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Stadtumbau Gelsenkirchen-City Dokumentation 2004–2018

1 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Stadtumbau City | Dokumentation 2004–2018

IMPRESSUM

HERAUSGEBER Stadt Gelsenkirchen

VERANTWORTLICH Referat Stadtplanung, Koordinierungsstelle Stadterneuerung, Janine Feldmann, Goldbergstraße 12, 45889 Gelsenkirchen

TEXT UND REDAKTION Stefan Niehues, Gelsenkirchen Birgit Wend, Wolfram Schneider, Gelsenkirchen

FOTOS Stadt Gelsenkirchen, Cornelia Fischer, Caroline Seidel, Birgit Wend, Christine Wolf, Christoph Janot, Wolfram Schneider, Andreas Weiss, Stadt Gelsenkirchen

KARTENGRUNDLAGEN Stadt Gelsenkirchen

LEKTORAT, LAYOUT UND SATZ brand.m GmbH, Gelsenkirchen

Diese Veröffentlichung ist als pdf-Download abrufbar unter: www.Stadterneuerung-Gelsenkirchen.de

2 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Stadtumbau City | Inhalt

Inhalt

Grußworte 04 Sabine Nakelski, Ministerialrätin und Martin Harter, Stadtbaurat

1. Förderprogramm Stadtumbau West 06 Genutzt: eine Chance für die Gelsenkirchener City

2. Historischer Rückblick 07 Die Entwicklung Gelsenkirchens vom Dorf zur Stadt

3. Der Strukturwandel 08 Herausforderungen für eine Stadt im Ruhrgebiet

4. Das Forschungsprogramm ExWoSt 10 Experimenteller Wohnungs- und Städtebau

5. Erneuerung in der Modellphase 15 Das Programm Stadtumbau West 2004 bis 2007

6. Das Experiment wird zur Regel 43 Die Förderphase 2008 bis 2012

7. Weiterführung der Regelförderung 60 Stadtumbau West 2013 bis 2019

8. Bewertung und Perspektiven 68 Janine Feldmann, Leiterin der Kordinierungsstelle Stadterneuerung Gelsenkirchen

9. Maßnahmenübersicht 69

Der Georgshain auf dem Heinrich-König-Platz (2017) 3 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Stadtumbau City | Grussworte

Das Erreichte stabilisieren Sabine Nakelski, Referatsleiterin im MHKBG NRW

handelsgeschäfte verschwanden und wurden besten- falls durch Ein-Euro-Shops ersetzt, zahlreiche Woh- nungen standen leer, der öffentliche Raum verwahr- loste, er war nicht mehr Begegnungsort einer städti- schen Öffentlichkeit; die hohe Arbeitslosigkeit prägte zunehmend das Stadtbild, städtisches Flair ging verloren.

Aufgrund der Initiative der Stadt, unterstützt von en- gagierten Vertretern des Einzelhandels, wurde Gel- senkirchen 2004 in die Modellphase des Förderpro- gramms Stadtumbau West aufgenommen, und das Die Stadt Gelsenkirchen gehörte zu den ersten Handlungsfeld der City schließlich um die Satelliten- Städten in Nordrhein-Westfalen, die aus dem 2004 projekte des ehemaligen Güterbahnhofs Schalke-Süd gestarteten Städtebauförderungsprogramm „Stadt- und die Wohnsiedlung Tossehof erweitert. umbau West“ Fördermittel erhalten haben: für die Brachflächenreaktivierung der Zeche Graf Bismarck Nach nunmehr 15 Jahren engagierter Arbeit hat sich und die Aufwertung der Innenstadt. Damit wurden nicht nur das Erscheinungsbild, sondern auch die An- direkt zwei der wichtigsten Themen des Stadtumbaus gebotsstruktur der Innenstadt Gelsenkirchens deutlich deutlich, die Wiedernutzung der durch den Struktur- verbessert. Neue Läden, geschmackvoll erneuerte Fas- wandel nicht mehr genutzten Industrie- und Gewer- saden, das Hans-Sachs-Haus als „gute Stube“ der Stadt bebrachen und die Stärkung der Innenstädte, die mit und ein vielfältig gestalteter, den Bedürfnissen der der in der Folge des Arbeitsplatzverlustes zurückge- Menschen angepasster öffentlicher Raum prägen die henden Kaufkraft und gleichzeitigem Wandel der Ein- City. Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs zelhandelsstruktur umzugehen haben. ist ein neues citynahes Wohngebiet entstanden, die Wohnsiedlung Tossehof ist bundesweit zum Vorzeige- Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und projekt gelungener Erneuerung geworden. Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen un- terstützt mit aufeinander abgestimmten Förderin- In den kommenden Jahren wird es darum gehen, das strumenten der Städtebau- und Wohnungsbauför- Erreichte zu stabilisieren und die City auch in den Ne- derung die qualitative Aufwertung von Quartieren benlagen aufzuwerten. Nach Abschluss der großen mit dem Ziel, die Lebensqualität in diesen Quartieren Projekte Heinrich-König-Platz und Ebertstraße sollte zu verbessern. Auch die von den wirtschaftsstruktu- der künftige Schwerpunkt auf der Verbesserung des rellen Veränderungen besonders betroffenen Städte Wohnens für alle Generationen liegen. Das Ministe- und Gemeinden müssen für ihre Bürger und Bürge- rium unterstützt den ehrgeizigen und umfassenden rinnen ein Umfeld bieten können, das die im Grund- Ansatz der Stadterneuerung in Gelsenkirchen, gesetz garantierte Gleichwertigkeit der Lebensver- möchte alle Bürgerinnen und Bürger ermutigen, sich hältnisse sichert. In der Gelsenkirchener City waren weiterhin in die Erneuerungsprozesse einzubringen, die Folgen des mit dem Niedergang von Kohle und damit im Ergebnis möglichst viele Gelsenkirchener Stahl verbundenen Verlustes an Arbeitsplätzen und ein bisschen stolz sein können auf ihre deutlich Einwohnern überall spürbar. Alteingesessene Einzel- schöner gewordene Innenstadt.

4 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Stadtumbau City | Grussworte

Dank an alle Beteiligten Martin Harter, Stadtbaurat der Stadt Gelsenkirchen*

Ganz wichtig dabei: das Stadtumbaubüro City, das die Stadt Gelsenkirchen eingerichtet hat. Hier standen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereit, um (städte-)bauliche Konzepte zu entwickeln, sie mit allen Beteiligten abzustimmen, Anregungen aufzu- nehmen und Macher des Umbauprozesses zu sein.

Das gemeinsame Bestreben aller Entscheidungsträ- ger in Stadtplanung, Wirtschaft, Kultur und Bildung konnte eine positive Entwicklung der Stadt in Gang setzen. Gelsenkirchen ist ein gutes Beispiel für den Erfolg, wenn Bürger, Politik und Verwaltung eng Die Gelsenkirchener City erlebt seit 2005 einen zusammen arbeiten. langfristigen Prozess der Stadterneuerung. Die Umgestaltung der Gelsenkirchener Innenstadt war Die Stadterneuerung hat dabei die wichtige Funktion und ist eine enorme und wichtige Aufgabe. Sie hat erfüllt, für die Bürgerinnen und Bürger die Verände- Jahre erfordert und zahllose Menschen haben dazu rungen sichtbar zu machen und in enger Kooperation beigetragen. mit allen Beteiligten spürbare Verbesserungen des Lebensalltags zu erreichen – nicht nur in der City, Und auch wenn so grossartige Erfolge wie der Umbau aber vor allem dort. des Hans-Sachs-Hauses oder der neue Heinrich- König-Platz in der historischen Mitte der Stadt zu Stadterneuerung ist eine Langzeitaufgabe und so verzeichnen sind, abgeschlossen ist diese Aufgabe nutzt die Stadt die Möglichkeiten des Stadtumbaus, im Grunde nicht, weil ein solcher Wandel ja nie auf- um eine höhere Attraktivität und eine positive so- hört. ziale Entwicklung in Gelsenkirchen zu erreichen.

Der Prozess des Umbaus wäre nicht so erfolgreich Ich möchte mich bei allen Beteiligten bedanken, verlaufen, wenn er nicht auf der Grundlage eines in- angefangen beim Bund und dem Land NRW, dann tegrierten Handlungskonzeptes erfolgt wäre. Hier bei der Verwaltung und der Politik der Stadt Gelsen- wurde die Investition in bauliche Maßnahmen gezielt kirchen und natürlich bei allen engagierten Bürge- durch soziale und wirtschaftsfördernde Projekte ab- rinnen und Bürgern. Sie alle haben durch ihr bemer- gerundet – in diesem Zusammenspiel liegt ein Schlüs- kenswertes Engagement diese Erfolgsgeschichte erst sel für das Gelingen des gesamten Erneuerungspro- möglich gemacht. zesses in Gelsenkirchen.

Von der Initiative der Stadt, das Förderprogramm „Stadtumbau West“ zunächst als Modellversuch in die Stadt zu holen, ging ein wichtiges Signal aus. * bis 11/2019

5 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 1. Förderprogramm Stadtumbau-West

1. Förderprogramm Stadtumbau-West Genutzt: eine Chance für die Gelsenkirchener City

Die Mitte der Stadt: der neue Heinrich-König-Platz (Jahr)

Mit der deutschen Vereinigung 1989 kamen neue nehmend nicht mehr ausgelastet. Vielfach brachte der umfangreiche Herausforderungen auch auf die Stadt- Leerstand nicht nur keine Einnahmen, er kostete Geld. entwicklung zu, die nur mit unterstützenden Förder- Insgesamt wurden in den neuen Bundesländern rund programmen auf Bundesebene bewältigt werden 300.000 Wohnungen abgerissen. Darüber hinaus er- konnten. 2002 wurde in den fünf östlichen Bundes- folgten Aufwertungsmaßnahmen in städtebaulich ländern und Berlin das Bund-Länder-Programm prägenden Stadtgebieten. Hierzu gehörten auch die „Stadtumbau Ost – für lebenswerte Städte und attrak- Sicherung von historisch wertvollen Altbauten sowie tives Wohnen“ gestartet. Mit dem Programm sollten der Rückbau und die Anpassung städtischer Infra- die Lebens-, Wohn- und Arbeitsbedingungen in ost- strukturen. Auf Anregung politischer Vertreter aus deutschen Städten und Gemeinden nachhaltig ver- entwicklungsschwachen Regionen der westdeutschen bessert werden. Ansatzpunkte waren die Stärkung Bundesländer wurde 2004 das Programm „Stadtum- der Innenstädte und der Erhalt von Altbauten, der bau West“ zunächst in einer Modellphase des „Experi- Abbau von Wohnungsleerstand sowie die Aufwertung mentellen Wohnungs- und Städtebau“ (ExWoSt) auf- der von Schrumpfungsprozessen betroffenen Städte. gelegt. Der Handlungsschwerpunkt lag hier auf der Entwicklung einer wirtschaftlichen Perspektive der Aufgrund starker Wanderungsbewegungen nach Regionen und nicht im flächenhaften Abriss leerste- 1989 lag der Programmschwerpunkt in den östlichen henden Wohnraums. Das Programm konnte in den Bundesländern auf dem Abriss leerstehender Woh- westlichen Bundesländern auf Erfahrungen komple- nungen insbesondere in den großen Plattenbauge- xer Planungsprozesse zurückgreifen. Die Entwicklung bieten. Neben den sozialräumlichen Folgen hoher und Erprobung modellhafter Methoden wurde erwar- Leerstände war dies auch eine ökonomisch begrün- tet und unterstützt. Seit 2017 wird der Stadtumbau dete Entscheidung. Die technische Infrastruktur, d.h. in einem bundeseinheitlichen, gemeinsamen Pro- Wasser und Abwasser war in manchen Quartieren zu- gramm weitergeführt. 6 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 2. Historischer Rückblick

2. Historischer Rückblick Die Entwicklung Gelsenkirchens vom Dorf zur Stadt

Das Gebiet der Stadt Gelsenkirchen war bis zur senkirchen und Buer sowie dem Horst zur Groß- Mitte des 19. Jahrhunderts durch ländliche Sied- stadt Gelsenkirchen mit 340.000 Einwohnern führte. lungsformen geprägt. Mit der Industrialisierung – die wesentlich vom Steinkohlebergbau getragen Mit dem Aufbau des Kohle- und Chemie-Verbundes in wurde – und dem einsetzenden wirtschaftlichen Auf- Horst und Scholven in den Jahren von 1933 bis 1945 schwung kam es zu einer enormen Bevölkerungsex- wurden in den nördlichen Stadtteilen weitere groß- plosion, die in (Alt-)Gelsenkirchen einen Anstieg der flächige und kriegswichtige Industrieanlagen ge- Einwohnerzahl von 54.600 im Jahre 1885 auf baut, deren Zerstörung im Krieg riesige Schäden 147.000 im Jahre 1905 bewirkte. Die Stadtentwick- hinterließ. Insbesondere die Industriestandorte, aber lung wurde durch die Standortentscheidungen der auch über 50 % des Wohnungsbestandes, sowie zahl- Industrie bestimmt, die vorhandenen bäuerlichen reiche öffentliche Einrichtungen wurden zerstört. Siedlungen wurden überformt. Der notwendige Wohnraum wurde durch private Unternehmer und Die Einwohnerzahl war während des Krieges auf den Bau von Werkssiedlungen geschaffen, die von 170.000 Einwohner gesunken. Nach Kriegsende kam den Großunternehmern für die Stammbelegschaft in es mit dem Zustrom von Flüchtlingen bald wieder zu unmittelbarer räumlicher Nähe zu den Arbeitsstätten einem Anstieg der Bevölkerung auf rd. 250.000 Ein- errichtet wurden. wohner. Die Bautätigkeit konzentrierte sich wegen der großen Wohnungsnot in den Nachkriegsjahren auf die Die Industrie weitete sich fast auf das gesamte heu- Errichtung von i.d.R. einfachen Wohnungen sowie die tige Stadtgebiet aus. In der Hochzeit des Steinkohle- Wiederherstellung von Infrastruktureinrichtungen. bergbaus gab es in Gelsenkirchen rund 40 Zechen- standorte. In räumlicher Nähe wurden von 1870 bis Einen neuen Aufschwung erlebte die Region mit dem 1914 durch die Betreiber ca. 60 Arbeitersiedlungen Anstieg der Förderung der Steinkohle und der Stahl- gebaut. Hinzu kam der Bau weiterer Wohngebäude produktion in den 50er Jahren. Die Bevölkerung von im Stadtgebiet. Daneben wurde auch in administrati- Gelsenkirchen wuchs in diesen Jahren bis 1962 auf ver Hinsicht ein Konzentrationsprozess verfolgt, der fast 400.000 Einwohner an. im Jahr 1928 zum Zusammenschluss der Städte Gel-

Künstlerische Ansicht Gelsenkirchens in der Phase der Industrialisierung des späten 19. Jahrhunderts 7 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 3. Strukturwandel

3. Der Strukturwandel Herausforderungen für eine Stadt im Ruhrgebiet

Bereits in den 1960er Jahren begann der Prozess des Strukturwandels, d.h. des Rückgangs der Produk- tion von Kohle und Stahl, bedingt u.a. durch die Kon- kurrenz des billigeren Energieträgers Erdöl. Mit dem Strukturwandel ging ein seit dieser Zeit erneuter kontinuierlicher Bevölkerungsverlust einher: von fast 400.000 Einwohnern in den 60er Jahren auf heute rd. 265.000 Einwohner. Mit den hohen Arbeits- platzverlusten (allein im Zeitraum 1990 bis 2000 von fast 24%) und einer entsprechend hohen Arbeitslo- senquote wurde die Lage auf dem Gelsenkirchener Arbeitsmarkt äußerst problematisch. Seit den 60er Jahren hat die „Stadt der tausend Feuer“, wie Gel- senkirchen gerne bezeichnet wurde, ihre gesamte montanindustrielle Basis verloren. Sie war damit eingebunden in den weitreichenden und tiefgreifen- den Strukturwandel, der für das gesamte Ruhrgebiet in diesem Zeitraum die Entwicklung bestimmte. Im Zentrum des Ruhrgebiets befand sich die Großstadt Blick auf die Propsteikirche St. Augustinus Gelsenkirchen in dessen geografischem Mittelpunkt. und den Neumarkt in den 1970er Jahren Die ehemaligen Industriestandorte boten hier die Chance für Neuentwicklung und Revitalisierung.

IBA-Emscherpark In den Jahren 1989 bis 1999 fand die Internatio- nale Bauausstellung „IBA Park“ statt. Ihr Ziel war es, zu verschiedenen Leitthemen einen um- fassenden Imagewandel der Ruhrregion in Gang zu setzen und damit Anreize für neues Wachstum zu geben. Neben dem Leitprojekt des Emscher-Land- schaftsparks ging es dabei um die Nachnutzung ehe- maliger Industriestandorte für neue gewerbliche Zwecke und damit um die Schaffung neuer Arbeits- plätze, um die Entwicklung von neuen Wohnsiedlun- gen mit zum Teil neuen Wohnformen, um die Förderung von Industriekultur und Tourismus und um städtebauliche und soziale Impulse für die wei- tere Stadtentwicklung der Ruhrgebietsstädte. Der Geschäftssitz der IBA lag in Gelsenkirchen, zentrale Ein Ergebnis der IBA: die Küppersbusch-Sied- Projekte waren hier angesiedelt und haben die weitere lung in Gelsenkirchen-Feldmark städtebauliche Entwicklung entscheidend geprägt.

8 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 3. Strukturwandel

Mit dem Schwerpunktprojekt der Erneuerung der Stadt. Dennoch bleibt die Arbeitslosigkeit hoch, die Stadtviertel Bismarck/Schalke-Nord ab1995 wurde sich überdies auch in einer hohen Langzeitarbeitslo- ein fließender Übergang zum Förderprogramm des sigkeit verfestigt hat. Die ressortübergreifende ko- Landes „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbe- operative Umsetzung einer sozial orientierten Stadt- darf“ eingeleitet. erneuerung ist somit eine entscheidende Herausfor- derung der kommenden Jahre. Außerdem leitete der Wissenschaftspark auf dem Standort des ehemaligen Gussstahlwerks und der Zechenbrache Rheinelbe eine Entwicklung vom ehe- maligen Wirtschaftsschwerpunkt mit dem Verbund aus Kohle, Stahl und Chemie zum neuen Leitbild der „Solarstadt“ ein.

Die IBA brachte innovativen Sachverstand aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland sowie weitreichende partizipative Beteiligung in die Region und besonders nach Gelsenkirchen. Das hat die Pla- nungskultur im Ruhrgebiet nachhaltig geprägt und in zahlreichen Projekten dauerhafte Spuren hinter- lassen.

Gesamtstädtische Entwicklung Der Wissenschaftspark Gelsenkirchen, ebenfalls ein In den folgenden Jahren und bis heute wird in Gel- Resultat der IBA senkirchen der gesamtstädtische Erneuerungspro- zess zu den von der IBA angestoßenen Leitthemen fortgeführt.

Zu den Schwerpunkten der Stadtentwicklung, einer wirtschaftlichen Konsolidierung, Bildung, Arbeit und Soziales werden EU-, Bundes- und Landesmittel in den verfügbaren Förderprogrammen in Anspruch ge- nommen. Die Stadt entwickelt Modellprojekte, betei- ligt sich an Wettbewerben und ist in den verschie- denen regionalen und überregionalen Netzwerken vertreten.

In der Folge konnte die Wirtschaftsstruktur durch die Ansiedlung von neuen Industrie-, Handels- und Dienstleistungsbetrieben in verschiedenen Berei- chen die erlittenen Verluste teilweise ausgleichen.

Aufgrund der städtebaulichen Aufwertung von Stadt- quartieren, verbunden mit der Schaffung neuer Ar- Erstes Projekt der Stadterneuerung in Gelsenkirchen, beitsplätze verbesserte sich die Lebensqualität in der Start 1995: Bismarck/Schalke-Nord, ehem. Zeche Consol

9 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 4. Forschungsprogramm ExWoSt

4. Das Forschungsprogramm ExWoSt Experimenteller Wohnungs- und Städtebau

Der Strukturwandel, der Verlust an Arbeitsplätzen, Auch die Kaufleute in der City engagierten sich im ei- die Fortzüge der arbeitsfähigen Bevölkerung und genen Interesse und aufgrund ihrer Bindung an die ihrer Familien, gefolgt von Wohnungsleerstand, Stadt in Überlegungen zur Stärkung der Attraktivität führten auch zu einem Verlust an Attraktivität der der Innenstadt. Aus der Reihe der inhabergeführten Gelsenkirchener Innenstadt. Die abnehmende Kauf- Geschäfte wurden seit Jahren gesammelte Ideen und kraft der Bevölkerung ließ die Umsätze des Einzel- Konzepte für eine Aufwertung der City vorgetragen. handels sinken und hatte wiederum die Aufgabe Auf den zahlreichen Versammlungen wurden Ordner, alteingesessener, eingeführter Facheinzelhandelsge- gefüllt mit gesammelten Anregungen aus anderen schäfte zur Folge. Städten, präsentiert.

Eine Sozialraumanalyse von Professor Strohmeier im Die Erneuerungsstrategie für die City begann mit der Institut ZEFIR (Zentrum für interdisziplinäre Ruhrge- Einleitung eines kooperativen Verfahrens mit den be- bietsforschung an der Ruhruniversität ) aus teiligten Akteursgruppen. Die Stadt berief einen Len- dem Jahr 2001 lieferte ein differenziertes Bild der kungskreis ein, der das Ziel hatte, einen Leitplan für Stadt mit ihren Problemschwerpunkten und arbeitete die City zu entwickeln. Hier arbeiteten die betroffe- gleichzeitig die Position der Stadt im Strukturver- nen Vorstandsbereiche Stadtentwicklung und Wirt- gleich mit den anderen Ruhrgebietsstädten heraus. schaftsförderung, die Stadtmarketinggesellschaft und die Werbegemeinschaft als Organisation der Danach war (Stand 2001) Gelsenkirchen die „Revier- Kaufmannschaft Hand in Hand. Die Werbegemein- stadt mit dem niedrigsten sozialen Rang und dem schaft beteiligte sich mit einem Eigenanteil von 30% niedrigsten Familienstatus“. So war aktives Handeln an den Kosten der Ausarbeitung des Leitplans. In der Politik für die Problemgebiete der Stadt gefordert. mehreren öffentlichen Foren wurde im Frühjahr 2003 die Bürgerschaft in die Gespräche einbezogen.

Der Lenkungskreis für die Stadterneuerung der City (2005) 10 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 4. Forschungsprogramm ExWoSt

Tossehof

Güterbahnhof

Stadtumbau Gelsenkirchen- City

Der Leitplan City wurde um den Schalker Güterbahnhof und den Tossehof erweitert

Als im Mai 2003 das Ministerium für Städtebau und Themenschwerpunkte des Förderprogramms wurde Wohnen, Kultur und Sport (MSWKS) des Landes NRW der Handlungsbereich um zwei citynah gelegene Ge- die Stadt Gelsenkirchen aufforderte, einen Förderan- biete erweitert: ein brachgefallenes ehemaliges Gü- trag zur Beteiligung am ExWoSt-Forschungsfeld terbahnhofsgelände und ein Wohnquartier der 70er „Stadtumbau West“ zu stellen, konnte die Stadt be- Jahre, den „Tossehof“.5 reits auf die umfangreichen Vorarbeiten des Leitplan- verfahrens zurückgreifen. Der durch das Stadtumbauvorhaben eingeleitete Dis- kussionsprozess sollte darüber hinaus genutzt werden, Der „Leitplan City“ als eine wesentliche Grundlage um in weiteren Stadtquartieren mittel- bis langfristig des Förderantrags wurde vom Büro „Planquadrat angelegte Aufwertungsprozesse einzuleiten. “ zusammengestellt und stützte sich zu- sätzlich auf eine umfassende Befragung von Passan- Die Beteiligung Gelsenkirchens am Forschungsfeld ten und Geschäftsleuten in der City. Das Referat „Stadtumbau West“ bot – aufbauend auf Ergebnis- Stadtplanung erstellte ein Entwicklungs- und Maß- sen, Erfahrungen und vorhandenen Strukturen eines nahmenkonzept für die Förderkulisse „Gelsenkirchen abgeschlossenen Leitplanprozesses – die Möglich- City“. Auf dieser Grundlage wurde die Stadt Gelsen- keit, ein planerisches und gestalterisches Gesamt- kirchen Ende 2003 als Pilotkommune in das ExWoSt- konzept für die Erneuerung der City in einem inte- Forschungsfeld „Stadtumbau West“ aufgenommen. grierten Handlungsansatz umzusetzen.

In Gelsenkirchen war die Altstadt die Förderkulisse für das Modellvorhaben des experimentellen Woh- nungs- und Städtebaus. Zur Vervollständigung der

11 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 4. Forschungsprogramm ExWoSt

Stephan Kemper Städtischer Projektleiter 2004–2012

Für alle Beteiligten waren der Konzeptansatz Einige Stimmen sprachen und die Projektfindung beim Stadtumbau neu. sich für historisierende Wie waren die ersten Schritte auf diesem Weg, Beleuchtungselemente nach Bergmannsart wo gab es am meisten Skepsis? aus, andere wollten einen moderneren Look. Letztendlich setzten sich Stelenleuchten, ge- Als Gelsenkirchen sich 2004 für das ExWoSt-Pro- schnittene Platanen und reduziert-puristisch gramm „Stadtumbau West“ bewarb, sah es in der designte Stadtmöbel durch. Der dazugehörige City insgesamt nicht gut aus. Viele Leerstände Abstimmungsprozess war intensiv, von der Be- und Ein-Euro-Shops prägten das Bild der ehe- reisung fertiger Projekte mit der Stadtpolitik mals hochfrequentierten Bahnhofstraße. Der bis hin zur 1:1-Bemusterung vor Ort. Gut in Er- öffentliche Raum mit der Aura der 1980er Jahre innerung ist mir auch noch die intensive Be- wirkte stark erneuerungsbedürftig. Insgesamt gleitung und Beteiligung der verschiedenen hatten die Gelsenkirchener ihr Vertrauen in die Behindertenverbände – hier war Gelsenkirchen Stärke der Einkaufsstraße verloren. im Vergleich zu anderen Städten beispielgebend.

