hrsg.): Das Rheintal. Schutz und Entwicklung. Die Rheintal-Konferenz des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz am 6./7. November 1997 in Mainz. Eine Dokumentation. Köln: Rhei- nischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz. S. 115-122.

YU, K. J. (1996): Security patterns and surface model in landscape ecological planning. Landscape and Urban Planning 36 (5): 1-17.

ZUCKER, A. (2001): Erläuterungsband zur Standorterkundung für das Bundesforstamt Baumholder. 218 S.

Internetquellen: http 1: http://www.ihb.de/fordaq/news/Wertholzsubmissoin_Holzpreise_Th%C3%BCringen_ Arnstadt_21861.html – zuletzt geprüft am 1.10.2013 http 2: http://www.bundeswaldinventur.de/enid/4219b7b5480f637e6a9e2006a3c23344,1b9 1e15f7472636964092d09343035/4f.html – zuletzt geprüft am 1.10.2013 http 3: http://www.gebruederwaeldchen.de/artikel3.html – zuletzt geprüft am 1.10.2013 http 4: http://www.umass.edu/landeco/research/fragstats/documents/Metrics/Metrics%20T OC.htm – zuletzt geprüft am 20.9.2013 http 5: http://www.umass.edu/landeco/research/fragstats/documents/fragstats.help.4.0.pdf – zuletzt geprüft am 21.5.2012

242 Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Rotationssystem und Dauer von Holz- und Waldfeldbaunutzungen am Beispiel der zyklischen Phasen der Haubergwirtschaft ...... 12 Abb. 2: Aktuelle Schwerpunktanalyse über die Verbreitung der Wälder „aus Stockausschlag entstanden“ in Rheinland-Pfalz ...... 21 Abb. 3: Vorherrschende Vegetation in Abhängigkeit von den Feuchtigkeits- und Säureverhältnissen der mitteleuropäischen Laubwaldgesellschaften ...... 22 Abb. 4: „Elefantenfüße“ in einem ehemahligen Niederwald...... 28 Abb. 5.1-2: Die Lage der Referenz- und Untersuchungsflächen...... 30 Abb. 6: Schema der Terrassengliederung am Mittelrhein...... 32 Abb. 7: Vitalität der Bäume auf den Untersuchungsflächen ...... 43 Abb. 8: Dynamik der Bäume auf den Untersuchungsflächen ...... 44 Abb. 9: Kronenlängenklasse der Bäume auf den Untersuchungsflächen ...... 45 Abb. 10: Schiefe der Bäume auf den Untersuchungsflächen ...... 45 Abb. 11: Ehemaliger Traubeneichen-Niederwald mit einer üppigen Boden- Kryptogamen-Schicht...... 50 Abb. 12: Ehemaliger Traubeneichen-Hainbuchen-Niederwald...... 53 Abb. 13: Ehemaliger Buchenniederwald...... 55 Abb. 14: Ehemaliger Blockschuttniederwald...... 57 Abb. 15: Ehemaliger Haselniederwald...... 58 Abb. 16: Zweijähriger, dicht bewachsener Schlag eines ehemaligen Traubeneichen- Hainbuchen-Niederwaldes ...... 60 Abb. 17: Mittlere Feuchtezahl der Untersuchungsflächen ...... 65 Abb. 18: Mittlere Reaktions- und Stickstoffzahlen der Untersuchungsflächen ...... 67 Abb. 19: Die Landschaftsökologie lässt sich durch die Forschung der drei Grundaspekte: Struktur, Funktion und Wandel charakterisieren ...... 86 Abb. 20: Diversität und Landschaftsstruktur...... 89 Abb. 21: Verteilung der Kontrollpunkte zur Bestimmung der Waldformen im UG „1“..... 98 Abb. 22: Übersicht über die Grundszenarien ...... 99 Abb. 23: 3D-Animation des „Istzustandes“ im UG „1“ ...... 107 Abb. 24: 3D-Animation des „Istzustandes“ im UG „2“ ...... 107 Abb. 25: 3D-Animation über die zur Überführung geeigneten Flächen im UG „1“ ...... 110 Abb. 26: 3D-Animation über die zur Überführung geeigneten Flächen im UG „2“ ...... 110 Abb. 27: 3D-Animation über alle Stockausschlagwaldbestände im UG „1“ ...... 111 Abb. 28: 3D-Animation über alle Stockausschlagwaldbestände im UG „2“ ...... 112 Abb. 29: 3D-Animation über das Pufferszenario im UG „1“ ...... 113 Abb. 30: 3D-Animation über das Pufferszenario im UG „2“ ...... 113 Abb. 31: Einteilung der Schläge auf Basis des Überführungsmodells im UG „1“ ...... 119 Abb. 32: Bewirtschaftungsmodell mit Überführung für die erste Erntephase basierend auf dem 5-jährlichen-Ernterhythmus im UG „1“ ...... 120 Abb. 33: Bewirtschaftungsmodell mit Überführung für die dritte Erntephase basierend auf dem 5-jährlichen-Ernterhythmus im UG „1“ ...... 121 Abb. 34: Vorstellung der Nachbarschaftsbeziehungen zwischen den künftig niederwaldartig bewirtschaftenden Beständen anhand des Proximity-Index mit einem Proximity-Buffer von 300 m, dargestellt auf einer 10-stufigen Natural Breaks Skala im UG „1“...... 124

