PRO BAHN Hessen Fahrgastzeitung Informationen von PRO BAHN für Hessen und Rhein-Neckar Sonderbeilage zu Nr. 100 November – Dezember 2013

Aus dem Alltag der „FGZ“-Redaktion S. 8 Die Zukunft des ÖPNV in Hessen S. 25 Es geht auch anders: Beispiel Frankreich S. 37 2 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

Titelbild: Der Frankfurter Hauptbahnhof, das Epizentrum des Schienenverkehrs in Hes- sen. (Foto: Raimond Spekking) Seit Februar 1997 gibt es die „Fahrgast- zeitung“ („FGZ“), damals noch unter dem Titel „Südhessenschiene“. In dieser Son- derbeilage in Ausgabe Nr. 100 berichten wir über die Geschichte der „FGZ“ be- richten sowie über die Erfolge der Aktiven in den fünf hessischen Regionalverbänden (siehe Karte rechts) und im länderüber- greifenden Regionalverband Rhein-Neckar in den vergangenen 17 Jahren. Wir geben außerdem einen Ausblick, wie wir uns den Schienenverkehr und ÖPNV im Jahr 2030 vorstellen. Dann erscheint voraussichtlich „Fahrgastzeitung“ Nr. 200. Ein Blick über die Grenzen soll schließlich zeigen, wie gut ÖPNV sein kann, aber auch, wo Deutsch- land beim Schienenverkehr vorne ist. Viel Spaß beim Lesen wünscht die „FGZ“-Re- daktion. (wb)

Die hessischen Regionalverbände.

< Auch „derFahrgast“, die Zeitschrift des PRO BAHN Bundesverban- des, berichtete über das Jubiläum der „Fahr- gastzeitung für Hessen und Rhein-Neckar“.

Impressum Beilage zur „Fahrgastzeitung für Hessen und Rhein-Neckar“, Nummer 100 / November – Dezember 2013 Redaktion: Thomas Kraft (V. i. S. d. P ), Wolfgang Brauer, Holger Kötting. Weitere Mitarbeiter: Werner Filzinger, Hermann Hoffmann, Helmut Lind, Michael Löwe, Thomas Schwemmer, Wilfried Staub. Redaktionsanschrift: Landesvorsitzender Thomas Kraft, Fliederweg 17, 35633 Lahnau, Tel. (0 64 41) 96 31 89 9, Fax: (0 64 41) 67 18 29. E-Mail: [email protected] Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 3 Inhalt dieser Ausgabe 100. Fahrgastzeitung Grußworte zur Jubiläumsausgabe ...... 4 Die erste „Südhessenschiene“ ...... 7 Aus dem Alltag der „FGZ“-Redaktion / 17 Jahre „FGZ“-Geschichte...... 8 Nordhessen Schienenverkehr in Nordhessen im Jahr 2030 – eine Vision...... 12 Osthessen Region der Gegensätze: ICE und beinahe „nebenstreckenfrei“...... 14 Mittelhessen Schienentechnisch „Dritte Welt“...... 16 Großraum Frankfurt Viel bewegt...... 19 Zukunftsprojekt Gateway Gardens...... 20 Regionaltangente West – eine unendliche Geschichte ...... 21 Starkenburg Erhalt der Odenwaldbahn erreicht...... 22 Hessen Zukunft des Schienenverkehrs in Hessen...... 25 Rhein-Neckar Seit 15 Jahren länderübergreifend an der „FGZ“ beteiligt ...... 31 Interview mit Volkhard Malik, Geschäftsführer des VRN ...... 36 Ausland Renaissance der Straßenbahn in Frankreich ...... 37 Ist Deutschland wirklich so schlecht? Bahnfahren im Ausland...... 44 Bahngeschichte Vor 60 Jahren startete der S-Bahn-Vorläufer nach Bad Homburg ...... 49 Das Allerletzte Karikatur: Der nächste Winter kommt bestimmt ...... 51 Neulich im ICE von Stuttgart nach Mannheim...... 51 Rückseite Ausgewählte Titelseiten der „Fahrgastzeitung“ aus 17 Jahren ...... 52 4 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

100. Fahrgastzeitung Grußwort von Jörg Bruchertseifer, PRO BAHN Bundesvorsitzender

Herzlichen Glückwunsch!

100 Ausgaben „Fahrgastzeitung“ – das ist 100 Mal Information, Position und Do- kumentation. Informationen über die ver- kehrspolitischen Themen in Hessen und der Region Rhein-Neckar, beleuchtet aus der Position der Fahrgäste und zugleich zur Dokumentation dessen, was der Fahrgast- verband PRO BAHN tut und was die Ver- kehrsbetriebe, Planer und Politiker viel- leicht auch alles nicht tun – das alles steckt Jörg Bruchertseifer in den 100 Ausgaben der „Fahrgastzei- tung“. Der Bundesvorstand des Fahrgastverbandes PRO BAHN gratuliert ganz herzlich zu dieser 100. Ausgabe. Viel Arbeit steckt in diesen Heften, und noch mehr geschieht drum herum. Denn um über eine Position oder Aktivität unseres Verbandes zu berichten, muss es die erst mal geben – kein Infostand macht sich von selbst, kein Positionspapier fällt vom Himmel. Für all die Aktivitäten, die dahinterstehen und die alle ehrenamtlich er- bracht wurden, bedanken wir uns bei den aktiven Kollegen vor Ort. Unser Verband kann nur das leisten, was einzelne Personen bereit sind zu tun. Das schließt alle Ebenen und Aktivitäten ein, egal wo und in welcher Form sie geschehen. Wir alle engagieren uns in unserem Verband ehrenamtlich neben unseren Berufen und anderen Verpflichtungen. Ich finde es beachtlich, was erreicht wird und wovon auch die „Fahrgastzeitung“ immer wie- der berichtet. Ob der Erhalt von Bahnstrecken wie der Rhönbahn von Fulda nach Gers- feld, das beharrliche Engagement für zukunftsgerichtete Planungen bei Bahnhofsumbau- ten oder der Einsatz für fahrgastfreundlichere Züge bei der Hessischen Landesbahn: Vor Ort rührt sich vieles, um die Interessen der Fahrgäste wahrzunehmen. Wir wünschen den Aktiven unseres Verbandes in Hessen und der Region Rhein- Neckar viel Energie für die anstehenden Aufgaben, gute Ideen, Mut und Tatkraft sowie einen beständigen Zustrom an neuen Mitgliedern und aktiven Helfern. Die Arbeit wird unserem Verband so schnell nicht ausgehen, umso mehr können wir jede Hand, die tat- kräftig hilft, gebrauchen.

Jörg Bruchertseifer Vorsitzender des PRO BAHN Bundesvorstandes Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 5

100. Fahrgastzeitung Grußwort von Mathias Biemann, Verkehrsclub Deutschland (VCD)

Liebe Leserinnen und Leser!

Sie halten heute die 100. Ausgabe der „Fahrgastzei- tung“ von PRO BAHN Hessen in Ihren Händen. Die Zeitung erscheint seit vielen Jahren regelmäßig. Das ist Verdienst eines ehrenamtlichen Teams, dem es immer wieder gelingt, Sachthemen aus ganz Hessen aufzugrei- fen und sie mal fachlich informativ, mal kritisch, aber auch konstruktiv, aufs Papier zu bringen. Vielen Dank dafür! Die Zeitung ist ein „Aushängeschild“ für den Fahr- gastverband, für seine qualifizierte Arbeit rund um das Thema Bahn und, wie ich selber bestätigen kann, gerne gelesen von den Vertreterinnen und Vertretern anderer Verbände, wie dem VCD in Hessen. Ebenso wie PRO BAHN fordern wir bessere Bedingungen für den Bahn- Mathias Biemann verkehr, wie auch den gesamten öffentlichen Personen- verkehr. Sie sind die Grundlage einer menschen- und um- weltgerechteren Verkehrspolitik. Kooperierende Umwelt- und Verbraucherverbände sind hier eine wichtige Triebfeder für positive Veränderungen. Daher setzen wir auf die weitere Zusammenarbeit mit PRO BAHN und freuen uns über jede weitere Ausgabe der „Fahrgastzeitung“!

Mathias Biemann VCD Verkehrsclub Deutschland e.V. Mitglied im Vorstand des Landesverband Hessen

Auch der VCD Hessen feiert in diesem Jahr ein Jubiläum: Seit 25 Jahren besteht der Landesverband des alternativen Verkehrsclubs. „Gerade Hessen ist sehr stark vom Luft- und Transitverkehr betroffen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Belastungen der Men- schen vor Ort sowie der Umwelt nicht weiter zunehmen“, so VCD-Landesgeschäftsführer Martin Mützel bei der Jubiläumsveranstaltung im September in Wiesbaden. Beispielhaft dafür ist die Forderung, dass Kurzstreckenflüge auf die Schiene verlagert werden. In den letzten Jahren hat sich der VCD Hessen unter anderem auch für die einst stillgelegte Bahnstrecke Frankenberg – Korbach eingesetzt, deren Wiedereröffnung der Nordhessi- sche Verkehrsverbund mittlerweile beschlossen hat. (wb) 6 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

100. Fahrgastzeitung Grußwort von Thomas Kraft, PRO BAHN Landesvorsitzender Hessen

Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser der „FGZ“,

dies ist die 100. Ausgabe unserer „Fahrgastzeitung“. Andere Vereine feiern das Gründungsjubiläum. Wir neh- men die Jubiläumsausgabe der Zeitung zum Anlass, zu- rückzublicken und all denjenigen zu danken, die nunmehr fast 17 Jahre lang dazu beigetragen haben, dass diese Lektüre stets aktuelle Bahn-Themen aufgreift, Mängel im ÖPNV aufzeigt und darlegt, wie wir ein besseres und ef- fektiveres Angebot von Bahnen und Bussen im Bundes- land Hessen und in der Rhein-Neckar-Region erreichen können. Mein ganz besonderer Dank gilt den Redakteu- ren Wolfgang Brauer und Holger Kötting, die die einge- reichten Berichte und Bilder stets zu einem gelungenen Gesamtwerk werden lassen. Dank auch an alle Autorin- nen und Autoren. Wir als Interessensverband sind gefor- Thomas Kraft dert, konstruktiv, auch mithilfe von Fachjournalisten, Fakten aufzuzeigen. Auch wenn heute neue Medien wie das Internet immer mehr Nutzer finden, sehen Ex- perten weiterhin einen Bedarf für gedruckte Medien, insbesondere für Fachzeitschriften. In angemessener Weise die Öffentlichkeit zu informieren und die Entscheidungsträger aufmerksam zu machen. Diesen Auftrag nimmt der Landesvorstand von PRO BAHN Hessen ernst und wird ihm mit der „Fahrgastzeitung für Hessen und Rhein-Neckar“ stets gerecht. Sie, liebe Leserinnen und Leser, können sich jederzeit mit Leserbriefen einbringen. Auch Gastbeiträge sind willkommen. Die Erfolgsgeschichte von 100 Ausgaben der „Fahrgastzeitung“ zeigt, dass es auch mit relativ bescheidenen Mitteln möglich ist, eine ansprechende Lektüre zu erstellen. Da wir durchweg ehrenamtlich arbeiten, freut es mich umso mehr, dass mit den vorhandenen Ressourcen fünf- bis sechsmal im Jahr ein solches Werk gelingt. Für die Zukunft sehe ich die „FGZ“ gut aufgestellt. Möge es auch in den nächsten 17 Jahren stets die nötigen personellen und insbesondere finanziellen Ressour- cen für die „FGZ“ geben.

Thomas Kraft Landesvorsitzender von PRO BAHN Hessen Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 7

Titelseite von „Südhessenschiene“ Nr. 1 vom Februar 1997 (Fortsetzung Seite 8) 8 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

(Fortsetzung von Seite 7)

100. Fahrgastzeitung Aus dem Alltag der „FGZ“-Redaktion 17 Jahre Zeitungsgeschichte – In jeder Ausgabe steckt viel Arbeit

Hundert Ausgaben „Fahrgastzeitung“ sind eine lange Zeit für ein Medium, das ausschließlich in ehrenamtlicher Arbeit erstellt wird. Seit nunmehr fast 17 Jahren informieren wir die Mitglieder über aktu- Über den Tellerrand des jeweiligen Re- elle Themen und Hintergründe aus unse- gionalverbands wurde dabei aber nur sel- rem Einzugsgebiet und teilen über die ten geschaut. Darüber hinaus gab es nur Zeitung auch Aufgabenträgern und Politi- noch die PRO BAHN Zeitung als bun- kern Wünsche und Probleme im ÖPNV desweites Medium. Regionale Themen mit. Uns allen war anfangs nicht klar, dass wurden dort aber nur selten aufgegriffen, das Projekt – zunächst „Südhessenschie- was für eine deutschlandweit erscheinende ne“, später „FGZ“ – eine so lange Lauf- Zeitung auch sicher verständlich ist. zeit haben wird und zu welchem Umfang Um, wie man neudeutsch sagen wür- es sich inzwischen entwickelt hat. de, Synergien zu nutzen, trafen sich Ende 1996/Anfang 1997 einige Mitglieder bei- Die Vorgeschichte der Regionalverbände, um die Herausga- Aus dem Nichts ist die „SHS“ nicht be eines gemeinsames Informationsblat- entstanden. Bereits seit geraumer Zeit gab tes zu beschließen. Nachdem die Finan- es regionale Mitgliederinformationen, in zierungsfragen geklärt waren, war auch Starkenburg die monatlichen Presseschau- schnell ein Name für das „Baby“ gefun- en oder in Frankfurt der etwas seltener er- den. Analog zur „Mittelhessenschiene“ scheinende „Fahrgastbrief“, von dem es des damaligen dortigen Regionalverban- insgesamt drei Ausgaben gab. des wurde die Zeitung „Südhessenschie- Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 9 ne“ genannt und sollte den gesamten süd- ebenso die Verteilung. Zunächst wurde hessischen Bereich abdecken. Bereits zur die Zeitung noch kopiert, was deutliche ersten Ausgabe schloss sich daher auch Einschränkungen beim Layout zur Folge der RV Wiesbaden/Rheingau-Taunus an. hatte und vor allem Qualitätsverluste bei Bildern bedeutete, da entsprechend ge- rasterte Vorlagen mit den damals vorhan- denen Bordmitteln nur schwierig zu reali- sieren waren. Als Informationsblatt stan- den anfangs auch Texte im Vordergrund, sodass sich die Frage nach Bildern oder Grafiken nur selten stellte. Erst viel später konnten wir zu bezahl- baren Preisen auf Digitaldruck umsteigen Die Südhessenschiene und damit direkt aus der Vorlagendatei Der Umfang der Zeitung wurde auf ausdrucken; danach waren dann die Pro- zwölf Seiten festgelegt, sodass abzüglich bleme mit Fotografien und Grafiken ver- Titel, Impressum und Terminkalender für schwunden. Geblieben ist natürlich das jeden Regionalverband gut drei Seiten Problem der Vorlagen. Nicht selten erhält zur Verfügung standen. Die Erstredaktion die Endredaktion Bilder, deren Kontrast, bestand aus Gernot Hornik, Holger Köt- Schärfe oder Helligkeit einen Abdruck ting und Andreas Schindler. Letzterer ausschließen, was dann mitunter leider übernahm auch das Layout. Vorerst fünf- auch dazu führt, dass sich der Einreicher mal pro Jahr sollte das Heft erscheinen; beleidigt fühlt, wenn wir sein Bild aus schon damals spielten sowohl finanzielle technischen Gründen ablehnen müssen. Überlegungen eine Rolle als auch allfälli- ge Urlaubszeiten. So wurde dann im Fe- bruar 1997 die erste „Südhessenschiene“ an die Mitglieder verteilt. Schon mit der ersten Ausgabe wurde die auch heute noch übliche Aufgaben- verteilung angewandt. Die Mitglieder der Regionalverbände verfassen ihre Artikel und senden sie an den jeweils für sie zu- Die getrennte Vervielfältigung hatte ständigen Regionalredakteur, idealerwei- auch zur Folge, dass die Zeitungen in je- se ebenfalls ein Mitglied des Regional- dem Regionalverband etwas anders aus- verbands. Dieser sichtet die eingegange- sahen. Im Regionalverband Starkenburg nen Artikel und Bilder und bereitet sie wurden die Zeitungen zur Kostenerspar- für den Abdruck vor, führt eine Qualitäts- nis anfangs mit hohem Zeitaufwand an kontrolle durch und bearbeitet sie nach, die Mitglieder größtenteils ausgetragen, falls erforderlich. Die Endredaktion er- was bald zu einer Belastung wurde. hält die aufbereiteten Artikel und erstellt 1998 kam es zur Abspaltung einiger daraus das druckfertige Heft. Regionalverbände in Hessen, die nunmehr Die Vervielfältigung oblag in der An- unter neuem Namen agierten. Für die ver- fangszeit jedem Regionalverband selbst, bliebenen Regionalverbände änderte sich 10 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 dadurch aber auch die finanzielle Situa- tion, denn durch die Neuausrichtung des Landesverbands Hessen konnte die Ver- teilung der Mitgliedsbeiträge besser gere- gelt werden. Dies ermöglichte nun die zentrale Vervielfältigung der Zeitung (was durch eine höhere Auflage Kostenvorteile brachte) und einen Versand der Hefte (auch durch eine Anpassung der Tarife Von der „Südhessenschiene“ für bestimmte Zeitungsformate), sodass zur „Fahrgastzeitung“ das zeitaufwendige Austragen entfallen So erschien mit der Nr. 28 das erste konnte, das ohnehin keine Zukunft hatte. Heft mit neuem Titel. Von zwölf Seiten Rhein-Neckar kommt hinzu war die Zeitung auf einen Umfang von 28 Seiten, später bis zu 44, angewachsen. Mit der Entscheidung des Wiesbadener Dies wiederum stellte die Endredaktion RV den Landesverband Hessen zu verlas- vor ein Versandproblem, denn das Heft- sen, entfiel deren Anteil an der SHS. Da- gewicht überschritt die damals gültigen für folgte der RV Rhein-Neckar nach. Zu- Grenzen für Büchersendungen. Glückli- nächst blieb es aber beim Titel Südhessen- cherweise bot uns die Druckerei an, ohne schiene, die nun mit dem Zusatz „Jetzt mit Mehrkosten dünneres Papier zu verwen- Rhein-Neckar“ gekennzeichnet wurde. den, sodass ein Umfang von 40 Seiten Nachdem Andreas Schindler aus Zeit- nicht mehr problematisch war. Ohnehin gründen die Endredaktion abgeben hatte hat uns die Druckerei in Darmstadt im und auch Gernot Hornik ausschied, über- Laufe der Zeit viele Innovationen zur Ver- nahm Martin Schmidt vom RV Frankfurt fügung gestellt, die ein professionelleres die Endredaktion, Holger Kalkhof und Vorgehen ermöglichen. So ist (zwar nur Holger Kötting halfen bei Bedarf einige eine Kleinigkeit, aber für uns eine große Male tatkräftig beim Layout der Zeitung. Erleichterung) seit einiger Zeit ein Gerät Ab der Ausgabe 47 ist im Wechsel auch vorhanden, mit dem die gefalzten und ge- Wolfgang Brauer vom RV Rhein-Neckar hefteten Exemplare noch einmal am Rü- für die Erstellung der „FGZ“ zuständig. cken zusammengedrückt werden. Kleine Um auch die Belange der wieder stei- Ursache, große Wirkung, denn so wird genden Mitgliederzahlen in Mittel- und das Eintüten der Zeitungen vereinfacht Nordhessen zu berücksichtigen, wurde und die Umschläge drücken sich nicht die „FGZ“ 2001 zur gesamthessischen mehr auseinander, was gelegentlich dazu Ausgabe ausgedehnt. Da der Name „Süd- führte, dass einzelne Hefte wieder aus hessenschiene“ das Verbreitungsgebiet dem Umschlag herausrutschten und nur nicht mehr treffend beschrieb, wurde im leere Briefumschläge ankamen. Sommer 2001 beschlossen, den heutigen In der bewährten Konstellation er- Namen „Fahrgastzeitung“ zu verwenden. schien die „FGZ“ bis 2012 mit sechs Hef- ten pro Jahr. Dann machten die neuen Ta- rife der Deutschen Post der „FGZ“ das Leben schwer, weil die Versandkosten sprunghaft von 60 Cent auf einen Euro Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 11 pro Heft anstiegen. Die Mehrkosten wa- Was tun, wenn durch die eingereichten ren zunächst nur durch Reduzierung der Artikel in Summe 33 Seiten zusammenge- Seitenzahl und den Verzicht auf eine Aus- kommen sind? Entweder muss die Redak- gabe pro Jahr auszugleichen. Aus finan- tion auf 36 Seiten auffüllen oder auf 32 ziellen Gründen wurde zeitweilig eine Re- Seiten kürzen. Gelegentlich kommt es duzierung auf vier Hefte pro Jahr disku- dann natürlich vor, dass sich Autoren auf tiert. den Schlips getreten fühlen, weil sie mit Ein Spendenaufruf zeigte jedoch, dass der Kürzung der Endredakteure nicht ein- den meisten unserer Leser eine aktuelle verstanden sind. Aber dies sind Probleme, Information wichtig ist. Zumindest für die bei „richtigen“ Redaktionen genauso die kommende Zeit ist damit das fünfte auftreten. Außerdem sind die Redakteure Exemplar pro Jahrgang sichergestellt. den Lesern zu Qualität verpflichtet. Ist die Zeitung endlich fertiggestellt, ist Aus der Arbeit der Redaktion die Arbeit noch lange nicht getan. Es müs- Wenn Sie das fertige Heft in den Hän- sen Briefumschläge eingekauft und mit den halten, steckt viel Arbeit darin. Zwar den Adressen bedruckt werden. Anschlie- sortieren die Regionalredaktionen die Ar- ßend erfolgt der Gang zur Druckerei. Dort tikel vor, aber für den jeweiligen Endre- wird die Zeitung erstellt, vor Ort mit meh- dakteur bedeutet jede FGZ einen mehrtä- reren Helfern direkt eingetütet und ver- gigen Aufwand. Texte müssen überarbei- sendet. Liegt die Endredaktion bei Holger tet und redigiert werden und zusammen Kötting, bedeutet dies eine Mehrfachbela- mit den Fotos in ein ansprechendes Lay- stung wegen Erstellung der Zeitung und out umgesetzt werden. Da gibt es ver- der Vorbereitung und Durchführung des schiedene Sachzwänge. So kann eine Zei- Versands. Die Endredaktion würde sich tung nur aus einer durch vier teilbaren daher freuen, wenn sich weitere Helfer Seitenzahl bestehen (16, 20, 24 usw.). und Redakteure finden. (hk)

