Politische Studien452
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POLITISCHE STUDIEN 452 Orientierung durch Information und Dialog 64. Jahrgang | November-Dezember 2013 | ISSN 0032-3462 | € 5,50 /// IM FOKUS Heft 452 /// MOBIL IN DIE ZUKUNFT – WEGE AUS DEM STAU Mit Beiträgen von Klaus Bogenberger / Gerhard Huber | Sebastian Lechner | Karl Wiebel Politische Studien /// PETER L. MÜNCH-HEUBNER Politische Studien-Zeitgespräch zur Lage im Iran /// HARALD BERGSDORF Partei „DIE LINKE“ während und nach der Bundestagswahl 2013 /// NIKOLAI HORN Das Netz als ethische Herausforderung www.hss.de EDITORIAL Wir müssen auch als Stiftung die Globalisierung „der Gleichgültigkeit aufbrechen. FRISCHER WIND IM VATIKAN Ein erfrischender Wind weht aus dem Vatikan. Papst Franziskus, noch kein Jahr im Amt, setzt mit seiner offenen, den Menschen zugewandten Art völlig neue Kräfte frei. Sein Eintreten für eine Kirche der Armen, seine sym- bolträchtige erste Reise zu den Flüchtlingen auf Lampedusa, die Fußwa- schung in einem Jugendgefängnis in Rom – dies alles sind starke Signale, dass wir uns nicht mehr abfinden dürfen mit einer Globalisierung der Gleichgültigkeit. Diese Aufforderung gilt nicht allein den katholischen Christen in aller Welt. Sie gilt uns allen, die wir von der Unantastbarkeit menschlicher Würde und der grenzenlosen Gültigkeit der Menschenrechte überzeugt sind. Es ist dieses lähmende Gift der Gleichgültigkeit, das wir als Hanns- Seidel-Stiftung bei unserer weltweiten Arbeit so häufig erleben müssen. Deshalb setzen wir uns ein für die Bildung der indigenen Bevölkerung Ecua dors, die nachhaltige Aufforstung im Kongo, die Wiedervereinigung Koreas oder den Demokratisierungsprozess in Myanmar. Auch wenn wir dies nicht wie eine Monstranz vor uns her tragen, orientieren wir uns bei unserer weltweiten Arbeit für Demokratie, Frieden und Entwicklung an den Grundpfeilern des christlichen Menschenbilds. Zu diesen gehört die Herausforderung menschlichen Lebens zwischen Selbstbestimmung und Solidarität ebenso wie die tiefe Überzeugung, dass jeder Mensch Person und Ebenbild Gottes ist. Wer auf diesem Fundament im In- und Ausland an der gesellschaftspo- litischen Gestaltung mitwirkt, der wird nicht immer auf offene Arme sto- ßen. Zu verlockend ist es, sich mit der vermeintlichen Normativität des Fak- tischen abzufinden und die Hände tatenlos im Schoß zu lassen. Wer sich aber mitreißen lässt von diesem frischen Wind, der wird nicht nur bei sich persönlich ungeahnte Kräfte freisetzen, der trägt auch mit der ein oder an- deren Böe dazu bei, die Globalisierung der Gleichgültigkeit aufzubrechen. Prof. Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair ist Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung und Staatsminister a. D., München. 