243 Abbildungsverzeichnis

Abb. 35: Vorstellung der Nachbarschaftsbeziehungen zwischen den künftig niederwaldartig bewirtschaftenden Beständen anhand des Proximity-Index mit einem Proximity-Buffer von 300 m, dargestellt auf einer 10-stufigen Natural Breaks Skala im UG „2“...... 125 Abb. 36: Vorstellung der Nachbarschaftsbeziehungen zwischen den künftig niederwaldartig bewirtschaftenden Beständen anhand des Proximity-Index mit einem Proximity-Buffer von 300 m, dargestellt auf einer manuell skalierten Skala im UG „1“...... 126 Abb. 37: Vorstellung der Nachbarschaftsbeziehungen zwischen den künftig niederwaldartig bewirtschaftenden Beständen anhand des Proximity-Index mit einem Proximity-Buffer von 300 m, dargestellt auf einer manuell skalierten Skala im UG „2“...... 127 Abb. 38: Die frühen Sukzessionsstadien der Niederwälder sind geeignete Lebensräume für den Baumpieper...... 128 Abb. 39: Nachbarschaftsbeziehung der Baumpieperhabitate...... 129 Abb. 40: 6- bis 18-jährige Schläge sind geeignete Lebensräume für das Haselhuhn...... 130 Abb. 41: Nachbarschaftsbeziehung der Haselhuhnhabitate...... 131 Abb. 42: Schwerpunktthemen der „Tourismusstrategie 2015“ ...... 142 Abb. 43: Zusammenhang zwischen Landschaftsbild, Landschaft und Betrachter ...... 146 Abb. 44: Lage der Befragungsorte in Rheinland-Pfalz ...... 150 Abb. 45: Ausblick auf die Hiebsfläche im Juni 2010 vom Befragungsort an der Burg Thurant ...... 151 Abb. 46: Ablaufmodell induktive Kategorienbildung nach MAYRING ...... 158 Abb. 47: Grund des Aufenthalts am Befragungsort nach Jahreszeit ...... 160 Abb. 48: Ansprüche an den Wald ...... 162 Abb. 49: Was gut gefällt in der Landschaft nach Altersklassen...... 164 Abb. 50: Entstehungsweise der freien Fläche nach Geschlecht...... 166 Abb. 51: Entstehungsweise der freien Fläche nach Alter...... 167 Abb. 52: Assoziationen mit der freien Fläche...... 168 Abb. 53: Einstellung gegenüber der freien Fläche nach Geschlecht ...... 169 Abb. 54: Einstellung gegenüber der freien Fläche nach Alter ...... 169 Abb. 55: Begriffverbindung mit der freien Fläche nach Bildungsabschluss ...... 170 Abb. 56: Behandlungsvorschlag der freien Fläche nach Alter ...... 172 Abb. 57: Einstellung gegenüber der kleinflächigen Abholzung zum Zweck der Brennholzgewinnung nach Wohnort ...... 173 Abb. 58: Interesse an Niederwäldern nach Jahreszeit ...... 177 Abb. 59: Einen Niederwald aus touristischem Zweck aufsuchen...... 178 Abb. 60: Befragungsort im Mattheiser-Wald...... 180 Abb. 61. Übersicht über die induktiv erstellten Hauptkategorien ...... 182