Vor der Namensänderung hatte die „Südhessenschiene“ 2001 zu einem Wettbewerb um den besten Zei- tungskopf aufgerufen. Hier einige der eingereichten Vorschläge. 12 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

Im Jahr 2030 fährt die Kasseler Straßenbahn wieder bis zum Kasseler Wahrzeichen „Herkules“. (Abbildung: Förderverein Neue Herkulesbahn)

Nordhessen Schienenverkehr in 2030 – eine Vision Das könnte in der 200. Ausgabe der „Fahrgastzeitung“ zu lesen sein

In 17 Jahren wird es immer mehr äl- Bebra – Eisenach ist weitgehend drei- tere Personen in unserem Land geben, die gleisig. Die „Werra-Meißner-Bahn“ Be- nicht mehr Auto fahren. Mehr ÖPNV ist bra – Eichenberg – Göttingen hätte wieder dann nötig. Zum Beispiel nach Hom- mehr Halte, z. B. in Cornberg und in berg/Efze im Schwalm-Eder-Kreis süd- Oberrieden (bei Burg Ludwigstein im lich von , die einzige Kreisstadt, Werratal). die in Nordhessen derzeit keinen Schie- Die ICE-Verbindung Eisenach – Bad nenanschluss (mehr) hat. Hersfeld – Fulda wird über Niederaula ge- In der 200. Ausgabe der „FGZ“ (die führt. Bad Hersfeld – Niederaula ist dann voraussichtlich 2030 erscheint) wird dann zweigleisig. Eine weitere Vision: bei Nie- stehen: „Die Regiotram Kassel – Melsun- deraula fädeln sich die Regionalgleise in gen wurde über Malsfeld nach Homberg die ICE-Trasse Richtung Fulda ein. Die verlängert“. Dies kann weitgehend auf der wiederbelebte Schienenverbindung Nie- Trasse der alten „Kanonenbahn“ gesche- deraula – Alsfeld ermöglicht auch Güter- hen. Die Mitte-Deutschland-Verbindung verkehr zwischen Eisenach und Gießen – wurde bis 2030 dadurch verkürzt, dass die eine Entlastung für den Raum Kinzigtal– ICE-Strecke Kassel – Fulda bei Melsun- Frankfurt im Ost-West-Verkehr. Als Zu- gen-Adelshausen verlassen wird, um bei bringer zur Vogelsbergbahn wurde bis Morschen die Bebraer Regionaltrasse zu 2030 außerdem die derzeit nur noch bis erreichen. Die Verbindung Morschen – Nieder-Ofleiden von Schotterzügen befah- Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 13 rene Strecke Kirchhain–Gemünden (Ohm) Hbf. eine weiße Fahne. Damit wurde an- komplett auch für den Personenverkehr gezeigt, ob ein Wintersport-Sonderzug in reaktiviert. Auf ihr verkehren vier Trieb- den Vogelsberg oder in die Rhön fuhr. züge mit den klangvollen Namen „Der Heutzutage genügt ein Handy-Knopf- Ohmtaler“, „Der Amöneburger“, „Der druck, um zu erfahren, ob Busse mit Ski- Schweinsberger“ und „Der Homberger“. anhänger zwischen Kassel, dem Hohen Meißner und Eschwege verkehren – viel- leicht auch zwischen Bad Hersfeld, dem Eisenberg im Knüllgebirge und , bzw. Homberg/Efze. Auch in und um Kassel ist das Regio- tram- und Straßenbahnnetz weiter ausge- baut worden. Die Kasseler Straßenbahn ist bis 2030 wieder bis zum Weltkultur- Der Bahnhof Homberg (Efze) 1970. erbe Bergpark Wilhelmshöhe mit dem (Foto: Klaus Lambrecht) Wahrzeichen „Herkules“ verlängert. Eine solche Verbindung gab es mit der „Her- Die Schienenverbindung Frankfurt – kulesbahn“ zum Weltkulturerbe Bergpark Marburg – Korbach – Willingen – Ruhr- Wilhelmshöhe bereits einmal von 1902 gebiet,g die nach großen Widerständen bis 1966. Die elektrischen Triebwagen im Dezember 2015 reaktiviert wurde, werden nicht nur bei Wasserspielen rege wird im Sommer und im Winter rege von genutzt, sondern auch zu Silvesterfeiern in Erholungssuchenden genutzt, nicht nur 500 Meter Höhe und zum Wintersport auf von Wassersportlern, sondern auch von Kasseler Stadtgebiet. Kulturelle Angebote Besuchern des Nationalparks. Zwischen im Schloss sind dann für ältere Besucher Herzhausen/Edersee und Frankenberg auch an Winterabenden mit der Straßen- gibt es mehrere Kreuzungsmöglichkeiten. bahn bequem erreichbar. Um den Schienentourismus zu fördern, heißt die Verbindung Marburg–Korbach „Burgwald-Edersee-Bahn“, Korbach– Brilon Wald heißt „Uplandbahn“. Besondere Gästekarten sind in 17 Jah- ren in allen hessischen Fremdenverkehrs- regionen selbstverständlich. Sie erlauben den Touristen beispielsweise in der Eder- see-Region und im Habichtswald die be- queme und preisgünstige Nutzung von Bahn und Bus. Im Winter gibt es wieder Bis zum Jahr 2030 soll das Kasseler Re- Ski-Sonderzüge in den Vogelsberg, die giotram-Netz bedeutend erweitert wer- Rhön und zum Hohen Meissner. Hier den. (Foto: wb) knüpfen NVV und RMV, bzw. ein ge- Linienbusse fahren im Jahr 2030 in Stadt samthessischer Verkehrsverbund an eine und Land nicht mehr nur montags bis alte Tradition an. In den 50er und 60er freitags im Schülerverkehr, sondern in Jahren hing manchmal im Frankfurter dichtem Takt selbstverständlich auch am 14 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

Wochenende. Bürgermeister sorgen dafür, zung von Bussen und Bahnen ist für die dass in Gemeindeprospekten Bahn- und meisten Menschen in Nordhessen zu einer Busfahrpläne abgedruckt sind. Die Nut- Selbstverständlichkeit geworden. (hh)

Kassel war schon immer Vorreiter im Schienenverkehr. Kein Wunder, schließlich hatte in der Nordhessen-Metropole der bedeutende Lokomotiv-Hersteller Henschel seine Heimat. Und Vorreiter ist Kassel auch noch heute: Seit 2007 verbindet das gut ausgebaute RegioTram-Netz das Umland direkt mit der Innenstadt und hat Vorbildfunktion für Städte von der Größe Kassels (knapp 200.000 Einwohner). Aber schon in den benach- barten Kreisen Schwalm-Eder und Werra-Meißner ist der ÖPNV äußerst dürftig. Der Nordhessische Verkehrsverbund (NVV) hat deshalb Anfang des Jahres das Projekt „Mobilfalt“ ausgerufen. Dabei werden erstmals Privatautos in den ÖPNV in der Fläche eingebunden. Private Fahrer nehmen Fahrgäste mit und erhalten dafür als Kosten- erstattung 30 Cent pro Kilometer. Der Mitfahrer zahlt ebenfalls einen festen Obolus pro Fahrt: einen Euro innerorts, zwei Euro bis zu einem Bahnhof im Nachbarort. Zunächst ist Mobilfalt nur ein Pilotprojekt, das ein zusätzliches Angebot bringt. Bestehende Bus- verbindugen werden dadurch zunächst nicht ge- strichen. Kritiker befürchten allerdings, dass durch Projekte wie Mobilfalt der Busverkehr in in der Fläche langfristig noch weiter ausgedünnt wird. (wb)

Osthessen Region der Gegensätze Fulda: einerseits ICE, andererseits beinahe „nebenstreckenfrei“

1991, als die Schnellfahrstrecke Han- sich an, die sonst wohl nicht in die Re- nover–Würzburg in Betrieb ging und die gion gekommen wären. ersten ICE durch Deutschland fuhren, rückte auch Fulda als Fernbahnhof über die Region hinaus in den Fokus der Bahnöffentlichkeit. Die Politik hatte sich gegen die ersten Pläne der Bahn durchge- setzt. Ursprünglich sollte die Bischofs- stadt gar nicht in das neue Hochge- schwindigkeitsnetz eingebunden werden. Mit dem ICE-Bahnhof hat Osthessen einen enormen Schub bekommen. Einige Bahnhof Fulda (Foto: Claus Dickow) neue mittelständische Firmen siedelten Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 15

Doch außerhalb von Fulda ist der gion um Fulda auch der Bevölkerungs- Bahnverkehr dürftig. Gerade noch zwei rückgang zu schaffen. Bis 2030 werden Nebenstrecken sind in Osthessen verblie- beispielsweise für den Vogelsbergkreis ben, die Vogelsbergbahn in Richtung Gie- und die Rhön bis zu 35 Prozent weniger ßen und die Rhönbahn von Fulda nach Einwohner prognostiziert. Wie können Gersfeld. Wäre es nach dem Grundschie- Bahn und Bus auf so etwas reagieren? nennetzgutachten des hessischen Ver- Natürlich nicht durch Rückbau, das be- kehrsministeriums gegangen, das vor 20 schleunigt die Landflucht noch mehr. Jahren veröffentlicht wurde, wäre die Deshalb fordert der PRO BAHN Regio- Rhönbahn längst stillgelegt. nalverband Osthessen: Vor allem durch den beharrlichen Ein- - Viergleisiger Ausbau der ICE-Strecke satz von PRO BAHN Aktiven wurde die von Frankfurt nach Fulda, eine der meist Strecke gerettet und modernisiert. Sie ist befahrenen Strecken in Deutschland. heute die einzig verbliebene Bahnlinie in (Gleichzeitig ist PRO BAHN gegen die das Biosphärenreservat Rhön. sogenannte „Mottgers-Spange“, die die Strecke Frankfurt – Fulda und die Schnellfahrstrecke Hannover – Würzburg zwischen Wächtersbach und Mottgers durch eine Neubaustrecke verbinden soll, um die Fahrzeit zwischen Frankfurt und Fulda um acht Minuten zu verrin- gern.) - Bessere Überganszeiten im Nahverkehr im Bahnhof Fulda. Teilweise betragen Bahnhof Gersfeld (Foto: wb) diese momentan bis zu 50 Minuten. Stilllegungsgefährdet war auch schon - Bessere Angebote auf der Rhön-Bahn die Vogelsbergbahn, zumindest auf dem und Vogelsbergbahn am Wochenende am schwächsten genutzten Abschnitt zwi- und in den Abendstunden. schen Alsfeld und Lauterbach. Land Hes- - Mehr Kreuzungsmöglichkeiten auf der sen und der RMV besannen sich dann aber Vogelsbergbahn, damit es weniger Ver- doch eines Besseren. Die Strecke wurde spätungen gibt. 2011 saniert und wird seitdem von der Hessischen Landesbahn (HLB) befahren. Auch der Busverkehr in der Region ist dürftig. Stadtbusse und Bahnbusse fahren in Fulda und Umgebung meist nur in den Hauptverkehrszeiten von Montag bis Freitag. Ansonsten gibt es nur AST- und ALT-Verkehre. In der Region gibt es verhältnismäßig viele sogenannte „Bür- gerbussysteme“, die von den kleineren Kommunen betrieben werden. PRO BAHN fordert abends, nachts und Freilich: Neben der wenig schienen- sonntags einen besseren Takt beim Stadt- freundlichen Landespolitik macht der Re- bus Fulda. (Foto: Beat Schori) 16 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

- In der Stadt Fulda Einführung eines die Gläubigen in Fulda sonntags nicht Null-Knotens am Bahnhof, bessere An- mit dem Bus zum Gottesdienst fahren!) bindung der Stadtteile und der umlie- - Intelligente Anschlussverbindungen in- genden Großgemeinden auch in den nerhalb der Großgemeinden im Land- Abendstunden und am Wochenende so- kreis Fulda und Vogelsbergkreis durch wie ein Nachtbusnetz. Derzeit fahren Bürgerbusse, AST, bzw. ALT, um auch die Stadtbusse nur bis 22.30 Uhr. Au- Bürgern ohne Auto Mobilität zu ge- ßerdem wünscht sich PRO BAHN einen währleisten. früheren Betriebsbeginn des Fuldaer - Erhalt des Stadtbusses in der Kreisstadt Stadtbusses am Sonntag, der derzeit bei Lauterbach. (Werner Filzinger/tk/wb) 10.30 Uhr liegt. (Im Moment können

Auch Mittelhessen ist eine Region der Gegensätze: Einerseits gibt es sogar einen ICE- Bahnhof, Limburg Süd (linkes Bild). Auf der anderen Seite ist die Gegend geprägt von zahlreichen Streckenstilllegungen. Das rechte Bild zeigt den illegalen Abbau der Gleis- anlagen der Aar-Salzböde-Bahn Anfang 2006 durch eine Gaunerbande bei Damm (Land- kreis Marburg-Biedenkopf), nachdem der Personenverkehr auf der Strecke bereits ab- schnittsweise seit 1995 eingestellt worden war. (Fotos: Peter Stehlik/wb).