Anfang der 2000er Jahre waren Themen wie Dieser Prozess war die Initialzündung für wei- „demographischer Wandel, Schrumpfung und tere Projekte – bis hin zum vieldiskutierten Bevölkerungsrückgang“ in aller Munde. Die ers- Umbau des Heinrich-König-Platzes, dem neuen ten Ansätze aus dem Stadtumbau Ost – bei dem Hans-Sachs-Haus oder der umgestalteten es im Wesentlichen um den Rückbau nicht mehr Ebertstraße. Die Planerinnen und Planer muss- zukunftsfähiger Plattenbauten ging – sollten ten hier auch einige Kritik einstecken: Treppen- auch in einem innerstädtischen Einkaufs- und anlage Ahstraße (unnötig!), Umgestaltung Wohnquartier umgesetzt werden. Und Gelsen- Elisabethplatz (wo ist der Parkplatz?), Grünan- kirchen war hierfür prädestiniert, hatte die lage Robert-Koch-Straße (zu teuer!) … Stadt doch seit den 1960er Jahren rd. 130.000 Einwohner verloren. Aber schaut man heute auf das Ergebnis, lässt sich folgende Erkenntnis festhalten: Mit einem Bereits vor dem Stadtumbauprozess hatten die langen Atem, viel Überzeugungskraft und lokalen Akteure erkannt, dass dem schleichen- einem Gespür für das Machbare lässt sich auch den Niedergang der City dringend begegnet in schwierigen Zeiten eine Menge erreichen. werden musste – und mit dem Leitplan City den Grundstein für die Entwicklung des Cityberei- Worin bestanden die größten inhaltlichen und ches gelegt. Hierauf konnte aufgebaut werden. methodischen Weiterentwicklungen gegen- Die Fußball-WM 2006 brachte mit dem endlich über den beiden Erneuerungsgebieten Bis- durchgeführten Umbau des Hauptbahnhofes marck/Schalke-Nord und Südost im Rahmen dann eine neue Dynamik in die Entwicklung. des Programms Soziale Stadt?

Ich erinnere mich gut an die ersten Diskussio- Zunächst waren es natürlich die Gemeinsamkei- nen, wie die Bahnhofstraße und der Bahnhofs- ten, die beim Einstieg und der Umsetzung des vorplatz die ankommenden Fußball-Gäste City-Projektes halfen: Einrichtung eines Vor- empfangen sollten. Ort-Büros, Etablierung eines Stadtteilbeirates,

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Durchführung von moderierten Beteiligungs- setzung eines Modernisierungsberaters für die verfahren, Einbeziehung der lokalen Akteure komplexe Einzeleigentümerstruktur, Betrieb in Entscheidungsprozesse etc. Aber es gab na- der Bluebox als Informationspavillon rund um türlich auch Unterschiede. Die City stand als die Cityentwicklung u.v.m. Viele dieser Themen das Herz der Stadt in der gesamten Stadtgesell- waren neu und mussten auch in der politischen schaft hochgradig im Fokus. Die Handlungsfel- Diskussion erst einmal etabliert werden. der dabei waren stark auf die Themen „Handel“ und Wohnen“ konzentriert: Wie entwickelt man Erstmalig wurde aufgrund neuer Förderregula- eine Hauptgeschäftsstraße im Zeichen von rien mit der S.T.E.R.N. GmbH (Berlin) ein exter- Wandel und Schrumpfung? Wie kann man die nes Planungsbüro mit der Projektumsetzung Einzelhändler und Immobilieneigentümer in betraut. So bündelten sich im Stadtumbaubüro den Prozess einbeziehen? mit der zusätzlichen Beauftragung eines Küm- merers für die Einzelhandelsentwicklung, Bei diesem Erneuerungsprozess wurden viele einem Architekten als Modernisierungsberater neue Wege beschritten: Aufbau einer Immobi- sowie der Einbindung der Verwaltung für das lien- und Standortgemeinschaft (aus der später Förder- und Finanzmanagement verschiedenste die City Initiative Gelsenkirchen e.V. entstan- Kompetenzen rund um die Cityentwicklung. den ist), Entwicklung eines Corporate Designs für alle gestalterischen Maßnahmen im Citybe- Und gerade diese Bündelung war entscheidend reich, Umsetzung einer (vieldiskutierten) Ge- dafür, dass viele Projekte so erfolgreich umge- staltungssatzung für Handel, Gastronomie und setzt werden konnten – wenn auch der Weg Fassadengestaltung, Einführung eines Moder- dahin bisweilen nicht ohne Rückschläge und nisierungsprogrammes für gewerbliche Immo- Skepsis beschritten werden konnte. Letztend- bilien, Erarbeitung eines Wertgutachtens für lich zählt aber das Ergebnis – und das kann sich einen durch Wohnen geprägten Baublock, Ein- sehen lassen.

Bahnhofstraße/Ecke Klosterstraße mit dem Standort des Stadtumbaubüros

13 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 4. Forschungsprogramm ExWoSt

Birgit Wend Projektleiterin der S.T.E.R.N. GmbH im Stadtumbaubüro

Mit dem Büro S.T.E.R.N. wurde bewusst der und bedarfsgerechten Ein- Sachverstand aus den Erfahrungen der Stadt- kaufsmöglichkeiten. erneuerung in Berlin eingeworben. Welche As- pekte lassen sich davon nun nach der langjäh- In den ersten beiden Gelsenkirchener Stadter- rigen Mitarbeit in Gelsenkirchen wiederfinden? neuerungsgebieten Bismarck/Schalke-Nord Mit der Entscheidung für S.T.E.R.N. hatte die und Südost arbeiteten in den Stadtteilbüros Stadt Gelsenkirchen die Erwartung verbunden, städtische Mitarbeiter. Für das Stadtumbauge- dass die Erfahrung aus Berlin im Umgang mit biet City hat die Stadt dann erstmals ein priva- den verschiedenen Instrumenten und Förder- tes Planungsbüro beauftragt. Wie sind Sie mit programmen der Stadterneuerung auf Landes-, der engen Einbindung in die städtische Ver- Bundes- und EU-Ebene es erleichtern würde, waltung und Ihrem Rollenwechsel im Verhält- den spezifischen Aufgabenstellungen der Stadt- nis zur bisherigen Arbeit umgegangen? erneuerung in der Gelsenkirchener City gerecht Im Stadtumbaubüro arbeiteten Stephan Kem- zu werden. per als städtischer Mitarbeiter und ich in enger und kollegialer Kooperation zusammen. Meine All diese Erfahrungen waren für die Arbeit unter längere Berufserfahrung mit verschiedenen deutlich anderen Rahmenbedingungen im - Themenbereichen der Stadterneuerung und gebiet nützlich. Bei einer vergleichbaren Kom- seine Verfahrenskenntnis der Gelsenkirchener plexität der Aufgabenstellung ging es hier um Stadtverwaltung ergänzten sich gut. den Umgang mit sinkenden Einwohnerzahlen, einer hohen Arbeitslosigkeit, einer geringen Hinzu kamen eine große Offenheit der übrigen Investitionskraft der privaten Eigentümer, einem Kollegen und Kolleginnen der Stadtverwaltung hohen Leerstand von Wohn- und Gewerbeflä- im Rathaus Buer und ihr Interesse an den Berli- chen, aber natürlich – im Rückblick auf ehemals ner Erfahrungen. Ich wurde wie eine gleichbe- bessere Zeiten – einem berechtigten Anspruch rechtigte Kollegin behandelt und erhielt das auf normale geordnete Versorgung mit bezahl- Privileg, bei Arbeitstreffen und in Ausschüssen barem Wohnraum, ausreichender Infrastruktur zu den jeweiligen Themen direkt zu referieren.

Die Gastronomiemeile in der Arminstraße

14 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 5. Erneuerung in der Modellphase

5. Erneuerung in der Modellphase Das Programm Stadtumbau West von 2004-2007

Die Aufnahme in das Förderprogramm Stadtumbau treterin des externen Auftragnehmers und einer Bü- West schaffte die finanziellen Voraussetzungen, das rokraft besetzt werden. Leitplankonzept zeitnah in die Tat umzusetzen. Bereits im Jahr 2002 hatte die Bundesregierung das Als Ergebnis des Auswahlverfahrens erhielt die Forschungsfeld Stadtumbau West gestartet und für Gesellschaft der behutsamen Stadterneuerung eine Laufzeit von 5 Jahren bis Ende 2007 30 Mio € S.T.E.R.N. GmbH (Berlin) den Zuschlag. Sie ent- Fördergelder bereitgestellt, die durch Landes- und sandte im Frühjahr 2005 eine Mitarbeiterin als kommunale Mittel ergänzt wurden. Gelsenkirchen Quartiersarchitektin mit vereinbarter Vor-Ort- war eine von 16 Pilotstädten, in denen städtebauli- Präsenz nach Gelsenkirchen. che Entwicklungskonzepte erarbeitet und insgesamt über 50 Impulsprojekte als investive Maßnahmen Handlungsfelder umgesetzt wurden. In fünf Pilotstädten fanden Pro- jektwerkstätten als fachöffentliche Foren statt, die und Schwerpunkte dem Erfahrungsaustausch dienten und anschließend dokumentiert wurden. Moderation und fachliche Die Spuren der wirtschaftlichen Defizite waren in Begleitung lagen in der Verantwortung des Forums der City in vielfältiger Hinsicht ablesbar. Auf der unter der Leitung von Martin Karsten. Bahnhofstraße fiel der Leerstand zahlreicher Läden ins Auge. Manche der ehemals beliebten Facheinzel- Auf der Grundlage der bereit gestellten Fördermittel handelsgeschäfte waren inzwischen mit Billig-Anbie- konnte die Stadt zusätzliche Arbeits- und Organisati- tern besetzt. Langjährige Bewohner der City vermiss- onsstrukturen schaffen, den Arbeitsprozess fortset- ten Angebote qualifizierter Haushaltswaren und zeit- zen und die ersten großen Projekte realisieren. Für gemäßer Herrenkonfektion. Nach Geschäftsschluss die Entwicklung und die Umsetzung des umfassenden war die City wie ausgestorben. Auch die Kinos, die Stadtumbauvorhabens, das weiterhin in enger Ko- noch vor wenigen Jahren zur abendlichen Unterhal- operation mit der Stadt erfolgen sollte, war jedoch tung beitrugen, waren verschwunden. zusätzliches Personal erforderlich. So wurde 2004 ein europaweiter Wettbewerb unter erfahrenen pri- vaten Planungsbüros ausgeschrieben. Für die Stadt bestand hier der Vorteil, die Leistungen der externen Fachkräfte entsprechend dem Fördersatz 80/20 über die Stadtumbauförderung finanzieren zu können. Aufgabenschwerpunkte waren die Weiterentwicklung und Präzisierung der Leitprojekte und deren Umset- zung. Als Arbeitsort wurde ein zentral gelegenes Büro in der Bahnhofstraße ausgewählt, das gleich- zeitig als Anlaufstelle für Bewohner und als Ort der zahlreichen Abstimmungsgespräche mit den vielfäl- tig Beteiligten diente.

Das Vor-Ort-Büro sollte mit einem Vertreter des Städtebauliche Qualität in der City: Stadtplanungsamtes, einem Vertreter bzw. einer Ver- Altbauten in der von der Recke-Straße

15 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 5. Erneuerung in der Modellphase

Mit der schwachen Kaufkraft großer Teile der Bevöl- Dieses Angebot basierte auf dem experimentellen kerung und einer dünner gewordenen Mittelschicht Charakter des Förderprogramms „Stadtumbau West“. hatte sich auch die Gastronomie verändert. Berichte mancher eingesessener Gelsenkirchener beschreiben Einzelhandelsinformationssystem EIS eine lebendige Jugendszene in der Stadt, an die sie Bereits im Leitplanverfahren City im Jahr 2003 war sich gerne erinnern. ein Vermietungs- und Leerstandsmanagements ver- abredet worden. Dafür wurde durch die Stadt Gelsen- Hinzu kam der Leerstand in den Wohngebäuden. Ihr kirchen das Einzelhandelsinformationssystem „EIS“ Ausstattungsstandard entsprach längst nicht mehr entwickelt. Es sollte einen umfassenden Überblick aktuellen Anforderungen. Die finanzielle Lage weder über die Einzelhandelssituation geben und als Infor- der ausschließlich privaten Einzeleigentümer noch mations- und Vermarktungsplattform dienen. der vieler Mieter erlaubten allerdings eine zeitge- mäße Modernisierung. Unter Verzicht auf modernen Das „EIS“ wurde die Grundlage für ein gezieltes Ent- Wohnstandard, einen Balkon oder gar eine barriere- gegenwirken bei Leerständen und ermöglichte eine freundliche Ausstattung wie einen Fahrstuhl wohnten passgenaue Kontaktaufnahme mit den Eigentümern. deshalb in der City hauptsächlich einkommensschwa- Potenzielle Investoren und Mietinteressenten konnten che Mieter und zahlreiche, meist ältere Eigentümer. sich schnell und unkompliziert über die bestehenden Strukturen in der City und die vakanten Einzelhandels- Obwohl die Nähe des Bahnhofs und die Einkaufs- und und Gewerbeflächen nach Ausstattung, Grundrissen, Versorgungsmöglichkeiten in der City insbesondere Preisniveau und Ansprechpartner informieren. auch für ältere Menschen hohe Bedeutung aufwie- sen, standen viele Wohnungen leer. Öffentlicher Raum Der vielfach überalterte und vernachlässigte Zustand Aus dieser kurzen Beschreibung werden bereits die des öffentlichen Raumes sollte auf der Grundlage Schwerpunkte deutlich, mit denen sich die Stadter- eines städtebaulichen Gesamtkonzeptes einen neuen neuerung zu befassen hatte: und zeitgemäßen Charakter erhalten. In Form eines • Stärkung von Einzelhandel und Gewerbe Masterplans sollten Vorgaben für ein einheitliches • Aufwertung des öffentlichen Raums und attraktives Erscheinungsbild (Corporate Design) • Modernisierung des Immobilienbestandes der City entwickelt werden. Mit der Erstellung wurde die Firma „wbp Landschaftsarchitekten“ (Bochum) beauftragt. Einzelhandel und Gewerbe Über das neue Design sollte die Gelsenkirchener City Als erste Aktion wurde bereits 2004 ein Vertrag mit eine neue unverwechselbare Identität (Corporate dem Projektentwickler Dr. Siegbert Panteleit (SPE.) Identity) erhalten, die die Gestaltung aller wichtigen geschlossen, der die Aufgabe übernahm, durch in- Plätze und Stadträume umfasste. Einheitliche Aus- tensive Beratung die Situation des Einzelhandels in stattungselemente wie Bodenbeläge, Bänke, Leuch- der City zu verbessern. Das bedeutete konkret, po- ten und Bäume sollten die unterschiedlichen Raum- tenzielle Anbieter verschiedener solider Einzelhan- profile durch eine entsprechende Anordnung zur Gel- delsangebote für leer stehende Ladenlokale zu in- tung bringen und ihre jeweilige Funktion verstärken. teressieren und Vertragsabschlüsse zu unterstützen. Ein Lichtkonzept unterstützte den spezifischen Cha- Ergänzt wurde dies durch ein eigenes Förderprogramm rakter der öffentlichen Räume. Zur Verbesserung der zum Ausbau der Ladenlokale, das vom Stadtumbau- Orientierung dienten im Gelsenkirchener Blau ge- büro entwickelt und von der Stadt beschlossen wurde. staltete Wegweiser und an einigen markanten Punk-

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ten City-Light-Poster, die mit Stadtplänen und Bran- komplizierten Fällen auf das Votum eines Gestal- chenplänen bestückt wurden. tungsbeirats stützte.

Bereits bei den ersten Projekten der Erneuerung der Im Gestaltungsbeirat waren die zuständigen Dienst- Bahnhofstraße und des Bahnhofsvorplatzes – fertig stellen der Stadtverwaltung sowie externe Architekten gestellt zur Fußball-WM 2006 – wurden die tragen- und Stadtplaner vertreten, die ihr Fachwissen in den den Elemente des Corporate Designs eingesetzt. Beratungs- und Entscheidungsprozess einbrachten.

Die Ziele des Leitplans erforderten klare Vorgaben für Über die Entwicklung von Gestaltungsprinzipien hi- die Umsetzung des Corporate Designs. Das Planungs- naus war das Thema der Umsetzung neugestalteter büro „Scheuvens & Wachten“ (Dortmund) wurde mit öffentlicher Räume ein Kernthema des Stadtumbaus. der Ausarbeitung einer Gestaltungssatzung beauf- Dabei ging es um eine Verbesserung der Angebote für tragt, das Grundsätze für Umgestaltungsmaßnahmen die unterschiedlichen Zielgruppen. im öffentlichen Raum bei Werbeanlagen, Fassaden- gestaltung und Sondernutzungen festlegen sollte. Für die Wohnbevölkerung aller Altersgruppen sollten Der Geltungsbereich erstreckte sich auf die durch den öffentliche Räume mit Aufenthaltsqualität geschaf- Einzelhandel geprägten Bereiche zwischen Haupt- bahnhof und Florastraße in Nord-Süd- bzw. zwischen Ring- und Husemannstraße in Ost-West-Richtung.

Ziel war es, ein Steuerungsinstrument anwenden zu können, das Wildwuchs bei Werbeanlagen und Farb- gebung unterband und Sondernutzungen wie Außen- gastronomie und Außenverkäufe regelte. Dadurch sollte die Stadtbaukultur in Gelsenkirchen gefördert und eine geordnete und aufeinander abgestimmte Gestaltung des Stadtbildes erreicht werden. In meh- reren öffentlichen Sitzungen des Lenkungskreises

wurde die Gestaltungssatzung vorgestellt und im

April 2006 verabschiedet. Die Bewertung der einzel- nen von den Bauherrn zu beantragenden Maßnah- Leitbildentwicklung für die City. Entwurf Corporate Design men erfolgte durch das Bauordnungsamt, das sich in des Landschaftsplanungsbüros wbp Bochum (2006)

Corporate Design: Entwurf der Möblierungsfamilie für den öffentlichen Raum in der City (2006)

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heiten, sich mit Altersgenossen und Freunden zu Stadtumbau Gelsenkirchen-City treffen. Förderprogramm für private Immobilien und Hofflächen Neben einer fußgängerfreundlichen Ausstattung der Einkaufsbereiche, die auch zum Verweilen einladen sollten, stand eine Reihe von Platzgestaltungen mit unterschiedlichen Funktionen auf einem längerfristi- gen Handlungsprogramm der Stadterneuerung: der Bahnhofsvorplatz als Eingangsbereich der City, der Neumarktplatz mit Gastronomieschwerpunkt, das Wir erneuern seit Jahren diskutierte Projekt der Wiedergewinnung der historischen Mitte der Stadt mit dem Heinrich- unsere Stadt! König-Platz, die Neugestaltung der „Flaniermeile“ Ebertstraße als Verbindung vom Hans-Sachs-Haus Die Neugestaltung dieses Gebäudes wird zum Musiktheater, der Wochenmarkt auf dem Marga- durch Zuschüsse aus dem Förderprogramm rethe-Zingler-Platz, der Elisabethplatz als städti- „Stadtumbau West“ gefördert. scher Aufenthaltsort im Wohnquartier und unter- schiedliche Spielplätze, wie die beiden Spielpunkte Weitere Informationen über entlang der Bahnhofstraße (Bahnhofsvorplatz und Fördermöglichkeiten erhalten Sie Preuteplatz), der Spielplatz an der Robert-Koch- im Stadtumbaubüro City. Straße und die Neugestaltung von Schulhöfen, die nachmittags der außerschulischen Nutzung dienen Stadtumbaubüro City Bahnhofstraße 26 sollten. 45879 Gelsenkirchen

Tel. 0209 / 944 312 20 Immobilienbestand [email protected] Für die Modernisierung des Immobilienbestandes mussten für Wohn- und Gewerbeimmobilien spezifi- sche Handlungsansätze gefunden werden. Für die Modernisierung der Gewerbeimmobilien gelang es, www.stadterneuerung-gelsenkirchen.de ein eigenes Programm zu entwickeln, das über eine Förderung der Fassadenerneuerung hinaus – wie dies für Wohnimmobilien bereits praktiziert wurde – auch Stadtumbau Gelsenkirchen City: Förderprogramm für Zuschüsse für die Modernisierung von gewerblich ge- private Immobilien und Hofflächen nutzten Innenräumen zuließ. Dieses Förderprogramm war ein experimenteller Beitrag in der Modellphase fen werden, die das private Umfeld nicht bieten des Stadtumbaus und aus der spezifischen Bedarfssi- konnte. Die Bebauungsdichte in der City war hoch, tuation der Stadt Gelsenkirchen abgeleitet. die Wohnungen überwiegend klein, Balkone fehlten fast überall, die Blockinnenbereiche waren in der Für die Wohnimmobilien stand den Eigentümern das Regel mit Garagen besetzt. Haus- und Hofflächenprogramm zur Erneuerung der Fassaden zur Verfügung. Im Stadtumbaubüro beriet Für Stadtbesucher und Einzelhandelskunden ging es dazu ein Quartiersarchitekt zu Antragstellung und um Orte zum Flanieren, zum Ausruhen und Kaffee- Umsetzung des Programms. trinken, um Treffpunkte und Orte der Kommunika- tion. Für Kinder und Jugendliche ging es um attrak- Um eine nachhaltige Verbesserung des Immobilien- tive Orte für Spiel und Bewegung und um Gelegen- bestands zu erreichen, mussten jedoch weiterge-

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hende Strategien entwickelt werden. Eine Grundlage dazugehörenden Freiflächen erzielen lassen. Da die hierfür wurde durch das Gutachten „Gelsenkirchen- Anwohner die dafür notwendigen Investitionen City als Wohnstandort“ der empirica GmbH (Berlin, scheuten, wurden die Vorschläge nicht umgesetzt. , ) vom Februar 2007 gelegt, das u.a. eine Eigentümerbefragung durchführte und daraus Neben diesen Handlungsgrundlagen und -strategien Handlungsempfehlungen ableitete. sowie zahlreichen Einzelmaßnahmen wurden in der ExWoSt-Phase sehr zügig die ersten großen und öf- Als Problemschwerpunkte wurden die unzureichende fentlichkeitswirksamen Projekte, die Erneuerung der Ausstattung und ein zu geringer Anteil familiengerech- Bahnhofstraße, des Bahnhofsvorplatzes und des ter Wohnungen festgestellt, außerdem hoher Verkehrs- Elisabethplatzes umgesetzt. lärm (speziell entlang der Ringstraße) und fehlende private oder halböffentliche Erholungsräume in Woh- nungsnähe. Generell wurde das Wohnumfeld als zu Neue Arbeitsformen, neue Instru- wenig abwechslungsreich und anregend empfunden. mente, neue Kooperationen Die Gutachter empfahlen, u.a. über einzelne gezielte Abrisse im Quartier nachzudenken und zusätzlich at- Die City war das dritte Gelsenkirchener Stadter- traktiven Wohnraum in Citynähe vorzubereiten. Zwei neuerungsgebiet nach den im Förderprogramm „So- Blockgutachten entwickelten Vorschläge, die Situa- ziale Stadt“ geförderten Gebieten Bismarck/Schalke- tion im Bestand modellhaft zu verbessern. Im einen Nord (1995–2010) und Gelsenkirchen-Südost Fall wurde geplant, durch Konzentration von Parkmög- (2002–2015). Die City hatte eine besondere Bedeu- lichkeiten in der Blockmitte durch eine Parkpalette tung, weil es hier neben den an sozialen und wirt- Raum für grundstücksbezogene individuelle Freiräume schaftlichen Belangen orientierten Stadterneue- zu schaffen; im zweiten Fall wurde ermittelt, dass rungsstrategien um die Realisierung aufwändiger sich deutliche Bodenwertsteigerungen durch block- Bauprojekte mit stadtweiter Ausstrahlung ging. und gebäudebezogene Modernisierungen und der

Georgstraße 2003 Modernisierung von Wohnimmobilien in der City: hier Georgstraße

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In dem experimentellen Charakter der ersten Förder- Innovationsagentur NRW, einem Netzwerk der Stadt- phase lagen Herausforderung und Chance zugleich: umbaustädte in NRW, die zu einem regelmäßigen Austausch und Wissenstransfer mit den anderen 15 Austausch aktueller Themen einlud, der in konstruk- Städten des Programms eröffnete intensive Einblicke tiver und partnerschaftlicher Atmosphäre ablief. Die in deren Problemlagen und Vorgehensweisen, der ex- Zusammenarbeit mit den verschiedenen städtischen perimentelle Charakter dieser Förderphase ermutigte Gremien gestaltete sich insofern als erfolgreich, als zur Erprobung neuer Strategien und Formate. Beglei- die Stadtspitze, d.h. der Oberbürgermeister und der tet wurde dies durch das Forum Oldenburg, das den Stadtdirektor, der zugleich Dezernent für Stadtent- fachlichen Austausch organisierte. Das Stadtumbau- wicklung, Bauen und Umwelt war, die Stadterneue- büro Gelsenkirchen erhielt dabei mehrfach die Gele- rung zur Chefsache erklärt hatten. So konnten genheit, die eigenen Projekte und Strategien sowohl regelmäßige Arbeitstreffen im eigenen Vor- vorzustellen. standsbereich, den Referaten Stadtplanung, Bauen und Verkehr als auch in anderen Vorstandsbereichen Mit der Einrichtung des Stadtumbaubüros als Vor- wie Bildung und Kultur vereinbart werden. Ebenso Ort-Büro auf der Bahnhofstraße (also mitten im Ar- wurden Termine zu komplexen ressortübergreifenden beitsgebiet) galt es, die Zusammenarbeit mit allen Einzelfragen der Projekte ermöglicht. Beteiligten zu organisieren: den verschiedenen Res- Besonders hilfreich in diesen ersten Jahren des Um- sorts der Stadtverwaltung, den politischen Gremien baus war die Erfahrung flacher Hierarchien: Stadt- der Entscheidungsträger, den Vertretern und Trägern direktor Michael von der Mühlen war oft interessier- der verschiedenen sozialen und kulturellen Institu- ter Gast im Stadtumbaubüro und zugleich jederzeit tionen, aber ebenso mit den Citybewohnern, den ansprechbar für Ideen und Einzelfragen. Einzelhändlern und Gebäudeeigentümern. Für die Beteiligung der Gelsenkirchener Öffentlich- Da sich Gelsenkirchen immer als integraler Teil des keit wurden verschiedene Veranstaltungsformen Ruhrgebiets verstand, war der Austausch mit den angeboten. Fest stand, dass kein Projekt ohne öf- Nachbarstädten und den zahlreichen Institutionen fentliche Beteiligung umgesetzt werden sollte. Es wie dem Regionalverband Ruhr RVR, der Emscherge- stellte sich schnell heraus, dass die Einbeziehung der nossenschaft, den Universitäten und der Landesini- Bewohner die Arbeitsprozesse beschleunigte. Grund- tiative Stadtbaukultur obligatorisch. sätzlich stand das Stadtumbaubüro für Anfragen zur Verfügung. Hier konnten Unterlagen eingesehen und Besonders produktiv war die Zusammenarbeit mit der erläutert werden. Je nach Größe und öffentlichem

Die Fassade des Textilkaufhauses Sinn-Leffers: vor und nach der Umgestaltung und Entfernung der Blechverkleidung aus den 60er Jahren

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Abendlicher Blick in die Bahnhofstraße mit neuen Licht-Stelen

Interesse des Vorhabens wurden Abstimmungsrun- den im Büro oder in nahe gelegenen Veranstaltungs- orten organisiert.

