1 [23] 27. Juni 1967: Fraktionssitzung

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1 [23] 27. Juni 1967: Fraktionssitzung SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 27. 06. 1967 [23] 27. Juni 1967: Fraktionssitzung AdsD, SPD-BT-Fraktion 5. WP, 68 Überschrift: »Protokoll der Fraktionssitzung vom 27. Juni 1967«. Dauer: 17.10–21.05 Uhr. Anwesend: 177. Vorsitz: Schmidt; von 17.50–18.00 Uhr Möller. Bundesregierung: Brandt, Heinemann, Lauritzen, Schiller, Schmid, Wehner; StS: Ehmke. PStS: Börner, Jahn. Gäste: Whitlam. Protokoll: Daul. Datum der Niederschrift: 20. 7. 1967. Sitzungsverlauf: A. Informationen B. Vorbereitung der Plenarsitzungen u. a. Parteiengesetz, Notstandsgesetzgebung C. Vorlagen aus den Arbeitskreisen Es liegt der Fraktion eine »Information über den Bundeshaushalt 1967« (Anlage 2)1 vor, die nicht Bestandteil der Fraktionsberatungen ist. Pressemitteilungen über Fraktionssitzung: Anlagen 3 und 4.2 Vor Eintritt in die Tagesordnung begrüßt Helmut Schmidt Mr. Whitlam, den Vorsit- zenden der australischen Labour-Partei3, und spricht Kurt Mattick die Glückwünsche der Fraktion zum 59. Geburtstag aus. Punkt 1 der Tagesordnung:4 Dr. Tamblé fragt nach den Stellenanforderungen für die Bundesregierung. Er habe gehört, alle Stellen seien bis auf 34 gestrichen worden, davon 17 allein für den Bundes- kanzler vorgesehen. Hans Hermsdorf antwortet, der Haushaltsausschuß habe nur die Anforderungen der Regierung zur Kenntnis nehmen können. Er halte die Streichungen durch das Kabinett für eine schlechte Ausgangsposition. Lauritz Lauritzen erklärt, die SPD-Minister hätten die Stellen bekommen, die für sie unbedingt notwendig seien; das Gesamtergebnis sei akzeptabel. Werner Jacobi fragt nach dem Verteilungsverhältnis der restlichen 17 Stellen. Lauritz Lauritzen erklärt, 12 oder 13 von diesen 17 Stellen seien an die SPD gegangen. Hans Matthöfer fragt Minister Brandt nach den Voraussetzungen für die angekündigte Assoziierung Spaniens an die EWG und fordert als wichtigste Voraussetzung Koali- tions- und Informationsfreiheit. Willy Brandt antwortet, es handele sich noch nicht um eine Assoziierung, sondern um einen Handelsvertrag für sechs Jahre.5 1 Liegt dem Protokoll bei. 2 Liegen dem Protokoll bei. 3 Whitlam befand sich auf einer Informationsreise durch Europa, vgl. FAZ vom 23. Juni 1967, S. 4. 4 TO liegt dem Protokoll bei. In dieser Sitzung nicht mehr behandelt wurden die TOP 4 »Ausländer- gesetz«, 5 »Nächste Termine« und 6 »Verschiedenes«. Als nächste Termine waren aufgeführt: »evtl.« 6. Juli, Fraktionssitzung; 3. Oktober, 14.30 Uhr Vorstand, 17.00 Uhr Fraktion; 4. Oktober, 14.30 Uhr Plenum, 5. Oktober, 9.00 Uhr Plenum, 6. Oktober, 9.00 Uhr Plenum. 5 Auf seiner Sitzung am 26./27. Juni in Brüssel beauftragte der EWG-Ministerrat die Ständigen Vertre- ter, den Entwurf eines Mandats für die Eröffnung von Verhandlungen mit Spanien auszuarbeiten. Copyright © 2016 KGParl Berlin 1 SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 27. 06. 