244 Tabellenverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Stockausschlagsverhalten heimischer Baum- und Straucharten ...... 23 Tab. 2: Charakterisierung des Schlussgrades und des Überschirmungsprozentes auf Bestandesebene ...... 36 Tab. 3: Die untersuchten Parameter an den Bäumen ...... 36 Tab. 4: Klassifizierung der Niederwälder in Rheinland-Pfalz und die Zuordnung der Untersuchungsflächen...... 40 Tab. 5: Höhenklassenverteilung der Bäume auf Bestandesebene ...... 41 Tab. 6: Baumdichte auf BE ...... 41 Tab. 7: Brusthöhendurchmesser der Bäume auf Bestandesebene ...... 42 Tab. 8: Totholzangebot auf Bestandesebene ...... 43 Tab. 9: Baumartenzusammensetzung der Untersuchungsflächen ...... 47 Tab. 10: Ökologische Zeigerwerte der untersuchten ehemaligen Niederwaldbestände .. 62 Tab. 11: Berechnete Landschaftsstrukturmaße ...... 101 Tab. 12: Fläche und flächenmäßiger Anteil (Proportion) sowie Rang nach Flächenanteil der Landbedeckungsklassen im Istzustand ...... 108 Tab. 13: Flächenbilanz zu den zur Ernte vorgesehenen Stockausschlagwäldern und den dazu gehörigen Schonflächen ...... 112 Tab. 14: Rangfolge der fünf kleinsten Diversität aufweisenden Modelle dargestellt mit den dazu gehörigen Shannon´s-Evenness- und Dominanzwerten...... 115 Tab. 15: Anzahl und Flächengröße der Teilschläge ...... 119 Tab. 16: Flächenbilanz des Bewirtschaftungsmodells mit Überführung auf den 5- jährlichen-Ernterhythmus im UG „1“ in ha ...... 122 Tab. 17: Die Verteilung der PROX-Klassen mit einem Proximity-Buffer von 300 m ...... 127 Tab. 18: Flächenbilanz und MPROX über für das Haselhuhn nutzbare Niederwaldwälder ...... 132 Tab. 19: Soziologische Merkmale der Befragten an der Burg Thurant ...... 152

245 Abkürzungen

Abkürzungen

Abb. Abbildung HLBG Hessisches Landesamt für agg. aggregatum, Artengruppe Bodenmanagement und BE Bestandesebene Geoinformation BFN Bundesamt für Natur- http Hypertext Transfer Proto- schutz col BHD Brusthöhendurchmesser i.d.R. in der Regel Bi Birke inkl. inklusive BMELV Bundesministerium für Jh. Jahrhundert Ernährung, Landwirt- K Klasse schaft und Verbraucher- (m)K (mittlere) Kontinentali- schutz tätszahl BMU Bundesministerium für Kap. Kapitel Umwelt, Naturschutz und Kief Kiefer Reaktorsicherheit km Kilometer BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz L Landschaft Bu Buche (m)L (mittlere) Lichtzahl bzw. beziehungsweise LAG Lokale Aktionsgruppe Mo- CA Class Area sel ca. circa (zirka) LANUV Landesamt für Natur, CAI Core Area Index Umwelt und Verbraucher- cm Centimeter schutz Nordrhein- d.h. das heißt Westfalen DOM Dominance LSM Landschaftsstrukturmaß ebd. ebenda LUWG Landesamt für Umwelt, ED Edge Density Wasserwirtschaft und Ge- Elsb Elsbeere werbeaufsicht Rheinland- ENN Euclidean Nearest- Pfalz Neighbor-Distance m Meter ESRI Environmental Systems m2 Quadratmeter Research Institute max. Maximum et al. und andere mind. mindestens etc. et cetera Mio. Million ETI Europäisches Tourismus mm Millimeter Institut GmbH an der Uni- MPE Mean Patch Edge versität Trier MPS Mean Patch Size evtl. eventuell Mrd. Milliard (m)F (mittlere) Feuchtezahl MWVLW Ministerium für Wirt- Fl. Nr. Flächennummer schaft, Verkehr, Landwirt- FrAh Französischer Ahorn schaft und Weinbau (M)FRACT (Mean) Fractal Dimension (m)N (mittlere) Nährstoffzahl GIS Geographic Information NC Number of Classes Systems NCA Number of Core Areas ha Hektar NP Number of Patches Hb Hainbuche Nr. Nummer P Patch