Bei Projekten im öffentlichen Raum fanden Vor-Ort- Termine statt. Kinder und Jugendliche bekamen bei Spielplatzprojekten die Gelegenheit, ihre eigenen Wünsche zu Papier zu bringen oder Modelle zu bau- en. Im weiteren Verfahren erhielten die Bewohner je- weils eine Rückmeldung, die ihnen die erarbeiteten Lösungen erläuterte. Für die Umgestaltung der Bemusterung der neuen City-Möblierung Bahnhofstraße wurden zusätzliche Beteiligungsfor- men eingesetzt: das Stadtumbaubüro organisierte 2005 eine Busreise nach Bochum und Düsseldorf, um Anwendungsbeispiele der vorgesehenen Ausstat- tungselemente – Bäume, Bänke, Leuchten, Papier- körbe – in verschiedenen Varianten zu besichtigen.

Zudem wurde später eine 1:1-Bemusterung von Bäu- men, Leuchten, Bänken und Papierkörben durchge- führt. So konnte eine hohe Akzeptanz der Entscheidungen erreicht werden. Es kam auch vor, dass ein Projekt, wie die Umgestaltung an der Ah- straße, zurückgestellt werden musste, weil die Betei- Probesitzen auch durch die Besucher der WM 2006

21 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 5. Erneuerung in der Modellphase

ligung zu kurzfristig erfolgte und die Planung keine Zustimmung erhielt. In einem ausführlichen Beteili- gungsverfahren konnte das Projekt in angepasster Form später realisiert werden.

Ein Beirat als Ideengeber

Der wissenschaftliche Beirat war eine Besonderheit des Stadtumbauprojektes Gelsenkirchen. Er setzte sich zusammen aus städtischen Vertretern der Ver- waltung, der Politik, Vertretern wichtiger Akteure in der Stadt wie der Industrie- und Handelskammer, der Der wissenschaftliche Beirat der Stadterneuerung Banken, der Kirche, der Wohlfahrtsverbände und der (2006) Bürgerschaft. Als kritisches Korrektiv von außen konnten Vertreter mehrerer Hochschulen für den Bei- rat gewonnen werden: Professorin Elke Pahl-Weber aus Berlin, Professorin Christa Reicher aus Dortmund Professor Dr. Detlef Kurth und Professor Detlev Kurth aus (ab 2017 TU Kaiserslautern, Mitglied des wiss. Kaiserslautern). Beirats Gelsenkirchen

Der Beirat trat ca. zweimal im Jahr möglichst an inte- Für die Hochschule ist ressanten Orten der Stadterneuerung zusammen und die Stadterneuerung wurde durch die Stadt und das Stadtumbaubüro zu in Gelsenkirchen seit den jeweils aktuellen Themen informiert. Nach der über 20 Jahren ein in- anschließenden Diskussion kam dem Beirat die Rolle teressanter Forschungs- zu, seine Anregungen als Handlungsempfehlungen gegenstand. Gelsen- an die Politik weiterzugeben. Nach Ablauf des Ex- kirchen war an fast WoSt-Projektes wurde der Beirat des Stadterneue- allen Modellprojekten rungsgebietes City zu einem gesamtstädtischen zur Sozialen Stadt und zum Stadtumbau betei- Beirat erweitert. ligt und hat darin wichtige Innovationen entwi- ckelt: beginnend mit der Sozialen Stadt in Bis- Als langfristig produktive Zusammenarbeit entwi- marck und deren Verstetigung bis hin zu inte- ckelte sich der Kontakt zum Lehrstuhl für Raumpla- grierten Stadtumbau-Konzepten. Für die For- nung der TU Dortmund, Professorin Christa Reicher. scher war es stets bereichernd, die Innovationen Die von ihrem Lehrstuhl gepflegte Veranstaltungs- vor Ort wie das Quartiersmanagement, die inte- reihe des städtebaulichen Kolloquiums lieferte kriti- grierten Handlungskonzepte oder die besonde- sche Auseinandersetzungen zu den jeweils aktuellen ren Governance-Strategien auf andere Städte Fragen der Regionalentwicklung im Ruhrgebiet. Die und die Bundespolitik zu übertragen. Anderer- Referenten waren hochkarätige Vertreter der Politik seits fanden wir Forscher in der Stadtverwal- und der Verwaltung der Ruhrgebietsstädte. Eine an tung immer offene Ohren für neue Strategie- die Vorträge folgende offene Diskussion brachte ansätze und Experimente – ein gegenseitig be- immer einen Mehrwert sowohl für die Vertreter der reichernder Prozess, der über den Beirat Stadt- Hochschulen als auch für die der Praxis. erneuerung und künftige Forschungsprojekte hoffentlich anhält.

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Darüber hinaus entwickelte sich über die Jahre ein wechselseitiger Austausch in Seminaren und bei Mas- terarbeiten, bei denen die Stadterneuerung in Gelsen- kirchen Thema war. Die Projektidee „Grüner Faden“, eine grüne Ost-West-Verbindung durch die City, geht zum Beispiel auf eine studentische Anregung zurück.

Bahnhofstraße und Bahnhofs - vorplatz als Leitprojekte Der alte Hauptbahnhof (bis 1982)

Mit der Bahnhofstraße, dem Entree in die Stadt am Bahnhofsvorplatz und dem Bahnhof selbst prä- sentiert sich die Stadt Besuchern und Bewohnern. An diesen Orten wuchs der Eindruck der Vernachläs- sigung. Der Strukturwandel mit der verminderten Kaufkraft der Bewohner und dem Rückgang an- spruchsvollerer Angebote des Einzelhandels hatte bewirkt, dass wertvolle Bauten, mit denen sich die Stadtbevölkerung identifiziert hatte, nicht in Wert gehalten wurden oder verschwanden. Dazu gehörten Erster Spatenstich: Start der Umgestaltung z.B. das alte Bahnhofsgebäude, das alte Rathaus und das Stadtbad, alles Schmuckstücke der Gründerzeit, die einem Nord-Süd-Tunnel für die und einer stadtautobahnähnlichen Umfahrung der City hatten weichen müssen.

1983 wurde der Bahnhofsneubau eröffnet, doch funktionale Mängel stießen auf Kritik. Der geplante Umbau ließ jedoch auf sich warten. Mit der Auswahl Gelsenkirchens als einem der Austragungsorte der Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2006 kam neuer Schwung in die Entscheidungsprozesse. Die verschie- Der Bahnhofsvorplatz nach der Umgestaltung (2006) denen Vorarbeiten und Initiativen zur Aufwertung der City wurden gebündelt. Die komplette Erneue- rung des Erscheinungsbildes der Bahnhofstraße ein- schließlich des Bahnhofsvorplatzes waren die Leit- projekte des Stadtumbaus und konnten rechtzeitig zur Fußball-WM 2006 abgeschlossen werden. Die Maßnahmen wurden in sehr kurzer Zeit unter intensi- ver Akteurs- und Anliegerbeteiligung realisiert. Auch der Umbau des Hauptbahnhofs wurde von der Bahn rechtzeitig fertig gestellt.

Das Landschaftsplanungsbüro wbp aus Dortmund Bahnhofsvorplatz mit Blick in die Bahnhofstraße

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war im April 2005 mit der Entwicklung eines Master- und nur durch wenige weitere Standorte ergänzt. plans einer einheitlichen, aber dennoch räumlich Es entstanden Gruppen von zwei und drei Bäumen, differenzierten Gesamtgestaltung, einem „Corporate die zwischen den beiden Straßenseiten wechseln. Die Design“ der Gelsenkirchener City beauftragt worden. gewählte beschnittene Platane fand nach vielfälti- In der Folge erstellte das Büro dann die Planung von gen Diskussionen Zuspruch. Auch die Anforderungen Bahnhofstraße und Bahnhofsvorplatz, inklusive der an die Sichtbarkeit der Werbeanlagen vor den Einzel- Anwendung des neuen Corporate Designs für die handelsgeschäften konnten gewährleistet werden. Stadtmöblierung. Die Bäume müssen regelmäßig ein- bis zweimal im Die Bahnhofstraße im Detail Jahr geschnitten werden, die Kosten dafür werden Die Planung sah vor, die Bahnhofstraße durch ge- von den Einzelhändlern als Beitrag zur Aufwertung zielte Einzelmaßnahmen aufzuwerten. Der Pflaster- geleistet. Mit der neugegründeten Standort- und belag blieb weitgehend erhalten. Die Beleuchtungs- Immobiliengesellschaft wurde dazu ein Vertrag ab- und Ausstattungselemente wirkten nicht mehr zeit- geschlossen, der die Finanzierung des Baumschnitts gemäß und hatten durch Alterung und Vandalismus bis auf weiteres sicherstellte. stark gelitten. Hinzu kamen die vorhandenen Bäume, die über die Proportion des Straßenraumes hinaus Oberflächen gewachsen waren. Bäume, Stadtmöblierungs- und Die Oberflächen der Bahnhofstraße wurden nur im Beleuchtungselemente in der Bahnhofstraße wurden Bereich der Baumpflanzungen erneuert. Dabei erneuert. stehen die Baumgruppen in einem mit Naturstein gepflasterten Band, das in das vorhandene Rauten- Begrünung muster eingefügt wird. Die Baumscheiben selbst wur- Bei der Planung war eine Vielzahl von funktionalen den mit Unterflurbaumrosten überfahrbar ausgebildet. Einschränkungen zu beachten, angefangen bei der Freihaltung der Bewegungsflächen für die Feuerwehr, Beleuchtung Anlieferung und Sonderfahrzeuge, über die Vielzahl Entsprechend dem Lichtkonzept des Corporate an Leitungen im Untergrund bis hin zur Nutzung der Designs wurde die Bahnhofsstraße mit einer neuen Straße für Märkte und Stadtfeste. Beleuchtung ausgestattet. Im Straßenverlauf wech- seln sich Baumgruppen mit Licht-Reihen ab. Um diese Funktionen sicherzustellen, wurden die neuen Bäume an den alten Standorten gepflanzt, Die Wahl des neuen Leuchtentyps wurde im Rahmen

Außengastronomie auf dem Bahnhofsvorplatz vor … …und nach der Umgestaltung

24 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 5. Erneuerung in der Modellphase

der Beteiligungsgespräche und auch in den politi- Stahlplatten gefasst wird. Als Besonderheit ist das schen Gremien am intensivsten diskutiert. Gelsenkirchen-Logo in die Seitenwände eingraviert worden. Die Wahl fiel auf eine Lichtstele, die in Verbindung mit den geschnittenen Platanen den harmonischsten Passend dazu wurde ein ebenfalls mit Rundrohren Gesamteindruck hinterließ. Durch die stringente konstruierter Abfallbehälter ausgewählt, der den Ausführung wird der lineare Straßenverlauf betont. aktuellen Anforderungen der Stadtreinigung ent- Unterstützt wird dies durch Bodenstrahler zur Be- spricht. Bänke und Abfallbehälter wurden jeweils im leuchtung der Bäume, die zu einer deutlich verbes- Arrangement mit den Baumgruppen angeordnet, so serten Aufenthaltsqualität in der City beitragen. dass gestalterische Bänder aus dreidimensional wir- kenden Einheiten entstanden. Damit wurden auf der Stadtmöblierung Bahnhofstraße attraktive und sehr gut angenom- Das Ziel des Möblierungskonzeptes war die Entwick- mene Verweilzonen geschaffen. lung einer robusten, modernen Produktfamilie, die in Form, Farbe und Materialität dem Corporate Der Bahnhofsvorplatz im Detail Design entspricht. Zeitgleich mit dem Umbau des Hauptbahnhofs und rechtzeitig zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 Die Sitzbank greift in ihrem Material die Vergangen- konnte mit dem Umbau des Bahnhofsvorplatzes des- heit Gelsenkirchens mit Stahl und Kohle auf. Es han- sen Stellung als repräsentatives Entree zur City und delt sich um eine robuste Konstruktion aus anthrazit- als Eingangstor zum Bahnhof betont werden. farbigen Stahlrundrohren, die seitlich von massiven Dieses Ziel wurde durch die Verbesserung der räumli- chen Fassung des Platzes und der Empfangssituation für Citybesucher sowie die Schaffung neuer Aufent- haltsqualität erreicht.

Der Höhenunterschied zwischen Platz und Eingang zum Bahnhof wurde angeglichen und neu gestaltet, eine bisherige in der Platzmitte befindliche Mulde ni- veaugleich aufgefüllt. Die vorhandenen Treppen und Hochbeete vor dem Hochhaus wurden entfernt und durch eine großzügige Stufenanlage ersetzt.

Das Kunstwerk „Pulsierendes Signallicht“ auf dem Eine interdisziplinäre Jury entscheidet den Bahnhofsvorplatz Kunstwettbewerb

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Um die Verbindung zwischen City und Bahnhof zu- Auch bei der Anlieger- und Bewohnerschaft sowie bei sätzlich zu stärken, wurde über den Bahnhofsvor- den Politikern fanden die Maßnahmen ein positives platz ein neuer Belag wie ein „Teppich“ als Binde- Echo. Pünktlich zur Weltmeisterschaft stand dadurch glied und Wegmarkierung zwischen der Bahnhofs- ein angemessener Raum für die vielen internationa- straße und dem Bahnhofsvorplatz zum Bahnhof len Begegnungen bereit. „ausgerollt“. In Verbindung mit dem erneuerten Hauptbahnhof Zusätzlich zur Erneuerung der Oberflächen wurden und dem neu gestalteten Bahnhofsvorplatz hat sich auch neue Ausstattungselemente einschließlich die Außenwirkung der City deutlich verbessert. neuer Leuchten aufgestellt. Das Kunstobjekt „Pulsierendes Signallicht“ des Durch den Umbau der Bahnhofstraße in Verbindung Künstlers Gerhard Reinert aus bildet mit den Bemühungen, qualitativ hochwertigeren ein weiteres Highlight. Zur Realisierung des Kunstob- Einzelhandel in die Innenstadt zu bringen, sowie der jekts wurde ein zweistufiger Wettbewerb veranstal- Umsetzung der Gestaltungssatzung konnten erste tet, zu dem 55 lokale und internationale Künstler Schritte für einen Imagewechsel eingeleitet werden. aufgefordert wurden.

Der Wettbewerb erfolgte in enger Zusammenarbeit Weitere Impulsprojekte mit mit dem Referat Kultur. Die Entscheidung wurde in öffentlicher Ausstrahlung einer interdisziplinären Jury aus Kunstexperten, Po- litik und lokalen Akteuren getroffen. Neben den wichtigen großen Auftaktprojekten der Neugestaltung von Bahnhofstraße und Bahnhofsvor- Den Zielpunkt aus der Sichtachse der Bahnhofstraße platz auf der Grundlage eines cityweit geltenden ein- stellt damit heute dieses Kunstobjekt dar. Es bildet heitlichen Corporate Designs, wurden in der ExWoSt- ein Tor zum Bahnhof und spielt mit den in der Dun- Phase weitere Projekte mit öffentlicher Ausstrahlung kelheit blinkenden Lichtsignalelementen, wie sie an entwickelt und umgesetzt. Aufgrund der verhältnis- Gleisanlagen verwendet werden. mäßig kurzen Laufzeit der Förderphase (2004–2007) wurde das Maßnahmenkonzept des Leitplans in der Formen der Zusammenarbeit privater anschließenden Regelförderphase kontinuierlich und öffentlicher Akteure weiter verfolgt und fortgeschrieben. Im Rahmen der Abstimmungsverfahren konnten viele der privaten Akteure, insbesondere des Handels und Spielpunkte in der Fußgängerzone der Eigentümerschaft in den Prozess integriert werden. Die Idee der Spielpunkte entstand im Zusammen- hang mit der Planung der Impulsprojekte Bahnhof- Neben der inhaltlichen Diskussion über das Umbau- straße und Bahnhofsvorplatz. Dabei handelte es sich vorhaben ist es gelungen, auch eine finanzielle Be- nicht um Spielplätze im herkömmlichen Sinn, die in teiligung privater Unternehmen, wie die Übernahme der Regel mit einem abwechslungsreichen Angebot der Kosten für den Baumschnitt in der Bahnhof- für einen längeren Spielaufenthalt auf eine be- straße, zu vereinbaren. stimmte Altersgruppe ausgerichtet sind. Die Spiel- punkte waren vielmehr als Plätze kurzer Erholung für Trotz zum Teil hitziger Diskussionen über Lampentyp Kinder konzipiert, die ihre Eltern beim Einkaufen be- und Baumarten (inklusive Rodung der alten Robi- gleiten. Durch die Realisierung von zunächst zwei nien) ist das Gesamtergebnis der ersten großen Spielpunkten im Bereich der Fußgängerzone sollte Maßnahmen von den wesentlichen Akteuren positiv das Einkaufen für Familien mit Kindern attraktiver aufgenommen worden. und entspannter werden. Da bislang so gut wie keine

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Erholungsplatz für Kinder – Spielpunkt Eisbären am …und Spielpunkt mit Giraffenskulpturen am Preuteplatz Bahnhofsvorplatz

Spielangebote in der City vorhanden waren, führten Der dritte Spielpunkt entstand am Kurt-Neuwald- diese Maßnahmen zu einer Verbesserung der Attrak- Platz in unmittelbarer Nähe mehrerer Cafés entlang tivität und Kinderfreundlichkeit der City. der Arminstraße. Anders als die beiden anderen Standorte ist dieser Spielpunkt mit einfachen Spiel- Die Spielpunkte orientierten sich thematisch an der geräten aus Metall ausgestattet. ZOOM-Erlebniswelt, dem Gelsenkirchener Zoo. Für die Spielgeräte des Spielpunktes am Bahnhofsvorplatz Elisabethplatz wurde das Thema Giraffen ausgewählt. Der Spielpunkt Die Bedeutung der Umgestaltung des Elisabethplat- wurde unter einem neuen Baumdach zartblättriger zes liegt darin, dass in dem an Aufenthaltsräumen im Gleditien vor der Sparkassenfiliale realisiert. Ein wei- unmittelbaren Wohnumfeld unterversorgten Wohnge- terer Spielpunkt entstand am Preuteplatz mit dem biet ein öffentlich nutzbarer erholsamer Stadtplatz Thema Eisbären. Für die Auswahl der lebensnah ge- geschaffen wurde. Durch den Umbau eines Parkplat- stalteten hölzernen Spielgeräte mussten zunächst zes zu einem öffentlichen Platz mit Aufenthaltsquali- die Bedenken der für die Pflege zuständigen Verwal- tät wurde allerdings bei den Autofahrern ein tungsmitarbeiter ausgeräumt werden, die einen er- erhebliches Konfliktpotenzial geweckt. Widersprüche höhten Pflegeaufwand und mögliche Vandalismus- und Ablehnung wurden in der Planungsphase deut- schäden befürchteten. Die Maßnahmen konnten lich artikuliert. Eine Verkehrsanalyse belegte jedoch, Ende 2007 realisiert werden und bei Kindern und El- dass das Angebot an Parkplätzen auch ohne diesen tern sehr beliebt. Platz ausreichend war. Zustimmung gab es dagegen

Der Elisabethplatz vor ...... und nach der Umgestaltung 27 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 5. Erneuerung in der Modellphase

Bänder von gut begehbaren Betonsteinen gegliedert, die auf einer wassergebundenen Decke ausgelegt wurden. Dies unterstützte den Schutz und Erhalt des sich im Laufe der Jahrzehnte entwickelten raumprä- genden Baumkarrees aus großkronigen Platanen. Ein kleiner Bunker aus dem 2. Weltkrieg wurde nach Über- prüfung einer evt. Umnutzung als Café abgerissen.