1967 Alwin Brück fragt den Fraktionsvorstand nach den Grundstücksgeschäften des Bun- destagspräsidenten6 und fordert eine Untersuchung. Erwin Schoettle und Dr. Mommer antworten, auch ihnen sei nur das bekannt, was in den Zeitungen stehe. Einer der Vizepräsidenten solle mit Bundestagspräsident Ger- stenmaier über diese Angelegenheit sprechen. Hermann Schmitt-Vockenhausen fragt Minister Schiller, was für die ausreichende Benzinversorgung der freien Tankstellen getan werde. Hermann Haage ergänzt, daß die freien Tankstellen seit der vergangenen Woche keinerlei Treibstoff von den Großgesell- schaften mehr erhalten. Prof. Schiller antwortet, daß Verhandlungen im Gange seien, die die Versorgung si- cherstellen sollen. Hans Hermsdorf fragt, ob sich das Kabinett mit den laufenden Indiskretionen über die Beratungen im Finanzkabinett, die schädlich für die wirtschaftliche Entwicklung seien, befaßt habe. Prof. Schiller erklärt, Alex Möller habe einen Brief an Minister Strauß geschrieben, den man zunächst abwarten wolle; Strauß habe eine Überprüfung zugesagt. Helmut Schmidt erklärt, daß das Kabinett erst am 4. oder 5. Juli endgültige Beschlüsse zur Finanzpolitik fassen könne, die Fraktion müsse heute vordringlich die bevorste- hende Notstandsdebatte beraten. Nach den Kabinettsbeschlüssen werde am Donnerstag eine Koalitionsbesprechung folgen. Er schlägt vor, für den 6. Juli Arbeitskreissitzungen und am 7. Juli eine Fraktionssitzung einzuberufen.7 Die Fraktion erklärt sich ein- verstanden. Dr. Enders fragt, wie es um die Erklärung des Bundeskanzlers, es bestehe Einigkeit über die Wahlrechtsreform, stehe.8 Willy Brandt antwortet, es müsse die Vorlage des zuständigen Ministers9 zunächst abgewartet werden, die man eingehend prüfen werde. Dies bedeute keine Bindung, die Entscheidung des Parteitages bleibe abzuwarten. Herbert Wehner ergänzt, Minister Lücke habe zugesagt, daß der SPD-Wahlrechts- kommission alle Unterlagen der Kommission beim Innenministerium zugänglich ge- macht werden. Punkt 2 der Tagesordnung: Zur 2. und 3. Beratung des Parteiengesetzes10 erklärt Martin Hirsch, der Arbeitskreis VII11 habe Bedenken gegen die Steuerfreiheit von Parteispenden. Dr. Adolf Arndt erläutert, warum er diese Regelung für unsozial hält. Ludwig Fellermaier erklärt, die (Bulletin der EWG 8/1967, S. 97 f.). Der spanische Antrag auf Assoziierung lag der EWG bereits seit dem 9. Februar 1962 vor. Die EWG plante eine schrittweise Assoziierung: Zuerst sollten für ca. sechs Jahre Zölle auf industrielle Produkte gesenkt werden. 6 Gerstenmaier war in die Kritik geraten, weil er sich angeblich bei Grundstücksgeschäften bereichert hatte, vgl. »Vorzug am Hang«, DER SPIEGEL, Nr. 27 vom 26. Juni 1967 und Nr. 70 a und b. 7 Zur Sitzung am 7. Juli vgl. SPD-Fraktionssitzung am 7. Juli 1967 (Teil 1). 8 Kiesinger hatte bereits am 14. Juni in der Haushaltsdebatte auf eine Nachfrage erklärt: »Aus einigen Äußerungen der letzten Tage ist der Eindruck entstanden, als ob sich die Koalition in dieser Frage nicht mehr einig sei. Ich kann dazu nur sagen: das ist nicht der Fall. Die Frage des Wahlrechts ist ge- nauso aktuell, wie sie es bei der Begründung der Großen Koalition war.« BT STEN. BER. 64, S. 5665. 9 Innenminister Paul Lücke. 10 BT ANL. 109, Drs. V/1339. Die beiden Lesungen fanden am 28. Juni 1967 statt, BT STEN. BER. 64, S. 5797–5813. 11 Rechtswesen. Copyright © 2016 KGParl Berlin 2 SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 27. 06. 