246 Abkürzungen

PA Patch Area χ2 Chi-Quadrat (M)PARA (Mean) Perimeter-Area Ratio PE Patch Edge PERIM Patch Edge PLAND Proportion (M)PROX (Mean) Proximity Index (m)R (mittlere) Reaktionszahl Ref. Fl. Referenzfläche RL Rote Liste RPTG Rheinland-Pfalz Touris- mus GmbH (m)S (mittlere) Salzzahl SHDI Shannon´s Diversity SHEI Shannon´s Evenness SHAPE Shape Index (M)SHI (Mean) Shape Index s.o. siehe oben sog. sogenannte spp. species pluralis SPSS Statistic Package for Social Sciences SRU Sachverständigenrat für Umweltfragen syn. synonym (m)T (mittlere) Temperaturzahl TA Total Area Tab. Tabelle TCA Total Core Area TCCA Total Class Core Area TE Total Edge TP Total Patches Tr.Ei Traubeneiche Tz. Teilziffer ü. NN über Normalnull u.a. unter anderen u.U. unter Umständen UF Untersuchungsfläche UG Untersuchungsgebiet usw. und so weiter v.Chr. vor Christus vgl. vergleiche V-LATE vector-based landscape analysis tools extension Wd Weißdorn WTO World Trade Organization z.B. zum Beispiel % Prozent °C Grad Celsius

247 Anhang

Anhang

A. Gesamtartenliste B. Fragebogen an der Mosel C. Fragebogen Mattheiser-Wald D. Erklärung Niederwald-Projekt bei der Passantenbefragung E. Kategoriensystem

248

A. GESAMTARTENLISTE

UF 2 UF 3 UF 4 UF 6 UF 7 UF 8 UF 9 UF 10 UF 11 UF 12 Schlagfläche Insgesamt Acer campestre 1 0 0 1 1 0 0 0 1 0 1 5 Acer monspessulanum 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Acer platanoides 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Acer pseudoplatanus 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 Achillea millefolium 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Alliaria petiolata 1 0 0 1 1 0 0 0 1 0 1 5 Alnus glutinosa 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 Anemone nemorosa 1 1 1 0 1 1 1 0 0 1 1 8 Anthemis arvensis 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Anthericum liliago 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Arabis pauciflora 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Artemisia absinthium 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Arum maculatum 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Athyrium filix-femina 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 Berberis vulgaris 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Betula pendula 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 Brachypodium pinnatum 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Calystegia sepium 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Campanula persicifolia 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Campanula rapunculoi- 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 des Campanula rotundifolia 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Campanula trachelium 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Cardamine impatiens 1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 3 Carduus nutans 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Carex divulsa 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 2

Carex remota 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 Carpinus betulus 1 0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 10 Circaea lutetiana 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 Circaea intermedia 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 Cirsium arvense 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Cirsium vulgare 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Clematis vitalba 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Convallaria majalis 1 0 1 0 0 0 1 0 0 0 0 3 Convolvulus arvensis 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Conyza canadensis 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Corylus avellana 0 0 1 0 0 0 1 1 1 0 0 4 Cotoneaster integerrimus 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Crataegus monogyna 1 0 0 1 1 0 0 0 0 0 1 4 Crataegus laevigata 0 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 2 Cynoglossum officinale 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Dactylis glomerata 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Dactylis polygama 0 0 1 1 1 0 0 0 0 0 0 3 Daucus carota 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Dentaria bulbifera 1 0 1 0 1 0 1 0 0 0 1 5 Deschampsia flexuosa 1 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 3 Digitalis lutea 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 Digitalis purpurea 1 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 3 Dryopteris filix-mas 1 0 1 0 1 0 1 1 1 1 1 8 Epilobium angustifolium 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Epilobium montanum 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 Epilobium tetragonum 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Erigeron annuus 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Euonymus europaea 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Euphorbia cyparissias 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 2