Der östliche Platzrand nahe der angrenzenden Senio- renanlage wurde zur Hälfte durch eine Hecke und zur anderen Hälfte durch eine langen Sitzbank gebildet, die mit einer Pergola überdacht war. Sie sollte An- Nachbarschaftsfest auf dem Elisabethplatz (2009) wohnern und Besuchern Raum zum Verweilen bieten. Zusätzlich wurden mehrere kleinere Spielgeräte für bei den unmittelbar benachbarten Anwohnern, ins- Kinder aufgestellt. Die Oberflächengestaltung wurde besondere der angrenzenden Seniorenwohnanlage. mit Rücksicht auf Menschen mit Behinderungen bar- rierefrei ausgebildet. Durch das Stadtumbauprogramm bot sich die Gele- genheit, den ungepflegten Parkplatz zu einem bür- Heinrich-König-Platz gerfreundlichen Quartiersplatz umzubauen, der das Die Umgestaltung des Heinrich-König-Platzes war östliche Wohnumfeld der City aufwertete und stärkte. von Beginn an ein Schlüsselprojekt des Stadtumbaus Damit wurde der Empfehlung aus dem Gutachten der in der Gelsenkirchener Altstadt. Von ihm sollte eine empirica GmbH „Gelsenkirchen als Wohnstandort“ positive Signalwirkung zur Weiterentwicklung des gefolgt, für mehr Aufenthaltsqualität in den Wohn- gesamten Citybereichs ausgehen. quartieren zu sorgen. Mit der Planung wurde das Land- schaftsplanungsbüro wbp in Bochum beauftragt. Bereits 2001 war ein Planungsworkshop durchgeführt Der Umbau des Elisabethplatzes wurde 2006 abge- worden, dessen Ergebnis während des Leitplanver- schlossen. Es sollte ausdrücklich kein Kinderspielplatz, fahrens 2003 wieder aufgenommen wurde, da insbe- sondern ein ruhiger Aufenthaltsort für alle Altersgrup- sondere der Wunsch nach einer grundlegenden Verän- pen sein mit einem, wenn auch bescheidenen, Spielge- derung des Stadtbahnzugangs am Heinrich-König- räteangebot für Kinder. Die Platzoberfläche wurde Platz bestand. Der Verwaltung wurde empfohlen, durch zwei in nord-südlicher Richtung verlaufende eine Machbarkeitsstudie zur Klärung der technischen

Offener Stadtbahnzugang auf dem Heinrich-König- Geschlossene Oberfläche des Heinrich-König-Platzes Platz (bis 2013) (seit 2017)

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Bedingungen und der Kosten des Umbaus zu erstel- len. Der überdimensionierte und terrassierte Zugang zur Zwischenebene der Stadtbahnstation, sollte ge- schlossen werden, um wieder einen großzügigen eben- erdigen Stadtplatz zu schaffen. Neben dem Handlungs- bedarf aus stadtplanerischer Sicht hatte sich der Ort aus der Sicht vieler insbesondere älterer Anwohner zu einem Angstraum entwickelt. Mit dem Umbau und der funktionalen und städtebaulichen Neugestaltung sollte der Heinrich-König-Platz als übersichtlicher zentraler Stadtraum wieder gewonnen werden. Der Platz der Alten Synagoge (mit dem Synagogen- neubau) Im Jahre 2006 wurden vier Planungsbüros mit der Er- arbeitung einer Machbarkeitsstudie zur Überprüfung tont. Dies geschah in der verbindenden Absicht, die der technischen Umsetzbarkeit der „Deckelung“ der Vertrautheit und den Wiedererkennungswert in den großräumigen Öffnung beauftragt. Im Ergebnis er- zentralen öffentlichen Räumen auszuweiten und zu hielt die Bürogemeinschaft „Krampe & Reiter (Bochum) stärken. Der Entwurf stellte mit einfachen Mitteln die und GrüchtelTriebswetter Landschaftsarchitekten zentrale Bedeutung des Platzes heraus. Dabei kam er ()“ den Auftrag, die Grundlagen für einen För- mit wenigen neuen Raum prägenden Elementen aus. derantrag zur Neugestaltung des Platzes zu erarbeiten. Anlieger und Akteure vor Ort wurden durch laufende Anlieger und Akteure vor Ort wurden durch laufende Informationsveranstaltungen und Präsentation der Informationsveranstaltungen und Präsentation der Ergebnisse in den Arbeitsprozess einbezogen. Dabei Ergebnisse in den Arbeitsprozess einbezogen. Dabei wurden allerdings insbesondere bei den gewerbli- wurden allerdings insbesondere bei den gewerbli- chen Anliegern Bedenken hinsichtlich einer Beein- chen Anliegern Bedenken hinsichtlich einer Beein- trächtigung ihres Geschäftsbetriebes während einer trächtigung ihres Geschäftsbetriebes insbesondere langen Bauzeit geäußert, die es im weiteren Verfah- während einer langen Bauzeit geäußert. Mit dem ren auszuräumen galt. 2008 in der Phase der Regelförderung durchgeführ- ten Dialogforums wurden die Interessenkonflikte Platz der Alten Synagoge thematisiert und ein prinzipielles Einvernehmen Neben dem Elisabethplatz erfüllt die Umgestaltung über den weiteren Planungsprozess hergestellt. eines Teilbereichs der Georgstraße als öffentlicher Platz mehrere Funktionen. Der neue Platzraum Auf dieser Grundlage führte die Stadt Gelsenkirchen schafft Aufenthaltsqualität und verbessert damit die 2009 einen europaweit ausgeschriebenen freiraump- Wohnfunktion in der City, er ist Eingangsbereich für lanerischen Wettbewerb durch, dessen Ergebnisse in den Neubau der Synagoge der jüdischen Gemeinde einer Entwurfsausstellung öffentlich dokumentiert Gelsenkirchen und ergänzt gleichzeitig den Freiraum wurden. Der 1. Preisträger des Wettbewerbs, das Ber- der angrenzenden Grundschule. Der Neubau der Sy- liner Büro Bernard und Sattler, wurde mit der weite- nagoge am Standort der alten Synagoge wurde 2007 ren Planung der Oberflächen beauftragt. eröffnet und wurde zum Namensgeber des Platzes.

Für diese Planung wurden die Anregungen aus der Die Planungen für den Platz der Alten Synagoge er- Machbarkeitsstudie weiterentwickelt und wichtige folgten in enger Abstimmung mit der Jüdischen Ge- Achsen, Richtungen und Sichtbezüge unter Zuhilfe- meinde als zukünftigem Nutzer des Synagogenneu- nahme von Elementen des Corporate Design (wie zum baus. Der Platz wurde durch eine kinetische Skulptur Beispiel der Bauminseln und Lampenreihungen) be- des Künstlers Jörg Wiele aus Düsseldorf ergänzt.

29 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 5. Erneuerung in der Modellphase

„Grüner Faden“ für die Innenstadt Die innenstadtnahe Lage der beiden Grünbereiche und Naherholungsflächen „Stadtgarten“ und „Alt- stadtfriedhof“ erschließt sich Besuchern nur müh- sam. Beide Anlagen sind nicht miteinander vernetzt. Der Übergang an der Ringstraße zum Friedhof sowie die Unterführung unter der Overwegstraße zum Stadtgarten sind nur unzureichend für Fußgänger und Radfahrer ausgestaltet.

Durch die Realisierung einer innerstädtischen Grün- verbindung in Ost-West-Richtung soll diese Vernet- zung hergestellt, gleichzeitig aber auch die Wohnum- Das Grillo- aus der Vogelperspektive feldqualität durch das Pflanzen von Straßenbäumen und die Aufwertung bestehender Grünflächen ver- arbeitung eines Gutachtens im Rahmen des ExWoSt- bessert werden. Forschungsfeldes Stadtumbau West.

Sowohl im Corporate Design für die öffentlichen Das Gutachten sollte ein Gestaltungskonzept entwi- Räume als auch in der Studie zum Wohnstandort City ckeln, das die verschiedenen Teilbereiche der Schul- wurde diese Maßnahme mit einer sehr hohen Priori- anlage umfasst und dabei als Rahmenplan mögliche tät versehen. Damit wurde ein weiterer Schritt zur schulische Entwicklungsperspektiven berücksichtigt. Qualitätsverbesserung des Wohnens und des Wohn- umfeldes angegangen. Mit der Planung wurde das Mit einem landschaftsplanerischen und architekto- Büro Glacer beauftragt, die Projektidee basiert auf nisch-städtebaulichen Gutachten wurden in Arbeits- der Masterarbeit einer Studentin der TU Dortmund. gemeinschaft das Architekturbüros Klein & Neubürger und das Landschaftsplanungsbüro wbp beauftragt. Grillo-Gymnasium Das Grillo-Gymnasium ist mit seiner historischen Dabei ging es inhaltlich um die Wiederherstellung Bausubstanz eines der bedeutenden historischen Ge- der städtebaulichen Bedeutung des Grillo-Gymnasi- bäude der Gelsenkirchener Innenstadt. Unmittelbar ums bei der Neuordnung des Eingangsbereichs zur an der verkehrsreichen Ringstraße gelegen, ist die City an der Kreuzung von Hauptstraße und Ringstraße. Situation der Schulanlage mit dem gegenüberliegen- In Verbindung mit dieser Fragestellung sollten Über- den Gebäude „Ringeck“ aus der Zeit des Backsteinex- legungen zur Neugestaltung und angemessenen pressionismus jedoch städtebaulich unbefriedigend. Funktionszuweisung von Freiflächen für Pausen, Sport Die noch bis vor kurzer Zeit sich auftuende Blocköff- und Parken angestellt und eine angemessene Neu- nung eines verwahrlosten ehemaligen Tankstellen- gliederung der Schule auf ihren beiden Standorten grundstücks an der Einmündung der Weberstraße in an der Hauptstraße und der Schultestraße ermög- die Ringstraße ist seit 2018 durch einen ansehnli- licht werden. chen Neubau behoben (siehe S. 66). Eine Umsetzung des Konzepts, das in Teilbereichen Diese Ausgangssituation – der auf dem Schulgrund- eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse zur stück selbst vorhandene Neuordnungsbedarf (unge- Folge gehabt hätte, konnte nicht weiter verfolgt wer- stalteter Parkplatz an der Hauptstraße) und die in den, da das gesamte Schulgrundstück in einem den kommenden Jahren zu erwartenden schulpoliti- Cross-Border-Leasing-Vertrag bis zum Jahr 2029 an schen Entwicklungen (Schülerzahlentwicklung, amerikanische Anleger abgegeben wurde. Nicht um- Ganztagesbetrieb) – bildete die Grundlage für die Er- setzbar war der Plan, das Grundstück an der Haupt- straße an einen privaten Investor zu veräußern und 30 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 5. Erneuerung in der Modellphase

dort ein privat und schulisch genutztes Gebäude zu kirchen ein integriertes Verkehrsgutachten beauf- errichten. Der westliche Schulhof sollte für öffentli- tragt. Im Rahmen des Gutachtens werden Vorent- che Nutzung geöffnet werden. wurf-Skizzen zur künftigen Gestaltung der Ring- straße erarbeitet. Flankiert werden soll die perspek- Ringstraße tivische Umbaumaßnahme der Straße durch Anpas- Die Innenstadt von Gelsenkirchen ist umgeben von sungsmaßnahmen im anliegenden Wohnungsbestand, sehr stark befahrenen Straßen (Ringstraße, Flora- die allerdings bis zum Ende des Umbauprozesses straße, Husemannstraße). Die Ringstraße, die den wegen der Fülle der Aufgaben nicht umgesetzt werden. östlichen Abschluss des City-Bereichs bildet, ist mit ihrem vierspurigen Ausbau und einer mittleren zwei- spurigen Bustrasse überdimensioniert. Hierdurch Neue Orientierungen für schneidet sie die östlich angrenzenden Bereiche von die Öffentlichkeit der City ab und wirkt als Barriere; Fußgänger und Radfahrer haben Mühe, die Straße zu queren, Geh- Beschilderungssystem wege sind zu schmal, Fahrradwege nicht vorhanden. Ein weiteres Element der Neugestaltung in den fußläufigen Bereichen der City ist das neue Beschil- Die Wohnbebauung entlang der Ringstraße weist derungssystem. Es besteht aus den Komponenten einen erheblichen Leerstand auf und verfügt wegen „Hinweisschilder“, „Innenstadt- und Branchen- des starken Verkehrslärms nur über unzureichende pläne“ sowie „historische Schilder“ an stadthisto- Wohnqualität. Dies wird verstärkt dadurch, dass die risch besonders wichtigen Gebäuden. Das Beschilde- Eigentümer nicht oder nur unzureichend in den Er- rungssystem deckt die gesamte Fußgängerzone in halt der Wohnimmobilien investieren. der City ab. Die Branchenpläne wurden an wichtigen Verteilerpunkten aufgestellt. Im Rahmen der Empirica-Wohnstudie zur City wurde auch der planerische Umgang mit solchen Hauptver- Zur Fußball-WM konnten die Hinweisschilder und kehrsstraßen vertieft. Hierzu hat die Stadt Gelsen- Branchenpläne aufgestellt werden. Die stadthisto-

Hinweisschilder schaffen Orientierung Stadthistorische Schilder erklären die Geschichte der Gebäude

31 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 5. Erneuerung in der Modellphase

über das Angebot und die Vielfalt des Einzelhandels. Zusätzlich werden stadthistorisch wichtige Gebäude in der City durch Schilder, die an markanten Stellen der jeweiligen Gebäude angebracht werden, in ihrem historischen Kontext erläutert.

Das Beschilderungssystem ist somit ein weiterer Bau- stein zur Aufwertung des Standortes City und fügt sich damit in das Gesamtkonzept des Stadtumbaus ein.

Hinweisschilder Die neu aufgestellten Hinweisschilder weisen den Weg zu wichtigen Punkten in der Stadt, wie Bahnhof, Der Branchenplan erläutert das gewerbliche Angebot Fußgängerzonen, Musiktheater usw. Das Design für die Hinweisschilder wurde in Zusammenarbeit mit rischen Schilder wurden auch an Gebäuden abseits dem Grafiker der Stadt Gelsenkirchen entwickelt und der Fußgängerzonen angebracht und ermöglichten berücksichtigt die drei Elemente des Stadtdesigns: einen Rundgang aus stadthistorischer Sicht. Gelsenkirchen-Logo, -Schrifttyp und -Farbe. Insge- samt gibt es zehn Standorte mit Hinweisschildern. Die Orientierung im städtischen Raum ist besonders für ortsunkundige Besucher wichtig. Mit Hilfe des Bei der Beschilderung wurden die Farbe der Masten, neuen Beschilderungssystems wird diese Orientie- Schriftgröße und -farbe, sowie Anordnung und Höhe rung deutlich verbessert. Gleichzeitig erhalten Kun- der Schilder mit dem Arbeitskreis zum Beirat für den durch Branchenpläne wichtige Informationen Menschen mit Behinderungen abgestimmt, um eine

Dr. Lutz Heidemann Ehemaliger Abteilungsleiter Stadtplanung

Welche Wirkung haben die Schilder für die his- Betrachter vorgenommen torische Bedeutung der Gebäude in der City? wurden, als Information Werden sie genügend wahrgenommen? geschätzt werden.

Die Schilder werden wahrgenommen. Ich habe Wahrgenommen werden die Schilder aber Menschen beim Lesen beobachtet. Positiv zu auch als „Zerstörungspotenzial“. Sie lösen also sehen ist die Auseinandersetzung mit den Haus- Gefühle aus. Das betraf bisher nicht, wie vom eigentümern oder Gebäude-Verantwortlichen. Propst befürchtet, „seine“ Kirche, wohl aber Ich machte dabei im Bereich der Gelsenkirche- z. B. die Schilder an den Hochhäusern. Es war ner City die Erfahrung, dass sie fallweise inten- deshalb eine wichtige Entscheidung für die Fort- sive Gespräche über die Sache und den Inhalt setzung der Beschilderung, dass ein dauerhaft auslösten. Das spricht für den Aufwand und Verantwortlicher gefunden und eine Haushalts- auch dafür, dass Objekt-Auswahl und Formulie- stelle für die Finanzierung der Ersatz-Schilder rung der Texte, die von einem (sachkundigen) eingerichtet wurde.

32 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 5. Erneuerung in der Modellphase

Erkennbarkeit auch für sehschwache Menschen zu Ein Versuch, die Beratung des Projektentwicklers mit gewährleisten. einer Gesellschaft zur Immobilieninvestition zu ver- knüpfen (Standort- und Immobilienmanagementge- City- und Branchenpläne sellschaft SIG), musste jedoch nach kurzer Zeit Mit der Gesellschaft Deutsche Städte Medien (DSM) wegen mangelnder Nachfrage der privaten Eigentü- konnte eine Einigung über die Neuaufstellung und mer eingestellt werden. Die angebotenen Dienstleis- Nutzung der so genannten „City-Light-Poster“ (Wer- tungen eines Immobilienmanagements stießen bei beaufsteller im öffentlichen Raum) erreicht werden. den Eigentümern auf zu geringes Interesse. Die Branchen- und Citypläne stehen an strategisch wichtigen Punkten der Stadt, wie z. B. am Bahnhofs- Allerdings wurden in der Folge mehrere hochwertige vorplatz, Neumarkt, Margarethe-Zingler-Platz und an Immobilien mit erheblichem Leerstand durch externe der Volkshochschule. Darüber hinaus wurden Bran- Investoren erworben wie z. B. die Kaufhalle am Preu- chenpläne in den Parkhäusern der City aufgehängt. teplatz, das ehemalige Kinogebäude in der Bahnhof- straße 14 und das WEKA-Kaufhaus. Stadthistorische Schilder An zwanzig für die Stadtgeschichte wichtigen Gebäu- Sowohl in der Hauptstraße als auch in der Bahnhof- den wie dem Verwaltungsgericht oder dem WEKA- und Arminstraße wurden durch das Stadtumbaubüro Kaufhaus wurden Informationstafeln über und die Wirtschaftsförderung Initiativen zur Bildung Entstehung und stadthistorische Bedeutung ange- von Interessengemeinschaften unterstützt, die die bracht. Mit dem Übersichtsplan können auf diese Stärkung des Einzelhandels in den jeweiligen Stra- Weise stadthistorische Rundgänge durch die City or- ßenabschnitten mit ihren unterschiedlichen Ausprä- ganisiert werden. gungen zum Ziel hatten. In der Hauptstraße überwog das Interesse der Ladenbetreiber (Aktion der Händler „Die Hauptstraße sind wir“), während in der Bahn- Die Altstadt als Wohnort: hofstraße und der Arminstraße die Initiative von mehreren vor Ort ansässigen Immobilieneigentü- Einzeleigentümer mit mern getragen wurde. Zukunftsperspektiven? In der City wurde auch auf Initiative der Immobilien- Gebäudemodernisierung eigentümer und auf freiwilliger privater Basis eine Die Modernisierung des Immobilienbestandes, so- Immobilienstandortgemeinschaft (ISG) gegründet, wohl der Wohn- als auch der Gewerbeimmobilien, ist eine Daueraufgabe der Stadterneuerung in Gelsen- kirchen-City. Im Rahmen der ExWoSt-Phase wurden verschiedene Strategien eingeleitet, die im weiteren Verfahren fortentwickelt wurden.

Gewerbe Bei der Entwicklung der gewerblichen Immobilien wur- den unterschiedliche Ansätze verfolgt: Die persönliche Beratung und Unterstützung durch einen externen Projektentwickler führte in zahlreichen Einzelfällen zum Erfolg einer zukunftsfähigen neuen Nutzung von Einzelhandelsgeschäften und Restaurants bzw. Cafés. Durch die persönliche Ansprache vermittelte sie den Geschäftsleuten darüber hinaus das Gefühl, mit ihren Das ehemalige Apollo-Kino ist heute ein modernes Problemen nicht alleingelassen zu werden. Modehaus

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Die Fassade des Modehauses Schmitz vor ...... und nach erfolgreicher Modernisierung die aus dem Stadtumbauprogramm Förderzuschüsse gramm für Gewerbeimmobilien, das über die Fassa- für Investitionen erhalten können. In der Haupt- denerneuerung hinaus Zuschüsse für einen zeitge- straße ist dies bisher nicht gelungen, da die Initia- mäßen Ausbau der Gewerbeflächen bietet. Förder - tivkraft der Eigentümer nicht stark genug ist. fähig sind hier Maßnahmen zur Herrichtung von Erfolgreich war und ist das Modernisierungspro- Außenfassaden einschließlich der Erneuerung der

Roman Schmitz Modehaus Schmitz, Gelsenkirchen Sie und Ihr Vater waren mit die wichtigsten Diese Bedingungen zu nut- Unterstützer des Umbaus der Bahnhofstraße. zen und mit urbanem Le- Hat sich Ihr Einsatz für die Kaufmannschaft ben zu füllen, ist eine Auf- gelohnt? Konnte Ihr Geschäft von dem Umbau- gabe, an der kontinuierlich prozess profitieren? gearbeitet werden muss. Denn gerade im Bal- lungsraum Ruhrgebiet, wo viele Innenstädte in Der Umbau der Bahnhofstraße und der Plätze kurzen Entfernungen miteinander konkurrie- hat wesentlich zum moderneren Erscheinungs- ren, sind viele Faktoren für die Entwicklung des bild der Gelsenkirchener City beigetragen. Wir jeweiligen Zentrums ausschlaggebend. fanden es wichtig und gut, dass die Kaufmann- schaft eng in den Entwicklungsprozess mit ein- In den letzten Jahren ist durch den Onlinehan- gebunden war. Im konstruktiven Dialog konnten del, eine gravierende Änderung des Kaufverhal- einvernehmliche Lösungen erzielt werden. So tens und der Nutzung und Frequentierung von vermitteln z. B. die Stelen und die Bestuhlung Innenstädten entstanden, sodass immer mehr ein ansprechendes, gepflegtes und zeitgemä- für die Anziehungskraft einer Innenstadt getan ßes Ambiente. Besonders die neuen Nutzungs- werden muss. Wir sind froh, dass der Umbau der möglichkeiten des jetzt ebenerdigen Heinrich- Gelsenkirchener City stattgefunden hat, der für König-Platzes bieten gute Chancen, attraktive die Stadt einen riesigen Fortschritt darstellt. Events in der City zu veranstalten. Denn das Am Fortgang einer erfolgreichen Entwicklung Schaffen der baulichen Rahmenbedingungen der Innenstadt wird sich auch die Kaufmann- ist nur ein erster Schritt. schaft weiter aktiv beteiligen.

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Werbeanlagen und die Modernisierung von Gebäude - setzen. Bei den Mietern handelt es sich wiederum innenflächen einschließlich Grundrissveränderun- vielfach um Personen, die auf preiswerte Mieten an- gen und der Herstellung von Barrierefreiheit. gewiesen sind. Dennoch ist der Leerstand hoch.

Für die Aufwertung der Bahnhofstraße als Hauptein- Die grundsätzlich gute städtebauliche Lage mit kur- kaufsstraße wurde in mehreren qualitativ bedeuten- zen Wegen zur täglichen Versorgung und einer guten den Einzelfällen die Fassadenerneuerung von prägen- Verkehrsanbindung erfordert Strategien zur Aufwer- der Bedeutung. Bei mehreren Gebäuden wurde mit tung der City als Wohnort. dem Förderprogramm und einer intensiven Beratung unter Bezugnahme auf die denkmalpflegerischen Mit einer aufklärenden Pressekampagne, mit Eigen- Qualitäten ein hinreichender Anreiz geschaffen, die tümerversammlungen und Einzelgesprächen, mit ursprünglichen Fassaden wiederherzustellen. Beratungsangeboten zum Haus- und Hofflächenpro- gramm und der Abstimmung von Einzelmaßnahmen So ist 2007 bei dem Gebäude ehemals Sinn & Leffers trat das Stadtumbaubüro an die Eigentümer heran. (Bahnhofstraße 39–47) die gesamte Gebäudefassade Die Zuschüsse des Haus- und Hofflächenprogramms aufwendig durch Restaurierung des Ursprungszu- stießen auf reges Interesse bei den Eigentümern, standes saniert worden. Im Zuge dessen wurde die in die auch nach Antragstellung weiter beraten wurden. den 60er Jahren vorgehängte Metallverblendung ab- genommen, die freigelegten Fassadenflächen ver- Es wurde eine übersichtliche, jährlich aktualisierte putzt und mit Neuanstrich versehen. Darüber hinaus Informationsbroschüre erstellt, die einen Überblick wurde übergangsweise auch das schwarz-weiße, ver- über alle verfügbaren Förderprogramme zur Moder- tikale Lichtband im Sinne des Ursprungszustandes nisierung gab. aus den 20er Jahren rekonstruiert, da es sich dabei um ein elementares Gebäudedetail handelte. Neben den Defiziten der Bausubstanz vieler Wohn - immobilien ging es auch um Überlegungen, wie die Auch der Eigentümer des gegenüber liegenden Ge- städtebaulichen Probleme, die das Wohnen in der bäudes Bahnhofstraße 48, ehemals Style, konnte City beeinträchtigten, gelöst oder zumindest gemin- davon überzeugt werden, die vorgehängte Blechver- dert werden könnten. kleidung zu entfernen und die schöne, wenn auch beschädigte, Fassade aus den 30er Jahren wieder Zwei Blockkonzepte wurden als Modellvorhaben in herzustellen. Auftrag gegeben, die sich mit der Aufwertung des Wohnens durch Neuordnung der Blockinnenbereiche Ebenso vorbildlich erfolgte der Umbau des ehemali- befassten. gen Apollo-Kinos für das Bekleidungsgeschäft New Yorker in der Bahnhofstraße 79. Auch das alteinge- In dem an der Ringstraße gelegenen Block zwischen sessene Modehaus Schmitz baute seine Fassade kom- Georg-, Weber-, Kirch- und Ringstraße wurden zu- plett um und modernisierte die Verkaufsflächen. sätzliche Überlegungen angestellt, inwieweit durch Grundrissänderungen der Verkehrslärm der Ring- Wohnen straße das Wohnen weniger beeinträchtigen würde. Nach den Untersuchungen der Studie der empirica Zugleich wurde ermittelt, wie sich Bodenwertsteige- GmbH gehören die Wohnimmobilien in der City oft äl- rungen durch Block- und Gebäude-bezogene Moder- teren privaten Eigentümern, teilweise ohne unmit- nisierungen des Gebäudebestandes und der dazugehö- telbare Erben, deren Mieteinnahmen kaum Gewinne renden Freiflächen erzielen lassen. Es wurden plane- abwerfen. Aufgrund ihrer Einkommenssituation sind rische Vorschläge erarbeitet zur Optimierung des die Eigentümer vielfach nicht in der Lage, eine um- Blockinnenbereichs durch Zusammenlegung von fassende Modernisierung zu finanzieren, um ihre Stellplatzflächen, Anlage privater Grünbereiche, Immobilien in einen zeitgemäßen Standard zu ver- Begrünung von Fassaden und Garagendächern, 35 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 5. Erneuerung in der Modellphase

Grundrissveränderungen und Umnutzung von Erdge- frastruktur, die aufgrund des industriellen Struktur- schosszonen an der Ringstraße und Rückbau der ge- wandels ihre Funktion verloren haben, gehört zu den werblichen Nutzung im Blockinnenbereich. für das Ruhrgebiet typischen Problemlagen. Im Rah- men der experimentellen Förderphase des Programms Im zweiten Fall wurde ein städtebauliches Konzept Stadtumbau West ging es darum, hier exemplarisch entwickelt, das untersuchte, wie sich Parken und eine geeignete Strategie zu entwickeln. wohnungsnahe individuelle Freiräume im Blockin- nenbereich vereinbaren lassen. Hier wurde in der Gebietsstruktur und räumliche Abgrenzung Blockmitte eine begrünte, halbgeschossig abgesenk- Das Gebiet des ehemaligen Güterbahnhofs grenzt te Parkpalette vorgeschlagen, die zusätzlich auf je- nordwestlich an die Gelsenkirchener City. Als weit- dem Grundstück einen privaten Freiraum übrigließ. räumiges abgesperrtes und in der Fläche verwahrlos- tes Gelände bildete es gegenüber den angrenzenden Beide Fälle lieferten Denkanstöße für städtebauliche Wohngebieten der Stadtteile Schalke und Feldmark Umstrukturierungen, waren aber den Eigentümern eine räumliche Barriere. nicht als reale Optionen zu vermitteln. Ein Bebauungsplan hatte hier langfristig die Ent- wicklung eines Wohnstandortes für 400–450 Wohn- Satellitenprojekt 1: Güterbahnhof Schalke-Süd

Nördlich der City liegt das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Schalke-Süd. Im Vorgriff auf die Um- setzung eines Bebauungsplanes, der langfristig die Schaffung eines zentrumsnahen familienfreundli- chen Wohngebietes vorsah, sollte eine Zwischennut- zung organisiert werden, um damit zur Adressenbil- dung des Geländes beizutragen und gleichzeitig die Wohnumfeldsituation der angrenzenden Wohnge- biete zu verbessern.