Mittelhessen Schienentechnisch „Dritte Welt“ Zahlreiche Streckenstilllegungen zwischen Kassel und Frankfurt

Mittelhessen mit seinen 1,1 Millionen des ÖPNV oder gar die Gründung von Einwohnern ist beim Schienenverkehr Verkehrsverbünden in Hessen dachte. völlig unterentwickelt. Dagegen kommt Dabei gibt es in der Region eine stark man auf mehreren gut ausgebauten Auto- ausgeprägte mittelständische Industrie bahnen und Bundesstraßen bequem in die und viele tausend Pendler, die täglich vor großen deutschen Ballungszentren. Die allem in den Großraum Frankfurt, aber Bahn-Probleme begannen in den 70er auch in Richtung Siegen/Köln fahren. und 80er Jahren, als 20 Strecken in Mit- Für diese Pendler fehlt aber oft ein adä- telhessen stillgelegt und die Gleise schon quates Schienenangebot, das es in ande- bald darauf abgebaut wurden – zu einer ren vergleichbaren Regionen längst gibt. Zeit, als noch niemand an die Förderung Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 17

Dafür besitzt Mittelhessen aber einen die Kreisstadt. Weite Teile des Vogelsber- „Fernbahnhof“: Limburg-Süd. Dieser hat ges, des Lahn-Dill-Berglandes, des östli- jedoch keinerlei Bedeutung für die Perso- chen Westerwalds sind nur noch durch nenbeförderung im Großraum Gießen– AST- und ALT-Verkehr sowie Schulbus- –Marburg, da eine Verknüpfung verkehr erreichbar. mit den übrigen Schienenstrecken der Re- gion fehlt. Genutzt wird der Bahnhof an der Neubaustrecke Frankfurt – Köln überwiegend von Pendlern aus dem Großraum Limburg, die schnell nach Frankfurt oder Köln wollen und mit dem Auto zum Bahnhof fahren. Dafür wurde der Fernverkehr auf der Ruhr-Sieg- Strecke nach Köln/Hagen eingestellt. Mit den verbliebenen Regionalexpresszügen sind die Reisezeiten dorthin deshalb heute doppelt so lang wie mit dem Auto. Fast 20 Jahre dauerte es, bis der Umbau Weil die Region Mittelhessen beim des Marburger Hauptbahnhofs endlich Schienenverkehr und im ÖPNV keine ein- begonnen wurde. Nach drei Jahren Bau- heitliche Sprache spricht, konnten sich die zeit soll 2014 alles fertig sein. (Foto: wb) Städte und Landkreise auch nicht auf ei- nen eigenen Verkehrsverbund einigen, Die Kernforderungen von PRO sondern sind 1995 dem vom Großraum BAHN für Mittelhessen lauten deshalb: Frankfurt dominierten RMV beigetreten. - Ausbau der Main-Weser-Bahn, nicht Dadurch gab es zwar auch einige Verbes- nur von Frankfurt bis Bad Vilbel, son- serungen für Mittelhessen, so der „Mittel- dern auf der Gesamtstrecke bis Kassel. hessen-Express“ von Treysa, bzw. Dillen- - Wiedereinführung von Fernverkehrs- burg nach Marburg, große Teile des Re- verbindungen von Mittelhessen in den gionalverkehrs hat die landeseigene Hes- Großraum Köln sowie ins Ruhrgebiet. sische Landesbahn (HLB) übernommen, - Sicherung der Intercity-Verbindungen es gibt inzwischen auf allen Strecken wie- auf der Main-Weser-Bahn, Ausweitung der Sonntagsverkehr. des Angebots nach dem Ausbau der Doch das ist aus Sicht von PRO Main-Weser-Bahn mindestens auf einen BAHN noch lange nicht ausreichend. 60-Minuten-Takt (nicht jeder ICE-Zug Andere Regionen sind heute viel weiter. muss über Fulda fahren). In Mittelhessen wurde bis heute keine - Aufbau eines eigenständigen Regional- einzige Gesamtstrecke reaktiviert. Es gab zugsystems für Mittelhessen, entweder keinen Ausbau von Strecken mit zusätzli- als Regiobahn, Regiotram, S-Bahn oder chen Bahnanlagen in den Bahnstationen, Stadtbahn. Dazu soll die stillgelegte nur Substanzerhaltung. Strecke zwischen Dillenburg und Bie- Auch beim Linienbusverkehr sieht es denkopf wieder aufgebaut werden, um nicht viel besser aus. Neben den Stadtbus- einen Ringzugverkehr zu ermöglichen. verkehren der drei großen Städte gibt es - Horloff- und Lumdatalbahn müssen reak- oft noch nicht mal einen direkten Bus in tiviert, die Taunusbahn Friedrichsdorf– 18 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

Streckenstilllegungen in Mittelhessen in den vergangenen 50 Jahren. (Karte: wb) Brandoberndorf muss in den Kernbereich Hessen für den laufenden Betrieb des von Mittelhessen verlängert werden. ÖPNV keinen einzigen Cent dazu bezahlt - Neue Buslinien müssen so geplant wer- und nur die Bundesmittel durchreicht. den, dass sie nicht in kleinen Orten en- Die ökologisch und weltklimatisch er- den, sondern in größere Städte mit zwungene Verkehrswende wird kommen. Bahnanschluss durchgebunden werden. Die Region Mittelhessen ist darauf nicht Ein Gesamtkonzept für alle Buslinien in vorbereitet. Es wird nur verwaltet und ab- Mittelhessen, vom Stadtbus bis zum gebaut, es werden keine neuen Visionen Überlandbus, ist nötig. entwickelt. Das politische Umdenken All dies kostet Geld. Deshalb muss es lässt auf sich warten. Für PRO BAHN endlich ein Ende haben, dass das Land gibt es noch viel zu tun. (tk) Gießen ist das „Bahn- Herz“ Mittelhessens. Von hier aus fahren Nah- verkehrszüge nach Kassel, Treysa, Siegen, Dillenburg, Hanau, Frankfurt, Lim- burg, , Fulda und Gelnhausen. (Foto: Wilfried Staub) Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 19

Großraum Frankfurt am Main Viel bewegt Unermüdliche Arbeit bringt dem Regionalverband Erfolge

Der Großraum Frankfurt ist DIE Ver- sammlung zurückgezogen wurde (2011). kehrsdrehscheibe der Bundesrepublik Wäre sie umgesetzt worden, wäre der ge- Deutschland – auf der Schiene, der Straße plante Ausbau der „Regionaltangente und in der Luft. Doch während in den West“ teilweise unmöglich geworden, Ausbau des Frankfurter Flughafens und ebenso Zugkreuzungen der Taunusbahn die Ertüchtigung des Autobahn-Netzes und der Betrieb mit Langzügen der S 6. kräftig investiert wurde, darbt der Schie- nenverkehr seit Jahrzehnten. Der Bahn- Knoten Frankfurt wird nur zögernd ausge- baut – obwohl ein Großteil des Nord-Süd- Personenfernverkehrs über den Ballungs- raum Rhein-Main läuft und werktäglich Hunderttausende Pendler in die Banken- metropole strömen. Aber auch das U- Bahn-, Straßenbahn- und Bus-Netz in Frankfurt bedarf noch eines weiteren Aus- Bahnhof Friedrichsdorf (Foto: MdE) baus. Viele Themen also für den PRO Bei der Linienführung der Regional- BAHN Regionalverband Großraum Frank- Tangente-West in den Bahnhof Höchst furt in den vergangenen über 16 Jahren. übernahmen die Planer zwei Änderungs- Kampf um bezahlbare Fahrpreise vorschläge des Fahrgastverbandes. Auch bei der barrierefreien Umgestaltung des Jahrelang forderte PRO BAHN eine Bahnhofs Höchst mischte sich PRO Zeitkarte für Senioren, gültig ab neun Uhr. BAHN ein und forderte einen niveauglei- Noch vor fünf Jahren wurde die Karte vom chen Einstieg von den Bahnsteigen in die RMV abgelehnt. Zum Fahrplanwechsel S-Bahnen. Denn was macht es sonst für 2012 erfolgte dann die Kehrtwende. Der einen Sinn, 15 Millionen zu verbuddeln, RMV führte völlig überraschend das Se- wenn die Einstiegshöhe unverändert bei niorenticket ein, das sogar in der 1. Klasse 20 Zentimeter belassen wird als heute? von S-Bahn und Nahverkehrszügen gilt. Der Alternativvorschlag von PRO BAHN Drei Bahnhöfe – drei Schwerpunkte könnte außerdem noch dazu beitragen, die Bauzeit um bis zu sechs Monate zu ver- Bei den Plänen für die barrierefreie kürzen, Kosten zu sparen und Beeinträch- Umgestaltung des Bahnhofs Friedrichs- tigung der Fahrgäste während der Bauzeit dorf im Taunus konnte PRO BAHN in auf ein Mindestmaß zu beschränken. letzter Minute erreichen, dass eine In Bad Soden im Taunus ist PRO spruchreife Vorlage, die den irreparablen BAHN in die Planung des neuen Bus- Rückbau von Weichen vorsah, von der bahnhofs und die direkte Verknüpfung Tagesordnung der Stadtverordnetenver- mit der S-Bahn involviert. 20 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

eingesetzten Desiro mit sofortiger Wirkung nur noch mit strengen Auflagen erlaubte. Erfolge auch im Busverkehr Nach zehn Jahren hartnäckigem Nach- haken von PRO BAHN wurde im Herbst 2013 endlich die Bushaltestelle vor einem Seniorenwohnheim in Bad Soden (Taunus) Triebwagen VT2E (Foto: MdB) mit 700 Betten barrierefrei umgebaut. Drei lange Jahre hatte es allein gedauert, bis HLB-Fahrzeuge nicht fahrgastgerecht zwei Pkw-Parkplätze aufgelassen wurden, Mit der Kritik an dem Prototyp des re- damit auch Gelenkbusse die stark fre- designten VT 2E machte sich PRO BAHN quentierte Haltestelle Oberursel Rathaus vor Jahren bei der Hessischen Landesbahn spaltfrei anfahren können und nicht die (HLB) keine Freunde. Bemängelt wurde halbe Fahrbahn blockieren. Ebenfalls die viel zu enge Bestuhlung. Nach einer zwei Jahre vergingen, bis es möglich war, Fahrgastbefragung wurden die Sitze die Fahrzeiten des Stadtbusses 41 in Ober- ursel um eine Minute zu schieben, damit schließlich – auf Kosten von Stehplätzen der Übergang von diesem auf einen Ver- – wieder um zehn cm auseinander gerückt und das Mehrzweckabteil umgestaltet. bundbus sicherer wird (und bis zu 30 Keine drei Monate später hat sich die Schulkinder nicht bei „Fußgängerrot“ ver- Geschäftsleitung der HLB beim Vorstand botenerweise aus Angst, den Anschluss zu des RV Frankfurt ausdrücklich für die verpassen, eine viel befahrene Landstraße konstruktive Kritik bedankt, die der Pri- überqueren). (Wilfried Staub) vatbahn hohe Kosten erspart hatte. Nicht so einsichtig waren RMV und DB Regio Hessen beim neuen Desiro- Triebwagen der Niddertalbahn. Dort gab es eine große Unfallgefahr beim Fahrgast- wechsel. Die Einwände des Fahrgastver- bands und der Anliegergemeinden fruchte- ten nicht. PRO BAHN blieb keine andere Der Busbahnhof in Bad Soden im Taunus Wahl, als das Eisenbahnbundesamt einzu- soll umgebaut werden – ein Fall für PRO schalten, das den Betrieb der als Notlösung BAHN. (Foto: W. Staub) Großraum Frankfurt am Main Zukunftsprojekt Gateway Gardens Neue S-Bahn-Station auf dem Gelände der alten US-Flughafen-Siedlung

Im Dezember 2018 sollen nun endlich 14.000 Fahrgäste täglich, also 7.000 Per- die ersten Züge in der neuen S-Bahn-Sta- sonen, sollen nach optimistischen Prog- tion „Gateway Gardens“ halten. Rund nosen hier einmal in unmittelbarer Nähe Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 21 zum Flughafen im neuen Gewerbegebiet samtkosten in Höhe von 150 Mio. Euro ein- und aussteigen. Die Gesamtkosten ausgegangen und bereits im Dezember des Projekts sind inzwischen auf rund 215 2014 sollten ursprünglich auf der ver- Mio. Euro hochgeschnellt, die inflations- schwenkten S-Bahnstrecke die ersten Zü- bedingte Verteuerung noch nicht einge- ge rollen. Die große Unbekannte bei dem rechnet. Auf den Bund entfallen davon Projekt bleibt die bergmännisch vorgetrie- 111 Mio. Euro, vorausgesetzt, das Land bene Untertunnelung der zehnspurigen beteiligt sich mit 22 Mio., den Rest von Autobahn. Baubeginn ist für Ende 2014 84 Mio. Euro muss die Stadt aufbringen. vorgesehen. (Wilfried Staub) 2007 war man im Römer noch von Ge-

Der neue S-Bahnhof „Gateway Gardens“. (Bilder: Stadtplanungsamt Frankfurt)

Großraum Frankfurt am Main RTW – eine unendliche Geschichte Wann wird die Regionaltangente West um Frankfurt endlich fertig?

Seit rund vier Jahrzehnten wird die Re- ungeliebte RTW verhindern wollten, die gionaltangente West (RTW) geplant, die Frankfurt seinerzeit ein Dorn im Auge das nördliche, westliche und südliche Um- war. Man hielt den Nutzen für die Main- land Frankfurts direkt miteinander verbin- metropole auf der einen Seite für zu ge- den soll. Viele Verkehrsverbindungen im ring, die Zuschüsse zu den Betriebskosten „Speckgürtel“ der Mainmetropole sollen auf der anderen Seite für viel zu hoch. damit möglich werden, die bisher nur über Inzwischen hat im Römer ein Umden- das Zentrum Frankfurts führen. Doch bei ken eingesetzt. Der derzeitige Verkehrs- den Planungen gibt es immer wieder Ver- dezernent hat sich der allgemeingültigen zögerungen und Pannen. So hat vor eini- Lehrmeinung angeschlossen, dass man gen Jahren die schwarz-gelbe Koalition im ein solches Verkehrsprojekt nicht isoliert Frankfurter Römer just auf der geplanten sehen und bewerten darf. Der volkswirt- Trasse den Bau der Internationalen Schule schaftliche Nutzen des gesamten Systems genehmigt. Böse Zungen haben damals be- ist ausschlaggebend und dieser erfährt hauptet, dass bestimmte Kreise damit die durch die Führung der RTW über den 22 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

Flughafen und Gateway Gardens eine der Schule ein Tunnel gegraben werden, deutliche Aufwertung. damit der Frankfurter Stadtteil Praunheim und das Nordwest-Einkaufszentrum über die RTW miteinander verbunden werden könnten. Diese Lösung scheidet aus Kos- tengründen aus und zwei Alternativrouten mit abweichenden Endpunkten kommen deshalb nicht infrage, da sie sich als nicht effizient genug herausgestellt haben. Eine kürzlich vorgestellte neue Idee sieht nunmehr eine neue Streckenführung vor, die allerdings über eine viel zu große Distanz weit weg von jeglicher Bebauung quasi durch Niemandsland führt. Ob die Fahrgastzeitung“ bis zur 200. Ausgabe 2030 über die Inbetriebnahme der RTW berichten kann? (Wilfried Staub)

Geplanter Linienweg der RTW. Aus dem Endpunkt Nordwestzentrum wird auf ab- sehbare Zeit nichts. Doch um die Regionaltangente West wie geplant zum Nordwestzentrum bauen Neue geplante Führung der RTW. zu können, müsste nun 18 Meter tief unter (Karten: RTW-Planungsgesellschaft)

Starkenburg Erhalt der Odenwaldbahn erreicht Strecken in Südhessen gerettet und reaktiviert – Verbundgrenze hemmt

Ganz verschiedene Verkehrsbedürf- Der Landkreis Bergstraße ist gar zwei- nisse gab es – historisch gewachsen – in geteilt und weist Pendlerströme nach der Region Starkenburg* schon immer: Norden ins Rhein-Main-Gebiet und nach Das Oberzentrum Darmstadt zieht viele Süden in die Rhein-Neckar-Region auf. Pendler an, andere fahren an Darmstadt Bereits vor der Gründung der beiden vorbei in Richtung Mainz und Frankfurt. großen hessischen Verkehrsverbünde Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 23

Viele Jahre hat sich PRO BAHN für den Ausbau der Odenwaldbahn eingesetzt. Hier im Bild eine Zugkreuzung im Bahnhof Groß-Umstadt Wiebelsbach. (Foto: Brühl) RMV und NVV gehörte der Landkreis einer geringeren Kapazität als das frühere Bergstraße dem VRN an. Wegen dieser Angebot. Schnell waren, auch aufgrund Zersplitterung ergeben sich an den Kreis- der gestiegenen Fahrgastzahlen, die Züge und Landesgrenzen viele Reibungsver- überfüllt. Erst später und auf massiven luste. Unter diesen Konstellationen ist die Druck wurden weitere Fahrzeuge, wenn Arbeit des Regionalverbands Starkenburg auch noch immer zu wenig, für die schon immer schwierig gewesen und trotz Odenwaldbahn nachbestellt. vieler Erfolge endet so manches Projekt Ein weiterer Erfolg für PRO BAHN nach wie vor an der Kreisgrenze. ist der Ausbau der Ost-West-Verbindung von Mainz über Darmstadt nach Aschaf- * Der PRO BAHN Regionalverband hat fenburg, für den wir uns immer wieder sich nach der historischen Bezeichnung engagiert haben. Vor 20 Jahren ging es für Südhessen benannt. Die Provinz Star- zunächst darum, überhaupt wieder Sonn- kenburg (1803–1937) war Teil des Groß- tagsverbindungen nach Aschaffenburg zu herzogtums und späteren Volksstaates schaffen oder den Zweistundentakt zwi- Hessen. schen Darmstadt und Wiesbaden auf ei- nen Stundentakt zu verdichten. Heute Viele in den vergangenen Jahren the- sind es auch dort Kapazitätsprobleme, die matisierte Probleme sind nur zum Teil PRO BAHN immer wieder kritisiert. behoben worden, zum Teil auch „ver- schlimmbessert“. Eines der großen Ziele, den Erhalt und Ausbau der Odenwald- bahn, können wir uns auf die Fahnen schreiben. Durch die unermüdliche Arbeit konnte nicht nur die Stilllegung des Süd- abschnitts zwischen Erbach und Eberbach verhindert, sondern auch die Ausdünnung des Fahrplans gestoppt und sogar die Ein- richtung von weiteren Zugverbindungen erreicht werden. Schließlich wurde die Itino-Triebwagen auf dem Weg nach Strecke ausgebaut und mit VIAS ein Pfungstadt. (Foto: hk) neuer Betreiber gefunden. Der Wermutstropfen: Die neue Oden- Die Reaktivierung der einst „kürzesten waldbahn startete im Dezember 2005 mit Kursbuchstrecke Deutschlands“ zwischen 24 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