452 // POLITISCHE STUDIEN 3 85 INHALT 06 IM FOKUS POLITISCHESTUDIEN 66 DIE POLITISCHE BIOGRAPHIE ZEITGESPRÄCH EINES GROßEN DEUTSCHEN 16 WEGE AUS DEM STAU Franz Josef Strauß Einführung 06 MORGENDÄMMERUNG IM IRAN – HORST MÖLLER KARL HEINZ KEIL WAS TUT SICH NACH DER WAHL? Politische-Studien-Zeitgespräch mit 81 FRANZ JOSEF STRAUß – 20 VERKEHR BESSER VERSTEHEN UND PETER L. MÜNCH-HEUBNER DER HOMO POLITICUS VERKEHRSPROBLEME OPTIMAL Weltpolitiker und Kümmerer LÖSEN ANALYSEN EDMUND STOIBER Ursachen für Staus KLAUS BOGENBERGER / GERHARD HUBER 44 PARTEI „DIE LINKE“ WÄHREND AKTUELLES BUCH UND NACH DER BUNDESTAGSWAHL 30 M ODERNES VERKEHRS 2013 89 WENN ELTERN ZU SEHR BEHÜTEN 20 MANAGEMENT Antikapitalisten im Abwind Zu wenig schadet, zu viel aber auch! Wege aus dem Stau HARALD BERGSDORF PAULA BODENSTEINER KARL WIEBEL 54 DAS NETZ ALS ETHISCHE RUBRIKEN 40 DEUTSCHLANDS VERKEHRS HERAUSFORDERUNG INFRASTRUKTUR Öffentlichkeit, Individuum, Technik 03 EDITORIAL Droht der Verkehrskollaps? NIKOLAI HORN 92 REZENSIONEN SEBASTIAN LECHNER 106 JAHRESÜBERSICHT Persönlichkeiten 112 ANKÜNDIGUNGEN 114 IMPRESSUM 63 FRANZ JOSEF STRAUß (1915-1988) In Erinnerung HANS ZEHETMAIR 44 4 POLITISCHE STUDIEN // 452 452 // POLITISCHE STUDIEN 5 POLITISCHE-STUDIEN-ZEITGESPRÄCH Quelle: Kaveh Kazemi/Getty Kaveh Quelle: Images /// Politische-Studien-Zeitgespräch MORGENDÄMMERUNG IM IRAN – WAS TUT SICH NACH DER WAHL? PETER L. MÜNCH-HEUBNER /// Im Juni 2013 wurde Hassan Rohani zum neuen Präsi- denten des Iran gewählt. Der eher moderate Geistliche lässt Hoffnung auf Reformen und ein Einlenken im Atomkonflikt aufkommen. Ob diese Hoffnungen berechtigt sind sowie die Lage im Iran im Allgemeinen analysiert der Orientalist und Historiker Dr. habil. Peter L. Münch-Heubner. Politische Studien: Die Wahl Hassan Präsidentschaft soll eine „moderate“ Rohanis zum Präsidenten der Islamischen sein, das sagte er auch bei seinem Amts- Republik Iran im Juni 2013 wurde in den antritt. Und politische Gefangene will meisten westlichen Staaten mit der Hoff- er aus den Gefängnissen entlassen. nung verknüpft, der moderate Geistliche Doch erwartet man, glaube ich, von würde liberale Reformen im Inneren und ihm zu viel, wenn man ihn jetzt schon eine Aufweichung der verhärteten Fron- zu einem iranischen Gorbatschow und ten im Atomkonflikt initiieren. Lässt sich seine Präsidentschaft zur Ära einer ira- nach den ersten 100 Amtstagen Rohanis nischen Perestroika hochstilisieren bereits erkennen, ob diese Erwartungen würde. Er will durchaus Veränderun- berechtigt waren? gen und Verbesserungen für die Men- Peter L. Münch-Heubner: Es ist momen- schen erreichen. Doch diese sollen den tan noch viel zu früh, um hier wirklich Verfassungsrahmen der Islamischen konkrete Aussagen treffen zu können – Republik keineswegs sprengen. Er steht insbesondere, was den Bereich der In- zur politischen Ordnung seines Landes. nenpolitik anbetrifft. In den Außenbe- Doch glaubt er, innerhalb dieser Ord- ziehungen des Iran, v. a. Dingen zu den nung mehr Freiheit für die Bevölkerung USA, entwickeln sich die Dinge in einer garantieren zu können. Ich denke, seine Geschwindigkeit, die man noch vor kur- Vorstellungen von „islamischer Gerech- Aufbruch in neue Zeiten? Hassan Rohani zer Zeit kaum für möglich gehalten hätte. tigkeit“ sind grundlegend andere als die will im Gegensatz zu seinem Vorgänger Rohani ist im Wahlkampf mit dem von Revolutionsführer Khamenei. Wie eine „moderate“ Präsidentschaft führen. Versprechen angetreten, mehr Presse- allerdings Liberalisierungen hier ausse- und Meinungsfreiheit zuzulassen. Seine hen könnten, ist momentan noch offen. 