Euphorbia dulcis 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 Fagus sylvatica 0 1 0 1 1 1 1 1 1 1 0 8 Festuca heterophylla 0 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 2 Fragaria vesca 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Galeopsis angustifolia 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 Galeopsis tetrahit 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 2 Galium odoratum 1 0 1 0 1 0 1 1 0 0 1 6 Galium sylvaticum 1 0 1 1 1 0 1 0 0 0 1 6 Genista pilosa 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Geranium robertianum 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 6 Geum urbanum 1 0 0 0 1 0 0 0 1 0 1 4 Glechoma hederacea 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 Hedera helix 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 Helictotrichon pratense 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Helictotrichon pubescens 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 2 Helleborus foetidus 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 3 Hieracium lachenalii 1 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 3 Hieracium murorum 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 Hieracium sabaudum 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Holcus mollis 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Hypericum hirsutum 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Hypericum perforatum 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 2 Hypericum tetrapterum 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 Impatiens parviflora 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 Inula conyzae 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Juncus effusus 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Lamium galeobdolon 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 0 2 Lapsana communis 1 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 3 Lathyrus linifolius 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1

Lathyrus niger 1 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 2 Lithospermum officinale 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Lonicera periclymenum 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 0 2 Lonicera xylosteum 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 Luzula luzuloides 0 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 2 Luzula sylvatica 1 0 1 0 0 0 0 0 0 1 0 3 Malva alcea 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Medicago falcata 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Melampyrum pratense 1 0 1 0 0 0 1 0 0 0 0 3 Melica nutans 1 0 1 1 0 0 1 0 0 0 0 4 Melica uniflora 0 1 0 0 1 0 0 0 1 0 1 4 Mentha longifolia 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Mentha spicata 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Milium effusum 0 0 0 0 1 1 1 0 0 0 0 3 Moehringia trinervia 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 0 2 Mycelis muralis 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 2 Myosotis sylvatica 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 2 Orchis mascula 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 Plantago major 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Poa chaixii 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1 2 Poa nemoralis 1 0 1 1 1 0 0 0 0 0 1 5 Polygonatum multiflorum 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 Polygonatum odoratum 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Populus tremula 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 2 Potentilla sterilis 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 Primula elatior 0 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 2 Primula veris 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Prunus avium 0 0 0 0 1 0 1 0 0 0 0 2 Prunus spinosa 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1

Pyrus pyraster 1 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 2 Quercus petraea 1 1 1 1 1 1 1 1 0 1 1 10 Ranunculus repens 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Ribes alpinum 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 Robinia pseudoacacia 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 Rosa arvensis 1 1 0 1 0 0 0 0 0 0 0 3 Rosa canina 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 2 Rubus fruticosus agg. 1 1 1 0 1 1 1 0 1 1 1 9 Rumex sanguineus 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Salix caprea 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 1 Sambucus nigra 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 2 Sarothamnus scoparius 1 0 1 1 0 0 0 0 0 0 1 4 Scrophularia nodosa 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 2 Sedum rupestre 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Sedum telephium 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Senecio inaequidens 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Silene vulgaris 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 Sorbus aria 1 0 1 0 0 0 0 1 0 0 1 4 Sorbus domestica 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 Sorbus torminalis 1 0 0 1 0 0 1 0 1 0 0 4 Stellaria holostea 1 1 1 0 1 1 1 0 0 0 1 7 Tanacetum corymbosum 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Taraxacum officinale 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Teucrium scorodonia 1 1 1 1 1 0 1 0 0 0 1 7 Tilia platyphyllos 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 Trifolium repens 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Urtica dioica 0 0 0 0 1 0 1 1 1 0 1 5 Valeriana officinalis 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Verbascum thapsus 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1

Veronica chamaedrys 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Veronica officinalis 1 1 0 0 1 0 0 0 0 0 1 4 Vicia sepium 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 2 Vincetoxicum hirundina- 1 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 2 ria Viola hirta 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 Viola reichenbachiana 0 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 2 Viola riviniana 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 2 Insgesamt 62 17 30 25 33 12 27 12 25 12 66

B. FRAGEBOGEN AN DER MOSEL

1. Aus welchem Grund sind Sie hierher gekommen?

 spazieren gehen  Sport treiben  Wald erleben  Natur erleben  Burg besichtigen  weiß nicht  sonstiges: ……………………

2. Wie oft im Monat gehen Sie in den Wald?

 weniger als einmal im Monat  einmal im Monat  ein bis dreimal im Monat  mehr als dreimal im Monat

3. Welche Ansprüche stellen Sie an den Wald? (mehrere Antworten sind möglich)

 Schönheit  Natürlichkeit  Holznutzung  gutes Wegenetz  Unberührtheit  Erholungsmöglichkeit  weiß nicht  sonstiges: ……………………

Fragen zu der Landschaft

4. Was halten Sie von dieser Landschaft?

 schön  weder schön noch unschön  unschön  weiß nicht

5. Was gefällt Ihnen in dieser Landschaft gut bzw. nicht so gut?

Mir gefällt gut: …………………………………………………………………………………………..

