P LIZEI Gewerkschaft der Polizei DEINP ARTNER

2. Verkehrs-Politisches Forum der Gewerkschaft der Polizei Potsdam, 28./29. April 2009

Verkehrslast, Umweltschutz und Mobilität! Widerspruch oder defizitäre Koordination? 28./29.04.2009, Kongresszentrum www.VDPolizei.de „Am Templiner See“ in Potsdam

Gewerkschaft der Polizei POLIZEI - Bundesvorstand DEIN PARTNER

2.2. Verkehrs-Verkehrs- Impressum PolitischesPolitisches ForumForum Verantwortlich für den redaktionellen Teil: Hans-Jürgen Marker, Hilden Verkehrslast, Umweltschutz und Mobilität! Titelfoto: [email protected] Fotos: Die Verfasser Widerspruch oder defizitäre Koordination? www.photocase.com, www.digitalstock.de Nachdruck des redaktionellen Teils nur nach ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers

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Forststraße 3 a • 40721 Hilden Telefon 02 11/71 04-0 Editorial...... 0 Telefax 02 11/71 04-174 Programmübersicht ...... 0 [email protected] Verkehrsbelastung auf unseren Straßen: Geschäftsführer: Bodo Andrae, Joachim Kranz – Betrachtungen auf der Basis des EU-Weißbuchs Anzeigenleitung: Daniel Dias Gestaltung und Layout: Jana Kolfhaus 2001 – 2010 „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010 – Weichenstellung für die Zukunft“ ...... 0 Satz und Druck: Druckerei Wölfer, Haan – Weitergehende Betrachtungen auf der Basis der © 2009 Halbzeitbilanz zum EU-Weißbuch 2001 – 2010...... 0 Welche Rolle spielen eigentlich die 05/2009/27 Verkehrspolitiker in unserem Staat?...... 0 VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH Anzeigenverwaltung Masterplan Güterverkehr...... 0 Editorial

Sechs Jahre sind ver- dass die dadurch bewirkte Verkehrssi- gangen, seit die GdP hier cherheit nicht nur für Gutverdiener zu an dieser Stelle ihr erstes haben ist. und bisher einziges Ver- Beim heutigen zweiten Verkehrsforum kehrsforum abgehalten hat die GdP nicht zwangsläufig die Tech- hat. Seinerzeit ging es nik im Fokus, wenngleich auch auf die- ausschließlich um sem Gebiet einiges mit Technik zu bewir- Fahrerassistenzsysteme, ken wäre. Gegenstand dieser Veranstal- also um elektronische tung sind die markanten Probleme im Hilfsmittel, die dem Zusammenhang mit dem Gütertransport Fahrzeugführer seine durch Straßenfahrzeuge. Arbeit erleichtern und Die derzeit gebräuchlichste Verfahrens- damit gleichzeitig einen weise in der Transportlogistik ist die, dass Gegenstand dieser Veranstaltung Beitrag zur Steigerung der größte Teil aller Güter „just in time“ sind die markanten Probleme im der Verkehrssicherheit transportiert wird, also genau dann, leisten sollen. wenn eine Weiterverarbeitung als Halb- Zusammenhang mit dem Güter- Einparkassistenten, Anti- zeug oder der Verkauf eines Endprodukts transport durch Straßenfahrzeuge. Schlupfregler und gerade ansteht. elektronische Stabilitäts- Diese Form des Güterflusses findet nicht rechner waren damals schon gang und gäbe. Über selbsttätige Verzögerungseinrich- mehr – wie früher – über den „Puffer tungen oder der Aufhellung des vor dem Fahrzeug liegenden Straßenabschnitts bei Lager“ der Hersteller oder Spediteure Nacht wurde noch eifrig diskutiert. statt, sondern auf unseren Straßen. Die Die damit verbundenen, fast philosophischen Fragen, ob es der Technik erlaubt wer- Folge: Die Autobahnen gehören mindes- den könne, entgegen des tatsächlichen Fahrerverhaltens ein Fahrzeug abzubremsen tens zu 50% der gewerblichen Wirtschaft. oder ob durch Verwendung noch stärkerer Lampen der Gegenverkehr geblendet Der vorhandene Verkehrsraum wird werden dürfe, nur um die Fernsicht im eigenen Fahrzeug zu erhöhen, scheint gelöst. durch die steigende Zulassungszahlen, Im Falle der Bremsassistenten erfolgt durch keines der am Markt eingeführten Syste- nicht nur bei den Nutzfahrzeugen, son- me eine Zwangsbremsung. Diese Technik arbeitet anders – eben intelligent. Auch dern auch beim Individualverkehr, weiter wenn eine Bremsung im Falle des dahin schmelzenden Sicherheitsabstandes zum verengt. Vordermann eingeleitet wird, geschieht dies nicht mit brachialer Gewalt, sondern zu Dazu fordert die Arbeitsmarktpolitik eine einem früheren Zeitpunkt, als es der unaufmerksame Fahrer tun würde. Darüber erhöhte Mobilitätsbereitschaft der hinaus wird der Bremsdruck anders dosiert, so dass die Bremsung unter den gege- Beschäftigten. Diese Tatsache dürfte bei benen Bedingungen optimal wirkt. Die „gegebenen Bedingungen“ waren einfach die, insgesamt gestiegenem Leistungsdruck dass man es der Technik nicht erlauben wollte, so rigoros in das Fahrgeschehen ein- zumindest als Mitursache einer deutlich zugreifen, dass damit finale Entscheidungen des Fahrers vorweg genommen wür- wahrnehmbaren Zunahme der Aggressi- den. Technik soll also nur unterstützen. Zumindest noch nach dem heutigen Stand vität von Fahrerinnen und Fahrern im der diesbezüglichen Diskussion. Straßenverkehr in Frage kommen. Auch die Erhöhung der Weitsicht bei Nacht ist durch den Einsatz von Infrarotkame- Ob und in welcher Weise den vernetzten ras, deren Strahlen vom menschlichen Auge nicht wahrgenommen werden können, Mechanismen, die zu der bekannten Ver- zur Zufriedenheit aller gelöst. Das ggf. die Fahrbahn überquerende Reh wird beim kehrsüberlastung mit all ihren Folgen Einsatz eines solchen Systems nahezu taghell in einem Extra-Display im Sichtfeld geführt haben, begegnet werden kann, des Fahrers angezeigt. soll dieses Verkehrspolitische Forum der Ähnlich arbeiten viele Spurhaltesysteme, die meist mit Kameras, manchmal auch GdP beantworten. Vielleicht können wir mit anderen elektronischen Sensoren die Fahrbahn-begrenzungsmarkierungen in einigen Jahren – wie bei den Fahreras- abtasten und dem Fahrer signalisieren, dass er sich in gefährlicher Weise dem Fahr- sistenzsystemen – auch wieder feststellen, bahnrand nähert. dass sich seither einiges bewegt hat. Im Als Fazit aus diesen Erkenntnissen kann folgendes festgestellt werden: Zum Zeit- Sinne der Verkehrssicherheit wäre es zu punkt unseres ersten Verkehrsforums gab es durchaus einige am Markt eingeführte wünschen. Fahrerassistenzsysteme. Einige andere befanden sich aber noch im Entwicklungssta- dium. Heute sind wir einen deutlichen Schritt weiter. Die Zahl der Systeme steigt gleichermaßen, wie die Bereitschaft, sie einsetzen. Zumal sich auch alle namhaften Institutionen mit Verkehrssicherheitsaufgaben eindeutig für solche technische Ein- richtungen aussprechen. Also sollten wir guter Hoffnung sein, dass die Entwicklung auf diesem Sektor weiter Hans-Jürgen Marker voranschreitet. Sekretär, Abt. VIII Gewerkschaft der Polizei Ein Wehrmutstropfen bleibt allerdings. Obwohl solche Systeme oftmals nicht gerade teuer sind, finden sie meist nur Eingang in die Oberklasse der Hersteller. Hier sind die Autobauer und Zulieferer gefordert, Sicherheit zu solchen Preisen anzubieten,

2 Programm

II. Verkehrs-Politisches Forum Verkehrslast, Umweltschutz und Mobilität! Widerspruch oder defizitäre Koordination? 28./29. April 2009 Kongresszentrum am Templiner See, Potsdam

Gewerkschaft der Polizei Bundesvorstand Ablauf

28. April 2009 14.00 - 14.15 Uhr Begrüßung durch den Vorsitzenden der GdP Konrad Freiberg 14.15 - 14.45 Uhr Politischer Vortrag MdB Heidi Wright Mitglied im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 14.45 - 15.00 Uhr Impulsreferat 1 – Anwalt für Mobilität – Rainer Hillgärtner Leiter der Presseabteilung des Auto Club Europa ACE 15.00 - 15.15 Uhr Impulsreferat 2 – Anwalt für Umweltschutz – Dietmar Oeliger Umweltreferent NABU 15.15 - 15.30 Uhr Impulsreferat 3 – Anwalt für Verkehrssicherheit – EPHK Schwaninger Leiter der Autobahnpolizei Braunschweig Pause 16.15 - 18.15 Uhr Arbeitskreise – dazwischen Pause nach Vereinbarung in den AK’s – AK I Fachthema 1: Welche Schwerpunkte sollen in der verkehrspolizeilichen Überwachung gesetzt werden? (Ltd. PD Blindenbacher) AK II Fachthema 2: Ist ein Geschwindigkeitslimit sinnvoll? (EPHK Niedenzu) AK III Fachthema 3: Wie kann der Verkehrsüberlastung begegnet werden? (EPHK Schwaninger) AK IV Fachthema 4: Weiterentwicklung des Verkehrspolitischen Programms der GdP (EPHK Hölzgen)

3 Programm

II. Verkehrs-Politisches Forum Verkehrslast, Umweltschutz und Mobilität! Widerspruch oder defizitäre Koordination? 28./29. April 2009 Kongresszentrum am Templiner See, Potsdam