1967 politische Optik spreche gegen eine solche Steuerfreiheit, die zudem dem Tenor des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes12 widerspreche. Hermann Schmitt-Vockenhausen hingegen meint, der Bundesjustizminister13 habe keine Bedenken und legt die Gründe für die Steuerabzugsfähigkeit dar. Er wird unter- stützt von Hugo Collet und Joachim Raffert. Prof. Ehmke erklärt, im Ressort des Justizministers bestünden erhebliche Bedenken. Helmut Schmidt fordert Martin Hirsch, Hermann Schmitt-Vockenhausen und Horst Ehmke auf, sich zunächst über diese Frage intern zu einigen und der Fraktion dann entsprechende Vorschläge zu machen. Zu Tagesordnungspunkt 43 der TO des Bundestages (mietrechtliche Vorschriften)14 soll Dr. Reischl sprechen, zu den Tagesordnungspunkten 47/48 (deutsche Auslands- schulen und Kulturarbeit im Ausland)15 Georg Kahn-Ackermann. Der vorliegende Änderungsantrag zur 2. Beratung des Siebten Gesetzes zur Änderung des Selbstverwaltungsgesetzes (Anlage 5)16 wird angenommen. Es folgt eine längere Diskussion über die Punkte 9 und 10 der TO des Bundestages (Notstandsgesetzgebung).17 Martin Hirsch begründet zunächst die Auffassung des Fraktionsvorstandes.18 Die Notstandsverfassung habe nichts mit der Frage der Koalition zu tun. Nach der zweiten Lesung müsse eine Erklärung der Alliierten vorliegen, daß sie auf ihre Vorbehaltsrech- te19 verzichten, sonst könne es keine dritte Lesung geben. Die sogenannten einfachen Notstandsgesetze20 müßten im Zusammenhang mit der Grundgesetzänderung neu überarbeitet werden. Der Gemeinsame Ausschuß solle nach d’Hondt besetzt werden, er dürfe nicht schon beim Zustand äußerer Gefahr einberufen werden, sondern erst wenn der Bundestag nicht mehr zusammentreten könne. Zu Arti- 12 Das BVerfG hatte in seiner Entscheidung vom 24. Juni 1958 festgestellt: »Eine durch ein Gesetz geschaffene unterschiedliche steuerliche Behandlung der Einflußnahme des Bürgers auf die politische Willensbildung je nach der Höhe des Einkommens durch Gewährung von Steuervorteilen für Spen- den an politische Parteien verträgt sich nicht mit dem Grundsatz der formalen Gleichheit, der die Ausübung politischer Rechte in der freien Demokratie beherrscht.« BVerfGE 8, 51. 13 Gustav Heinemann. 14 1. Beratung des Entwurfs eines 3. Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, BT ANL. 112, Drs. V/1743, zum Beitrag Reischls: BT STEN. BER. 64, S. 5819 ff. Vgl. auch SPD-Fraktionssitzung am 17. Oktober 1967, Anm. 22. 15 BT ANL. 113, Drs. V/1862 u. ebd., Drs. V/1863. Zum Beitrag Kahn-Ackermanns: BT STEN. BER. 64, S. 5790 f. u. 5794 f. 16 Entwurf liegt dem Protokoll bei. BT STEN. BER. 64, Umdruck 277, S. 5950. Der Antrag wurde von allen drei Fraktionen eingebracht. 17 Die Reform der Notstandsgesetzgebung war aufgeteilt in die fünf sog. einfachen Notstandsgesetze (vgl. Anm. 20) und das Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes, BT ANL. 113, Drs. V/1879, hinzu kam das Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Art. 10 GG: G 10), ebd., Drs. V/1880. 18 Vgl. dazu das Protokoll der Sitzung vom 27. Juni 1967, AdsD, SPD-BTF 5. WP, 202. 19 Art. 5 Abs. 2 Deutschlandvertrag (Vertrag vom 26. Mai 1952 über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten (mit Anhängen), in der Fassung vom 23. Okto- ber 1954: BGBl. 1955 II S. 305–320). Vgl. dazu SPD-Fraktionssitzung
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