……………………………………………………….………………………………………………………..

Mir gefällt nicht so gut: ……………………………………………………......

…………………………………………………………………………………………………………………

6. Was denken Sie, warum dort eine freie Fläche ist?

…………………………………………………………………………………………………………………

7. Welchen Begriff verbinden Sie mit der freien Fläche? (mehrere Antwor- ten sind möglich)

 ungewohnt  natürlich  gepflegt  unordentlich  romantisch  künstlich  übernutzt  schön  freundlich  krank  nostalgisch  weiß nicht  sonstiges: ……………………

8. Wenn Sie entscheiden dürften, würden Sie diese freie Fläche so lassen oder verändern wollen?

 so lassen  ändern  weiß nicht

ändern → weiter mit 9) → weiter mit 10)

9. Was würden Sie verändern?

…………………………………………………………………………………………………………………

10. Was halten Sie davon, wenn kleinflächige Abholzungen dafür sorgen sol- len, den Wald traditionell zu nutzen und dadurch Holz zum Heizen zu gewinnen?

…………………………………………………………………………………………………………………

11. Finden Sie es wichtig, eine ehemalige Waldnutzungsform wiederzubele- ben, wenn Sie wissen, dass dadurch eine Tradition zu erhalten ist?

 ja  nein  weiß nicht

Erklärung Niederwald-Projekt

12. Was halten Sie von diesem Konzept?

 überflüssig  sinnvoll  keine Meinung

Der Wert der Niederwälder

13. Wie groß wäre Ihr Interesse die Bedeutung dieser ehemaligen Nut- zungsform näher kennenzulernen?

 groß  mittel  klein  weiß nicht

14. Wie wichtig finden Sie es, die Menschen auf den Stellenwert der Nieder- wälder zu verweisen?

…………………………………………………………………………………………………………………

15. Wenn diese Wälder in ein touristisches Konzept eingebunden wären (z.B. Informationstafel, Lehrpfad, Freilichtmuseum), wäre das für Sie ein Grund einen solchen Ort aufsuchen?

 auf jeden Fall  wahrscheinlich schon  vielleicht  eher nicht  nein

Fragen zur Person

16. Wo wohnen Sie?

 Stadtkern  äußerer Stadtbezirk  auf dem Lande  sonstiges

17. Zu welcher Altersklasse gehören Sie?

 18-20  21-30  31-50  >50

18. Was ist Ihr höchster Bildungsabschluss?

 Hauptschule  Realschule  Abitur (Fach-)  Hochschule

C. FRAGEBOGEN MATTHEISER-WALD

1. Aus welchem Grund sind Sie in den Mattheiser-Wald gekommen?

 spazieren gehen  Sport treiben  Wald erleben  weiß nicht  sonstiges: ……………………

2. Verbringen Sie Ihre Freizeit sonst auch oft im Wald oder gehen Sie eher woanders hin?

 oft im Wald  woanders  weiß nicht

3. Wie wirkt dieses Waldstück auf Sie?

 unschön  geht so  schön  weiß nicht

4. Warum empfinden Sie den Wald als so wie eben beschrieben?

………………………………………………………………………………………………………………………

5. Waren Sie früher schon einmal hier, als der Wald noch anders aussah?

 ja  nein

ja → weiter mit 6) nein → weiter mit 8)

6. Wie empfinden Sie die Veränderung?

 schöner  neutral  weniger schön  weiß nicht  sehe keine Veränderung

7. Warum finden Sie die Veränderung als so wie eben beschrieben?

………………………………………………………………………………………………………………………

8. Welchen Begriff verbinden Sie mit diesem Waldstück? (mehrere Antworten sind möglich)

 ungewohnt  natürlich  gepflegt  unordentlich  romantisch  künstlich  übernutzt  schön  freundlich  krank  nostalgisch  weiß nicht  sonstiges: ……………………