Zu diesen Wohngebieten gehört etwa die westlich Küppersbusch-Siedlung auf dem Gelände einer ehe- maligen Herdfabrik. Diese während der IBA entstan- dene, bundesweit beachtete Wohnbebauung wurde von den Architekten Michael Szyszkowitz und Karla Kowalski aus Graz entworfen.

Die Entwicklung einer Zwischennutzung für das Areal des ehemaligen Güterbahnhofs Schalke-Süd ist eines der beiden Satellitenprojekte, die als Teil des Stadt- umbaugebietes Gelsenkirchen City in den Förderan- trag für das ExWoSt-Forschungsfeld Stadtumbau West aufgenommen wurden.

Das Thema des Umgangs mit brach gefallenen Gewer- bestandorten und der dazugehörenden Verkehrsin-

36 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 5. Erneuerung in der Modellphase

Brachfläche des Güterbahnhofs Schalke-Süd mit einem Beteilgungsworkshop in der Konzeptionsphase für die noch befahrenen Gleis Zwischennutzung der Güterbahnhofareals

einheiten festgelegt. Angrenzend an ein noch beste- hendes Gleis war an der Südwest-Flanke des Plange- bietes ein öffentlicher Grünzug zur Naherholung und Vernetzung des Gebietes geplant. In fußläufiger Ent- fernung sind darüber das Musiktheater, das Zentral- , der Stadtgarten und das Geschäftszentrum zu erreichen.

Die stadträumliche Lage bot gute Voraussetzungen für ruhiges erholsames Wohnen in Citynähe. Mit ei- nem solchen Wohnungsangebot sollte der Bedarf nach familiengerechtem, innerstädtischem Wohnen berücksichtigt werden, der trotz insgesamt sinkender Einwohnerzahlen bestand. Die Beseitigung einer Brache und die Schaffung eines attraktiven Wohnge- biets sollten zur Belebung der City beitragen.

Eigentumsverhältnisse Das ca. 15 ha große Gelände befand sich im Eigen- tum von zwei Gesellschaften. Die größere, ca. 9 ha große Fläche umfasste das Gebiet der ehemaligen Gleisanlagen und des nordwestlichen Teilgebiets bis zur Rheinischen Straße. Sie gehörte der Aurelis Real Estate GmbH, einer Tochter der Westdeutschen Lan- desbank und der Deutschen Bahn AG.

Der südöstliche Teil, der an die die Innenstadt be- grenzende Florastraße anschließt, gehörte einem Speditionsunternehmen, das auf eine zügige Umset-

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Die Zwischennutzung beginnt ...... mit der Schüleraktion „Blumenschlange“ zung der Bebauung setzte. Die Zwischennutzung war auf den Flächen der Aurelis vorgesehen, deren Be- bauung zeitlich nachgeordnet war. Das Gelände sollte der Öffentlichkeit und vor allem Kindern und Jugend- lichen zugänglich gemacht werden.

Der Plan war, mit geringem baulichem Aufwand und unter Mitwirkung interessierter Bürger möglichst aller Altersstufen das Gelände für eine vielfältige Freizeitnutzung herzurichten.

Die Blumenschlange im Frühjahr Renate Janßen Mädchengarten am Güterbahnhof Schalke

Der Mädchengarten ist eines der beiden Projekte, die die Zwischennut- zungsphase überdauert haben. Weshalb ist diese Initiative so wichtig?

Für die Mädchen war es ein wichtiges Erleben, dass der Garten, der ihnen so wichtig war, nach Der Mädchengarten in Schalke-Süd: von der Zwischen- der Zwischennutzung einen langfristigen Ort be- zur Dauernutzung kommen hat. Den Mädchen stehen wenige gesell- schaftliche Ressourcen zur Verfügung. Sie konn- Klärung der Rahmenbedingungen ten die Erfahrung machen, dass sie es wert sind, Auf der Grundlage der Ergebnisse eines Workshops, einen solchen Raum dauerhaft zu bekommen. Er zu dem Anwohner und Vertreter der im Umfeld lie- ist ein naturnaher Freizeitort für die Mädchen, genden Einrichtungen eingeladen waren, wurde ein die in einem dichtbesiedelten Stadtteil leben. Planungskonzept erarbeitet und die Baugenehmigung

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Oberbürgermeister Frank Baranowski eröffnet im Mai 2008 die sportlichen Anlagen der Zwischennutzung

Weite Sportfelder für vielfältige Nutzungen für eine befristete Nutzungsänderung als Sport- und trag abgeschlossen, der die Dauer der Zwischennut- Freizeitanlage eingeholt. Das Landschaftsplanungs- zung in mehreren Abschnitten regelte. Er basierte büro Danielzik & Leuchter aus wurde in Ko- auf einer kostenfreien Überlassung des Geländes an operation mit dem Dortmunder Architekturbüro Tor 5 die Stadt durch die Aurelis für die geplante öffentli- mit der Planung beauftragt. che Nutzung. Die Aurelis beteiligte sich zu rund 50 % an den Pflegekosten. Die Stadt übernahm die Her- Mit der Eigentümergesellschaft Aurelis wurde nach richtung der Fläche (zu 80 % aus Fördermitteln des umfangreichen Verhandlungen ein Gestattungsver- ExWoSt-Forschungsfeldes Stadtumbau West) und die

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Verpflichtung zur Unterhaltung und sicheren Begeh- dauerhafte Ersatzflächen auf einem von der Stadt er- barkeit des Geländes. Mit dem Ministerium konnte worbenen Gelände des Güterbahnhofareals gesichert eine Verkürzung der sonst für Freiflächen üblichen werden. Zweckbindungsfristen von zehn Jahren dadurch ver- einbart werden, dass entsprechend der Verkürzung Formen der Zusammenarbeit privater und der Laufzeit auch die Fördermittel entsprechend re- öffentlicher Akteure duziert wurden. Auf diese Weise konnte der experi- Eine erste Aktion hatte im Spätherbst 2005 mit zwei mentelle Charakter der zeitlich befristeten Nutzung Schulklassen aus den Stadtteilen Schalke und Rott- im Förderprogramm realisiert werden. Mit dieser Ver- hausen stattgefunden. In Form einer Blumen- einbarung bekam das Modell der Zwischennutzung schlange wurden Blumenzwiebeln gesteckt, die im ein Alleinstellungsmerkmal der fördertechnischen nächsten Frühjahr in eindrucksvoller Blüte standen Umsetzung. und erste Zeichen der Veränderung ankündigten.

Mit der Durchführung der Baumaßnahmen wurde die Im Januar 2006 lud das Stadtumbaubüro in den na- Landesentwicklungsgesellschaft für Arbeitsmarkt hegelegenen StadtBauRaum (Europäisches Haus der und Strukturentwicklung (LEG AS) beauftragt, die die Stadtkultur in der ehemaligen Zeche Oberschuir) zu Arbeiten mit einem lokalen Beschäftigungsträger einem ganztägigen Workshop ein. Rund 60 Teilneh- und mittelständischen Firmen umsetzte. Maßnahme- mer aus der planenden Verwaltung, der Eigentümer- beginn war September 2006. Da die Arbeiten über- gesellschaft, der benachbarten öffentlichen Ein- wiegend von ungelernten Arbeitskräften ausgeführt richtungen, aus Vereinen und verschiedenen Projek- werden, ergab sich daraus und aus den integrierten ten sowie aus der Nachbarschaft nahmen an der Ver- Qualifizierungsbausteinen eine Verlängerung des anstaltung teil. In moderierten Arbeitsgruppen er- Ausführungszeitraums. arbeiteten sie gemeinsam Ideen und Vorschläge für eine unaufwändige Zwischennutzung. Im Teilbereich der Kleingärten begann die Zwischen- nutzung als erstes: Acht verschiedene Gruppen und Im weiteren Verlauf informierte das Stadtumbaubüro Familien hatten sich zu einem interkulturellen Nach- die interessierten Akteure regelmäßig in öffentli- barschaftsprojekt zusammengefunden. Hütten wur- chen Projektversammlungen (im März, April und Juni den repariert, Gemüse angebaut, Grillfeste gefeiert. 2006) über den Fortgang der planerischen Umset- zung und die Klärung der Rahmenbedingungen. Dazu Baubeginn der für Sport- und Freizeitnutzung umzu- wurden Flyer und Plakate erstellt, die sowohl in den gestaltenden Flächen war im September 2007. Die Wohngebieten verteilt wurden, um weitere Interes- Bauarbeiten der Gewerke Hochbau und Landschafts- senten zu gewinnen, als auch per Post verschickt. bau wurden an einen gemeinnützigen Träger unter Zusätzlich gab es Arbeitsgruppen zu einzelnen The- Einschaltung von Beschäftigungsprojekten verge- menbereichen: Sportflächen, Kleingärten, Abstim- ben. Im April 2008 waren die Bauarbeiten abge- mung der Vorplanung, die vom Stadtumbaubüro schlossen, im Mai 2008 wurde die Fläche in einem durchgeführt wurden. großen Fest durch den Oberbürgermeister eröffnet. Im Sommer 2006 fand unter intensiver Mitwirkung Obwohl der Gestattungsvertrag eine Vertragslaufzeit von Anwohnern und Schulen ein Stadtteilfest statt, bis 2012 vorsah, kündigte die Aurelis Real Estate um den bevorstehenden Baubeginn zu feiern. GmbH den Vertrag vorzeitig bereits im Frühjahr 2010, da die Vermarktung dank der positiven Ausstrahlung Die Einbeziehung von Beschäftigungsprojekten war der Zwischennutzung zügiger voranging als zunächst ein wichtiger Anspruch der Projektentwicklung, erwartet. auch, um die Öffentlichkeit auf das Projekt aufmerk- sam zu machen. So fand die Maßnahme bei der spä- Nur für die gemeinnützigen Gartenprojekte konnten teren Eröffnung der Sportfelder im Mai 2008 eine 40 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 5. Erneuerung in der Modellphase

hohe Aufmerksamkeit, die bis zur vorzeitigen Auf- zur linearen Grünverbindung wurden zwei Gleisque- gabe im Sommer 2010 ungemindert anhielt. rungen hergestellt, die den Grünzug im Norden mit der Wohnsiedlung Küppersbusch und im Süden über Bei dem großen Gelände und der tatsächlich experi- die vorhandene Gleisbrücke mit dem Stadtgarten und mentellen Förderung handelte es sich zeitweilig um dem Evangelischen Krankenhaus verbanden. „Deutschlands größtes Zwischennutzungsgebiet“, das auch in der Fachöffentlichkeit auf reges Inte- resse stieß. Zahlreiche Fachbesuche, Studienarbei- Satellitenprojekt 2: ten und Einladungen zu Kongressen waren die Folge. Die Wohnsiedlung Tossehof

Grünzug Die Revitalisierung des Wohnens als Motor der Als erster Schritt zur Realisierung der dauerhaften Stadterneuerung war eines der drei zentralen Hand- Nutzungen war die Anlage eines Grünzuges vorgese- lungsfelder des Stadtumbaus in Gelsenkirchen. hen, der das Baugebiet fußläufig mit der Innenstadt Neben dem Wohnstandort in der City, der aufgrund verbindet. von Kriegszerstörungen und einem bescheidenen Wiederaufbauprogramm in den 50er Jahren viel an Im Rahmen des Stadtumbaus wurde die Vorplanung Bedeutung verloren hatte, war in den 70er Jahren des Grünzuges finanziert, um auf dieser Grundlage die Neubausiedlung „Tossehof“ gebaut worden. Sie Fördermittel aus dem Programm ÖPEL (Ökologiepro- liegt citynah im Grünen und stand bei ihrer Entste- gramm im Emscher--Raum) beantragen zu kön- hung für einen zeitgemäßen Ausstattungsstandard nen. Mit der Planung wurde im Mai 2007 wiederum mit familiengerechten Wohnungen. das Büro Danielzik & Leuchter aus Duisburg beauf- tragt. Die soziale Zusammensetzung von Mietern und Eigen- tümern war gemischt mit einem hohen Anteil einer Die Bauarbeiten für den Grünzug begannen im Herbst wohlsituierten Mittelschicht. Mietsteigerungen 2007, Fertigstellung war im Frühjahr 2009. Zusätzlich durch den Rückgang der Wohnungsbauförderung,

Die Wohnanlage Kopernikusstraße im Tossehof vor …und nach Teilabriss, Umbau und Modernisierung dem Umbau (2006) (2011) 41 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 5. Erneuerung in der Modellphase

Einwohnerverluste und soziale Entmischung hatten jedoch zunehmend aus dem ehemals attraktiven Wohngebiet ein Problemquartier werden lassen. Ein weiterer sozialer Abstieg, verbunden mit einem er- kennbaren baulichen und städtebaulichen Verfall, drohte. Nach umfangreichen Voruntersuchungen entschieden sich die Stadt und die städtische Woh- nungsbaugesellschaft GGW für den Versuch einer Aufwertung des Quartiers und beantragten eine Aufnahme in das Modellprojekt des experimentellen Wohnungs- und Städtebaus.

Auf eine ausführliche Darstellung dieses 2. Satelli- tenprojektes der Wohnsiedlung Tossehof wird an Nach Teilabriss, Umbau und Modernisierung (2011) dieser Stelle verzichtet, weil hierzu bereits zur Ab- schlusspräsentation im Rahmen des Tages der Stadt- erneuerung 2016 eine umfassende Dokumentation vorgelegt wurde.

Stefan Rommelfanger Ehemaliger Leiter der Stadterneuerung Gelsenkirchen, jetzt Stadtbaurat

War die Gelsenkirchener City zusammen mit orientierte Organisations- den beiden Ergänzungsgebieten im Vergleich struktur und Prozessge- zu den Stadtumbaugebieten anderer Städte staltung aus. besonders groß und besonders komplex? Aus Sicht des ExWoSt-Forschungsprojektes Das Stadtumbaugebiet Gelsenkirchen-City mit konnten in Gelsenkirchen zwei Schwerpunkte den beiden Ergänzungsgebieten Brachfläche untersucht werden: die „Anpassung von Städ- Güterbahnhof Schalke-Süd und Wohnsiedlung ten an den wirtschaftsstrukturellen Wandel“ Tossehof war ein besonders großes und kom- und die „Anpassung von Wohnstandorten in plexes Programmgebiet, das auf diese Weise Folge des demografischen Wandels“. Gelsenkir- das gesamte Spektrum des Förderprogramms chen ist es mit der gewählten Gebietskulisse Stadtumbau West abdeckte. gelungen, gleich für drei Quartiere mit beson- derem Handlungsbedarf einen mehrjährigen Im Vergleich zu den anderen 15 bundesweiten Förderzugang zur Städtebauförderung zu eröff- ExWoSt-Projekten zeichnete sich das Gelsenkir- nen. Nach einer langjährigen intensiven Tätig- chener Projekt durch eine sehr große Band- keit kann die Stadt Gelsenkirchen heute auf breite der entwickelten Handlungsansätze, eine eine sehr erfolgreiche Stadtteil- und Quartiers- Vielzahl von Maßnahmen mit experimentellem erneuerung in den beteiligten Stadtumbauge- und Modellcharakter sowie eine beteiligungs- bieten zurückschauen.

42 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 6. Das Experiment wird zur Regel

6. Das Experiment wird zur Regel Die zweite Förderphase der Jahre 2008 bis 2012

Bund und Länder hatten mit der Modellphase des Für den Zeitraum 2008 bis 2012 wurde ein abgestimm- Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus für tes Handlungsprogramm vorgelegt, das in jährlich den Stadtumbau West zum ersten Mal ein Förderpro- aktualisierten Förderanträgen fortgeschrieben wurde. gramm aufgelegt, das sich auch an den Investitions- kosten beteiligte. Für Gelsenkirchen waren in dem Neben der Weiterführung der Projekte und der „Abar- für die Umsetzung von Bauprojekten relativ kurzen beitung“ des Handlungsprogramms war ein wichtiger Zeitraum 2004–2007 förderfähige Gesamtkosten in Schwerpunkt der Arbeit, die modellhaften Ansätze Höhe von 6,75 Mio € vorgesehen. Der modellhafte der Öffentlichkeitsarbeit aus der ExWoSt-Phase wei- Charakter einer hohen Planungskultur, die Entwick- terzuführen und den jeweiligen ggf. veränderten lung experimenteller Projektansätze, das Handlungs- Anforderungen anzupassen. programm einer eher kleinteiligen Erneuerungsstra- tegie in Verbindung mit den normalen Vorgaben einer verwaltungstechnischen Abwicklung erforder- Öffentlichkeitsarbeit, ten jedoch einen längeren Zeitraum als vier Jahre, Gutachten, Planung um die vorgesehenen Mittel einsetzen zu können. Gelsenkirchen war und ist eingebunden in den re- Auch das im Leitplan aufgestellte Handlungskonzept gionalen Zusammenhang anderer Ruhrgebietskommu- einer umfassenden Erneuerung der Gelsenkirchener nen. Auf der Grundlage des Raumordnungsgesetzes City erforderte eine kontinuierliche Weiterarbeit und wurde 2009 ein regionaler Flächennutzungsplan ent- einen längeren Planungs- und Umsetzungszeitraum. wickelt, der die Städte , Gelsenkirchen, Herne, Mit der Vorlage des Abschlussberichts der erfolgrei- Mülheim an der Ruhr und umfasste. chen 1. Förderphase konnte mit dem Fördergeber eine lückenlose Weiterführung in der Regelförderung 2010 schlossen sich die Städte zu einer Planungsge- im Programm Stadtumbau West vereinbart werden. meinschaft Städteregion Ruhr 2030 zusammen.

Die Begrünung innerstädtischer Innenhöfe gehörte ebenfalls zu den Handlungsfeldern des Stadtumbaus City

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Sie vereinbarten eine Zusammenarbeit in den Berei- Die Wirksamkeit des Stadtumbaukonzeptes wurde, chen Städtebau, Verkehr, Freizeit und Erholung, wie bereits in der ExWoSt-Phase, durch Vernetzung Landschaftspflege, Wasserwirtschaft, Abfallbeseiti- und organisierten Austausch unter den Stadtumbau- gung und Altlasten, Kultur und Tourismus und rich- kommunen in der Regie der Innovationsagentur teten dazu wirksame Instrumente ein wie ein Sied- Stadtumbau NRW gestärkt. Unter der Moderation lungsflächenmonitoring und ein Regionalmonito- ihres Leiters David Froessler wurden regelmäßige ring. Eines der übergeordneten Ziele dabei war es, Fachveranstaltungen durchgeführt, die die aktuellen die Wettbewerbsfähigkeit und die Beschäftigungs- Themen der Mitgliedsstädte aufgriffen. In anregen- lage in der Städteregion zu stärken. Vor diesem Hin- der Diskussion entstanden hilfreiche Ergebnisse für tergrund ist auch die Beteiligung der Stadt am die eigene weiterführende Arbeit. Vertreter von Poli- Kulturhauptstadtjahr 2010 zu sehen. tik und Landesregierung nahmen an den Veranstal- tungen teil. Mit Ausstellungen, Veranstaltungen und Führungen beteiligte sich Gelsenkirchen am Kulturhauptstadt- Die Umsetzung der Stadterneuerung erforderte eine jahr 2010. Wie auch in anderen Ruhrgebietsstädten ressortübergreifende Zusammenarbeit. Um diesen trugen die Veranstaltungen des Kulturhauptstadtjah- Anforderungen gerecht zu werden, richtete die Stadt res zur Imageverbesserung der Region bei. Gelsenkir- Gelsenkirchen einen Lenkungskreis Stadterneuerung chen beteiligte sich zum Beispiel mit verschiedenen ein, der die Steuerung unter den beteiligten Fachre- Führungen an der Präsentation des Themas Stadtum- feraten und Verwaltungsvorständen übernahm. Auf bau unter dem Titel „Quartiere im Umbau – unser der Stadtteilebene kooperierten die Vertreter der Stadtteil als eigenständige Marke“, unter anderem verschiedenen Ressorts als Gebietsbeiräte mit den mit dem Tossehof an der Veranstaltungsreihe „Route lokalen Akteuren. der Wohnkultur“, mit dem Projekt „Schachtzeichen“ an der Kennzeichnung von 20 Bergwerken in Gelsen- Zusätzlich wurde die Institution des wissenschaftli- kirchen durch große weithin sichtbare beleuchtete chen Beirats aus der ExWoSt-Phase übernommen und Ballons, mit den Veranstaltungen des Baukultursa- als gesamtstädtischer Beirat der Stadterneuerung lons an der thematischen Vorbereitung und nicht weitergeführt. Bereits im Jahr 2007 war ein gesamt- zuletzt mit der großen Abschlusskundgebung des städtisches Stadterneuerungskonzept erstellt wor- Kulturhauptstadtjahres im Nordsternpark. den, das auf der Basis eingehender Analysen weitere

Auch der Westdeutsche Rundfunk war bei der Stadterneuerung zu Gast: „Hallo Ü-Wagen“ im April 2010

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potenzielleStadterneuerungsgebiete empfohlen weite zwischen Hans-Sachs-Haus und Musiktheater hatte. Der Beirat tagte fortan ca. zweimal im Jahr zu und sollte als Zwischennutzung bis zur Realisierung übergreifenden Themen der Gesamtstadt. Seine Emp- der neu zu gestaltenden grünen Verbindungsachse fehlungen gaben weiterhin wichtige Impulse für poli- an der Ebertstraße zur Verfügung stehen. Um dem tische Entscheidungen. achteckigen Gebäude mit Spitzdach ein modernes Outfit zu geben, wurde der Pavillon von einer Hülle In den einzelnen Stadterneuerungsgebieten wurde stabiler Bauelemente eingefasst, die das Gebäude sowohl die Erstellung von Gutachten zur Ermittlung temporär in einen silbrigblauen Kubus verwandelte. von Handlungsgrundlagen als auch die Planung ein- zelner Projekte ausgearbeitet, begleitet von jeweils Die Bluebox war an den Werktagen nachmittags mit unterschiedlichen Formen der Beteiligung von Be- Studenten besetzt, die Besuchern gegenüber aus- wohnern, Akteuren und einer interessierten Öffent- kunftsfähig waren. Schnell wurde die Bluebox ein be- lichkeit. liebter Informations- und Veranstaltungsort für alle Stadterneuerungsthemen, in dem Pläne zu diversen Bluebox Projekten digital abgerufen werden konnten und In der City war die Einrichtung der „Bluebox“ ein pro- Informationsmaterial bereit lag. Es wurden auch jektübergreifender Ort der Öffentlichkeitsarbeit für Vorträge und Filmvorführungen zu anderen Themen- die Stadterneuerung. Vorbild auch für die Namensge- bereichen angeboten. So nutzte zum Beispiel das bung war die in Berlin nach der Wende auf dem Pots- nahegelegene Bildungszentrum die Bluebox für damer Platz eingerichtete „Redbox“, die dort ein kleinformatige Veranstaltungen und eine Musik- Highlight der Öffentlichkeitsarbeit war und in der gruppe veranstaltete regelmäßige Konzerte. Mit Pläne und Planungsfortschritt der künftigen Bebau- ihrem niedrigschwelligen Informationsangebot er- ung am Potsdamer Platz dokumentiert wurden. gänzte die Bluebox die bei allen Stadtumbauprojek- ten bereits praktizierten verschiedenen Formen der Die Bluebox wurde 2009 in dem vorher als Café ge- Bürgerbeteiligung, die in der Regel zu einer hohen nutzten ca. 45 qm großen Pavillon eröffnet, zu- Akzeptanz der Projekte führten. Mit Baubeginn des nächst schwerpunktmäßig als Ausstellungsort der 3. Bauabschnitts der Ebertstraße Ende 2017 wurde Planung des Hans-Sachs-Hauses. Sie lag in Sicht- die Bluebox wie vereinbart abgerissen.

Die Bluebox: Informationspavillon rund um Die Bluebox: Bürgerinformation zur Stadterneuerung die City-Entwicklung

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Projektbezogen werden im Folgenden beispielhaft verschiedene Verfahren der Öffentlichkeitsarbeit und Bewohnerbeteiligung dargestellt. Dabei standen Transparenz und Qualitätssicherung im Vordergrund. Bewohner und Anlieger wurden als Experten ihres Lebensraums angesprochen und in die Entscheidun- gen einbezogen. Parallel dazu wurde die Öffentlich- keit durch eine kontinuierliche, strategische ausge- richtete Öffentlichkeitsarbeit informiert, die durch eine extern beauftragte Gelsenkirchener Kommuni- kationsagentur betreut wurde.