Gewerkschaft der Polizei Bundesvorstand Ablauf 29. April 2009 09.00 - 10.00 Uhr Ergebnispräsentation aus den Arbeitsgruppen durch deren Leiter AK I Ltd. PD Wolfgang Blindenbacher, IM NW AK II EPHK Karl Niedenzu, LAFP Polizei NW AK III EPHK Hubert Schwaninger, PD Braunschweig AK IV EPHK Lothar Hölzgen, PD Limburg-Weilburg Pause 10.30 - 12.00 Uhr Podiumsdiskussion zum Thema Verkehrsinfarkt auf unseren Straßen – gibt es Auswege? Moderation: Wolfgang Kapust, Redakteur Westdeutscher Rundfunk, Köln Teilnehmer: – Frau Heidi Wright, MdB, Mitglied des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des Deutschen Bundestages – Prof. Dr. Karlheinz Schmidt, Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. – Karsten Sachsenröder, DB Schenker, Railion Deutschland AG – Detlef Meenke, Verband Deutscher Reeder VDR – Johannes Wieczorek, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung BMVBS – Wolfgang Blindenbacher, Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen – Dietmar Oeliger, NABU Naturschutzbund Deutschland e.V. 12.00 - 12.15 Uhr Resümee und Schlusswort Frank Richter, Mitglied im Geschäftsführenden Bundesvorstand der GdP (verantwortlich für Verkehrspolitik)

4 Verkehr VERKEHRSBELASTUNG AUF UNSEREN STRASSEN Betrachtungen auf der Basis des EU-Weißbuchs 2001 - 2010 Es wäre aber zu kurz gegriffen, würde man nur den Warenverkehr betrachten. Denn „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010 – Weichenstellung für die Zukunft“ neben vielen Produkten, die hinsichtlich ihrer Art und ihrer Menge einfacher und I. Historische Situation Kabotageregelung. Nach dieser Regelung schneller zu den Menschen gelangten, müssen Lastkraftwagen bei grenzüber- kamen auch die Menschen selbst zuein- Die europäische Verkehrspolitik war ver- schreitenden Beförderungen nicht mehr ander. Mit dem Begriff „Mobilität“ wird gleichbar zu anderen Politikfeldern nicht leer zurückfahren. Sie können darüber die Freiheit der Bewegung von Menschen gerade ein „Senkrechtstarter!“ Es hat lan- hinaus sogar noch innerhalb des Auslands in den Verkehrsräumen bezeichnet. Und ge gedauert, bis die Europäische Gemein- Güterbeförderungen durchführen. eben diese Mobilität stieg zwischen 1970 schaft in der Lage und Willens war, die Beförderungen dieser Art stellt z. B. im Luft- und 1998 um 18 Kilometer pro Person und im Römischen Vertrag vorgesehene verkehr niemand in Frage. Dieser Markt ist Tag, genau von 17 auf 35 km. gemeinsame Verkehrspolitik zu verwirk- schon seit geraumer Zeit für den freien Mobilität wird heute als eine Art Besitz- lichen. Der Verkehrsministerrat brauchte Wettbewerb geöffnet. Darin liegen auch die stand mit Verfassungsrang betrachtet. fast 30 Jahre lang, bis die Vorschläge der Ursachen für die deutlichen Zuwachsraten Ein weiterer Meilenstein in der gemein- Kommission in konkrete Maßnahmen im Luftverkehr, die sogar höher waren, als schaftlichen Verkehrspolitik war die Ent- umgesetzt waren. Erst nach der Untätig- das Wirtschaftswachstum. wicklung europaweiter interoperabler keitsfeststellung durch den EuGH im Jahr Diese Entwicklungen auf dem Weg für moderner Techniken auf der Grundlage 1985 öffneten sich die Mitgliedstaaten für eine gemeinsame Verkehrspolitik brachte diverser Forschungsprogramme, die gemeinschaftliche Rechtsvorschriften auf eine deutliche Senkung der Kosten für den gleichermaßen Produkte des zusammen- dem Sektor des Verkehrswesens. Verbraucher mit sich. Sie gewährten dar- wachsenden Europas waren. Erst mit dem Vertrag von Maastricht über hinaus eine höhere Qualität an Diese frühen Projekte tragen heute ihre konnten die politischen, organisatori- Dienstleistungen sowie in den Märkten Früchte. Früchte, die sich wie beim trans- schen und finanziellen Grundlagen der ein sichtbar umfangreicheres Angebot an europäischen Hochgeschwindigkeits- Verkehrspolitik konkretisiert und verfes- Produkten. Davon profitierte die Lebens- zugnetzes zeigen können. Andererseits tigt werden. Mit diesem Vertrag wurde qualität der Menschen in ganz erhebli- gibt es auch etwas beschaulichere Früch- auch das Einstimmigkeitsprinzip der chem Maße. te, die derzeit zwar das Stadium des Kei- Ratsentscheidungen durch ein solches der qualifizierten Mehrheit ersetzt. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Rat auch noch heute Beschlüsse meist einstimmig oder überhaupt nicht fällt. Auch die Befugnisse des Europäischen Parlaments, das seit Maastricht ein wich- tiges Mitentscheidungsorgan ist, haben die EU-Beschlüsse mit neuer Kompetenz erfüllt. Auf dieser Basis wurde Ende 1992 das erste Weißbuch der Kommission „über die künftige Entwicklung der gemeinsamen Verkehrspolitik“ veröffentlicht. Hauptge- danke des Weißbuches war die Öffnung des Verkehrsmarktes. Dieses Ziel erreich- ten in den vergangenen Jahren nahezu alle Verkehrsträger mehr oder weniger deut- lich. Ausnahme war und ist die Bahn. Ein wesentlicher Fortschritt im Straßen- güterverkehr bildete dabei die Liberalisie- rung der Märkte durch eine einheitliche

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mens verlassen haben, aber noch immer Gerade der Straßenverkehr leidet unter zern nur sehr verhalten und in annähern ein kleines zerbrechliches Pflänzchen den zuletzt genannten Defiziten. gleichem Maß nachgefragt. darstellen, das besonderer Pflege bedarf. Die Verteilung der Nachfrage auf die Gemeint ist das Satellitennavigationspro- jeweiligen Verkehrsträger stellt sich, wie • die Überlastung bestimmter Hauptver- gramm Galileo, das mit dem Anspruch die nachfolgenden Grafiken zeigen, höchst kehrsstraßen und -eisenbahnlinien in angetreten ist, sein vom amerikanischen unterschiedlich dar. Am deutlichsten wird Städten und an den Flughäfen Militär betriebenes Ponton und ver- das Defizit bei der Nutzung des Verkehrs- Bereits Anfang der neunziger Jahre wur- gleichbare Programme der Russen und trägers Schiene durch den Güter- und Per- de aus bestimmten Regionen von der Chinesen vom Markt zu fegen. sonenverkehr. „Überlastung“ von Straßen berichtet. Dies Galileo selbst stand im Jahr 2007 kurz vor dem Aus, weil sich das Betreiberkonsor- Verteilung der Verkehrsträger-Anteile am Güterverkehr tium aus Staat und kommerziellen Unter- Quelle: EU-Weißbuch 2001; Angaben in % nehmen nicht über die weiterführende Finanzierung hatten einigen können. Im letzten Moment zog unser Verkehrsmi- nister Tiefensee einige Joker aus seinem Politikerärmel und rettete damit das ehr- geizige Programm. Bei der Bahn wurden allerdings gravie- rende Fehler gemacht. In diesem Ver- kehrssegment genoss nur die Technische Innovation vor den antiquierten Model- len des praktizierten Managements Vor- rang. Diese einseitige Ausrichtung räch- te sich spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem sich die anderen Sparten auch wirt- schaftlich neu aufgestellt hatten. Heute werden alle Verkehrssysteme noch durch andere Elemente belastet, die weniger mit Technik und Betriebswirt- schaft, sondern eher mit Volkswirtschaft, also mit Politik, zu tun haben. Konkret bedeutet dies, dass zwischen den Verkehrsträgern deutliche Wettbe- werbsverzerrungen zu Tage treten, die ihre Ursachen in einer mangelhaften Harmonisierung der gemeinschaftlichen Steuer- und Sozialvorschriften haben. Darunter leidet die Verwirklichung des Binnenmarktes in ganz erheblicher Weise. Auch eine partiell uneinheitliche Ent- wicklung der gemeinsamen Verkehrspo- litik behindert das selbst gesteckte Ziel deutlich.Darin sind insbesondere folgen- de Faktoren zu benennen:

• das ungleiche Wachstum der verschie- denen Verkehrsträger Dieses mag seine Ursachen in einer per se besseren Adaptionsfähigkeit mancher Verkehrsträger an die Bedarfe der Wirt- schaft haben. Andererseits sind bestimm- Quelle: EU-Weißbuch 2001; Angaben in % te Verkehrsträger auch anfälliger hin- sichtlich nicht in den Verkehrspreisen Der Marktanteil des Personenverkehrs am galt insbesondere auf bestimmten Achsen berücksichtigter externer Kosten sowie Verkehrsträger Straße ist fast doppelt so Europas, auf der die Güterströme haupt- mangelnder Beachtung von Sozial- und hoch die der Anteil des Güterverkehrs. sächlich von Nord nach Süd und von West Sicherheitsvorschriften. Dagegen wird die Schiene von allen Nut- nach Ost bzw. umgekehrt rollten.