Darmstadt-Eberstadt und Pfungstadt (1,9 cken können, ob es aber die kostengüns- km Länge) ist ebenfalls ein Erfolg der ja- tigste und verkehrlich sinnvollste Lösung hrelangen Bemühungen von PRO BAHN. ist, bleibt aufgrund der Blockadehaltung Nach 56 Jahren „Betriebsruhe“ ist die des Kreises offen. Strecke seit Dezember 2011 für den Per- sonenverkehr wieder in Betrieb. Der um- gesetzte Fahrplan kann jedoch wieder ein- mal nur als halbherzig bezeichnet werden. Kein Abendverkehr und gar ein Zweistun- dentakt am Wochenende entsprechen nicht unserer Vorstellung von einem at- traktiven Schienenverkehr. Ein weiteres Thema mit dringendem Im Jahr 2000 wurde die moderne Erwei- Lösungsbedarf ist die ÖPNV-Anbindung terung des Darmstädter Hauptbahnhofs der Gemeinden im Darmstädter Osten. eingeweiht. (Foto: mdk) Nach der Stilllegung der Eisenbahnver- bindung hat bei den Buslinien ein regel- Ein letzter großer Themenblock für rechter Wildwuchs eingesetzt. Im Berufs- PRO BAHN bleibt der Verkehr auf der verkehr fahren Busse teilweise im Minu- Nord-Süd-Achse der Main-Neckar-Bahn. tentakt in die Großstadt. PRO BAHN hat Hier zeigen sich die Reibungsverluste sich schon früh für die Reaktivierung der zwischen zwei Verbünden am deutlichs- Bahnstrecke ausgesprochen und auch Al- ten. Trotz entsprechender Nachfrage endet ternativkonzepte zum Beispiel mit Zwei- die S-Bahn von Norden kommend in systemfahrzeugen ins Spiel gebracht. Lan- Darmstadt und der S-Bahn-Vorlaufbetrieb ge Jahre wurde Schienenverkehr aber der Rhein-Neckar-Region von Süden in ganz abgelehnt oder mit halbherzigen Bensheim. Dazwischen liegt quasi Nie- mandsland, das nur über eine stündliche Versuchen, den Busverkehr zu „optimie- Regionalbahn angebunden ist. Das Ver- ren“ hinausgezögert. Nun endlich hat man sich bei Kreis und Stadt durchgerungen, kehrsbedürfnis ist dadurch bei Weitem wieder auf die Schiene setzen zu wollen. nicht abgedeckt. Zeitweilig verkehrten Dabei aber wurden in die Voruntersu- auch keine Regionalexpresszüge zwischen chungen ausschließlich Straßenbahnva- Darmstadt und Mannheim und der Fern- rianten aufgenommen. Jegliche Vorstöße verkehr zwischen beiden Städten präsen- von PRO BAHN, andere Betriebskonzep- tiert sich auch mehr als bescheiden. Im te (reiner Bahnbetrieb, Mischbetrieb etc.) Vergleich dazu existieren gleich zwei mit zu untersuchen, um das optimale Er- hochbelastete Autobahnen, A5 und A67, gebnis zu erhalten, wurden mit faden- zwischen den genannten Oberzentren. scheinigen Argumenten abgelehnt. So Versucht man nun, hier Verbesserungen wird es denn, gesetzt der Widerstand in herbeizuführen, stößt man wahlweise auf der hauptsächlich betroffenen Gemeinde Ignoranz oder offene Ablehnung bei den Roßdorf kann endlich überwunden wer- beteiligten Gebietskörperschaften und den, eine Straßenbahnlösung auf dieser Verbünden. Eng damit verzahnt ist auch Achse geben. Diese wird sicher das Ver- die längst überfällige Neubaustrecke zwi- kehrsbedürfnis zumindest teilweise de- schen Frankfurt und Mannheim. Ähnlich Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 25 wie die oben genannten Autobahnen sind Arbeit konnte hier überzeugt werden, dass auch die beiden Altbaustrecken – Main- die ausschließliche Führung über Darm- Neckar- und Riedbahn – überlastet, ver- stadt (dies bedeutet aber nicht, dass jeder spätungsanfällig und bieten derzeit kaum Zug dort hält) die einzig sinnvolle Lösung Möglichkeiten für weiteren Personenver- für eine ICE-Neubaustrecke ist. Ob und kehr. Seit Jahren engagiert sich der Regio- wann die Strecke kommt, ist derzeit aber nalverband Starkenburg für eine Voll- wieder einmal völlig offen. Im Sommer anbindung von Darmstadt an eine 2011 wurde nochmals ein Gutachten zur Schnellfahrstrecke. Auch das bisherige Strecke bei drei renommierten Verkehrs- Raumordnungsverfahren sieht eine aus- planungsfirmen in Auftrag gegeben. Es schließliche Führung der Hochgeschwin- soll klären, ob eine reine Schnellfahr- digkeitsstrecke über Darmstadt vor, was strecke – wie ursprünglich geplant – die Haltung von PRO BAHN bekräftigt. Frankfurt und Mannheim verbinden soll Immer wieder wurden aber Varianten (mit Einbeziehung Darmstadts), ob eine ganz an Darmstadt Hbf vorbei oder Neubaustrecke für den Güterverkehr Sinn eingleisige Ausschleifungen ins Spiel macht oder ob es eine Strecke für Misch- gebracht und beinahe von der Politik betrieb werden soll. (hk) akzeptiert. Erst durch unsere langjährige

Hessen Die Zukunft des ÖPNV in Hessen Ein kritischer Ausblick von Wilfried Staub

Die Zukunft des nächst den Ballungsraum Rhein-Main. ÖPNV sieht derzeit Hier wird die Nachfrage weiterhin um europaweit nicht all- zwei bis drei Prozent jährlich zunehmen. zu rosig aus, erst Allerdings beschränkt sich das zusätz- recht nicht in Hes- liche Fahrgastaufkommen nur auf die sen. Durch knappe schon heute nahezu ausgereizte Haupt- Kassen und die verkehrszeit und in abgeschwächter Form „Schuldenbremse“ auf den Freizeitverkehr in den frühen drohen drastische Abendstunden. Die Gründe hierfür sind Kürzungen. vielschichtig. Zwei Beispiele: Viele Betrachtet man die Zukunftsaussichten Großstädter bewegen ihr Auto heute bei des öffentlichen Verkehrs in unserem der Fahrt zur Arbeit, für kleinere Bundesland für die nächsten 20 Jahre, so Besorgungen oder bei Freizeitaktivitäten wird man von einer ausgeprägten Dreitei- kaum noch, weil sie Gefahr laufen, einen lung der Verkehrsräume ausgehen müs- einmal belegten Parkplatz in den sen. Sie stellen sogar das Prinzip der ver- Wohngebieten zu verlieren. Ein steigen- bundbezogenen Solidarfinanzierung der Bevölkerungsanteil, der derzeit bei langfristig infrage. Betrachten wir zu- zwei Prozent liegt, verzichtet aus Über- 26 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 zeugung sogar ganz auf ein eigenes Fahr- nen Riegel vorgeschoben, indem kein zeug, nutzt nur bei Bedarf Carsharing Parkplatz in unmittelbarer Nähe zur Ver- und fährt ansonsten mit dem ÖPNV. fügung steht. Selbst Großbanken in Schätzungen gehen davon aus, dass Frankfurt gehen neuerdings dazu über, das Fahrgastaufkommen in der Frankfur- für die mittlere Führungsriege Parkmög- ter City in den nächsten 20 Jahren um 50 lichkeiten aufzukündigen und den Mitar- Prozent zunehmen wird. Wie dieses Vo- beitern subventionierte Jobtickets anzu- lumen gestemmt werden kann, darüber bieten. macht sich derzeit kaum jemand Gedan- 85 Prozent dieser Fahrgäste im Speck- ken. Dabei ist das Netz auf vielen Linien gürtel fahren mit dem ÖPNV nicht aus bereits heute an der Kapazitätsgrenze an- Überzeugung, sondern aus verschiedenen gelangt, beispielsweise an Messetagen. Sachzwängen gegen ihren freien Willen. Die Folge ist, dass auch in diesem Raum die Fahrgastzahlen im Berufsverkehr mit jedem neuen Wohngebiet ansteigen wer- den. In der Nebenverkehrszeit (NVZ) und erst recht in der Schwachverkehrszeit (SVZ) wird seit etwa fünf Jahren ein Fahrgasteinbruch beobachtet, der sich fortsetzen dürfte. Für Freizeitfahrten ist der RMV auch für in dieser Region be- heimatete sozial schwache Menschen Immer mehr Fahrgäste in der Frankfur- einfach zu teuer und für gut Betuchte aus ter City – so wie hier in der U-Bahn-Sta- Imagegründen schlichtweg inakzeptabel. tion Konstablerwache – wird es bis zum Dabei ist die Schiene für den Nahver- Jahr 2030 geben. (Foto: traffiq) kehr im Ballungsraum unverzichtbar. Ohne sie wären die Fahrgastströme im Die Bewohner des sogenannten Speck- Berufsverkehr nicht zu bewältigen. So gürtels um Frankfurt haben dagegen ein nutzt hier einer von vier Berufstätigen ganz anderes Bewegungsprofil. Mit 666 den ÖPNV für die Fahrt zur Arbeit. Als PKW je 1.000 Einwohnern besitzt zum vor Jahren eine Teilstrecke der S 4 vor Beispiel im Main-Taunus-Kreis statis- Kronberg zehn Tage gesperrt war, brach tisch gesehen nahezu jeder fahrtüchtige in diesem Raum der Individualverkehr Einwohner ein Auto. Und dieses wird morgens und abends zusammen. Ein an- täglich für Einkäufe, in der Freizeit, für schauliches Beispiel, wieviel Straße Fahrten der Kinder zur Schule und zum selbst eine eingleisige Bahnstrecke mit Sport bewegt. Anders als in der Groß- einem Halbstundentakt ersetzt. stadt ist das Auto hier im besonderen Ganz düster sieht es in der Zukunft Maße ein expressives Statussymbol. dagegen für das „flache Land“ aus, das Sofern irgend möglich wird das Auto- bereits kurz hinter Frankfurt beispiels- mobil für die Fahrt zur Arbeit genutzt. Es weise mit dem Wetteraukreis beginnt. sei denn, der Arbeitgeber oder die Ört- lichkeit der Arbeitsstelle haben dem ei- Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 27

Endstation Friedberg? Für viele beginnt hier bereits das „flache Land“. (Foto: wb) Die Demografen sagen für so manchen zere Entfernungen, weil Fahrten mit Bus- Landstrich in Hessen bis 2030 einen Be- sen und Bahnen zu unbequem (Überwin- völkerungsrückgang von bis zu 30 Pro- dung von Stufen) und zu wenig flexibel zent voraus. Schon heute ist ein ÖPNV, sind (Rentner haben nie Zeit). Der hohe der eine Daseinsvorsorge auch nur annä- Fahrpreis und das Ziehen von Fahrschei- hernd erfüllt, dort nicht mehr organisier- nen an Automaten stellt für einige keinen bzw. finanzierbar. Der Schülerverkehr, und für andere einen unüberwindbaren bisher das Rückgrat des ÖPNV, bricht Hinderungsgrund dar, zumindest gele- immer weiter ein, die kommunalen Kas- gentlich einmal das eigene Auto in der sen sind leer. Wie ein sinnvoller Verkehr Garage stehen zu lassen. in schwach besiedelten Gebieten in Zu- Als Konsequenz aus dem Rückgang kunft aussehen kann, darauf haben Ver- der ÖPNV-Nutzung von Senioren sieht kehrswissenschaftler noch keine befriedi- sich zum Beispiel Kronberg im Taunus gende Antwort gefunden. Vielleicht wird gezwungen, den Takt der auf die beiden es in einigen Regionen nur noch Rufbus, großen Altersheime ausgerichteten Stadt- Anruf-Sammel-Taxi, Bürgerbus oder als buslinien von 30 auf 60 Minuten auszu- letzten Ausweg Taxigutscheine für be- dünnen bzw. schlägt vor, die Beförde- dürftige Personen geben? rung der nur noch wenigen auf den ÖPNV angewiesenen Bewohner zur Sa- Aufs falsche Pferd gesetzt? che der Betreiber der Heime zu erklären. Jahrelang haben sich die Verbünde Wie zusätzliche Fahrgäste gewinnen? um die immer größer werdende Zahl der Senioren gekümmert und diese umwor- Die Fahrgastzahlen werden in Zukunft ben. Doch diese Gruppe scheint ausge- also möglicherweise nur noch im Berufs- reizt. Die Zuwächse bei den Senioren-Ti- verkehr und nur in bestimmten Regionen ckets stagnieren oder gehen teilweise so- weiter steigen. Damit wird sich die Bilanz gar zurück. Ein Grund könnte sein: Pen- des ÖPNV weiter deutlich verschlechtern, sionäre beiderlei Geschlechts verfügen weil die Produktionskosten erheblich an- inzwischen zu annähernd 100 Prozent steigen werden. Der Grund dafür ist, dass über einen Führerschein und ein Auto. immer mehr Personal und große Fahrzeu- Neuere Befragungen bringen ans Licht, ge vorgehalten werden müssen, doch das dass diese Gruppe das eigene Auto aber nur werktags für wenige Stunden, und den so lange nutzen wird, wie es nur irgend Rest der Zeit dann als totes Kapital he- geht. Selbst in Seniorenwohnheimen rumstehen. bringen immer mehr Bewohner das ei- Damit die Bilanz nicht gar so negativ gene Fahrzeug mit. Den ÖPNV dagegen ausfällt, müssen in den Nebenverkehrs- meidet diese Gruppe zumindest für kür- zeiten mehr Fahrgäste in die meist nur 28 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 gering ausgelasteten Busse und Bahnen len, wenn der vom Eintritt her teure Pri- gelockt werden. Dies gelingt aber aus- vat-Zoo im Taunus die Kosten der RMV- schließlich über für die Fahrgäste lukra- Fahrscheine auf den Eintrittspreis anrech- tive Rabatt- oder Mitnahmeangebote, nen würde. Denn solange die rund 600 auch wenn dadurch netto nur wenig mehr Parkplätze rund um den Zoo kostenlos in der Kasse übrig bleibt. sind, wird der ÖPNV als Zubringer hier Selbst das gelingt nicht immer. Ein auch weiterhin nur eine untergeordnete Beispiel ist der taktverdichtete „Elefanten- Rolle spielen. Beim Frankfurter Zoo da- Express“ zum Opel-Zoo in Kronberg im gegen reisen drei Viertel der Besucher mit Taunus. Trotz einer relativ breit gestreu- dem ÖPNV an! ten Werbung nutzten im Durchschnitt nur 1,7 Fahrgäste pro Tour den Expressbus Gebot der Stunde: Kosten minimieren und diese Passagiere hatten sich in aller Die Besteller werden für ÖPNV-Leis- Regel in der Abfahrtszeit des nachfolgen- tungen in Hessen in Zukunft bis zu 30 den Linienbusses geirrt. Zehn von zwölf Prozent mehr zahlen müssen. Das bedeu- auf dem Zoo-Parkplatz befragten jungen tet, dass es zwangsläufig zu Angebotskür- Familien mit Kindern kannten generell die zungen kommen wird, sofern sich das Möglichkeit nicht, mit Linienbussen anzu- Land nicht bereit erklärt, den laufenden reisen. Alle schlossen jedoch die Möglich- Betrieb zu bezuschussen. Das bedeutet im keit kategorisch aus, den Bus in Zukunft Klartext: Kosten müssen reduziert und zu nutzen. Ihre Begründung: Sie könnten Leistungen zurückgeschraubt werden. Z. bei Ausflügen mit Kleinkindern den Kin- B. durch Verzicht auf Taktfahrpläne. Bus- derwagen, Roller, Spielsachen, Wickel- se fahren nur noch dann, wenn es ein gro- zeug und Verpflegung nicht im Bus mit- ßes Fahrgastaufkommen gibt. nehmen, zumal dann nicht, wenn man bis zu dreimal umsteigen muss und die Rei- Teurer Ausflugsverkehr – sezeit mehr als dreimal so lange wie mit mangelnde Flexibilität dem Auto dauert. Das könnte auch den Ausflugsverkehr betreffen, der nur noch dann fährt, wenn der Wetterbericht Sonnenschein vorher- sagt. So macht es bereits die ODE in Brandenburg. Das würde bedeuten, dass nicht von Mai bis Oktober an Regentagen heiße Luft transportiert wird und wäh- rend Schönwetterperioden zum Beispiel die Kanuten an der Lahn wegen Über- füllung eines Kurzzuges nicht mitgenom- men werden können, obwohl sie extra ein RMV-KanuTicket gelöst haben. Der Flopp des Jahres: „Elefanten-Ex- press“ zum Opel-Zoo in Kronberg. RMV verschenkt bares Geld (Foto: Wilfried Staub) Zusätzliche Einnahmen könnte dage- Eine befragte Familie könnte sich das gen der RMV durch die konsequente allerdings versuchsweise einmal vorstel- Verfolgung von „Schwarzfahrern“ gene- Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 29