6 POLITISCHE STUDIEN // 452 POLITISCHE-STUDIEN-ZEITGESPRÄCH roush und Khamenei schafft es schon Peter L. Münch-Heubner: Lassen Sie lange nicht mehr, diese mundtot zu ma- mich an dieser Stelle vielleicht mit den Man hat erkannt, dass innergesellschaftliche Gärungs- chen. Dingen beginnen, die die beiden Präsi- „prozesse auf Veränderung hin in Gang gekommen sind. Ein Ende der Eiszeit in den Bezie- denten nicht voneinander unterschei- hungen zum Westen und im Atomkon- den, um dann zu den Punkten zu kom- flikt kündigt sich momentan deutlich men, die Veränderungen möglich er- dentschaftswahlen 2009 noch wurden an. Es hat sich sehr viel ereignet. Der scheinen lassen. Rohani ist wie Ahma- die Massenproteste der Teheraner ge- Auftritt Rohanis vor den Vereinten Nati- dinedschad ein Politiker, der, wie ge- gen die Wahlmanipulationen von da- onen weckte Hoffnungen und US-Au- sagt, die sicherheitspolitischen Grundin- mals mit Gewalt unterdrückt. Soweit ßenminister John Kerry sprach nach teressen des Iran betont und diese nicht Immerhin, der Text der iranischen Ver- wollte man es 2013 wohl nicht kommen seinem Zusammentreffen mit dem ira- zur Disposition stellen wird. Der frühe- fassung ist eigentlich sehr demokratisch lassen. Khamenei und der Wächterrat nischen Chefdiplomaten Sarif ja von ei- re Staatspräsident Rafsandschani hat in seinem Charakter. Hauptziel einer könnten damit heute bereit sein, Verän- ner neuen „Tonlage“ in der iranischen einmal gesagt, dass die Iraner nicht mit Reformpolitik müsste es daher sein, die derungen zuzulassen, soweit diese nicht Diplomatie. Auch der erste Kontakt zwi- dem Gedanken leben wollen, „angreif- Verfassungsrealität dem Verfassungs- auf einen Umsturz der islamischen Ver- schen einem iranischen und einem US- bar“ zu sein. Rohani und Ahmadined- text anzugleichen. Das wäre rein theo- fassungsordnung hinauslaufen. Rohani amerikanischen Präsidenten seit über schad sehen dies genauso. Eine wichtige retisch eigentlich einfach. Das Problem muss bei alledem immer darauf achten, 30 Jahren war geradezu von historischer Rolle spielen hier die historischen Erfah- hierbei sind jedoch die informellen In- dass er in diesem Prozess nicht gewisse Bedeutung. Es ist aber vorerst weder ein rungen mit dem Westen aus der Zeit der terventionsrechte der religiösen Institu- Grenzen überschreitet, so dass der Zuviel an Euphorie und Optimismus kolonialen Bevormundung des Landes tionen, des Revolutionsführers und des Wächterrat dies als einen Bruch mit den noch reiner Pessimismus am Platz, wie durch die Europäer. Der Iran war zwar Wächterrats. Sie kontrollieren die welt- Prinzipien der Islamischen Republik in- er von der Regierung Netanjahu in Israel nie eine direkte Kolonie einer europäi- lichen Institutionen, das Parlament und terpretieren könnte. Ich schätze die Si- offen zur Schau gestellt wird. Natürlich schen Macht, doch im 19. Jahrhundert den Staatspräsidenten. Wann immer tuation aber so ein, dass Rohani eine können Verhandlungen jederzeit schei- war die formale Eigenständigkeit des eine Entscheidung des Präsidenten oder harsche Konfrontation mit Revolutions- tern. Die Falken in Teheran werden die Landes nur mehr eine Scheinunabhän- der Volksvertretung in den Augen des führer Khamenei nicht wirklich suchen Atomverhandlungen genau beobachten gigkeit. Großbritannien und