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Dabei entstand mit zunehmender Wettbe- brauch von 1,9 Mrd. Litern Kerosin zur vorgesehenen Infrastrukturen tatsächlich werbsfähigkeit der Wirtschaft ein paradox Folge. Dies ergibt ca. 6% des jährlichen gebaut. anmutendes Phänomen, das mit der Treibstoffverbrauchs im Flugverkehr. Der Hauptgrund, warum sich die Situa- Beschreibung „der Infarkt im Zentrum und Durch die Überlastung der Verkehrs- tion so dargestellt hat, lag aber weniger die Lähmung an den Extremitäten“ systeme wird die Wettbewerbsfähigkeit darin, dass bestimmte Kosten nicht verur- umschrieben werden kann. Denn, von der europäischen Wirtschaft ernsthaft sachergerecht angelastet wurden, sondern stark frequentierten Verkehrsachsen ein- gefährdet. darin, dass weder die öffentliche Hand mal abgesehen, entstehen Verkehrsüber- Welche Ursachen sind für die Überlastung noch private Investoren so viel Geld für lastungen zunehmend dort, wo sich die verantwortlich? Infrastrukturmaßnahmen hätten aufbrin- Märkte ballen, während in den Randbe- Teilweise vermutete man sie darin, dass gen können, wie es die Politik Mitte der reichen eher das Problem der wirtschaft- die Verkehrsbenutzer nicht immer und 90er Jahre gefordert hatte. Das Defizit an lichen Anbindung an die zentralen Märk- überall für die Kosten aufkommen, die sie öffentlichen und privaten Mitteln muss te besteht. verursachen. durch innovative Tarifierungs- und Infras- Diese Entwicklung widerspricht aber dem In der betriebswirtschaftlichen Gesamt- trukturfinanzierungsmaßnahmen ausge- Anspruch der Europäischen Politik, einen rechnung waren die Infrastruktur-, Über- glichen werden. territorialen Zusammenhang der Märkte lastungs-, Umweltbelastungs- und Unfall- Die öffentliche Finanzierung, so wurde herbeizuführen. kosten nicht in vollem Umfang enthalten, dann gefordert, musste selektiver werden. Bereits im Weißbuch „Wettbewerb, d.h. diese Kosten fanden keinen Nieder- Sie sollte sich auf die für den territorialen Wachstum, Beschäftigung“ aus dem Jahr schlag in den Preisstrukturen der Produk- Zusammenhalt der EU notwendigen 1993 war der Hinweis enthalten, dass Ver- te und Transportdienstleistungen. Als Großprojekte sowie auf Investitionen kon- kehrsstaus nicht nur Nerven kosten, son- dafür verantwortlich lokalisierte man das zentrieren, die eine optimale Infrastruk- dern auch der Produktivität abträglich schlecht organisierte europäische Ver- turnutzung ermöglichten und zur Besei- seien. Wie wahr! kehrssystem sowie die nicht optimale Nut- tigung von Engpässen beitrugen. Zu viele Engpässe und fehlende Binde- zung der Verkehrsträger und neuer Tech- Die Ergebnisse der so gewonnenen glieder in der Infrastruktur, mangelnde nologien. Erkenntnisse wurden jedoch nur halbher- Interoperabilität zwischen Verkehrsträ- Zum Zeitpunkt der Erstellung des Weiß- zig umgesetzt, da die meisten Mitglied- gern und -Verkehrsträgersystemen über- buches 2001 wurden die Gesamtkosten der staaten auf die primäre Förderung des Ver- fordern die Netze des Binnenmarktes. Verkehrsüberlastung mit rund 400 Mrd. kehrsträgers Straße bestanden. Ein Fehler, Hinzu treten fehlende Schnittpunkte zwi- EUR veranschlagt. Damit war der Aufbau wie sich später herausstellen sollte. Rich- schen zu vielen in sich geschlossenen und eines transeuropäischen Netzes, das mit tig wäre es gewesen, die anderen Verkehrs- weit verstreuten Telekommunikationssys- dem Vertrag von Maastricht beschlossen träger in gleichem Maße zu fördern und temen, die eine Verständigung zwischen wurde, aber noch keinesfalls ein erfolgrei- damit eine strukturelle Entflechtung der den vorhandenen Akteuren mindestens ches Projekt der europäischen Politik. Bis Ballungszentren einerseits und eine erschweren. dahin waren erst ein Fünftel der in den Anbindung der Randregionen anderer- Ergebnis dieser Mängel ist eine geringere Leitlinien des Rates und des Parlaments seits zu bewirken. Wettbewerbsfähigkeit und verpasste Chancen, neue Märkte zu erschließen, mit der Folge, dass weniger Arbeitsplätze geschaffen wurden, als hätten geschaffen werden können. Auch wenn die meisten der genannten Engpässe in städtischen Ballungsräumen zu finden sind, bleiben auch transeuropä- ische Netzteile nicht verschont. Folgende Zahlen belegen dies in eindeu- tiger Weise: • auf 7.500 km der Straßen kommt es Tag für Tag zu Staus. Das entspricht etwa 10% des europäischen Straßennetzes. • 16.000 Kilometer des vorhandenen Ei- senbahnnetzes (20% des Netzes) gelten als Engpässe. • an 16 der größten Flughäfen der Euro- päischen Union kam es bei mehr als 30% der Flüge zu Verspätungen von über einer Viertelstunde. Folgen dieser Verspätungen haben zusam- men einen zusätzlichen Treibstoffver-

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•die Belastungen für Umwelt und die Gesundheit der Bürger Dank des permanenten Drucks, den Umweltschützer auf die Gesellschaft gleichermaßen wie auf die Politik über lan- ge Jahrzehnte ausgeübt haben, wurde der europäische Verkehrsgesetzgeber schon frühzeitig tätig – zwar noch etwas behut- sam, aber im Rahmen einer stringenten Strategie. Der Klimawandel, der untrennbar mit der

Hauptimmission Kohlendioxid (CO2) ver- bunden ist, hat eine seiner Hauptursachen in verkehrsbedingten Emissionen. In den Untersuchungen zum Klimawandel wer- den hauptsächlich fossile Brennstoffe für dieses Problem verantwortlich gemacht. Über die Hälfte des Kraftstoffverbrauchs im Verkehr geht auf das Konto von Pkw. Im Jahr 1998 war über ein Viertel (28%) des CO2-Ausstoßes in Europa auf den Ver- Quelle: EU-Weißbuch 2001 kehr zurückzuführen. Auf den Straßen- verkehr alleine, der vom Erdöl abhängt Im Gegensatz zum stagnierenden Ver- nichts dagegen getan wird. Die Kosten, (67% der Endverbrauchernachfrage nach kehrsträger Binnenwasser und dem in die- die alleine von Staus verursacht werden, Erdöl), entfielen 84% der verkehrsbeding- sem Zeitabschnitt tendenziell rückläufi- dürften um 142% (auf 80 Mrd. EUR im ten CO2-Emissionen. gen Schienenverkehr, haben die Küsten- Jahr) ansteigen, was rund 1% des BIP der schifffahrt und insbesondere die Straße Gemeinschaft ausmacht. exorbitant zugelegt. Ein deutliches Wirtschaftswachstum, das II Ausblick Die Verkehrsüberlastung auf den Straßen Arbeitsplätze und Wohlstand schafft, ist ohne ein funktionierendes Verkehrssys- tem, das eine optimale Nutzung des Binnenmarktes und der Globalisierung des Handels ermöglicht, kaum vorstellbar. Das Zeitalter der Informationsgesellschaft und des elektronischen Handels hat den Mobilitätsbedarf keinesfalls gebremst. Man kann zwar im Internet miteinander kom- munizieren und Waren bestellen, aber die Menschen begeben sich nach wie vor noch an Ort und Stelle, um zu sehen, auszu- wählen und sich mit anderen zu treffen. Die Informationstechnik bietet durchaus aber auch Möglichkeiten, die Verkehrs- nachfrage in bestimmten Fällen zu redu- zieren, indem sie z. B. Telearbeit und Tele- dienstleistungen möglich macht. Der anhaltende Anstieg der Verkehrsnach- frage ist auf zwei wesentliche Faktoren zurückzuführen. Einer davon ist der Pkw- Quelle: EU-Weißbuch 2001 Boom. Der Fahrzeugbestand hat sich in 30 Jahren verdreifacht. Er wächst pro Jahr um Die beiden Grafiken zeigen deutlich, dass kostet viel Geld. Einer Studie zufolge weitere 3 Millionen Fahrzeuge an. Es wird sowohl der Personen-, als auch der Güter- belaufen sich die externen Kosten der Ver- prognostiziert, dass der Fahrzeugzuwachs verkehr, nach dem Jahr 1970 dramatisch kehrsüberlastung im Straßenverkehr allei- in den älteren EU-Ländern stagniert. In angestiegen sind. Wie noch zu zeigen ist, ne auf rund 0,5% des BIP der Gemein- den neuen Beitrittsländern dagegen gilt gilt dies für die Zukunftsprognose betref- schaft. Den Verkehrsprognosen bis 2010 das eigene Fahrzeug als Symbol der Frei- fend den Güterverkehr in noch stärkerem zufolge dürfte die Überlastung des Stra- heit und hat gerade begonnen seinen Vor- Maße. ßenverkehrs deutlich zunehmen, wenn marsch zu beginnen.

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Insgesamt wird die Anzahl der Pkw bis len keine Kosten für Lagerhaltung an. damaligen Beitrittskandidaten bereits 2010 und weit darüber hinaus deutlich Dass eine solche Logistik Arbeitsplätze mehr als doppelt soviel ausgeführt und zunehmen. kostet bzw. keine neuen schafft ist selbst- mehr als fünfmal soviel eingeführt wie im Im Güterverkehr – als zweiten Faktor – redend. Jahr 1990. ist der Zuwachs größtenteils auf die Ver- Verstärkt wurde dieses Phänomen durch Zwar verfügen die Beitrittsländer über ein änderungen der europäischen Wirtschaft die Abwanderung von Branchen – vor Verkehrssystem aus der Zeit der Planwirt- und damit des Produktions- und Logis- allem mit arbeitsintensiver Güterproduk- schaft, in dem der Schiene Vorrang einge- tiksystems zurückzuführen. In den tion –, um die Produktionskosten auf ein räumt wurde, doch nimmt deren Ver- zurückliegenden 25 Jahren erfolgte eine Minimum zu senken, auch wenn die Pro- kehrsanteil seit den neunziger Jahren stark Umstellung von einer lagerhaltungs- duktionsorte Hunderte, ja Tausende von ab, während der der Straße zunimmt. orientierten Wirtschaftsweise auf eine Kilometern von der Endmontagestätte Der Güterverkehr erfuhr im Zeitraum zwi- produktionssynchron belieferte Wirt- oder dem Verbraucher entfernt sind. schen 1990 und 1998 einen Anstieg um schaft. „Just in Time“ heißt das Zauber- Dieser unerwünschte Effekt ist durch die 19,4%. Gleichzeitig verringerte sich der wort. Dahinter versteckt sich der Gedan- Beseitigung der Grenzen in der Gemein- Anteil der Güter auf der Schiene um ke, Produkte erst dann zu produzieren, schaft entstanden. 43,5%. wenn sie vom Kunden verlangt werden Daraus folgt, dass alleine der Schwerlast- Aus diesem Grund wäre es äußerst pro- und auch erst dann zu transportieren, verkehr um fast 50% gegenüber 1998 blematisch, mit einschneidenden Maßnah- wenn sie der Kunde aktuell benötigt. zunehmen wird, sofern keine dagegen men in die Anteile der einzelnen Verkehrs- An der Schnittstelle dieser beiden Logis- gerichteten Maßnahmen ergriffen werden. träger einzugreifen. Ein solcher Eingriff tikelemente Produktion und Transport Somit werden die bereits jetzt stark über- könnte sich negativ auf die Stabilisierung arbeiten Heerscharen von Logistikern an lasteten Regionen und großen Transitach- der Wirtschaft in den Beitrittsländern aus- Optimierungskonzepten. Im Optimalfall sen noch stärker belastet. wirken. funktioniert Just in Time so, dass der Mit der weiteren Öffnung der EU auf die Genau aus diesem Grund stellt die Inte- Kunde heute das Halbzeug bestellt, das EU-27 und dem damit verbundenen Weg- gration der Verkehrssysteme dieser Län- er morgen zum Einbau in ein Endpro- fall der Binnengrenzen ist ein Anstieg der der eine besonders große Herausforde- dukt benötigt. Produktion und Versand Verkehrsströme, besonders auf den Stra- rung für die gesamte Europäische Union laufen über Nacht. Auf diese Weise fal- ßen, verbunden. Bereits 1998 haben die dar.