Kanuten direkt neben der Lahntalbahn vor Runkel. (Foto: DB/2007) rieren. Auf 100.000 Einwohner kommen Kassen fließt. Beim Bestellermodell der in der Mainmetropole 1.541 Schwarzfah- deutschen Verbünde kann es dem Busun- rer, so das Internetportal www.reisen.de. ternehmen dagegen völlig egal sein, wie Knut Ringat, Sprecher der Geschäfts- viele Fahrgäste mitfahren und wie zufrie- leitung des RMV, beziffert in einem In- den diese sind. Um dieses Problem zu lö- terview gegenüber der „Frankfurter Neu- sen, hat sich der RMV ein Bonus-Malus- en Presse“ den Einnahmeverlust durch System ausgedacht. Abzüge gibt es bei- Schwarz- und Graufahrer auf jährlich 29 spielsweise, wenn Busse und Bahnen an Millionen, wobei er nur von einer be- bestimmten Messpunkten mehr als drei scheidenen Quote von vier Prozent aus- Minuten zu spät abfahren bzw. ankom- geht. Nach Schätzungen von PRO BAHN men. Die Konsequenzen sind, dass Busse fahren – stark abhängig von der Fahrtlän- und Bahnen nur noch in Ausnahmefällen ge und der Strecke – bis zu acht Prozent, und schon gar nicht bei zwei unterschied- im reinen Schülerverkehr vereinzelt auch lichen Betreibern auf verspätete Anschlüs- mal 20 Prozent ohne gültigen Fahrschein. se warten. Der Geschädigte ist der Fahr- gast, der oft wegen nur zwei Minuten Verspätung an irgendeinem Provinzbahn- hof eine Stunde auf die nächste Fahrt- möglichkeit warten muss. Oder so man- cher Busfahrer stellt den Fahrkartenver- kauf ein, wenn viele Barzahler kommen, weil er sonst den Fahrplan nicht einhalten kann. Dieser Bestandteil des Malus-Sys- tems gehört RMV-intern unverzüglich auf Der Schülerverkehr, bisher Rückgrat des den Prüfstand. Zum einen verliert der Ver- ÖPNV, bricht immer mehr ein. bund dadurch mehr Geld, als er gewinnt (Foto: Wilfried Staub) und zum anderen kalkulieren die Busunter- nehmer diesen Kostenfaktor bei zukünfti- Malus bedeutet Manko und führt gen Ausschreibungen von vorneherein mit zu unzufriedenen Fahrgästen ein. Nicht zuletzt konterkariert dieses Sys- Beim eigenwirtschaftlichen Verkehr tem die Forderung des RMV nach einer sorgen die Betreiber der Bus-Linien selbst garantierten Reisekette, die die Geschäfts- dafür, dass möglichst viel Geld in ihre leitung als einen der wichtigsten Bestand- teile zur Kundenbindung beschwört. 30 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

Limousinen auf mehr als der Hälfte der Strecke eingesetzt werden, ist der Bus bereits wieder preiswerter. Hanau und Offenbach haben deshalb die Vorschläge der Verkehrsplanern verworfen, den Abendverkehr vollständig auf AST um- zustellen. Nachtbus Viele Nachtbuslinien, insbesondere im Frankfurter Raum, werden inzwischen überraschend gut bis zufriedenstellend angenommen. Zusätzliche Einnahmen werden allerdings mit diesem Service kaum erzielt. Die Mehrheit der Nutzer sind Inhaber von Zeit- oder Tageskarten. Auf der anderen Seite ist das Angebot in der Nacht gegenüber dem Tagbetrieb mit einem erheblichen Mehraufwand ver- Der Autor des Artikels, Wilfried Staub, ist bunden. Es ist daher durchaus vertretbar, als stellvertretender Landesvorsitzender dem Beispiel Zürichs zu folgen und in und Pressesprecher von PRO BAHN Hes- Anbetracht der klammen Kassen der Be- sen seit vielen Jahren ein begehrter Ge- steller von den Nachtschwärmern pro sprächspartner von Funk und Fernsehen, Nacht einen einmaligen Zuschlag von wenn es um die Themen Schienenverkehr drei bis vier Euro einzufordern. und ÖPNV geht. Schon als Kind war er Anrufsammeltaxi bahnbegeistert und wollte eigentlich Fahrplanmacher bei der Deutschen Bun- Böse Zungen behaupten, dass die Ver- desbahn werden. Ein Sehfehler verhin- bünde mit der Einführung von Anrufsam- derte dies – glücklicherweise, wie er heute meltaxis (AST) die letzten Fahrgäste in sagt. Stattdessen arbeitete er bei der Bun- Tagesrandlagen auf ewig verprellen wol- desanstalt für Landwirtschaft und Ernäh- len – doch dem ist beileibe nicht in jedem rung. Nach seiner Pensionierung besann Fall so. Das AST stellt auf bestimmten er sich auf seine alte Leidenschaft und Linien und zu bestimmten Zeiten eine begann seine ehrenamtliche Arbeit bei der echte Alternative zu schwach genutzten „Historischen Eisenbahn Frankfurt“ und Bussen dar. bei PRO BAHN. Er schreibt in jeder Aus- gabe der „Fahrgastzeitung“. (wb) Land ohne Visionen In Hessen gibt es derzeit kaum Zu- Die Busalternative rechnet sich für kunftsperspektiven für den ÖPNV und den Besteller jedoch nur dann, wenn per- den Schienenverkehr. Zahlreiche dringend manent nicht mehr als vier Fahrgäste zu erforderliche Projekte werden durch fal- befördern sind. Müssen dagegen zwei sche Einschätzungen und Fehlplanungen Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 31 dermaßen verteuert, dass ihre Realisie- Tempo 120 ertüchtigt und die Züge sind rung teilweise sogar infrage gestellt ist, heute aufgrund unveränderter Kreuzungs- oder um sinnlos vertane Jahre verzögert, bahnhöfe zum Teil zehn Minuten länger so wie die S-Bahn-Strecke über Gateway unterwegs als früher, weil der ÖPNV und Gardens am Frankfurter Flughafen oder der Schienenverkehr in Hessen in der Po- die Regionaltangente West. Und auch die litik nicht die Bedeutung hat, die ihm ge- Vogelsbergbahn wurde mit viel Geld für bührt. (Wilfried Staub)

Die Schienenzentren der Metropolregion Rhein-Neckar: Der Mannheimer Hauptbahnhof (links) und S-Bahn im Heidelberger Hauptbahnhof. (Fotos: DB) Rhein-Neckar Seit 15 Jahren an der „FGZ“ beteiligt Rhein-Neckar: Ein länderübergreifender Regionalverband

Seit Oktober 1998 ist auch der nicht und Niederlagen des länderübergreifen- zu Hessen gehörende PRO BAHN Regio- den Regionalverbandes Rhein-Neckar be- nalverband Rhein-Neckar aktiv an der richtet. Hier eine Auswahl der Themen: „Fahrgastzeitung“ beteiligt. Ursprünglich wollten sich die PRO BAHNer an einer S-Bahn Rhein-Neckar Publikation der Umweltverbände in der Über 20 Jahre Planungsarbeit und Bau Rhein-Neckar-Region beteiligen. Doch hat es gedauert, bis die 1. Stufe der S- dies hätte viel gekostet, die Wirkung und Bahn Rhein-Neckar schließlich im De- der Informationswert wären jedoch ge- zember 2003 in Betrieb ging. PRO BAHN ring gewesen. Durch Vermittlung des kritisierte damals unter anderem den nur stellvertretenden Regionalvorsitzenden sonntäglichen Stundentakt im Neckartal, Sven Grahner kam der Kontakt zur „Süd- die späte Fertigstellung einiger Halte- hessenschiene“ zustande und schon bald punkte mehrere Monate nach Betriebsauf- bekam der Regionalverband Rhein-Ne- nahme und die teilweise zu geringen Ka- ckar eigene Seiten. Seitdem hat die pazitäten. Die Fahrzeug-Kapazitäten wur- „FGZ“ viel über die Aktivitäten, Erfolge den zum Beispiel sonntags im Neckartal 32 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 und teilweise im Berufsverkehr durch men S-Bahn und Neubaustrecke Rhein- Doppel- und sogar Dreifach-Traktion er- Main/Rhein-Neckar konnten wir uns hier höht, aber in mancher Hinsicht müssen stärker einbringen und haben so die eine wir unsere Formulierung von einer „S- oder andere Entwicklung mitbeeinflussen Bahn 2. Klasse“ auf badischer Seite leider können. aufrechterhalten. Der Betrieb funktioniert Die Linie 5 erfüllt sowohl innerstäd- jedoch gut und die S-Bahn Rhein-Neckar tisch in Mannheim, Heidelberg, Viern- erhält durchweg gute Fahrgast-Bewertun- heim und Weinheim eine Straßenbahn- gen. Ein Ärgernis sind aber Gleiserneue- Funktion, als auch für die regionale Ver- rungen, bei denen Streckenabschnitte zum bindung zwischen den genannten Städten Teil wochenlang voll gesperrt sind. und mit den weiteren Kommunen an der Traurig ist auch das Thema „2. Stufe Strecke eine Stadtbahn-Funktion. Daher der S-Bahn Rhein-Neckar“. Zwar wurde hat sie für den ÖPNV in der Region eine seit der Eröffnung 2003 auf weiteren Stre- überragende Bedeutung. cken inzwischen auch der S-Bahn-Betrieb Auch hier gibt es Licht und Schatten. aufgenommen, aber da der Abschnitt Hei- Erfreulich ist, dass seit Ende 2011 die ge- delberg–Mannheim immer noch nicht samte, über 50 Kilometer lange Ringstre- mindestens dreigleisig ausgebaut ist, ver- cke Mannheim–Heidelberg–Weinheim– zögert sich der Ausbau und die Inbetrieb- Mannheim (bis auf wenige Engstellen) nahme der Nord-Süd-Strecken weiter. zweigleisig ist. Erfreulich ist auch, dass Aktuell soll jetzt eine gestaffelte Inbe- seit Sommer 2013 im Regelverkehr aus- triebnahme ab Dezember 2017 erfolgen schließlich Niederflur-Fahrzeuge verkeh- (europaweite Ausschreibung der 2. Stu- ren, sodass die Ein- und Ausstiegsprob- fe). Einer der Hauptgründe für die Verzö- leme für mobilitätseingeschränkte Perso- gerungen ist die Vielzahl der Beteiligten, nen sowie Fahrgäste mit viel Gepäck die sich für Bau und Finanzierung mit- oder Kinderwagen der Vergangenheit an- einander abstimmen müssen. Es handelt gehören. Die Fahrgastzahlen haben sich sich dabei um drei (oder genau genom- in den vergangenen 17 Jahren verdoppelt. men mit dem Saarland sogar vier) Bun- Der Takt wurde – vor allem an der Berg- desländer, drei (vier) Aufgabenträger und straße – mehrfach verdichtet und ist jetzt verschiedene DB-Gesellschaften, die bei insgesamt zumindest zufriedenstellend. der S-Bahn Rhein-Neckar mitreden. RNV-Linie 5 („OEG“) Ein weiteres wichtiges Thema in all den Jahren war die Linie 5 der Rhein- Neckar Verkehr GmbH (RNV), die die Straßen- und Stadtbahnen in den Städten Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen sowie im Umland betreibt. Noch immer nennen viele alte Kurpfälzer die Linie „OEG“, benannt nach dem früheren Be- treiber, der Oberrheinischen Eisenbahn- Der neue S-Bahnhof Ludwigshafen Mitte Gesellschaft. Im Gegensatz zu den The- (Foto: Reiner Schedler/DB) Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 33

PRO BAHN in der Metropolregion Rhein-Neckar Der Regionalverband Rhein-Neckar von PRO BAHN ist ein schwieriges Konstrukt! Ei- nerseits ist er kein eigenständiger Verein (e.V.), sondern eine formale Untergliederung des Landesverbandes Baden-Württemberg. Von diesem bekommt er jährlich Anteile aus Mitgliedsbeiträgen (was unter anderem zur anteiligen Übernahme von Kopier- und Porto- Kosten für die „Fahrgastzeitung“ dient). Entsprechend können Spenden auch nur auf das Konto des Landesverbandes Baden-Württemberg überwiesen werden – sinnvollerweise unter dem Stichwort „Spende für RV Rhein-Neckar“. Andererseits umfasst der Regional- verband Städte und Kreise aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz – ganz grob etwa die Städte Mannheim, Ludwigshafen, Heidelberg, den Rhein-Neckar-Kreis sowie die Vorderpfalz um Speyer, Neustadt, Bad Dürkheim und Worms. Deshalb schicken wir z. B. auch diese Zeitung an die PRO BAHN-Mitglieder in der Vorderpfalz. Von Februar 1997 bis Dezember 2006 war Michael Löwe Regional-Vorsitzender, seit Januar 2007 ist es Andreas Schöber. Bei insgesamt etwa 85 Mitgliedern (oder etwas über 100, wenn man bei den Familien-Mitgliedschaften alle Familien-Mitglieder einzeln zählt) gibt es erfreulicherweise konstant etwa fünf bis sieben Aktive, die regelmäßig zu den monatli- chen Treffen kommen und sich teilweise darüber hinaus in verschiedener Form engagieren. Aufgrund der relativ kleinen Mitgliederzahl hat sich die Konstruktion bewährt, nicht als ei- genständiger e. V. zu agieren, da aufgrund der formalen Pflichten eines eingetragenen Ver- eins die dauerhafte Existenz eines vollzähligen Vorstandes dann doch gefährdet wäre. (ml)

Ärgerlich ist jedoch, dass der von den Anlieger-Kommunen zu zahlende Preis je Nutzwagen-Ki- lometer allein in den Jahren 2008 bis 2013 von 0,32 auf 3,75 Euro angestiegen ist. Die Ermittlung dieser Kosten erfolgte zumindest in früheren Jahren zugunsten der Stadt Mannheim und zu ungunsten des Rhein-Neckar-Kreises. Uner- freulich ist auch, dass die Umlauf- zeit für die gesamte Ringstrecke Mannheim – Heidelberg – Wein- heim–Mannheim heute wieder bei 140 Minuten liegt. In den vergan- genen Jahrzehnten lag diese teil- weise bei 130, ja sogar 120 Minu- ten – trotz fehlender Zweigleisig- keit an der Bergstraße und trotz Fahrzeugen mit mehreren Stufen Das „OEG“-Dreieck, heute RNV-Linie 5. (Karte: wb) und schmalen Türen. Also bei der 34 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

der VRN bundesweit teilweise Vorreiter und wurde auch überregional für sein at- traktives Tarifangebot gelobt. Leider stiegen die Preise für Zeitkarten und das Ticket24(plus) in den letzten Jah- ren überproportional – Ticket24 und Ti- cket24plus wurden sogar abgeschafft und Wichtiger Halt der Linie 5: der Heidel- durch deutlich unattraktivere Tageskarten berger Bismarckplatz. (Foto: RNV) ersetzt. So stagnierte im VRN in den letz- ten fünf Jahren im Gegensatz zu anderen Fahrzeit trotz millionenteurer Ausbau- Verbünden die Fahrgastzahl, was unserer maßnahmen kein Gewinn! Meinung nach auf die Tarifentwicklung Tarifpolitik des VRN zurückzuführen ist – denn bei der Anzahl der jährlichen Fahrten je Einwohner gibt es Den Verkehrsverbund Rhein-Neckar im Vergleich zu anderen Verkehrsverbün- (VRN) gibt es seit dem 1.12.1989. Bereits den durchaus noch Steigerungspotenzial. in den ersten Jahren schaffte es der Gründungs-Geschäftsführer Wolfgang Wagner, mit günstigen zielgruppenorien- tierten Zeitkarten (für Schüler, Studenten, Senioren, Berufstätige) einen relativ ho- hen Anteil an Stammkunden aufzubauen. Inzwischen liegt der Anteil der Zeitkar- ten-Inhaber bei bundesweit einmaligen Was PRO BAHN Rhein-Neckar in den 91,5 Prozent. Parallel dazu kreierte er mit letzten 17 Jahren erreicht hat dem Ticket24plus, welches in 3 Stufen für drei Waben, fünf Waben oder das Ge- Natürlich gibt es die großen Themen, samtnetz erhältlich war und 24 Stunden bei denen teilweise die Entscheidungen lang (am Wochenende 48 Stunden) für bis auf Bundesebene liegen, wie z. B. bei der zu fünf Personen galt, ein attraktives geplanten Neubaustrecke Rhein-Main/ Angebot für Gelegenheitsnutzer. Dieses Rhein-Neckar, bei denen der Einfluss un- sprach zunächst Familien und Kleingrup- seres Regionalverbandes naturgemäß ge pen (z. B. Wanderer) an, danach mit dem ring ist. Hier liegt und lag unser Einfluss Ticket24 auch Einzelreisende. Hier war im Wesentlichen in einem Beitrag zur öf-

Vergleich zwischen Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN), Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) und dem Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) anhand der Zahlen aus 2012:

VRN RMV KVV Gebietsgröße 9.967 km² 14.000 km² 3.550 km² Einwohner im Einzugsgebiet 3 Mio. 5 Mio. 1,3 Mio. Jährliche Fahrgäste 316 Mio. 705 Mio. 178 Mio. Jährliche Fahrgeld-Einnahmen 268 Mio. € 722 Mio. € 126 Mio. € Jährliche Fahrleistung in km 190 Mio. km 45,9 Mio. km (Zug-/Nutzwagen-Kilometer) Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 35 fentlichen Meinungsbildung, z. B. über henen Netz in der Hauptverkehrszeit Pressemitteilungen. zumindest im Halbstunden-Takt. Zwei- Dann gibt es aber auch lokale oder re- brücken im Westen des Verbundgebie- gionale Themen, bei denen wir das eine tes ist an das S-Bahn-Netz angeschlos- oder andere erreichen konnten. Ein An- sen. Viele der heute noch mit Diesel- satzpunkt war dabei die zweimal jährlich fahrzeugen befahrenen Strecken sind an etwa zehn Standorten in Baden-Würt- elektrifiziert, so wie die Weschnitztal- temberg stattfindende sogenannte „regio- bahn von Weinheim nach Fürth. Auch nale Fahrplan-Konferenz“. Dies ist ein die Überwaldbahn ist reaktiviert und in Konstrukt der Nahverkehrs-Gesellschaft das S-Bahn-Netz Rhein-Neckar inte- Baden-Württemberg (NVBW), des lan- griert. desweiten Aufgabenträgers für den Schie- - Die RNV-Linie 5 („OEG“) fährt pünkt- nen-Personen-Nahverkehr in Baden- lich, mit kürzerer Gesamtumlaufzeit Württemberg und der Industrie- und Han- und weiterer Taktverdichtung. delskammern. Eingeladen sind Vertreter von Kommunen, Kreise, Firmen und am Schienenverkehr interessierte Verbände wie z. B. PRO BAHN und der VCD. Hier können die Teilnehmer konkrete Kritik und Verbesserungsvorschläge einbringen. Zu allen schriftlich eingereichten Vor- schlägen wird auf der jeweils nächsten Die Fahrzeuge der Heidelberger Stra- Fahrplan-Konferenz Stellung genommen. ßenbahn sollen in 17 Jahren ein viel grö- Auf diese Art und Weise konnten wir im ßeres Netz befahren als heute, so von Lauf der Jahre verschiedene zusätzliche Eppelheim (im Bild) weiter bis Schwet- Zughalte, Fahrplanlagen-Verschiebungen zingen. (Foto: Martin Hawlisch) zur Anschlusssicherung oder Zug-Verstär- kungen (z. B. Doppel- statt Einfach-Trak- - Es gibt im Stadtgebiet Heidelberg und tion) im Regionalverkehr erreichen. zur Anbindung der Umlandgemeinden Weitere Erfolge der letzten Jahre wa- weitere Straßenbahn-Strecken in die Alt- ren: stadt, in die ehemalige US-Siedlung Pa- - Verbesserungen für Pendler auf der trick-Henry-Village, in die Trabanten- Main-Neckar-Bahn Frankfurt–Darm- stadtteile Boxberg und Emmertsgrund stadt–Heidelberg/Mannheim (die teil- sowie nach Schwetzingen, Sandhausen, weise später wieder rückgängig gemacht Walldorf, Wiesloch und Nußloch. wurden). - Es gibt eine Neubaustrecke Rhein- - Die Diskussion über neue Straßenbahn- Main/Rhein-Neckar für den Güterver- Linien in und vor allem um Heidelberg kehr; Main-Neckar- und Riedbahn sind - Taktverdichtungen der RNV-Linie 5 an weitgehend vom Güterverkehr entlastet. der Bergstraße. Nach Ausbaumaßnahmen können auf beiden Altstrecken mehr Nahverkehrszü- Was wir uns für 2030 wünschen ge fahren. Fernverkehrszüge zwischen - Die S-Bahn Rhein-Neckar fährt auf Mannheim/Heidelberg und Frankfurt dem gesamten für die Stufe 2 vorgese- brauchen kürzere Fahrtzeiten als heute. 36 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

ckenheim nach Ilvesheim, Ladenburg und Schriesheim. - Auch in Ludwigshafen hat bis 2030 ein Umdenken eingesetzt. Das Stadtbahn- netz wurde innerstädtisch erweitert und ins Umland verlängert. Zum Beispiel durch Strecken nach Mutterstadt und „U-Bahnhof“ Ludwigshafen Hauptbahn- Frankenthal. hof. (Fotos: Martin Hawlisch) - Die Fahrpreise im Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) sind im Lauf der - Das alte „OEG“-Netz wird erweitert Jahre höchstens entsprechend den durch Schienenverbindungen von Hed- jeweiligen Inflationsraten gestiegen. desheim nach Hirschberg sowie von Se- (Michael Löwe)

Rhein-Neckar Die Zukunft des ÖPNV in Rhein-Neckar Interview mit Volkhard Malik, Geschäftsführer des VRN

Frage: Wie bewerten Sie die Schienenin- fristig in der Region umgesetzt werden, frastruktur (Normalspur und Meterspur) damit der Schienenverkehr in der Region in der Metropolregion Rhein-Neckar? wettbewerbsfähig bleibt? Antwort: Bzgl. der Meterspur: Die RNV Antwort: Im Vollbahnbereich denke ich verfügt über das größte zusammenhän- dabei an die S-Bahn Verlängerung Hom- gende Netz bundesweit. Dank kontinuier- burg – Zweibrücken. Ich hoffe, dass wir licher Instandhaltung und eines Ausbaus bald Klarheit darüber bekommen, ob es ei- mit Augenmaß halte ich es für leistungs- ne Realisierungschance gibt. Dann braucht fähig genug. Andere Regionen haben mit es aber immer noch einige Zeit, bis der größeren Problemen zu kämpfen. Bzgl. Betrieb aufgenommen werden könnte, der Normalspur: Wir verfügen über ein dich- aber sicherlich positive Auswirkungen bis tes Schienennetz in der Metropolregion in den Kernbereich der Metropolregion (außerhalb, aber immer noch im VRN- Rhein-Neckar haben könnte. Gebiet, wird es natürlich etwas dünner), Die Straßenbahnverlängerung in die Orte das mit dem Ausbau im Zuge der 1. Stufe südlich von Heidelberg (Nußloch/Wies- der S-Bahn optimiert wurde. In der Ver- loch) ist so ein Projekt. In der Vergangen- gangenheit wurde befürchtet, dass die S- heit scheiterten alle weiterführenden Pla- Bahn wegen fehlender eigener Gleise nungen allerdings an den Kosten, die den nicht pünktlich und zuverlässig fahren Nutzen überstiegen. Das könnte aber heu- kann. Das hat sich nicht bewahrheitet. te anders gesehen werden, vor allem, Das zeigen die Statistiken. wenn man an den Zeitraum nach 2018 denkt. Eine Schienenverbindung zum Bei- Frage: Welche Infrastrukturmaßnahmen spiel von Walldorf über Sandhausen nach müssen aus Ihrer Sicht mittel- und lang- Heidelberg könnte die Straße entlasten, Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 37 ohne die S-Bahn zu tangieren. Ebenfalls bereits die Ermächtigungsgrundlage im müsste man nochmals die Tangentiale Landesgemeindeverkehrsfinanzierungs- Schriesheim–Ladenburg–Mannheim be- gesetz seit einigen Jahren für die Grund- trachten. Auch in Ludwigshafen könnte sanierung großer Infrastrukturen im das Meterspurnetz der RNV sicherlich ÖPNV. Allerdings muss dafür auch das noch vernünftig komplettiert werden wie Geld vorhanden sein, da darf sich der z. B. Richtung Mutterstadt. Und nicht zu Bund nicht verweigern. Falls das alles vergessen den Verknüpfungspunkt DB- nicht so kommt, sehe ich enorme Lasten Schiene mit RNV-Schiene am Haupt- auf die Kommunen zukommen, die dann bahnhof in Mannheim. immer häufiger entscheiden müssen, ob sie den ÖPNV sukzessive abbauen und dessen Infrastruktur verkommen lassen.

Frage: Welches Ergebnis erwarten/er- hoffen Sie sich von der neuerlichen Un- tersuchung zur Neubaustrecke Rhein- Main/Rhein-Neckar? Antwort: Angesichts des bevorstehenden Bundesverkehrswegeplans 2015, in des- sen Rahmen eine Neubaustrecke zu reali- Volkhard Malik sieren wäre, ist es jetzt dringend notwen- dig, dass Klarheit besteht, ob das Vorha- Frage: Welche Folgen wird das Auslau- ben finanzierbar ist und vertiefter geplant fen des Gemeindeverkehrsfinanzierungs- werden kann. Die Ankündigung, dass die gesetzes (GVFG) für die Region haben? Untersuchung noch in 2013 vorliegen Antwort: Ein Auslaufen der Entflech- wird, ist daher zu begrüßen. Verpasst tungsgesetzmittel wäre für den ÖPNV man dieses Zeitfenster, sehe ich für die tödlich. Und da spreche ich nicht von nächsten Jahrzehnte keine Realisierungs- großen ÖPNV-Vorhaben, die wir zwar chance mehr. Der Schienenpersonennah- auch noch reichlich haben werden. Nein, verkehr, aber auch die Straßenbahn- und ich meine das eher in Bezug auf die auf Busverkehre in Mannheim, wären als Zu- die Branche zukommenden riesigen Re- und Abbringer große Profiteure. investitionen. Hier muss sich das GVFG (Die Fragen stellte Wolfgang Brauer) öffnen. In Baden-Württemberg haben wir

Ausland Es geht auch anders! Ein Beispiel: Die Renaissance der Straßenbahn in Frankreich

Im Jahr 2005 berichtete die FGZ in ei- Erfolg, den die dortigen Systeme nach ner mehrteiligen Serie über den Neubau der Einführung hatten. Der sich bereits von Straßenbahnen in Frankreich und den damals abzeichnende Trend hat sich fort- 38 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

„Straßenbahnparadies“ Frankreich: Auch die staatliche Bahngesellschaft SNCF betreibt inzwischen Straßenbahnen, die nach „Karlsruher Modell“ das Umland mit den Städten verbinden, so wie hier in Mulhouse. (Fotos: hk) gesetzt, denn der Bauboom ist weiterhin ter, aber auch in den anderen Städten ungebrochen. Waren zum Ende der da- sucht sich der Stadtkämmerer ein passen- maligen Artikelserie in 12 Städten Stra- des Sparobjekt. Längst vergessene – und ßenbahnen (wieder) in Betrieb, hat sich noch immer falsche – Sprüche vom billi- die Zahl seitdem fast verdoppelt. Demge- geren Busbetrieb machen die Runde. genüber stehen nur zwei deutsche Städte, Warum? Das Ruhrgebiet hat ein Struk- die Straßenbahnen wieder eingeführt ha- turproblem mit dem Wandel in der Kohle- ben, nämlich Saarbrücken und Oberhau- industrie, aber auch viele hausgemachte sen. Viele – auch große – Städte dümpeln Probleme in den Städten. Wie so oft hing jedoch weiter in verkehrspolitischer Stein- man dem Tunnelwahn nach und verbann- zeit vor sich hin. Als größte Negativbei- te die Bahnen seit den 1970er Jahren mas- spiele gelten hier Wiesbaden, Münster/ siv in den Untergrund. Zu den hohen Bau- Westfalen und Hagen, die nur mit Bussen kosten, die sich nie rechneten, kommen erschlossen sind und Hamburg, das zwar nach und nach dringend notwendige Sa- über eine U-Bahn verfügt, aber außerhalb nierungsarbeiten hinzu, die noch weniger dieses Systems erhebliche Versorgungslü- finanziert werden können. Praktisch steht cken bestehen und der Bus schon längst das U-/Stadtbahnsystem in weiten Teilen an seine Grenzen angestoßen ist. vor dem Kollaps, auch wenn es sich noch Natürlich ist bei den Zahlen zu beach- niemand eingestehen will. Auf Dauer ten, dass hier nie so viele Betriebe stillge- wird sich auch Frankfurt fragen müssen, legt wurden wie in Frankreich und daher wie das System U-Bahn noch bezahlt weniger Zwang zur Wiedereinführung be- werden kann. Zwar steht die Mainmetro- steht. Trotzdem stagniert hierzulande der pole finanziell besser da als die Ruhr- Ausbau der Schieneninfrastruktur oder es städte, aber letztlich werden auch hier die wird offen über die Einstellung diskutiert Tunnel irgendwann marode und bedürfen wie in Brandenburg, Frankfurt (Oder) und umfangreicher Erneuerungsmaßnahmen. mehr oder weniger ausgeprägt in den Die gesetzten Erwartungen in einen Ruhrgebietsstädten. Hier präsentiert sich Tunnel konnten fast nirgendwo erfüllt vor allem Mülheim als negativer Vorrei- werden und das Argument „Fahrgastzah- Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 39 len“ trägt schon lange nicht mehr. War es (innen wie außen) an und endet in einer ein Credo der Verkehrspolitik, dass schon konsequenten Gestaltung der Straßenzü- bei mittleren fünfstelligen Fahrgastzahlen ge, Haltestellen und sonstigen Infrastruk- pro Tag nur ein U-Bahn-System in Frage turbestandteilen. Zwar finden sich dabei kommt, straft ein Blick nach Frankreich gelegentlich Auswüchse, die man bei uns hiesige Verkehrsplaner und ihre Ideen als Schnickschnack abtun würde, in Brest gnadenlos ab. Schon 2005 berichteten wir, etwa erfolgen die Haltestellenansagen in dass die ganz gewöhnliche Straßenbahnli- Abhängigkeit von Ebbe und Flut des At- nie 1 in Montpellier täglich 100.000 Fahr- lantiks über den Tag verteilt mal mit gäste befördert, ohne Tunnel, durch die männlichen, mal mit weiblichen Stimmen, Fußgängerzone und mit ebenso gewöhnli- aber diese Details sorgen dafür, dass die chen Straßenbahnwagen, die noch nicht Bevölkerung die Straßenbahn als Teil ih- einmal in Doppeltraktion fahren müssen. rer Stadt ansieht und man dort gerne vom Diese Zahl ist inzwischen auf über rollenden Wohnzimmer spricht. 130.000 Fahrgäste täglich angewachsen. Ein Beweis, wie leistungsfähig ein Stra- ßenbahnsystem sein kann, zu deutlich ge- ringeren Kosten als jeder U-Bahn-Bau. So darf man offen fragen, ob sich Tunnelsys- teme überhaupt noch lohnen, insbesonde- re unter Berücksichtigung der größeren Haltestellenabstände, der Zugangshemm- nisse durch Treppen in den Untergrund, fehlender sozialer Kontrolle etc. Stadtgestaltung statt Störfaktor Sehen aus wie eine Seidenraupe: Stra- ßenbahnen in Lyon. Ein weiterer Aspekt für die Stagnation im Straßenbahnbereich hierzulande ist, wie So mag man sich bei der letzten Ver- schon damals thematisiert, die ingenieurs- längerung der Darmstädter Straßenbahn in mäßige Planung und eine inkonsequente Arheilgen fragen, welcher Teufel die Pla- Umsetzung. Neue Strecken in Deutschland ner geritten hat, in ein fast dörfliches Um- werden weiterhin einfach "hingerotzt", feld eine Hochkettenfahrleitung zu instal- funktional, aber ohne Berücksichtigung lieren, die jeder ICE-Strecke zur Ehre ge- der Umgebung und ohne Schaffung eines reicht hätte. In den nördlichen Vororten passenden Ambientes. Dementsprechend von Angers wurde bei fast gleicher Infra- genießt die Straßenbahn hierzulande keine struktur ganz auf die Fahrleitung verzich- besondere Achtung und bei jeder Neubau- tet und das APS-System (vereinfacht: planung findet sich sofort eine Bürgerini- Stromschiene zwischen den Gleisen) in- tiative, die aus allerlei meist fadenscheini- stalliert, auf das ja keine Fahrleitung die gen Gründen die Strecke verhindern will. dörfliche Atmosphäre stören möge. Blickt man nach Frankreich, dient eine Daher ist es kein Wunder, wenn Stra- Straßenbahnplanung grundsätzlich dazu, ßenbahnneubauten in Frankreich grund- das Stadtbild insgesamt zu verbessern. sätzlich begrüßt werden. Dies ging teil- Das fängt beim Design der Straßenbahnen weise so weit, dass sich eine Bürgeriniti- 40 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

Inkonsequent und städtebaulich unver- Mehr als konsequent: entweder Einfach- träglich: mit der ICE-Fahrleitung durch fahrleitung oder gar das aufwendige den Darmstädter Stadtteil Arheilgen. Stromschienensystem wie in Angers. ative gebildet hatte. Nicht, um den Bau ei- glaubt, möge die komplette Strecke vom ner Strecke zu verhindern, sondern um die Lokalbahnhof zum Gravensteiner-Platz Trasse durch die eigene Straße legen zu mitfahren und die Stoppuhr drücken, lassen und nicht etwa durch die Parallel- wenn immer die Bahn ungewollt anhalten straße. Welch Unterschied zum hiesigen muss. Pro Fahrt kommen fast zwei Jahre Auftreten des bekannten "Straßenbahn ja, nach Eröffnung noch immer vier bis fünf aber nur nicht bei mir"-Phänomens. Minuten nutzlose Verzögerung zustande. Ebenso konsequent wurde bei allen Dies kostet richtig Geld, denn bei funktio- Neubauten darauf geachtet, den Autover- nierendem Vorrang könnte ein ganzes kehr massiv aus der Stadt zu verbannen: Fahrzeug eingespart oder der Takt ver- Die Stadt gehört den Bürgern, nicht den dichtet werden. Blechkarossen. Diese Komponente fehlt Ein Blick nach Frankreich zeigt: Der hiesigen Planungen komplett. Betrachtet Autoverkehr wird gewollt zurückgedrängt. man alle Neubauten in der Rhein-Main- Sei es, dass einstmals vierspurige Straßen Neckar-Region, muss man fragen, was ist auf zwei Spuren zurückgebaut werden im Umfeld passiert? Wenig bis nichts. oder gar ganz für den Straßenverkehr ge- Durch die Verlängerung der Straßenbahn sperrt wurden. Nicht nur in der Provinz, in Arheilgen ist kein einziges Parkhaus in sondern auch in der Hauptstadt. 1992 in der Innenstadt geschlossen, keine einzige der Île de France, dem Ballungsraum um Straße von vier auf zwei Fahrspuren zu- Paris eingeführt, fährt seit 2006 auch die rückgebaut worden. Noch inkonsequenter erste Linie wieder im Stadtgebiet selbst. war die Inbetriebnahme der Linie 18 in Der Boulevard des Maréchaux wurde dazu Frankfurt. Eine wunderbare Neubaustre- massiv umgebaut. Eine Sensation für eine cke, weitgehend auf eigenem Gleiskör- Stadt, die sonst, wie viele andere Groß- per, aber eine funktionierende Vorrang- städte, am Straßenverkehr fast erstickt. schaltung: Fehlanzeige. Nur ja den Auto- Wer in die Stadt will, soll das gerne verkehr nicht zu weit bedrängen. So tun, aber bitteschön dafür die Straßen- schleicht die Bahn auf eigener Trasse vor bahn nutzen. Also sind an den Stadträn- sich hin und steht sich fast an jeder Ampel dern große P+R-Parkplätze angelegt, zum die Beine in den Bauch. Wer das nicht Teil bewacht und die Straßenbahn fährt Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 41