9. Wenn Sie entscheiden dürften, würden Sie dieses Waldstück so lassen oder verändern wollen?

 so lassen  ändern  weiß nicht

ändern → weiter mit 10) → weiter mit 11)

10. Wie sollte es Ihrer Meinung nach aussehen?

………………………………………………………………………………………………………………………

11. Wie wirkt dieses Waldstück hier im Vergleich zu dem Wald hinter/neben Ihnen?

………………………………………………………………………………………………………………………

12. Welche Ansprüche stellen Sie an den Wald? (mehrere Antworten sind mög- lich)

 Schönheit  Natürlichkeit  Holznutzung  gutes Wegenetz  Unberührtheit  Erholungsmöglichkeit  weiß nicht  sonstiges: ……………………

Fragen zum Bild

13. Würden Sie gerne hierher gehen oder nicht?

 ja  nein  weiß nicht

14. Was halten Sie von dieser Landschaft?

 schön  egal  häßlich  weiß nicht

15. Was denken Sie, wofür die freie Fläche hier ist?

…………………………………………………………………………………………………………………………..

16. Was halten Sie davon, wenn kleinflächige Schläge dafür sorgen sollen, den Wald traditionell zu nutzen und dadurch Holz zum Heizen zu gewinnen?

…………………………………………………………………………………………………………………………..

17. Finden Sie es wichtig, eine ehemalige Waldnutzungsform wiederzubeleben, wenn Sie wissen, dass dadurch eine Tradition zu erhalten ist?

 ja  nein  weiß nicht

Erklärung Niederwald-Projekt

18. Was halten Sie von diesem Konzept?

 überflüssig  egal  sinnvoll  weiß nicht

Fragen zur Person

19. Wo wohnen Sie?

 Stadtkern  äußerer Stadtbezirk  auf dem Lande  sonstiges

20. Zu welcher Altersklasse gehören Sie?

 18-20  21-30  31-50  >50

21. Was ist Ihr höchster Bildungsabschluss?

 Hauptschule  Realschule  Abitur (Fach-)  Hochschule

D. ERKLÄRUNG NIEDERWALD-PROJEKT BEI DER PASSANTENBEFRGAUNG

Die niederwaldartige Waldnutzung ist eine traditionelle, zyklische Form der forstlichen Bewirtschaftung, bei der in relativ kurzen Zeitabständen (i.d.R. 15-25, max. 40 Jahren) auf einer begrenzten Fläche alle Bäume geerntet werden. Die folgende Generation er- neuert sich durch Ausschläge aus den verbleibenden Stöcken oder durch Wurzelbrut.

Die Niederwälder haben eine lange kulturhistorische Tradition. Es gibt Vermutungen, dass bereits die Kelten ihre Wälder in dieser Form bewirtschafteten. Seit Beginn des 13. Jahrhunderts stieg der Holzbedarf durch die Bevölkerung permanent an. Später mit der Verbreitung der Eisenverhüttung und Glasherstellung, und darauf folgend für die Holz- kohlegewinnung brauchte man immer mehr an Brennholz. Wo Wälder wachsen, man- gelt es der Gegend an Viehweiden und Äcker, weshalb diese Wälder zugleich als Wald- weide fungiert haben. Die Ausbeutung der Wälder durch die enorme Holzentnahme und das Abweiden der Waldverjüngung durch das Vieh, führten in vielen Regionen auf gro- ßen Flächen zu Waldverwüstungen. Mit der Entwicklung der Eisenbahn als Transport- mittel für große Entfernungen gewann die Steinkohle als Energieträger gegenüber dem Holz mehr an Bedeutung. Dadurch wurde der Niederwaldbetrieb abgelöst und mündete in den heutigen Hochwaldbetrieb. Die Flächen, die nicht in Hochwald umgewandelt wurden, wurden nicht mehr bewirtschaftet. Daher haben diese Niederwälder heute ein Alter von 60-80 Jahren (statt 15-25 Jahren) und sind durchgewachsen.