9 Verkehr VERKEHRSBELASTUNG AUF UNSEREN STRASSEN Weitergehende Betrachtungen auf der Basis der Halbzeitbilanz zum verkehr auf der Schiene erzielte in den Ländern, die ihren Schienenverkehrs- EU-Weißbuch 2001-2010 markt früh liberalisiert haben, höhere Zuwächse als andernorts. Das Volumen I. Entwicklungen Der Zuwachs beim Güterverkehr in der des Schienengüterverkehrs stieg im Zei- EU ist mit einer jährlichen Rate von 2,8% traum 1995 - 2004 um insgesamt 6%. Der Bereits an dieser Stelle muss die Kernaus- im Wesentlichen dem Wirtschaftswachs- Personenschienenverkehr hat ebenfalls sage der Halbzeitbilanz zum Weißbuch 2001 tum zuzuschreiben. Dieses erreichte im deutlich zugenommen. Dabei entfiel fast festgehalten werden: Die EU stellt fest, dass Zeitraum 1995 - 2004 durchschnittlich ein Viertel dieses Zuwachses auf Hochge- es die Erfahrungen seit 2001 sowie weitere 2,3%. Bei der Personenbeförderung fiel der schwindigkeitszüge. Studien nahelegen, auf dem Weg zu den Zuwachs mit 1,9% etwas geringer aus. Der Luftverkehr innerhalb der EU nahm grundlegenden Zielen der EU-Verkehrspo- Der Güterverkehr nahm im Zeitraum 1995 im gleichen Zeitraum um über 50% zu. Die litik weitere Fortschritte zu machen. Die - 2004 um 28% zu. Die Personenbeförde- Terroranschläge vom 11.09.2001 dampften im Jahr 2001 geplanten Maßnahmen allei- rung stieg um 18%. Nur auf den Straßen- diesen Effekt nicht ab. ne reichen nicht aus um diese Ziele zu errei- verkehr bezogen, stieg der Güterverkehr Die Binnenschifffahrt hat in den letzten chen. Dies gilt insbesondere für die umwelt- um 35%, die Personenbeförderung um 17%. zehn Jahren in mehreren Mitgliedstaaten schädigenden und sonstigen Auswirkun- Der Kurzstreckenseeverkehr erreichte in stark expandiert. So z. B. um 50% in Bel- gen der Verkehrszunahme. etwa die gleiche Zuwachsrate. Der Güter- gien und um 30% in Frankreich.

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Der größte Anteil des Binnenverkehrs in des Außenhandelsverkehrs zuzuschrei- Modellrechnungen bestätigen, dass die der EU entfällt aber auf den Verkehrsträ- ben. Weltweit fährt ein Viertel der Schiffe Anteile der Verkehrsträger in der Lang- ger Straße. Er verzeichnet 44% des Güter- unter europäischer Flagge. zeitprojektion im Wesentlichen stabil blei- verkehrs und ca. 85% des Personenver- Auf die Binnenschifffahrt entfallen nur ca. ben werden. kehrs. Die Gründe hierfür sind vielfältig. 3% des gesamten Güterverkehrs. Der Wenngleich der Verkehr zwar einen So ist es z. B. möglich, aufgrund der vor- Grund hierfür liegt in der schlichten geo- beträchtlichen Beitrag zum Wachstum der anschreitenden Fahrzeug- und Straßen- graphischen Gegebenheit, nach der nicht Wirtschaft leistet, verursacht er aber auch bautechnik auch schwere Massengüter, alle Staaten über schiffbare Binnengewäs- Kosten für die Gesellschaft. Seine Kosten, die vormals dem Binnenwasser oder der ser verfügen. mit denen er die Umwelt belastet, wer- Schiene zugesprochen werden mussten, Aber gerade deshalb stehen diesem Ver- den mit 1,1% des BIP veranschlagt. auch auf der Straße zu befördern. kehrsträger noch beträchtliche Wachs- Diese Kosten können durch einfache Die steigende Nachfrage nach Dienstleis- tumspotentiale zur Verfügung. administrative Regelungen nicht einfach tungen im System „von Tür zu Tür“ sowie Im Weißbuch von 2001 wurde noch ein eliminiert werden. Es entstehen im Gegen- „Just in Time“ haben ein Übriges dazu bei- durchschnittliches Wirtschaftswachstum teil erhebliche Konflikte zwischen einem getragen. von 3% angenommen. Tatsächlich ist die erhöhten Mobilitätsbedarf einerseits und Auf der Schiene werden „nur“ 10% der Wirtschaft zwischen 2001 und 2005 aber der Einhaltung immer strenger werden- Güter bzw. 6% der Personen befördert. nur um 1,8% gewachsen. der Umweltvorschriften und -normen. Bei der strukturellen Betrachtung ist fest- Für den Zeitraum 2000 - 2020 errechnen So werden z. B. die Bestimmungen für zustellen, dass der Akzeptanzverlust bei die Wirtschaftsweisen ein durchschnittli- die Luftreinhaltung in vielen Städten nicht der Güterbeförderung seit dem Jahr 2001 ches jährliches BIP-Wachstum von 2,1% eingehalten. Bei der Planung von Maßnah- rückläufig ist. Der Verkehrsträger Luft (52% für den gesamten Zeitraum). men der Infrastruktur müssen Belange des dominiert die Langstreckenverbindungen Der Güterverkehr könnte ähnliche Naturschutzes sowie Planungsvorgaben im Personenverkehr. Innerhalb der EU Zuwachsraten erreichen (50% für den gebührend berücksichtigt werden. haben die so genannten Billigflieger einen gesamten Zeitraum), während beim Per- Die Überlastung der Verkehrswege hat Anteil von ca. 25% aller Linienflüge erobert. sonenverkehr eine moderatere Steigerung weiter zugenommen und kostet die EU Dem Seeverkehr sind 39% des Güterver- von etwa 1,5% im Jahresdurchschnitt zu jährlich etwa 1,1% ihres BIP. Dabei haben kehrs innerhalb der EU und nahezu 90% erwarten ist (35% im gesamten Zeitraum). die schädlichen Emissionen aus dem

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Straßenverkehr trotz Zunahme des Ver- III. Infrastruktur die Kommunikationssysteme, die von kehrsvolumens deutlich abgenommen. Fahrzeug zu Fahrzeug reichen, können Hierzu haben die Einführung von Kata- Die transeuropäischen Verkehrsnetze längerfristig zu beträchtlichen Effizienz- lysatoren, Partikelfiltern und anderen (TEN-V) bilden die physische Infrastruk- steigerungen des Verkehrsmanagements, Fahrzeugtechnologien beigetragen. Es ist tur für den Binnenmarkt. Das europäische der Sicherheit und dem Staumanagement aber erforderlich, weitere Maßnahmen Verkehrsnetz ist vergleichbar zu anderen führen. zur Luftreinheit zu ergreifen. Hierzu Kontinenten sehr dicht und mit einer Die Straßeninfrastruktur muss intelligen- wird die Abgasnorm Euro 5 für Pkw und guten Infrastruktur ausgestattet. ter werden. Sie muss in der Lage sein, danach Euro 6 sowie Euro VI für Lkw eingeführt. Modellrechnungen lassen hoffen, dass dieser Trend bei der Luftreinhaltung anhalten wird. Andererseits werden hin- sichtlich der CO2-Emissionen und bei Lärm Verschlechterungen erwartet. Der Verkehr verursacht innerhalb der EU insgesamt 21% der Treibhausgasemis- sionen. Sie sind seit 1990 um etwa 23% gestiegen und bedrohen damit die Kyo- to-Ziele. Der Luftverkehr trägt dabei ein gehöri- ges Verursacherpotenzial. Wenngleich die Luftfahrtunternehmen ihren Treibstoff- verbrauch in den letzten zehn Jahren um 1 - 2% je Fluggastkilometer verringern konnten und daneben auch die Lärm- Quelle: „Für ein mobiles Europa“ Halbzeitbilanz Weißbuch 2001 emissionen der Flugzeuge erheblich Dennoch gibt es in verschiedenen Regio- Informationen von Fahrzeugen zu emp- reduzierten, stiegen die Belastungen nen Gebiete, die weniger gut ausgestattet fangen sowie ihrerseits Hinweise an die- durch die Zivilluftfahrt aufgrund der bzw. erschlossen sind. se zu senden. Sie muss ferner Informatio- enormen Zunahme des Verkehrs erheb- Bis zum Jahr 2020 werden voraussicht- nen über den Straßenzustand, wie wetter- lich. Allein die Steigerung der Treibhaus- lich 60 Großflughäfen sehr stark überlas- bedingte Gefahren und Unfälle sammeln, gasemissionen aus dem Luftverkehr tet sein. Ähnliches zeichnet sich für die um den Betrieb der kooperativen Systeme betrug in den letzten zehn Jahren über 4% Häfen ab. zu optimieren. pro Jahr. Überlastung und Verschmutzung bedro- In anderen Teilen Europas ist die Zugäng- hen das Wirtschaftswachstum, die Lebens- lichkeit zu den Märkten das Hauptpro- qualität und die Umwelt. Daher sind intel- blem, insbesondere für Regionen und Mit- II. Verkehrssicherheit ligente Lösungen für die Mobilität und das gliedstaaten in Randlage. An dieser Stel- Verkehrsnachfragemanagement gefragt. le sollen Modelle der Kofinanzierung An dieser Stelle soll es – abweichend vom Dadurch können Überlastungen mögli- Struktur- bzw. Kohäsionsfonds beim Auf- Thema Verkehrsüberlastung – erlaubt cherweise gelindert werden. Aber auch und Ausbau der Infrastrukturen helfen. sein, kurz über die Entwicklungen zur diese Maßnahmen alleine können unzu- Zumal dann, wenn Regionen hinsichtlich Verkehrssicherheit zu berichten. reichende Infrastrukturmaßnahmen nicht ihrer wirtschaftlichen Integration rück- Als Leitsatz gilt: Die Sicherheit hat sich ersetzen. ständig sind oder an strukturellen Nach- erheblich verbessert. Wichtig wären Lösungen, welche die ko- teilen leiden. Die EU spricht hierbei ins- Die Zahl der tödlichen Unfälle im Stra- modale Logistikketten umfassen, bei besondere Gebiete in äußerster Randlage ßenverkehr ging seit 2001 um mehr als denen die Nutzung der Verkehrsinfras- und Inselregionen an. Dort bestünden 17% zurück. Von diesem positiven Trend truktur innerhalb der verschiedenen Ver- nicht nur Schwierigkeiten im Hinblick auf konnten leider nicht alle Mitgliedstaaten kehrsträger ebenso wie unter verschiede- die kontinentale Anbindung an den zehren. nen Verkehrsträgern optimiert wird. Dazu Binnenmarkt, sondern auch strukturelle Der Straßenverkehr ist und bleibt aller- zählen Alpentunnel, Schienenkorridore Probleme mit dem eigenen Hinterland. dings mit ca. 41.600 Todesopfern und und intermodale Drehkreuze für den über 1,7 Millionen Verletzten im Jahr 2005 Eisenbahn-, See- und Luftverkehr. der gefährlichste Verkehrsträger. Dies ist Dabei kommt es darauf an, das richtige IV. Neue Finanzierungsquellen nicht akzeptabel und erfordert weitere Gleichgewicht zu finden zwischen dem Maßnahmen, wenngleich das Ziel der wirtschaftlich unverzichtbaren Ausbau Die gesamten Kosten für die 30 vorrangi- EU, die Verkehrstoten bis zum Jahr 2010 der Infrastruktur und ebenso legitimen gen TEN-V (Trans Europäische Netz-Vor- zu halbieren wohl kaum noch zu errei- Planungsvorgaben aufgrund umweltbe- haben), die 2004 beschlossen wurden, wer- chen ist. zogener und anderer Politikziele. Auch den auf etwa 250 Mrd. EUR geschätzt. Die-