Inkonsequent: Trotz Straßenbahn ist die Konsequent: Mit der Straßenbahn wurde Friedberger Landstraße in Frankfurt wei- der Boulevard Charles de Gaulle in Petit terhin mit mehreren Fahrspuren eine Ein- Colombes bei Paris von sechs Fahrspuren ladung für jeden Autofahrer. Ohne (davon zwei Busspuren) auf eine Fahrspur Zwangsmaßnahmen wird der Straßenver- je Fahrtrichtung zurückgebaut. Der Stau kehr in der Stadt aber nicht abnehmen. (links) ist gewollt. von dort in dichtem Takt und zu zivilen man keinem Gast zumuten, draußen mit- Preisen (Beispiel Strasbourg: Parkgebüh- ten im miefigen Autoverkehr zu sitzen. ren und eine Hin- und Rückfahrt für alle Insassen, maximal sieben (!) Personen Neue Betriebe allerorten 3,50 EUR. Was kostet noch gleich eine Rückblick: Bis in die 1980er Jahre hin- Einzelfahrt für nur eine Person in ein war die Zahl französischer Straßen- Frankfurt, Darmstadt oder Heidelberg?) bahnbetriebe auf drei gesunken: Lille, in die Stadt. Verwundert es da, dass P+R Marseille und St. Étienne. 1985 beginnt in in Deutschland nicht wirklich funktioniert Nantes der Wandel, 1987 folgt Grenoble, und an Adventssamstagen Autoschlangen 1992 das Pariser Umland, 1994 Rouen vor den Innenstadtparkhäusern warten? und Strasbourg, 2000 Montpellier und Or- Gerne wird in Deutschland auch das léans, 2001 Lyon und 2003 Bordeaux. Argument ‚Einzelhandelskiller‘ bemüht. Bis 2005 sind so in 12 Städten wieder Keine Parkplätze, keine Kunden, so die Straßenbahnen unterwegs und es handelt Standardbehauptung. Ein Blick in die Sta- sich nicht um Eintagsfliegen, denn die bis tistiken offenbart, dass Parkplatzprobleme dahin bestehenden Netze sind nicht nur bei Kunden weit abgeschlagen hinter Ser- gebaut, sondern auch mehrfach erweitert vice, Angebot, Freundlichkeit etc. rangie- worden. In Montpellier sind beispielswei- ren. Wenn Geschäfte schließen, dann liegt se aus den ursprünglichen 15 km inzwi- das im Regelfall nicht an der gebauten schen stattliche 56 km Netz geworden. In Straßenbahn, sondern die Ursachen sind Bordeaux, das 2003 mit 24 km gestartet anderswo zu suchen. Würde man umge- ist, hat der Ausbau 44 km erreicht. kehrt den hierzulande angeführten Argu- Nach 2005, dem Ende der damaligen menten trauen, müssten Frankreichs Innen- Artikelserie, sind elf weitere Netze in Be- städte komplett verödet sein und kein ein- trieb gegangen, 12, wenn man den Spur- ziger Laden dürfte mehr geöffnet haben. bus „Translohr“ in Clermont-Ferrand da- Meist ist das Gegenteil der Fall und insbe- zuzählt. 2006 Mulhouse, Valenciennes, sondere Gastronomen freuen sich über zu- 2007 Le Mans, Nice, 2010 Toulouse, sätzliche Kapazitäten, denn früher konnte 2011 Angers, Reims, 2012 Brest, Dijon, 42 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

Le Havre und in diesem Jahr Ende August legen. Schnöde Pflasterung oder gar ein- Tours. In Bau befinden sich gerade Be- geteerte Gleise sind weitgehend verpönt. triebe in Aubagne und Besançon, sowie Die Straßenbahn hat einen Wert in der fest vorgesehen die Umrüstung in Caen Stadt und das will man auch ausdrücken. von Spurbus auf Straßenbahn. Daneben Rasengleis ist Standard, bei eingedeckten gibt es in fünf weiteren Städten recht kon- Oberflächen dominieren große Steinplat- krete Planungen. Die einzige bislang ge- ten, hell z. B. in Le Mans. In Angers fin- scheiterte Planung findet sich in Toulon. den sich gar Granitplatten im Haltestellen- bereich. Hochkettenfahrleitung? Völlig Fahrzeugdesign undenkbar. Einfachfahrdraht reicht aus. Quasi das Monopol auf Straßenbahn- Ingenieure hierzulande weisen dann gerne fahrzeuge hat der französische Hersteller auf den Strombedarf hin, aber mal ernst- Alstom mit der Citadis-Serie. Bei diesem haft: In Arheilgen fährt alle 7,5 Minuten Fahrzeug, aber auch bei denen der weni- eine Bahn mit Hochkette, in Frankreich gen anderen Anbieter, zeigt sich die Kon- sind zu den Stoßzeiten deutlich kürzere sequenz französischen Designs: Obwohl Zugfolgen üblich und der Verbrauch dor- die Fahrzeuge fast Stangenware sind, tiger Bahnen, die standardmäßig mit Kli- sieht die Bahn in jeder Stadt anders aus, maanlage ausgestattet sind, ist mit Sicher- sei es von der Lackierung oder der Ge- heit nicht anders als in Deutschland. staltung der Kopfform und des Innen- Z. T. geht man sogar soweit und ver- raums. War bislang die Straßenbahn in zichtet komplett auf Fahrdraht, um das Lyon mit ihrem Seidenraupendesign sehr Stadtbild nicht zu verschandeln. Ob das extravagant, gibt es seit 2011 in Reims notwendig ist, ist gelegentlich fraglich. etwas ähnlich Auffälliges: Als Hauptstadt Das APS-System (Alimentation par le der Champagne sehen die Straßenbahnen sol) mit Stromschienenabschnitten in der von vorne, wen wundert es, wie ein Sekt- Gleismitte ist kostspielig und hatte in der kelch aus. Das schafft (siehe oben) eine ersten Anwendungsstadt Bordeaux viele Identität und die Verbundenheit der Be- Anlaufschwierigkeiten zu überwinden. In- völkerung zu ihrer Bahn. Bei den Farben zwischen setzen auch Angers, Orléans, ist es ähnlich, ob "Arc en Ciel" in Angers Reims und Tours das System ein. In Nice oder "Cassis" in Dijon, stets wird darauf hat Alstom Akkus eingebaut, da zwei Ab- geachtet, dass diese zur Stadt passen. Wir schnitte ohne Fahrleitung zu überwinden hingegen haben bereits 2005 gefragt, sind. Rechnet man das Gewicht und den welchen Bezug das "Subaru vista blue" Verschleiß der Stromspeicher ein, muß genannte Türkis der VGF eigentlich zur man fragen, ob Aufwand und Ertrag im Stadt Frankfurt hat und stellen die Frage Verhältnis stehen. So war ein Argument, auch weiterhin. Ergänzen lässt sich in- dass beim Karneval die Fahrleitung im zwischen die Frage, warum die RNV ge- Weg sei. Man hätte hier für die betroffe- rade eine Müllwagen- oder Baustellen- nen Abschnitte eine leicht demontierbare fahrzeugfarbe für ihre Bahnen im Rhein- "Deckenstromschiene" installieren kön- Neckar-Dreieck gewählt hat. Hat die nen. Während des Umzugs ist die Fahrt Straßenbahn dort nur Entsorgungswert? der Straßenbahn ohnehin in dem Bereich Beim restlichen Mobiliar ist man in nicht möglich, so dass eine abgebaute Frankreich auch nicht um Lösungen ver- Fahrleitung nicht weiter gestört hätte. Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 43

Das Umland zieht nach In Bau bzw. Planung sind weitere Projekte. Am weitesten gediehen ist die War in der Anfangszeit die Straßen- Reaktivierung der Bahnstrecke Nantes- bahn nur zur Erschließung der Städte und Châteaubriant. Bis zur Inbetriebnahme Vororte gebaut, kommen nun auch lang- im Februar 2014 fahren die Triebwagen sam Stadtbahnsysteme à la Karlsruhe in im Nahverkehr nach Clisson. Und auch Mode. Bei allen Tram-Train-Modellen ist in Bordeaux ist die Durchbindung der aber jeweils die SNCF mit im Boot, aus- Stadtstrecke auf die Bahnlinie ins Médoc genommen die Anbindung des Flugha- vorgesehen. fens/TGV-Bahnhofs in Lyon. Hier fährt der Landkreis mit eigenen Fahrzeugen, allerdings ist der Außenast keine klassi- sche Eisenbahnstrecke, sondern nur eine besser eingezäunte Straßenbahnstrecke. Die SNCF hat, anders als die meisten Städte, Siemens den Vorzug gegeben. Die meisten Tram-Trains sind derzeit mehr Schein als Sein. Das erste Projekt, die Linie T4 im Pariser Umland ist eine Wo früher der Straßenverkehr drei- bis umgebaute Eisenbahnstrecke. Den 'Ei- vierspurig tobte, ist in Dijon heute eine senbahnteil' der Fahrzeugausstattung be- Fußgängerzone zu finden. nötigen die Bahnen nur, wenn sie ins Be- triebswerk fahren. Der Tram-Train in Fazit Lyon verkehrt hingegen ausschließlich Der Erfolg eines Straßenbahnneubaus auf Eisenbahninfrastruktur, sieht man hängt nicht nur von prognostizierten Fahr- von einer neuen Verbindungskurve ab, gastzahlen ab, sondern stützt sich im We- die für normale Fahrzeuge einen zu en- sentlichen auf eine harmonische Einbin- gen Radius aufweist. Betrieblich wird das dung in das Stadtbild und die zeitgleiche System Eisenbahn nicht verlassen. Der gewollte Verringerung des motorisierten Erfolg des Systems hier ergibt sich ein- Individualverkehrs. Diese Komponenten fach aufgrund der Vertaktung und Ver- werden in Deutschland nach wie vor weit- dichtung des Angebots, sowie kürzeren gehend ignoriert, so dass die Akzeptanz Fahrzeiten durch die Elektrifizierung und neuer Strecken oft nicht gegeben ist und die Verbesserung der Infrastruktur auf erhebliche Verzögerungen bei Bau und den meist eingleisigen Strecken. Planung auftreten. Auch wenn Frankreich Der erste echte Tram-Train fährt in im städtischen Nahverkehr in vielen Fäl- Mulhouse, startet am Bahnhofsvorplatz len ein Sorgenkind war und es im Bereich und benutzt bis Lutterbach die Straßen- des Überlandverkehrs noch immer ist, hat bahngleise. Dort wechselt er auf die das Land gezeigt, wie Schienenprojekte Bahnstrecke nach Kruth, die hierzu bis Anklang bei der Bevölkerung finden und Thann elektrifiziert wurde. Parallel läuft entsprechend rasch umgesetzt werden ein Dieselbetrieb ab Bahnhof über die können. Es ist davon auszugehen, dass Bahnstrecke bis Thann und dort weiter dies nicht der letzte Teil der Artikelserie auf der Reststrecke nach Kruth. sein wird. (hk) 44 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

Ausland Bahnfahren anderswo in Europa Ist der Schienenverkehr in Deutschland wirklich so schlecht?

Im Sommer veröffentlichte die "Alli- (9%). Mit Zuwächsen um 11% lagen Spa- anz pro Schiene" zwei Statistiken, wonach nien und die Schweiz vorne. Nur wurden der Schienenverkehr in Deutschland weit die Netze verglichen, nicht gefahrene Leis- abgeschlagen sei im Vergleich zu anderen tungen. Während hier immer mehr Ver- europäischen Ländern, jedoch mit diversen kehr auf der Schiene fährt und Strecken an Ungereimtheiten. Bei der Investition pro der Leistungsfähigkeitsgrenze ankommen, Kopf landet Deutschland auf Platz 8 von baut Spanien dank EU-Förderung in vielen 9. Ist das wirklich schlecht? Nein. So be- Fällen am Bedarf vorbei, das Bestandsnetz rücksichtigte die Statistik z. B. nicht un- liegt in weiten Teilen weitgehend brach. terschiedliche Bevölkerungsdichten. 2012 Fast das Gesamtnetz der Extremadura steht investierte Deutschland (Platz 8) 51 Euro zur Disposition: kaum Fahrgäste, Strecken pro Person, Österreich (Platz 2) 258 Euro. mit einem täglichen Zugpaar. Trotzdem Aber Deutschland ist doppelt so dicht be- wird eine AVE-Strecke in die Region ge- siedelt. Bei halber Einwohnerzahl muss setzt. Das bringt Punkte in der Statistik pro Kilometer doppelt soviel pro Kopf (Netzausbau), nutzt aber weder den weni- ausgegeben werden; damit sind 258 Euro gen Einwohnern, noch fährt die Strecke je- gar nicht mehr imposant. mals die Kosten wieder herein. Viel wichtiger: Ist das Geld sinnvoll Was nutzen Fahrgästen solche Statisti- angelegt? Der Koralmtunnel in Österreich ken? Wenig. Wichtig ist, dass wir sicher, z. B. verschlingt wohl 2,5 Mrd Euro, wird bequem, in sauberen Wagen, sinnvollen dem Bahnsystem aber nur einige km Stre- Zeiten und mit ordentlichen Angeboten cke bringen. In Deutschland müssen der- zum Ziel kommen. Auch müssen wir uns zeit keine teuren Tunnel gebaut werden, darüber im Klaren sein, dass sich viele Ex- weniger Ausgaben sind daher nötig. Da- trawünsche nicht mit niedrigen Fahrprei- gegen werden Nebenbahnen in Österreich sen vertragen. Guter Service kostet Geld. sträflich vernachlässigt. Aus Kostengrün- In Europa zählen wir eher zu den Spitzen- den haben die ÖBB viele Strecken reitern. Wir beleuchten einige Länder: schlicht den Bundesländern vermacht. Die zogen die Notbremse und so schrumpfte England: Service bei teuren Preisen das Nebenbahnnetz vor ein paar Jahren Bahnfahren ist mit Regelpreisen sehr erheblich. Ist der angebliche Platz 2 bei teuer, über das Preisniveau des Landes hi- den Investitionen daher wirklich besser naus. Einmal "anytime" London-Birming- für das System Bahn als in Deutschland? ham (ca. 200 km) kostet 79 Pfund (93 Die zweite Statistik verglich Entwick- EUR). Frankfurt-Köln ist ähnlich weit und lung von Schienen- und Straßennetz der kostet 69 EUR (direkt)/46 EUR (Rheintal). letzten Jahre. Österreich (11% weniger Günstiger sind "Off-Peak", "Advance" Netz), eben noch ob der Investitionen ge- oder Sparpreise der Bahngesellschaften, lobt, schnitt schlechter ab als Deutschland die aber oft zuggebunden sind. Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 45

man zieht so mit den Fernbussen gleich, was hier bei der DB noch aussteht. In Belgien: Keine Reservierungspflicht (nur Thalys/TGV), Taktverkehr, aber auch durchmischtes Wagenmaterial von Silber- ling-Niveau bis Doppelstock. Die Pünkt- lichkeit ist ähnlich durchwachsen wie in Triebwagen der Reihe 158 von Northern Deutschland. In den Regionen sieht es an Rail in Carlisle. Auf der Carlisle&Settle- Stationen oft trostlos wie hierzulande aus. Railway setzt sich ein Verein für den Fort- Mittel- und Osteuropa fassen wir kurz bestand der Strecke ein und bewirtschaftet zusammen. Das Angebot ist sehr unter- Züge und Stationen. (Fotos: hk) schiedlich, man muss Investitionsrück- stau, Finanzsituation und steigende Auto- Von den Fahrplänen und der Unkom- konkurrenz bedenken, denn leider machen pliziertheit her ist man in der Spitzengrup- die früheren Ostblockstaaten Fehler nach pe. Viele Strecken haben Stundentakt oder ("Freie Fahrt für freie Bürger auf mög- besser, in ländlichen Regionen oft auch nur lichst vielen Autobahnen"), die Westeuro- zweistündlich. Ansonsten gilt wie bei uns pa schon hinter sich hat. Tschechien ver- einsteigen und losfahren. Keine Reservie- sucht z. B. mit geringen Mitteln den Be- rungspflicht und sonstige Verrenkungen. trieb auf den Nebenstrecken (meist etwa Vom Service können wir träumen. Vie- zweistündlich) aufrecht zu erhalten. le Bahnhöfe sind mit Personal besetzt, die, wie das Zugpersonal, stets freundlich und In den Alpen hilfsbereit sind und unaufgefordert anpa- cken, wenn Kunden Hilfe benötigen. Die Bahnfahren in Österreich ist einfach: Freundlichkeit findet sich auch an anderer Fahrkarte kaufen, einsteigen. Der Betrieb Stelle. Wenn selbst Reinigungspersonal auf den Hauptstrecken ist gut, auf Neben- nach dem Fahrtziel fragt, um Kunden das bahnen ist insbesondere am Wochenende richtige Gleis zu weisen, steht man als ein dürftiges Angebot, oft ohne Takt. Vie- Deutscher oft mit offenem Mund da. le Nebenbahnen umfahren jeden Bauern- Ausgenommen einige große Bahnhöfe, hof mit entsprechend niedrigen Geschwin- die von Network Rail betreut werden, sind digkeiten. Defizitäre Strecken gaben die die Stationen in den Händen der Ver- ÖBB an die Bundesländer ab. Dort hing kehrsunternehmen (wie z. B. Scotrail) und es wie bei uns von der politischen Couleur fast immer sehr gepflegt. Personal vor Ort und der Verkehrspolitik ab, ob und wie wirkt sich eben aus, z. T. sorgen Bahn- diese Strecken weiterbetrieben werden. steigsperren dafür, dass sich nur er- Über den Vorreiter Schweiz muss man wünschte Kunden aufhalten. Aber diese wenig sagen. Fahrkarten sind zwar teuer, Qualität hat ihren Preis und der schlägt aber anders als in England nicht über die sich auch in den Fahrkarten nieder. Kaufkraft hinaus und dank weit verbreite- Fahren in Irland ist ähnlich unkompli- ter Rabattkarten (die im Gegensatz zu ziert. Der Wagenpark ist modernisiert, das Deutschland bei fast allen Verkehrsträgern (nicht besonders dichte) Netz in gutem Zu- gelten) fahren die wenigsten Kunden zum stand und es gilt "Einsteigen und Losfah- Vollpreis. Auch die Nutzung von Jahres- ren". In allen Zügen ist Internet gratis und netzkarten ist wesentlich ausgeprägter. 46 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