Es bestehen jedoch erhebliche Unklarheiten über geeignete Bewirtschaftungsformen für diese durchwachsenen Niederwälder, sowie über ihre Auswirkungen. Das Projekt ver- sucht diese Unklarheiten zu klären, um die Zukunft dieser Wälder zu planen. Die Bedeu- tung des Projektes liegt in dem Erhalt einer Tradition (traditionelle Glasverhüttung, Kohlenmeiler etc.), sowie forsthistorischen Wissens und dem Naturschutz. Nach der Entfernung der Bäume und des daraus resultierenden besseren Lichtangebotes ist die Artenvielfalt an Käfern und Schmetterlingen viel größer. Außerdem wäre es nicht nur wegen den naturschutzfachlichen Gründen denkbar diese Bewirtschaftungsform wieder zu unterstützen, sondern auch aufgrund wirtschaftlicher Gründe. Es gibt heute immer mehr Nachfrage nach Energieholz. Nicht nur die steigenden Energiepreise, sondern auch die Verantwortung für den Klimaschutz sollten die Verwendung von Rohstoffen, wie z.B. Brennholz, fördern.

E. KATEGORIENSYSTEM [Anzahl der Kodes: 1206]

Hauptkategorie 1: Stellenwert des Tourismus in der untersuchten Region

Tourismus [32] touristisches Angebot [20] Betreuung durch Menschen [22] Erholung [6] Erlebniswanderung [10] Ferienpark [2] Gastronomie [15] Geocaching [1] Hütte [2] Kletterpark [5] Natur [1] Naturliebhaber [1] Paragliding [1] Reiten [2] Roscheider Hof [1] Saar-Hunsrück-Park [2] Schifffahren [5] Sport [3] Waldurlaub [2] Wasserwandern [2] WeinErlebnisBegleiter [14] Tourismus als wichtiger Wirtschaftsfaktor [15] Tourismusstrategie [4] Ökotourismus [11] fehlende Kreativität [1] UNESCO Welterbe [10] Kultur [3] Belginum [1] Bremmer Calmont [1] Burgen [6] Freilichtmuseum [12] Martberg [4] Römer-Kelten [8] Kulturlandschaft [17] Infrastruktur [19] Mobilität [2] mediterranes Klima [2] Mosel-Rhein als Konkurrenten [3] Kirsche [2] Mosel [4] Rhein [3] Weinberg/Weinbau [18] Terrassen/Terrassenmosel [4] Trischen/verlassene Weinberge [8]

Wald-Weinbau [17] Weinbergspfirsich [5] Statistik [12]

Hauptkategorie 2: Anforderungen gegenüber einem neuen touristischen Konzept

Qualität [17] "Leuchttürme der Region" [2] Qualitätssiegel [4] Marketing/Werbung [38] attraktive Landschaft [3] Dachmarken/Zukunftinitiativen [3] fehlende Zusammenarbeit [22] Infotafel [17] Mosellandtouristik [1] Zielgruppen [3] LOHAS [3] Kinder [7] Familie [1]

Hauptkategorie 3: Wichtigste touristische Aktivitäten

Radfahren [8] Wandern/Wanderwege [50] Exkursionen [32]

Hauptkategorie 4: Bildung und Aufklärung

Bildung/Aufklärung [32]

Hauptkategorie 5: Anthropogene Wahrnehmung

Wahrnehmung der Touristen [44] Aussichten [20] Kahlschlag [18] Lärm [2] Schatten zum wohl fühlen [3] Wald als grüne Kulisse [4] Ästhetik [20]

Hauptkategorie 6: Naturschutz, Wald und Niederwaldbewirtschaftung

Tipps zum Niederwald als touristisches Angebot [179] Wald [34] Buche [1] Buchsbaum [5] Eiche [1] Esskastanie [5] Forsttechnik [6]

Gassi gehen im Wald [1] historische Nutzung des Niederwaldes [13] Mittelwald [9] Niederwaldbewirtschaftung heute [51] Stöcke treiben aus [5] Wild [29] Naturschutz [48] Haselhuhn [11] Beobachtung [9] Haselhuhnbestand [5] Sukzession [15] Totholz [8] Vielfalt [34] Waldökostation [6] Ziegenbeweidung [2] Ökokonto [5]

Nicht zugeordnet Aufgabe des Interviewpartners [21] persönliche Wünsche des Interviewpartners / Visionen [8]