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se Summen können die betroffenen Mit- Im Eisenbahnverkehr ist die Erhebung von kehrsträger schafft. Dazu sollte auch die gliedstaaten alleine nicht aufbringen. Im Nutzungsentgelten für das Befahren der Beseitigung administrativer Hemmnisse Gegenteil. Die Investitionen in Verkehr- Trassen gleichermaßen üblich. zählen, wie z. B. die Vorschrift, unter- sinfrastrukturmaßnahmen sind in allen Darüber hinaus ist ein breit angelegter schiedliche Beförderungspapiere mitfüh- Mitgliedstaaten zurückgegangen und Reflexionsprozess in Gang geraten, der ren zu müssen, wenn der Transport im belaufen sich derzeit auf weniger als 1% auch den Schienen-, Luft-, See-, Binnen- multimodalen System durchgeführt wird. des BIP. Die finanzielle Vorausschau der schiff- und Nahverkehr einbezieht, da Ein weiterer Meilenstein bestünde in der Europäischen Union auf den Zeitraum die Entgelterhebung die Verkehrsflüsse Schaffung einheitlicher technischer Nor- 2007 - 2013 sieht nur einen begrenzten zwischen allen Verkehrsträgern und über men bzw. der Interoperabilität gleicher Anstieg der für TEN eingestellten Mittel den gesamten Binnenmarkt hinweg beein- Verkehrsträgertypen in unterschiedlichen vor. Daher werden sich die Förderungen flusst. Dabei wird zu prüfen sein, ob und Ländern. Von besonderer Bedeutung für in diesem Segment der Verkehrspolitik auf wie bestimmte intelligente Formen der die Akzeptanz multimodaler Beförde- wichtige Projekte beschränken. Dies sind Entgelterhebung dazu beitragen können, rungsketten, ist die Schaffung von Güter- kritische grenzübergreifende Abschnitte die Verkehrsflüsse zu optimieren, und auf verladezentren und Güterumschlagszen- und andere Hauptengpässe im Straßen- diese Weise positive Effekte sowohl für die tren. Dies setzt allerdings auch voraus, netz. Die Mitgliedstaaten sind aufgerufen, Infrastruktureigner, als auch für die Nut- dass eine Anpassung der Abmessungen andere Förderinstrumente, wie den Struk- zer und die Umwelt zu erzeugen. von Containern und Fahrzeugen an die tur- und Kohäsionsfonds der EU zu maxi- Die Einnahmen aus der Entgelterhebung Erfordernisse der intelligenten Logistik, mieren, um die Finanzierung der Verkehr- sollten für künftige Infrastrukturinvesti- Bestandteil der Überlegungen werden sinfrastruktur zu stärken. D.h. in einen tionen, Möglichkeiten zur Staubekämp- muss. verständlichen Terminus umgesetzt: die (zahlungskräftigen und -willigen) Länder sollen den Fond bedienen, damit die EU ihre Projekte bezahlen kann. Die EU will dabei insbesondere Projekte fördern, wel- che für die gesamte Europäische Union einen so genannten Mehrwert erbringen. Zusätzlich regt die EU an, vermehrt Pri- vat-Public-Partnership, also einen Ausbau öffentlich/privater Partnerschaften vor- zusehen. Dadurch könnte die Durchfüh- rung von Vorhaben beschleunigt, und ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bewirkt werden. Quelle: „Für ein mobiles Europa“ Halbzeitbilanz Weißbuch 2001 Eines ist aber auch klar. Investitionen nur in Infrastrukturmaßnahmen können nicht fung und Nachlässe zur Belohnung für Kommunikation wird heute in der Logis- alle Probleme der Überlastung und umweltfreundlichere Fahrzeuge und tik in unterschiedlicher Weise eingesetzt. Zugänglichkeit lösen. Solche Maßnahmen Fahrweisen eingesetzt werden. Fahrzeuge sind untereinander und mit sind mit hohen Kosten und meist langer ihren Logistikzentren verbunden. Bald Planungsdauer verbunden. Hinzu treten wird hierzu auch das europäische Satelli- mancherorts noch besondere Faktoren wie VI. Logistik tensystem Galileo zur Verfügung stehen. Umweltbelastungen und Raumknappheit. In der Diktion der Europäischen Union hat sich die Industrie der Herausforde- VII. Intelligente Verkehrs- V. Intelligente Entgeltsysteme rung gestellt, die bestehenden Infrastruk- turen und Verkehrsmittel durch verfeiner- systeme te Logistikketten effizienter zu nutzen. Sie Die Erhebung von Entgelten, sprich: Maut, setzt dabei auf fortgeschrittene Informa- Die Frage, warum nur Luftfahrzeuge mit für die Nutzung der Verkehrsinfrastruk- tions- und Kommunikationstechnologien umfangreichen und anspruchsvollen tur, wird in der EU immer häufiger. zwischen ihren Leiteinrichtungen und den Instrumenten der Kommunikations-, So hat z. B. London eine Staugebühr ein- Fahrzeugen unterwegs. In der Beförde- Navigations- und Automatisierungstech- geführt, und Deutschland ist dem Beispiel rungsbranche ist seit geraumer Zeit ein nik ausgerüstet sind, nicht aber Schiffe, anderer Mitgliedstaaten gefolgt und hat Trend zu integrierten Logistikunterneh- Züge oder Kraftfahrzeuge, liegt nahe. eine Autobahnmaut für Lkw eingeführt. men zu erkennen. Dieser Trend muss Wenngleich gut ausgerüstete (See-)Schiffe Eine kürzlich verkündete Richtlinie der durch eine entsprechende Politik ergänzt dieser Technik kaum noch hinterher ste- EU erlaubt jetzt auch die Erhebung abge- werden, die die Voraussetzungen für eine hen, bilden jedenfalls Straßenfahrzeuge stufter Entgelte für Lkw im transeuropä- optimale Nutzung und Verknüpfung mit weitem Abstand das Schlusslicht in ischen Netz. („Co- Modality“) der verschiedenen Ver- Sachen Ausrüstung. Es gibt bereits heute