Interessant ist, dass die Nachfrage nicht dann quasi Nahverkehrsfunktion. Dort ist vom Wagenpark abhängt. Dem Wahn, bei Reservierungspflicht kontraproduktiv und jeder Ausschreibung nur neueste Züge ein- verhindert spontanes Reisen. Zudem ist zusetzen, hängt man in der Schweiz nicht das Fahrzeug TGV nicht für Nahverkehr nach. Die Fahrgastzahlen zeigen, dass ausgelegt. Mit dem TGV stiegen die Fahr- Kunden vor allem wegen einem dichten, gastzahlen, aber zur Bahnfahrernation wur- stimmigen und vernetzten Angebot den den die Franzosen dadurch nicht. Der typi- ÖPNV nutzen und nicht, weil eine Bahn sche Fahrgast steigt ein, bleibt mitten im auf einmal blau statt grün gestrichen ist. Vorraum stehen, blockiert die nächsten Reisenden und sucht dann umständlich sei- nen Platz: Fahrgastwechselzeiten von fünf Minuten sind beim TGV nicht selten. Im konventionellen Fernverkehr gibt es den IC und die Marke Téoz, nichts an- deres als modernisierte Wagen, aber leider auch mit Zwangsreservierung und den da- mit verbundenen Unannehmlichkeiten. Seit kurzem macht sich die SNCF im Billigsektor selbst Konkurrenz. Als 'Ouigo' Die Strecke nach Markt St. Aegyd gehör- fahren Lowcost-TGV ohne 1. Klasse und te zu den ersten, die von Niederösterreich Speisewagen. Ticketkontrolle am Bahnhof nach der Übernahme von den ÖBB still- und Halte oft in der Peripherie, da die Sta- gelegt wurden. tionsgebühren niedriger sind. Tickets gibt es nur online und bieten weder Anschlüs- Hochgeschwindigkeit und Stolpertakt se, noch Fahrgastrechte bei Anschlussver- Frankreich ist sehr zwiespältig. Der lust. Man muss prüfen, ob der günstigere auf Paris ausgerichtete Zentralismus zeigt Preis wirklich ein Schnäppchen ist. Aber sich auch im Bahnverkehr. Dünne Besied- hierzulande wird auch nur der Flugpreis lung macht Bahnverkehr in der Region oft ab "Frankfurt"-Hahn gesehen, ohne den schwierig: Es gibt Strecken mit nur zwei Bus in den Hunsrück einzukalkulieren. oder drei Zugpaaren. Je nach Region hat Im Land der Sterneköche ist das Spei- sich das Angebot aber schon gebessert und senangebot im Fernverkehr unterirdisch. seit wenigen Jahren hat das Prinzip Takt- Außer auf ein paar labberige Sandwiches verkehr auch die Grande Nation erreicht, oder in der Mikrowelle aufgewärmte Fer- der nun nach und nach kommt. Jedoch tiggerichte zu überteuerten Preisen sollte ändert das oft nichts an der Angebots- man nicht spekulieren. dichte: Einmal am Tag ist auch ein Takt. Im TGV galt schon immer Reservie- Bis an die Algarve rungspflicht, nicht tragisch, wenn Züge im In Portugal kann man trotz der Finanz- dichten Takt auf den Schnellfahrstrecken situation im Land und dem im Vergleich fahren. "Leider" fährt der TGV immer wei- zu früher ausgedünnten Netz auf ein relativ ter in die Region – Bürgermeister fühlen gutes Angebot zugreifen. Das zeigt sich sich geehrt, wenn einmal am Tag im Dorf auch bei den Fahrgastzahlen. Die Vorort- der Vorzeigezug hält – und übernimmt strecken in Porto und Lisboa sind ohnehin Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 47 dicht befahren, auch in den Regionen sind was zu weiterer Landflucht führt. Wird im oft (angenäherte) Stunden- oder Zweistun- Altnetz modernisiert, führt das u. U. zu dentakte zu finden. Fernverkehr (IC/Alfa solchen Stilblüten, dass Abschnitte für 200 Pendular) ist reservierungspflichtig, im Re- km/h ausgebaut sind, aber dann pro Tag gelfall gibt es kurzfristig noch Fahrkarten. zwei Triebwagen die Strecke abfahren. Hauptproblem und Kern des spani- schen Bahndesasters sind die Zugangs- hemmnisse. Wer dort einmal eine Reise geplant hat, wird nächstes Mal lieber den Fernbus nehmen. Was überall Standard ist, darf man in Spanien getrost vergessen: 1. Keine Anschlüsse, zumindest keine unter 60 Minuten Umsteigezeit und bis Der Fernverkehr abseits französischer vor kurzem gab es auch keine Tickets da- Magistralen wird immer weiter ausge- für. Was in Frankfurt mit zehn Minuten dünnt. Inzwischen gibt es Verträge mit den klappt, ist auf spanischen Dorfbahnhöfen Regionen über die Weiterführung solcher mit drei Gleisen völlig undenkbar. Seit Angebote. So wird wohl auch der Cévenol zwei Jahren gibt es wenige Umsteigebe- (hier in St Georges d'Aurac) weiterfahren, ziehungen zwischen bestimmten Zügen aber auf Triebwagen umgestellt. mit "europäischen" Umsteigezeiten. 2. Die Fahrplanauskunft findet keine Ein Problem sind internationale Ver- Umsteigeverbindungen bzw. nur, wenn es bindungen: Um nach Portugal zu kom- keine direkten Züge gibt. Von Darmstadt men, muss man durch Spanien. Es gibt nach ? Dann böte die spanische Aus- nur noch den Übergang Porto-Valença-Vi- kunft nur einen Zug an, den ICE-Sprinter go im Tagesverkehr. Die zweite Verbin- und verschweigt, dass man auch stündlich dung Guarda-Salamanca wird nur vom mit Umstieg in Frankfurt nach Berlin kä- Nachtzug Lisboa–Irun/Madrid bedient. So me. S-Bahnen sind nur in getrennten Aus- bleibt für die Einreise oft nur der Fernbus. künften abfragbar. Die großen Fernbusbe- Zum Abgewöhnen: Spanien treiber in Spanien haben hingegen ein ge- meinsames Buchungsportal aufgesetzt. Die spanische Eisenbahn ist ein Aben- 3. Fahrplangestaltung. Dazu zählt nicht teuer für sich. Die Renfe steht attraktivem einmal, dass das Netz wenig befahren ist, Schienenverkehr im Weg. Das zeigt sich in aber oft hat man den Eindruck, dass die den Nutzungszahlen. Spanier fahren halb Renfe heute nicht weiß, wie morgen ihre so viele Kilometer Bahn im Jahr wie Deut- Züge fahren. Es ist nicht selten, dass Ver- sche. Das kommt von verfehlten Investitio- bindungen erst 14 Tage vorher angezeigt nen und entsprechendem Bauwahn. Spa- werden. Nur fallen Bauarbeiten nicht so nien rühmt sich mit dem längsten Hochge- kurzfristig vom Himmel und oft unter- schwindigkeitsnetz Europas, aber weder scheiden sich die neuen Zeiten noch nicht sind die Fahrgastzahlen ausreichend, noch einmal von den vorigen. Eine verlässliche eine Netzwirkung vorhanden und mit so Planung ist das nicht. Bei uns würde man mancher Neubaustrecke werden die Alt- einfach den nächsten Zug nehmen, in strecken im Personenverkehr aufgegeben, Spanien heißt das meist: Einen Tag später. 48 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013

5. Unsinnige Zugangssperren. Die Ren- fe sieht sich eher als Fluggesellschaft: Im Hochgeschwindigkeitsverkehr sind Bahn- höfe abgeriegelte Sicherheitsbereiche. Zu- gang erhält nur, wer am Check-In die pas- sende Fahrkarte vorgezeigt und sein Ge- päck einem Röntgenscan unterzogen hat: Dieses Secutainment ("Security Entertain- Unsinnige Reservierungspflicht: In Vitoria ment") macht Bahnfahren nicht wirklich aus Palencia angekommen, wurde aus dem sicherer: Auf einem Bahnhof erfolgt die reservierungspflichtigen Regionalexpress komplette Security-Show, im nächsten ein reservierungsfreier Regionalzug nach Ort steigen Fahrgäste völlig unkontrolliert Irun. Weder änderte sich das Serviceni- mit der Bombe im Koffer zu. veau noch der Füllungsgrad des Zuges. 6. Fahrzeiten. Die Renfe hat scheinbar Dünne Besiedelung macht gute Fahr- keine Ahnung von Zeitplanung. Von 15 pläne schwierig, aber selbst bei genügend Minuten zu früh bis 15 zu spät ist alles Potential hat die Renfe keine Lust: 100 km drin: Es geht sogar soweit, dass ein Zug trennen Sevilla (700.000 Einw.) und Huel- pünktlich startet und nach wenigen Kilo- va (147.000), etwa Frankfurt–Heidelberg. metern fünf Minuten Verspätung hat, oh- Auf der Strecke in Spanien fahren nur drei ne Bauarbeiten oder sonstige Probleme. Züge am Tag. Kein Potential? Dann wür- In Deutschland beschweren wir uns den die privaten Buslinien nebenan sicher schon bei kleinen Verspätungen. Auf un- nicht minimal im Stundentakt fahren. Ver- serem stark belasteten Netz, auf dem Züge wundert es da, wenn auf dem Bahnhof in mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten Sevilla weniger Betrieb herrscht als auf und Halten fahren, erstaunt es, dass viele hessischen Kleinstadtbahnhöfen? Züge nur so wenig Verspätung haben. 4. Jeder Zug hat Reservierungspflicht, Wer in Spanien erlebt hat, wie bei zwei außer R- und S-Bahn. Egal ob AVE oder Zügen am Tag und ansonsten freier Stre- RE, spontanes Bahnfahren: unmöglich. cke aus 0 Minuten 65 Minuten Verspä- Für die wenigen Züge, die fahren, gibt es tung werden, wird den Verkehr in Resteu- eine Vielzahl an Zuggattungen, R, RE, ropa mit ganz anderen Augen betrachten. MD, Avant, Alvia, Ave, Arco, IC etc. Fast 7. Entschädigungen: Auf Schnellfahr- jeder Zug hat eine eigene Bezeichnung und strecken gibt es z. T. schon ab fünf Minu- sie ist inkonsistent zur Reservierung. In ten Geld zurück. Kunststück: Auf einem Katalonien ist fast alles außer der Schnell- isolierten Netz mit homogenen Zugfahrten, fahrstrecke reservierungsfrei. Anderswo wo weder Anschlüsse abgewartet, noch ist es selbst innerhalb einer Region völlig Verspätungen aus dem Altnetz einge- unterschiedlich. Beispiel „Media Distan- schleppt werden, fährt jeder pünktlich. cia“: Von Vigo nach A Coruña fahren Was nutzen 300 km/h Madrid-Barcelona MD mit und ohne Reservierung. Von Pa- nonstop, wenn vorher 60 Minuten Umstei- lencia nach Valladolid: Es kommt vor, gezeit fällig sind? Auch sind die Fahrzei- dass die niederwertige Gattung Regional- ten so üppig, dass Verspätungen im Re- express eine Reservierung benötigt und gelfall nicht auftreten. Das geht hier auch: der folgende IC frei zugänglich ist! Einfach die ICE-Fahrzeit Frankfurt–Stutt- Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 49 gart von 1:30 auf 2h strecken und schon Bahn hat ähnliche Probleme und Ausfälle wären öffentlichkeitswirksame Geld zu- zu bewältigen, nur dringen diese Fälle rück-Garantien möglich. Wollen wir das? nicht zur hiesigen Presse vor oder sind vor Fazit: Die Bahn in Deutschland ist Ort schlichtweg keine Meldung wert. nicht so schlecht, wie uns die Presse oft Schlechter Bahnverkehr anderswo ist suggeriert. Internet und "Leserreportern" kein Argument, hier keine Verbesserungen sei Dank wird nur jeder Pups zur nationa- zu fordern. Aber wir müssen auch überle- len Katastrophe aufgeputscht. Merkwür- gen, ob Wünsche realistisch und zu vertret- dig, dass Zeitungen nicht voll sind mit täg- baren Kosten umsetzbar sind. Ein 15-Mi- lichen Autobahnstaus und ähnlichem. nuten-Takt auf allen Strecken in Hessen Selbst Fluglotsenstreiks mit Ausfall aller rund um die Uhr, mit besetzten Bahnhöfen, Flüge sind nur kleine einspaltige Artikel beheizten Warteräumen und Sitzplätzen wert. Im Vergleich zu anderen Ländern für alle wäre ein schönes Ziel. Ist es aber brauchen wir uns nicht zu verstecken. Jede finanzierbar und auch sinnvoll? (hk)

Bahngeschichte Der Kampf um Fahrgäste in Bad Homburg Zum Ausblick noch ein Rückblick: Wie war es vor 60 Jahren?

Die Einführung des ersten Taktfahrpla- nes im Raum Frankfurt, damals noch „Starrer Fahrplan“ genannt, war ein großer Wurf, der Verkehrsverhältnisse brachte, die es vorher nicht gab – und denen man- cher heute noch nachtrauert. Mit Beginn des Sommerfahrplans am 23. Mai 1954 nämlich wurde alles grundlegend neu ge- staltet: Die Strecken von Frankfurt Hbf nach Bad Homburg und nach Kronberg erhielten einen gemeinsamen Fahrplan. Bahnhof Oberursel in den 50er Jahren Im Hauptbahnhof wurde das Gleis 14 (Fotos: Gerhard Hofmann) fast ausschließlich von den in den Taunus fahrenden Zügen der neuen Gattung N = In Bad Homburg betrug der Aufenthalt 15 Nahschnellverkehrszug benutzt. Bei einer Minuten, der ggf. zum Wasserfassen der Fahrzeit von 25 Minuten waren die Auf- Dampflok und zum An- oder Abhängen enthalte an den Endpunkten relativ kurz: von Wagen benutzt wurde. Längere Pau- Im Hbf. fuhr der Zug nach Bad Homburg sen entstanden allerdings dadurch, dass die zur Minute 11 und 41 aus – der Gegenzug Züge nach Kronberg außerhalb der Haupt- von dort kam 16 und 46 an und fuhr zur verkehrszeiten nur stündlich verkehrten. Minute 26 und 56 nach Kronberg aus – Auf der Homburger Strecke gab es da- fünf Minuten später kam der Gegenzug gegen noch zusätzliche Personenzüge nach und das Spiel begann von vorne. oder Wetzlar. Im Berufsverkehr 50 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 fuhren sogar halbstündlich (aus den Glei- ben „Donnerbüchsen“ (zweiachsig), von sen 1 oder 23/24) weitere Züge nach Usin- denen die erste mit Sichtfenster und Füh- gen-Weilburg oder Friedberg, die in Ober- rerstand für den Lokführer ausgerüstet ursel zum ersten Mal hielten. Für die Pend- war. Bei der Talfahrt war die Diesellok im ler wurden dadurch Fahrzeiten erreicht, die Sommer unbemannt. nahe an den heutigen S-Bahn- und Tau- Auf den anderen Strecken, die von nusbahn-Fahrzeiten lagen, z. B. bis Bad Frankfurt ausgehen, wurden im Berufs- Homburg 22 und bis Usingen 60 Minuten! verkehr beispielsweise nach Gießen, Lim- burg oder Niederlahnstein zusätzlich zu den hier verkehrenden Eilzügen ebenfalls einige schnelle Züge eingesetzt, die bis Friedberg nur in Bad Vilbel oder bis Nie- dernhausen und Wiesbaden nur in Frank- furt-Höchst anhielten.

Auch setzte man hier erstmals Wende- Wendezugbegegnung in Oberursel züge ein. Insgesamt gab es davon sechs Diese waren an den Abfahrttafeln und Stück, von denen fünf im Umlauf waren, Aushangfahrplänen dadurch gekennzeich- einer stand als Reserve im Hauptbahnhof net, dass das Wort Nahschnellverkehrszug bereit. Zwei dieser Züge waren aus je ei- bzw. „N“ diagonal rot durchstrichen war. ner Dampflok (BR 78), einem umgebau- Ein Taktfahrplan war aber ausschließlich ten D-Zug-Wagen als Steuerwagen und je auf den Strecken im Vordertaunus einge- nach Uhrzeit mit ein bis drei Umbauwa- führt worden. Somit sind die Linien gen-Einheiten zusammengestellt. Die Frankfurt –Bad Homburg und Frankfurt– „Steuerung“ der Lok bei Schiebebetrieb Kronberg die Ersten im Rhein-Main-Ge- erfolgte über Maschinen-Telegraf (auf der biet, die schon 24 Jahre, bevor hier die S- Lok war dann nur noch ein Mann). Bahn eröffnet wurde, ein Zugangebot von Die vier weiteren hatten als Zugma- ähnlicher Qualität aufweisen konnten. schine eine Diesellok der Baureihe V80 (Helmut Lind/Walter Söhnlein) und bestanden zeitweise aus drei bis sie-

Fahrplanauszug vom Sommer 1953 Sonderbeilage zur Fahrgastzeitung Nr. 100 / November – Dezember 2013 51

Das Allerletzte Der nächste Winter kommt bestimmt …

„Ach was, für richtige Eisenbahnabenteuer fragen Sie mal den da! ( © Gerd Windenroth)

Neulich im ICE von Stuttgart nach Dortmund die Durchsage: „Sehr verehrte Damen und Herren, unser Zug hat zurzeit eine Verspätung von zehn Minuten. Der ICE 314 nach Berlin Zoo über Mannheim und Frankfurt kann leider nicht mehr erreicht werden.“ Die Fahrgäste im Abteil zuckten zusammen. Unmittelbar danach kam eine zweite Durchsage: „Hier spricht der Lokführer. Der ICE 314 nach Berlin Zoo über Mannheim und Frank- furt wird noch erreicht.“ Erleichtertes Aufatmen im Abteil. Dritte Durchsage unmittelbar danach: „Hier spricht die Zugführerin. Die Verkehrsleitstelle – ich wiederhole – die Verkehrsleitstelle hat mir mitgeteilt, dass der Anschluss zum ICE 314 nach Berlin Zoo über Mannheim und Frankfurt nicht erreicht werden kann.“ Irritation und verständ- nislose Blicke im Abteil. Als Antwort kam jedoch gleich die nächste Ansage: „Hier spricht noch einmal der Lokführer. Der ICE 314 nach Berlin Zoo fährt derzeit hinter uns und auf demselben Gleis und wird uns vermutlich nicht überholen“. Die Folge war großes Gelächter und Erleichterung im Abteil. Danach kamen keine weiteren Durch- sagen mehr, auch keine neuen Infos aus der Verkehrsleitstelle. (wb) Titelseiten aus 17 Jahren