Modellhaftes Beteiligungsverfahren am Heinrich-König-Platz Im Sommer 2008 wird im Gemeindehaus St. Augusti- nus ein moderiertes Dialogverfahren durchgeführt, das das Ziel verfolgt, unter allen relevanten Akteurs- gruppen – Bürgerschaft, Einzelhandel und Wirt- schaft, Interessengruppen, Verwaltung und Politik – Wünsche und Bedenken zu thematisieren und mög- lichst einen Konsens über das weitere Verfahren der Einkaufspavillons auf dem Heinrich-König-Platz Umgestaltung des Heinrich-König-Platzes herzustel- vor dem Umbau len. Ansatzpunkt für ein solches Verfahren war die Feststellung, dass zwar viele unterschiedliche Grup- pen ihre spezifische Perspektive nach außen kommu- nizierten, jedoch ein Dialog, ein Meinungsaustausch miteinander bislang nicht stattgefunden hatte. Hauptansatzpunkt für ein Moderationsverfahren war es deshalb, alle konkurrierenden Meinungen und die unterschiedlichen Perspektiven und Interessen der einzelnen Gruppen bzw. Meinungsträger offen zu kommunizieren und nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen.

Mit der Bezeichnung „Dialogforum“ waren bewusst folgende Ansprüche an die Diskussionskultur verknüpft: • Wertschätzung und Offenheit für unterschiedliche Perspektiven • keine polarisierende Diskussion • Fokus auf umsetzbare Lösungsansätze • Entwicklung konkreter Lösungen für geäußerte Interessenkonflikte • schließlich: Schaffung einer fachlichen und atmosphärischen Basis zur Fortsetzung des gemeinsamen Dialogs Wettbewerbsergebnis zum Umbau des Heinrich- König-Platzes (2009)

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Am Ende des halbtägigen moderierten Forums konn- Ahstraße, Ebertstraße, Einbindung des Umfelds ten folgende Ergebnisse festgehalten werden: Der der Probsteikirche) Heinrich-König-Platz soll ein multifunktionaler Platz, Mit dem Abschluss des Dialogforums konnten auf ein „belebter Treffpunkt für alle Generationen“ wer- dieser Grundlage die Voraussetzungen für die Durch- den, der nutzungsoffen sein soll und durch seine be- führung des folgenden Planungswettbewerbs ge- wusst sparsame Möblierung Raum für vielfältige schaffen werden. Aktionen bietet. Als zentraler Platz in der Stadtmitte soll er besondere Gestaltungsmerkmale aufweisen, Ebertstraße zugleich jedoch durch Oberflächengestaltung und Neben dem Heinrich-König-Platz war die Umgestal- Möblierung nach dem Corporate Design eine Verbin- tung der Ebertstraße ein wichtiges Projekt im Pro- dung zu den angrenzenden Bereichen herstellen. Die gramm Stadtumbau City. Die Achse Hauptbahnhof – Stadt Gelsenkirchen sagte zu, den Zeitplan der Reali- Bahnhofstraße – Heinrich-König-Platz – Ebert- sierung so zu gestalten, dass soweit wie möglich die straße – Musiktheater verbindet die verschiedenen Belange der Anlieger berücksichtigt und Störungen Orte städtischer Aktivitäten miteinander. Nachdem durch Bauarbeiten reduziert werden. der Abschnitt der Bahnhofstraße bis zum Neumarkt bereits 2006 umgebaut worden war, folgten ab 2006 Folgende Qualitätsanforderungen galten für den die Vorbereitungen für den Umbau des Heinrich- Gestaltungsprozess: König-Platzes und ab 2008 für die Ebertstraße. • Platzbelebung „Platz als Lebensraum und Kommu- nikationsort“ Wegen der Größe des Projekts und mit Rücksicht auf • Raum für gastronomische Angebote schaffen die Anlieger war die Erneuerung der Ebertstraße in • Beachtung funktionaler Anforderungen (Markt, drei evtl. vier Bauabschnitten vorgesehen: Feste etc.) • 1. Bauabschnitt: die Fläche vor dem Hans-Sachs- • Raumbildung auch durch städtisches Grün Haus • Funktionale und gestalterisch ansprechende • 2. Bauabschnitt: der Anschlussbereich zwischen Ausbildung der U-Bahn-Eingänge Hans-Sachs-Haus und Heinrich-König-Platz • gestalterische Einheitlichkeit (Oberflächen- und • 3. Bauabschnitt: die Fläche zwischen Vattmann- Belagsmaterial, Möblierung) straße und Florastraße. Dieser Bauabschnitt war • Verknüpfung mit den angrenzenden stadträumli- der Hauptabschnitt der gestalterischen Neuord- chen Bereichen (Bahnhofstraße und Neumarkt, nung und von besonderem öffentlichen Interesse.

Die Ebertstraße vor der Modernisierung Wettbewerbsergebnis 2010 für den Umbau der Ebertstraße mit Blick Richtung Hans-Sachs-Haus (Visualisierung) 47 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 6. Das Experiment wird zur Regel

• ein 4. Bauabschnitt betrifft evtl. den Übergang zu, sowohl die Stadtbahntrasse mit ihrer Rampe, als zum Musiktheater. auch die Haltestellen zu einer prägnant gestalteten Einheit zusammenzubinden, die sich klar von dem Bei diesem wichtigen und prägenden Bauvorhaben umgebenden Stadtraum abheben sollte. war die Einbeziehung der Stadtöffentlichkeit beson- ders wichtig. Es wurde ein mehrstufiges Verfahren Die Öffentlichkeit wurde 2011 durch eine Ausstellung durchgeführt. Die Rahmenbedingungen des geplan- der Wettbewerbsergebnisse im Bildungszentrum und ten Wettbewerbs wurden 2008 untersucht und im durch eine Diskussionsveranstaltung im Augustinus- November 2008 der Öffentlichkeit vorgestellt. haus zur Gesamtbaumaßnahme Ebertstraße und Die Öffentlichkeit war hier ausdrücklich zu Anregun- Heinrich-König-Platz (HKP) ausführlich informiert. gen aufgefordert worden. Gleichzeitig gab es eine Bemusterung der Oberflä- chenmaterialien am Neumarktplatz. Darüber hinaus Am 28. und 29. Januar 2009 fand im StadtBauRaum wurden die Anlieger laufend in Einzelgesprächen (ehem. Zeche Oberschuir) ein Workshopverfahren individuell und über Flyer informiert. mit ausgewählten Fachplanungsbüros und externen Gutachtern statt. Ziel war es, Kriterien und Zielvor- stellungen für einen durchzuführenden Wettbewerb Strategien zur Stärkung zu definieren. Zur Information gab es verschiedene Fachvorträge u.a. zur Stadtgeschichte. des Einzelhandels und des Gewerbes Im Ergebnis wurden folgende Wünsche insbesondere für den Abschnitt zwischen Hans-Sachs-Haus und Die Aufnahme der Stadt in die Regelförderung des Musiktheater festgehalten: eine klare Durchwegung Stadtumbaus vermittelten der Stadtöffentlichkeit des Raumes für Fußgänger, eine barrierefreie Erreich- und den Trägern des Einzelhandels eine größere Kon- barkeit aller Bereiche des öffentlichen Raumes, die tinuität und eine verlässliche Perspektive. Dadurch Schaffung von urbanen Grün- und Freiflächen, die stieg die Bereitschaft zum eigenen Engagement bei Schaffung standortgerechter Pflanzungen mit ästhe- Gewerbetreibenden und Immobilieneigentümern ins- tischer Wirkung, eine Berücksichtigung von wichti- besondere im zentralen Bereich der Bahnhofstraße. gen Blickbeziehungen und die Hervorhebung der identitätsgebenden markanten Gebäude in der Pla- Der regelmäßige Austausch zwischen Wirtschaftsför- nung (, Bildungszentrum, derung, Stadterneuerung und einzelnen Akteuren Neues Hans-Sachs-Haus). der ansässigen Gewerbetreibenden und Immobilien- besitzer im Stadtumbaubüro, die Erprobung und mo- 2010 wurde ein freiraumplanerischer Wettbewerb dellhafte Durchführung einzelner Projekte ermutig- unter 23 Teilnehmern zur Qualifizierung der Oberflä- ten zur Gründung einer Immobilien- und Standortge- chengestaltung durchgeführt, bei dem zwei erste meinschaft (ISG) in der Bahnhofstraße und der Ar- Preise vergeben wurden. Nach einem Verhandlungs- minstraße als einem freiwilligen Zusammenschluss verfahren wurde der Planungsauftrag an das Büro zunächst einzelner Eigentümer. arbos, in Arbeitsgemeinschaft mit der Schmeck Ing. Gesellschaft erteilt. Das Konzept ba- Unter deren regen Aktivitäten entstand eine größere sierte auf der Grundidee, den Stadtraum zwischen tragfähige Eigentümergruppe, die es sich zum Ziel Musiktheater und Hans-Sachs-Haus mit zwei unter- setzte, den Einzelhandel voran zu bringen. Auf eine schiedlichen Elementen neu zu gestalten: einem gesetzliche Form einer ISG wurde verzichtet, weil gewellten Rasenband zur Überwindung der Aus- erwartet wurde, dass die Verpflichtung zu einer trittshöhe der Stadtbahn und einer Parkanlage mit finanziellen Beteiligung nicht tragfähig wäre. Es integrierten Spielelementen. Dem Rasenband kam es wurde eher auf eine langfristige Überzeugungskraft

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durch sichtbare Erfolge gesetzt. Neben dem Ziel, den So fand in der Bahnhofstraße zwischen 2008 und Einzelhandel zu stärken, gab es die Aussicht, 50 % 2012 eine stetige Stabilisierung des Einzelhandels förderfähiger Investitionen aus der Städtebauförde- auf einem – wenn auch – einfachen Niveau statt, die rung finanziert zu bekommen. nach Erhebungen der Einzelhandelssituation durch die CIMA zu einer Steigerung der Umsätze insbeson- Erstes Projekt war 2011 die Aufstellung großer Pal- dere im Segment Bekleidung beitrug. men, die der Arminstraße mit ihren Straßencafés ein mediterranes Flair vermitteln sollten. Im Anschluss Demgegenüber wiesen die Nebenlagen viele Probleme konnte nach ausführlichen und zum Teil kontrover- auf, die sich in Leerstand, häufigem Betreiberwechsel sen Diskussionen zwischen ISG, Stadtumbaubüro und und niedriger Angebotsqualität ausdrückte. Generell Gestaltungsbeirat eine Einigung über den Entwurf war dies auf die weiterhin niedrige Kaufkraft der Ein- eines Winterlichts erzielt werden. wohnerschaft, aber auch auf ungünstige Standort - bedingungen, auf Investitionsstau bei mangelnder Ab 2012 konnte eine Citymanagerin von der ISG be- Investitionskraft der Eigentümer und auf fehlende Ini- schäftigt werden, die für eine kontinuierliche Öffent- tiative zur Vermarktung zurückzuführen. Dies betraf lichkeitsarbeit und die Organisation von Veranstal- schwerpunktmäßig die Bereiche Ahstraße, Hauptstraße tungen und Festen sorgte. und Ringstraße aus jeweils unterschiedlichen Gründen.

Angela Bartelt City-Managerin Gelsenkirchen

Wie kann man die Erfolge Ihres Einsatzes an Sollte die Arbeit einer City- der Bahnhofstraße für die Kaufmannschaft ei- Managerin eine Dauerauf- nerseits und für die Kunden andererseits be- gabe sein? schreiben? Aus meiner Sicht: Ja! Die Arbeit eines Manage- Ich denke, dass eine zentrale Ansprechperson ments für die City ist aktuell von großer Not- entlang der Bahnhofstraße für innenstadtrele- wendigkeit, und für die Zukunft wird diese vante Themen von großer Bedeutung ist. In Arbeit noch wichtiger werden. Der lokale Ein- Zeiten des wachsenden Online-Handels und der zelhandel vor Ort benötigt in den nächsten Jah- Ausweitung von Einkaufsflächen ist es wichtig, ren noch viel mehr Unterstützung, um sich dass die Gelsenkirchener City sich im Wettbe- gegenüber der Konkurrenz zu anderen Ein- werb mit anderen Standorten möglichst pro - kaufsmöglichkeiten zu behaupten. fessionell aufstellt. So sind attraktive Veranstal- tungen zum Beispiel an verkaufsoffenen Sonn- Wie ist das Engagement und die Bereitschaft zur tagen sowohl für die Kaufmannschaft (denn Kooperation insbesondere der Kettenfilialen? dann kommen besonders viele auswärtige Be- Leider wird das Engagement von Filialisten sucher in die City) als auch für die Kunden sehr immer weniger. Kettenfilialen kooperieren wichtig. Darüber hinaus ist auch die geleistete immer weniger mit örtlichen Vereinen. Die Öffentlichkeitsarbeit ein positives Wechselspiel Steuerung der jeweiligen Geschäfte findet nicht für die Kaufmannschaft als auch für die Kun- auf der Bahnhofstraße statt, sondern in den je- den. Die Geschäfte können über uns z. B. auf weiligen Zentralen. Die Kooperation mit inha- unserer Facebook-Seite Aktivitäten, Neueröff- bergeführten Geschäften ist für die Zukunft nungen etc. kundtun und die Kunden partizi- daher noch viel wichtiger, um gemeinsam für pieren von den Informationen. Gelsenkirchen etwas zu erreichen.

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den Eigentümern die Bereitschaft zur Investition in die eigenen Immobilien und die Inanspruchnahme von Fördermitteln, die Voraussetzung zur Neuansied- lung von marktfähigen Angeboten zu verbessern.

Zur Verbesserung der Standortbedingungen in der City gehörte auch der Versuch, in der City wieder ein Kino anzusiedeln. Durch Zwischennutzung eines leer- stehenden Ladenlokals in der Hauptstraße konnten einige Male beliebte Spielfilme gezeigt werden, die mit zusätzlichem Getränkeausschank und Popcorn ein originäres Kinoflair vermittelten. Auch in der Bluebox wurden häufig Filme gezeigt, die auf großes Interesse einer sich herausbildenden Fan-Gemeinde stießen. Allerdings gelang es nicht, für einen ansäs- sigen interessierten Kinobetreiber einen geeigneten Standort in der City zu finden. Die ehemaligen Kino- standorte in der City standen nicht mehr zur Verfü- gung. Sie waren mittlerweile umgenutzt, umgebaut oder auch abgerissen worden.

Neues Hans-Sachs-Haus

Das Hans-Sachs-Haus war nach Plänen des Archi- tekten Alfred Fischer 1924 bis 1927 als multifunk- tionales Stadthaus gebaut worden. Der Entwurf galt damals als Inbegriff der Moderne und war insbeson- dere für die Bergbaustadt Gelsenkirchen von heraus- ragender Bedeutung.

Das vierseitige blockartige Gebäude im Stil des Back- Kaffeetrinken unter Palmen in der Arminstraße steinexpressionismus war um einen Veranstaltungs- saal mit der größten Konzert-Orgel Europas herum Strategien zur Verbesserung der Attraktivität der City angeordnet. Um ihn gruppierten sich der Ratssaal, wurden in den regel mäßig stattfindenden Sitzungen die Räume der städtischen Verwaltung und Firmen- im Stadtumbaubüro mit der Wirtschaftsförderung büros, die Bibliothek mit Lesesaal, ein Hotel mit diskutiert. Die Aufwertungsstrategie betraf städte- Gaststätte und Konferenzräume sowie eine Reihe bauliche Einzelprojekte wie die Erneuerung der Trep- von Geschäften. penanlage an der Ahstraße, die Beauftragung eines Gutachtens zum Umbau und einer verkehrlichen Neu- Ein Bombentreffer im Krieg zerstörte den Flügel ordnung der Ringstraße, eine Unterstützung der Ini- Ebert-/Munckelstraße. Beim Wiederaufbau dieses tiative von Eigentümern und Einzelhändlern zur Flügels musste man aus Kostengründen auf wesentli- Gründung einer ISG Hauptstraße und – kontinuier- che Bauelemente der 20er Jahre verzichten. 1986 lich – die Bemühungen, über Kontaktaufnahme mit wurde das HSH als Baudenkmal eingetragen.

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2001 machten es Sicherheitsmängel nötig, den Saal 2005 kündigte die Stadt die PPP-Verträge und be- im Hans-Sachs-Haus zu schließen. Aufgrund eines schloss zunächst den Abriss des Gebäudes, der sogar großen Renovierungsstaus im gesamten Gebäude be- durch die Landesdenkmalbehörde genehmigt wurde. schloss der Rat der Stadt eine Sanierung des Hauses. Aufgrund erheblicher Widerstände renommierter 2002 wurde das ganze Hans-Sachs-Haus leergezogen. Institutionen, Fachexperten und Protesten aus der Bei den nun folgenden Arbeiten stellten sich weitere Bürgerschaft wurde von den Abrissplänen Abstand Baumängel heraus, die auf mangelhafte Materialquali- genommen und der Erhalt des Hauses in einem tät der Vergangenheit zurückzuführen waren. Im Laufe neuen Konzept geprüft. der folgenden drei Jahre stiegen die Kostenprognosen des Investors von 27 auf rd. 140 Mio. Euro, ohne dass 2007 fasste der Rat der Stadt den Grundsatzbeschluss, die Stadt dies im Einzelnen nachvollziehen konnte. die historischen Fassaden zu erhalten und dahinter

Das Neue Hans-Sachs-Haus: klassische Moderne außen ...

… und zeitgenössische Architektur innen nach dem Umbau

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ein neues Gebäude für die Bürgerschaft, den Rat und Bau einer neuen Rampenanlage zur barrierefreien die Verwaltung der Stadt zu errichten. 2008 ging aus Bewältigung des vorhandenen Höhensprungs zwi- einem Wettbewerb zur Gestaltung des Neubaus das schen oberer und unterer Ahstraße, eine Neuorgani- Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner (gmp) als sation der Treppenanlagen und die Schaffung zusätz- Sieger hervor. In den folgenden Jahren wurde die in- lichen Freiraums durch die Beseitigung der vorhan- nere Gebäudestruktur vollständig neu entwickelt und denen und überdimensionierten Pflanzbeete. Die in die Gebäudehülle integriert. Maßnahme wurde ergänzt durch ein neues Beleuch- tungs- und Stadtmöbelkonzept gemäß dem Corpo- 2013 wurde das neue Hans-Sachs-Haus eröffnet und rate Design, den Einbau von Spielelementen sowie ist, wie im ursprünglichen Sinne kommunaler Demo- die Pflanzung von neuen Bäumen. kratie, wieder das Haus der Bürgerinnen und Bürger. Dies spiegelt sich in der offenen und transparenten Die Planung wurde ausführlich in mehreren öffentli- Gestaltung des Hauses wider. chen Veranstaltungen vorgestellt und zusätzlich mit dem Beirat für Stadterneuerung und dem Beirat für Die Städtebauförderung unterstützte den Wiederauf- Menschen mit Behinderungen abgestimmt. bau des neuen Hans-Sachs-Hauses mit Zuschüssen zur Planung und dem Erhalt der Fassade. Die Grünanlage an der Robert-Koch-Straße ist Teil eines Konzeptes zur Aufwertung der Innenstadt durch eine Erhöhung des Grünanteils in der City und Weitere Bauprojekte zur Verbesserung der Grünverbindung in Ost-West- Richtung als verbindendes Element zum Stadtgarten, In der Förderphase 2008 bis 2012 wurde eine wie sie in der Konzeptidee des „Grünen Fadens“ ent- Reihe von Projekten umgesetzt, die zum Teil be- wickelt worden war. Durch den Ausbau und die gelun- reits in der ExWoSt-Phase konzipiert, zum Teil aber gene Neugestaltung des Spielplatzes und einer auch im weiteren Verfahren entwickelt wurden. grünen Naherholungsfläche bietet sie heute für die Der Umbau der Treppenanlage Ahstraße erfolgte umgebende Wohnbebauung und die Kinder- und Ju- 2010 auf der Grundlage der Planung des Planungs - gendeinrichtungen eine hohe Nutzungsqualität. büros Brosk. Das Projekt sollte zunächst bereits 2008 umgesetzt werden, die Umsetzung scheiterte jedoch Die Planung erfolgte durch das Büro Glacer. Das an einem Einspruch der Anlieger, die sich nicht hin- Konzept entstand auf der Grundlage einer intensi- reichend einbezogen fühlten.

Stadtgeschichtlich stellte die Ahstraße – lange vor der Bahnhofstraße – die wichtigste Zugangsstraße von Süden in die Stadtmitte dar. Die aktuelle Umbau- maßnahme diente neben der verbesserten Zugäng- lichkeit zur City gleichzeitig einer nachhaltigen Aufwertung des Geschäftsstandortes.

Durch die unterschiedlichen Hauseingangsniveaus war eine Bewältigung des Höhensprungs von rd. zwei Metern nur über eine kombinierte Rampen-/Treppen- anlage möglich. Das Planungskonzept sah vor, den Kreuzungsbereich Ahstraße/Klosterstraße gestalte- risch ansprechend und aufgeräumt zu gestalten und behindertengerecht auszubauen. Hierzu zählten der Treppenanlage Ahstraße vor dem Umbau

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Die neue Treppenanlage an der Ahstraße ... … und das Eröffnungsfest (2010) ven Beteiligung der nahe gelegenen Kindereinrich- rung der Wohnumfeldqualität des dicht bebauten tungen. Die Kinderbeauftragte der Stadt erfragte Wohnquartiers beitragen sollte. Es hatte sich gezeigt, Konzeptideen bei den Einrichtungen, die gemein- dass der Platz nicht zufriedenstellend angenommen sam mit dem beauftragten Planungsbüro das Motiv wurde und sich die Anwohner durch nächtliche Trin- eines Piratenspielplatzes entwickelten. Im Sommer ker belästigt fühlten. Daher wurde vom Stadtumbau- 2008 wurde die Planung mit Anwohnern und Men- büro ein weiterführendes Konzept zur Belebung des schen mit Behinderungen abgestimmt. 2009 konnte Platzes für Kinder und Familien eingeleitet. die Anlage mit einem großen Fest eröffnet werden, an dem auch Bezirksbürgermeister und Stadtdirek- Zunächst wurden im Jahr 2009 auf Vorschlag des be- tor teilnahmen. auftragten Büros Impulse aus Dortmund mehrere Stadtteilfeste mit lokalen Initiativen veranstaltet Schon bald nach seiner Fertigstellung wurde eine (ein Fahrradfest im Juli, ein Spielefest im August, ein Nachrüstung des Elisabethplatzes erforderlich, der Weihnachtsmarkt im Dezember), um den Platz für die in der ExWoSt-Phase durch den Umbau eines ehemali- Anwohner vertrauter zu machen und Eigeninitiative gen Parkplatzes entstanden war und zur Verbesse- anzustoßen.

Die Planung des Spielplatzes in der Grünanlage Robert- Die Grünanlage Robert-Koch-Straße mit dem fertig Koch-Straße mit intensiver Kinderbeteiligung gestellten Piratenspielplatz (2009)

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Im Sommer 2010 wurde auf dem Platz im Rahmen eines Stadtteilfestes ein Workshop organisiert, bei dem Kinder und Erwachsene ihre Vorstellungen zu zusätzlichen Ausstattungs- und Spielelementen dar- stellen sollten.

2011 setzte das beauftragte Landschaftsplanungs- büro Glacer diese Ideen um. Im nördlichen Teil des Platzes wurde für etwas ältere Kinder ein Kletter- und Balanciergerüst auf gestellt, im südlichen Teil wurde die Ausstattung um ein Spielschiff für kleinere Kin- der und eine Hängematte ergänzt.

Erneuert: der Hof der Georg-Grundschule Projekte an Schulen

Drei Projekte des Stadtumbaus beschäftigten sich Von dieser Planung, die mehrere Planungsstufen vor- mit einer Aufwertung der Schulen in der City. sah, wurde bisher der erste Bauabschnitt umgesetzt. Zu nennen sind die Erneuerung und Aufwertung des Dabei handelt es sich um eine Neuordnung des Ein- engen Schulhofs der Grundschule an der Georg- gangsbereichs des Grillo-Gymnasiums an der Haupt- straße, die Umsetzung der ersten Teilmaßnahme der straße. Diese Maßnahme wurde 2010 fertig gestellt. Erneuerung des Umfeldes am Grillo-Gymnasium und die Umsetzung des ersten Bauabschnitts des Umbaus Gertrud-Bäumer- der alten Aula der Gertrud-Bäumer-Realschule. Die Gertrud-Bäumer-Realschule an der Rotthauser Straße Ecke Zeppelinallee ist ein denkmalgeschütz- Georgschule ter Backsteinbau mit neohistoristischen Schmuckfor- Die Georg-Grundschule in der City verfügt über einen men. Im Inneren sind vielfach noch Elemente der relativ kleinen Schulhof, der daher deutliche Spuren originären Ausstattung erhalten. der Übernutzung zeigte. Mit Unterstützung von Stu- denten der Uni Dortmund wurde unter Beteiligung Die Schule war der letzte kommunale Großbau vor der Schüler ein Erneuerungskonzept erstellt und ab- dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges und wurde gestimmt. Die Planung wurde durch Gelsendienste 1915 eingeweiht. Die repräsentative Architektur des erarbeitet und 2012 umgesetzt. Aufgrund der gerin- vielgestaltigen Baukörpers orientierte sich im Ge- gen Fläche und der in enger Nachbarschaft vorhan- denen Wohnbebauung wurde auf diesem Schulhof auf eine außerschulische Mitnutzung nach Schul- schluss verzichtet.