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neue Technologien, die außerhalb der Es soll außerdem zur Erhöhung der Hierzu bedarf es allerdings einer Weiter- sicherheits- bzw. komfortorientierten Fah- Sicherheit, zur Schaffung von Be- entwicklung der Verkehrspolitik, damit rerassistenzsysteme angesiedelt sind und schäftigungsmöglichkeiten sowie zur den gewonnenen Erfahrungen in gebüh- ein verbessertes Echtzeit-Management von Öffnung von Exportmärkten für eu- render Weise Rechnung getragen werden Verkehrsbewegungen und Kapazitätsaus- ropäische Luftverkehrstechnologie kann und Entwicklungen im industriellen, lastungen sowie die Verfolgung von Ver- beitragen. politischen und internationalen Umfeld kehrsflüssen aus den unterschiedlichsten • das ERTMS-System wird ähnliche Vor- berücksichtigt werden können. Gründen ermöglichen. Der Markt der teile wie SESAR für den Schienenver- Der immer härter werdende internationa- elektronischen Navigationseinrichtungen, kehr bringen. So kann eine größere le Wettbewerb, aber auch ein Wirtschafts- die für Straßenfahrzeuge als Nachrüstge- Interoperabilität zwischen nationalen wachstum, das hinter den ursprünglichen räte zu erwerben sind, leistet von Jahr zu Netzen entstehen. Prognosen zurückgeblieben ist, gestalten Jahr mehr. Beobachtet man den Markt die- • das RIS-System (Verkehrsinformations- die Gewährleistung einer nachhaltigen ser Geräte, nur durch einen Blick in die dienste für die Flussschifffahrt) kommt Mobilität zu einer schweren Aufgabe. wöchentlich erscheinenden Werbeblätter in den meisten europäischen Ländern In der vorliegenden Halbzeitbilanz wird der Elektronikmärkte, entsteht oft der Ein- bereits zum Einsatz. für ein umfassendes und ganzheitliches druck, dass ein heute gekauftes „Navi“ Die EU investiert umfangreiche finanziel- Konzept einer Verkehrspolitik geworben. drei oder vier Wochen später bereits zum le Mittel in diese Systeme und begleitet ihre Wenngleich die Politik auch in Zukunft auf Alten Eisen zählt. Einführung durch einen entsprechenden den Weißbüchern von 1992 und 2001 auf- Die Vorteile solcher Geräte für Spediteure Rechtsrahmen. In weiteren künftigen bauen wird, darf nicht verkannt werden, und Individualverkehrsteilnehmer sind Aktionen sollen die Möglichkeiten öffent- dass in vielen Bereichen rein europäische offenkundig. Gekoppelt mit anderen Sys- lich-privater Partnerschaften zur Unterstüt- Maßnahmen nicht ausreichen werden. Es temen an Bord erhöhen sie nicht nur den zung der Entwicklung und Demonstration muss deutlich darauf hingewiesen wer- Fahrkomfort, sondern tragen auch zu mehr neuer Technologien, u. a. zur Steigerung den, dass im Prinzip jeder gefordert ist. Sicherheit bei. Daneben wird neben dem der Umweltfreundlichkeit des Luftver- Auf nationaler, regionaler und lokaler Ebe- Geldbeutel auch noch die Umwelt kehrs (Gemeinsame Technologieinitiative ne müssen Regierungen, Bürger und nicht geschont, weil unnötige Umwege nicht „Clean Sky“) und des Landverkehrs zuletzt die Industrie wechselseitig kom- mehr gefahren werden. (Gemeinsame Technologieinitiative H2 und plementär handeln. Es ist zu erwarten, dass das europäische Brennstoffzellen), entwickelt werden. Darum ist auch ein ständiger Dialog zwi- Satellitennavigationssystem Galileo auch schen den Beteiligten unverzichtbar. noch einen Beitrag zur Kostenreduzierung Künftige Maßnahmen, einschließlich der beim Erwerb solcher Geräte leisten wird, VIII. Schlussfolgerung Durchführung noch nicht verwirklichter da die heutige GPS-Technik durch die EU- Initiativen, die schon im Weißbuch von eigene ersetzt werden kann. Im Jahr 1992 konnte der EU-Binnenmarkt 2001 angekündigt wurden, müssen auf den Die Galileo-Aufsichtsbehörde wird zurzeit vollendet werden. Dieses Jahr bildete für Prüfstand eines umfassenden Dialogs mit errichtet. Das Galileo-Satellitensystem die gemeinschaftlichen Entwicklungen auf allen Betroffenen gestellt werden. Wenn wird ab 2010 einsatzfähig sein und Navi- dem Verkehrssektor gerade mal den Aus- eine europäische Politik für nachhaltige gationssignale bereitstellen, die mit boden- gangspunkt. Zur Halbzeitbilanz des Weiß- Mobilität Erfolg haben soll, muss sie auf oder raumgestützten Kommunikations- buchs 2001 - 2010, also ca. 15 Jahre später, einem wesentlich breiteren Instrumenta- systemen verknüpft werden können. Ab nimmt der liberalisierte Verkehrsbinnen- rium aufbauen als dies heute der Fall ist. 2012 soll das System dann den Nutzern zur markt einschließlich der damit untrennbar Sie soll im Rahmen des Möglichen Verla- Verfügung stehen. verbundenen europaweiten Mobilität kon- gerungen auf umweltfreundlichere Ver- Die EU hat bereits eine Reihe weiterer Initi- krete Gestalt an. kehrsträger erreichen, vor allem bei Lang- ativen zum Thema Intelligente Verkehrs- Die Verkehrsindustrie hat in diesem Zei- strecken, in Ballungsgebieten und in über- systeme gestartet, z. B. traum an Stärke gewonnen und die Union lasteten Korridoren. Gleichzeitig ist es • die Initiative „Intelligentes Fahrzeug“. konnte ihre Position als Weltmarktführer erforderlich, bei allen Verkehrsträgern eine Dabei werden neue Fahrzeugtechnolo- in vielen Bereichen gleichermaßen behaup- Optimierung durchzuführen. gien durch Koordinierung von Maß- ten oder sogar ausbauen. Die Erweiterun- Die Verkehrsträger müssen ausnahmslos nahmen der Beteiligten (eSafety-Fo- gen der Europäischen Union haben zu umweltfreundlicher, sicherer und energi- rum), durch Forschungen zu intelligen- deren Stärkung und zur Konsolidierung eeffizienter werden. ten Fahrzeugsystemen und Nutzersen- dieser Position beigetragen. Letztendlich kann mit der „Co-Modality“, sibilisierung gefördert: Die übergeordnete Zielsetzung der Ver- d. h. der effizienten Nutzung der einzel- • das SESAR-Programm. Dessen Ziel ist kehrspolitik ist weiterhin also die, eine nen Verkehrsträger oder ihrer Kombina- die Einführung der modernsten Tech- wettbewerbsfähige, sichere und umwelt- tionen, eine optimale und nachhaltige Nut- nologien für das Flugverkehrsmanage- freundliche Mobilität in voller Übereinstim- zung der Ressourcen erreicht werden. ment im Rahmen des einheitlichen eu- mung mit der überarbeiteten Agenda von Eine solche Verfahrensweise gewährleis- ropäischen Luftraums. Das System soll Lissabon für Wachstum und Beschäftigung tet am ehesten, dass ein hohes Maß an eine Verringerung der Umweltbelas- und mit der aktualisierten Strategie für Mobilität und zugleich an Umweltschutz tung durch den Luftverkehr bewirken. nachhaltige Entwicklung zu schaffen. erreicht werden kann.

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Welche Rolle spielen eigentlich die VERKEHRSPOLITIKER IN UNSEREM STAAT?

Überlegungen von Frank Richter, im geschäftsführenden Bundesvorstand Geschichte gelernt haben, oder nicht. Ohne den folgenden Darstellungen vor- der GdP zuständig für Verkehrspolitik, zu den Ursachen der sich drastisch greifen zu wollen, muss allerdings bereits verschärfenden Verkehrsbelastungen auf den Transit-Fernstraßen und in an dieser Stelle vorausgeschickt werden, dass diese Frage mit einem mehrheitlichen Ballungsräumen und der damit verbundenen Frage, welche Chancen sich der „nein“ zu beantworten ist. Der näheren Würdigung des politischen Politik auftun oder vielleicht aufgetan haben, das Problem zu lösen. Wirkens kommt eine pikante Qualität zu, betrachtet man die Akteure, die an oberster Nicht erst seit heute lesen, hören und system Nordfrankreichs orientiert hat. Stelle das verkehrspolitische Heft des Han- sehen wir etwas über den Moloch Stau. Das wiederum hatte seine Wurzeln in den delns in ihren Händen hielten, nämlich die Nahezu alle Medien berichten regelmä- mittelalterlichen Handelswegen. Welches Damen und Herren Verkehrsminister. ßig. Dabei sagen sie uns eigentlich nichts – vorläufige – Fazit kann aus dieser Allein die lange Liste dieser Politiker ver- Neues. Wir erleben das Verkehrschaos am Erkenntnis gezogen werden? Wenn die deutlicht, dass die ganz großen Innova- eigenen Leib Tag für Tag. Kaum einer von mittelalterliche Wirtschaft bestimmte tionssprünge in diesem Bereich schon uns ist, sofern er nicht irgendwo auf dem Wege und Korridore definiert hat, um alleine mangels Kontinuität überhaupt platten Land, weitab der verkehrlichen einen optimalen Warenfluss zu den Bedin- nicht möglich waren. Realität lebt, in der glücklichen Lage, mor- gungen der damaligen Zeit zu gewährleis- Nachstehend die vollständige Übersicht gens und abends ohne jegliche Verkehrs- ten und die militärische Logik viele Jahr- der Verkehrsminister/innen im Nach- beeinträchtigung vom heimatlichen Herd hunderte später diese Überlegungen für kriegsdeutschland, einschließlich der ehe- an seine Arbeitsstelle und nach getaner ihre Zwecke adaptierte, sind daraus für maligen DDR. Arbeit wieder zurückzugelangen. die Folgezeit bestimmte Rückschlüsse ein- Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Aber fangen wir von vorne an. Wie lange fach unvermeidbar. Bereich Raumordnung, Bauwesen und geht das nun schon? Auf welche Entwick- Wenngleich eine historische Betrachtung Städtebau bis 1998 vom Verkehrssektor lung des Verkehrssystems, heute würde der Entwicklung von Warenströmen und abgekoppelt war und ein eigenes minis- man sagen, der integrierten Verkehrssys- Verkehrsanlagen an dieser Stelle höchst terielles Dasein führte. teme, blicken wir zurück. Beginnen wir interessant wäre, sollen im Fokus dieses sinnvoller Weise mit unseren Betrachtun- Beitrages gerade nicht die Verkehrs- und 1. Bundesminister für Raumordnung, gen an dem Zeitpunkt, an dem in Deutsch- Wirtschaftspolitiker des „Heiligen römi- Bauwesen und Städtebau land und vielerorts auch in Europa vieles, schen Reiches deutscher Nation“ stehen Name Amtszeit Partei ja fast alles zusammengebrochen war. Dar- und auch nicht die Generäle, die 1944 das von bis unter auch das Verkehrssystem. Der Neu- – zumindest in manchen geografischen Eberhard Wildermuth 1949 1952 FDP beginn war demnach der Monat Mai des Abschnitten – fast Unmögliche wahr 1952 1953 FDP Jahres 1945. gemacht haben, sondern die Verkehrspo- Victor-Emanuel FDP/ Es wäre jetzt durchaus sehr interessant, litiker, die das befriedete Deutschland ab Preusker 1953 1957 FVP etwas früher mit den Betrachtungen zu 1945 zu verantworten hatten. Paul Lücke 1957 1965 CDU beginnen und am Beispiel der Invasion in Fairerweise sind selbst dann noch zeitli- 1965 1966 FDP der Normandie, die als „Operation Over- che Abstriche zu machen, denn die junge 1966 1966 CDU lord“ am 6. Juni 1944 begonnen hat und Bundesrepublik Deutschland begann erst 1966 1972 SPD mit der Einnahme von Paris am 25. August „richtig“ selbst zu laufen, als die Verfas- Hans-Jochen Vogel 1972 1974 SPD 1944 abgeschlossen war, zu beweisen, dass sung am 23. Mai 1949, damals noch 1974 1978 SPD sich die (Wieder-)Anlage der wichtigsten beschränkt auf die westlichen Besatzungs- Dieter Haack 1978 1982 SPD Verkehrsverbindungen, -schnittpunkten zonen, in Kraft getreten war. Oscar Schneider 1982 1989 CSU und -achsen sogar während der Kriegs- Also steht die Frage im Raum, ob unsere 1989 1990 CSU wirren am bereits bestehenden Straßen- politischen Akteure aus den Vorgaben der

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2. Bundesminister für Verkehr Immerhin ganze 32 Minister/innen. Mit tung, das andere, dass die Ware genau Name Amtszeit Partei denen der DDR sind es 37. dann produziert und geliefert wird, wenn von bis Im Vergleich dazu kommt das Innenres- der Kunde sie abgefordert hat. sort auf 17 Minister und 6 aus der DDR. Eine solche Unternehmenspolitik ist in Hans-Christoph DP/ Seebohm 1949 1966 CDU Das Verhältnis im Auswärtigen Amt letzter Konsequenz menschenverachtend, 1966 1972 SPD beträgt 11 : 7, das des Verteidigungsressorts weil sie nur den vermeintlichen Belangen Lauritz Lauritzen 1972 1974 SPD 14 : 5 und bei der Justiz steht es 19 : 6 Minis- der Industrie dient. 1974 1980 SPD ter und Ministerinnen. Lagerhaltung kostet Geld. Das bestreitet 1980 1982 SPD Betrachtet man diese Personalsituation in niemand. Aber sie schont immerhin auch der Bundesrepublik Deutschland (ohne Ressourcen anderer und damit des 1982 1987 CSU DDR) ab 1960, also zu einer Zeit, in der Gemeinwohls. Zu Zeiten der Lagerhal- Jürgen Warnke 1987 1989 CSU das so genannte Wirtschaftswunder sei- tung war es der Logistik durchaus noch 1989 1990 CSU nen Siegeszug angetreten hat – übrigens möglich, voll gepackte Lkw auf die Reise auch auf den Straßen, ist festzustellen, dass zu schicken. Heute wird gefahren, wenn 3. Minister für Verkehrswesen der DDR nach dem mit 17jähriger Amtszeit rekord- der Kunde seine Produkte abruft. Dies Name Amtszeit Partei verdächtigen Hans-Christoph Seebohm führt dazu, dass mehr und nur teilweise von bis kein weiterer Verkehrsminister über einen beladene Nutzfahrzeuge unsere Straßen Erwin Kramer 1954 1970 SED Zeitraum von mehr als 6 Jahren – also befahren. höchstens 1 ½ Legislaturperioden – in sei- Was geschieht in Zeiten nachlassender Otto Arndt 1970 1976 SED nem Amt verblieben ist. Nachfrage? Diese Frage ist einfach zu Heinrich Scholz 1976 1988 SED Ab dem Wendejahr 1990 stellt sich die beantworten: Die produzierende Herbert Keddi 1988 1990 SED Ministerbilanz sogar noch wesentlich düs- Industrie kann – mangels vorhandener CDU Horst Gibtner 1990 1990 (DDR) terer dar. Nimmt man die Raumordner Lager – sofort auf Kurzarbeit umstel- und Städtebauer hinzu und geht davon len oder betriebsbedingte Entlassun- aus, dass mindestens gen aussprechen. 4. Minister für Raumordnng, Bauwesen noch bis zur nächsten Bundestagswahl im Interessant ist auch die Reaktion der Wirt- und Städtebau Herbst 2009 sein Amt ausübt, betrug die schaft auf die zunehmenden Staus, in Name Amtszeit Partei politische Halbwertszeit für einen Minis- denen natürlich auch ihre eigenen Lkw von bis ter 5, für drei Minister jeweils 4, 3 und 2 stehen. Nein, back to the roots ist nicht Gerda Hasselfeldt 1990 1991 CSU Jahre und für fünf Minister 1 Jahr und mehr gefragt. Die neuen, innovativen 1991 1994 FDP weniger. Lösungen bestehen darin, größere Beför- Klaus Töpfer 1994 1998 CDU Was soll denn ein Minister in solchen Zeit- derungseinheiten durch kleinere, flexible 1998 1998 CSU räumen vorantreiben? zu ersetzen. Sprich, dort wo es geht, wer- Aus der Betrachtung dieser Zahlen geht den schwere Nutzfahrzeuge zugunsten doch nur eines hervor, das aber ganz ein- von kleinen schnellen Lieferwagen aus- 5. Bundesminister für Verkehr deutig: Die Politik hat die Aufgabe „Ver- getauscht. Name Amtszeit Partei kehr“ im wahrsten Sinne des Wortes nicht Der Effekt ist der, dass solche Fahrzeuge von bis nur verschlafen, sondern es drängt sich (Sprinter-Klasse) keinen Geschwindig- Friedrich Zimmermann 1990 1991 CSU der Verdacht auf, sie hat ihn darüber hin- keitsbeschränkungen und keinen Sozial- Günther Krause 1991 1993 CDU aus als politische Verfügungsmasse für vorschriften für das Fahrpersonal unter- 1993 1998 CDU unterzubringende Parteifreunde miss- liegen, in Baustellen links fahren dürfen braucht. Diesen Vorwurf richte ich gezielt und ansonsten in allen relevanten Fragen nicht an einzelne, sondern an alle politi- dem „normalen“ Pkw gleichgestellt sind. 6. Bundesminister für Verkehr, Bau und schen Farben, der an den jeweiligen Regie- Die Qualität des Fahrpersonals ist aller- Wohnungswesen rungen beteiligten Parteien. dings dieselbe, wie zuvor auf den großen Name Amtszeit Partei Insofern mutet es sich mehr als heuchle- Nutzfahrzeugen, vielerorts leider noch von bis risch an, wenn sich die Politik jetzt schlechter. Die Folgen der neuen „kreati- Franz Müntefering 1998 1999 SPD bemüht, Masterpläne für die verkorksten ven“ Logistik der Unternehmen sind allen 1999 2000 SPD fast 60 zurückliegenden Jahre zu entwi- Verkehrspolizisten, die Unfälle mit sol- 2000 2002 SPD ckeln und heute nicht einmal den Mut hat chen Fahrzeugen aufnehmen, bestens 2002 2005 SPD das hineinzuschreiben, was eigentlich bekannt. hinein gehören würde. Daher stellt sich Betrachtet man die Verhaltensweisen der 7. Bundesminister für Verkehr, Bau und das ganze Unterfangen als pure Flick- Berufskraftfahrer während ihrer Arbeit, Stadtentwicklung schusterei dar. wird erst recht deutlich, dass dringender Fakt ist, dass die verladende Wirtschaft Handlungsbedarf besteht. Der immer Name Amtszeit Partei gleichermaßen wie die Transportbranche öfter zu hörende Ausdruck „auf deutschen von bis auf „zero stock“ und auf „just in time“ Straßen herrscht Krieg“ wird täglich rea- Wolfgang Tiefensee 2005 amtierend SPD setzt. Das eine bedeutet: keine Lagerhal- ler. Die deutlich überwiegende Zahl der

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vor allem der Schengen-Status dienen, der einen Grenzübertritt ohne Passkontrolle erlaubt und damit stundenlange Warte- zeiten bei der Ein- und Ausreise zur Geschichte werden lässt. Aber es gibt auch negative Elemente, die sicherlich irgendwann einmal eliminiert werden können, aber anfänglich zur Belas- tung gereichen. Dazu zählt auch der Stra- ßenverkehr, der auf bestimmten Achsen Lkw-Fahrer betrachtet z. B. bei 3-spurigen Diese Regelung ist schlicht und ergreifend von und nach Osten rollt. Er stellt sich Autobahnen den rechten und den mittle- nicht praktizierbar. Um mit dem polizei- dabei nicht nur als quantitatives Problem, ren Fahrstreifen als „ihren“ Verkehrsraum. lichen Vokabular zu sprechen, besteht hier sondern oftmals auch als qualitative Her- Auf 2-spurigen Autobahnen gilt dies für der dringende Tatverdacht, dass dies auch ausforderung dar, insbesondere was die den linken Fahrstreifen. Beim Ausscheren überhaupt nicht beabsichtigt war. Verkehrssicherheit aufgrund des unzu- zum Überholen scheint der Grundsatz, Was will die Verkehrspolitik gegen den länglichen technischen Zustandes vieler dass der nachfolgende Verkehr nicht bereits vorhandenen und sich noch wei- Fahrzeuge aus den Beitrittsländern gefährdet werden darf, in Wegfall geraten ter verschärfenden Verkehrskollaps tun? betrifft. zu sein. Von „lächerlichen“ Behinderun- Der Masterplan nennt einige Kriterien. Hat es der verkehrspolitische Planer wis- gen wird schon überhaupt nicht mehr So sollen z. B. Engpässe ausgebaut wer- sen müssen, dass die Blechlawine paral- geredet. den, damit die Trichterwirkung entfällt. lel zum vollzogenen Beitritt ins Rollen Zugegeben, wenn dieser – und andere – Diese Entscheidung ist sicherlich gut und gerät, oder waren die Erkenntnisse so althergebrachte Grundsatz des Verhal- richtig. Peinlich ist nur, dass viele der Eng- grundlegend neu, dass niemand die Fol- tensrechts im Straßenverkehr Beachtung pässe, an denen gebaut wird und künftig gen auch nur ansatzweise hatte erahnen finden würde, käme der Straßenverkehr gebaut werden soll, bereits vor 20 und können? Auch hier muss die Antwort ein- vielerorts gänzlich zum Erliegen. Dann mehr Jahren als Nadelöhr bekannt waren. deutig zum Nachteil der Verkehrspolitik wäre das Überholen kaum noch möglich Weiter geht es mit dem angekündigten ausfallen. – schon gar nicht durch Lkw. Vergleich- „intelligenten Staumanagement“. Was, so Es heißt zumindest in den allgemein bil- bares gilt hinsichtlich der Einhaltung frage ich mich, hält und hielt die zustän- denden Schulen immer, dass der des Sicherheitsabstandes zum Vorder- digen Baubehörden jemals davon ab, in Geschichtsunterricht hauptsächlich dem mann in Zeiten der Rush-hour in Bal- ihre Ausschreibungen solche Elemente als Zweck dient, aus der Vergangenheit zu lungszentren. Bestandteil der Vertragsvergabe hineinzu- lernen, um Vergleichbares später besser Im Jahr 2005 führte das Verkehrsministe- schreiben? Bei der sichtbaren Baustellen- machen zu können. rium eine neue Vorschrift in die StVO situation auf unseren Fernstraßen im Hin- In Sachen europäischer Integration haben ein, die so genannte Elefantenrennen ver- blick auf Länge, Lage, Zahl pro Strecken- jedenfalls die Außenpolitiker ihre bisheri- hindern sollte. Lkw dürfen demnach nur abschnitt, Tag-/Nacht-/Wochenendarbeit gen Hausaufgaben gemacht. Diese sogar überholen, wenn die Differenzgeschwin- etc. stellt sich nahezu regelmäßig die Fra- in hervorragender Weise. digkeit hinreichend groß ist. In typisch ge nach der diesbezüglichen Kompetenz Auf dem Verkehrssektor kann ein solches deutscher Manier, verzichtet der Verord- derer, die hierfür verantwortlich sind. Es Lob bislang nicht ausgesprochen werden. nungsgeber jedoch auf eine hinreichende ist fraglich, ob der beim Verkehrsministe- An dieser Stelle drängt sich ein Vergleich Konkretisierung des Gewollten, sondern rium einzurichtende oberste Baustellen- des Europäischen Verkehrs-Netzwerks weist in seiner amtlichen Begründung der Manager im Rang eines Staatssekretärs mit dem politischen Netzwerk eines Otto Neuregelung auf ein Urteil des OLG Abhilfe schaffen kann. von Bismarcks, Ende des 19. Jahrhunderts aus dem Jahr 1994 hin (VersR Zu guter Letzt sollte es berechtigt sein, auf. Beide Netze waren bzw. sind äußerst 1994, S. 700) das den Überholvorgang einen Blick auf die EU zu richten, wohl filigran und zerbrechlich. Das ältere Netz eines mit 70 km/h fahrenden Lastzuges bemerkt auf die EU mit 27 Mitgliedern, zerbrach, als ein Politiker an die Macht durch ein Fahrzeug, das nur 10 km/h gegenüber der alten EU-15. kam, der weder den Konstrukteur noch schneller fuhr, für unzulässig erachtete. Die wichtigste Funktion der Europäischen sein Werk verstand. Das Ergebnis ist Meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Integrationspolitik ist eindeutig die der bekannt. süddeutschen Raum beschreiben eine sol- Stabilisierung des gesamten politischen In unserer Verkehrspolitik gibt es weder che Regelung mit dem Begriff: „wasch’ Systems. Dieses Anliegen ist nicht nur Fürsten noch Kaiser. Aber eine Politik, die mich, mach’ mir aber den Pelz nicht nass.“ ehrenwert, sondern stellt einen notwen- es ihren Akteuren zwar erlaubt Netzwer- Wohl wahr! digen Prozess zur langfristigen Friedens- ke zu schaffen, ihnen aber keine Zeit lässt, Wer jemals Verkehrsmessungen im flie- sicherung dar. diese so zu stabilisieren, dass sie unzer- ßenden Verkehr durchgeführt hat, weiß, Viele, mit der EU-Erweiterung verbunde- brechlich werden. Das Ergebnis auf unse- welche Anforderungen an die Gerichts- nen wirtschaftlichen Effekte sind nütz- ren Straßen ist – und hier schließt sich verwertbarkeit der erforderlichen Feststel- lich und stoßen bei allen Bürgern auf eine der Kreis des Vergleichs – dasselbe wie lungen und Messungen gestellt werden. positive Resonanz. Als Beispiel soll hier zuvor.