Grillo-Gymnasium In Weiterführung der Planungsabsichten zur Aufwer- tung des Grillo-Gymnasiums wurden die Landschafts- architekten wbp 2010 mit einem Planungsgutachten beauftragt, im Rahmen der bestehenden Eigentums- verhältnisse schrittweise eine Verbesserung der Au- ßenanlagen der Schule inkl. dem Kreuzungsbereich an der Ringstraße/Hauptstraße zu erarbeiten. Der neu geordnete Eingangsbereich des Grillo- Gymnasiums an der Hauptstraße

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Die wiederhergestellte Aula der Gertrud-Bäumer–Realschule nach Entfernung der Zwischendecke

samtbild und den Details an spätbarocken und klassi- nächst abgebrochen werden. Stattdessen wurde zistischen Bauten. 1965 durch einen unsensiblen Eingriff und unter Missachtung der ausgeprägten ursprünglichen Bau- Der im Norden anschließende eingeschossige Flügel formen hier eine Zwischendecke eingezogen. In dem zum Machensplatz war vorgesehen als Turn- und so gewonnenen Zwischengeschoss sollte vorüberge- Festhalle. Ab 1961 wurde die Schulanlage auf ihrer hend die Stadtbücherei untergebracht werden. südlichen Seite durch den Neubau einer Turnhalle Bereits 1971 wurde mit der Fertigstellung der Stadt- mit darüber liegender Aula ergänzt. Die Planung er- bücherei im neuen Bildungszentrum die Bücherein- folgte durch das Hochbauamt. Die alte Aula sollte zu- utzung wieder aufgegeben. Die ehemalige Aula

Straßenansicht der Gertrud-Bäumer-Realschule Der grüne Innenhof der Gertrud-Bäumer-Realschule von der Rotthauser Straße an der Zeppelinallee

55 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 6. Das Experiment wird zur Regel

wurde nunmehr als Gymnastikhalle und das Zwi- schengeschoss als Raum für die Schülermitverwal- Judith Neuwald-Tasbach tung genutzt. Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen Ein Ziel des Stadtumbaubüros war es, die alte Aula in ihrer ursprünglichen räumlichen Qualität wieder her- Die Wiederherstellung des zustellen und für vielfältige schulische und außer- alten Betsaales ist ein schulische Nutzungen zu öffnen. Dadurch sollte Bindeglied zwischen den sowohl der schulische Bedarf des Ganztagsbetriebs Anfängen jüdischen Le- als auch der öffentliche Bedarf nach geeigneten bens vor 144 Jahren in Räumlichkeiten für außerschulische und stadtteilbe- Gelsenkirchen, später der zogene Nutzungen erfüllt werden. Vernichtung im Dritten Reich und 1958 schließlich des Neubeginns nach Das Konzept für den Umbau der Aula mit dem Rück- der Shoa. Der Saal ist ein Lern- und Erfahrungs- bau der Zwischendecke und der Wiederherstellung ort. Man kann dort erkennen, wie sehr sich die des ursprünglichen dreischiffigen Raumgefüges wur- Überlebenden nach der Katastrophe und trotz al- de 2009 vom Büro Klein & Neubürger aus Bochum ledem wieder einen Ort für jüdische Traditionen entwickelt. und ein neues jüdisches Heim schaffen wollten. Die Begegnungsstätte ist mit der Wechselaus- Da die Aula mit einem eigenen Eingang zur Zeppelin- stellung, den Infotafeln und dem original erhal- allee ausgestattet ist, konnte ein barrierefreier Zu- tenen Betraum ein wichtiger Ort für unsere gang vorgesehen werden. Ein weiterer Ausgang Mitglieder und ein Geschichts- und Lernort für besteht zu der zur Zeppelinallee ausgerichteten Schulklassen und interessierte Bürger. Durch den Grünanlage. Bei kompletter Bestuhlung bietet die Zuzug der jüdischen Menschen aus der ehemali- Aula Sitzplätze für bis zu 300 Personen. gen Sowjetunion hatte sich die jüdische Ge- meinde seit den 80er Jahren stark vergrößert Die Umsetzung des Konzeptes musste in zwei Bauab- und seit Februar 2007 findet sehr aktives jüdi- schnitte aufgeteilt werden: Der erste Bauabschnitt sches Leben in der Neuen Synagoge statt. Erin- wurde 2011 in einem Schulbauprogramm realisiert, nerung, Gedenken und jüdische Gegenwart um ein Raumangebot für den Ganztagsbetrieb der liegen hier nah beieinander, und die jüdische Schule mit Mensa und Freizeitangeboten zu schaffen. Gemeinde hofft, dass das jüdische Leben in Gel- In diesem Zusammenhang wurde die Zwischendecke senkirchen eine gute Zukunft hat. abgerissen und der ursprüngliche Charakter des Rau- mes wiederhergestellt.Der zweite Bauabschnitt war für 2018 vorgesehen, mit einer zusätzlichen Öffnung der Aula als Versammlungsstätte für nachhaltige au- Weitere Projekte ßerschulische Bildung und Entwicklung, aber auch für Lesungen und Konzerte. Für die außerschulische Jüdischer Betsaal Nutzung wurde ein Nutzungskonzept erarbeitet, das 1958 weihten die wenigen Überlebenden des Holo- die hohe Standort- und Gebäudequalität berücksich- caust in Gelsenkirchen wieder eine Synagoge in der tigt. Eine Verzögerung der Umsetzung erfolgte mehr- Von-der-Recke-Straße ein, die aus einem Betraum, mals, weil für dieses Projekt keine nachhaltige Trä- einem Schulraum für den Unterricht der Kinder, Ver- gerschaft gefunden werden konnte. waltungsräumen und einem Versammlungsraum be- stand. Zusätzlich gab es einen Hof, in dem man eine Laubhütte am Laubhüttenfest aufbauen konnte.

56 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 6. Das Experiment wird zur Regel

Nachdem 2007 der Neubau der Synagoge in der Georg- Entwicklung der Wohnimmobilien straße am Standort der ehemaligen 1938 von den Die Wohnimmobilien in der City sind ausschließlich Nationalsozialisten abgebrannten Synagoge fertig im Besitz privater Eigentümer, die in der Regel über gestellt worden war, wurde der ehemalige jüdische eine einzelne Immobilie verfügen. Nur wenige Ge- Betsaal in der Von-der-Recke-Straße 2009/2010 zu bäude sind in Eigentumswohnungen aufgeteilt. Die einer Begegnungsstätte umgebaut. Mit der feierli- Bereitschaft zur Investition nahm mit dem sichtba- chen Eröffnung durch die damalige Vorsitzende des ren Trend der Aufwertung in der City bei den privaten Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Immobilienbesitzern zu. Zur Unterstützung der Ar- Knobloch, wurden die Räumlichkeiten ihrer neuen beit und im Erfahrungsaustausch mit den anderen Bestimmung übergeben. Gelsenkirchener Stadterneuerungsgebieten Schalke, Hassel. Westerholt.Bertlich, Tossehof und Südost or- Zentraler Bestandteil des Nutzungskonzeptes war die ganisierte das Stadtumbaubüro regelmäßige Treffen, Herrichtung der alten Räumlichkeiten zu einem mu- um die Erneuerungsstrategien zu diskutieren. Diese sealen Ort der Begegnung und des Austausches. Treffen wurden über einen langen Zeitraum von der Neben der Durchführung von Ausstellungen zur jüdi- „Serviceplattform für regionale Altbauinitiativen Alt- schen Geschichte sollten die Räumlichkeiten insbe- BauNeu“ vertreten durch das Büro GERTEC aus Essen sondere als Lernort für Kinder und Jugendliche und begleitet.

Das Gebäude des jüdischen Betsaals in der Innenansicht des jüdischen Betsaals Von-der-Recke-Straße zur Erwachsenenbildung, aber auch als für die Öf- Aus diesem Kreis entstand 2009 das Modellprojekt fentlichkeit zugängliche Begegnungsstätte herge- der Bestellung eines Modernisierungsberaters für die richtet werden. Der historische Betsaal bereichert Wohnimmobilien in der City durch einen externen das kulturelle Angebot in Gelsenkirchen und schafft Architekten. Bis Anfang 2013 gelang es, rd. 175 Be- einen neuen Kommunikationsort für Veranstaltun- ratungen und rd. 70 Modernisierungsmaßnahmen gen aller Art. unterschiedlicher Größe in der City durchzuführen.

57 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 6. Das Experiment wird zur Regel

Der Modernisierungsberater beriet die Eigentümer vaten Eigentümer wurde meistens das Haus- und über das Haus- und Hofflächenprogramm sowie über Hofflächenprogramm bevorzugt. alle weiteren verfügbaren Förderprogramme, die in der Regel auf Kreditbasis vergeben werden. Aufgrund Die Kernprobleme des Wohnstandortes City konnten der oftmals bescheidenen finanziellen Lage der pri- auf diesem Wege jedoch nicht hinreichend gelöst

Michael Karutz Ehemals Mitarbeiter CIMA, jetzt Stadt Gelsenkirchen

Wenn Sie die Situation vor Beginn des Stadt- tive und Stadtmarketing, umbaus um das Jahr 2000 und heute verglei- die mit der Umgestaltung chen, was hat sich verändert? Welche bleiben- des Heinrich-König-Platzes zum lebendigen den Risiken sehen Sie für die weitere Entwick- Stadtplatz nachhaltig neue Gestaltungsspiel- lung der Geschäfte an der Bahnhofstraße und räume bekommen haben. den Nebenlagen? Die Einzelhandelsentwicklung in der Gelsenkir- Der Strukturwandel im Einzelhandel durch Digi- chener City verlief in den letzten zwanzig Jah- talisierung und E-Commerce, aber auch die an- ren sehr dynamisch und war sowohl von positi- haltende Migration kaufkraftschwächerer ven als auch negativen Entwicklungen geprägt. Be-völkerungsschichten in den Stadtsüden, Anfang der 2000er Jahre schuf der Beginn des stellen die Gelsenkirchener City vor neue He- Stadtumbauprozesses mit der Neugestaltung rausforderungen. Neue einzelne Ladenleer- der Bahnhofstraße und dem initiierten Fassa- stände und Sonderpostenverkäufe sind ein denprogramm eine Aufbruchsstimmung. Der Indiz für Schrumpfungsprozesse. Die Kernlage intensive Dialog zwischen Handel und Immobi- Bahnhofstraße muss als konsumige Einkaufs- lieneigentümern, auch begleitet durch die lage erhalten bleiben, Ahstraße und Haupt- Gründung der Cityinitiative e.V., setzte Investi- straße sind auch in Zukunft als Standortlage tionen frei. Die ersten sich abzeichnenden Tra- der Spezialisten zu profilieren. Weitere Zulauf- ding-Down-Prozesse Ende der 1990er Jahre lagen sollten für urbanes Gewerbe, Startups auch in Folge der Eröffnung des CentrO Ober- und Kreativwirtschaft erschlossen werden. hausen sowie einer ersten Schließungswelle von inhabergeführten Geschäften und „Regio- Des Weiteren sind attraktive Wohnstandorte zur nalisten“ konnten gestoppt werden. Bindung kaufkraftstärkerer Bevölkerungsgrup- pen zu entwickeln. Ebenso ist die Ansiedlung 2006 zur Fußballweltmeisterschaft in Gelsen- eines Behördenstandortes oder einer universi- kirchen präsentierte sich die Bahnhofstraße als tären Einrichtung am Cityrand denkbar. Alle Konsummeile mit nur wenig Leerstand. Die An- diese Maßnahmen können dazu beitragen, Pas- siedlungen von Primark und TK Maxx machte santenfrequenzen in der City zu sichern, die der die Gelsenkirchener City kurzzeitig zum Mekka Einzelhandel zukünftig nicht mehr erzeugen jugendlicher Schnäppchenjäger mit Folgean- wird. Die Herausforderungen bleiben hoch – die siedlungen von „Fast Fashion Retailern“. Stabili- City Gelsenkirchen bedarf weiterer Förderung, sierend wirkte auch die Professionalisierung um den Stadtumbau positiv weiterzuentwickeln. der Veranstaltungen in der City durch Cityinitia-

58 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 6. Das Experiment wird zur Regel

Moderne Gewerbeimmobilie in der Bahnhofstraße 12_14 in der Planungsansicht des Architekturbüros

werden. Umfassende Modernisierungen wie die Her- Nach der Geschäftsaufgabe von Sinn & Leffers über- stellung von Barrierefreiheit, der Anbau von Balko- nahm Primark 2010 das Gebäude Bahnhofstraße 39– nen oder eine gründliche energetische Sanierung 47 und erzielte mit seinen preiswerten Angeboten eine waren durch die Eigentümer meist nicht finanzierbar hohe Nachfrage. Bis zur Einrichtung weiterer Filialen bzw. hätten zu nicht realisierbaren hohen Mieten in den Nachbarstädten füllte sich die Bahnhofstraße geführt. Hier müssen neue weiterführende Strate- bereits vor den Ladenöffnungszeiten vor allem mit gien entwickelt werden. jungen Kunden.

Die kontinuierlichen Bemühungen der ISG Bahnhof- Entwicklung von Einzelhandel und Gewerbe straße/Arminstraße und ihrer City-Managerin tru- Im Zeitraum 2008 bis 2012 fand eine kontinuierliche gen mit der Organisation von Festen und Veranstal - Aufwertung der Bahnhofstraße und ihrer nahen Um- tungen zur weiteren Belebung bei. gebung statt. Neben Abriss und einem anspruchsvol- len Neubau in der Bahnhofstraße 12–14 wurden an Schwieriger gestaltete sich die Entwicklung in den zahlreichen Gewerbeimmobilien Fassadenerneuerun- Nebenlagen. In der Hauptstraße war bislang keine gen und zum Teil auch Modernisierungen der Gewer- ISG zustande gekommen. Die Einzelhändler bemüh- beflächen durchgeführt. Die Einhaltung der Gestal- ten sich um Imageverbesserungen durch einzelne tungssatzung bei der Neugestaltung von Fassaden und Aktionen, die von der Wirtschaftsförderung hilfreich Werbeanlagen trug deutlich zur Qualitätsverbesserung unterstützt wurden. Leerstände wurden eher durch bei. Ladenleerstände waren meist nur noch vorüber- Billiganbieter und Second-Hand-Läden gefüllt. gehender Natur.

59 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 7. Weiterführung der Regelförderung

7. Weiterführung der Regelförderung Stadtumbau West 2013–2019

Die Förderphase 2013–2019 ist gekennzeichnet tag GE|WOHNT|GUT im Wissenschaftspark, wie auch durch die Weiterführung und Realisierung der begon- der regionale Wohnungsmarktbericht und ein regio- nenen bzw. im bisherigen Handlungsprogramm ge- nales Wohnflächenmonitoring liefern dazu nützliche planten Projekte. Durch Verschiebungen im Planungs- Anregungen. ablauf und unvorhergesehene Mehrkosten vor allem bei den Großprojekten Heinrich-König-Platz und Ebertstraße konnten die zeitlichen Ziele des Stadt- Öffentlichkeitsarbeit umbauprogramms nicht, wie zunächst geplant, ein- gehalten werden. In Abstimmung mit den politischen Öffentlichkeitsarbeit im Zeitraum 2013–2019 bedeu- Gremien der Stadt und dem Fördermittelgeber wurde tet, wie auch in den Jahren zuvor, laufende Bericht- das Handlungsprogramm jährlich aktualisiert. erstattung über Arbeitsprozesse und Projekte in schriftlicher Form über Flyer und Plakate, in mündli- In dieser Zeit wurde aber auch deutlich, dass weitere cher Form über Einzelgespräche, kleinere und grö- und längerfristige Strategien entwickelt werden ßere Versammlungen im Stadtumbaubüro oder in müssen, um den Stadterneuerungsprozess abzusi- anderen Versammlungsstätten in der City. chern. Ein großes Thema betrifft das Wohnen in der Innenstadt. Zu einer dauerhaften Qualitätsverbesse- So zum Beispiel beim Bauvorhaben des Heinrich- rung ist es notwendig, den bis zu 10 % angestiege- König-Platzes: Die Fertigstellung von Projekten nen Leerstand im Wohnungsbestand der Innenstadt wurde zur Eröffnung regelmäßig mit öffentlichen zu beseitigen. Die bisherigen Instrumente reichen Festen gefeiert. Im Juni 2014 fand mit Fertigstellung dazu nicht aus. des „Deckels“ ein Halbzeitfest statt, im Mai 2017 konnte mit einem großen Fest der neue Platz feier- Die stark befahrene Ringstraße mit ihren Lärm- und lich eröffnet werden. Abgasemissionen übt einen negativen Einfluss auf die angrenzenden Wohnquartiere aus. Es wird darü- Auch zur Einweihung des Spielplatzes im Stadtgarten ber nachgedacht, den Stadterneuerungsprozess in fand mit der Bezirksbürgermeisterin und den inte- einem veränderten Programmgebiet weiterzuführen ressierten Kindergruppen im kleineren Rahmen ein mit einem Schwerpunkt auf den beidseitig der Ring- Eröffnungsfest statt. straße liegenden Wohngebieten und einem Umbau der Ringstraße. Hierzu gehört auch, über neue Ei- Ein offenes und kontinuierliches Informationsange- gentumsformen nachzudenken, um Angebote für bot stellte bis zu ihrem notwendigen Abriss 2017 die eine breite Mischung von Bewohnern anbieten zu Bluebox dar. Im Laufe der Jahre war aus dem Infopa- können. villon zunehmend ein beliebter Versammlungsort ge- worden, der zum Beispiel für Kinovorführungen, Im Förderzeitraum 2013 bis 2019 rückt neben einer Vorträge, Lesungen und Musikdarbietungen genutzt Weiterführung der bisherigen Instrumente der Be- wurde. Der Abriss erfolgte wie geplant im Zusam- standsentwicklung die Unterstützung von Neubau- menhang mit dem Baubeginn des dritten Bauab- projekten stärker in den Vordergrund. Die vorhande- schnittes der Ebertstraße. nen Netzwerke wie der Runde Tisch der Wohnungs- wirtschaft, die einmal jährlich stattfindende Woh- Bei Festen und Konferenzen bot das Stadtumbaubüro nungsbörse auf dem Neumarkt und der Immobilien- regelmäßig Führungen an, um die Fortschritte des

60 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 7. Weiterführung der Regelförderung

Stadtumbaus einer interessierten Öffentlichkeit zu Angebotsverbesserung des Wochenmarktes auf dem zeigen, so z. B. am Tag der Städtebauförderung, am Margarethe-Zingler-Platz, untersuchte eine mögliche Tag der Architektur oder am Tag des offenen Denkmals. Verlegung des Wochenmarktes auf den Heinrich- König-Platz und unternahm verschiedene Aktionen Für die Öffentlichkeitsarbeit standen im Förderpro- zur Beseitigung des Leerstands und zur Qualitätsver- gramm Mittel zur Verfügung, die für folgende Ausga- besserung der Angebote. So wurde 2015 ein von vie- benschwerpunkte verwendet wurden: Druckkosten len Gelsenkirchenern lange ersehnter Bioladen für Plakate und Flyer, Layout Publikationen, Veran- („Biokörbchen“) mit einem vielfältigen Angebot als staltungen zur Einweihung von Projekten, Raummie- Nachfolger eines Reformhauses eingerichtet. ten für Veranstaltungen zur Beteiligung, Bewirtschaf- tung der Bluebox, Bauzaungestaltung Heinrich-König- Ein City-Management für die Hauptstraße im Stra- Platz, Schaufenstergestaltung zum Leerstandsabbau. ßenabschnitt zwischen Altem Markt und Margarethe- Zingler-Platz wurde durch die anliegenden Eigen- tümer von Gewerbeimmobilien und einige Einzel- Stärkung von Einzelhandel händler 2014 als Verein gegründet. Die durchgeführ- und Gewerbe ten Aktivitäten beziehen sich auf festliche Aktivi- täten zur Belebung dieses Straßenabschnitts, eine Mit der Fertigstellung des Neubaus auf dem Marga- jährliche Weihnachtsbeleuchtung und die Anbrin- rethe-Zingler-Platz im Jahr 2013 und dem Umzug des gung von Blumenampeln. Seit der Beseitigung des REWE-Supermarktes in das dortige Erdgeschoss ver- großen Leerstands des ehemaligen REWE-Marktes besserte sich zwar das Angebot an dem neuen Stand- mit der Wiederbesetzung durch TEDi hat die Attrakti- ort, erzeugte aber einen empfindlichen Leerstand in vität der Hauptstraße wieder deutlich zugenommen. der Hauptstraße, der erst Jahre später durch den großflächigen Haushaltswarenanbieter TEDi besei- Eine ergänzende Aktion zur Leerstandsbeseitigung tigt werden konnte. bestand in einer künstlerischen Ausgestaltung der Schaufenster durch farbige Kollagen und histori- Die Wirtschaftsförderung hatte sich in vielfältigen schen Fotos, gekoppelt mit dem Vermietungskontakt. Verhandlungen um eine geeignete Nachfolgenutzung Für alle gewerblichen Immobilien wurde auch weiter bemüht. In Kooperation mit dem Stadtumbaubüro hin mit dem Modernisierungsprogramm zur Aufwer- und der Interessengemeinschaft Hauptstraße be- tung der Gewerbeflächen geworben, das vielfach an- mühte sich die Wirtschaftsförderung auch um eine genommen wurde. So zum Beispiel für den oben

Stärkung des Einzelhandels in der Fußgängerzone der Hauptstraße – links der Naturkostladen „BioKörbchen“

61 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 7. Weiterführung der Regelförderung

erwähnten Bioladen in der Hauptstraße 10, für wei- der Platz eine neue Verbindung zwischen Neumarkt, tere kleine Läden in der Hauptstraße 15 und in der Ebertstraße und Ahstraße, öffnet den Blick auf die Weberstraße 52, für einen größeren Umbau über zwei zwei am Platz befindlichen Kirchen und bietet Aufent- Etagen für das Restaurant Mr. Chicken in der Bahnhof- haltsqualität und Raum für Feste und Begegnungen. straße 77, für das Modehaus Schmitz in der Bahnhof- straße 32-34 und für den Umbau eines Ateliergebäu- Die einheitliche Gestaltung schafft mit dem anschlie- des in der Ruhrstraße 11a, um nur einige zu nennen. ßenden Umbau der Ebertstraße eine Verbindung über das Hans-Sachs-Haus bis hin zum Musiktheater und lässt das Musiktheater als überregional bedeu- Bauprojekte bis 2019 tende kulturelle Einrichtung wieder näher an die City rücken. Die Neugestaltung der Stadtbahnstation und Umsetzung des neuen Heinrich-König-Platzes ihrer Zugänge fanden in der Öffentlichkeit besondere Die Entscheidung des Wettbewerbsverfahrens 2009 Beachtung. Die Eingänge bilden transparente glä- wurde in einer öffentlichen Ausstellung präsentiert. serne Baukörper. Am nördlichen Eingang wurde der Während der folgenden Planungsphase und fortlau- Anbau eines öffentlichen WCs angegliedert. Zwei neue fend auch nach Baubeginn im Januar 2013 wurden Aufzüge und ein durchgängiges taktiles Blindenleit- die Bürger über den aktuellen Stand der Planung und system sichern die Barrierefreiheit für alle Benutzer, des Baufortschritts informiert. Im Ergebnis wurde als das Lichtsystem aus Lichtstelen entsprechend dem zentraler Punkt des Planungskonzeptes die Herstel- Corporate Design schafft auch in den Abendstunden lung einer übersichtlichen ebenen Oberfläche durch eine sichere Begehbarkeit. Am Standort des ehemali- die Deckelung der großräumigen terrassierten Zu- gen, im Krieg zerstörten Augustinushauses entstand gangsöffnung zur Stadtbahn erreicht. Damit schafft der Georgshain, ein auf einer rechteckigen Fläche

Der neue Heinrich-König-Platz (2017) Aktion „StadtLesen“ im Sommer 2017 auf dem Heinrich-König-Platz

Freier Blick in der Ebertstraße Richtung Musiktheater Der Umbau der Ebertstraße ist fast fertig (05/2019) 62 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 7. Weiterführung der Regelförderung

Dr. Siegbert Panteleit SPE. Standort- und Projektentwicklung

Welche Strategie wird für eine bleibende öko- ben. Die mit diesen Auf- nomische Stärkung der Gelsenkirchener City gaben verbundene Fort- gebraucht? setzung des Stadtumbaus Die Gelsenkirchener Innenstadt ist für weit über setzt eine Vielzahl ökonomischer Potenziale frei 300.000 Einwohner über hervorragende Ver- und macht die Innenstadt von Gelsenkirchen kehrsanbindungen in kurzer Zeit erreichbar. zum Schwerpunkt privater Investitionen. Woh- Umgekehrt ist die Region von der zentralen Lage nen im Parterre von Nebenlagen, Neubauten in der Innenstadt aus hervorragend erschlossen; versiegelten Hinterhöfen, Aufstocken von Ge- vom Hauptbahnhof liegt der internationale bäuden und Gestalten von grünen Dachland- Flughafen Düsseldorf nur 30 S-Bahn-Minuten schaften sind unter dem Leitgedanken einer entfernt. Dieser besondere Standortvorteil ist Nachverdichtung nur einige Ansätze für zukünf- nicht allein durch das seit den siebziger Jahren tiges Handeln. geltende Innenstadtmodell voller Ladenketten, das in hunderten deutscher Einkaufszonen zu Wie kann sich diese Initiative in Zukunft finden ist, in wirtschaftlichen Erfolg umzumün- selbst tragen? zen. Die ökonomische Vitalisierung muss über Das Handeln kann dabei nicht allein der öffent- die allerorten propagierten Erlebniseinkaufs- lichen Hand überlassen werden. Dies ist eine und Gastronomieangebote hinausgehen. Den aktive Managementaufgabe. Qualifizierte und wichtigen Funktionen der Stadt wie Wohnen, bonitätsstarke Immobilien- und Standortge- Arbeiten und Freizeit ist in der zentralen und meinschaften spielen eine tragende Rolle für bestens erreichbaren Lage wieder mehr Raum die nachhaltige organisatorische und finan- zu geben. Akteure der Innenstadt sind nicht zielle Unterstützung. Das Beispiel der Innen- nur Einzelhändler, Gastronomen und Konsu- stadt Buer zeigt seit dem Jahr 2000, wie auch menten, sondern auch Dienstleister, Handwer- mit informellen Strukturen wirtschaftliche ker, Bewohner und besonders Kinder, die mit Erfolge bei der Innenstadtentwicklung zu ihrem spielerischen Entdecken die Stadt bele- erzielen sind. angeordneter kleiner „Wald“ aus hellen Gleditsien ßige Bürgersprechstunden, die jeweils in der Presse und darunter angeordneten Sitzgelegenheiten. veröffentlicht wurden. Daneben bietet ein Fontänenfeld eine zusätzliche Attraktion für Kinder und Erwachsene. In unmittel- Außerdem bestand kontinuierlicher Kontakt zu ver- barer Nähe des Georgshains fand auch das Denkmal schiedenen Multiplikatoren in der City, zum Beispiel für den Namensgeber des Platzes einen neuen Stand- der City Initiative und dem Citymanagement. Mit dem ort: Heinrich König war ein Gelsenkirchener Priester, Halbzeitfest im Juni 2014 und der feierlichen Eröff- der sich dem Nationalsozialismus widersetzte und nung des Platzes im Mai 2017 feierte die ganze Stadt im KZ Dachau umkam. die Wiederherstellung ihrer neuen Mitte. Seit der of- fiziellen Eröffnung wird der Platz neben der erweiter- Die Öffentlichkeit wurde durch Veröffentlichungen ten Nutzung als Außengastronomie mit diversen und Versand von Newslettern zum aktuellen Stand Veranstaltungsformaten bespielt (Feierabendmarkt, der Baumaßnahmen auf dem Laufenden gehalten. In Stadtlesen, GE-Spaña, Street Food/Beach Festival, der Bluebox und im Stadtumbaubüro gab es regelmä- Weihnachtsmarkt).