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Letztendlich können die derzeit aktuellen Probleme auf eine universelle Gemeinsam- MASTERPLAN keit reduziert werden, nämlich: im Stau stehen alle. Lkw und der Personenverkehr. Aufgabe der Verkehrspolitik ist es daher, den daraus entstehenden Konflikt zwi- schen Güter- und Individualverkehr, der GÜTERVERKEHR sich zwangsläufig ergibt, zu lösen. Der Fokus liegt dabei eindeutig auf dem Güter- Nach langem Ringen zwischen Politik Wirtschaft und Verbänden, stellte die verkehr mit seinen Zuwachsraten und sei- ner logistischen Besonderheit der „Lager- Bundesregierung am 17.7.2008 mit der Bundestagsdrucksache 16/10049 haltung auf der Straße“. Er ist daher so zu ihren „Masterplan Güterverkehr und Logistik“ vor. organisieren, dass er die Mobilität der Men- schen – konkret dem Personenverkehr – Bereits zu Beginn der Ausführungen Logistik- und Verkehrssystem abhängig. möglichst wenig beeinträchtigt. rückt sie den Menschen in den Mittelpunkt Deutschland ist ein klassisches Export- In den Zielen des Masterplans bekennt aller Faktoren, die auf das Produkt Mobi- land. Export, also Ausfuhr von Waren und sich die Bundesregierung eindeutig nicht lität einwirken. Die zentrale Frage lautet Dienstleistungen ist untrennbar mit Mobi- zu einem wilden Bau-Aktionismus. Wenn- daher: Gelingt es, den Güterverkehr so lität verbunden. Allerdings ist ein Wirt- gleich Maßnahmen zum Ausbau und auszugestalten, dass „Verkehr“ zur schaftsstandort hinsichtlich seiner Mobi- Erhalt der Infrastruktur außer Frage ste- Lebensqualität beiträgt oder gelingt dies lität auch nur dann für Investoren inter- hen – insbesondere an Engstellen – wird nicht. Im zweiten Fall wird er – der Güter- essant, wenn Mobilität auch tatsächlich verstärkt auf Optimierungsprozesse aus verkehr – zur Belastung von Mensch und stattfindet. dem Bestand heraus gesetzt. Umwelt. Aufgrund der rasant voranschreitenden Vordringliches Ziel der Bundesregierung Es wäre allerdings falsch, zwischen dem Globalisierung und einem arbeitsteiligen ist es daher, die Effizienz des Verkehrssys- Menschen einerseits und dem Güterver- Zusammenwirken der Wirtschaft wird die tems zu erhöhen und die vorhandenen kehr andererseits zu polarisieren. Daher Verkehrslast in den nächsten Jahren dras- Kapazitäten bestmöglich auszuschöpfen. räumt der Masterplan breiten Raum für tisch ansteigen. Hierzu gibt es eine Vielzahl von Instrumen- die Feststellung ein, dass der Mensch inte- Die komplette Europäische Union ist ten. Durch die Schaffung zentraler Ver- graler Bestandteil des Güterverkehrs und davon betroffen. Alleine Deutschland knüpfungspunkte des Verkehrsträgers der Logistik ist. muss mit einer Zunahme der Güterver- Straße an den See-, Binnen- und Flughäfen Schnittstellen gibt es an mehreren Punk- kehrsleistung zwischen 2004 und 2025 um soll die Leistungsfähigkeit des Verkehrs- ten, sei es, dass der Einzelne Besteller, 71% rechnen. Im Straßengüterverkehr fällt systems insgesamt gestärkt werden. Hier- Absender, Unternehmer oder aber auch die Steigerung mit 79% und im Straßen- zu sollen spezielle Nationale Hafen- und Beschäftigter irgendwo in der Produk- güterfernverkehr mit 84% noch deutlicher Flughafenkonzepte entwickelt werden. tions- und Lieferkette ist. aus. Darüber hinaus ist beabsichtigt, die noch Somit wird die Mobilität zur Grundlage Das würde bedeuten, dass künftig nicht vorhandenen Potenziale der Binnen- unserer Lebensqualität und Selbstentfal- nur eine Fahrspur – wie heute – sondern und Seeschifffahrt – dort insbesondere tung. Ohne sie wäre eine unmittelbare zwei Fahrspuren der Fernstraßen durch- beim Short-Sea-Shipping (Kurzstrecken- Kommunikation mit anderen Menschen gängig von Lkw belegt wären. Küstenschifffahrt als Sammel- und Ver- nicht möglich. Umgekehrt gilt dies natür- Hinzu kommt eine Steigerung des Perso- teilerverkehr) – auszubauen. lich auch für den Transport der Güter. Güter, nenverkehrs um 19%. Diese fällt zwar nicht Staus sollen ferner durch einen Ausbau die zu den Menschen transportiert werden, so dramatisch aus wie bei den Lkw, ver- der Netz- und Streckenbeeinflussungs- schaffen die materiellen Voraussetzungen hält sich aber wegen der kumulativen Wir- anlagen, der zeitweiligen Freigabe von für die Entfaltung der Menschen. kung wie das „Tüpfelchen auf dem i“. Standstreifen sowie durch ein Stau mini- Mobilität ist ein wichtiger Motor für Wohl- stand und Beschäftigung. Die Unterneh- men in Handel und Gewerbe sind auf zuverlässige und pünktliche Transporte angewiesen. Funktioniert die Transport- kette an irgend einer Stelle nicht richtig, kommt es zu Unterbrechungen und bin- nen kürzester Zeit zu Produktionsausfäl- len. Diese belasten sowohl die Betriebe als auch die Volkswirtschaft. In Deutschland ist nahezu jeder Arbeits- platz in Industrie und Gewerbe direkt oder indirekt von einem funktionierenden

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mierendes Baustellenkonzept verringert werden. Der Güterverkehr soll durch ein Höchst- maß an Effizienz in der Verkehrsabwick- lung, einer optimierten Prozess-Steuerung in der Logistik, weniger Leerfahrten sowie der Beseitigung verkehrlicher Engpässe flüssiger gestaltet werden. Ein weiterer interessanter Ansatz stellt die „Entmischung“ von langsamerem Güter- verkehr und schnellem Personenverkehr dar. Diese Trennung könnte entweder mittels eines belastungsorientierten Fahr- streifenmanagements geschehen, oder aber auch durch zeitliche bzw. räumliche Trennung der Fahrzeugströme. Beim Schwerverkehr eignet sich beispiels- weise das Mautsystem dazu, Anreize zu schaffen, Güter in weniger belasteten Zei- träumen preiswerter zu befördern. Eingangs dieses Beitrags wurde gesagt, dass die Bundesregierung den Menschen in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen stellt. Sie führt diesen Gedanken auch hin- sichtlich seiner Qualifizierung im Ver- kehrssektor konsequent fort. Angesichts der Tatsache, dass derzeit nur etwa 40% aller Lkw-Fahrer über eine abge- schlossene Berufsausbildung verfügen, tut ein solches Vorhaben auch not. Daher soll die gerade angelaufene Berufs- kraftfahrerausbildung mit Nachdruck vor- angetrieben werden. Zusätzlich will sich die Regierung dafür einsetzen, dass ein international anerkannter Studiengang zur Aus- und Fortbildung im Logistikbe- reich geschaffen wird. Auch die Kontrollorgane bekommen eine Rolle zugewiesen. Ihre – alte wie neue – Aufgabe besteht darin, durch Kontrollen sicherzustellen, dass die Beschäftigten der Transportbranche vor Sozialdumping und unzulässigem Leistungsdruck ihrer Arbeit- geber geschützt werden. Der Fokus wird insbesondere auf die Einhaltung der Arbeitsschutz-, Sozial-, Verkehrssicher- heits- und Gefahrgutvorschriften gerichtet. Denn – so steht es im Masterplan – „zufrie- dene, motivierte und gesunde Mitarbeiter- innen und Mitarbeiter bilden die Basis für jeden langfristigen ökonomischen Erfolg“. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, außer vielleicht der bescheidenen Frage, ob die Bundesregierung wirklich glaubt, dass die im Masterplan aufgeführten Korrekturen die anstehenden Probleme im Verkehrs- sektor lösen werden?

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