63 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 7. Weiterführung der Regelförderung

Ebertstraße Sichtbeziehungen zwischen dem Hans-Sachs-Haus Die Ebertstraße ist die Verbindung zwischen Hein- und dem Musiktheater, um eine Verbesserung der rich-König-Platz und Musiktheater. Ihr Umbau soll Wegebeziehungen und der Aufenthaltsqualität für die Verbindungen sichtbar machen, aber auch den Kinder, Jugendliche und Erwachsene, um ruhenden Verkehrsfluss während des Umbaus der angrenzen- und Durchfahrtsverkehr und um die Neugestaltung den Großprojekte Heinrich-König-Platz und Hans- der Stadtbahnhaltestelle. Sachs-Haus gewährleisten. Anknüpfend an den bisherigen Beteiligungsprozess Der Umbau der Ebertstraße musste in mehreren Bau- und mit Blick auf den bevorstehenden Baubeginn des abschnitten erfolgen. Der erste Bauabschnitt bezog 3. Bauabschnitts wurden im Januar 2016 erneut In- sich auf den Eingangsbereich vor dem Hans-Sachs- formationen zur geplanten Baumaßnahme an alle Haus und musste rechtzeitig vor Fertigstellung die Immobilieneigentümer verschickt. Zeitgleich fanden Erschließung des Hauses ermöglichen. Hier ging es laufend persönliche Gespräche mit den wichtigen Ak- um Grundsatzentscheidungen zur Pflasterung in Ab- teuren, Multiplikatoren und Gewerbetreibenden stimmung mit der Planung des Heinrich-König-Plat- statt. Trotz vorhandener Beschlüsse und intensiver zes, um Klärungen zum Durchfahrts- und zum ruhen- Abstimmung kam es vor Baubeginn zu erheblichen den Verkehr, um Regelungen des Kurzzeitparkens, Protesten von Bürgergruppen vor allem wegen der der Behindertengerechtigkeit und der Stadtmöblie- geplanten Baumfällungen. Nach sorgfältiger Über- rung auf der Grundlage des Corporate Design. Der prüfung konnten elf weitere Bäume erhalten werden, Bauabschnitt wurde 2012 zeitgerecht vor der Eröff- sodass der Baubeginn im Herbst 2017 erfolgen nung des Hans-Sachs-Hauses fertiggestellt. konnte. Die Fertigstellung ist für 2019 vorgesehen.

Der zweite Bauabschnitt betraf den Anschlussbereich Ob es einen 4. Bauabschnitt geben wird, ist noch zwischen Hans-Sachs-Haus und Heinrich-König-Platz. offen. Hier wird geprüft, ob der Übergang zum Mu- Hier war insbesondere die Frage der Verkehrsführung siktheater neu gestaltet werden kann. Problematisch Gegenstand vieler Diskussionen, z. B. die Erreichbar- ist dabei die Wegeführung der beiden oberirdischen keit des Ärztehauses. Dieser Abschnitt wurde 2014 Stadtbahnlinien verbunden mit der Frage einer evt. fertiggestellt. Verlegung der Haltestellen.

Beim dritten Bauabschnitt, dem gestalterisch wich- Spielplatz Stadtgarten tigsten Bereich zwischen Vattmannstraße und Flora- Die Spielplatzfläche liegt mitten im Stadtgarten. Die straße, ging es um die Qualität des Freiraums, um brach liegende Fläche sollte durch ein neues Gestal-

Der neue Spielplatz im Stadtgarten mit Kletterturm für ... und Schaukeln für die größeren Kinder die kleineren ... 64 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 7. Weiterführung der Regelförderung

tungskonzept wiederbelebt werden, nachdem die geschaffen, das für die größeren Kinder Betäti- frühere Ausstattung baufällig war und abgebaut wer- gungsmöglichkeiten bietet. den musste. Vorhandene Bäume und Büsche bilden einen grünen und schattigen Rahmen. An der östli- Um Ideen für die neu zu gestaltende Fläche zu entwi- chen Längsseite der Spielplatzfläche bietet der Wall ckeln, wurde 2013 das Essener Landschaftsplanungs- des nur wenige Male am Tag befahrenen Bahngleises büro Davids Terfrüchte mit der Entwurfsplanung ein räumliches Rückgrat. Dieser Rahmen blieb bis auf und Kostenberechnung beauftragt. Ausgangs- bzw. wenige Eingriffe im Baumbestand bei der Neukon- Bedarfssituation wurden überprüft und die Anforde- zeption unverändert. rungen an die Neugestaltung des Spielplatzes entwi- ckelt. 2013 wurde in Zusammenarbeit mit dem Kin- Die Spielangebote sollten sich in die landschaftli- der beauftragten der Stadt Gelsenkirchen eine Betei- chen Gegebenheiten des Stadtgartens harmonisch ligung von Kindern durchgeführt. Die Gestaltungs- einfügen und auf den naturnahen Charakter des ideen der Kinder bildeten die Grundlage für die wei- Parks Bezug nehmen. tere Ausarbeitung des Entwurfs. Ausführungspla- nung und bauliche Umsetzung erfolgten in Zusam- Die Gesamtfläche wurde durch eine interne Wege - menarbeit mit dem städtischen Eigenbetrieb GEL- verbindung in Nord-Süd und Ost-West-Richtung in SENDIENSTE. Die Eröffnung fand im Oktober 2015 Spielbereiche für verschiedene Altersgruppen mit einem fröhlichen Kinderfest statt. gegliedert: Zweite Nachbearbeitung Elisabethplatz 2014 • Im nördlichen Teil befindet sich der Bereich für die Seit einigen Jahren war die Einwohnerzahl in Gelsen- kleinen Kinder mit Baumhaus, Balancierbalken, kirchen wieder gestiegen. Auch einfache und zum den vorhandenen Wackeltieren und einer großen Teil ungünstige Wohnlagen wurden wieder belegt. Sandspielfläche, Das Fehlen von ausreichenden Spiel- und Aufent- • im mittleren Bereich fanden eine Karussellschau- haltsangeboten für Jugendliche und junge Erwach- kel, Natursteinfindlinge und Robinienstelzen sene im gesamten Citybereich führte auf dem ihren Platz, eingebettet in Kletterhügel und Ra- Elisabethplatz zu neuen Konflikten. senwellen als Bewegungsparcours für die etwas älteren Kinder, 2014 erfolgte daher auf Drängen der Anwohner der • im südlichen Teil wurde eine Torschaukel aufge- Seniorenwohnanlage eine zusätzliche Ergänzung der stellt und ein eigener Bereich mit Tischtennis- Ausstattung in Form von Balancierbalken in der Mitte platte und umgebenden Bänken als Spielareal des Platzes, vor allem mit dem Ziel, das laute Fußball-

Eine weitere Nachrüstung des Elisabethplatzes mit Kinderbeteiligung

65 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 7. Weiterführung der Regelförderung

Neue Bäume in der nahen Umgebung auf dem Neubau von seniorengerechten Wohnungen und Margarethe-Zingler-Platz Nahversorgung am Margarethe-Zingler-Platz spiel der großen Jungen auf dem Platz zu erschweren. Außerdem wurde die lange Sitzbank an der östlichen Längsseite des Platzes neben dem Grundstück der Seniorenwohnanlage abgebaut, da sich die Anwoh- ner nach wie vor durch nächtlich lärmende Gruppen gestört fühlten. Es wurden stattdessen mehrere Bänke ohne Lehnen auf der westlichen Seite des Plat- zes angeboten.

Mittlerweile herrscht Frieden auf dem Platz. Entspre- chend den zahlreichen Familien ausländischer Her- Neubau von geförderten Wohnungen und Gewerbe kunft, die vermutlich eher wenig Raum in ihren in der Ringstraße/Ecke Weberstraße Wohnungen haben, ist der Platz von diesen Anwoh- nern meistens gut besucht. Den Jugendlichen wurde rethe-Zingler-Platz wird heute als Marktplatz ge- empfohlen, den nahe gelegenen Schulhof des Grillo- nutzt. Zur Steigerung der Aufenthaltsqualität wurden Gymnasiums, der unter anderem mit Basketball-Kör- 16 neue Bäume gepflanzt. ben ausgestattet ist, nach Schulschluss zu nutzen. Das mag auch dazu geführt haben, dass das lange Wohnprojekte: Margarethe-Zingler-Platz, Zeit verwahrloste und mit baufälligen Garagen be- Augustastraße, Ringstraße legte Grundstück an der Ringstraße 99, das einer Die Nachfrage nach barrierefreien, modernen Woh- Erbengemeinschaft gehörte, endlich bebaut werden nungen für ältere Menschen, aber auch für Familien konnte. Hier entstanden 40 geförderte Wohnungen mit Kindern hat in den letzten Jahren deutlich zuge- und zwei Gewerbeeinheiten. nommen. Dieser Bedarf ist in den Bestandsgebäuden nicht zu decken. Hier wäre ein Umbau entweder so Ein weiteres zentral gelegenes und viele Jahre freies kostenaufwändig, dass die Mieten nicht bezahlbar Grundstück an der Augustastraße 15–21 befindet wären, oder er wäre bauordnungsrechtlich nicht sich seit 2017 im Bau und wird in drei Etagen 50 ge- machbar. Der Neubau auf dem Margarethe-Zingler- förderte, im Dachgeschoss sechs nicht geförderte Platz, der 2013 fertig gestellt wurde und u.a. neben Wohnungen und in Erdgeschoss einen Gemein- dem Supermarkt im Erdgeschoss und der Geschäfts- schaftsraum und das Büro eines Pflegedienstes an- stelle des APD (Ambulanter Pflegedienst) 56 Woh- bieten. In allen drei Fällen handelt es sich um nungen für Senioren anbietet, konnte die drängen- Bauvorhaben privater Bauherrn. den Nachfragen nicht annähernd erfüllen. Der Marga-

66 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 7. Weiterführung der Regelförderung

Michael von der Mühlen Ehemaliger Stadtdirektor und Baustadtrat in Gelsenkirchen

Mit dem Antrag zur City hat Gelsenkirchen zum frühzeitig ansetzen und ersten Mal an einem ExWoSt-Programm teilge- dann von der Konzept - nommen. Wie schätzen Sie das Ergebnis ein? erarbeitung über die Konnte durch die Beiträge Gelsenkirchens das Planungsvorschläge zur Umgestaltung bis hin anschließend aufgestellte Regelprogramm zur kontinuierlichen Beteiligung im Rahmen „Stadtumbau West“ modifiziert und besser auf der baulichen Umsetzung ein integrierter Be- kommunale Bedürfnisse ausgerichtet werden? standteil des Planungs-, Entscheidungs- und Die gebietsbezogenen Förderprogramme der Umsetzungsverfahrens sein. Dazu gehört eine Städtebauförderung haben sich im Laufe der regelmäßige Vor-Ort-Präsenz der planenden Jahre immer stärker angenähert. Erstens wurde Verwaltung bzw. ihrer Beauftragten, regelmä- immer deutlicher, dass investive Programme ßige Info- und Diskussionsveranstaltungen mit immer auch einer Begleitung durch eine ange- Schlüsselakteuren und Anliegern, vielfältige messene Prozesssteuerung bedürfen. Zweitens laufende Informationen dieser Schlüsselak- wurde deutlich, dass eine wachsende Flexibili- teure durch Info-Briefe und Gespräche, die tät zwischen den einzelnen Programmbestand- Gründung und Pflege von Lenkungskreisen, teilen erforderlich ist. Und drittens wurde Beiräten u.ä., welche Vertreter aus politischen immer deutlicher, dass der 5-Jahres-Zeitraum Gremien, örtlicher Wirtschaft, Anliegern u.a. häufig zu kurz bemessen ist – das gilt insbeson- mit einbeziehen. dere für die Kommunen, die mit Beschränkun- gen ihres Haushaltes durch die Kommunalauf- Ein langjähriges Umgestaltungs- und Transfor- sicht leben müssen. mationsprojekt wie die Umgestaltung der City musste von der Öffentlichkeit einschließlich der Die Beteiligung der Bürger war regelmäßig ein Presse als Chefsache wahrgenommen werden. wichtiger Bestandteil der Projektbearbeitung. Dazu gehörte, dass der Stadtbaurat selber – Bei einigen Projekten gab es Dissens über die und zu entsprechenden Phasen auch die Beige- Zielrichtung und Gestaltung der Projekte ordneten für Wirtschaft oder Kultur – persön- (Bahnhofstraße, Ahstraße, Heinrich-König- lich als Promotoren wahrgenommen werden. Platz). Wortführer waren vor allem Geschäfts- Die Mitglieder der beteiligten politischen Gre- leute, die andere Gestaltungsvorstellungen mien haben immer wieder deutlich gemacht, vertraten oder aber – wie beim Heinrich- dass sie das Gesamtprojekt nachhaltig unter- König-Platz – ihre wirtschaftliche Existenz stützen, dabei in konkreten Fragen der Gestal- gefährdet sahen. Mit welcher Strategie der tung jedoch offen sind. Partizipation konnte die Stadtverwaltung die Bürger überzeugen, sodass die Projekte zu Letztlich hing der Erfolg auch an überzeugen- einvernehmlichen Lösungen führten? den Planungen von fachlich kompetenten Ak- Es bestand die Überzeugung, dass die Beteili- teuren. Eine kontinuierliche Beteiligung schärf- gung der Bürgerschaft mit vereinzelten Infor- te das Bewusstsein für Qualitäten auch bei den- mationsveranstaltungen und dem klassischen jenigen, die zu Anfang ausschließlich ihre eige- Repertoire der Beteiligungsformate (Anregun- nen Interessen und Befürchtungen einbrachten. gen und Bedenken) nicht ausreichend zu orga- Einige konnten sich im Laufe der Zeit zu Promo- nisieren ist. Der Beteiligungsprozess muss sehr toren des Gesamtprojektes entwickeln.

67 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | 8. Bewertung und Perspektive

8. Bewertung und Perspektiven Von Janine Feldmann

Es ist gelungen, das Erscheinungsbild und die Auf- Janine Feldmann, enthaltsqualität in der City deutlich zu verbessern. Leiterin der Koordi- Dies hängt zunächst mit den zahlreichen großen und nierungstelle der Stadt erneuerung kleinen Projekten im öffentlichen Raum zusammen, Gelsenkirchen deren Realisierung sehr deutlich durch eine aktive Beteiligung der städtischen Akteure, der Bewohner, der Geschäftsleute und der Eigentümer gestützt wurde. Die Akzeptanz der Projekte ist groß. Eine Qualitäts- verbesserung der City konnte aber auch dadurch er- reicht werden, dass zahlreiche Wohn- und Gewerbe- gebäude modernisiert wurden und damit auch der so eine stärkere soziale Mischung entstehen kann. Einzelhandel bessere Bedingungen erhielt. Die mo- Ebenso wäre es wichtig, verstärkt neue Arbeitsplätze dernisierten Ladenlokale sind für neue Betreiber und auf dem ersten und zweiten Arbeitsmarkt zu schaf- Kunden attraktiver geworden. Die City hat ihre Funk- fen. Hier könnte der Wissenschaftspark erneut ein tion als lebendiger Einkaufs- und Aufenthaltsort wie- kreativer Motor sein. der gewonnen. Ein wichtiger Faktor der Aufwertung der City ist selbstverständlich die Wiederherstellung Dies sind Aufgaben und Themen, die die gesamte und Inbetriebnahme des neuen Hans-Sachs-Hauses. Stadt betreffen. Wichtig ist außerdem, dass die res- Zahlreiche Mitarbeiter des Rathauses beleben seither sortübergreifende Zusammenarbeit der städtischen die City, Veranstaltungen, Konferenzen und Ausstel- Verwaltung weiter gepflegt und gefördert wird. So lungen sorgen für ein neues Publikum. kann die gesamtstädtische Stadterneuerung erfolg- reich sein. Wichtige Handlungsgrundlage, wenn auch anfangs heftig umstritten, war das durch den Gestaltungsbei- Das Besondere und Beispielgebende der bisherigen rat unterstützte Instrument der Gestaltungssatzung, Stadterneuerungspraxis in der Stadt waren der breite das verbindliche Regeln insbesondere für Werbeanla- ressortübergreifende Ansatz, die Experimentier- gen zur Vermeidung von gestalterischem Wildwuchs freude bei der Erfindung neuer Strategien und Pro- festlegte. Die Voraussetzungen dafür waren mit dem jekte, die sowohl durch die städtische Verwaltung einheitlichen Corporate Design geschaffen worden. und Politik als auch durch den Fördergeber unter- stützt und geschätzt wurde, die Kooperationsbereit- Nicht abgeschlossen sind nach wie vor eine Stabili- schaft unter den Kollegen und Kolleginnen und die sierung und Qualitätsverbesserung des Einzelhandels flachen Hierarchien in der Verwaltung. in den Nebenlagen und eine nachhaltige Verbesse- rung des Wohnungsangebots. Nur auf diesem Wege Es ist geplant, einen neuen Förderantrag zur Weiter- wird sich die City dauerhaft stabilisieren und ein po- führung der Stadterneuerung der City mit einem ver- sitives Lebensgefühl vermitteln. änderten Gebietszuschnitt zu stellen. Als Grundlage hierfürhat das Büro Schulten Stadt- und Raument- Da mit Stadterneuerung nicht alle gesellschaftlichen wicklungsplanung in Dortmund (SSR) eine Evalua- Probleme der Stadt zu bewältigen sind, müssten In- tion der bisherigen Arbeit durchgeführt. Der Schwer- strumente zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit punkt der künftigen Arbeit soll sich auf die Gebiete gefördert und politisch durchgesetzt werden, da nur östlich und westlich der Ringstraße erstrecken.

68 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | Die Projektgebiete

Maßnahmenübersicht Programmgebiet Stadtumbau Gelsenkirchen-City

Ebertstraße

Hauptstraße

Hans-Sachs-Haus

Heinrich-König-Platz Arminstraße

Treppenanlage Stadtum- Ahstraße baubüro

Bahnhofstraße

3URJUDPPJHELHW6WDGWXPEDX

*HOVHQNLUFKHQ&LW\ Schaffung von Wegeverbindungen

kulturelle Infrastrukturprojekte städtebauliches Leitprojekt Gestaltung von Stadtplätzen Quartiersentwicklung und Spielplatz- und Schulhofgestaltung Wohnumfeldverbesserung

städtebauliches Leitprojekt Standortentwicklung / lokale Ökonomie / Aufwertung von Anlaufstelle/Stadtteilmanagment Stadtmöbiliar und Gebäudefassaden 69

STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | Projekte und Finanzierung

Projekte und Finanzierung 2006–2018 Stadterneuerung Gelsenkirchen-City

Die öffentlichen Projekte in der Gelsenkirchener City Von den privaten Projekten sind hier nur die größten wurden im Rahmen der Programme ExWoSt und Stadt- Investitionen in Gewerbe- und Wohnimmobilien aufge- umbau West aus Bundes- und Landesmitteln der Städte- führt. Weiterhin beteiligen sich die Einzelhändler finan- bauförderung und einem meist 20-prozentigen Eigen- ziell an der City-Initiative. anteil der Stadt Gelsenkirchen finanziert. 00.0

PROJEKT GEGENSTAND/MASSNAHME REALISIERUNG KOSTEN

Öffentlicher Raum 2006–2018 Bahnhofstraße Erneuerung Straßenraum 2006 625.000 € Bahnhofsvorplatz Erneuerung Straßenraum 2006 650.000 € Bahnhofsvorplatz Kunstprojekt Pulsierendes Signallicht 2006 99.000 € Preuteplatz, Bahnhofsvorplatz Spielpunkte Giraffen und Eisbären 2006–2008 113.000 € Kurt-Neuwald-Platz Erneuerung Straßenraum mit Spielpunkt 2006–2008 174.000 € Elisabethplatz Stadtplatz 2006–2014 463.000 € Ah-/Klosterstraße barrierefreie Anlage 2007–2012 568.000 € Beschilderung Histor. Schilder 2008+2018 10.000 € Hauptstraße Erneuerung Straßenraum, Straßenmöbel 2008 36.000 € Corp.Design Umsetzung in Nebenstraßen (ELE) 2009–2017 327.000 € Immobilien- und Standortgem. Förd. von Anschaffungen (Winterlicht u.a.) 2008–2017 128.000 € Kirch-/Weberstraße Erneuerung Straßenraum (Grüner Faden) 2008 230.000 € Robert-Koch-Straße Spielplatz und Grünanlage 2008–2012 328.000 € Platz der Alten Synagoge Platzgestaltung 2008 90.000 € Grillo-Gymnasium Freiraumgestaltung 2008–2010 47.000 € Grundschule Georgstraße Schulhofgestaltung 2011–2013 90.000 € Stadtgarten Spielplatz 2013–2016 107.000 € Ringstraße Machbarkeitsstudie Umbau 2009–2012 15.000 € Heinrich-König-Platz Platzgestaltung 2008–2018 11.300.000 € Ebertstraße Erneuerung Straßenraum u. Platzgestaltung 2010–2020 7.500.000 € Güterbahnhof Schalke-Süd Zwischennutzung 2008 250.000 €

Ansicht der Bahnhofstraße Spielplatz an der Robert-Koch-Straße

70 STADTERNEUERUNG GELSENKIRCHEN: Umbau City | Projekte und Finanzierung

PROJEKT GEGENSTAND/MASSNAHME REALISIERUNG KOSTEN

Öffentliche Gebäude 2008–2018 Bluebox Infopavillon 2008–2009 92.000 € Jüdischer Betsaal Umgestaltung 2009–2010 130.000 € Gertrud-Bäumer-RS Umbauplanung der alten Aula (1. BA) 2010–2016 67.000 € Hans-Sachs-Haus* Gebäudeerneuerung ** 2009–2011 45.000.000 €

Private Gebäude 2009–2018 Wohngebäude City** Mod. priv. Wohngeb. (Haus- u. Hoffl.Progr.) 2008–2018 400.000 € Gewerbegebäude City** Mod. priv. Gewerbegeb. (Mod.Progr.) 2008–2018 306.000 € Neubau Marg.-Zingler-Platz*** Wohnen und Gewerbe 2011 20.000.000 € Neubau Augustastr. 15–21*** Wohnen und Ambulante Pflege 2017–2019 8.800.000 € Neubau Ringstr. 99*** Wohnen und Gewerbe 2018 6.700.000 €

Overhead Overhead – Sachkosten bis 2018 250.000 € Projektsteuerung bis 2018 2.700.000 € Öffentlichkeitsarbeit bis 2018 320.000 € City-Management City-Initiative (Anteil City-Managerin 50%) bis 2016 110.000 € Eigentümerberatung Werkvertrag Berater 2009–2012 190.000 €*

*nur KG 200-400 DIN 276 **hier nur Anteil öff. Förderung ***Gesamtkosten priv. Investition

Beteilung bei der Spielplatzplanung im Stadtgarten Ansicht des Grillo-Gymnasiums

Der „blaue Weihnachtsbaum“ auf dem Neumarkt Gastronomie in der Arminstraße

71 Herausgeber: Stadt Gelsenkirchen Der Oberbürgermeister

August 2019